Sobota 19. èervna 1926

Pøíloha k tìsnopisecké zprávì

o 36. schùzi poslanecké snìmovny Národního shromáždìní

republiky Èeskoslovenské

v Praze v sobotu dne 19. èervna 1926.

1. Øeè posl. Schweichharta (viz str. 2276 tìsnopisecké zprávy):

Hohes Haus! Das Zollgesetz war der erste Streich und der zweite folgte gleich. So kann man heute ungefähr mit Wilhelm Busch, dem großen deutschen antiklerikalen Humoristen sagen, wenn man sieht, daß die Mehrheit jetzt daran geht, der Geistlichkeit den ihr zukommenden Ertrag jenes schmutzig-materialistischen Geschäftes zuzuschanzen, das seinen Ursprung in dem Wahlsiege der reaktionären Parteien vom 15. November 1925 hat. Wie sehr sich die Dinge seither gewandelt haben, dafür sind wir selbst staunende Zeugen. Die Landbündler, Christlichsozialen und die Gewerbepartei, einst wütende Gegner der antideutschen Regierungspolitik, decken heute die Regierung mit allen Mitteln ohne Scheu und Scham. Plötzlicher und verblüffender hat sich wohl noch nie ein politischer Szenenwechsel vollzogen. Es wäre sehr interessant, gewisse Reminiszenzen aufzufrischen. Aber nur auf eines möchte ich hinweisen: auf den Rütlischwur von Eger vom 11. März 1922 für das Selbstbestimmungsrecht. Es wird heute sicherlich nicht mehr dafür geschworen werden und Herr Kollege Senator Böhr von der christlich-sozialen Partei wird kaum mehr Gelegenheit haben, den Schwur von Eger nochmals vorzubeten, jenen Schwur, der heute wie ein Meineid klingt. Nachdem der Staat, die Großagrarier und ein Teil der Schlotbarone sowie die Banken in Gestalt der Zölle - und jetzt kommen noch dazu kleinere Geschenke, die die Freundschaft erhalten, vielleicht einige Maierhöfe und Restgüter, sowie einige Milliönchen - bereits ihr Schäfchen ins Trockene gebracht haben wird nun, in Form der Kongrua die Geistlichkeit befriedigt. Natürlich wieder auf Kosten der breiten Massen. Non olet, Geld stinkt nicht, auch für die allerfrömmsten katholischen Seelen nicht, selbst wenn es von den ärgsten Ungläubigen stammt, die man sonst gerne in die Hölle verdammt, dort wo sie am heißesten, das Heulen und Zähneknirschen am ärgsten ist.

