Ètvrtek 5. kvìtna 1927

Sie gehen noch weiter. Sie geben Ihr Heiligstes - ich greife da vielleicht etwas voraus - das, was Sie bisher als Ihr Heiligstes und Ihr Unantastbarstes erklärt haben, Ihr Eigentumsrecht auf. Uns kann es recht sein., wenn Sie sich expropriieren. Sie expropriieren sich politisch, national, aber auch wirtschaftlich. Sie sind darauf im Budgetausschuß aufmerksam gemacht worden. Noch mehr, Ihre eigenen deutschen Gemeinden und Bezirke, in denen auch Angehörige Ihrer Parteien amtieren, haben protestiert, deputativ und in Zuschriften sich an Sie gewendet und Verbesserungen der Vorlage verlangt. Und Sie haben auf diese Wünsche Ihrer eigenen Parteigänger, Ihrer eigenen Gemeinde- und Bezirksfunktionäre eine Verschlechterung der Vorlage als Antwort gegeben. (Posl. de Witte: Die Antwort muß bei den Gemeindewahlen gegeben werden, dann müssen sie zum Teufel gejagt werden!) Ich weiß nicht, Herr Klubkollege, was wir in diesem Staate noch bis zu den Gemeindewahlen erleben können. Aber warum Sie all das tun, ist unbegreiflich. Nur eine Erklärung gibt es: daß Ihr Klassenhaß soweit geht, daß Sie, da Sie die Arbeiter, die in der Gemeindestube neben Ihnen sitzen, nicht herausbringen, ganz einfach die Gemeinde preisgeben, daß Sie das heiligste Recht auf Selbstverwaltung für das bisher jahrhundertelang schon im Mittelalter die Zünfte und die Stände gekämpft haben, preisgeben, weil Sie dieses Verwaltungsrecht mit Proletariern teilen müssen. Alles, was Ihnen angeblich nach den eigenen Erklärungen heilig gewesen, geben Sie auf, all das, was Ihnen, solange Sie nicht in der Regierung waren, heilig war, treten Sie mit Füßen, und man sollte fast glauben, daß tatsächlich nur der Umstand, daß Sie nicht mehr persönliche Vorteile in der Gemeinde haben, daß die Vetternwirtschaft aufgehört hat, also nicht ideale, sondern ganz materielle Momente bei Ihnen das Interesse an der Gemeinde zerstört hat, daß nicht Ideale es waren, die Sie früher zur Arbeit in der Gemeindeverwaltung geführt haben, sondern nur persönliche, dem niedrigsten Egoismus entsprungene Momente.

Mag dem nun sein, wie es will, das Erwachen wird für Sie sehr unangenehm sein. Daß Sie sich alles begeben, daß Sie sich förmlich politisch und moralisch kastrieren, wird von Ihren jetzigen Partnern, meine Herren von den deutschen Regierungsparteien, nicht gewürdigt werden und Sie werden zur gegebenen Zeit den Dank dafür erhalten. Für die Arbeiter ist dieses Gesetz und wie es gemacht wurde, eine Mahnung. Die Arbeiter werden sich darauf einrichten, sie werden ihr Verhalten darauf einstellen, und sie wissen nun und haben weitere Beweise, daß die Klasseninteressen, wie wir es schon immer behauptet haben, letzten Endes stärker sind als alle nationalen Bindungen. Die Arbeiterschaft wird jetzt um so klarer urteilen, jetzt, wo sie Ihr Verhalten, Ihr Bestreben auch in Bezug auf die Gemeinde kennen gelernt hat. Wir werden den Kampf, den Sie uns aufzwingen, den Kampf gegen dieses System führen, welches Sie in diesem Gesetz bzw. in dieser Gesetzesgruppe, die in Verhandlung steht, verankern. Wir werden den Kampf für die Gemeindeautonomie weiter führen. (Posl. Hackenberg: Am 26. Oktober werden Ihre eigenen Anhänger urteilen!) Sehr richtig. Und wenn Sie mit Rücksicht auf das bei Ihnen verflüchtigte Interesse an der Gemeinde glauben, daß die Arbeiterschaft den Kampf auf dem Boden der Verwaltung nicht aufnehmen wird, dann irren Sie sich. Wir werden den Kampf organisieren, wir werden den Kampf auch auf dem Gebiete der Verwaltung aufnehmen und führen, solange, bis wir den Erfolg auf unserer Seite haben, so wie wir ja auch durch Jahrzehnte den Kampf um die Teilnahme an der Gesetzgebung, um Einflußnahme auf die Gesetzgebung geführt haben. Dies, meine Herren, zur Gemeindeverwaltung.

