Sie gehen noch weiter. Sie geben Ihr Heiligstes
- ich greife da vielleicht etwas voraus - das, was Sie bisher
als Ihr Heiligstes und Ihr Unantastbarstes erklärt haben,
Ihr Eigentumsrecht auf. Uns kann es recht sein., wenn Sie sich
expropriieren. Sie expropriieren sich politisch, national, aber
auch wirtschaftlich. Sie sind darauf im Budgetausschuß aufmerksam
gemacht worden. Noch mehr, Ihre eigenen deutschen Gemeinden und
Bezirke, in denen auch Angehörige Ihrer Parteien amtieren,
haben protestiert, deputativ und in Zuschriften sich an Sie gewendet
und Verbesserungen der Vorlage verlangt. Und Sie haben auf diese
Wünsche Ihrer eigenen Parteigänger, Ihrer eigenen Gemeinde-
und Bezirksfunktionäre eine Verschlechterung der Vorlage
als Antwort gegeben. (Posl. de Witte: Die Antwort muß
bei den Gemeindewahlen gegeben werden, dann müssen sie zum
Teufel gejagt werden!) Ich weiß nicht, Herr Klubkollege,
was wir in diesem Staate noch bis zu den Gemeindewahlen erleben
können. Aber warum Sie all das tun, ist unbegreiflich. Nur
eine Erklärung gibt es: daß Ihr Klassenhaß soweit
geht, daß Sie, da Sie die Arbeiter, die in der Gemeindestube
neben Ihnen sitzen, nicht herausbringen, ganz einfach die Gemeinde
preisgeben, daß Sie das heiligste Recht auf Selbstverwaltung
für das bisher jahrhundertelang schon im Mittelalter die
Zünfte und die Stände gekämpft haben, preisgeben,
weil Sie dieses Verwaltungsrecht mit Proletariern teilen müssen.
Alles, was Ihnen angeblich nach den eigenen Erklärungen heilig
gewesen, geben Sie auf, all das, was Ihnen, solange Sie nicht
in der Regierung waren, heilig war, treten Sie mit Füßen,
und man sollte fast glauben, daß tatsächlich nur der
Umstand, daß Sie nicht mehr persönliche Vorteile in
der Gemeinde haben, daß die Vetternwirtschaft aufgehört
hat, also nicht ideale, sondern ganz materielle Momente bei Ihnen
das Interesse an der Gemeinde zerstört hat, daß nicht
Ideale es waren, die Sie früher zur Arbeit in der Gemeindeverwaltung
geführt haben, sondern nur persönliche, dem niedrigsten
Egoismus entsprungene Momente.
Mag dem nun sein, wie es will, das Erwachen
wird für Sie sehr unangenehm sein. Daß Sie sich alles
begeben, daß Sie sich förmlich politisch und moralisch
kastrieren, wird von Ihren jetzigen Partnern, meine Herren von
den deutschen Regierungsparteien, nicht gewürdigt werden
und Sie werden zur gegebenen Zeit den Dank dafür erhalten.
Für die Arbeiter ist dieses Gesetz und wie es gemacht wurde,
eine Mahnung. Die Arbeiter werden sich darauf einrichten, sie
werden ihr Verhalten darauf einstellen, und sie wissen nun und
haben weitere Beweise, daß die Klasseninteressen, wie wir
es schon immer behauptet haben, letzten Endes stärker sind
als alle nationalen Bindungen. Die Arbeiterschaft wird jetzt um
so klarer urteilen, jetzt, wo sie Ihr Verhalten, Ihr Bestreben
auch in Bezug auf die Gemeinde kennen gelernt hat. Wir werden
den Kampf, den Sie uns aufzwingen, den Kampf gegen dieses System
führen, welches Sie in diesem Gesetz bzw. in dieser Gesetzesgruppe,
die in Verhandlung steht, verankern. Wir werden den Kampf für
die Gemeindeautonomie weiter führen. (Posl. Hackenberg:
Am 26. Oktober werden Ihre eigenen Anhänger urteilen!) Sehr
richtig. Und wenn Sie mit Rücksicht auf das bei Ihnen verflüchtigte
Interesse an der Gemeinde glauben, daß die Arbeiterschaft
den Kampf auf dem Boden der Verwaltung nicht aufnehmen wird, dann
irren Sie sich. Wir werden den Kampf organisieren, wir werden
den Kampf auch auf dem Gebiete der Verwaltung aufnehmen und führen,
solange, bis wir den Erfolg auf unserer Seite haben, so wie wir
ja auch durch Jahrzehnte den Kampf um die Teilnahme an der Gesetzgebung,
um Einflußnahme auf die Gesetzgebung geführt haben.
