Ètvrtek 5. kvìtna 1927

Das haben uns die Herren Unternehmer immer bei den Lohnverhandlungen in den letzten Jahren erklärt. Sie erklären, daß sie bei der jetzigen finanziellen Verfassung nicht mehr lebensfähig sind. Außerdem sollen diese Firmen dadurch genötigt gewesen sein, falsch zu bilanzieren und stille Reserven anzusammeln, die die Bilanz undurchsichtig machten. Es hat immer anders geklungen, wenn man mit den Unternehmern sprach, da hieß es: Wir leben von der Materie, wir haben nicht genügend Barkapital, es können keine Gewinne ausgeschüttet werden und das Unternehmen muß von seinen früheren Reserven oder von der Materie, vom festen Besitz leben. Dieses Übelstand soll nun durch das vorliegende Gesetz, soweit es geht, behoben werden. Leider, heißt es in Unternehmerkreisen, soll dies nicht vollständig möglich sein, da die Anwendung des Gesetzes nur fakultativ, von Fall zu Fall ist und in der Bewertung der wichtigsten Aktiva des Anlagevermögens der Erwerbsgesellschaften ein weiter Spielraum gelassen wird. Daß die Unternehmer es bedauern, ihre verheimlichten Gewinne nicht vollständig ohne die Gefahr einer Belästigung durch den Steuerfiskus in Sicherheit zu bringen, glauben wir. Sehr gefährlich aber kann es meiner Meinung nach nicht sein, da ja das "Prager Tagblatt" schon im Mai 1926 ganz offen geschrieben hat: "Immerhin ist durch die beabsichtigte Reform jetzt den Gesellschaften die Möglichkeit gegeben, die im Laufe der Jahre angesammelten stillen Reserven den Aktionären in der Form von Gratisaktien, Kapitalsaufstempelung oder durch Auszahlung eines Bons zugute kommen zu lassen." Das heißt, das "Prager Tagblatt" gibt unumwunden zu, daß geheime, stille Reserven angesammelt wurden, welche versteckt wurden und daß nun die Möglichkeit besteht, diese Summen den Unternehmern zur Auszahlung zu bringen, ohne dafür Steuer bezahlen zu müssen. Die Herren verteilten also schon lange, bevor das Gesetz im Parlament zur Beratung stand, ihre versteckten Gewinne, das Resultat ihrer gefälschten, verschleierten Bilanzen, das Resultat des Steuerbetruges. Wir möchten sehen, wie ein kleiner Unternehmer, Handwerker oder Geschäftsmann bestraft würde, wenn er in gleicher Weise versuchen würde, den Steuerfiskus um die gesetzlichen Abgaben zu betrügen und dadurch dem Staate Einkommensteuer vorzuenthalten. Wir geben zu, daß eine neue Bilanzierung zu einer klaren Gebahrung notwendig ist, da ein großer Teil der Materialwerte aus verschiedenen Zeitperioden stammt, zu verschiedenen Währungsverhältnissen angekauft wurde und infolgedessen bei der buchmäßigen Festhaltung dieser Werte ganz bedeutende Schwierigkeiten entstehen. Noch mehr Schwierigkeiten entstehen dann, wenn diese Materialwerte verarbeitet werden und dann auf Grund der verschiedenen Unterlagen, die sich aus der Währungsdifferenz ergeben, kalkuliert werden soll. Das vorliegende Gesetz entspricht aber nicht dem, was wir brauchen. Das Gesetz müßte obligat und auf eine feste Währung gestützt sein, die doch vorhanden sein soll. Weiter dürfte das Gesetz nicht so ungeheuere Spannungen für die willkürliche Erstellung der Bilanz lassen. Die Unternehmer haben 5 Jahre Zeit, innerhalb 5 Jahren können Sie sich den Zeitpunkt auswählen, wo sie am meisten Reserven ohne Steuerpflicht unterbringen können. Der Unternehmer kann sich durch die Valorisierung Vorteile verschaffen, er kann Beträge aus den Reserven in die Passiva übernehmen und diese Posten werden als Abzugspost behandelt. Der Unternehmer hat eine ganze Reihe von Möglichkeiten, sich diese versteckten Gewinne zu erschließen und dienstbar zu machen, ohne Gefahr zu laufen, bestraft zu werden und dem Fiskus Abgaben entrichten zu müssen. Nun hat wohl der Herr Minister und auch der Motivenbericht zu diesem Gesetz erklärt, daß schwere Erschütterungen des Wirtschaftslebens wohl nicht zu erwarten sind. Aber ich möchte mir zum Schluß erlauben, auf die Auswirkung dieses Gesetzes über die Stabilisierungsbilanzen auf die Arbeiter hinzuweisen u. zw. will ich nicht eine Darstellung dieser Auswirkungen in einer sozialdemokratischen Zeitung anführen, sondern aus einem Regierungsblatt. Die "Prager Presse" hat im Jänner 1926, also zu einer Zeit, wo über das Stabilisierungsgesetz noch nicht entschieden war, folgendes angeführt.

