Was nützt es den Staatsangestellten, wenn
man ihnen den guten Rat gibt, nicht nur die Mängel des neuen
Gesetzes herauszuheben, sondern auch die Vorteile zu würdigen.
Damit macht man einerseits das Eingeständnis, daß Mängel
tatsächlich vorhanden sind, andererseits aber stellt man
die von dem Gesetze Betroffenen vor die Unmöglichkeit, irgendwelche
Vorteile herauszufinden. Wenn behauptet wird, daß das vorliegende
Gesetz das schwere Unrecht an den sogenannten Neuverheirateten
endlich beseitige, so kann ich darin wirklich nicht einen Vorteil
des Gesetzes erblicken, sondern ganz im Gegenteil einen schweren
Mangel des Gesetzes. Ich bitte doch, vorliegende Tatsache ganz
objektiv zu erwägen: Im Dezember 1922 hat man in diesem Parlamente
ein Beamtengesetz geschaffen, das im Vertrauen auf das Versprechen
Rašíns über die zu erwartende Preissenkung
den Staatsangestellten einen 20%igen Abbau der Teuerungszulagen
brachte. In diesem Gesetz wurde gleichzeitig bestimmt, daß
jenen Staatsangestellten, welche nach dem 1. Jänner 1923
eine Ehe, schließen oder nach dem 1. Jänner 1924 einen
Familienzuwachs durch die Geburt eines Kindes erfahren, die früheren
gesetzlichen Familienzulagen nicht mehr zuerkannt werden sollen,
da man ja auch den anderen Staatsangestellten, die schon im Besitze
dieser Familienzulagen sind, dieselben werde im Laufe des nächsten
Jahres abbauen können. Die Teuerung sank nicht, man mußte
den Staatsangestellten nicht nur ihre Familienzulagen belassen,
sondern mußte ihnen noch andere Zulagen zuerkennen. Trotzdem
hielt man aber an der gesetzlichen Bestimmung fest, daß
den Neuverheirateten die Familienzulagen nicht mehr bewilligt
wurden. Und so schuf man einen Zustand, daß im selben Zimmer
2 Beamte mit gleichem Dienstalter, gleicher Dienstkategorie und
gleicher Verantwortung saßen, die nur deshalb einen Unterschied
in ihren Bezügen aufwiesen, weil der eine so vorsichtig war,
vor dem 1. Jänner 1923 zu heiraten und Kinder zu zeugen,
während der andere dies erst nach dem 1. Jänner 1923
besorgte. Alle Eingaben und Anträge der Geschädigten,
deren es immer mehr und mehr gibt, nützten nichts, denn weder
die Regierung noch die gesetzgebenden Körperschaften waren
gesonnen, einen einmal begangenen Fehler einzugestehen und aus
der Welt zu schaffen. Wenn eine solche unhaltbare und unsinnige
gesetzliche Bestimmung durch das vorliegende Gesetz in Hinkunft
aus der Welt geschafft wird, so ist das doch kein Verdienst des
Urhebers des neuen Gesetzes und auch kein Vorteil, den das neue
Gesetz bringt. Im Gegenteil! Man muß es doch als einen furchtbaren
Fehler bezeichnen, wenn das neue Besoldungsgesetz keine Bestimmung
enthält, daß der den Neuverheirateten durch die Jahre
1923, 1924 und 1925 zugefügte Schaden gutgemacht wird. Während
die alten verheirateten Beamten den Hausstand unter weit günstigeren
Bedingungen begründet haben, in den meisten Fällen eine
Wohnung besitzen, deren Mietzins infolge des Mieterschutzgesetzes
noch halbwegs erschwinglich ist, und im Bezuge der Familienzulage
und Kinderzulage stehen, haben die Staatsangestellten, die erst
nach dem 1. Jänner 1923 geheiratet haben, in Zeiten der größten
Teuerung sich ihr Nest einrichten müssen, sind gezwungen,
unerschwingliche Zinse zu zahlen und bekommen zur Erleichterung
ihres Daseins die Familien- und Kinderzulage gar nicht ausgezahlt.
