Støeda 16. èervna 1926

Pøíloha k tìsnopisecké zprávì

o 33. schùzi poslanecké snìmovny Národního shromáždìní

republiky Èeskoslovenské

v Praze ve støedu dne 16. èervna 1926.

1. Øeè posl. Schuberta (viz str. 1863 tìsnopisecké zprávy):

Hohes Haus! Im Namen meiner Partei nehme ich zu dieser Vorlage Stellung, zu einer Vorlage, die unter schweren Wehen geboren und dann in kürzester Zeit durchgepeitscht wurde. Ihre verschiedenen Regierungen und die jetzige Beamtenregierung ist ja doch nur ein Ableger der Koalition von Švehlas Gnaden - wollen, allerdings nur mit Worten, allen Ständen helfen, und in Wirklichkeit sind alle Stände mit Recht unbefriedigt, denn die vielen Staatsgelder werden von unfruchtbarem Militarismus und von anderen zwecklosen Ausgaben verzehrt, so daß bei einer Tagung auf der Sophieninsel einer ihrer Konnationalen an Sie die klare und unverblümte Anfrage stellte, wohin diese vielen Millionen von Staatsgeldern eigentlich kämen. Die Antwort ist man darauf bis heute schuldig geblieben. Denn Ihr verschleiertes Budget ist ein Meisterwerk nicht in dem, was es sagt, sondern in dem, was es verschweigt. Verschleierte Bilanzen werden verfolgt, verschleierte Staatsbudgets sind hierlands unangreifbar, sind sakrosankt. Daß Sie vorgeben, allen Ständen helfen zu können und tatsächlich keinem helfen, dafür will ich Ihnen einige klare Beweisbelege gerade bei dieser Vorlage bringen.

Mit Ihrem beliebten Schlagwort "Abbau" will ich beginnen und Ihnen vor Augen führen, wie Sie den deutschen Bauern, den deutschen Staatsangestellten und andere Abbauten und unser gesamtes Volk dadurch schwer schädigten. Sie haben seinerzeit im Hochtone vom Abbau der Preise der landwirtschaftlichen Produkte gesprochen. Das war ein Schlagwort, das man als Allheilmittel seinerzeit hingestellt hat. Wenn man anderen gute Lehren und gute Weisungen erteilt, ist es wohl am Platze, selbst mit gutem Beispiele voranzugehen und nicht, wie es geschah, es selbst ängstlich und geflissentlich zu vermeiden, von dem gegebenen und so empfohlenen Rezepte Gebrauch zu machen und selbst an einen Abbau der so überaus drückenden Steuern und Abgaben und an den ausgiebigen Abbau der Preise der staatlichen Monopolartikel zu schreiben. Die guten Lehren, die man anderen erteilt, befolgt man selbst nicht.

Zuerst hat man unsere Bauern und am drückendsten die Bauern unserer armen deutschen Randgebirge abgebaut. Auch hier wurde mit zweierlei Maß gemessen. Man versetzte einfach viele Gebirgsgegenden in die Getreidezone und schnellte damit in jenen unwirtlichen sterilen Lagen alle staatlichen Giebigkeiten unermeßlich in die Höhe. Vom Abbau der Steuern und Umlagen, vom Abbau der Militärdienstzeit, vom Abbau des Zinsfußes hört man entweder kein Wort, oder es wird darüber viel gesprochen, viel versprochen, aber wenig gehalten. (Souhlas.) Den mageren Zoll hat man unseren Landwirten nicht gegönnt, daß jedoch durch die herrschende Wetterunbill Feldfrucht und Wiesenmahd verdirbt, das will niemand sehen, davon spricht niemand. (Souhlas.)