Pøedseda (zvoní): Pane poslanèe, upozoròuji vás znovu, že øeènická lhùta je u konce.

Posl. Kaufmann (pokraèuje): Gleich, Herr Präsident. Die "Prager Presse" sagt, daß die großen Unternehmungen bemüht sein werden, die Preise nicht zu erhöhen und die früheren Gewinne durch Ersparnisse auf anderen Gebieten hereinzubringen. Eine durchgreifende Herabsetzung der Löhne scheint unter den gegenwärtigen Verhältnissen ausgeschlossen zu sein, man wird sich deshalb bemühen, die Arbeitsleistung zu erhöhen, die Kranken- und Unfallversicherungsbeiträge zu kürzen, Tarifermäßigungen zu erzielen. Sie sagt dann weiter, wenn alle diese Mittel nicht ausreichen, um eine rationelle Arbeit zu ermöglichen, ist doch eine Herabsetzung der Löhne auf der einen Seite und eine Verteuerung der Preise auf der anderen Seite zu erwarten. Das ist die Auswirkung des Gesetzes über die Stabilisierungsbilanzen. Die Unternehmer bekommen wiederum ungeheuere Vorteile, für die Unternehmer besteht die Möglichkeit verschleierte, versteckte Beträge aus der Vergangenheit bekannt zu geben und ohne Gefährdung und Bestrafung zu verwenden, also die Sanktionierung der Steuerhinterziehung auf der einen Seite und auf der anderen Seite ungeheuere wirtschaftliche Nachteile für die Arbeiter.

Zum Schluß möchte ich sagen: Wir haben drei Gesetze von großer Bedeutung für unser Wirtschaftsleben zur Beratung. In diesen Gesetzen sind bereits die Vorarbeiten für die Verwaltungsreform zu erblicken. Wir sehen, daß der Hauptzweck dieser Gesetze nicht wirtschaftlicher Natur ist, sondern damit wird die Festigung der Herrschaft der jetzigen Regierungsparteien verfolgt, bevor noch die sogenannte Verwaltungsreform in diesem Hause beschlossen wird und in Kraft tritt. Für die Kapitalisten und großen Unternehmungen große Vorteile, die Selbstverwaltung erdrosseln und umbringen, den Staatsabsolutismus pflanzen und festzulegen, Entlastung und Abbau der direkten Steuern auf der einen und Erhöhung der indirekten Steuern auf der anderen Seite. Diese Gesetzeswerke, die von so ungeheuerer Bedeutung sind, werden, wie Sie sehen, in diesem Hause, wie es im Ausschuß gewesen ist, durchgepeitscht, nach unserer Meinung, damit die Bevölkerung nicht zur Erkenntnis kommt und nicht prüfen kann, sondern vor die fertige Tatsache gestellt wird. Sie werden mit den Machtmitteln des Staates erzwingen, was Sie wollen. Die sozialdemokratische Partei, meine Fraktion, wird auf ihrem Posten stehen. Sie wird die Bevölkerung und die Wähler über das, was hier beabsichtigt ist, aufklären, über das, wozu die deutschen Regierungsparteien ihre Zustimmung gegeben und ihre Mitwirkung geliehen haben. Wir werden den Kampf auf dem Gebiete der Verwaltung organisieren und führen. Die Massen werden sich der Führung der sozialdemokratischen Partei auch auf dem neuen Kampfboden so siegreich durchsetzen wie auf dem Gebiete der Gesetzgebung. Der Tag des Gerichtes wird für Sie kommen. Für dieses neue Verbrechen, den Mord an der Autonomie der Selbstverwaltung, für den Verrat, den die deutschbürgerlichen Parteien mit ihren Abänderungsanträgen und mit ihrer Mitwirkung bei diesem Gesetz begehen, werden Sie vor den Völkern dieses Staates Rechenschaft ablegen müssen, wenn die Wähler wieder das Wort haben werden. (Potlesk nìm. soc.-demokratických poslancù.)

