Ètvrtek 5. kvìtna 1927

4. Øeè posl. Schweichharta (viz str. 1050 tìsnopisecké zprávy):

Hohes Haus! Meine Aufgabe ist es, an einem besonderen Beispiel den kapitalistischen Klassencharakter der Steuerreform aufzuzeigen. Es handelt sich vor allem um die Grundsteuer sowie die Gebäudesteuern. Die Bestimmungen der Vorlage über die Grundsteuer entsprechen durchaus nicht den Interessen der kleinen Landwirte und Häusler, die ja bekanntlich die erdrückende Mehrheit der landwirtschaftlichen Bevölkerung darstellen. Die Vorschriften über die Gebäudesteuern bedeuten aber direkt eine schwere Schädigung dieser breiten Schichten, ganz abgesehen von den Mietern. Daß das ganze Gesetz nach Versicherung des Herrn Referenten Dr. Hnídek lediglich ein Provisorium ist, kann für die Geschädigten nur ein sehr schwacher Trost sein. Im Budgetausschuß hat Herr Sektionschef Dr. Vlasák bei Beratung der Grundsteur erklärt, daß eine Lösung des, Problems der Besteuerung der Landwirtschaft aus meritorischen, praktischen, fiskalischen und - man höre! - ethischen Gründen nur im Sinne der Beibehaltung der Grundsteuer möglich sei. Herr Sektionschef Dr. Vlasák hätte sehr gut getan, die Ethik gerade bei der Grundsteuer aus dem Spiele zu lassen, wie ja überhaupt das ganze Reformwerk der Regierungsmehrheit mit ethischen Grundsätzen absolut nichts zu tun hat. Es handelt sich tatsächlich um die Wahrung nackter kapitalistischer Klasseninteressen, oft in geradezu schofler Weise. Eine wirklich ethischen Grundsätzen entsprechende Steuerreform müßte eine volle Entlastung der wirtschaftlich schwachen Schichten der Bevölkerung bringen und die wirtschaftlich Kräftigen stärker zur Erfüllung ihrer Pflichten gegenüber Ihrem, dem kapitalistischen Staate heranziehen. Die kapitalistischen Nutznießer des Staates verstehen es aber meisterlich, die beherrschten Schichten, das sind die arbeitenden Menschen in Stadt und Land, nicht nur zu zwingen, die Einrichtungen zur Niederhaltung des Volkes, z. B. den Militarismus durch Stellung der Rekruten aufrecht zu erhalten, sondern auch noch aus eigenen Mitteln durch höchst ungerechte Steuern zu bezahlen.

Das leitende Motiv in der Steuerfrage der herrschenden Klassen war jederzeit das, den anderen die nach dem Herrn Finanzminister Dr. Engliš geradezu süße Pflicht des Steuerzahlens zu überlassen. In Deutschland z. B. zahlen heute noch die Besitzer von vielen tausend Morgen besten Rüben- und Weizenbodens keine Einkommensteuer. Bei uns ist es neben den indirekten Steuern speziell die Grundsteuer, welche beweist, daß den Großagrariern immer noch ein Steuerprivileg von gewaltigem Wert eingeräumt ist. Die Grundsteuer stellt sich als sogenannte Ertragssteuer dar, für deren Basis der Ertrag des Grundstückes, nicht aber das persönliche Einkommen seines Eigentümers maßgebend ist. Der Katastralreinertrag wird auch in Zukunft so wie bisher nach dem gemäß Patent vom Jahre 1817 - es ist ein bischen lange zurück aufgestellten stabilen Kataster errechnet. Es ist bezeichnend, daß die Revision des Katasters im Jahre 1887 eine nur um 18% höhere Gesamtsumme des Katastralreinertrages ergab, während die letzte im Jahre 1896 vorgenommene Überprüfung sogar eine geringere Gesamtsumme als 1887 lieferte. Schon die genannten Jahreszahlen zeigen uns, daß der Großgrundbesitz und die hohe Geistlichkeit damals den entscheidenden politischen Einfluß hatten und heute wird die Steuerreform ebenfalls in einer Situation gemacht, die von den Großagrariern und deren Trabanten beherrscht wird. Das erklärt uns alles. Daß die Katastralreinerträge sehr weit hinter dem wirklichen Einkommen zurückbleiben, daß infolgedessen eine ungeheuere Begünstigung des großen Grundbesitzes vorliegt, kann niemand bestreiten. Der Motivenbericht des Reformentwurfes gibt für das Jahr 1920 den Katastralreinertrag für Böhmen, Mähren und Schlesien mit 147.4 Millionen an, gegenüber dem Bruttoeinkommen aus Grundbesitz, wie es sich nach den Einkommenssteuerfassionen darstellt, von 2660.8 Millionen Kronen, so daß das Bruttoeinkommen etwa das 18fache des Katastralreinertrages ausmacht. Nebenbei sei bemerkt, daß die Bonitätseinteilung des Katasters heute längst nicht mehr stimmt.