Der Herr Finanzminister, dem ja die Sorge obliegt, für die vorliegenden Gesetzentwürfe die Bedeckung zu finden, hat uns im sozialpolitischen Ausschusse bei der Generaldebatte über diese in Verhandlung stehenden Vorlagen ein trauriges Bild der Staatsfinanzen enthüllt und besonders die gegen die Vorkriegszeit zehnfache Steuerbelastung hervorgehoben. Er war der erste Finanzminister, der uns keine rein potemkinischen Dörfer in punkto Staatsfinanzen vormalte. Allerdings hat er aber andererseits aus leicht erklärlichen Gründen uns noch nicht klar und eindeutig über die Gesamtverschuldung des Staates Bericht gegeben. Allerdings kann er in etwas mehr Aufrichtigkeit arbeiten, als seine Vorgänger es taten, da er dermalen keine größeren ausländischen Anleihen außer der Zettelbankanleihe braucht. Und wenn er gestern im Ausschusse erwähnte, daß wir ungefähr 30 Milliarden Auslandsschulden haben, so setzte er vorsichtig das Wort ungefähr voraus, und das Wörtchen ungefähr ist ein so dehnbarer Begriff, daß wir an diese Ziffer von 30 Milliarden absolut nicht glauben können.

Da ja die Bedeckungsfrage wohl die Hauptsache darstellt, so hätten aus den vorangeführten Gründen gleichzeitig auch Aktionen einzusetzen, durch die die Zahlungsfähigkeit der landwirtschaftlichen und der gewerblichen Kreise gehoben wird. Wir billigen daher jede Aktion, die dahin zielt, und begrüßen es, daß auch die Handels- und Gewerbekammern diesbezüglich mit uns eines Sinnes sind und diese unsere Forderung - auch die Billigung eines jeden objektiv denkenden und die Verhältnisse voll erfassenden Mannes finden muß. Die Staatsangestellten, die am flachen Lande leben und Söhne von Bauern und Bürgern sind, verstehen diese unsere Stellungnahme vollkonmen. Wenn man naturgemäß, der finanziellen Not gehorchend, ängstlich und nervös nach neuen Steuerquellen sucht, um die Bedeckungsfragen für viele Gesetze zu lösen, so scheint man blinde Kuh mit der gesamten Öffentlichkeit spielen zu wollen und nicht zu wissen, daß die Einführung gerechter landwirtschaftlicher Zölle allein schon jährlich dem Staate eine Einnahme von 290 Millionen bringen wird. Warum sträubten Sie nich denn so lange, 290 Millionen für die Staatsfinanzen in Empfang zu nehmen, wenn diese staatliche Zolleinnahme nicht unsere Staatsbürger zahlen, sondern wenn die Wucherer und Halsabschneider, wenn die Dollarmagnaten, wenn die überseeischen Lieferanten allein diesbezüglich zum Zahlen kommen? Wie Amerika uns nicht schont, so haben auch wir keinen Grund, sentimental zu sein und Onkel Sam zu schonen.

Der Herr Finanzminister hat in unserem Ausschuß erklärt, er wolle eine ständige Kommission für eine genaue und wissenschaftliche Sicherstellung der Belastung durch alle öffentlichen Abgaben auf die Produktionseinheit errichten, um die Belastung im Vergleich zum Ausland klarzustellen und anzupassen, da ein Exportstaat - dies bilde seine Existenzfrage - nicht hasardieren dürfe. Wir warten - die Ministerworte datieren vom 24. Feber 1926 - bis heute auf die Arbeiten dieser Kommission. Allerdings versprechen wir uns von derselben auch keine restlose Klarstellung und Erhellung der Belastungsverhältnisse, sondern es werden, wie stets, hier wieder wohl recht sehr vage und bestellte Ziffern zum Aufmarsch kommen, da ja schon die große Rücksicht auf das Ausland es Ihnen verbietet, mit klaren, einwandfreien Ziffern der Öffentlichkeit aufzuwarten. Es wird wieder das gleiche Gaukelspiel wie bei den Budgetberatungen sich einstellen und wie bei der Ersparungskommission unseligen Angedenkens, war es ja doch der Herr Finanzminister selbst, der bezweifelt hat, daß das jetzige Staatsbudget aktiv sei. Er hat mehr Einblick in die Sache wie wir und er muß es daher auch wissen. Zum weiteren fordern wir eine Vereinfachung und damit eine Verbilligung der Verwaltung. Seit des Ministerpräsidenten Körbers Zeiten wird im alten und im neuen Staate von dieser Vereinfachung der Verwaltung gesprochen und geschrieben. Bislang wurde ein greifbares Resultat noch nicht erzielt. Hier wäre einmal einzusetzen und durch entsprechende Vereinfachung eine bessere Ausnützung aller Arbeitskräfte zu finden, damit auch die entsprechende und erhoffte Verbilligung des ganzen Apparates erzielt würde. Ein Sequester-Zimmermann wäre bei uns nötig und ich nicht allein, sondern auch èechische Blätterstimmen streifen dieses für Sie allerdings heikles Thema des öfteren.