Dies, meine Herren, zur Gemeindeverwaltung.
Nun habe ich von meinem Klub den Auftrag, bei
dieser Gelegenheit den Standpunkt unserer Fraktion gegenüber
der Steuerreform Hauptstück VIII. und IX. klarzulegen. Ich
spreche zunächst vom VIII. Hauptstück, von den §§
185 bis 230, Strafrecht. Mit Rücksicht darauf, daß
für die Arbeiterklasse von den direkten Steuern nur die Einkommensteuer
in Frage kommt und der Unternehmer den Steuerbehörden auf
Grund seiner Lohnlisten die Angaben macht, weiters mit Rücksicht
darauf, daß der Unternehmer auch die Abzüge für
die fällige Steuer zu besorgen hat, ist eine sogenannte strafbare
Verkürzung der Steuerpflicht durch den Arbeiter so gut wie
ausgeschlossen und deshalb ist der Arbeiter nur in seltenen Fällen
als Objekt des Steuerstrafrechtes zu betrachten. Etwas anderes
ist es schon bei den Angestellten, die als kommerzielle Mitarbeiter
ihres Chefs oft und sehr leicht, wenn auch unabsichtlich zum Mitwirkenden
und Mitschuldigen bei strafbaren Steuerverkürzungen in Betracht
kommen werden. Es ist selbstverständlich, daß gerade
diesbezüglich das Gesetz ganz außerordentlich rigorose
Bestimmungen beinhaltet. Ein Vergleich zwischen den bisher geltenden
Straf- und allgemeinen Bestimmungen betreffend die Ertragssteuern
und der Vorlage ist nicht leicht, speziell deshalb nicht leicht,
weil die bisher geltenden Strafen einheitlich für die Erwerb,
Renten, Einkommen, Besoldungssowie Tantiemensteuer getroffen wurden;
die allgemeinen Bestimmungen für jede einzelne Ertragssteuer
liefen nebeneinander, wogegen die Steuervorlage abgesehen von
ganz wenigen Ausnahmen versucht, sowohl die Strafwie die allgemeinen
Bestimmungen für alle Ertragssteuern einheitlich zu treffen.
Was nun die Strafbestimmungen anlangt, so gehen dieselben weit
über die bisher geltenden Strafbestimmungen bei den obangeführten
Ertragssteuern hinaus. Die Strafen sind andere, die Kompetenzen
zu deren Feststellung ebenfalls andere, anders werden die strafbaren
Handlungen festgelegt als bisher. Neben Geldstrafen finden wir
in der neuen Vorlage auch die Arreststrafe, die als Ersatzstrafe
vorgesehen und gedacht ist. Außerdem können wir feststellen,
daß bei den Steuerverkürzungen der Betrag von 5.000
Kronen angenommen wird; wir sind der Meinung, daß diese
Strafen wohl berechtigt sind, wohl eine gewisse Begründung
haben, weil ja nur dann, wenn die direkten Steuern rigoros und
rücksichtslos eingetrieben werden, die Voraussetzung geschaffen
wird, daß die indirekten Steuern abgebaut werden und einmal
vollständig verschwinden. Neben den Ordnungsstrafen, die
weiterhin beibehalten werden, sind es noch nach dem bisher geltenden
Personalsteuergesetz die Steuerhinterziehung und die Steuerverheimlichung,
welche bestraft werden, wogegen die Steuervorlage eine modernere
Auffassung bezüglich der Steuerstrafen einnimmt, indem sie
Steuerhinterziehung aus grober Fahrläßigkeit Unachtsamkeit,
Anstiftung und Beihilfe verfolgt. Sie hat auch erschwerende und
mildernde Umstände vorgesehen. Wogegen man sich aber wenden
muß, ist die Ersatzstrafe, welche im Falle der Uneinbringlichkeit
der Geldstrafe einzutreten hat und hauptsächlich die Mittellosen
treffen wird. Außerdem fehlt eine sehr wichtige Bestimmung,
mit welcher bisher im allgemeinen Strafrecht sehr gute Erfahrungen
gemacht wurden, u. zw. die bedingte Verurteilung, die erwiesenermaßen
günstig wirkt. Das Strafrecht darf nicht nur auf dem Motive
der Rache aufgebaut sein, sondern muß vor allem wohl vorbeugende
Maßnahmen treffen, vorbeugende Wirkung haben, vor allem
darauf bedacht sein, gegen Wiederholungen hemmend einzuwirken
und zu einer höheren Moral zu erziehen. Dieses Leitmotiv
müßte auch im Steuerstrafrecht nach unserer Überzeugung
Geltung haben.