2. Øeè posl. Krebse (viz str. 1031 tìsnopisecké zprávy):

Hohes Haus! Gemeinsam mit dem Entwurf über die Steuerreform sind noch zwei andere wichtige Gesetze, das Gesetz über die Stabilisierungsbilanzen und der Gesetzentwurf über die Neuregelung der Finanzwirtschaft der territorialen Selbstverwaltungskörper, dem Hause zugegangen. Ich werde mich in meinen Ausführungen hauptsächlich mit dem letzteren beschäftigen, weil gerade dieses Gesetz für uns von der allergrößten Bedeutung ist. Der heftige Widerstand, der in der gesamten Öffentlichkeit, u. zw. in den Lagern aller Völker dieses Staates, nicht nur in den oppositionellen Kreisen, sondern auch in den Kreisen der Regierungsparteien gegen den vorliegenden Gesetzentwurf erhoben worden ist, hat gezeigt, als wie tief einschneidend und wichtig gerade diese Vorlage von den betroffenen Kreisen betrachtet wird.

Es ist nicht nur ermüdend, immer wieder auf die Verhältnisse im alten Österreich hinzuweisen, sondern es widerstrebt auch vielfach unserem inneren Gefühl. Aber, meine Verehrten, wenn wir heute vor einer Gesetzesvorlage stehen, die tatsächlich eine alte Institution in ihrem Bestande nicht nur zu gefährden, sondern auch zu vernichten droht, so müssen wir unseren Blick zurück auf die Entwicklung unseres Gemeindewesens und unserer Selbstverwaltungsorganisationen werfen, wie sie sich im alten Österreich entwickelt haben, so sehen wir: Jener Staat, der als so reaktionär, rückständig, absolut und volksfeindlich bezeichnet wurde, hat in einer Zeit, wo der erste Beginn einer wirklich freiheitlichen Regierungsform platzgegriffen hat, bereits die Grundlagen für unsere Selbstverwaltung gelegt. Die österreichische Gemeindeverfassung stammt vom Grafen Stadion. Sein "alleruntertänigster Vortrag des treugehorsamsten Ministerrates, betreffend die Erlassung eines Gemeindegesetzes" vom 20. März 1849, der von allen Ministern unterzeichnet war und in der "Wiener amtlichen Zeitung" veröffentlicht wurde, dieser Vortrag kann als die magna charta der Gemeindeverfassung Österreichs bezeichnet werden. In diesem hochinteressanten Dokument heißt es unter anderem: "Das Ministerium war von der Überzeugung geleitet, daß der Gemeindeverband ein urwüchsiger sein muß, daß derselbe überall, wo er sich durch natürliche und positive Verhältnisse, gemeinsame Interessen, gemeinsames Leben und Wirken entwickelt, gesetzlich anerkannt und in seiner Existenz gewährleistet werden müsse. Die Gemeinden, die Ortsgemeinde, wie sie faktisch besteht, hat eben durch ihren Bestand ein begründetes gutes Recht, ihre individuelle Existenz anzusprechen, sie ist eine moralische Person, welche die Anerkennung und Gewährleistung ihres Fortbestandes zu fordern berechtigt ist. Es wäre eine Verletzung des obersten Rechtsprinzipes, wie des obersten Grundsatzes der Freiheit, sie zu zwingen, sich dieser ihrer individuellen Existenz zu entäußern."