Nun habe ich von meinem Klub den Auftrag, bei dieser Gelegenheit den Standpunkt unserer Fraktion gegenüber der Steuerreform Hauptstück VIII. und IX. klarzulegen. Ich spreche zunächst vom VIII. Hauptstück, von den §§ 185 bis 230, Strafrecht. Mit Rücksicht darauf, daß für die Arbeiterklasse von den direkten Steuern nur die Einkommensteuer in Frage kommt und der Unternehmer den Steuerbehörden auf Grund seiner Lohnlisten die Angaben macht, weiters mit Rücksicht darauf, daß der Unternehmer auch die Abzüge für die fällige Steuer zu besorgen hat, ist eine sogenannte strafbare Verkürzung der Steuerpflicht durch den Arbeiter so gut wie ausgeschlossen und deshalb ist der Arbeiter nur in seltenen Fällen als Objekt des Steuerstrafrechtes zu betrachten. Etwas anderes ist es schon bei den Angestellten, die als kommerzielle Mitarbeiter ihres Chefs oft und sehr leicht, wenn auch unabsichtlich zum Mitwirkenden und Mitschuldigen bei strafbaren Steuerverkürzungen in Betracht kommen werden. Es ist selbstverständlich, daß gerade diesbezüglich das Gesetz ganz außerordentlich rigorose Bestimmungen beinhaltet. Ein Vergleich zwischen den bisher geltenden Straf- und allgemeinen Bestimmungen betreffend die Ertragssteuern und der Vorlage ist nicht leicht, speziell deshalb nicht leicht, weil die bisher geltenden Strafen einheitlich für die Erwerb, Renten, Einkommen, Besoldungssowie Tantiemensteuer getroffen wurden; die allgemeinen Bestimmungen für jede einzelne Ertragssteuer liefen nebeneinander, wogegen die Steuervorlage abgesehen von ganz wenigen Ausnahmen versucht, sowohl die Strafwie die allgemeinen Bestimmungen für alle Ertragssteuern einheitlich zu treffen. Was nun die Strafbestimmungen anlangt, so gehen dieselben weit über die bisher geltenden Strafbestimmungen bei den obangeführten Ertragssteuern hinaus. Die Strafen sind andere, die Kompetenzen zu deren Feststellung ebenfalls andere, anders werden die strafbaren Handlungen festgelegt als bisher. Neben Geldstrafen finden wir in der neuen Vorlage auch die Arreststrafe, die als Ersatzstrafe vorgesehen und gedacht ist. Außerdem können wir feststellen, daß bei den Steuerverkürzungen der Betrag von 5.000 Kronen angenommen wird; wir sind der Meinung, daß diese Strafen wohl berechtigt sind, wohl eine gewisse Begründung haben, weil ja nur dann, wenn die direkten Steuern rigoros und rücksichtslos eingetrieben werden, die Voraussetzung geschaffen wird, daß die indirekten Steuern abgebaut werden und einmal vollständig verschwinden. Neben den Ordnungsstrafen, die weiterhin beibehalten werden, sind es noch nach dem bisher geltenden Personalsteuergesetz die Steuerhinterziehung und die Steuerverheimlichung, welche bestraft werden, wogegen die Steuervorlage eine modernere Auffassung bezüglich der Steuerstrafen einnimmt, indem sie Steuerhinterziehung aus grober Fahrläßigkeit Unachtsamkeit, Anstiftung und Beihilfe verfolgt. Sie hat auch erschwerende und mildernde Umstände vorgesehen. Wogegen man sich aber wenden muß, ist die Ersatzstrafe, welche im Falle der Uneinbringlichkeit der Geldstrafe einzutreten hat und hauptsächlich die Mittellosen treffen wird. Außerdem fehlt eine sehr wichtige Bestimmung, mit welcher bisher im allgemeinen Strafrecht sehr gute Erfahrungen gemacht wurden, u. zw. die bedingte Verurteilung, die erwiesenermaßen günstig wirkt. Das Strafrecht darf nicht nur auf dem Motive der Rache aufgebaut sein, sondern muß vor allem wohl vorbeugende Maßnahmen treffen, vorbeugende Wirkung haben, vor allem darauf bedacht sein, gegen Wiederholungen hemmend einzuwirken und zu einer höheren Moral zu erziehen. Dieses Leitmotiv müßte auch im Steuerstrafrecht nach unserer Überzeugung Geltung haben.