Einen schweren Mangel weist die Vorlage dadurch
auf, daß beim Verfahren die Unmittelbarkeit, Öffentlichkeit
und Mündlichkeit fehlt, und der Steuerdelinquent - wenn ich
so sagen darf - eigentlich erst dann mündlich einvernommen
wird, eigentlich erst dann mündlich zu seiner Rechtfertigung
auftreten kann, wenn er darum angesucht und ihm die Steuerbehörde
die Erlaubnis dazu erteilt hat. Besonders der Umstand, daß
weite Kreise von Kleinbauern und Kleingewerbetreibenden, wenn
auch passiv für das Steuerstrafrecht in Betracht kommen,
zwingt uns, diesbezüglich eine Ergänzung zu fordern,
weil gerade für diese kleinen Leute das Moment der persönlichen
Einvernahme, der mündlichen Äußerung, der mündlichen
Begründung für irgend ein Versehen oder einen Fehler
von ganz besonderer Wichtigkeit ist. Besonders zu bemängeln
ist die Art der Bestellung der Straf- und Berufungssenate. Auch
hier können wir feststellen, daß der in der sogenannten
Verwaltungsreform festgelegte Grundsatz in diese Vorlage aufgenommen
wurde, der Grundsatz, das Wahlrecht möglichst zu beseitigen
und anstelle des Wahlrechtes der Staatsbürger ganz einfach
das Ernennungsrecht des Staates zu setzen. Besonders auffallend
ist gerade bei diesem Hauptstück der Schutz, welcher den
Banken und dem Großkapital gegen jede Kritik gewährt
wird, der soweit geht, daß die Auswirkung dieses Paragraphen
direkt korrumpierend wirken muß, daß wir in diesem
Hauptstück nur ein Schutzgesetz der kapitalistischen Macht
und Klasse erblicken. Einzelne Bestimmungen des Gesetzes sind
geeignet, dem Protektionismus Tür und Tor zu öffnen.
Und ich kann mich aus diesem Grunde, da es doch gilt, schließlich
und endlich den Beweis zu erbringen, nicht enthalten, auf einzelne
Paragraphen näher einzugehen, aus denen Sie ersehen können,
wie ungeheuerlich die Auswirkungen einzelner solcher Bestimmungen
sind. Die §§ 185 bis 190 enthalten die strafbaren Handlungen,
wie unrichtige Angaben in dem von diesem Gesetz angeordneten Bekenntnis,
unrichtige Antworten auf Anfragen in einem Rechtsmittel, in Eingaben,
die Bestätigung oder Verheimlichung unrichtiger Angaben,
Fristversäumnisse, Vereitelung der Vorschreibung oder Bemessung
der gesetzlichen Steuer, die Vorsätzlichkeit, ihre erschwerende
Wirkung, weiters Fahrlässigkeit, Anstiftung und Beihilfe.