Die Vorlage, um die es sich heute dreht, setzt die niedrigsten Einkommen, eben die Kongrua der Geistlichen, welche in der Verwaltung der Pfarrämter tätig sind, so wie der übrigen Seelsorger, welche in der Verwaltung der mit Zustimmung der staatlichen Kultusverwaltung systemisierten Stellen tätig sind, mit einem jährlichen Betrag von 9000 Kronen fest. Dieser Betrag erhöht sich automatisch nach je drei Jahren um 972 Kronen, höchstens jedoch zehnmal. Dazu kommen noch Erziehungsbeiträge für Kinder bis 1800 Kronen jährlich. Inwieweit hievon die katholischen Geistlichen Gebrauch machen werden, ist allerdings schwer vorauszusagen. Manche halten sich ja an das Beispiel des Kuckuck. Weiter werden auch Ruhe- und Versorgungsbezüge nach Analogie der staatlichen Pragmatikalbeamten eingeführt. Der Staat muß mit vollen Händen mehr geben, ohne daß er nach erhöhten Leistungen auf der anderen Seite auch nur fragen darf, wie es bei den anderen Staatsangestellten jetzt der Fall sein wird. Der Staat muß auf Befehl der jetzigen Mehrheit eine große Fürsorge für die Geistlichkeit entwickeln, um die sie die anderen sozial wichtigeren Berufsschichten bestimmt beneiden, wie auch schon mein Kollege Taub bezüglich der Ärzte richtig darauf hingewiesen hat. Wir wissen, daß die Geistlichen eine der stärksten Stützen des herrschenden kapitalistischen Systems sind. Man muß ihnen eben deshalb entgegenkommen, wie man es den Offizieren gegenüber tut. Trotz aller politischen Wandlungen und Umwälzungen sind heute Säbel und Weihwedel ebenso ein Zeitsymbol der Èechoslovakischen Republik geworden, wie sie es einst in Österreich gewesen sind. Um die Bedeutung der Kongruavorlage richtig würdigen zu können, ist es unbedingt notwendig, das Verhältnis zwischen Staat und Kirche an der Hand der geschichtlichen Entwicklung kurz zu schildern und die Weltanschauung der römischen Klerikalen kennen zu lernen. Herr Kollege Luschka hat bereits gestern von Weltanschauungen und von den Kämpfen um diese Weltanschauungen gesprochen. Die römisch-katholische Geistlichkeit sagt zwar in Übereinstimmung mit den Lehren Christis, daß ihr Reich nicht von dieser Welt sei, aber die Wirklichkeit ist schon längst ganz anders, sie steht mit den Tatsachen in denkbar schärfstem Widerspruch. Es ist wahr, daß die christliche Lehre von dem armen Volke getragen wurde und zum Teil heute noch getragen wird, weil es mit ihrer Hilfe einen Ausweg aus den verschiedenen irdischen Nöten erblickte. Richtete sich doch diese Lehre scharf gegen die besitzenden und ausbeuterischen Klassen. Die meisten Gläubigen sehen heute noch den Schein von früher, aber nicht das wirkliche Sein. Seit der Zeit der Priesterherrschaft und der Erklärung der christlichen Lehre zur Staatsreligion zur Zeit des Kaisers Konstantin im 4. Jahrhundert, als die Kirche eine Stütze des Thrones und der herrschenden Mächte wurde, vollzog sich im Wesen des offiziellen Christentums ein ungeheurer Wandel. Gestatten Sie, daß ich das zusammengefaßt, in wenigen Sätzen klarlege. Ich verweise in dieser Beziehung auf die Ausführungen meines Parteifreundes Prof. Hartwig in der Broschüre "Jesus oder Karl Marx". Ich möchte gewissen christlich-sozialen Arbeitersekretären und Abgeordneten das Studium dieser Broschüre sehr angelegentlich empfehlen. Darin heißt es auf Seite 19: "Der Messiasglaube war ein richtiger Diesseitsglaube. Das bedrückte Volk vertraute auf Gott, dessen Allgüte doch unvereinbar war mit Knechtschaft, Elend und dem sonstigen tausendfachen Leid auf Erden. Erst später wurde die Erlösung in das Jenseits verlegt und die Kirche hat im wohlverstandenen Interesse des Staates, der sie besoldet, bis auf den heutigen Tag diese Jenseitseinstellung kräftigst gefördert. Die alle Volksklassen verpflichtende Bruderliebe trat in den Hintergrund. Das machte ja gerade die Kirche dem Klassenstaate so wertvoll, daß sie das Christentum verleugnete." Und hier wird ein Wort von Karl Kautzky zitiert aus seinem Werke: "Ursprung des Christentums": "Die Organisation des Christentums, die Kirche, siegte dadurch, daß sie ihre ursprünglichen Ziele preisgab und deren Gegenteil verfocht." Und Hartwig erklärt mit vollem Recht: "Die Kirche ist keine harmlose Religionsgenossenschaft, als welche sie sich gerne ausgeben möchte, sondern eine politische Machtorganisation im Dienste der herrschenden Klasse." Das Verhältnis der katholischen Kirche zum Staate zeigt die stetige Tendenz, das Streben der Kirche nach Oberhoheit über Staat und Menschen seit Jahrhunderten. Dies kommt ganz klar und unwiderleglich zum Ausdruck. Mit scholastischen Schlagworten suchte man das eingehend zu begründen. Der heilige Augustin, einer der großen Rechtslehrer der katholischen Kirche, gestorben 430, begründete in seinem Lehrbuch "Der Gottesstaat" die Geschichtsphilosophie der römischen Kirche, wie folgt: "Die sichtbare Kirche mit ihrem Oberhaupte, dem Papste in Rom, ist Gottes Wille und Werk. Der weltliche Staat ist minderen und letzten Endes satanischen Ursprungs." Mit solchen Gedanken gestählt, rang sich die Geistlichkeit zum Herrentum und zur irdischen Weltherrschaft durch. Der Hauptbahnbrecher dieses Strebens war Papst Gregor VII, gestorben 1085. Er fühlte sich schon als Lehensherr der weltlichen Reiche. Die Kirche war ihm das Gottesgericht gegenüber der Erdenwelt. Den Höhepunkt der kirchlichen Gewalt erklomm Innozenz III, gestorben 1216. Ihm lag buchstäblich die ganze Welt zu Füßen. Thomas von Aquino, ein anderer großer Lehrer der römischen Kirche, gestorben 1274, suchte den Beweis zu erbringen für die Notwendigkeit der päpstlichen Weltherrschaft. Er behauptete, daß der Staat als das Kind der Sünde der Kirche zu Diensten befohlen sei. Dem römischen Bischof müßten alle Könige des christlichen Volkes untertan sein, wie dem Herrn Jesu Christo selber. Der Grundgedanke dieser Lehre ist wie vieles andere in der christlichen Kirche rein heidnischen Ursprungs. In diesem Falle stammt der Gedanke aus Griechenland. Man sagte sich: Der Mensch ist in Sinnlichkeit verstrickt, er ist erfüllt von Sehnsucht nach Erlösung und diese findet er nur in der Erhebung zu Gott. Das alles ist schon vor dem Christentum in Griechenland gelehrt worden. Papst Bonifazius VIII, gestorben 1303, ließ aber bereits die religiösen Beweggründe in seiner Bulle "Unam sanctam", herausgegeben 1302, zurücktreten. Er forderte die kirchliche Macht um der äußeren Gewalt willen, indem er verkündete, daß das weltliche Schwert nur nach Weisung und Duldung der Priester geführt werden dürfe und auch die weltliche Unterordnung unter den Papst eine Vorbedingung der Seligkeit sei. Letztes Ziel der Klerikalen ist und bleibt also: Der Staat ist der Diener der kirchlichen Macht, entsprechend der Bedeutung des Priesterdespotismus. Der Klerikalismus will die rechtliche Oberhoheit der Kirche über den Staat. Das ist auch der Sinn des Konkordates. Das ist die Weltanschauung, derer um Luschka. Die Geistlichen sind in erster und auch in letzter Linie Diener der Kirche, auch wenn sie Angestellte des Staates sind. Was ihnen die kirchlichen Vorgesetzten befehlen, ist für sie zum Schlusse maßgebend, nicht aber, was die staatliche Gewalt, die Regierung ihnen sagt. Das ist eine altbekannte Tatsache, die durch Jahrhunderte bis auf den heutigen Tag gilt, eine Tatsache, die wir uns stets vor Augen halten müssen. Daß auch in den letzten Jahren diese Auffassung in der römisch-katholischen Kirche noch maßgebend gewesen ist, das beweist der Fastenhirtenbrief der Erzbischöfe und Bischöfe Österreichs vom Jahre 1921. Dort wird dem Sinne nach genau das wiederholt, was der Hl. Augustin und der Hl. Thomas von Aquino erklärten: "Gott ist auch der Herr über die Staaten und Regierungen, der Landtage und Nationalversammlungen, aller Schulen und Universitäten und aller Redaktionsstuben und Organisationen." Und dann wird der Schluß gezogen, daß die Priester darum "den Verfassungsgesetzen des Bundesstaates nur insolange zustimmen, als sie nicht offenkundig die göttliche Rechtsordnung durchbrechen und die göttlichen und wohlerworbenen Rechte der Kirche nicht schmälern." Es wird ausdrücklich darauf hingewiesen, daß die Bischöfe und die Geistlichen die Stellvertreter Gottes sind. Es wird ausdrücklich erklärt, daß wer zu Gott halten will, dem Bischof und dem Pfarrer folgen muß. Es fehlt nur noch die Bemerkung, daß auch die Pfarrerköchin die Inkarnation des Willens Gottes sein könnte.

