Pátek 25. listopadu 1927

Pøíloha k tìsnopisecké zprávì

o 106. schùzi poslanecké snìmovny Národního shromáždìní

republiky Èeskoslovenské

v Praze v pátek dne 25. listopadu 1927.

1. Øeè posl. Stenzla (viz str. 9 tìsnopisecké zprávy):

Hohes Haus! Wenn ich mich als Vertreter einer deutschen Partei, die nur als unterstützende Gruppe der derzeitigen Regierungsmehrheit anzusehen ist, zum Worte meldete, so geschieht dies deswegen, um einerseits unsere Stellung zum vorliegenden Staatsvoranschlag zu kennzeichnen, andererseits aber einige Abschnitte des Budgets in Kürze einer sachlichen Kritik zu unterziehen.

Das in Verhandlung stehende Budget für das Jahr 1928 dürfte wohl als ein Werk des Herrn Finanzministers Dr. Engliš anzusehen sein, der in seinem Exposé von einem aktiven und stabilisierten Staatsvoranschlag sprach. Ich bin überzeugt, daß der Herr Finanzminister tatsächlich den ernsten Willen und das ständige Bestreben besitzt, die Volkswirtschaft im Staate auf eine gesunde Grundlage zu stellen, was gewiß durch eine Stabilisierung des Staatsvoranschlages zu erreichen möglich ist. Diese gute Absicht wird und muß ohne Zweifel die Anerkennung aller Völker dieses Staates finden und der tatsächliche Eintritt der Stabilisierung kann nur Vorteile für die allgemeine Finanz- und Wirtschaftslage mit sich bringen.

Nicht unwesentlich aber wird diese gute Absicht durch die Tatsache beeinflußt, daß der nach Ablauf des budgetierten Jahres erfolgte Rechnungsabschluß gewöhnlich ein wesentlich anderes Bild aufzeigt als das ursprüngliche Präliminare, wie wir dies beispielsweise bei dem dem Parlamente vorgelegten Rechnungsabschluß des Jahres 1926 sehen. Es ist daher auch beim Staatsvoranschlag 1928 die Möglichkeit nicht ausgeschlossen, daß analog wie im Jahre 1926, in welchem Jahre die präliminierten Einnahmen und Ausgaben des Staates bei weitem überschritten wurden, die veranschlagten Beträge noch eine Erhöhung erfahren werden. Im Rechnungsabschluß 1926 finden wir, daß die Einnahmen, die sich hauptsächlich aus Steuern, Abgaben, Gebühren usw. zusammensetzen, mit einem Betrage von fast 3,4 Milliarden überschritten wurden und auch die Ausgabenseite weist eine um 1,4 Milliarden erhöhte Ausgabe auf. Dadurch wurden eigentlich fast 2 Milliarden an Überschuß erzielt und es wäre mit Berechtigung anzunehmen gewesen, daß dieses Plus an Einnahmen auf die Budgets der Jahre 1927 und 1928 nicht ungünstig einwirken werde. Die durch das Jahr 1926 entstandene günstigere Lage der Staatsfinanzen sollte im Voranschlag für das Jahr 1928 eigentlich in der Weise zum Ausdruck kommen, daß die Steuern und Abgaben, die durch den Bürger zu leisten sind, eine bedeutende Herabsetzung hätten erfahren müssen. Daß dies aber bei vielen Einnahmeposten des Staatsvoranschlages nicht der Fall ist, erscheint durch die eingestellten Beträge bewiesen.