Für uns, als Vertreter der Arbeiterschaft
und Angestelltenschaft, kommen hauptsächlich die Delikte
im § 190 und in den folgen den in Betracht. So stellt vor
allem der § 190 als Anstiftung, bzw. Beihilfe zu einem Steuerdelikt
unter Strafe, wer durch Anstiftung, Ratschlag, Bestärkung,
Zusage oder Gewährung einer Beihilfe, namentlich auch wissentlich
durch unrichtige Führung von Geschäfts- und Wirtschaftsbüchern
oder sonst in einer Weise auf eine Steuerverkürzung hinwirkt
oder wissentlich an einer Steuerverkürzung mitarbeitet. Diese
Bestimmung ist eine ungeheuere Gefahr für unsere Angestellten,
die durch ihren Beruf verpflichtet sind, Bücher zu führen,
nicht nur nach den Grundsätzen der kaufmännischen Verwaltung,
sondern in vielen Fällen auch unter Anweisung und unter Einflußnahme
ihrer Chefs. Wenn nun ein solcher Beamter oder Angestellter gewisse
Eintragungen machen muß, die dazu führen, eine Steuerverkürzung
auszulösen, so wird er ebenso bestraft, ja nach den Bestimmungen
des Gesetzes vielleicht härter bestraft als sein Chef, der
Anstifter. Wir sind nun der Meinung, daß hier doch verschieden
geurteilt werden muß, daß hier nicht nach einem Schema
geurteilt werden kann, denn der Anstifter und Verführte sind
doch schließlich und endlich vom Rechtsstandpunkt aus betrachtet,
zweierlei Verbrecher oder Steuerdeliquenten. Der Entwurf hat ein
wichtiges Moment außeracht gelassen, daß vor allem
der Angestellte der Verführte ist, daß der Angestellte
aber auch unter dem Druck, den der wirtschaftlich Stärkere,
den der Unternehmer auf ihn ausübt, unter Umständen
das Delikt begeht, daß der Angestellte unter dem eisernen
Zwang, den sein wirtschaftliches Verhältnis auf ihn ausübt,
arbeitet und daß oft bei ihm die Existenzfrage ein sehr
erschwerendes Moment ist, daß es für ihn so bedeutungsvoll
ist, daß er unter Umständen auch wissentlich ein sogenanntes
Steuerdelikt begeht. Wir verlangen nun, daß hier mit gleichem
Maße gemessen wird, das heißt, daß zumindest
nach dem Grundsatz des Strafrechtes vorgegangen wird, daß
beim Angestellten, auch das, was das Strafrecht vorsieht, der
eiserne Zwang, die moralische Notlage berücksichtigt wird,
daß der Beamte vom Chef verleitet wurde, eine unrichtige
Buchung vorzunehmen oder eine unrichtige Auskunft zu geben. Die
dafür fällige Strafe ist nicht aus Eigenem zu bezahlen,
sondern der Unternehmer hat diese Strafe für ihn zu bezahlen.
Sie müssen ja berücksichtigen, daß der Angestellte
in eine ungeheuere Gewissenkollision kommt, wenn er zwischen Recht
und Unrecht zu entscheiden hat, wenn es sich dabei um seine Existenz
und die Existenz seiner Familie handelt. Es wäre ja interessant,
noch in eine ganze Reihe darauf bezughabender Paragraphe einzugeben.
Leider ist dies mit Rücksicht auf die Zeit, die auch hier
in der Debatte bestimmt wurde, nicht möglich.
Gegen eines aber, wogegen wir uns ganz besonders
scharf wenden, ist die sogenannte Ersatzstrafe. Auch da stehen
wir als Partei und als Fraktion auf dem Standpunkte, daß
die Ersatzstrafe aus diesem Gesetze verschwinden muß, da
sie ein ungeheures Unrecht vor allem anderen wiederum für
den Mittellosen bedeutet. Für den Besitzenden, für den
Unternehmer, wird die Geldstrafe oft keine Strafe sein, sie wird
im Verhältnis zu seinem Besitz eine unfühlbare Belastung
und als Strafe eigentlich unwirksam sein. Der andere, vielleicht
auch wiederum der Verführte oder der Arbeiter, der von seinem
kargen Lohn noch Steuer zahlen soll und der vielleicht nicht einmal
richtig informiert ist über das, was er bei der Fatierung
der Steuer vorbringen darf, soweit er selbst und nicht durch den
Unternehmer fatiert, wenn er eine Geldstrafe erhält, die
für ihn außerordentlich hoch ist, diese nicht erschwingen
kann, einfach in den Arrest gesteckt und muß die Gefängnisstrafe
auf sich nehmen. Es ist dies unserer Meinung nach ein ganz bedeutendes
Unrecht und wir verlangen aus diesem Grunde die Beseitigung dieser
Bestimmung aus dem Gesetze.
Ich muß nun noch auf den § 199 eingehen.