Auf einen Umstand möchte ich angesichts der politischen Verhältnisse, wie sie sich heute entwickelt haben, besonders aufmerksam machen. In dem zielbewußten Streben der römisch-katholischen Kirche, die Menschheit zu beherrschen, sie zu willenlosen Werkzeugen der geistlichen Hierarchie und der kapitalistischen Klassen zu machen, suchte man in erster Reihe die Schule in die Hand zu bekommen. Man versucht das natürlich auch hier. In Österreich gelang dies nach der Niederwerfung der bürgerlichen 1848er Revolution, von der eigentlich nichts übrig blieb, als die sogenannte Bauernbefreiung, in der ungeahntesten Weise. Durch das Konkordat vom 5. November 1855 wurde die Schule in vollem Umfange der katholischen Geistlichkeit ausgeliefert und das, was in Österreich vor 70 und 80 Jahren geschah, das hat sich in den letzten Jahren in Bayern, in Polen wiederholt und ich bin überzeugt, daß man auch hier danach streben wird, ein Konkordat zwischen der Èechoslovakei und Rom abzuschließen. Der gesamte Unterricht an allen öffentlichen, aber auch an den Privatschulen mußte in Österreich der katholischen Glaubenslehre entsprechen und er entspricht ja in allen Ländern, die auf das Konkordat eingegangen sind, dieser Lehre. Kein Nichtkatholik konnte zum Lehramt an Mittelschulen berufen werden. Die Lehrpersonen der Volksschule waren durchwegs der Kirchenaufsicht unterstellt und die Zensur der Schulbücher wurde den Bischöfen übergeben. Die Geistlichkeit, vor allem die Bischöfe, bestimmten den Lehrplan. Am allerwenigsten hatten die Eltern etwas über das Schicksal ihrer eigenen Kinder in den Schulen zu entscheiden. Die Erfolge einer solchen Schule waren auch danach. Kaum ein Fünftel der Schulkinder besuchte damals in Österreich die Schulen wirklich, und was sie lernten, war in erster Reihe Religionslehre in ausgiebigstem Maße, dann etwas Lesen, Rechnen und Schreiben. Bestimmte doch eine österreichische Ministerialverordnung vom 28. August 1855 hinsichtlich des Lehrzieles, daß die sogenannten Realien wie Geographie, Naturgeschichte und Naturlehre etc. nicht in die Trivial-, also in die Volksschule gehören. Wohin der österreichische Staat unter der Herrschaft der volksverdummenden Reaktion gelangte, zeigen ja die verlorenen Kriege von 1859 und 1866. Il mondo casca, die Welt stürzt ein, riefen damals die römischen Herrschaften erschreckt und als die liberale Gesetzgebung Österreich modernisierte, wurde die fortschrittliche Gesetzgebung, die damals in Österreich erlassen wurde, von Papst Pius IX verdammt, "für durchaus nichtig und immerdar ungültig" erklärt. Für die Èechoslovakei ist ein nettes Zukunftsbild in Aussicht, daß auch hier einmal Geistliche als Staatsangestellte gegen gewisse für sie unangenehme Gesetze predigen werden und sie verfluchen. Von allen Kanzeln wurde damals in Österreich gegen die freiheitlichen Gesetze gewettert und sie von allen Bischöfen feierlichst verflucht. Zur offenen Mißachtung der Gesetze, zum direkten Widerstand wurde das Volk von den Priestern aufgewiegelt, die sonst lehren, christlich zu dulden und zu leiden. Den Kampf um die Macht führte Rom, wenn es sein mußte, eben mit allen Mitteln. Was aber alle Bannflüche nicht vermochten, das erreichten die österreichischen Klerikalen in stiller unermüdlicher Maulwurfsarbeit im Laufe der folgenden Jahrzehnte, nämlich die Wiedererstarkung ihrer verderblichen Herrschaft. Meine Kollegen Patzel und Koberg haben bereits die österreichischen Gesetze zur Regelung des Verhältnisses von Staat und Kirche, die im Mai 1874 angekündigt wurden, besprochen. Sie sind bekanntlich niemals erschienen. Die vorgesehene Bildung von Pfarrgemeinden ist mit einer einzigen Ausnahme, angeblich in Bielitz, nie zur Wirklichkeit geworden. Derlei paßte der Geistlichkeit nicht in den Kram. Der Kollege Luschka hat gestern geprotzt mit seinen 75% Katholiken, die sich unter der Bevölkerung des èsl. Staates befinden. Er hat keine Ursache so zu sprechen, nach seiner Ideologie müßten diese 75% Katholiken eigentlich alle klerikal gewählt haben. Das ist ja glücklicherweise nicht der Fall, aber wir wissen ja: Die Herren um Luschka begnügen sich lieber mit 75% Papierchristen als mit 25% wirklicher gesiebter Gläubiger. Aber was man in Österreich seitens der Klerikalen mit allem Eifer verfochten hat, das ist immer das Streben nach Erhöhung der Kongrua gewesen. Gestatten Sie, daß ich aus einem Vortrage des Prof. Wahrmund aus Prag, der seinerzeit in der "Freien Schule" eifrig tätig gewesen ist, eine Stelle vorlese. Prof. Wahrmund sagte damals: "Nur in der Kongruafrage, d. h. mit Bezug auf die staatliche Besoldung der katholischen Geistlichkeit, hat die österreichische Kultusverwaltung eine rühmenswerte Aktivität entfaltet. Über ihre Initiative sind in den Jahren 1885, 1890, 1894, 1898, also ganz knapp hintereinander, Gesetze zur Regelung resp. Aufbesserung der Gehalte der katholischen Seelsorger erlassen worden. Bald wurde aber auch das letzte umfassende Kongruagesetz vom Jahre 1898 für unzulänglich erklärt und in einer neuen Regierungsvorlage v. J. 1905 abermals eine Erhöhung der Kongrua durchgesetzt, welche dem österreichischen Staatsschatz eine Belastung von 4,800.000 K auferlegte. Zum besseren Verständnis der ganzen Sachlage sei hier bloß erwähnt, daß das aktive Kirchenvermögen in Österreich vom Jahre 1835 bis 1880 um 482 Mill. zugenommen hat, daß ferner dasselbe aktive Kirchenvermögen vom Jahre 1880 bis 1900 neuerlich um 222 Millionen zugenommen hat und daß im Jahre 1900 die Gesamteinnahmen der katholischen Kirche ihre gesamten Ausgaben um mehr als 25 Millionen überstiegen haben, daß endlich die Vorschüsse des österreichischen Staates an den katholischen Religionsfonds im Jahre 1901 bereits den Betrag von 228,988.000 K erreicht hatten. Wir sehen also daraus, daß die Bescheidenheit zwar eine Zierde ist, daß aber auch die Klerikalen ohne sie viel weiter kommen.