Der Schaden, der hier mutwillig den, Staatsangestellten zugefügt
wurde, läßt sich ziffernmäßig gar nicht
errechnen, nur ahnen. Es steht einem geradezu der Verstand still,
wenn man nun im Gesetze nirgends eine Bestimmung findet, welche
die Gutmachung dieses Schadens auch nur halbwegs versucht und
wenn man dann noch zu hören bekommt, daß es ein besonderer
Vorteil des Gesetzes sein soll, daß es dieses Unrecht für
die Zukunft beseitigt. Letzten Endes bleibt dann als ganz bescheidener
Vorteil des Gesetzes nur übrig, daß es endlich den
Unterschied zwischen den unverheirateten Staatsangestellten, den
sogenannten Junggesellen und den verheirateten Staatsangestellten
ohne Kinder beseitigt. Sonst aber wird man bei noch so großer
Anstrengung wirklich keine Schönheit in dem neuen Gesetze
finden.
Desto mehr Mängel und Nechteile hat aber
das beantragte Gesetz aufzuweisen. Ich will und kann nicht leugnen,
daß das neue Gesetz den Beamten der obersten Rangsklassen
wirklich eine halbwegs annehmbare Steigerung ihrer Bezüge
bringt, den Beamten der unteren Rangsklassen aber, den Beamten
mit geringerer Vorbildung und den Staatsbediensteten bringt es
überhaupt keine oder fast keine Änderung oder Besserung
ihrer materiellen Verhältnisse. So werden die oberste Beamtenhierarchie
und diejenigen Angestellten, die sofort nach Gesetzwerdung dieses
Regierungsantrages in den wohlverdienten Ruhestand abzugehen in
der Lage sind, die einzigen Nutznießer dieses neuen Gesetzes
sein. (Posl. dr Schollich: Was bekommt denn eigentlich Herr
Viškovský?) Der bekommt 100.000 Kronen. Diese
Ungleichmäßigkeit kann aber doch bei Leibe nicht als
eine gerechte Lösung der Besoldungsfrage bezeichnet werden.
Was muß man aber von einem Gesetze denken,
das eine Besoldungsreform angeblich enthält und dabei Ausgleichszulagen
für jene Staatsangestellten vorsieht, die unter, der Wirkung
des neuen Gesetzes geringere Bezüge haben werden als sie
gegenwärtig erhalten? Wenn man das nicht als einen Konstruktionsfehler
des neuen Besoldungssystems bezeichnet wissen will, dann muß
man zu dem Urteil kommen, daß hier eine Reform in pejus
beabsichtigt wurde. Und um das Maß der Ungerechtigkeit voll
zu machen, stellt man das neue Prinzip auf, daß der Beamte
nur nach seiner Leistung und dienstlichen Verantwortung unter
Berücksichtigung seiner Vorbildung bezahlt werden soll, daß
demnach die sogenannten Alimentationszulagen grundsätzlich
abzuschaffen seien. Ohne aber den Grundgehalt im Sinne dieser
Grundsätze entsprechend zu erhöhen, so daß jeder
Staatsangestellte in der Lage sei, einen Hausstand zu gründen,
schafft man die Frauenzulage ab, behält die Kinderzulage
für ein Kind und für 2 Kinder bei, straft aber die Staatsangestellten,
die mehr als 2 Kinder haben, damit, daß man ihnen für
das dritte und jedes folgende Kind keine Zahlung mehr zuerkennt.
Zu solchen monströsen Erscheinungen führt es, wenn man
statt der vollkommenen Durchführung eines Grundsatzes sich
mit Halbheiten und einem jämmerlichen Flickwerk begnügt.
Mit einer materiellen Besserstellung der Staatsangestellten
durch dieses neue Gesetz ist also im allgemeinen überhaupt
nicht zu rechnen. Bis die Wirkung dieses Gesetzes den Staatsangestellten
in klingender Münze ausgezahlt wird, dann werden die neuen
Lohnkämpfe der Staatsangestellten auch sofort beginnen. Denn
wenn man den Staatsangestellten stellenweise auch ein paar Kreuzer
durch dieses Gesetz zugibt, so hat man ihnen diese Vorteile schon
früher wieder weggenommen. Die von demselben Parlament vor
wenigen Tagen beschlossenen Agrarzölle werden unbedingt eine
Verteuerung der Lebenshaltung durch allgemeine Preissteigerung
aller Bedarfsartikel bringen, die Bedeckung für den Mehraufwand
durch dieses Gesetz wird durch neue Umlagen und Steuern gesucht,
die der Staatsangestellte als Konsument ebenfalls mittragen muß,
der Mieterschutz soll abgebaut werden und eine Erhöhung der
Mietzinse stattfinden, so daß letzten Endes der Staatsangestellte
einem neuerlichen Elend entgegengeht.