In dem Paragraphen heißt es: Wer die Erwerbs- und Einkommensverhältnisse,
die Vermögensverhältnisse eines Steuerpflichtigen, auch
jener, die zur öffentlichen Rechnungslegung verpflichtet
sind, in einer öffentlichen Versammlung zu gehässigen
Angriffen gegen Steuerpflichtige, gegen die Behörde u. s.
w. zur Aufreizung benützt, soll mit 20.000 Kronen, auf Grund
des Antrages der Regierungsmehrheit mit 15.000 Kronen, und wenn
er das Delikt durch die Presse begeht, mit 6 Monaten Arrest bestraft
werden. Wissen Sie, was das bedeutet? Wenn irgendein Gewerkschaftsfunktionär
in einer Versammlung, in der die Arbeiter irgendeines Betriebes
mit Rücksicht auf die zwingenden Notwendigkeiten höhere
Löhne fordern, nach gewissenhafter Prüfung der Verhältnisse
den Arbeitern sagt: Ich habe auf Grund der Veröffentlichung
in der Tagespresse oder auf Grund einer Information beim Steueramt
feststellen können, daß die Wirtschaftslage Eueres
Unternehmens eine derartige ist, daß Euere Lohnforderung
zurecht besteht und daß sie auch durchgeführt werden
kann oder wenn der Gewerkschaftsfunktionär den Arbeitern
sagt, daß der von irgendeiner Firma verlangte Lohnabbau
unberechtigt ist, weil die wirtschaftliche Lage des Unternehmens
eine derartige ist, daß sie diese Forderung nicht zu stellen
braucht, so kann, wer will, darin eine Gehässigkeit feststellen.
Von Seite der Unternehmer wird das als Aufhetzen und als Akt der
Gehässigkeit aufgefaßt und der Gewerkschaftsfunktionär
kann wegen dieses Deliktes, wegen dieser informativen Tätigkeit,
die ganz sachlichen Momenten entspricht, bis zu 15.000 Kronen
oder wenn er noch dazu eine Notiz in der Presse schreibt, bis
zu 6 Monaten Arrest bestraft werden. Das ist ein Schutzgesetz
für den Kapitalismus, indem jede Kritik der Gewinsterarbeitung,
der Gewinnverwendung verboten wird, eine Kritik, die auch verboten
wird, wenn es sich vielleicht um Bankunternehmen handelt, wobei
es um das Interesse der Bankangestellten geht, wenn beraten und
darauf verwiesen wird, welches Raubsystem die Banken an unserer
Wirtschaft durch ihre hohen Darlehenszinsen u. s. w. treiben.
Wenn wir da Kritik üben, daß den Bankangestellten die
Gehälter beschnitten werden, daß die Generaldirektoren,
Direktoren der Banken - wir brauchen nur die Živnobank
daher zu nehmen - ein Dutzend Millionen Einkommen haben, daß
so und soviele Direktoren großer Unternehmungen als Nutznießer
unserer Wirtschaft hunderte von Milionen durch ihre ordentlichen
Bezüge und durch Nebenbezüge der Wirtschaft entziehen,
auch da können wir ganz einfach zur Verantwortung gezogen
werden; das heißt, daß Sie mit dieser Bestimmung die
öffentliche Kritik, die Kritik, die die Korruption hemmt,
ganz einfach unmöglich machen. Die weitere Folge wird sein
eine uneingeschränkte Steuerkorruption und in weiterer Folge
die politische Korruption, an der wir ja in diesem Staate unglücklicherweise
nicht arm sind. Sie sehen also, zu welchen Auswüchsen sich
Ihre Methoden entwickeln.
Sie haben dann in weiteren Paragraphen die
direkte Sanktionierung der Protektions- und der Freunderlwirtschaft.
Es kann, solange ein Straferkenntnis nicht herausgegeben wurde,
der Beschuldigte nach § 205 um die Einstellung des Verfahrens
ansuchen, wenn er außer der verkürzten Steuer noch
einen gewissen Ablaßbetrag zahlt. Wer wird das sein, der
diesen Ablaßbetrag bezahlt? Zuerst einmal der Besitzende.
Wer wird also straffrei ausgehen? Derjenige, der die entsprechenden
günstigen Verbindungen oder die Freundschaft mit irgendeinem
mächtigen einflußreichen Beamten besitzt. Meine Herren,
das führt zur Beamtenkorrumpierung.