Die Priester, die Herren Klerikalen, pochen auf ihre historischen Rechte. Auch Kollege Luschka hat gestern darüber ziemlich ausführlich gesprochen. Sie spielen auch gerne die Verfolgten. Kollege Petersilka hat sowohl im Budgetausschuß wie auch hier gestern im offenen Haus durch Zwischenrufe von einem Raub an Kirchengütern gesprochen. Das ist eine ganz offenkundige Anspielung auf die Maßnahmen Kaiser Josef II. (Posl. Kaufmann: Woher haben sie denn diese Besitztümer gehabt?) Dieser hat allerdings 800 Klöster mit 36.000 Insassen aufgelöst, aber nur weil es, wie es im Auflösungsdekret hieß, sie sich einem beschaulichen Nichtstun hingaben, also zu deutsch ausgedrückt, diese Klöster sind aufgelassen worden, weil die Insassen gefaulenzt haben. Aber es sind damals immerhin noch in Österreich nicht weniger als 1324 Klöster mit 27.000 Insassen geblieben. Während die früheren Habsburger das Eigentum der evangelischen Rebellen, auch das der 25.000 Bauern, die man aus Böhmen hinausgetrieben hat, rücksichtslos eingezogen haben in den Zeiten des 30jährigen Krieges, schuf Kaiser Josef aus dem Gut der aufgehobenen Klöster die Grundlage für die Religions- und Pfarrkassen für den späteren Religionsfond. Soweit kein Überschuß vorhanden sein sollte, wollte der Staat das Fehlende ersetzen. Das geht aus dem Kabinettschreiben v. J. 1783 ganz deutlich hervor. Kaiser Josef lI. wollte die Geistlichen zu einer Art Staatsbeamten machen, deshalb verpflichtete er den Staat zu Beiträgen, was jetzt ebenfalls geschieht. Der von den Klerikalen genährte Haß gegen Kaiser Josef ist eigentlich historisch gar nicht gerechtfertigt. Übrigens hat schon mein Kollege Kaufmann das in einem Zwischenruf berührt. Wenn man schon von einem geraubten Gut der Kirche redet, wenn man auch heute über die Bodenreform jammert und auch dabei von einem Raub spricht, wo sind denn die Dokumente der Herren Klerikalen, womit sie ihren Besitztitel einwandfrei nachweisen können? In Wirklichkeit ist es so, daß die Herren Klerikalen, das, was sie nicht selbst auf irgendeine mehr oder weniger dunkle Weise erworben haben, eigentlich vom Staate übernommen und bekommen haben, und der Staat hat also logischerweise auch das Recht gehabt, ihnen das fremde Gut wieder abzunehmen. Die historischen Rechte der Kirche, der Römlinge, auf die sich Herr Kollege Luschka bezogen hat, sind also sehr, sehr fadenscheinig. In der Zeit der liberalen Aera, über die auch meine Kollegen Patzel und Koberg ausführlich gesprochen haben, hat sich ja die Auffassung über die Stellung der Kirche zum Staat wesentlich geändert. Ich erinnere nur an den Artikel 15 der österreichischen Staatsgrundgesetze vom 21. Dezember 1867, wo es ausdrücklich hieß: "Jede gesetzlich anerkannte Kirchen- oder Religionsgemeinschaft ordnet und verwaltet ihre inneren Angelegenheiten selbst". Noch eine Zwischenbemerkung: Was Kollege Koberg gestern gesagt hat, war nur ein schwacher Nachhall all der Lehren aus der jungliberalen Aera und aus der Los von Rom-Bewegung der Deutschradikalen. Aber trotzdem hat dies das Mißfallen der Herren um Luschka hervorgerufen. Es zeigt sich wieder einmal, wie intolerant diese Herren sind, nicht die leiseste Kritik wollen sie ertragen.