Einen schweren Mangel weist die Vorlage dadurch auf, daß beim Verfahren die Unmittelbarkeit, Öffentlichkeit und Mündlichkeit fehlt, und der Steuerdelinquent - wenn ich so sagen darf - eigentlich erst dann mündlich einvernommen wird, eigentlich erst dann mündlich zu seiner Rechtfertigung auftreten kann, wenn er darum angesucht und ihm die Steuerbehörde die Erlaubnis dazu erteilt hat. Besonders der Umstand, daß weite Kreise von Kleinbauern und Kleingewerbetreibenden, wenn auch passiv für das Steuerstrafrecht in Betracht kommen, zwingt uns, diesbezüglich eine Ergänzung zu fordern, weil gerade für diese kleinen Leute das Moment der persönlichen Einvernahme, der mündlichen Äußerung, der mündlichen Begründung für irgend ein Versehen oder einen Fehler von ganz besonderer Wichtigkeit ist. Besonders zu bemängeln ist die Art der Bestellung der Straf- und Berufungssenate. Auch hier können wir feststellen, daß der in der sogenannten Verwaltungsreform festgelegte Grundsatz in diese Vorlage aufgenommen wurde, der Grundsatz, das Wahlrecht möglichst zu beseitigen und anstelle des Wahlrechtes der Staatsbürger ganz einfach das Ernennungsrecht des Staates zu setzen. Besonders auffallend ist gerade bei diesem Hauptstück der Schutz, welcher den Banken und dem Großkapital gegen jede Kritik gewährt wird, der soweit geht, daß die Auswirkung dieses Paragraphen direkt korrumpierend wirken muß, daß wir in diesem Hauptstück nur ein Schutzgesetz der kapitalistischen Macht und Klasse erblicken. Einzelne Bestimmungen des Gesetzes sind geeignet, dem Protektionismus Tür und Tor zu öffnen. Und ich kann mich aus diesem Grunde, da es doch gilt, schließlich und endlich den Beweis zu erbringen, nicht enthalten, auf einzelne Paragraphen näher einzugehen, aus denen Sie ersehen können, wie ungeheuerlich die Auswirkungen einzelner solcher Bestimmungen sind. Die §§ 185 bis 190 enthalten die strafbaren Handlungen, wie unrichtige Angaben in dem von diesem Gesetz angeordneten Bekenntnis, unrichtige Antworten auf Anfragen in einem Rechtsmittel, in Eingaben, die Bestätigung oder Verheimlichung unrichtiger Angaben, Fristversäumnisse, Vereitelung der Vorschreibung oder Bemessung der gesetzlichen Steuer, die Vorsätzlichkeit, ihre erschwerende Wirkung, weiters Fahrlässigkeit, Anstiftung und Beihilfe.