Wenn der Berichterstatter im sozialpolitischen Ausschuß, Malík, hervorhob, daß wir nicht an Beamtenhypertrophie leiden, sondern daß wir, was der Prozentsatz der Beamtenschaft zur Bevölkerung anbelangt, an zwanzigster Staatenstelle stehen, so glauben wir, allen Grund haben zu müssen, an dieser Behauptung ernst zu zweifeln und dies umsomehr zu zweifeln, als wir ja alle wissen, daß nach dem Umsturz eine Unzahl von Neuanstellungen erfolgte, da ja damals so mancher glaubte, daß schon seine Zugehörigkeit zum èechischen Volke allein genüge, um das Recht auf eine Staatsanstellung und auf eine Staatsversorgung zu erwerben. Viele dieser Umsturzprotektionskinder, die man gerne abschütteln möchte, aber nicht abschütteln kann, belasten jetzt nicht nur die Finanzen, sondern auch den tadellosen Gang der Verwaltung. So mancher dieser Leute ließ sich ja damals seinen Partiotismus recht ausgiebig bezahlen. Jeder wollte - ich folge auch damit èechischen Blätterstimmen - die Republik gezimmert und die Republik gebaut haben. Im Drange und Glanze einer jeden revolutionären Bewegung sonnen sich nicht nur die Männer, die ihr Leben und ihr ganzes Sein für eine solche Bewegung opferten, es wollen sich daran auch sonnen Halblinge und Demagogen. Von Kleon, dem Demagogen des Altertums, bis heute dasselbe tragische Lied, nur mit geänderten Varianten.

Nach dem bereits erwähnten Abbau der Landwirtschaft kam ein weiterer Abbau einer anderen deutschen Schichte daran. Es kam der Staatsangestellte, vorab der deutsche Staatsangestellte an die Reihe und auch ihn hat der Abbau zur Strecke gebracht. Jedem hat seine Stunde geschlagen und wir fühlen alle, daß diese schwere Not sich gemeinsam an uns auswirkt. Dem deutschen Schulwesen haben Sie die schwersten Wunden geschlagen und viele junge Leute sind stellungslos und die schulpflichtigen Kinder unserer Bürger und Bauern müssen durch den Schulabbau schwere Wege im unwirtlichen Gebirge zurücklegen. Eine offensichtliche europäische Kulturschande! Die Vakanzen an den deutschen Hochschulen in Prag allein sind unerträglich, viele Lehrkanzeln sind unbesetzt. Die Schwierigkeiten bei Berufungen sind gleichfalls unerträglich geworden und dringende Neuernennungen werden ungebührlich verzögert, wofür das Finanzministerium wohl die Hauptschuld trifft. Bei der Eisenbahn allein wurden in 4 Jahren 42.000, und natürlich in der Überzahl Deutsche, abgebaut. Die Zahl der Deutschen im Eisenbahndienste sank von 22 auf 14%. Das spricht Bände. Nicht nur, daß unseren Kindern der Besuch der deutschen Schulen erschwert wird, selbst die Gebrechlichen und Kranken in den gebirgigen Grenzgebieten - und dies sei anlehnend an die Ärztevorlage festgestellt - müssen oft viele Stunden um den Arzt schicken, da man oft verabsäumt, Ärztedistrikte zu schaffen, die schon lange verlangt wurden. Den Kranken erwachsen daraus große Nachteile und auch große finanzielle Belastungen. Als Beispiele führe ich nur zwei an: Witkowitz im Riesengebirge und Wassersuppen im Bezirke Taus.