Das ist in einem Zeitpunkt gesprochen worden, den wir als reaktionär bezeichnen. Das ist das Dokument eines Ministerrates, der noch einer Zeit angehörte, wo wir von Demokratie herzlich wenig zu reden gewohnt waren, wo aber vielleicht desto mehr die großen Gedanken eines demokratischen Zusammenlebens gepflegt worden sind. Meine sehr Verehrten, es ist nichts anderes, als eine Anerkennung dieser Tatsache, wenn ein ausgezeichneter Kenner unseres Selbstverwaltungsrechtes, der Oberlandesrat der böhmischen Landesverwaltung Dr Rudolf Slawitschek in seinem Werke über die "Selbstverwaltung, ihr Wesen, Recht und Ziel" Folgendes sagt: "Aus diesem Geiste heraus ist also das noch heute geltende österreichische Reichsgemeindegesetz vom 5. März 1862, Nr. 18 R. G. Bl., geschaffen worden. Trotz mancher Einschränkungen in der Rechtsstellung der Gemeinde, trotzdem ein unter Umständen recht weitgehender Einfluß der staatlichen Behörde auf die Gemeinde gewahrt bleibt, ist hier sicher ein wahrhaft freiheitliches Gemeinderecht festgelegt, ist hier das deutsche Selbstverwaltungsideal zur Wirklichkeit geworden. Insbesondere ist die Ortspolizei ganz im Sinne der Frankfurter Verfassungsurkunde der Gemeinde überlassen und auch sonst ist ihr Wirkungskreis so reichlich bemessen, daß man von einer staatsfreien Sphäre in der Verwaltung sprechen kann."

Und ein anderer hervorragender Kenner des österreichischen Gemeinderechtes Dr. Josef Redlich sagt in seiner Schrift über das Wesen der österreichischen Kommunalverwaltung: "Wie weitgehend gerade die Rechte der Gemeinden sind, geht daraus hervor, daß sie" - ich zitiere wörtlich - "der Eigenmacht des Staates entrückt, daß sie staatsfrei sind." Tatsächlich war im alten Österreich die Gemeinde trotz aller sonstigen Einschränkungen im Staate selbst eine Insel eines Freiheitsideals, eine Insel der bürgerlichen, wirtschaftlichen und ökonomischen Freiheit der Gemeindeinsaßen.

Meine sehr Verehrten, das bestätigt uns aber auch ein Mann, der in der Èechoslovakischen Republik an der Gründung dieses Staates und an der Regelung seiner Finanzen, also seiner wirtschaftlichen Grundlage und Macht, wohl den hervorragendsten Anteil überhaupt genommen hat: der erste Finanzminister dieses Staates Dr. Alois Rašín. In seinem Buche "Die Finanz- und Wirtschaftspolitik der Èechoslovakei" heißt es in der Einleitung folgendermaßen: "Das böhmische Volk, welches seine volle staatliche Selbständigkeit verloren hatte, trachtete sich mit Hilfe der Autonomie den Einfluß auf die öffentlichen Angelegenheiten zu erhalten und die Selbstverwaltung war für die Nation eine Schule der bürgerlichen und politischen Fähigkeiten. Alle Bestrebungen, mit Hilfe der Wahlordnungen Österreich als einen deutschen Staat zu erhalten, scheiterten daran, daß die böhmischen Bürger" - er will natürlich "èechische Bürger" sagen, denn die Mährer würden sich heftig dagegen verwahren, nicht daran beteiligt gewesen zu sein - "sich der Selbstverwaltung als Rettung zur Stärkung ihrer Nation bemächtigten. Die Gemeinden bauten Gemeindeschulen, errichteten Gymnasien und Realschulen, die Bezirke bauten Kranken- und Armenhäuser und sorgten für die Bildung und Gesundheit des Volkes. Die Èechen trachteten durch Opferwilligkeit ihre moralische Kraft zu heben. Was ihnen Wien versagte, zahlten sie sich selbst. Sie sammelten und sammelten, legten sich neben den kaiserlichen Steuern Nationalsteuern auf. Sie bauten und erhielten Schulen für die Kinder der unter Deutschen lebenden Arbeiter, sie erbauten aus Sammlungen das Nationaltheater in Prag und andere Institute. Dabei sorgten sie für den durch die Ungarn unterdrückten slovakischen Zweig, errichteten eine Organisation, welche dem slovakischen Volke zu Hilfe kam. Die Nation, welche ihre Selbständigkeit verloren hatte, bereitete sich durch eifrige Arbeit auf die Wiedererlangung der Freiheit vor."