Für uns, als Vertreter der Arbeiterschaft und Angestelltenschaft, kommen hauptsächlich die Delikte im § 190 und in den folgen den in Betracht. So stellt vor allem der § 190 als Anstiftung, bzw. Beihilfe zu einem Steuerdelikt unter Strafe, wer durch Anstiftung, Ratschlag, Bestärkung, Zusage oder Gewährung einer Beihilfe, namentlich auch wissentlich durch unrichtige Führung von Geschäfts- und Wirtschaftsbüchern oder sonst in einer Weise auf eine Steuerverkürzung hinwirkt oder wissentlich an einer Steuerverkürzung mitarbeitet. Diese Bestimmung ist eine ungeheuere Gefahr für unsere Angestellten, die durch ihren Beruf verpflichtet sind, Bücher zu führen, nicht nur nach den Grundsätzen der kaufmännischen Verwaltung, sondern in vielen Fällen auch unter Anweisung und unter Einflußnahme ihrer Chefs. Wenn nun ein solcher Beamter oder Angestellter gewisse Eintragungen machen muß, die dazu führen, eine Steuerverkürzung auszulösen, so wird er ebenso bestraft, ja nach den Bestimmungen des Gesetzes vielleicht härter bestraft als sein Chef, der Anstifter. Wir sind nun der Meinung, daß hier doch verschieden geurteilt werden muß, daß hier nicht nach einem Schema geurteilt werden kann, denn der Anstifter und Verführte sind doch schließlich und endlich vom Rechtsstandpunkt aus betrachtet, zweierlei Verbrecher oder Steuerdeliquenten. Der Entwurf hat ein wichtiges Moment außeracht gelassen, daß vor allem der Angestellte der Verführte ist, daß der Angestellte aber auch unter dem Druck, den der wirtschaftlich Stärkere, den der Unternehmer auf ihn ausübt, unter Umständen das Delikt begeht, daß der Angestellte unter dem eisernen Zwang, den sein wirtschaftliches Verhältnis auf ihn ausübt, arbeitet und daß oft bei ihm die Existenzfrage ein sehr erschwerendes Moment ist, daß es für ihn so bedeutungsvoll ist, daß er unter Umständen auch wissentlich ein sogenanntes Steuerdelikt begeht. Wir verlangen nun, daß hier mit gleichem Maße gemessen wird, das heißt, daß zumindest nach dem Grundsatz des Strafrechtes vorgegangen wird, daß beim Angestellten, auch das, was das Strafrecht vorsieht, der eiserne Zwang, die moralische Notlage berücksichtigt wird, daß der Beamte vom Chef verleitet wurde, eine unrichtige Buchung vorzunehmen oder eine unrichtige Auskunft zu geben. Die dafür fällige Strafe ist nicht aus Eigenem zu bezahlen, sondern der Unternehmer hat diese Strafe für ihn zu bezahlen. Sie müssen ja berücksichtigen, daß der Angestellte in eine ungeheuere Gewissenkollision kommt, wenn er zwischen Recht und Unrecht zu entscheiden hat, wenn es sich dabei um seine Existenz und die Existenz seiner Familie handelt. Es wäre ja interessant, noch in eine ganze Reihe darauf bezughabender Paragraphe einzugeben. Leider ist dies mit Rücksicht auf die Zeit, die auch hier in der Debatte bestimmt wurde, nicht möglich.

Gegen eines aber, wogegen wir uns ganz besonders scharf wenden, ist die sogenannte Ersatzstrafe. Auch da stehen wir als Partei und als Fraktion auf dem Standpunkte, daß die Ersatzstrafe aus diesem Gesetze verschwinden muß, da sie ein ungeheures Unrecht vor allem anderen wiederum für den Mittellosen bedeutet. Für den Besitzenden, für den Unternehmer, wird die Geldstrafe oft keine Strafe sein, sie wird im Verhältnis zu seinem Besitz eine unfühlbare Belastung und als Strafe eigentlich unwirksam sein. Der andere, vielleicht auch wiederum der Verführte oder der Arbeiter, der von seinem kargen Lohn noch Steuer zahlen soll und der vielleicht nicht einmal richtig informiert ist über das, was er bei der Fatierung der Steuer vorbringen darf, soweit er selbst und nicht durch den Unternehmer fatiert, wenn er eine Geldstrafe erhält, die für ihn außerordentlich hoch ist, diese nicht erschwingen kann, einfach in den Arrest gesteckt und muß die Gefängnisstrafe auf sich nehmen. Es ist dies unserer Meinung nach ein ganz bedeutendes Unrecht und wir verlangen aus diesem Grunde die Beseitigung dieser Bestimmung aus dem Gesetze.