Und so könnten wir noch eine ganze Reihe
anderer wichtiger Momente anführen, die einschneidende Verschlechterungen
für die Arbeiter bedeuten. Ich will aber nur noch auf eines
hinweisen, auf die Frage der Bestellung der Berufssenate, der
Spruchsenate. Nach § 211 wird der Spruchsenat aus einem Richter,
einem Finanzbeamten und zwei Laienrichtern von der Finanzbehörde
zweiter Instanz ernannt. Ernannt, nicht gewählt. Das Gesetz
behält sich auch vor, daß bei irgendeiner strafbaren
Handlung - im ursprünglichen Wortlaut nicht einmal des wegen,
sondern überhaupt - die vorgesetzte Behörde, die Behörde
zweiter Instanz auch das Recht hat, den Laienrichter ganz einfach
abzuberufen. Meine Herren, ich weiß nicht, ob der Verfasser
des Ursprungstextes sich über die Bedeutung der richterlichen
Funktion im klaren war. Wäre dies der Fall, dann glaube ich
nicht, daß er diese Bestimmung hätte in das Gesetz
aufnehmen können, die die Funktion des Richters vor jedermann,
vor der ganzen Öffentlichkeit schwer kompromittiert. Es widerspricht
wohl den primitivsten Geboten richterlicher Unabhängigkeit
bezw. der Unabhängigkeit eines richterlichen Funktionärs,
daß er bei der Ausübung seiner Funktion von einer höheren
Behörde so beeinflußt wird. Es ist wohl unerhört
in der Rechtspflege, daß bei irgendeiner richterlichen oder
gerichtlichen Einrichtung die eine Partei, das ist hier die Finanzbehörde
höherer Instanz, als Partei die Richter ernennt, die Recht
sprechen sollen zwischen ihr und dem Steuerdefraudanten oder dem,
der die Steuer wissentlich verkürzt hat. Eine Partei also
bestimmt den Richter, der dann sein Richteramt unparteiisch ausüben
soll! Wenn Sie dabei stehen bleiben, daß die Richter von
der Finanzbehörde in zweiter Instanz ernannt werden, daß
diese Behörde also das Recht hat, als Partei auch diese Richter
abzuberufen, dann zerstören Sie ein wichtiges Fundament unseres
Rechtslebens, das Vertrauen zum Gericht und zum Richter. Nun hat
Herr Minister Dr Engliš ja auf unsere Einwendungen
erklärt, schuld daran sei nicht er, sondern schuld sei die
Tatsache, daß wir noch keine Arbeiterkammern haben. Würden
diese bestehen, so wäre auch den Arbeiten das Recht gewährt,
auf die Ernennung der Richter Einfluß zu nehmen. Wir haben
dieses Argument zurückgewiesen mit der Begründung, daß
wir seit Jahr und Tag, seit 1920, wo wir in dieses Haus eingezogen
sind, die Frage der Arbeiterkammern diskutiert und immer wieder
aufgerollt haben und daß es der Widerstand der bürgerlichen
Parteien gewesen ist, der die Verwirklichung dieser Forderung
bisher unmöglich gemacht hat.
Sie sehen aus dem Wenigen, was ich zu diesem
Gesetze im Detail sagen konnte, aus den paar Beispielen, die ich
anführe, welche Mängel dieses Hauptstück der Steuerreform
aufweist. Sie sehen, daß auch die Rechtsprechung in Steuersachen
auf die Interessen der Besitzenden Rücksicht nimmt, daß
zwischen Anstifter und Verführer, zwischen Unabhängigen
und Abhängigen fast kein Unterschied gemacht wird und manche
gute Einrichtung des Strafgesetzes gänzlich fehlt. Wir haben
zu alledem unsere Abänderungsanträge gestellt und wir
sind neugierig, ob Sie ihnen irgendwie zustimmen werden.
Zum IX. Hauptstück möchte ich Folgendes
ausführen: Der Entwurf zum neunten Hauptstück enthält
die sogenannten allgemeinen Bestimmungen. Es ist dies, wie der
Motivenbericht sagt, der erste Versuch in übersichtlicher
und systematischer Weise eine Reihe von materiellen und formalrechtlichen
Fragen zu konzentrieren und zu beregeln, die sich bisher entweder
bloß auf die Praxis der Behörden stützten, oder
in verschiedenen Gesetzesnovellen verstreut waren und selbstverständlich
im österreichischen Recht ganz anders geregelt waren als
wir es heute bei uns brauchen. Es handelt sich bei dem ganzen
Entwurf um eine sachliche und territoriale Unifizierung. Zu bemerken
ist, daß auch die Regelung, die der Entwurf vorschlägt,
nicht als definitiv gedacht sein kann und nicht gedacht ist. Sicher
wird die Regelung der Gau- und Bezirksverfassung eine wesentliche
Änderung des Verwaltungsapparates und des Verfahrens mit
sich bringen.