Während auf der einen Seite nachgewiesen
werden kann, daß das Gesetz eine materielle Besserstellung
den Staatsangestellten überhaupt nicht bringt, wird ihnen
als Aequivalent dafür eine Reihe erworbener Rechte wieder
abgenommen. Scheinbar versteht man in diesem Staate unter einer
Reform der Besoldungsgrundlage den Vorgang, mit der einen
Hand nichts zu geben, gleichzeitig aber mit der anderen Hand etwas
wegzunehmen. Jahrelang haben die Beamten um die Zuerkennung der
Zeitvorrückung gekämpft, bis sie dieselbe endlich in
dem vielgeschmähten alten Österreich errungen haben.
Die Èechoslovakische Republik muß
sich aber entösterreichern. Und so hat man gefunden, daß
die Zeitvorrückung für den Beamten zwar vorteilhaft,
für den Staat aber nicht wünschenswert sei und hat eine
Mischung von Zeitvorrückung und Avancement durch Ernennung
herausgearbeitet, die an und für sich ein Ding der Unmöglichkeit,
für uns Deutsche aber einen direkten Ruin bedeutet. (Pøedsednictví
pøevzal místopøedseda inž. Dostálek.)
Nach dem neuen Gesetz wird nämlich
die Dienststelle für die einzelnen Beamten- und Angestelltenkategorien
in jeder Gehaltsklasse genau systemisiert. Über die Art der
Systemisierung weiß das Gesetz nur das eine zu sagen, daß
dieselbe der Regierung vollkommen überlassen bleibt. Während
der Angestellte die im Gesetz vorgesehenen Gehaltsstufen einer
bestimmten Gehaltsklasse in dreijährigem Turnus automatisch
durchlaufen wird, kann er in die nächsthöhere Gehaltsklasse
nur dann vorrücken, wenn er auf eine freie, systemisierte
Stelle dieser Gehaltsklasse ernannt wird. Ist eine solche Stelle
nicht vorhanden, dann bleibt der Beamte in der niedrigeren Gehaltsklasse
und erhält von 3 zu 3 Jahren sogenannte Dienstalterszulagen,
welche seine Bezüge bei weitem nicht in dem Maße steigen
lassen, als er durch Avancement in die nächsthöhere
Gehaltsklasse erhalten würde. Wie selten die deutschen Staatsangestellten
einer solchen Ernennung in die nächsthöhere Gehaltsklasse
für würdig befunden werden, zumal jedes Avancement von
der Qualifikation abhängig ist, kann sich jeder auf Grund
der bisherigen Erfahrungen leicht ausmalen. Wenn aber der Meinung
Ausdruck gegeben wird, daß diese Kombination von Zeitvorrückung
und Avancement durch Ernennung besonders vorteilhaft für
den Staat ist, weil es den Ehrgeiz der Beamten anzufeuern geeignet
erscheint, so muß ich ihn dieser guten Hoffnung doch berauben.
Jetzt wird sich wieder die Zeit wiederholen, wo der Beamte der
Willkür seiner Vorgesetzten ganz ausgeliefert ist. Der unfähige
Beamte wird avancieren, wenn er vor seinem Vorgesetzten zu kriechen
vermag, der Protektion in ihren scheußlichsten Erscheinungsformen
wird Tür und Tor geöffnet, während der gute Beamte
im Bewußtsein, daß ihm auch die beste Leistung nichts
hilft, mißmutig wird und sich vornimmt, nur soviel zu leisten,
daß es für sein Verbleiben im Dienste gerade noch ausreicht.
