Pátek 25. listopadu 1927

Die Eintreibung der vorhin erwähnten Steuerrückstände dürfte wohl so gut wie ausgeschlossen sein und ich würde daher der Steuerfinanzverwaltung anempfehlen, auf einen Steuerausgleich mit allen im Steuerrückstand befindlichen Steuerschuldnern auf einer annehmbaren Basis einzugehen, wodurch der Staatskasse innerhalb einer bestimmten Frist größere Geldmittel zufließen und weil auch das Vertrauen zur Staatsfinanzverwaltung bedeutend gehoben würde. Sollte die Staatsfinanzverwaltung den Versuch unternehmen, die Eintreibung durch Zwangsmaßnahmen vorzunehmen, so würde der Staatssäckel auf der einen Seite momentan wohl einen Erfolg erzielen, auf der anderen Seite aber die fließenden Steuerquellen zum Großteil zum Versiegen bringen. Hiedurch würde nachher nicht nur ein sogenannter Katzenjammer eintreten, sondern es würde dem Staate wie auch der gesamten Volkswirtschaft ein unermeßlicher Schaden entstehen.

Ich kenne weiters Fälle, wo man auf den unbeweglichen Besitz von Unternehmungen die Steuerrückstände intabuliert hat, weil Barmittel nicht zu erreichen waren und man die fast vollständige Stillegung des Betriebes dadurch veranlaßte, weil eine Kreditgewährung nicht mehr erreicht wurde. (Pøedsednictví pøevzal místopøedseda Horák.) Also kurz gesagt, auf der einen Seite eine effektive Sicherstellung und auf der anderen Seite die Lahmlegung des Betriebes und somit auch die Lahmlegung des laufenden Einganges der Steuerabgaben. Ob dies im Interesse des Staates gelegen sein kann, sei dahin gestellt und es wird der Herr Finanzminister hinsichtlich der Steuerrückstände unbedingt vor die Frage gestellt werden, entweder sich mit einem geringeren Anteil zufriedenzustellen oder aber dem Staate und der Wirtschaft zu schaden. Unglaublich und unfaßbar ist es aber, daß die Finanzverwaltung dieses Staates daran geschritten ist, bereits rechtskräftig vorgeschriebene Steuern von den Jahren 1914 bis 1920 mit einer Nachtragsvorschreibung zu belegen. Auf solche Steuern hat der Staat meiner Auffassung nach gar kein Recht mehr, weil diese Steuervorschreibungen, bereits seinerzeit in Rechtskraft erwachsen sind. Die Abschreibung dieser nachträglichen Vorschreibungen an Steuern wird in den meisten Fällen gewiß dazu führen, daß die anderen noch restierenden Steuern ehestens abgestattet werden dürften und ich würde daher der Staatsfinanzverwaltung diesen Vorgang bei derartigen Rückständen wärmstens empfehlen.

Wenn ich mich nun zum Schlusse meiner Ausführungen der politischen Einstellung meiner Partei zu den derzeitigen Verhältnissen zuwende, so verweise ich mit einer gewissen Genugtuung auf die im Budgetausschusse abgeführten Debatten, die aus dem Lager der deutschen Opposition und der deutschen Regierungsparteien hervorgingen und es macht auf mich den Eindruck, als ob sich die heutigen, der aktivistischen Richtung noch abseits stehenden deutschen Parteien der positiven Mitarbeit zuwenden wollten, was im Interesse unseres Volkes nur zu begrüßen wäre. Dies ist uns aber auch ein Beweis, daß trotz all der Anwürfe, die gegen uns erhoben worden sind, unser Vorgehen auf parlamentarischem Boden das Richtige ist.