Im Zusammenhang mit dem Staatsvoranschlag für 1928 steht aber auch das im heurigen Jahr beschlossene Reformgesetz über die direkten Steuern. Von diesem Steuergesetz erwartet die gesamte steuerzahlende Bevölkerung, daß eine Herabsetzung der, Steuern im Allgemeinen eintreten werde. Von dieser Überzeugung geleitet, haben wir seinerzeit das Gesetz mitschaffen geholfen. Das Gesetz über die Steuerreform, welches gerade den kleineren Steuerträgern eine ziemliche Erleichterung gebracht hat, wäre für die gesamten Steuerträger ohne Bedeutung geblieben, wenn man nicht gleichzeitig das Gesetz betreffend die Regelung der Finanzgebahrung der Selbstverwaltungskörper geschaffen hätte, durch welches eine Begrenzung der Umlagenprozente ausgesprochen wurde. Ich gebe zu, daß dieses Gesetz mitunter die Finanzgebahrung mancher Gemeinde bedeutend einschränkt, bemerke aber hierzu, daß nach meiner Ansicht das Gesetz nur einen vorübergehenden Charakter besitzen kann und meine Partei wird die erste sein, die früher oder später der Aufhebung oder Milderung der einschränkenden Bestimmungen desselben zustimmen wird. Vorläufig werden wohl einige Gemeinden infolge Begrenzung der Umlagen zur Einführung neuer, vielleicht unpopulärer Abgaben schreiten müssen. Wenn auch unsere Partei diesen Maßnahmen der Selbstverwaltungskörper nicht die größte Sympathie entgegenbringen kann, so waren ihre Vertreter dennoch gezwungen, dem Gesetze die Zustimmung nicht zu versagen, weil Gewerbe und Handel, wie überhaupt die umlagenzahlenden Steuerträger die mitunter sehr hohen Umlagen auf die Dauer nicht mehr zu tragen vermochten. Es ist der gesamten Öffentlichkeit sicher nicht unbekannt, daß durch die allzuhohe Belastung von Gewerbe, Handel und Industrie durch direkte und indirekte Steuern, besonders aber durch die überaus hohen Gemeindeumlagen, diese in ihrer Existenz bedroht, ja vielfach dem Ruine zugeführt wurden. Die Selbstverwaltungskörper, die ihre Voranschläge auf Grund der unbegründeten und allzuhohen Steuergrundlagen aufgebaut hatten, mußten vielfach auf Umlageneinnahmen deswegen verzichten, weil die Steuern überhaupt nicht oder nur sehr schwer zur Einzahlung gelangten. So wurden auch die Voranschläge der Gemeinden illusorisch gemacht, da sie nicht jene Einnahmen zu verzeichnen hatten, mit welchen im Voranschläge gerechnet wurde. Die Eintreibung der in enormer Höhe bestehenden Steuerrückstände samt Umlagen wird wohl niemals zur Gänze erfolgen können, daher werden auch die meisten Selbstverwaltungskörper die ihnen auf Grund der früheren hohen Steuerbasis zustehenden Umlagen nie bekommen. Daß sich die ungleiche Höhe der Umlagen in den verschiedenen Gemeinden auf Handel, Gewerbe und Industrie auswirkte braucht wohl nicht erst betont werden. Hierdurch wurde die Konkurrenzfähigkeit in erster Linie ungünstig beeinflußt, insbesondere bei jenen Unternehmungen und Betrieben, die Lieferungen nach dem Auslande hatten. Die weitere Folge der Ungleichheit der Umlagen bewirkte, daß aus dem unbedingt notwendigen reellen Wettbewerb eine Schmutzkonkurrenz entstand, die einerseits den wirtschaftlichen Niedergang des Gewerbe- und Handelsstandes mitfördern half, andererseits sich auch zum Schaden des Konsumenten auswirkte, Im Exposé des Herrn Finanzministers wird darauf verwiesen, daß die Ausgaben für die Selbstverwaltungskörper im Jahre 1 927 gegenüber 1926 um 1.3 Milliarden gestiegen sind, Diese Erhöhung erklärt sich dadurch, daß die Gemeinden, die nurmehr im Jahre 1927 die Möglichkeit besaßen, die Umlagenhöhe frei zu bestimmen alle noch unbedingt notwendigen Investitionen durchzuführen beabsichtigten, was nach Inkrafttreten des neuen Finanzgesetzes für längere Zeit nicht mehr möglich sein wird.

Wenn weiters der Herr Finanzminister vom Zwang des Sparens bei den Selbstverwaltungskörpern sprach, so gilt dies in demselben und vielleicht noch erhöhterem Maße für die gesamte Staatsverwaltung. Gerade diese hat die Pflicht, mit gutem Beispiel voranzugehen und den Weg zu zeigen, welcher zur Hebung

und zur Stärkung, aber auch zur Gesundung der gesamten Volkswirtschaft führt.