Ich möchte noch hinweisen auf den interkonfessionellen Charakter der österreichischen Gesetze, insbesondere auf das Gesetz vom 15. Mai 1868. Es setzt fest, daß Leistungen für Kultuszwecke nur erzwungen werden können, wenn Patronatspflichten oder andere durch Dokumente nachweisbare Verpflichtungen vorliegen. Solche existieren in der Tat und auch Gemeinden und Landwirte müssen noch immer gewisse Steuern in natura oder in Geld leisten. Ich erinnere an den sogenannten Dezem, der in einigen nordböhmischen Gemeinden heute noch üblich ist, eine Art Robot an die Pfarrgeistlichen. Bei Beratung des Gesetzes vom 7. Mai 1874 über den Religionsfondsbeitrag wurde im Motivenbericht seitens der damaligen österreichischen Regierung ausdrücklich erklärt, daß bei Beschaffung der nötigen Mittel nur auf kirchliche Quellen Bedacht zu nehmen sei - wohl gemerkt, kirchliche Quellen - der Staat, - hieß es weiter, hat zu diesfälligen Leistungen weder die Mittel, noch die Pflicht. Das sagte eine österreichische Regierung! Und was sagt hiezu die Regierung des husitischen Staates, der Èechoslovakei? Sie schweigt! Ich möchte auf das Beispiel Frankreichs hinweisen, wo der Grundsatz, daß Religion Privatsache sei, tatsächlich durchgesetzt wurde, aber auch auf Nordamerika, weil ja der Empfang, den die europäischen Delegaten, die Bischöfe von Europa und der päpstliche Abgesandte erfahren haben, beweist, daß auch unter dem Prinzip "Religion ist Privatsache", die römisch katholische Kirche ganz gut gedeihen kann.