Wenn sich unsere Partei auf den Boden dieses Staates durch ihre derzeitige Mitarbeit mit den anderen Regierungspartelen gestellt hat, so kann ich ruhig erklären, daß wir trotzdem unsere Forderungen um die unveräußerlichen Rechte des deutschen Volkes in nationaler Beziehung nie aufgeben werden und auch niemals von Seite der Èechen bzw. von ihren Führern zum Aufgeben dieser Forderungen veranlaßt worden sind, noch hiezu verhalten werden können. Der Herr Ministerpräsident erklärte im Budgetausschuß, daß das deutsche Volk die gleichen Bürgerrechte besitzt wie das èechische. Ich gebe gerne zu, daß diese Worte in der ehrlichen Absicht, sie in die Tat umzusetzen, gesprochen worden sind. Es steht aber unleugbar fest, daß gerade die Schulfrage, besonders aber die Sprachenfrage zwischen dem deutschen und èechischen Volke für ein aufrichtiges Zusammenarbeiten in allen öffentlichen Angelegenheiten immer noch ein besonderes Hindernis bildet. Hiedurch wird die Lösung so manches wichtigen Problems für Staat und Gesellschaft gehindert und das weitere Aufblühen des an hochstehendem Gewerbe, Handel, Industrie und Landwirtschaft so reichen Landes für alle Völker beeinträchtigt, Und somit komme ich eigentlich zum wichtigsten Problem in diesem Staate, zur Sprachenfrage.

Jeder Staat ist aus einem oder mehreren Völkern zusammengesetzt. In diesem Staate hier, wo eine mehr als tausendjährige Kultur in der Geschichte von 3 1/2 Millionen Deutschen verzeichnet ist, wohnen Kulturvölker verschiedener Nationen fast ebensolange nebeneinander. Wenn somit immer von der Staatssprache als solcher die Rede ist, so kann es nicht die Sprache einer dieser Völker sein, sondern die Staatssprache im wahren Sinne des Wortes ist und bleibt die Sprache aller jener Nationen, die diesen Staat bevölkern und den eigentlichen Organismus des Staates bilden. Wenn diese Erkenntnis bei allen Nationen, die in wirtschaftlicher Beziehung miteinander verbunden sind, platzgreifen wird, wird Ruhe und Frieden eintreten und das erreicht werden, was wir eigentlich so recht vom Herzen wünschen, nämlich den nationalen Frieden und den ehrlichen Wettbewerb zwischen diesen Völkern auf kulturellem, wirtschaftlichem und sozialem Gebiete. Das Jahr èechisch-deutscher Regierung hat bewiesen, daß das deutsche und èechische Volk in diesem Staate sein, Haus gemeinsam bestellen kann. Es wurde damit der Beweis erbracht, daß Deutsche, die seit 9 Jahren diesem Staate angehören, in dem ihre engere Heimat seit Jahrhunderten liegt, zum Wohle der Völker in diesem Staate mitzuarbeiten bereit sind.

Deswegen werden wir unser Deutschtum nicht preisgeben, wie man es uns so gerne andichten will. Der Ausgang der Gemeindewahlen, die kürzlich in zahlreichen Orten stattgefunden haben, haben uns in dem Glauben gestärkt, daß wir keinen unrichtigen politischen Weg eingeschlagen haben, seitdem wir die Regierungsmehrheit unterstützen. Der Ausgang der Wahlen, bei welchen die deutsche Gewerbepartei zum Leidwesen manch anderer große Erfolge hatte, zeigt uns aber noch, daß der beschrittene Weg fortzusetzen ist, was wir solange tun werden, solange wir imstande sind, unsere Politik vor den Wählern und auch vor dem sudetendeutschen Volke verantworten zu können. Man mag heute darüber streiten, ob die Mitarbeit der Deutschen zu früh oder zu spät erfolgte, eines steht fest dabei, daß darüber nicht wir, sondern die Geschichte des deutschen Volkes das Urteil fällen wird, Unsere heutige Devise lautet: Schutz und Besserstellung des sudetendeutschen Volkes und daran arbeiten wir nicht nur jetzt, sondern wir werden es auch in Hinkunft tun.

Der gute Wille, der bereits auf deutscher Seite gezeigt wurde, wird bei ebenso gutem Willen auf der Seite des èechischen Volkes die nationalen Fragen in nicht allzuferner Zeit befriedigend lösen können, was umso früher möglich sein wird, wenn bei Verhandlungen die übernationalen Heißsporne, die behindernd wirken, nicht beachtet werden. Die Ausführungen des Herrn Ministerpräsidenten dürften nach meinem Dafürhalten nicht nur als gesprochene Worte gelten, sondern sollen getreu seiner Regierungserklärung "Gleiche mit Gleichen" zur Wahrheit werden. (Souhlas a potlesk.)