Die Bodenreform ist dann die letzte schwerste Etappe des Abbaues, und hier ist das Opfer der deutsche Arbeiter und der deutsche Privatangestellte in Land- und Forstwirtschaft, die alle ihre Arbeitsplätze verlieren. So mancher unserer Landsleute und Bürger ließ mit Mühe und Not seinen Sohn studieren, da er ja nicht alle seiner Kinder im Erbwege versorgen kann. Nun wurde so mancher davon restlos abgebaut und brotlos. Die Restgüterverteilung ist dazu noch ein ganz eigenes Kapitel für sich. Viele der neuen Besitzer treiben nicht nur offenen Raubbau, sondern devastieren die Güter direkt. Einer dieser westböhmischen Restgüterbesitzer hat kurzerhand große, wertvolle, im besten Tragalter stehende größere Obstalleen schonungslos niedergebrakt und versilbert. Was jahrzehntelange Arbeit schuf, wird mit einem Schlage vernichtet. Viele dieser neuen Besitzer haben fast keine und nur erbärmliche Viehbestände, und das heißt man dann Hebung der Produktion. Mit Namen können wir jederzeit dienen, und es ist unsere Pflicht, mit dieser Sache nicht hinter den Bergen zu halten. Sie verschließen die Augen und lassen Tausende von Hektaren Landes verwahrlosen. Im Kriege herrschte viel Not, da die Eigenproduktion aus verschiedenen Gründen eine unzureichende war. Der Bauer war im Felde und keine Arbeitskräfte vorhanden, kein Kunstdünger etc. Heute, wenn aber ein Krieg ausbräche, müßte durch Ihre verfehlte Bodenreform schon in den ersten Kriegsmonaten ein Großteil der Bevölkerung direkt verhungern. Nach dem Abbau erfolgt die Kaltstellung der deutschen Bewerber bei Neuanstellungen. Ich führe nur ein Beispiel an, das sich vor wenigen Tagen ereignete: Unter den Direktoren der Zentralversicherungsanstalt ist kein einziger Deutscher. Kein Deutscher wurde für würdig befunden, in dieses Direktorium berufen zu werden. Die Landesgeldinstitute betrachten Sie als ihre ureigenste Domäne und auch dort findet kein Deutscher eine Anstellung. Den guten Deutschen kann man hier nicht leiden, doch seine Gelder nimmt man gern.

Diese Vorlage ist wohl auch der Auftakt für eine angeblich neuerlich geplante bevorstehende Verwaltungsreform. Reformernst und Reformeifer sind zu begrüßen, aber Reformnervosität und Reformüberschwang, die bei uns auf sämtlichen Gebieten einreißen und sich den Schein ganz besonderer und einzig dastehender guter Originalität zu geben suchen, sind keine empfehlenswerten Eigenschaften eines ernsten Verwaltungssystems. Eine gemessene, ruhige und ernste Beharrlichkeit wäre hier gegenteilig wohl zu allererst am Platze. Wie der deutsche Bauer und Handwerker, so gehört auch der deutsche Staatsangestellte nicht zu den Liebkindern dieses Systems. Die Staatsangestellten haben viele und mannigfache ernste Beschwerden, die das Volk mit ihnen teilt. Man hat uns vorerst alles versprochen, die freie, bessere Schweiz, ja es hat nur noch gefehlt, uns den Himmel zu verheißen. Anstatt dieser Verheißungen haben wir viele Enttäuschungen erlebt. Ja man hat uns im Gegenteil mit Ruten und Skorpionen geschlagen. Glauben Sie ja nicht, daß es unserem schlichten Landmanne und unserem gesamten Volke gleichgültig ist, wenn seine Söhne aus der ihnen so lieben Heimat versetzt und vertrieben werden. So manches traurige Schicksal kommt in diesen harten Maßnahmen zum Ausdruck. Unser deutscher Landmann ist politisch reif und geistig hochstehend und will, daß seine Söhne und alle Stände seines Volkes lebenskräftig erhalten bleiben.