Ich muß nun noch auf den § 199 eingehen. In dem Paragraphen heißt es: Wer die Erwerbs- und Einkommensverhältnisse, die Vermögensverhältnisse eines Steuerpflichtigen, auch jener, die zur öffentlichen Rechnungslegung verpflichtet sind, in einer öffentlichen Versammlung zu gehässigen Angriffen gegen Steuerpflichtige, gegen die Behörde u. s. w. zur Aufreizung benützt, soll mit 20.000 Kronen, auf Grund des Antrages der Regierungsmehrheit mit 15.000 Kronen, und wenn er das Delikt durch die Presse begeht, mit 6 Monaten Arrest bestraft werden. Wissen Sie, was das bedeutet? Wenn irgendein Gewerkschaftsfunktionär in einer Versammlung, in der die Arbeiter irgendeines Betriebes mit Rücksicht auf die zwingenden Notwendigkeiten höhere Löhne fordern, nach gewissenhafter Prüfung der Verhältnisse den Arbeitern sagt: Ich habe auf Grund der Veröffentlichung in der Tagespresse oder auf Grund einer Information beim Steueramt feststellen können, daß die Wirtschaftslage Eueres Unternehmens eine derartige ist, daß Euere Lohnforderung zurecht besteht und daß sie auch durchgeführt werden kann oder wenn der Gewerkschaftsfunktionär den Arbeitern sagt, daß der von irgendeiner Firma verlangte Lohnabbau unberechtigt ist, weil die wirtschaftliche Lage des Unternehmens eine derartige ist, daß sie diese Forderung nicht zu stellen braucht, so kann, wer will, darin eine Gehässigkeit feststellen. Von Seite der Unternehmer wird das als Aufhetzen und als Akt der Gehässigkeit aufgefaßt und der Gewerkschaftsfunktionär kann wegen dieses Deliktes, wegen dieser informativen Tätigkeit, die ganz sachlichen Momenten entspricht, bis zu 15.000 Kronen oder wenn er noch dazu eine Notiz in der Presse schreibt, bis zu 6 Monaten Arrest bestraft werden. Das ist ein Schutzgesetz für den Kapitalismus, indem jede Kritik der Gewinsterarbeitung, der Gewinnverwendung verboten wird, eine Kritik, die auch verboten wird, wenn es sich vielleicht um Bankunternehmen handelt, wobei es um das Interesse der Bankangestellten geht, wenn beraten und darauf verwiesen wird, welches Raubsystem die Banken an unserer Wirtschaft durch ihre hohen Darlehenszinsen u. s. w. treiben. Wenn wir da Kritik üben, daß den Bankangestellten die Gehälter beschnitten werden, daß die Generaldirektoren, Direktoren der Banken - wir brauchen nur die Živnobank daher zu nehmen - ein Dutzend Millionen Einkommen haben, daß so und soviele Direktoren großer Unternehmungen als Nutznießer unserer Wirtschaft hunderte von Milionen durch ihre ordentlichen Bezüge und durch Nebenbezüge der Wirtschaft entziehen, auch da können wir ganz einfach zur Verantwortung gezogen werden; das heißt, daß Sie mit dieser Bestimmung die öffentliche Kritik, die Kritik, die die Korruption hemmt, ganz einfach unmöglich machen. Die weitere Folge wird sein eine uneingeschränkte Steuerkorruption und in weiterer Folge die politische Korruption, an der wir ja in diesem Staate unglücklicherweise nicht arm sind. Sie sehen also, zu welchen Auswüchsen sich Ihre Methoden entwickeln.

Sie haben dann in weiteren Paragraphen die direkte Sanktionierung der Protektions- und der Freunderlwirtschaft. Es kann, solange ein Straferkenntnis nicht herausgegeben wurde, der Beschuldigte nach § 205 um die Einstellung des Verfahrens ansuchen, wenn er außer der verkürzten Steuer noch einen gewissen Ablaßbetrag zahlt. Wer wird das sein, der diesen Ablaßbetrag bezahlt? Zuerst einmal der Besitzende. Wer wird also straffrei ausgehen? Derjenige, der die entsprechenden günstigen Verbindungen oder die Freundschaft mit irgendeinem mächtigen einflußreichen Beamten besitzt. Meine Herren, das führt zur Beamtenkorrumpierung.