Dr. Rašín sagt also hier ausdrücklich, allerdings in dem Teile, der von einer besonderen Eigenorganisation spricht, in einer etwas heroisierenden und verschönernden Art, daß doch grundsätzlich, was die Gemeinde und Selbstverwaltung anbelangt, diese die Voraussetzung für den Aufstieg des èechischen Volkes war. (Posl. Patzel: Das sollten sich die deutschen Regierungsparteien hinter die Ohren schreiben!) Jawohl, es ist vielleicht für die Herren der deutschen Regierungsparteien sehr interessant, gerade diese Stelle zu lesen, damit die Öffentlichkeit erfährt, daß jetzt die Grundlage, die ein Volk haben muß, um jemals sich wieder irgendwie selbst verwalten zu können, mit dieser Gesetzvorlage zerstört werden soll. Dr. Rašín spricht hier von der besonderen Wichtigkeit der Schulung der Bevölkerung in der Selbstverwaltung und Selbstregierung. Er zeigt, daß auf diesem Wege ein Volk nicht nur frei werden kann, sondern daß ein Volk sich selbst zu verwalten in der Lage ist. Was aber erleben wir jetzt? In dieser demokratischen Republik, in der man die Demokratie als Diskussion bezeichnet, in der man die Demokratie als einen Bestandteil der Wirtschaft bezeichnet, in diesem Staate, in dem wir so viele schöne Reden von der Volksherrschaft gehört haben, in welchem die Volksherrschaft in der Verfassung und ihrer Präambel als eine der wichtigsten Tatsachen der Aufrichtung und Befreiung der Nation oder dieses Staates bezeichnet wird, in diesem Staate werden an allen Ecken und Enden die Grundlagen der Demokratie, die Gemeindeselbstverwaltung, die Bezirksselbstverwaltung erschüttert, unterwühlt, der Freiheit beraubt. Es war für uns kein Wunder und keine Überraschung mehr, als diese selbe Tendenz auch da zum Vorschein kam, wo es den Anschein hatte, als ob der Staat sich um die wirtschaftlichen Verhältnisse der Gemeinden kümmern wollte, als ob er ibnen in einer schwierigen wirtschaftlichen Lage zu Hilfe eilen wollte. Aber es war nur ein Vorwand, die Regelung der Finanzen der Selbstverwaltungskörper ist nichts anderes als ein Vorwand, die Selbständigkeit und Freiheit unserer Selbstverwaltungsorganisationen zu erschlagen.

Wenn man den Motivenbericht dieses Gesetzentwurfes liest, muß man zur Erkenntnis kommen, daß die Regierung die eigentlichen Ursachen der Finanznot der Gemeinden und Bezirke recht gut kennt. Die Unterlassung der Aufwertung der Zuschlagsgrundlagen der Gemeinde, die ungeheueren Rückstände an Vorschreibungen und Einhebungen der Steuern und deren Zuschläge durch die staatlichen Steuerämter, die dadurch bedingten massenhaften Steuerausgleiche und Steuernachlässe usw. waren die Hauptursache der Finanznot unserer Selbstverwaltungsverbände. Statt diese Übelstände abzuschaffen und den Gemeinden den Weg zu einer geordneten Wirtschaft freizumachen, bezichtigte man die Gemeinden des mangelnden Sparsinnes und der Unkenntnis, der unsachlichen Verwaltung, wie das sowohl aus dem Wortlaut des Motivenberichtes, als auch aus den Äußerungen der führenden Männer der Regierung bei dieser Gesetzesvorlage hervorgeht. Der Gesetzentwurf beabsichtigt die Einnahmen der Gemeinden derart zu drosseln, daß diese ihre großen Aufgaben in Zukunft nicht mehr zu lösen imstande sein werden. Aber je länger die Erneuerung und Wiederherstellung der Gemeindeeinrichtungen hinausgeschoben wird, desto teuerer wird das zum Schluß wieder sein. Aber die Mehrkosten werden schließlich und endlich doch wieder die Steuerträger zu bezahlen haben, die dann nicht nur die Mehrkosten zu bezahlen, sondern auch den Untergang der Selbständigkeit der Gemeindeeinrichtungen zu betrauern haben werden.