Auch die beliebten Versetzungen der Staatsangestellten sind ernst zu beanständen. Es ist an sich schon ein schweres Unrecht, wenn man einen Staatsangestellten, der sich in sein Ressort eingearbeitet hat - und auch diesbezüglich kommen uns wieder Beschwerden zu - in ein anderes, ihm völlig fremdes Ressort versetzt, wo er doch nicht sofort, sondern erst nach einigen Jahren sattelfest werden kann. Der öffentliche Dienst und vor allem das Recht der Bevölkerung leiden darunter schwer. Da werden dann die Akten zur Lagerware und die Unzufriedenheit der auf Erledigung ihrer Akten Harrenden wächst. Es klappt ja schon heute in vielen Zweigen der öffentlichen Verwaltung nicht. Ich verweise unter anderem nur darauf, wieviele Tausende von Steuerrekursen noch der Erledigung harren und wieviele Sachen bei den Finanzbezirks- und Finanzlandesdirektionen und anderen Behörden schlummern. Der Herr Finanzminister hat in guter Absicht in Aussicht gestellt, daß bis zum Ende des Jahres 1926 alle Steuerrekurse erledigt sein werden. Wir wären ihm verbunden, wenn er es - natürlich gerecht - zu Wege brächte. Dieser Abbau der Steuerrekurse, auf den wir schon warten, er wäre mehr als sehnsüchtig erwünscht. Es wäre allerhöchste Zeit, mit diesen unhaltbaren Verhältnissen, mit diesen unhaltbaren Zuständen aufzuräumen. Wir sind der klaren Ueberzeugung, daß der Herr Finanzminister vielleicht trotz seines guten Willens - auch Herr Minister Dr. Rašín hat es versprochen - nicht imstande sein wird, zu bewirken, daß seine diesbezügliche Verheißung bereits am 31. Dezember in Erfüllung geht. Solche Angebinde sind hierzulande ein Mädchen aus der Fremde.

Im weiteren muß auch die Frage gestellt werden: Was geschieht mit den eingezahlten Riesensummen der Vermögensabgabe? Die Bevölkerung harrt diesbezüglich auf eine endgültige, klare und nicht verklausulierte Antwort. Unser gebildeter Nachwuchs lugt nach der Auswanderung, um sich in einem anderen Lande eine erträgliche Existenz zu schaffen. Auch diese Bestrebungen erweisen sich als erfolglos, denn alle Tore in das Ausland sind versperrt und verriegelt. Auch viele Intelligenzberufe zählen unter die Arbeitslosen und so und so viele Intelligenzler fallen heute ihren alten Eltern zur Last. Wie es bei uns steht, zeigt unter anderem nachfolgende bekannte Tatsache: Im Landesverwaltungsausschusse in Böhmen wurde seit vielen Jahren kein einziger deutscher Beamter angestellt, seit dem Jahre 1913 kein einziger deutscher Konzeptsbeamter. Und da soll ein Recht in diesem Lande sein? Der Abbau kann die erhoffte finanzielle Ersparnis vornehmlich deshalb nicht gebracht haben, da dem Abbau auf dem Fuße eine Massenanstellung neuer Kräfte erfolgte. Wir protestieren gegen diese neuerlichen Massenanstellungen, die eine neuerliche finanzielle Belastung brachten. Sie wollen uns vorrechnen, daß die finanzielle Auswirkung des Abbaugesetzes im Budget des Jahres 1926 große Ersparnisse brachte, und zwar eine Verringerung der Personalausgaben um ungefähr 240 Millionen. Nach Abrechnung aller Ansprüche sollen 79 Millionen erspart worden sein. Dieses Abbauersparnis ist für uns eine unbewiesene Ziffer. Überall können wir gegenteilig selbst in unseren bescheidenen Landbezirken konstatieren, daß, um nur ein kleines Beispiel zu bringen, die Zahl der Gendarmen, der Gefällskontrollorgane usw. sich wesentlich vermehrt hat. Wo früher 2 Kräfte ausreichten, hat man oft mehr als das Doppelte eingestellt. Wir haben beim Abbau überdies auch oft das Schauspiel erlebt, daß ein Beamter abgebaut wurde und daß man ihn dann in allerkürzester Zeit notgedrungen, um die Maschinerie nicht zum Stehen zu bringen, wieder als Vertragsbeamten anstellen mußte, so daß Pension und Vertragsbeamtenzahlung ineinander flossen. Die eingearbeiteten und bewährten Fachleute stellt man kalt, den unbeholfenen Neuling hebt man aufs Schild. Ein großer Teil Ihrer gesamten Gesetzgebung sollte daher nachdem Gesagten den Kerntitel führen: Abbau des deutschen Volkes.