Wenn ich mich nun in Kürze einzelnen Kapiteln des Staatsvoranschlages zuwende, so will ich in erster Linie auf die staatlichen Unternehmungen verweisen. Es muß mit besonderer Genugtuung konstatiert werden, daß man schon vor Jahresfrist daran gegangen ist, alle staatlichen Betriebe auf kommerzielle, d. h. kaufmännische Grundlage zu stellen, Der Gesamtreinertrag der staatlichen - Unternehmungen beträgt 1.302,494.406 Kè. Rechnet man hiervon den Reingewinn der Tabakregie im Betrage von 1.051.309.068 Kè ab, so verbleibt ohne diese ertragreiche Post des Tabakmonopols ein Betrag von 251 Mill. 185.338 Kè. Aus der Staatskassa wird den Staatsbahnen ein Betrag von 140 Millionen Kè für Investitionszwecke gegeben, es verbleibt also de facto nur mehr ein Reinertrag aus den Staatsunternehmungen im Betrage von 111,185.338 Kè. Stellt man diesem Gewinne die neuerliche Darlehensaufnahme im Betrage von 314,744.230 Kè gegenüber, rechnet man weiters den noch für die Beamten bezw. den für die Pensionen aus der Staatskassa zugewendeten Beitrag hinzu, so finden wir, daß eigentlich alle staatlichen Unternehmungen, ausgenommen die Tabakregie, in der Gesamtheit vollkommen passiv erscheinen.

Die staatlichen Betriebe hätten eigentlich rechtmäßig alle Investitionsauslagen, die Amortisation und Verzinsung der auf diesen Unternehmungen haftenden Schulden als auch die gesamte Regie selbst aufzubringen, so wie es in Privatbetrieben der Fall ist. Man darf die staatlichen Unternehmungen niemals vom politischen Standpunkt aus betrachten, noch weniger vom parteipolitischen oder sie gar als Versorgungsanstalten für gewisse Schichten der Bevölkerung ansehen.

Wenn in der letzten Zeit vom Herrn Eisenbahnminister betreffs der in der Presse aufgeworfenen Frage der Verpachtung der Eisenbahnen gesagt wurde, daß man die Offerte wegen Verpachtung der Eisenbahnen nicht unbeachtet in den Papierkorb werfen kann, so hat dies vollauf seine Begründung. All das Erwähnte gibt Anlaß zum Denken und es muß Aufgabe der Regierung sein, den Ursachen nachzugehen, welche die Unrentabilität dieser Unternehmen hervorrufen und man wird Mittel und Wege suchen müssen, um all diese Übelstände, die zu einer vollkommen unbegründeten Belastung der Steuerträger führen, zu beheben. (Výkøiky posl. Grünznera.)

Wenn ich von dem besonderen Ertrage der Tabakregie gesprochen habe, so sei erwähnt, daß die Rauchwaren eigentlich kein unbedingt notwendiger, täglicher Bedarfsgegenstand sind und man daher gegen solch einen Gewinn gewiß nichts einzuwenden hat, weil dadurch eine Entlastung der gesamten Steuerträger dieses Staates eintritt. Auf die Ausführungen des Herrn Finanzministers in seinem Exposé, betreffend den übernatürlichen Luxus der Bevölkerung, hinweisend, hätte ich zu bemerken, daß die heutige Zeit der schweren Verdienstmöglichkeit bei fast allen Schichten der Bevölkerung gewiß einen großen Sparsinn erfordert, dennoch aber werden von einzelnen Schichten der Bevölkerung übermäßige Aufwendungen für den Luxus gemacht und ich stehe daher auf dem Standpunkte, daß hier eine entsprechende Steuer vom Staate eingehoben werden sollte. Es geht nicht an, daß man auf der einen Seite Luxus und Vergnügen in größtem Überflusse gewähren läßt, während auf der anderen Seite Not und Elend in das Haus des Bürgers kommt. Hier besonders könnte man einzelnen Gemeinden die Möglichkeit bieten, sich eine besondere Einnahmsquelle in Form von entsprechenden Gemeindeabgaben zu schaffen. Mich dem Handelsministerium, als eine für Handel, Gewerbe und Industrie so wichtige Institution, zuwendend, betone ich besonders, daß dieses Ministerium für unsere gesamte Volkswirtschaft von größter Bedeutung ist und es wäre gewiß notwendig gewesen, diesem größere Beträge zuzuwenden. Wenn auch gegenüber dem Vorjahre der Posten Gewerbeförderung eine kleine Erhöhung erfahren hat, so ist dies doch in Bezug auf die Leistungen für Handel und Gewerbe gegenüber dem Staate bei weitem nicht das, was es eigentlich sein sollte. Gerade jetzt, in der Zeit des schweren wirtschaftlichen Kampfes ist es unbedingt notwendig, diese für die gesamte Volkswirtschaft so eminent wichtige Institution besonders zu unterstützen und zu fördern. Die so äußerst notwendige Unterstützung für Gewerbe und Handel würde für den Staat die gewünschten Erfolge sicherlich mit sich bringen.