Das tatsächliche Leben schafft eben ganz andere Situationen,
als die schönste Theorie zu kombinieren imstande ist. Und
wenn man glaubt, damit etwas Gutes für den Staat geschaffen
zu haben, so wird sich dies in der Zukunft in das gerade Gegenteil
umwandeln. Mit Schrecken sieht aber die Beamtenschaft, daß
ihr hier ein erworbenes Recht geraubt wird, das sie in den nächsten
25 Jahren sich nicht wird zurückerobern können.
Und noch ein weiterer Verlust ist zu beklagen.
Bisher hat zur Pensionsgrundlage außer dem Grundgehalte
auch noch die Hälfte der Prager Ortszulage gehört. Nun
hat man durch eine geschickte Wortvertauschung aus der Ortszulage
eine Aktivitätszulage gemacht, die aber ganz dieselbe Bedeutung
besitzt, wie die Ortszulage und ebenso nach der Anzahl der Ortseinwohner
und unter Berücksichtigung der lokalen Teuerungsverhältnisse
bestimmt wird. Aber nur aus der Wortänderung allein leitet
man die notwendige Folge ab, daß diese Zulage nur den aktiv
dienenden Staatsangestellten gebührt und daher auch kein
Bruchteil derselben in die Pensionsgrundlage eingerechnet werden
darf. So wird in Zukunft der Pensionist nur einen Ruhegenuß
erhalten, der aus einem aliquoten Teile seines Grundgehaltes bestehen
wird, weil auf seine Lebenshaltung scheinbar die lokalen Teuerungsverhältnisse
keinen Einfluß mehr haben. Man begnügt sich mit der
Feststellung, daß fürderhin die auf 6% herabgesetzten
Pensionsbeträge dem Staate mehr einbringen werden, als die
bisher mit 8% berechneten Pensionsbeiträge von der bisherigen
Grundlage und schließt daraus, daß in Zukunft die
Pensionisten besser gestellt sein werden. Daß diese Rechnung
nicht ganz stimmen wird, wird die Erfahrung der nächsten
Zeit uns mit klarer Deutlichkeit lehren.
Konstatiert man noch, daß auch die Urlaubsgebühren
den Staatsbediensteten durch das neue Gesetz gekürzt werden,
dann muß man doch die berechtigte Frage aufwerfen, wo denn
die Vorteile des neuen Gesetzes zu finden sind?
Von den 215 Paragraphen dieses Gesetzes sind
über 40 sog. Ermächtigungsparagraphe, durch welche die
Regierung ermächtigt wird, diese oder jene Angelegenheit
nach eigenem Ermessen ohne Kontrolle des Parlamentes durch Regierungsverordnung
zu regeln. Mit anderen Worten: Der Staatsangestellte wird mit
Haut und Haaren der Willkür der Verwaltung ausgeliefert.
Und um das Maß der Ungerechtigkeit noch weiter vollzumachen,
bestimmt das Gesetz, daß die jetzt aktiv dienenden Beamten
nicht nach ihren gegenwärtigen Bezügen umgereiht und
umgerechnet werden, sondern daß dies auch unter Berücksichtigung
der Rangsklasse zu geschehen habe, in welche sie ernannt wurden.
Da es aber eine große Menge von Beamten gibt, die augenblicklich
infolge der Zeitvorrückung die Bezüge der höheren
Rangsklassen haben, während die Regierung ihre Beförderung
in diese Rangsklassen bisher unterlassen hat, so werden die Beamten
noch dazu für eine Unterlassung bestraft, die sie gar nicht
verschuldet haben, indem sie bei der Umreihung in das neue Gehaltsystem
geringere Bezüge erhalten werden, als ihnen tatsächlich
gebühren.