Unsere Wirtschaft hat das allergrößte Interesse, das ihre Steuermittel den Gemeinden und Bezirken zufließen und nicht in den unkontrollierbaren Dotierungsfond der Regierung gelangen. Dieser Dotierungsfond wird übrigens kaum mehr als 300 bis 400 Millionen Kronen Jahreseinkommen haben und deshalb für die Finanzierung der Gemeinden in keiner Art und Weise genügen. Es soll nur noch eine größere Aufsicht über die Gemeinde, d. h. eine Einschränkung ihres freien Rechtes, mit den Geldmitteln zu wirtschaften, eingeführt werden. Die bereits von der unmittelbaren Aufsichtsbehörde überprüften, adjustierten und genehmigten Voranschläge werden bei der Fondsverwaltung einer neuen Überprüfung unterzogen, wobei die höheren Aufsichtsbehörden ebenso wie die unmittelbaren das Recht der Änderung der Voranschlagsposten haben. Da die Mittel des Fonds sehr beschränkt, die Anforderungen natürlich aber ungeheuer groß sein werden, wird man eine Rangordnung unter den Ansprüchen feststellen müssen, die außerordentlich schwierig sein wird. Diese Feststellungen werden physisch nach unserer Behauptung nicht durchführbar sein, ganz abgesehen davon, daß es der höheren Aufsichtsbehörde, die einen viel zu großen Wirkungskreis hat, einfach ganz unmöglich ist, festzustellen, welche Bedürfnisse der einen oder der anderen Gemeinde wichtiger und dringlicher sind. Selbstverständlich wird das zu den größten Ungerechtigkeiten führen, zur politischen, nationalen wirtschaftlichen und finanziellen Korruption führen. Wer die schleppende Erledigung bei unseren höheren Aufsichtsbehörden kennt, wird wissen, daß auch heute schon die Erledigungen von Gemeindevoranschlägen bei der Landesverwaltung ein bis zwei Jahre dauern. In noch viel größerem Umfange wird das in Zukunft der Fall sein und es ist kein Zweifel, daß die höheren Aufsichtsbehörden nicht in der Lage sein werden, die Arbeiten fristgerecht zu überprüfen und durchzuführen und daß die Gemeinden daher bei der Erstellung ihres Budgets wiederum in die größten Schwierigkeiten kommen werden.

Auf die Verwaltung des Fonds wird die Gemeinde überhaupt keinen Einfluß haben, die Vertreter der Gemeinde werden überhaupt keine Möglichkeit haben sie zu kontrollieren. Überhaupt ist die öffentliche Kontrolle bei diesem Fonde noch ein dunkles Kapitel, worüber wir noch manches zu sprechen haben werden. Aber bei dieser Gelegenheit sagen wir, daß wie in allen übrigen staatlichen Fondsverwaltung en, auch hier die dringendste Notwendigkeit besteht, zumal es sich um einen großen Fond handelt, daß wir endlich ein Gesetz über die staatlichen Fondsverwaltungen erhalten und daß der Legislative das Recht einer Kontrolle über die Fonds eingeräumt wird.