Auch das Sozialversicherungsgesetz wird Ihnen ja bald die wunschgemäße Handhabe geben, einen Massenschub von politischen Protektionskindern unterzubringen. Im weiteren wäre mit dem verderblichen System aufzuräumen, den Beamten nach seiner politischen Einstellung zu bewerten. Es muß endlich einmal mit dieser Abhängigkeit der Beamten von politischen Parteien gebrochen werden. Mit solchen Beamten, die sich von vornherein politisch auffällig festrammen, um im Wege einer allmächtigen, der Regierung sehr nahe stehenden Partei rascher auf der Stufenleiter der Beförderung emporzurücken, werden Sie kein Glück haben. Derlei Erscheinungen zeigen, daß wir weiter denn je entfernt sind von einem wahrhaft demokratischen Wesen und einer wahrhaft vorbildlichen Verwaltung. Sie werden somit dieselben Erfahrungen machen, wie Sie sie mit dem Soldatenwahlrecht und mit dem verfehlten Gemeindewahlrecht gemacht haben. Sie steuern damit Verhältnissen zu, daß jeder Kortesch ein Beamtendekret oder ein Offizierspatent zu heischen sich für berechtigt ansieht. Jede staatliche Verwaltung soll dem Kliquewesen der Parteien restlos entrückt sein, ohne daß man das freie Meinungsäußerungsrecht und die politische Orientierung der Staatsangestellten an sich zu kontrollieren und zu bevormunden hat. Verdiente alte Beamte werden ohne Angabe von Gründen bei der Beförderung übergangen. Diese Zustände sind für die Dauer nicht erträglich. Viele èechische Staatsangestellte wünschen oft gar nicht, in die deutschen Gebiete versetzt zu werden, da sie die Mundart unseres Volkes nicht verstehen und ihnen daher die Amtsführung wesentlich erschwert ist. Die besten Posten in unserem Gebiete fallen oft jenen zu, die den Befähigungsnachweis erbracht haben, in nationaler Unduldsamkeit Ausgiebiges leisten zu können. Kleinliche Vernaderungen genügen heute, um einen in getreuer Pflichterfüllung ergrauten Mann ins schiefe Licht zu bringen. Die Staatsangestellten dachten seinerzeit in den Bestimmungen der Dienstpragmatik einen wirksamen Schutz zu finden, sie haben sich jedoch auch darin geirrt. Auch von slovakischer Seite wurde wiederholt darauf hingewiesen, daß dort das Bestreben dahin geht, die slovakischen Staatsangestellten in mährische und andere Gebiete zu versetzen, um auch sie ihrer Heimat entfremden. Ja, ich habe eklatante Beweise in der Hand, daß von den in unsere deutschen Gebiete entsendeten Emissären und Vertretern ihrer verschiedenen Jednoten selbst die èechischen Staatsangestellten vernadert werden. Viele èechische Blätter erwerben sich den traurigen Ruhmselbst ihre eigenen Leute ohne Grund nur deshalb an den Pranger zu stellen, da sie - ich bediene mich der bezeichnenden drastischen Ausdrucksweise eines solchen Betroffenen nicht täglich drei Deutsche zum Gabelfrühstück verzehren." Ich glaube gegenteilig, Sie hätten allen Grund, jene wenigen Staatsangestellten wertzuschätzen, die es verstehen, trotz ihrer èechischen Nationalität die Gefühle der deutschen Bevölkerung nicht zu verletzen, eine Eigenschaft, die ja jeder gebildete Mensch und daher umsomehr jeder Staatsangestellte nicht nur besitzen soll, sondern nach meiner Anschauung besitzen muß. Mit Chauvinisten werden Sie den Staat nicht aufbauen, mit Chauvinisten werden Sie ihn zerstören. Das ist unsere klare und lautere Überzeugung und die Geschichte der Staaten und Völker liefert hiefür schlagende und unwiderlegliche Beweise. Völker, die anderen eine Grube graben wollen, fallen oft selbst in dieselbe hinein und die Not des sogenannten Siegervolkes, der Franzosen, der Todessturz des Franks, einer Valuta einer Siegernation und einer Großmacht, die Einschränkung des Brot- und Fleischverbrauches und die drohenden anderen Drosselungen in Frankreich können anderen chauvinistischen Gernegroßen, können den bescheidenen Kleinstaaten, können den Pygmäen des Ostens gleichfalls, falls sie nicht blind sind, die Augen öffnen und ihnen zeigen, wohin der Weg des schweren Hasses und wohin der Weg des guten Friedens führt.