Allgemein muß zugegeben werden, daß bisher die Grundsteuer im Vergleich zu anderen Steuern, die mitunter um das Dutzendfache mehr einbringen - siehe zum Beispiel die Erwerbssteuer, die seit 1908 eine zwanzigfache Steigerung aufweist - nicht wesentlich erhöht wurde. Was das zugunsten der Herren Großgrundbesitzer bedeutet, ahnt man, wenn man die frühere jährliche Grundsteuer gewisser Herrschaften kennt, die in den heutigen gut christlichen und echt agrarischen Regierungsparteien ihre berufenen Anwälte sehen. Fürst Thurn-Taxis z. B. zahlte vor dem Kriege jährlich rund 60.000 K Grundsteuer, Graf Clam-Gallas 89.000 K, Reichsgraf Waldstein 104.000 K, Reichsfürst Kinský 130.000 K, Fürst Lobkowitz 145.000 K. Fürst Lichtenstein 229.000 K und der größte Großgrundbesitzer Böhmens, der Herr des Böhmerwaldes, Fürst Schwarzenberg 454.000 K Grundsteuer vor ungefähr 20 Jahren. Die Aufwertung der Grundsteuer erfolgte bekanntlich lediglich um 200%, resp. 400% in Form der Kriegszuschläge. Man muß also sagen, daß die Herren Großgrundbesitzer bei dieser Steuerreform sehr gut wegkommen. Übrigens hat schon Koll. Marcha in seiner Rede vom 3. Mai einige sehr krasse Beispiele dafür angeführt, wie die Großagrarier bisher begünstigt wurden. Der Großgrundbesitzer Skene in Mähren hat einige Jahre hindurch die Erbschafts- und Vermögenssteuer nicht bezahlt. Erst im Vorjahre wurde ihm diese Steuer vorgeschriebn. Im Gegensatz dazu wurde in Brumowitz in Mähren ein Kleinbauer wegen 4 Kronen exequiert. Der Deutsche Ritterorden, bekanntlich in Schlesien daheim, hat bis heute die ganze Vermögensabgabe in der Höhe von 37 Millionen Kronen nicht bezahlt. Der gewesene Fürst Salm-Reifferscheidt in Raitz (Mähren) hat seine Aktien der Berg- und Hüttengesellschaft um 25 Millionen Kronen verkauft und das Geld ins Ausland gebracht, ohne einen Heller Steuer dafür zu zahlen.

Meine sehr Geehrten! Da die Zölle gerade den Großagrariern Millionen Kronen mehr einbringen, ermißt man ungefähr, welche Riesensummen den Herrn von Ar und Halm geschenkt werden, und zwar dadurch, daß die Grundsteuer nicht nur nicht erhöht, sondern noch herabgesetzt wird. Bekanntlich hat sich der Herr Finanzminister Dr. Engliš gegen diese Herabsetzung der Grundsteuer vergeblich gewährt. Der Maßstab von 22.7% des Katastralreinertrages ist fallen gelassen worden und es sind nun vom 17fachen Katastralreinertrag eine 2%ige Grundsteuer und ein umlagenfreier 1/2%iger Beitrag für den bei den Landeskulturräten zu errichtenden Katastrophen-Entschädigungsfonds zu bezahlen. Das bedeutet nicht nur eine absolute Herabsetzung des Steuerfußes, sondern auch eine Minderung der Steuerlast in der Form, daß die Fondsbeiträge umlagenfrei bleiben wer den. Die Herabsetzung des Maßstabes auf 20% für Waldbesitz ist ein offenes direktes Geschenk an die Großgrundbesitzer. Dagegen bedeutet die Befreiung der ganz kleinen Besitzer von besonderen Beiträgen gar nichts.