Beim Kongruagesetz vom Jahre 1885 ist allerdings der damals von den Liberalen vertretene vernünftige Grundsatz, daß der Staat mit der Kirche nichts zu tun haben soll, preisgegeben worden. Wir dürfen ja nicht vergessen, daß das ganze eine politische Machtfrage war und auch noch heute ist. Alle diese Dinge haben sich im alten Österreich abgespielt, in jenem Österreich, das durch die Schuld der Herrschenden schmählich zugrunde gegangen ist. Als die Èechoslovakische Republik sich am 28. Oktober 1918 aufrichtete, sollte sie gemäß der von Masaryk, Beneš und Štefánik unterschriebenen Proklamation ein Land der Freiheit und des Fortschrittes darstellen, der Militarismus sollte durch die Miliz ersetzt, die Kirche vom Staat getrennt werden. Wohin sind all diese schönen Grundsätze geraten? Der Weg zur Reaktion ist auch in diesem Staate mit guten Vorsätzen gepflastert. Unseligerweise ist es in der Èechoslovakei zur Trennung der Kirche vom Staat nicht gekommen. Es ist eine der vielen verpaßten Möglichkeiten, womit wir nun hier zu rechnen haben. Während in der Zeit nach der Gründung der Republik der nationale Kampf aufs heftigste tobte, während sich die Deutschen, Èechen usw. bekriegten, freute sich die schwarze Internationale aufs herzlichste und vergrößerte zielbewußt ihre Macht. Die 1816 aus dem Lande gejagten Jesuiten spielen heute eine größere Rolle als je zuvor. Ihre Aufgabe, die Bevölkerung im guten oder bösen katholisch zu machen, nehmen sie mit echt pfäffisch-unversöhnlichem Eifer überall auf. Die Kongruavorlage ist ganz offenkundig ein Sieg Roms über die Grundsätze der Staatsgründer. Die Wahlen vom Herbste 1925 zeigen deutlich, daß die Klerikalen aller nationalen Schatierungen tatsächlich eine bedeutende Macht geworden sind und damit eine Gefahr für den Fortschritt, und daß die Klerikalen aller Grade die politische Situation für ihre selbstsüchtigen Zwecke sehr geschickt auszunützen verstehen. Die gewonnene Position in diesem Hause dient ihnen in erster Reihe dazu, ihre besten Agitatoren zu belohnen. Oder will man vielleicht bestreiten, daß jeder Pfarrhof eine Agitationsstätte der Christlich-Sozialen ist? Daß demnach die Kongruabeiträge direkt der christlich-sozialen Partei zugute kommen? Daß man anderen Konfessionen auch entgegenkommen muß, ist in den Augen der Katholiken sicher ein großer Schönheitsfehler des Gesetzes.