Und so könnten wir noch eine ganze Reihe anderer wichtiger Momente anführen, die einschneidende Verschlechterungen für die Arbeiter bedeuten. Ich will aber nur noch auf eines hinweisen, auf die Frage der Bestellung der Berufssenate, der Spruchsenate. Nach § 211 wird der Spruchsenat aus einem Richter, einem Finanzbeamten und zwei Laienrichtern von der Finanzbehörde zweiter Instanz ernannt. Ernannt, nicht gewählt. Das Gesetz behält sich auch vor, daß bei irgendeiner strafbaren Handlung - im ursprünglichen Wortlaut nicht einmal des wegen, sondern überhaupt - die vorgesetzte Behörde, die Behörde zweiter Instanz auch das Recht hat, den Laienrichter ganz einfach abzuberufen. Meine Herren, ich weiß nicht, ob der Verfasser des Ursprungstextes sich über die Bedeutung der richterlichen Funktion im klaren war. Wäre dies der Fall, dann glaube ich nicht, daß er diese Bestimmung hätte in das Gesetz aufnehmen können, die die Funktion des Richters vor jedermann, vor der ganzen Öffentlichkeit schwer kompromittiert. Es widerspricht wohl den primitivsten Geboten richterlicher Unabhängigkeit bezw. der Unabhängigkeit eines richterlichen Funktionärs, daß er bei der Ausübung seiner Funktion von einer höheren Behörde so beeinflußt wird. Es ist wohl unerhört in der Rechtspflege, daß bei irgendeiner richterlichen oder gerichtlichen Einrichtung die eine Partei, das ist hier die Finanzbehörde höherer Instanz, als Partei die Richter ernennt, die Recht sprechen sollen zwischen ihr und dem Steuerdefraudanten oder dem, der die Steuer wissentlich verkürzt hat. Eine Partei also bestimmt den Richter, der dann sein Richteramt unparteiisch ausüben soll! Wenn Sie dabei stehen bleiben, daß die Richter von der Finanzbehörde in zweiter Instanz ernannt werden, daß diese Behörde also das Recht hat, als Partei auch diese Richter abzuberufen, dann zerstören Sie ein wichtiges Fundament unseres Rechtslebens, das Vertrauen zum Gericht und zum Richter. Nun hat Herr Minister Dr Engliš ja auf unsere Einwendungen erklärt, schuld daran sei nicht er, sondern schuld sei die Tatsache, daß wir noch keine Arbeiterkammern haben. Würden diese bestehen, so wäre auch den Arbeiten das Recht gewährt, auf die Ernennung der Richter Einfluß zu nehmen. Wir haben dieses Argument zurückgewiesen mit der Begründung, daß wir seit Jahr und Tag, seit 1920, wo wir in dieses Haus eingezogen sind, die Frage der Arbeiterkammern diskutiert und immer wieder aufgerollt haben und daß es der Widerstand der bürgerlichen Parteien gewesen ist, der die Verwirklichung dieser Forderung bisher unmöglich gemacht hat.

Sie sehen aus dem Wenigen, was ich zu diesem Gesetze im Detail sagen konnte, aus den paar Beispielen, die ich anführe, welche Mängel dieses Hauptstück der Steuerreform aufweist. Sie sehen, daß auch die Rechtsprechung in Steuersachen auf die Interessen der Besitzenden Rücksicht nimmt, daß zwischen Anstifter und Verführer, zwischen Unabhängigen und Abhängigen fast kein Unterschied gemacht wird und manche gute Einrichtung des Strafgesetzes gänzlich fehlt. Wir haben zu alledem unsere Abänderungsanträge gestellt und wir sind neugierig, ob Sie ihnen irgendwie zustimmen werden.

Zum IX. Hauptstück möchte ich Folgendes ausführen: Der Entwurf zum neunten Hauptstück enthält die sogenannten allgemeinen Bestimmungen. Es ist dies, wie der Motivenbericht sagt, der erste Versuch in übersichtlicher und systematischer Weise eine Reihe von materiellen und formalrechtlichen Fragen zu konzentrieren und zu beregeln, die sich bisher entweder bloß auf die Praxis der Behörden stützten, oder in verschiedenen Gesetzesnovellen verstreut waren und selbstverständlich im österreichischen Recht ganz anders geregelt waren als wir es heute bei uns brauchen. Es handelt sich bei dem ganzen Entwurf um eine sachliche und territoriale Unifizierung. Zu bemerken ist, daß auch die Regelung, die der Entwurf vorschlägt, nicht als definitiv gedacht sein kann und nicht gedacht ist. Sicher wird die Regelung der Gau- und Bezirksverfassung eine wesentliche Änderung des Verwaltungsapparates und des Verfahrens mit sich bringen.