Herr Koll. Windirsch. Klubobmann der der Landbündler, hat in der Osternummer der "Deutschen Landpost" Berechnungen da rüber angestellt, wie sich die neue Grundsteuer zugunsten der Landwirte auswirkt. Da ist nun folgendes festzustellen: Bei einem Katastralreinertrag von 500 Kronen sind nach der neuen Veranlagung um 38.5 Kronen weniger zu zahlen, und zwar statt 1135 nur 1096 Kronen 50 Heller. Ist die Hälfte Waldbesitz, so ergibt sich eine Verminderung der Steuersumme um 240 Kronen 25 Heller.

Statt 1248 Kronen sind lediglich 1008.25 Kronen an Grundsteuer zu bezahlen. Die Bevorzugung des waldreichen Großgrundbesitzes ist ohne weiters klar. Bei Landwirten, die nur 100 Kronen Katastralreinertrag haben, wäre nach der neuen Methode um 33.20 Kronen weniger an Grundsteuer zu bezahlen, und zwar statt 227 nur 193.80 Kronen. Diese Berechnungen des Herrn Koll. Windirsch sollen wohl darlegen, welche große Vorteile die Anhänger der Landbündler aus der Grundsteuer haben. Herr Windirsch und seine Parteifreunde vergessen allerdings dabei zu sagen, daß durch die von ihnen bewilligte Erhöhung der indirekten Steuern um eine Milliarde die Lasten für den kleinen Landwirt bedeutend mehr ausmachen, als sie auf der anderer Seite durch die Ermäßigung der Grundsteuer bekommen können. Eine mehrköpfige Häuslerfamilie z. B., die viel Kaffee trinkt und entsprechende Mengen Zucker verbraucht, zahlt bei einem wöchentlichen Verbrauch von 2 kg jährlich an Zuckersteuer rund 200 Kronen, von anderen drückenden Steuern, z. B. von der verhängnisvollen Umsatzsteuer, gar nicht zu reden. Es ist wirklich schade, daß Herr Koll. Windirsch seinen Leuten nicht vorgerechnet hat, wie groß die Steuerverminderung für die Großgrundbesitzer wäre. Hier kommen tatsächlich zehntausende, unter Umständen hunderttausende Kronen an Ersparnissen in Betracht. Diesen notleitenden Agrariern muß geholfen werden. Dabei betont noch Kollege Windirsch, daß sich die Ergebnisse noch weit günstiger gestalten müssen, weil nicht nur bei der Grundsteuer, sondern auch bei den anderen zuschlagspflichtigen Steuern. Erwerbsteuer und Gebäudesteuer, die Grundlage für die Zuschläge breiter geworden ist. Dadurch werde in allen Fällen bei gleichbleibenden Aufwendungen der Gemeinden, Bezirke und Länder die Gesamthöhe der Zuschläge ermäßigt. Durch die Drosselung aller umschlagpflichtigen Steuern mit 470, bzw. 610% und durch die Bestimmung, daß die Grundsteuer bezüglich der Bemessung der Zuschläge nicht schlechter als die übrigen zuschlagspflichtigen Steuern behandelt werden darf, wird eine definitive Regelung der Grundsteuer im Sinne der Agrarier erzielt. Die Herren Großgrundbesitzer, die eigentlichen Nutznießer dieser Reform, können sich wirklich bei den Landbündlern bedanken. Ihnen schenkt man Millionen an Steuergeldern, die einzelnen Kleinlandwirte speist man mit wenigen Hellern ab. Der vom Herrn Finanzminister Dr Engliš angegebene Steuerausfall von 750 Millionen kommt also vor allem den großen Kapitalisten zugute, den Banken, den Industriekonzern en usw.