Hier an dieser Stelle sei auch eines anderen Hassers gedacht, Mussolinis, der neuestens auch ein besonderes Interesse für die Èechoslovakei bekundet. Das Bezeichnendste bei uns ist jedoch in dieser Sache, daß die Unfreiheit bei uns bereits so weit geht, daß auch die Politik Mussolinis in diesem Staate nicht mehr öffentlich kritisiert werden darf. Mussolini beansprucht augenscheinlich für sich die Palme politischer Unfehlbarkeit. Kaiser und Könige und jeder, der von einem sterblichen Weibe geboren wurde, muß der Kritik freien Raum geben. Mussolini hat keinen Freibrief, kein Monopol, sich der Kritik zu entziehen. Der welsche überempfindliche Herr irrt sich groß. Wir lassen uns die freie Kritik und die freie Meinungsäußerung hier nicht erdrosseln und erwürgen. Offen sei es hier gesagt. Die Behandlung der deutschen Südtiroler ist ein Kulturschandmal. Der italienische Gesandte hierlands ist nicht unser Herr und wir nicht seine Knechte und es ist nicht am Platze, daß unsere Regierung durch ihre Organe etwa noch den Schergen abgibt, um die freie Kritik zu unterbinden. Es scheint, daß bei uns Mussolini gegen Angriffe auf seine Politik mehr Schutz genießt, als der Präsident dieses Staates bei persönlichen Angriffen seiner eigenen Konnationalen. Natürlich ist dies eine Sache, die Sie mit sich selbst auszumachen haben. Wenn Duce Mussolini wirklich Vorbildliches leisten will, dann bahne er eine vollständig entschädigungslose, nicht aber eine Scheinbefreiung der von den städtischen Nobiles gedrückten und geknechteten italienischen Bauern, der Colonis an, deren Elend ich kenne, und trachte er, seine eigenen Leute zu erlösen und nicht nach anderen "Unerlösten" zu fahnden. Die italienischen Herren in der alten Spornergasse mögen ihre Überempfindlichkeit mäßigen und daran denken, daß wir beispielsweise von niemandem das Recht uns nehmen lassen, die geschichtliche Tatsache des Allianzewortbruches ihrer Verantwortlichen festzunageln.