2. Øeè posl. Schäfera (viz str. 19 tìsnopisecké zprávy):

Hohes Haus! Zum ersten Male haben wir es mit einem Staatsvoranschlag zu tun, für den nicht nur èechische und slovakische, sondern auch deutsche politische Parteien verantwortlich sind. Darin, daß deutsche Politiker in die Regierung eingetreten sind, wollen die Befürworter dieser neu en Koalition eine Wendung in der inneren Politik dieses Staates erblicken. Wenn eine Wendung wirklich erfolgt wäre, so müßte dies im Staatsvoranschlag zum Ausdruck kommen, denn das Budget gibt ein Bild über die Richtung der Politik, über die Grundzüge und Grundsätze der Staatsverwaltung und gibt Aufschluß, welche Leitmotive bestimmend sind für die innere und äußere Politik eines Staatswesens. Vergleichen wir das heurige Budget mit den früheren, so merken wir in dieser Beziehung keinerlei Unterschied. Die neue Koalitionsregierung tritt mit einem Staatsvoranschlag vor das Parlament, der zum Ausdruck bringt, daß man sich völlig im kapitalistischen Geiste bewegt. Der Grundzug, der in früheren Staatsvoranschlägen gleichfalls zu finden war, die Besitzenden nicht zu stark herzunehmen, dem arbeitenden Teil der Bevölkerung den größten Teil der Staatslasten aufzuerlegen, dieser Grundzug ist im Voranschlag der èechisch-deutschen Regierungskoalition noch stärker wahrzunehmen. (Sehr richtig!) Es ist ein Staatsvoranschlag, der kapitalistischen Klassencharakter trägt, der uns deutlich zeigt, zu welcher Politik und Staatswirtschaft sich èechische und deutsche bürgerliche Parteien zusammengefunden haben. Wenn im Vorjahr einzelne Vertreter der deutschen aktivistischen Parteien noch von dieser Stelle aus erklären konnten: "Wir tragen keine Verantwortung für den Staatsvoranschlag und seine einzelnen Teile, weil wir an seiner Zusammenstellung nicht mitgearbeitet haben" - so können die drei aktivistischen deutschen Parteien in diesem Jahre mit einer solchen Erklärung sich nicht mehr um die Verantwortung drücken, die die Bevölkerung angesichts dieses Staatsvoranschlages von ihnen fordert.