Herr Kollege Böllmann hat in seiner Rede davon gesprochen, daß der Steuerdruck in den Gemeinden für die Bauern besonders dort stark ist und sie ruiniert, wo die Vertretung in den Händen von Leuten ist, wie Herr Böllmann sagte, die mit der Landwirtschaft keine Fühlung haben. Er nannte da einige Orte, z. B. Oberleutensdorf, Osseg, Bruch, Kopitz u. s. w., also reine Bergbaugebiete. Nun bedeutet eine Drosselung der Gemeindefinanzen dort nur, daß den Kohlenbaronen, vor allem der Brüxer Bergbaugesellschaft, hunderttausende Kronen geschenkt werden. Die Landwirte werden dadurch nur wenige Kronen gewinnen. Übrigens gibt es auch rein agrarische Gebiete mit sehr hohen Umlagen. Es ist nicht wahr, was die Landbündler behaupten, daß nur in den industriellen Gegenden, nur dort, wo die bösen Sozialisten herrschen, die Umlagen eine riesige Höhe erreicht haben. Ich möchte in dieser Beziehung den Bezirk Weseritz nennen. Dieser hat 1800% Umlagen, und zwar deshalb, weil er im Vorjahre eine Distriktsbürgerschule baute. Herr Böllmann prunkt auch damit, daß im Bezirk Postelberg die Umlagen sehr niedrig sind. Nun muß man aber fragen, wer dort den ganzen Vorteil davon hat. Wer die Verhältnisse kennt, wird sofort die Antwort finden. Es ist der immens reiche Fürst Schwarzenberg, der größte Grundbesitzer im Bezirk Postelberg. Man sieht deutlich die Wirkung der agrarischen Steuerpolitik. Dem Großen gibt man mit Schöffeln dem Kleinen mit Löffeln. Die Dorfgemeinschaft, wie sie jetzt von den Landbündlern überall gepredigt wird, sieht in dieser Beleuchtung sehr merkwürdig aus. Im striktesten Gegensatz dazu stehen wir und die organisierten Kleinlandwirte auf dem sozial gerechten Standpunkt, daß die Steuerherabsetzung bei der Grundsteuer ausschließlich den Kleinlandwirten zugute kommen soll. Die am 29. und 30. Jänner d. J. in Prag abgehaltene Landvolkskonferenz forderte die Befreiung der Kleinlandwirte von allen Staatssteuern bis zu einem Existenzminimum von 15.000 Kronen Jahreseinkommen oder 150 Kronen Katastralreinertrag. In Böhmen entfielen vor dem Umsturz von 1000 Grundsteuerträgern auf die Steuerstufe bis 10 Kronen 664, in Mähren 701, in Schlesien 691; darunter war mehr als die Hälfte Steuern lediglich bis zur Höhe von 2 Kronen. Das beweist, daß es sich in der Hauptsache um arme Häusler und Kleinlandwirte handelte. Die Verhältnisse sind seitdem nicht besser geworden. Aber Rücksichtsnahme auf das kleine Landvolk im vollen Sinne des Wortes kennt man in den agrarischen Kreisen nicht. Bei einer sozial gerechten Reform müßte die Grundsteuer scharf progressiv nach oben gestaltet werden. Heute ist sie gerade umgekehrt eingerichtet. Je höher die Grundrente, einen desto größeren Teil derselben sollte die Steuer nach unserer Ansicht erfassen. Besonders dann, wenn Boden von reichen Grundherren der wirtschaftlichen Nutzung entzogen und Luxuszwecken zugeführt wird, wie es z. B. bei Parks, Fasanerien u. s. w. der Fall ist. Der über den eigentlichen Arbeitslohn hinausgehende Mehrertrag müßte nach dem gemeinen Bodenwert bemessen und scharf progressiv abgestuft sein. Zu Luxuszwecken verwendeter Boden sollte eine Zusatzsteuer unterliegen. Wir wollen mit einem Worte, daß die wirtschaftlich schwachen Häusler und Kleinbauern von der Grundsteuer befreit werden und dafür die Großbauern und Großgrundbesitzer eine höhere Grundsteuer zu entrichten hätten. Ich möchte in diesem Zusammenhange an den Antrag des Abgeordneten Windirsch vom 9. März 1926 erinnern, Druck Nr. 238, der die Abschreibung der Einkommensteuer für alle Kleinlandwirte verlangt, deren Katastralreinertrag die Summe von 150 Kronen nicht üb er steigt und deren gleichzeitig rechtsgiltig vorgeschriebenes Reineinkommen den Betrag von 10.000 Kronen nicht überschritten hätte. In der Begründung wird gesagt, daß die Annahme dieses Antrages für die Staatseinnahmen keinen großen Ausfall bedeutet und sich ein etwaiges Defizit leicht durch Ersparungen bei den militärischen Ausgaben ausgleichen ließe. Man könnte bei dieser Gelegenheit Herrn Windirsch fragen, warum er, nachdem er nun am Staatsruder sitzt, diesen seinen Antrag nicht verwirklicht hat. Man könnte boshafter Weise fragen, ob vielleicht dieser sein Antrag zu den angeblich demagogischen Übertreibungen gehört, von denen er gelegentlich sprach, als er an der Opposition Kritik übte. Wir wissen, daß die deutschen Regierungsparteien ihre ganzen Grundsätze auch in der Steuerreform gegen einige mehr oder weniger magere Konzessionen oder Knödel aus der Küche des Herrn Švehla verkauft haben.