Im Zusammenhange damit muß ich gleichzeitig neuerdings wiederholen, daß das Fortbildungsschulwesen für Handel und Gewerbe eigentlich in das Ressort des Handelsministeriums fallen sollte, nachdem gerade dieses Ministerium diese Schulfragen am allerbesten zu beurteilen wüßte. Das heutige System der Fortbildungsschulen entspricht bei weitem nicht unseren gerechten Wünschen und Forderungen und wir müssen als Vertreter des deutschen Gewerbe- und Handelsstandes alle unsere Kraft dahin aufwenden, daß endlich einmal die theoretische, aber auch die fachliche Ausbildung für unseren gewerblichen und kaufmännischen Nachwuchs geschaffen wird. Die heutige Zeit erfordert nicht nur die praktische Ausbildung, sondern verlangt auch die fachwissenschaftliche Bildung, die sich nicht nur im Interesse der Erhaltung der Existenzen in Gewerbe und Handel auswirkt, sondern auch im besonderen Interesse des Staates gelegen ist. Die Forderung des deutschen Gewerbe- und Handelsstandes geht aber weiters auch dahin, und das muß wiederholt werden, daß die Auflösung des Ernährungsministeriums ehebaldigst in Angriff genommen wird. Nur durch den freien Handel und nicht wie zur Zeit der staatlichen Bewirtschaftung kann auf die Preisbestimmung der Waren Einfluß genommen werden, weil sich diese Frage allein durch Nach frage und Angebot regelt, so wie bereits der Konkurrenzkampf unter den einzelnen erzeugenden Gruppen von selbst auf die äußerste Verbilligung der Ware wirkt. Es muß auch weiters mit allem Nachdruck und besonders scharf die Forderung erhoben werden, daß endlich einmal die Wucherkommissionen abgeschafft werden, die eine ganz überflüssige, aber auch unnütze Belastung der staatlichen Finanzen darstellen.

Das Ministerium für soziale Fürsorge, das die hohe Aufgabe hat, den kranken, invaliden und hilfsbedürftigen Menschen zu schützen, leistet trotz des hohen Aufwandes von rund 865 Mill. nicht das, was im Interesse der sozial schwachen Schichten gelegen wäre. Es

ist gewiß ein schönes Wort, das sich "soziale Fürsorge" nennt, aber wie sieht diese eigentlich in der Praxis aus? Mit dem Bau von Palästen erfüllt man gewiß nicht den Zweck, dem diese Institution eigentlich dienen soll. Der Ruf nach Novellisierung bezw. Verbesserung des Gesetzes für Kriegsinvalide ist bisher nicht gehört worden und es muß das Verlangen gestellt werden, daß dem Parlamente ein dementsprechender Entwurf vorgelegt wird. Die Lösung dieser Frage muß gerecht erfolgen und es ist Aufgabe des Staates bezw. der ganzen Gesellschaft, für diese Ärmsten der Armen, für die Invaliden ein menschenwürdiges Dasein zu sichern. Es ist unwürdig eines Kulturvolkes, wenn es seine Invaliden um Almosen bittend herumgehen läßt. Hier ist soziale Fürsorge am Platze und kein vernünftiger Bürger des Staates wird sagen können, daß man diesen bedauernswerten Menschen, die ohne ihre Schuld zu Krüppeln wurden, eine dementsprechende Hilfe nicht zuteil werden lassen soll. (Výkøiky posl. Pohla.) Es soll gewiß nicht geleugnet werden, daß von Staatswegen wohl schon so manches getan wurde, um hier Hilfe zu schaffen, aber es muß dennoch weiter getrachtet werden, diese so klägliche Angelegenheit einer gerechten Lösung zuzuführen.