Besehen wir uns einmal kurz die politischen Auswirkungen der angeblichen Wendung in der Innenpolitik. Wenn man die aktivistischen Parteien fragt: "Was habet ihr erreicht, was ist der Erfolg Eurer Koalitionspolitik in einem Ministerium, an dessen Spitze Švehla steht?", erhält die Bevölkerung, die solche Fragen mit Recht aufwirft, als Antwort die Mahnung zu Geduld. Man möge geduldig sein, man solle zuwarten, nicht drängen auf Erfolge, die nur langsam heranreifen können. Gewiß, auch die Geduld kann in der Politik eine unerläßliche Voraussetzung künftiger Erfolge sein, eine Mahnung zur Geduld kann unter Umständen sehr nützlich sein. Aber die Tröstungen damit, daß später Erfolge kommen werden, eine solcher Art ausgesprochene Mahnung zur Geduld, entspringt keinem Gefühl der Stärke, entspringt nicht dem Gefühl der Sicherheit, daß man in den großen innerpolitischen Fragen der Èechoslovakei im Sinne früher aufgestellter Grundsätze zum Siege kommen werde. Die Mahnung zur Geduld ist hier vielmehr eine Ausflucht gegenüber jenen, die wissen wollen, was die aktivistische Politik bisher zustande gebracht hat. Sie ist ein Zeichen der Schwäche, die Geduld der Aktivisten, keiner schöpferischen Kraft, kein Beweis der Überzeugtheit, auf dem richtigen Wege zu sein. Innerpolitisch sehen wir die Wirkungen dieser neuen Politik. Was wir heute vor uns haben, die èechisch-deutsche Regierungskoalition, ist der deutliche Beweis, daß in einem geschichtlich wichtigen Augenblick dieses Staates drei deutsche Parteien die Geduld völlig verloren hatten. Gewiß, sie sagen in der Rechtfertigung ihrer Politik den deutschen Bevölkerungsschichten: "Wir haben eine schwere Arbeit zu leisten und was wir früher in unsere Forderungen aufgenommen haben, nämlich die Bereinigung der nationalen Probleme in der Èechoslovakei, das haben wir nicht aufgegeben, wir sind ununterbrochen darauf bedacht, diese Fragen zu lösen, wir sind in die Regierung gegangen, um auf einem anderen Wege es unmöglich zu machen, daß die staatlichen Angelegenheiten ohne und gegen uns geregelt werden". Sie haben den ersten besten Anlaß benützt, der sich ihnen bot, um den neuen Weg zu betreten. Damals wäre etwas mehr Geduld am Platze gewesen. Der Zerfall der allnationalen Koalition war nicht aufzuhalten, man mußte damit rechnen. In dem Augenblick, wo die èechische Bourgeoisie in nationaler und staatlicher Hinsicht sich befriedigt fühlen konnte, in demselben Augenblick hatte sie es nicht mehr notwendig, soziale Einsicht zu zeigen, hatte sie es nicht mehr nötig, zu den früher im alten Österreich und anfänglich auch in diesem Staate vertretenen sozialen Anschauungen zu stehen. Da setzte sich bei ihnen das Bestreben durch, reine unverfälschte rücksichtslose Klassenpolitik zu treiben. (Souhlas na levici.) In dem Augenblick, wo die allnationale Koalition zusammenbrach, also durch den Austritt der èechischen sozialistischen Parteien aus der Regierung das èechische Bürgertum vor die Frage gestellt war, gewisse Klassenforderungen zurückzustellen, oder an einer Politik festzuhalten, die in einem bestimmten Ausmaße den Arbeiterforderungen und den Bedürfnissen der Arbeiter entspricht, wählte die èechische Bourgeoisie den Weg der rücksichtslosen Klassenpolitik. Da verzichteten sie auf das Zusammenwirken mit den sozialistischen Arbeiterparteien. Sie hatten schon für diesen Augenblick vorgearbeitet, durch Brücken, die geschlagen worden waren zu den deutschen Agrariern, zu den deutschen Christlichsozialen und zu den Gewerbeparteilern. Sie haben die Brücken zu den deutschen politischen Parteien nicht geschlagen, indem sie ihnen erklärten: "Wir werden mit euch gemeinsam an die Lösung der innerstaatlichen Probleme gehen" - sondern sie haben, die deutsch-bürgerlichen Parteien hereinzulocken gewußt in eine neue Koalition und sie auf diese neue Koalition vorbereitet, indem sie ihnen zu erkennen gaben, daß jetzt die Stunde gekommen sei, wo sie die Mitarbeit der sozialistischen Parteien in der Regierung nicht mehr brauchen können weil diese Mitarbeit es unmöglich mache, die bürgerliche Klassenpolitik rein zu vertreten. "Ihr deutsch-bürgerlichen Parteien habt auch ein Interesse daran (Výkøiky na levici.), daß in der Èechoslovakei ein anderer Zug in die Regierungspolitik kommt, daß wir nicht mehr Rücksicht zu nehmen brauchen auf die Wünsche und Forderungen großer Arbeiterschichten, sondern, daß wir unsere Klasseninteressen ohne Hindernisse und ohne Schwierigkeiten vertreten können". Man muß sich einen Augenblick in Erinnerung rufen, was alles geschehen war, bevor die drei deutschen Parteien in die Regierung eingetreten sind. Man rufe sich nur in Erinnerung, welcher Sturm der Entrüstung bei den polit. deutschen Parteien herrschte, als ihr jetziger Führer in der Politik, der Herr Ministerpräsident Švehla die Sprachenverordnungen herausgab, ohne sich zu erinnern, daß er einmal persönlich den deutschen Parteien zugesichert hatte, die Sprachenverordnungen vorher den deutschen politischen Parteien zur Begutachtung und Überprüfung vorzulegen. Nicht viele Monate darauf, als die deutschen Agrarier und die deutschen Christlichsozialen bemerkten, daß die Gegensätze in der allnationalen Koalition nicht mehr überbrückt werden können, war die ganze Entrüstung vergessen und sie schwenkten mit fliegenden Fahnen ein in die Regierungsmehrheit, ohne auch nur mit einem Atemzug daran zu denken, was sie wiederholt und vor allem anderen vor den letzten Parlamentswahlen der deutschen Bevölkerung im Bezug auf die Regelung der nationalen Fragen versprochen und geschworen hatten. Seither folgen die deutsch-bürgerlichen Parteien ihrem politischen Leitstern, dem Ministerpräsidenten Švehla, sie folgen ihm mit einem wahren politischen Kindergemüt, sie folgen ihm so bedenkenlos, so unkritisch, so gläubig und so innerlich festlich gestimmt, wie in der Sage aus dem frühen Mittelalter die Kinder dem Rattenfänger von Hameln gefolgt sind. Das ist nun ihr Leitstern in der inneren Politik und sie übergehen alles, was sich seither zugetragen hat, seit sie in der Regierung stehen, mit Stillschweigen.