Ich möchte noch Folgendes sagen: Im agrarischen "Dorfboten" vom 17. April d. J. wird im Leitartikel bitter über den großen Steuerdruck geklagt und verlangt, daß selbstverständlich dem kleinen Manne auf dem Lande vor der unersättlichen Gier des Fiskus Schutz gewährt werden müsse. Das Mindestmaß an vollkommen steuerfreien Besitz könnte in besseren Lagen 2, in mittleren 4, in schlechteren 8 ha betragen. Das ist übrigens auch unsere Meinung, wie die Meinung der organisierten kleinen Landwirte. Ich möchte an Hand dieser Forderung konstatieren, daß die deutschen Landbündler, wie die deutschen Regierungsparteien überhaupt die berechtigten Wünsche ihrer eigenen Leute nicht befriedigt haben, sie haben den kleinen Mann vor der unersättlichen Gier des Fiskus nicht bewahrt.

Das tritt besonders kraß bei der neuen Gebäudesteuer in Erscheinung, die für die kleinen Hausbesitzer und Landwirte eine schwere Benachteilung bedeutet. Bis jetzt wurde die Hausklassensteuer nur in jenen Gemeinden bezahlt, in denen weniger als die Hälfte der Gebäude und der Wohnräume vermietet war. Nunmehr wird dieselbe lediglich in jenen Gemeinden bezahlt werden, in denen weniger als ein Drittel vermietet wird. Dadurch geraten viele Gemeinden von der niedrigen Hausklassensteuer in die hohe Hauszinssteuer. Das hat zur Folge, daß die Gebäudesteuer bei den Häuslern und mittleren Bauern ganz wesentlich erhöht wird. Merk würdiger- oder bezeichnenderweise sprechen über diese Tatsache die Landbündler und die deutschen Regierungsparteien überhaupt nicht. Die Großgrundbesitzer kommen auch hier wieder besser weg, weil durch die Ermäßigung der Einkommensteuer und der Grundsteuer für sie ein sehr günstiger Ausgleich geschaffen wird. Bei den kleinen Landwirten beträgt die Hausklassensteuer weit mehr, als alle Erleichterungen der gesamten Reform ausmachen. Die Herabsetzung der Hauszinssteuer - das hat Herr Koll. Böllmann offen zugegeben - ist gar keine Begünstigung in sozialem Sinne. Die Erhöhung der Hausklassensteuer belastet die Miete und verringert das Wohnungsangebot am Lande ganz besonders. Sozial ist diese Steuer auf keinen Fall, wie denn überhaupt die Steuerreform ein Hohn und Spott auf die Ethik des Herrn Sektionchefs Vlasák ist. Sie erschwert die Durchführung unseres Prinzipes vom allgemeinen Wohnrecht ungeheuer.