Ich muß heute aber auch von dieser Stelle aus auf eine im Vorjahre gefaßte Resolution, betreffend die Aufhebung der Rückzahlung von bereits ausgezahlten Invalidenrenten, welche bei diesen kleinen Leuten manchmal den Betrag bis zu 4000 Kè erreichen, hinweisen und das Ministerium für soziale Fürsorge auffordern, dieser Forderung auch Rechnung zu tragen. Diese Resolution besagt, daß bis zu einem Jahreseinkommen bis zu 13.000 Kè die Rückzahlung der bereits empfangenen Invalidenrenten nicht mehr vorzunehmen ist. Die Steuervorschreibungen dieser Personen sind gewöhnlich noch nicht in Rechtskraft erwachsen und schon tritt das Ministerium für soziale Fürsorge bezw. die ihm unterstellten Ämter an die Kriegsbeschädigten heran und fordern die Rückzahlung derselben. Ich fordere daher im Namen meiner Partei, daß man einer vom Parlament beschlossenen Resolution, die bereits damals die Zustimmung des Herrn Ministers Šrámek fand, vollkommen Rechnung trägt und verlange gleichzeitig vom Minister für soziale Fürsorge oder vom Generalberichterstatter eine klare, eindeutige Antwort, ob angenommene Resolutionen in Hinkunft respektiert werden.

Das Ministerium für Volkserziehung und Unterricht ist gewiß für jedes Volk die berufenste Stelle, die alles daran zu setzen hat, für die Ausbildung der heranwachsenden Jugend zu sorgen. Die hierzu aufgewendeten Mittel werden sich gewiß in der Zukunft als eine produktive Ausgabe bemerkbar machen und ich kann deshalb die Worte des Herrn Finanzministers in seinem Exposé, die auf eine gewisse Einschränkung des Aufwandes für das allgemeine Schulwesen hinweisen, nicht recht verstehen. Ein ganz besonderes Kapitel ist jedenfalls die Ausgabspost des Unterrichtsministeriums für die Minderheitsschulen. Der Rechnungsabschluß für das Jahr 1926 weist Sachausgaben bei den èechischen Minderheitsschulen mit 8,6 Mill. und Personalausgaben mit 7 Mill. aus. Hierbei ist aber das bedauerliche, daß von den vielen aufgewandten Millionen fast gar nichts für die Errichtung deutscher Minderheitsschulen verwendet wurde, die nachweisbar eine viel größere Kinderanzahl hätten, als es bei den èechischen Minderheitsschulen der Fall ist. Es klingt unglaublich, daß noch in letzter Zeit èechische Minderheitsschulen mit 1-3 Kindern errichtet wurden und man sogar von weit her aus anderen èechischen Gemeinden, wo èechische Schulen bestehen, èechische Kinder zur Auffüllung dieser Minderheitsschulen herangezogen hat. Ja man versucht sogar noch immer, durch den Druck der Èechisierungsvereine, auf die Eltern deutscher Kinder einen Einfluß dahin auszuüben, diese in die èechische Minderheitsschule zu schicken. Ist es nicht ein Verbrechen an den Kindern eines Kulturvolkes, wenn man dieselben in eine Schule zwingt, deren Sprache sie nicht verstehen? Kann das èechische Volk als Kulturvolk solch ein Verlangen stellen oder gar Zwang ausüben? Der Herr Ministerpräsident wie auch der Herr Unterrichtsminister der derzeitigen èechisch-deutschen Regierungsmehrheit haben bereits in ihrem Exposé erklärt, daß sie die derzeitigen Maßnahmen, die zur Unterdrückung der Deutschen führen, nicht für gut halten und es wird daher die Aufgabe der derzeitigen Regierung sein, daß den Zwangseinschulungen deutscher Kinder durch unberechtigte Elemente und der noch immer bestehenden stillen Nebenregierung endlich einmal energisch Einhalt geboten wird. Dies wäre gewiß der erste Schritt, der eine aufrichtige, auf gegenseitiges Vertrauen gestützte Zusammenarbeit dieser beiden Kulturvölker zur Tat werden ließe.

Im heurigen Staatsvoranschlag sind neuerdings 71,5 Millionen gegenüber 61 Millionen im Vorjahre für Minderheitsschulen eingestellt, was einer neuerlichen Erhöhung des Aufwandes für Minderheitsschulen gleichkommt. Hier muß die Frage aufgeworfen werden, ob es denn tatsächlich noch Gebiete gibt, wo es die Notwendigkeit erfordert, èechische Minderheitsschulen zu errichten. Diese Frage wird gewiß verneinend beantwortet werden müssen.