Daß auch in der Slovakei nicht nach Gerechtigkeit und Billigkeit vorgegangen wird, ersieht man auch daraus, daß alle Slovaken, deren Gesuche um Aufnahme in den Staatsdienst abweislich beschieden wurden, sich organisieren. Diese Organisation soll alle ausgeschriebenen Stellen in Evidenz führen und alle Fälle von Gesuchsablehnungen eingehend untersuchen. Auch hinter Skalitz scheint demnach sehr, sehr vieles nicht in musterhafter Ordnung zu sein. Im sozialpolitischen Ausschusse wurde selbst der Antrag abgelehnt, daß slovakische Beamte von slovakischen Vorgesetzten qualifiziert werden sollen. Sie haben diesen Antrag kurzerhand abgelehnt und damit wohl sich nicht den Beifall aller ernst denkenden Slovaken erworben und auch nicht unseren Beifall, da wir für unsere Leute dasselbe verlangen. In diesem Antrage schlummerte eine kleine, so zu sagen nur formale Forderung des Selbstverwaltungsrechtes des slovakischen Volkes. Und auch diese kleinliche Forderung wurde nicht erfüllt. Die Vertreter der Slovakei fordern die slovakische Amtssprache. Also ein neuer Sprachenkonflikt taucht auf. Das Slovakische wird nicht a:s gleichberechtigt mit dem Èechischen angesehen. Die Slovaken fordern von jedem Beamten restlos die slovakische Sprachprüfung und es ist sehr bezeichnend, ohne daß wir in dieser Ihrer internen Streitigkeit ein Urteil fällen, daß seitens der slovakischen Interpellanten verlangt wird, daß der Unterricht des Èechischen und Slovakischen als eines einheitlichen Gegenstandes ausgeschlossen sein soll. Das sind tiefe Gegensätze, die bestehen, und die sich nicht hinwegleugnen lassen und bereits in dem historischen Kampfe über Spracheneinheit oder Nichteinheit sich widerspiegelten. Wenn ich die slovakische Auffassung billige - Erhaltung der slovakischen Eigenart - so muß ich aber andererseits tief bedauern, daß anläßlich der Beeidigung eines deutschen Senators des Bundes der Landwirte sich der Zwischenfall ereignete, daß ein slovakischer Senator die deutsche Angelobung eines deutschen Schwabenbauers zu beanständen sich für verpflichtet fühlte. Ist das vielleicht der neueste charaktervolle Auftakt für die von uns bis jetzt treu unterstützte Autonomie der Slovakei! Für diesen Auftakt müßten wir uns dann allerdings ganz angelegentlichst und ganz besonders bedanken. Soll vielleicht in der Slovakei ein neuer Prager Zentralismus unverfälschter Auflage ersteh en? Wenn die Slovaken für ihre Eigenart und für ihre Selbstverwaltung kämpfen, dann dürfen sie ihren wiederholt gegebenen Versicherungen entgegen ihren eigenen Minderheiten nicht einen Dolchstoß versetzen. Oder werden die slovakischen Schüler vielleicht gelehriger sein wie ihre Prager Meister? Alles ist ja möglich und Völker sind in den meisten Fällen undankbar. Der deutsche Idealismus hat sich stets für die Freiheit anderer Völker geopfert und seine eigene Freiheit verabsäumt. Für die Freiheit der Hellenen, für die Polen sind unsere Idealisten eingetreten. Das Endergebnis - auch das hat die Geschichte uns gelehrt - war Undank und Verfolgung. Selbstverständlich brauchten wir nicht soweit auszugreifen, der historische Vergleich läge uns hier im Lande viel näher. Ich erinnere nur an Namen, wie Egon Ebert, Meissner, Beck und andere. Alle diese Männer, die vom deutschen Idealismus und von nationaler Toleranz und Heimatsliebe erfüllt waren, fühlten sich angewidert von ihrem späteren Chauvinismus und haben sich in schwer erlittener Enttauschung von vielem, sehr vielem jener Tage entschieden abgewandt.

Auch aus Karpathorußland kommen die gleichen Klagen und erst gestern hat Abg. Mondok sich über die èechische Bürokratie beschwert, die dort alles nur in èechischer Sprache verlautbart. So handelt man im Autonomieland, dem man bislang keine Autonomie gab.

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