In der eingangs erwähnten Sitzung des Budgetausschusses erklärte Herr Sektionschef Vlasák, daß bei der Landwirtschaft beide Elemente, Kapital und Arbeit, sich zu einem untrehnbaren Ganzen vereinigen. Man könne nicht das Grundeigentum von der Arbeit des Landwirtes trennen und selbständig besteuern. Das ist eine Behauptung, die ganz und gar nicht zutrifft. Man braucht nur die Grundsteuer in eine wirkliche Steuer von der Grundrente umzuwandeln. Mit der Grundsteuer soll der Arbeitslohn des Landwirtes und seiner mithelfenden Familienmitglieder nicht belegt werden, sondern nur der Mehrertrag über den Arbeitslohn hinaus. Das Arbeitseinkommen soll unter den gleichen Voraussetzungen und in gleichem Ausmaße wie das Lohneinkommen der Lohnarbeiter der Einkommensteuer unterliegen. Darum sind wir für das steuerfreie Existenzminimum von 15.000 Kronen.

Alle notwendigen Nahrungsmittel sollen weiters von der Warenumsatzsteuer befreit werden, was auch dem Landwirt zugute käme. Heute ist es so, daß auch das Naturaleinkommen der kleinen Landwirte aus eigenem Besitze versteuert werden muß. Von jedem Ei, Huhn, Schwein, Milch u. a. im eigenen Haushalt verbrauchten Lebensmitteln müssen die Steuern bezahlt werden, was naturgemäß den Häusler weit schwerer trifft, als den großen Bauern und den Großgrundbesitzer. Wir sind theoretisch für die Einführung der landwirtschaftlichen Einheitsteuer auf Grund der Ertragsfähigkeit des Bodens unter Ausschluß von Gebäuden und des Inventars, wie es auch in Deutschland systematisch angestrebt wird.

Ein ganz besonderes Kapitel ist das von den Schätzungskommissionen. Bei den Schätzungskommissionen ist bisher das Schwergewicht darauf gelegt worden, daß darin nur die größeren Steuerträger vertreten sind. Es waren bisher in diesen Schätzungskommissionen nur die großagrarischen Interessenten und Organisationen vertreten, während die organisierten kleinen Landwirte, von den Arbeitern gar nicht zu sprechen, gar keine Vertretung besessen haben. In Zukunft wird dieser Zustand noch vergröbert werden; wenn es auf die Ernennungen ankommt und Vorschläge gemacht werden von den Landeskulturräten und Handelskammern, werden jedenfalls und natürlicher weise die Arbeiter und die kleinen Landwirte gar nicht berücksichtigt werden. Es ist dann kein Wunder, wenn es bisher so gewesen ist, daß die reichen Bauern weniger an Grundsteuern zu bezahlen hatten, als die armen Häusler. Die Gefahr, daß dies weiter so bleibt, besteht leider. Man kann auch darauf hinweisen, daß man die Steuerrückstände von den kleinen Landwirten rigoros eingetrieben hat, den Großagrariern aber hat man sie erlassen. An den Steuerrückständen von 4 Milliarden Kronen sind die Arbeiter und kleinen Landwirte sicherlich am wenigsten schuldtragend. Die Bestimmungen hinsichtlich der Schätzungskommissionen geben den Bürokraten ein weiteres Recht zum Schaden der Bevölkerung, und der Einfluß der kleinen Steuerträger, der kleinen Landwirte, wird vollständig nullifiziert werden. In der "Deutschen Landheimat" vom 26. Jänner 1 927 war ein längerer Artikel über die Steuerreform enthalten, wobei nicht weniger als 28 Punkte derselben als unannehmbar bezeichnet wurden. Ein Vergleich der dort erhobenen Beschwerden mit der Vorlage zeigt uns sofort, daß nur ein kleiner Bruchteil dieser Wünsche berücksichtigt wurde. Der größte Teil der Mängel bleibt bestehen. Ich will damit sagen, daß die Landbündler keine Ursache haben, mit ihren Erfolgen bei der Durchführung der Steuerreform zu prahlen. (Pøedsednictví pøevzal místopøedseda dr Buday.)