Es wäre mit Rücksicht auf die Beteiligung Deutscher an der Regierung mit einer gewissen Sicherheit anzunehmen, daß man endlich einmal den vielen deutschen Kindern im èechischen Sprachgebiete durch die Einstellung des Millionenaufwandes für Minderheitsschulen im Staatsvoranschlag gleichfalls die Möglichkeit gibt, sich auch in ihrer Muttersprache das unbedingt notwendige Wissen aneignen zu können. Die Schule ist nicht nur ein Kleinod jedes Kulturvolkes, sondern auch das heiligste Gut eines Volkes für die Erziehung seiner Jugend. An der vom deutschen Volke gestellten Forderung der nationalen Schulautonomie werden wir trotz unserer Beteiligung an der Regierungsmehrheit festhalten und auf die eheste Erfüllung mit allen unseren Kräften drängen. Es darf das Wort "nationale Schulautonomie" für jedes Volk dieses Staates nicht nur als Wort ausgesprochen oder geschrieben, sondern vielmehr in die Tat umgesetzt werden.

Im Kapitel "Finanzministerium" ist eine erfreuliche Tatsache festzustellen, die uns eine Ermäßigung der Erwerbsteuer um ca 40 Millionen und der Einkommensteuer um 80 Millionen bringt. Es steht fest, daß das neue Steuergesetz tatsächlich eine Erleichterung für die Steuerträger im allgemeinen bringen wird. Wenn man den Betrag von 7,5 Milliarden, die an Steuern, Abgaben Gebühren usw. durch die Steuerträger hereingebracht werden sollen, näher betrachtet, so findet man, daß dies auf eine Bevölkerung von rund 14 Millionen Einwohner ein unangemessen hoher Posten ist. Von diesen Einnahmen wird eigentlich der gesamte Staatshaushalt bestritten und es müssen hierfür sämtliche Bürger des Staates aufkommen. Daß hierdurch die Volkswirtschaft eine besondere Belastung erfährt, ist klar, daß aber weiters auch durch eine derartige Belastung die Konkurrenz gegenüber dem Auslande stark unterbunden wird, steht außer Zweifel. Die zur Vorschreibung gelangte Umsatzsteuer betrug im Jahre 1924 1,7 Milliarden, im Jahre 1925 1,6 Milliarden.

Die Abstattung steigt von 1,5 Milliarden im Jahre 1924 auf fast 1,9 Milliarden im Jahre 1926. Laut dem uns vorliegenden Voranschlag für das Jahr 1928 sind die Einnahmen an Umsatzsteuer mit fast 2 Millarden festgesetzt. Diese Steigerung an Umsatzsteuereingängen erscheint etwas unglaublich, da innerhalb der letzten Jahre die Pauschalierung dieser Steuern bei ziemlich vielen Warengattungen vorgenommen wurde, was meiner Meinung nach eigentlich einen geringen Eingang dieser Steuer nach sich ziehen sollte. Die Begründung des Anwachsens dieser Steuer wäre wohl vom Herrn Finanzminister genauest aufzuklären, damit die von mir vor Jahren vorgebrachten Bedenken nicht darin eine Bestätigung finden mögen. Im vorigen Jahre wurde anläßlich der Verlängerung des Umsatzsteuergesetzes eine von mir beantragte Resolution, die eine jährliche Abfindung bei kleinen Gewerbetreibenden und Kaufleuten mit den Steuerbemessungsämtern vorsieht, im Ausschuß und im Plenum des Parlamentes angenommen. In Österreich hat sich eine derartige Abfindung der Umsatzsteuer für die staatlichen Finanzen und für die Steuerträger nur zum Vorteil ausgewirkt. Ebenso schreitet nun Österreich zur Pauschalierung der allgemeinen Erwerbsteuer. Ich ersuche daher den Herrn Finanzminister, diese angenommene Resolution für die kommenden Jahre in die Tat umzusetzen und den Steuerbemessungsämtern den Auftrag zu erteilen, im Sinne dieser Resolution die Steuerbemessung über Ersuchen der Steuerträger vorzu nehmen. Dies wird nicht nur eine Erleichterung in der Administrative der Steuerbemessungsbehörden sein, sondern auch eine Erleichterung für die kleinen Handwerker und Kaufleute, die heute ohnedies mit für staatliche Zwecke bestimmten schriftlichen Arbeiten nebst schwerer manueller Arbeit belastet sind.