Es ist wirklich unmöglich, alle Härten
und Mängel dieses neuen Gesetzes in der kurzen einer Parlamentsrede
zur Verfügung gestellten Zeit aufzuzählen. Man müßte
ein ganzes Buch schreiben, das umfangreicher ausfallen würde,
als das Gesetz samt Motivenbericht, um die ungerechtfertigte Differenzierung
in der Besoldung bei Beamten mit gleicher Vorbildung, die unmotivierte
Zurücksetzung der Hochschulassistenten-Dozenten, die Entziehung
der Vorteile der lex Dolanský für die Einzelrichter,
die geradezu klägliche Besoldung der Staatsbediensteten und
Unterbeamten und viele andere Mängel, noch dazu im Gegensatz
zur merkwürdigen Bevorzugung der Militärpersonen anzuführen,
die nach dem neuen Gesetze die bestbezahlten Angestellten neben
den Angehörigen der Gendarmerie sein werden. Jede Regierung,
die bisher geglaubt hat, den Staatsangestellten alles antun zu
dürfen, sich aber auf der anderen Seite durch materielle
Vorteile eine treuergebene Prätorianergarde zu schaffen,
hat die Erfahrung machen müssen, daß es sich auf die
Dauer doch nicht gut nur auf Bajonetten sitzt.
Wenn schon solche Erwägungen keineswegs
geeignet sind, dem neuen Gesetze auch nur die geringsten Sympathien
zu erwecken, so gibt es noch zwei Dinge, welche das Gesetz wirklich
unannehmbar machen. Während das Gesetz für alle aktiven
Staatsangestellten mit 1. Jänner 1926 rechtswirksam sein
wird, sind von demselben jene Staatsangestellten ausgeschlossen,
welche in der Zeit zwischen dem 1. Jänner 1926 und dem Tag
der Veröffentlichung des Gesetzes im Amtsblatte unter Berufung
auf das Abbaugesetz vom Dezember 1924 von der beabsichtigten Versetzung
in den Ruhestand verständigt wurden. Es wird also eine Gruppe
von durch den Abbau geschädigten Staatsangestellten geben,
welche zwar unter der Rechtswirksamkeit dieses Gesetzes aktiv
gedient haben, die aber nach dem Gesetze nicht behandelt werden,
nur weil die Regierung behauptet, daß sie noch auf das Abbaukontingent
des Vorjahres zu zählen sind. Dieser Dreh beleuchtet so ganz
kraß die Rechtszustände in diesem Staate.
Die unerhörteste Art aber ist es, wenn
man bei dieser Gelegenheit vorgibt, nur die Bezüge der aktiven
Staatsangestellten und zukünftigen Ruheständler durch
dieses Gesetz regeln zu wollen, auf die endgültige Bereinigung
der Altpensionistenfrage aber überhaupt nicht eingeht und
diese Ärmsten mit nichtssagenden Versprechungen für
die Zukunft abspeist. Da alle Bemühungen, das Problem der
Altpensionisten endlich einer Regelung zuzuführen, bisher
völlig erfolglos geblieben sind, da die Ruheständler
kein anderes Mittel haben, um ihren Forderungen an ihren gewesenen
Arbeitgeber den notwendigen Nachdruck zu verleihen, so wäre
es eigentlich Pflicht der aktiven Beamtenschaft, mit vollem Nachdruck
sich für die berechtigten Forderungen der Altpensionisten
einzusetzen. Damit würden ja die aktiven Beamten von heute
auch in ihrem eigenen Interesse arbeiten, da sie nur so verhindern
können, daß man mit ihnen als den Pensionisten von
morgen ebenso brutal verfahre, wie es augenblicklich den gegenwärtigen
Altpensionisten ergeht. Schon aus diesem Grunde allein müßte
das vorliegende Gesetz von den Aktiven als unannehmbar bezeichnet
werden.
Ein Stück Tragödie des Staatsangestellten
wickelt sich augenblicklich vor unseren Augen ab. Bei fast gänzlichem
Fehlen jeglicher Vorteile zeigt sich uns eine solche Fülle
von Nachteilen, die das Gesetz bringen muß, daß es
nur sehr verständlich ist, wenn ganze Gruppen von Beamten
und Staatsangestellten dieses Gesetz als unannehmbar bezeichnen
und dessen Ablehnung verlangen, weil sie sich sagen müssen,
daß sie dann wenigstens Gelegenheit haben, um ein besseres
Gesetz zu kämpfen und damit doch die Aussicht bekommen, sich
etwas besseres zu erringen. Immerhin steht dem aber die Erwägung
gegenüber, daß ja dieses Gesetz in seinen Auswirkungen
sich doch in kürzester Zeit ad absurd um führen muß
und dann einer gründlichen Revision zu unterziehen sein wird.