Wir haben im Budgetausschuß den Antrag eingebracht, über diese Vorlage zur Tagesordnung überzugehen. Wenn wir diesen Antrag eingebracht haben, so müssen wir ihn auch eingehend begründen. Wir begründen ihn zunächst damit, daß diese Gesetzesvorlage im engen Zusammenhange mit der beabsichtigten Verwaltungsreform in der èechoslovakischen Republik steht, daß weiter das Unifizierungsgesetz zur Errichtung und Erhaltung der Schulen mit den Gemeindefinanzen innig zusammenhängt. Durch die beiden Gesetze werden den Gemeinden neue und nicht unbeträchtliche Auslagen aufgebürdet werden. Auf diese künftige Belastung der Steuerträger und der Gemeinden, ist bei der Festsetzung der Einnahmsquellen keine Rücksicht genommen worden. Wir verweisen darauf, daß insbesondere nach dem Unifizierungsgesetz über das Schulwesen den Gemeinden der Schulaufwand für die Minderheitsschulen, soweit sie Pflichtschulen sind, übertragen werden soll, also Beträge, die bei unseren kleinen Gemeinden in den Voranschlägen sehr große Summen ausmachen werden. (Posl. Simm: Schulpaläste werden gebaut werden müssen!) Wenn wir wissen, daß z. B. eine Stadt wie Bilin, mit etwa 8000 bis 9000 Einwohnern einen Schulpalast hat, der ungefähr 3 Millionen gekostet hat, dann ersehen wir beiläufig, welche Erhaltungskosten damit verbunden sind und was das für die Gemeinde bedeutet. Wir haben auch noch andere Gemeinden, z. B. Deutsch-Gießhübel im Adlergebirge, wo eine Schule mit einem Aufwand von nahezu einer Million Kronen errichtet worden ist, in einer Gemeinde, die im ganzen 22.000 Kronen staatliche Steuerbasis hat. Wie sollen diese Gemeinden diese Schulpaläste überhaupt erhalten können? Dabei ist dort ein Bedürfnis für die èechische Schule gar nicht gegeben, weil es dort bis auf einige èechische Finanzer und Gendarmen keine Èechen gibt.

Wir müssen bei diesen Erwägungen über die Selbstverwaltung unserer Gemeinden eine grundsätzliche Frage aufwerfen. Unsere Gemeinden sind doch nicht allein Verwaltungsorganisationen, sie haben doch noch eine viel größere Bedeutung, als die der reinen Verwaltung. Hier muß man an die Regierungsmehrheit und an die Initiatoren dieses Gesetzes die Frage richten: Was ziehen Sie vor, eine selbstbewußte und freie Gemeinde, in der der Bürger, Arbeiter und Bauer zur Mitverantwortung mit herangezogen wird, an deren Aufblühen und finanziellem Aufstieg diese Stände, die Einwohner der Gemeinde, ihre Freude haben und für die sie die Verantwortung in wirtschaftlicher und politischer Beziehung gerne übernehmen, oder wollen Sie aus den Gemeinden Lakaien der Staatsverwaltung machen? Wollen Sie anstelle der aufrechten und ehrlichen Selbstverwaltung den gekrümmten Rücken vor den Verwaltern des Dotierungsfondes sehen? Es ist dies eine Frage, die nicht nur die Selbstverwaltungskörper und die Gemeinden angeht, sondern für die gesamte menschliche Entwicklung von der größten Bedeutung ist. Das vergangene Jahrhundert hat sich dadurch ausgezeichnet, daß es von dem absoten Staat, von dem Staat, der mit dem Zentralismus, mit dem in Frankreich gezüchteten und überzüchteten Zentralismus gebrochen und an Stelle der reinen absoluten Staatsverwaltung die Mitwirkung der Gemeinden, der Selbstverwaltungskörper, der Bürger des Staates gesetzt hat. Ich behaupte, dieser Fortschritt war für die Entwicklung der Menschheit viel wichtiger, als etwa die Erteilung des allgemeinen, gleichen Wahlrechtes, wenn dieses Wahlrecht so mißbraucht wird, wie wir es heute hier im Parlamente sehen. Welchen Zweck kann das allgemeine Wahlrecht haben, wenn ein geradezu terroristisches System der Mehrheit auf der einen Seite aufgestellt und wenn auf der anderen Seite die Opposition zur Ohnmacht und absoluten Bedeutungslosigkeit verurteilt wird? Ist es nicht ein viel größerer Fortschritt in der Entwicklung der Menschheit gewesen, wenn man zur Verwaltung, zur tatsächlichen Entscheidung in kleinem und später in größerem Umfange die Einwohner der Gemeinde, die Bürger, Arbeiter und Landwirte herangezogen hat?

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