Ich kann heute auch nicht an einer Kundmachung des Finanzministeriums stillschweigend vorübergehen, die heuer am 7. August erschienen ist und auf Grund welcher das Umsatzsteuerpauschale für Mehl und Mahlprodukte mit 2% festgesetzt wurde. Die Pauschalierung der Umsatzsteuer bei allen Warengattungen hat nach meinem Dafürhalten möglichst beim Erzeuger zu erfolgen und nicht bei irgendeiner Zwischenproduktionsstelle, wie es in diesem Falle gehandhabt wird. Die Belastung, die den kleinen und mittleren Mühlen durch die Kundmachung erwächst, ist in jeder Hinsicht groß und ich bin überzeugt, daß ein der Kundmachung entsprechendes Führen der vorgeschriebenen Aufzeichnungen vollkommen ausgeschlossen erscheint und ohne daß der betreffende Müller die geringsten Absichten zu einer Steuerhinterziehung hat, zu ungerechter Bestrafung führen wird. Es geht nicht an und es ist bis heute durch keine Gesetzbestimmung begründet-, daß der kleine Gewerbetreibende, wie in diesem Falle der kleine Müller, der nicht der Protokollierungspflicht unterliegt, verhalten werden kann, Bücher zu führen. Die Fachorganisationen der Müller sind auf Grund der Erlassung der Kundmachung beim Finanzministerium wegen Abänderung derselben vorstellig geworden und ich erwarte, daß in diesem Falle Entgegenkommen gezeigt werden wird, Ich erkläre, daß nicht durch so scharfe Kontrolle und Zwangsmaßnahmen die sichere Eintreibung der gesetzlich festgelegten und zu zahlenden Steuern erreicht wer den wird, sondern, wie schon des öfteren erwähnt, nur durch Vertrauen der steuerbemessenden Behörden gegenüber dem Steuerzahler und umgekehrt.

Eine besondere Einnahmspost unter den Staatssteuern bedeutet die Einnahme von 70 Millionen für Exekutionen, Strafen und Verzugszinsen, ich habe bereits wiederholt in meinen Budgetreden darauf hingewiesen, daß nicht durch strenge Strafen und Exekutionsmaßnahmen die rückständigen Steuern eingebracht werden können, weil die Wirtschafts- wie auch die Finanzlage des gesamten Gewerbe- und Handelsstandes sowie der Industrie noch die denkbar schlechteste ist. Durch solch ein Vorgehen von seiten der Steuerämter wird nur noch eine Verbitterung in die Kreise der Steuerträger getragen und wird alles andere bringen, nur nicht die Hebung der Steuermoral. Würde man dem Ansuchen der Steuerzahler um zinsenfreie Ratenzahlungen von den in Rechtskraft erwachsenen Steuern entsprechend ihren wirtschaftlichen Verhältnissen stattgeben, so würde gewiß von Seiten des Steuerschuldners getrachtet werden, seinen Verpflichtungen auch nachzukommen. Niemals aber wird durch Strafen und Zwangsmittel der gewünschte Erfolg zu verzeichnen sein.

Mit Staunen bemerkt man im Rechnungsabschluß für das Jahr 1926, daß Steuerrückstände in der unglaublichen Höhe von fast 6,8 Milliarden vorhanden sind. Die Entstehung dieser Rückstände ist durch eine allzuhohe, unbegründete und ungerechtfertigte Steuervorschreibung entstanden, die einerseits auch in vielen Fällen auf ungerechte Angaben von Vertrauensleuten, die dem betreffenden Steuerträger aus Gründen welcher Art immer feindlich gegenüber stehen, andererseits in manchen Fällen dem steuerbemessenden Beamten zuzuschreiben ist, der aus irgendeinem Grunde eine höhere Steuerbemessung vorgenommen hat. Ich habe authentische Dokumente in Händen, wo bei einem Steuerträger aus den vorerwähnten Ursachen die Erwerbsteuer mit 920 Kronen festgesetzt wurde, dann aber auf Grund des von ihm eingebrachten Rekurses auf fast ein Siebentel herabgesetzt worden ist. Heute ist der betreffende Steuerträger mit einem Erwerbssteuersatz von 80 Kronen belegt, wobei der Umfang des Geschäftes sich seit 9 Jahren gar nicht verändert hatte. Weshalb meine Annahme über diese Ungerechtigkeit vollkommen richtig erscheint, geht daraus hervor, daß dieser Sachverhalt durch die Revisionskommission des Finanzministeriums festgestellt wurde. Ich wünschte, daß bei der Anwendung des neuen Steuergesetzes derartige Unrichtigkeiten in Hinkunft unterbleiben.

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