An der Spitze der allgemeinen Bestimmungen des Steuergesetzes möchte ich zwei Hauptforderungen aufstellen: Erstens eine sachgemäße Rechtsberatung und Rechtshilfe für die Arbeiterschaft insbesondere für die Kleingewerbetreibenden und für die kleinen Landwirte. Zweitens mit Rücksicht darauf, daß in der kapitalistischen Gesellschaftsordnung diese Rechtsberatung und Rechtshilfe immer mehr oder weniger mangelhaft bleiben muß, die Befreiung des Steuerverfahrens von allen überflüssigen Formalitäten, strengen Fristsetzungen und Härten. Meine Partei steht praktisch auf dem Standpunkt der Unentgeltlichkeit der Rechtspflege und Rechtsberatung. Ihr genügen die bisherigen diesbezüglichen Institutionen des Zivilund Strafprozesses, das Armenrecht und die sogenannte ex offo-Verteidigung keineswegs. Sie muß auf dem Standpunkt stehen, daß eine weitgehende Reform dieser Institutionen durchgeführt wird. Jedenfalls muß aber die Rechtsberatung und Rechtshilfe in Steuerangelegenheiten so weit gehen wie mindestens im Zivilprozeß. Meine Partei fordert, daß jeder Mittellose das Recht hat, sich im Steuerbemessungsverfahren, im Berufungsverfahren und auch im Verfahren vor dem Obersten Verwaltungsgericht unentgeltlich durch eine rechtskundige Person beraten und vertreten zu lassen. Die dadurch entstandenen Kosten sind durch Ersparnisse in anderen Zweigen der Staatsverwaltung aufzubringen, da es wohl schwerlich angeht, den Anwälten die Pflicht unentgeltlicher Beratung auch in Steuersachen aufzuerlegen. Meine Partei fordert im Prinzip weiter, daß den autonomen Verbänden bezüglich derjenigen Steuern, auf die sie ein Zuschlagsrecht haben, das Recht der Mitwirkung im Veranlagungsverfahren und das Berufungs- und Beschwerderecht zugestanden wird.

Pøedseda (zvoní): Pane poslanèe, upozoròuji vás, že je øeènická lhùta u konce.

Posl. Kaufmann (pokraèuje): Ich bin gleich fertig, Herr Präsident.

Die Mitwirkung ist naturgemäß an eine gewisse Frist zu binden. Die Rechtsmittelfristen für die autonomen Verbände sind die gleichen wie für die Steuerträger und für die Vorsitzenden der Steuerkommissionen. Wir müssen auch hier in diesem Absatze verlangen, daß die Steuerkommissionen frei gewählte und den Wählern verantwortliche Kommissionen sind. Wir müssen weiter verlangen, daß auch der Arbeiterschaft weitgehende Anteilnahme und Einflußnahme auf die Wahl der Steuerkommissionen eingeräumt wird, was der Entwurf nur mangelhaft und zum Teile gar nicht vorsieht. Wir müssen weiter - und das ist wohl durch eine Intervention der Frauenorganisation beim Ministerpräsidenten erledigt oder vorläufig wenigstens zugesichert - auf der Teilnahme der Frauen bei der Wahl der Kommissionen unter allen Umständen bestehen. Es wäre auch hier sehr wichtig und interessant, auf einzelne Teile der Vorlage noch näher einzugehen. Sie haben aber gehört, daß der Präsident mich bereits mahnt, zum Schlusse zu kommen. Ich muß aber noch eines kurz besprechen und dazu bitte ich, möchte mir der Herr Präsident doch noch das Wort lassen, ein Wort über die Stabilisierungsbilanzen.

Seit Jahren schon klagen weite Wirtschaftskreise, vor allem die großen Unternehmungen, die zur öffentlichen Rechnungslegung verpflichtet sind, die großen Gesellschaften also, daß die bisher geltenden Gesetze die Kapitalsbildung unterbunden haben und sie gezwungen waren, Gewinne auszuschütten, die zum Teile aus dem Kapital oder aus dem Vermögen erflossen sind.

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