So hat sich innerpolitisch die neue Koalition ausgewirkt in der Richtung einer gehässigen Klassenpolitik gegen die Arbeiter. Sie ist zum Ausdruck gekommen gleich bei der Schaffung der Zölle. Gestern hat zwar ein Führer der èechischen Agrarier, Herr Dr. Viškovský, behauptet, daß das, was man von den Zöllen befürchtet hat, nicht eingetreten sei, im Gegenteil, man lebe sehr gut in der Èechoslovakei. (Výkøiky na levici.) Er hat sich u. a. auch über die Not von Zehntausenden von Menschen mit einer Geste hinweggesetzt, indem er erklärte, wer Arbeit wolle, der finde in der Èechoslovakei jederzeit Arbeit. Dabei hat er vergessen, daß an die 40,000 Arbeitskräfte bei den Arbeitsvermittlungsstellen gemeldet sind, die Beschäftigung haben wollen und denen man keine geben kann. Und das geschieht in einer Zeit, in der wir einen besseren Geschäftsgang haben, in einer Zeit, von der der Herr Finanzminister in seinem Exposé als von einer Zeit des Aufstieges, der wirtschaftlichen Entwicklung, spricht, in einer Zeit, von der man sagt, daß man sehr zufrieden sein könne mit den Fortschritten, die auf dem Gebiete der Wirtschaft aufzuweisen sind. Herr Dr. Viškovský ist noch weitergegangen. Er hat erklärt, die Menschen bei uns brauchten nicht mehr trokkenes Brot zu essen, sie könnten sich dieses Brot sogar mit Butter belegen. Das ist in demselben Tone gehalten, den in seinem Exposé schon der Herr Finanzminister Dr. Engliš angeschlagen hat, der an einer Stelle davor warnt, sich nicht so sehr dem Luxus und dem Wohlleben zu ergeben und der klagt, daß die Mahnungen zum Sparen in der Bevölkerung so wenig beachtet werden. Im Zusammenhang damit hat er auf die Steigerung der Preise von Seidenwaren und Luxusgegenständen hingewiesen. Nur hat er vergessen, daß eine Untersuchung darüber notwendig wäre, welche Konsumenten da vor allem dazu beitragen, daß sich die Einfuhr an Luxuswaren wie Seide usw. steigert. Davon, daß auch die Arbeiterklasse in der Èechoslovakei eine Verbesserung ihrer Lebenshaltung unter der glorreichen Koalition erreicht hätte, davon ist keine Rede. Die Zentralsozialversicherungsanstalt hat in einer Statistik aufgezeigt, daß die übergroße Mehrzahl der arbeitenden Menschen, die versicherungspflichtig ist, weit unter dem Existenzminimum verdient. Wenn ferner erklärt wird, es seien die Befürchtungen, die man von der Zollpolitik gehabt hat, nicht eingetreten, so erinnern wir Herrn Dr. Viškovský daran, daß die Kosten der Lebenshaltung nachweisbar seit Einführung der Zölle gestiegen sind. Wir haben heuer unverhältnismäßig hohe Kornpreise. Wir hatten in diesem Jahre eine sehr gute Kartoffelernte und dabei doch sehr hohe Kartoffelpreise. Selbst die Nahrungsmittel, die der arbeitende Mensch unbedingt haben muß, weisen Preise auf, die weit über das hinausgehen, was der Arbeiter ertragen kann. Und gegenüber solchen Tatsachen so zu reden, wie es gestern seitens des Herrn Dr. Viškovský geschah, dazu gehört wirklich eine Stirne, wie sie nur ein Mitglied der gegenwärtigen Regierungskoalition haben kann. (Výkøiky na levici.) Aus seiner ganzen Rede sprach ein so giftiger Haß gegen die Arbeiter, ein so giftiger Haß gegen alles, woran den Arbeitern gelegen ist und eine so niedrige Feindschaft gegen die sozialpolitischen Einrichtungen, daß wir diese Rede als nichts anderes, denn als einen feindseligen Ausfall gegen die gesamte werktätige Bevölkerung bezeichnen können. Diese Rede drückt den Willen aus, festzuhalten an der Fortsetzung der bisherigen arbeiterfeindlichen Politik. Darnach haben die arbeitenden Klassen von der Regierungskoalition noch schlimmeres zu erwarten.