Bis dahin mögen aber die geringen Vorteile doch die Veranlassung
sein, das Gesetz anzunehmen und so die neue Basis für weitere
Gehalts- und Standesforderungen zu schaffen. Weil aber alle Abänderungsanträge
unter brüsker Ausnützung der zahlenmäßigen
Mehrheit niedergestimmt werden, sodaß es von vornherein
überflüssig erscheint, derlei Abänderungsanträge
überhaupt zu stellen, weil wir ferner eine weitere Schädigung
der deutschen Staatsangestellten durch dieses Gesetz kommen sehen,
die neben der rücksichtslosen Entfernung aus dem Staatsdienste
durch die Handhabung der neuen Sprachenverordnung auch noch durch
die Bestimmungen des neuen Gesetzes an jeglichem Fortkommen im
Staatsdienste behindert werden, so kann sich meine Partei
nicht für das Gesetz aussprechen. Wir wissen aber auch zur
Genüge, daß die Beamtenregierung dieses Gesetz durchbringen
muß, weil es eines von den Hindernissen auf dem Wege zur
Bildung der allnationalen èechischen
Koalition ist, an deren Zustandekommen wir gar kein Interesse
haben. Darum verweigern wir der Beamtenregierung jede Stimme bei
dieser Regierungsvorlage.
Bei dieser Gelegenheit muß ich auch noch
mit einigen Worten Stellung nehmen zum vorliegenden Gesetzesantrag
auf Regelung der Bezüge der Volks- und Bürgerschullehrer.
Um Zeit zu sparen und auch nach außenhin kenntlich zu machen,
wie in dieser gesetzgebenden Körperschaft wichtige Vorlagen
durchgepeitscht werden, muß die Generaldebatte gleich überdrei
getrennte Gesetzesanträge auf einmal abgeführt werden.
Monatelange Fristen hat man hier vertreichen lassen und sie nicht
zu nutzbringender Arbeit verwendet, jetzt vor den Sommerferien
wird Tag und Nacht gehastet. Es ist klar, daß bei einem
solchen Betriebe das Ergebnis der Arbeit den Stempel der Oberflächlichkeit
und der Unvollkommenheit tragen muß. Auch gegen das Lehrergesetz
läßt sich eine Menge von sachlichen Einwendungen erheben.
Leider ist keine Gelegenheit mehr, diese Mängel zu beheben,
und so wird durch die Regierungsmehrheit das Gesetz den Lehrern
ganz einfach gegen ihren Willen aufgezwungen werden. Daß
die Lehrerschaft einmütig in der Ablehnung dieses Gesetzes
ist, kann man leicht begreifen, da die bisher bestandene Parität
mit den Staatsangestellten gleicher Vorbildung vollkommen durchbrochen
und damit endgültig beseitigt erscheint. Denn die in der
Vorlage vorgesenene Gleichstellung der Lehrergehalte mit jenen
der Staatsbeamten, die infolge ihrer minderwertigen Qualifikation
für eine Ernennung überhaupt nicht in Betracht kommen,
muß jeder Mensch, der den Wert und die Wichtigkeit der Arbeit
des Lehrerstandes für das Volksganze nur halbwegs richtig
einzuschätzen vermag, als eine grobe Verletzung und Kränkung
aburteilen, die man diesem Stande durch das Gesetz antun will.
Aber scheinbar wollte man die Lehrer noch weiter demütigen,
indem man sie durch Einführung einer vierten Aktivitätszulagenklasse
in erster Linie trifft, weil bekanntlich der überwiegende
Teil der Lehrer in Orten unter 2000 Einwohnern wirkt.
Ergänzt man nur diese sachlichen Bedenken
gegen das Lehrergesetz auch noch durch die gleichen politischen
Erwägungen, wie beim Staatsangestelltengesetz, so wird man
es begreiflich finden, daß meine Partei auch diesem Gesetzentwurf
ihre Stimme nicht geben wird. (Souhlas poslancù
nìmecké strany národní.)