Die Herren Gegner wollen von der Verweltlichung der Matrikenführung nichts wissen und sie kämpfen darum ihre Lohnbewegung mit aller Energie durch. Sie verstecken sich hiebei hinter dem angeblichen Staatsinteresse, indem sie behaupten, die Arbeit bei den weltlichen Ämtern käme viel zu teuer, sie wären billiger. (Výkøiky.) Man spricht von der Verteuerung der Matrikenführung bei weltlichen Ämtern um 70 Millionen. Wie fadenscheinig diese Argumentation ist, zeigt der Umstand, daß man jetzt für die Geistlichkeit mit 150-200 Millionen Kronen mehr gerechnet hat. Das angebliche Staatsinteresse im Sinne des Sparens hat sich sehr schnell als echtjesuitischer Kniff herausgestellt. Selbst wenn man das jetzige Verhältnis der Geistlichkeit zum Staate prinzipiell anerkennen wollte, müßte zugegeben werden, daß sich die Ausgaben des Staates im Laufe der letzten Jahre in so aufsteigender Linie zugunsten des Klerus bewegt haben, daß von einer wirklichen Berechtigung für Klagen über Zurücksetzung absolut nicht die Rede sein kann. Man denke hier an das Wort Goethes vom guten Magen der Kirche, die auch ungerechtes Gut verdauen kann, nur sie allein vermag das. Wir wissen schon, daß die Kuttenträger um Gotteslohn allein nicht arbeiten und sich auch nicht darauf verlassen, daß sie Gott wie die Lilien auf dem Felde ernähren werde. Aber was sie begehren, geht weit noch über das Maß der Bescheidenheit hinaus. Seit 1919 sind vom Staate für Kongruazwecke nicht weniger als 370 Millionen ausgegeben worden. Die jährlichen Ausgaben zeigen stets eine sprunghafte Aufwärtsbewegung wie keine andere Budgetpost, geschweige denn, daß von einem Abbau die Rede gewesen wäre. Gab der Staat 1919 weit über 20 Millionen für Kongrua her, so stieg 1924 diese Post schon auf 76 Millionen, nachdem in der Zwischenzeit der Betrag von 54 auf 60 Millionen aufgerundet worden war. Ich frage Sie: Was bekommen die Arbeitslosen, deren Zahl ums Vielfache größer ist wie die der Geistlichen? Wieviel weniger als diese Handvoll Nutznießer des Staates.


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