In diesem Zusammenhange möchte ich Sie daran erinnern, daß in der "Deutschen Landpost" vom 5. November 1926 in einem Artikel über die Landwirtschaft und die Steuerreform Dr Gaube ausdrücklich auf die große Belastung der Landwirte durch die erhöhte und verschärfte Hausklassensteuer hingewiesen hat. Hier hat man keine Ermäßigung seitens der deutschen Regierungsparteien herbeigeführt, sondern hat einer noch schwereren Belastung zugestimmt. Das möchte ich ausdrücklich unterstreichen. Diese Steuer wäre bisher, erklärt Gaube, insoweit erträglich gewesen, als die Steuersätze für Häuser mit 1 bis 3 Wohnbestandteilen, also die erdrückende Mehrheit der Bauernhäuser, 3, 6 und 9 Kronen betragen hätten. Nun steigt die Steuer auf 5, 10 und 15 Kronen. Weiter hat er gegen die Bestimmungen über die Steuerkommissionen die allerschwersten Bedenken erhoben. Die anderen Einwendungen von seiner Seite will ich nicht anführen. Ich will damit nur sagen, daß die Landbündler die Wünsche ihrer eigenen Anhänger nicht erfüllen konnten. Der Appell des Kollegen Böllmann an das gute Herz der Finanzverwaltung, Milde und Gerechtigkeit walten zu lassen, ist ja charakteristisch für den geringen Einfluß, den die deutschen Landbündler bei der Steuerreform auszuüben vermochten.

Entschiedene Verwahrung müssen wir dagegen einlegen, daß der Entschädigungsfonds für die Elementarkatastrophen vollständig den Agrariern ausgeliefert wird, die bekanntlich im Landeskulturrat dominieren. Wir wissen aus der Praxis sehr genau, wie parteiisch man mit derlei Geldern umgeht und wie man bei Katastrophen und ähnlichen Dingen die verfügbaren Mitteln immer einseitig aufteilt. Wie sehr von vornherein mit zweierlei Maß zugunsten der Großagrarier gearbeitet wird, zeigt, daß man bei Wildschäden Steuererleichterung gewähren will, während bei den übrigen Elementarschäden das erst auf dem schwierigen Umweg über den fraglichen Entschädigungsfond geschehen soll. Überall sieht man unverkennbar den Vorzug der Großagrarier. Vergleicht man, was in Form verschiedener Subventionen den großagrarischen Organisationen aus staatlichen Mitteln zufließt, damit, was sie in Gestalt der direkten Steuern dem Staate abführen, findet man, daß sie dabei sehr gut fahren. Im österreichischen Parlamente hat seinerzeit unser Kollege Dr Renner ziffernmäßig diesen Vorteil der Großagrarier festgestellt.

Die Agrarier haben die Kunst, sich vom Steuerzahlen möglichst fernzuhalten, wirklich bis zur Virtuosität entwickelt. Ihre Steuerrekurse sind oft eine wirkliche Plage der Steuerämter geworden, so daß Herr Finanzminister Engliš in einer Interpellationsbeantwortung konstatieren mußte, daß solche Steuerrekurse massenhaft nach einer Schablone eingereicht werden. Nun, obwohl die deutschen Regierungsparteien dem Staate geben sollten, was dem Staate gebührt, werden wir beobachten können, daß Sie das nicht tun, daß Sie ihre Pflicht dem Staate gegenüber nicht erfüllen, sondern das Steuerzahlen immer noch den andern überlassen. Notwendig, ist auch, das möchten wir speziell hervorheben, die klare Steuerbuchung. Bisher kennt sich eigentlich niemand aus; weder der Steuerträger noch der Beamte wissen eigentlich, wieviel der einzelne Steuerträger an den verschiedenen Steuern zu zahlen hatte. Hier muß unbedingt Remedur geschaffen werden, Klarheit, damit der Steuerträger von vornherein weiß, was er schuldig ist, was er abgestattet hat und was er eventuell noch zu zahlen hat.

Zum Schlusse sagen wir: Gesetzestechnisch genommen, ist die Vorlage ein Flickwerk, ein krasses soziales Unrecht. Daher ist es ganz selbstverständlich, meine Damen und Herren, daß wir deutschen Sozialdemokraten einem solchen Machwerk zu gunsten der Kapitalisten unsere Zustimmung nicht geben können. (Potlesk nìm. soc. demokratických poslancù.)



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