An der Spitze der allgemeinen Bestimmungen
des Steuergesetzes möchte ich zwei Hauptforderungen aufstellen:
Erstens eine sachgemäße Rechtsberatung und Rechtshilfe
für die Arbeiterschaft insbesondere für die Kleingewerbetreibenden
und für die kleinen Landwirte. Zweitens mit Rücksicht
darauf, daß in der kapitalistischen Gesellschaftsordnung
diese Rechtsberatung und Rechtshilfe immer mehr oder weniger mangelhaft
bleiben muß, die Befreiung des Steuerverfahrens von allen
überflüssigen Formalitäten, strengen Fristsetzungen
und Härten. Meine Partei steht praktisch auf dem Standpunkt
der Unentgeltlichkeit der Rechtspflege und Rechtsberatung. Ihr
genügen die bisherigen diesbezüglichen Institutionen
des Zivilund Strafprozesses, das Armenrecht und die sogenannte
ex offo-Verteidigung keineswegs. Sie muß auf dem Standpunkt
stehen, daß eine weitgehende Reform dieser Institutionen
durchgeführt wird. Jedenfalls muß aber die Rechtsberatung
und Rechtshilfe in Steuerangelegenheiten so weit gehen wie mindestens
im Zivilprozeß. Meine Partei fordert, daß jeder Mittellose
das Recht hat, sich im Steuerbemessungsverfahren, im Berufungsverfahren
und auch im Verfahren vor dem Obersten Verwaltungsgericht unentgeltlich
durch eine rechtskundige Person beraten und vertreten zu lassen.
Die dadurch entstandenen Kosten sind durch Ersparnisse in anderen
Zweigen der Staatsverwaltung aufzubringen, da es wohl schwerlich
angeht, den Anwälten die Pflicht unentgeltlicher Beratung
auch in Steuersachen aufzuerlegen. Meine Partei fordert im Prinzip
weiter, daß den autonomen Verbänden bezüglich
derjenigen Steuern, auf die sie ein Zuschlagsrecht haben, das
Recht der Mitwirkung im Veranlagungsverfahren und das Berufungs-
und Beschwerderecht zugestanden wird.
Pøedseda (zvoní): Pane poslanèe,
upozoròuji vás, že je øeènická
lhùta u konce.
Posl. Kaufmann (pokraèuje):
Ich bin gleich fertig, Herr Präsident.
Die Mitwirkung ist naturgemäß an
eine gewisse Frist zu binden. Die Rechtsmittelfristen für
die autonomen Verbände sind die gleichen wie für die
Steuerträger und für die Vorsitzenden der Steuerkommissionen.
Wir müssen auch hier in diesem Absatze verlangen, daß
die Steuerkommissionen frei gewählte und den Wählern
verantwortliche Kommissionen sind. Wir müssen weiter verlangen,
daß auch der Arbeiterschaft weitgehende Anteilnahme und
Einflußnahme auf die Wahl der Steuerkommissionen eingeräumt
wird, was der Entwurf nur mangelhaft und zum Teile gar nicht vorsieht.
Wir müssen weiter - und das ist wohl durch eine Intervention
der Frauenorganisation beim Ministerpräsidenten erledigt
oder vorläufig wenigstens zugesichert - auf der Teilnahme
der Frauen bei der Wahl der Kommissionen unter allen Umständen
bestehen. Es wäre auch hier sehr wichtig und interessant,
auf einzelne Teile der Vorlage noch näher einzugehen. Sie
haben aber gehört, daß der Präsident mich bereits
mahnt, zum Schlusse zu kommen. Ich muß aber noch eines kurz
besprechen und dazu bitte ich, möchte mir der Herr Präsident
doch noch das Wort lassen, ein Wort über die Stabilisierungsbilanzen.
Seit Jahren schon klagen weite Wirtschaftskreise,
vor allem die großen Unternehmungen, die zur öffentlichen
Rechnungslegung verpflichtet sind, die großen Gesellschaften
also, daß die bisher geltenden Gesetze die Kapitalsbildung
unterbunden haben und sie gezwungen waren, Gewinne auszuschütten,
die zum Teile aus dem Kapital oder aus dem Vermögen erflossen
sind.