Da möchte ich gleich eine Frage, die der Herr Dr. Viškovský angezogen hat, nämlich die Frage der Sozialversicherung berühren. Seitdem die deutschen Landbündler, die Christlichsozialen und die Gewerbeparteiler in der Regierung sind, steht die Novellierung der Sozialversicherung - das heißt die Verschlechterung der Sozialversicherung - auf der Tagesordnung. Vielleicht gehört das zu den Abmachungen, unter denen die drei deutschen Parteien sich der Regierung angeschlossen haben. Was will man auf dem Gebiet der Sozialversicherung? Das, was vorgeschlagen wird in der neuen Regierungsnovelle, ist so arg, daß man sich nicht getraut hat, vor den Gemeindewahlen in der Öffentlichkeit davon auch nur ein Wort verlauten zu lassen. Die Bevölkerung wurde im Unklaren gelassen. Noch mehr, man hat manches dazu beigetragen, die Arbeiter zu beruhigen, sie mögen ja nicht fürchten, daß irgendein Vorstoß gegen ihre Rechte unternommen wird. In dem Blatte der deutschen Christlichsozialen, in der "Deutschen Presse", wurde am 18. September, zu der Zeit als die Wahlbewegung begann, ein Leitaufsatz veröffentlicht, der die Überschrift trägt: "Gegen eine Novellierung, die Verschlechterung bedeutet". In dem Artikel wird Folgendes ausgeführt: "Man hört und liest viel von den Wünschen mancher Kreise, was allerhand Bedenken verursacht. Deshalb sei hier abermals auf die Stellung der christlichsozialen Arbeiterschaft hingewiesen, die dahin geht, mit der Novellierung möglichst zuzuwarten, bis die praktische Auswirkung des Gesetzes mehr erkennbar ist, auf keinen Fall aber Änderungen durchzuführen, die den Versicherten die Rechte kürzen und ihre Ansprüche beschränken." An einer anderen Stelle heißt es bzgl. des Erkenntnisses des Obersten Verwaltungsgerichtshofes: "Der Ausfall der Einnahmen für einen Tag hat viele Krankenkassenleitungen zu einschneidenden Ersparungsmaßnahmen gezwungen". Das war im September und die Arbeiterschaft, die der christlichsozialen Partei angehört, mußte aus diesem Artikel die Beruhigung schöpfen, daß gegen die Sozialversicherung unter Mitwirkung der Christlichsozialen nichts geschehen werde. Es ist (Výkøiky na levici.) zwar später in der "Deutschen Presse" anders geschrieben worden; den anderen Klassen, die zur Gefolgschaft der Christlichsozialen gehören, wurde damit gezeigt, daß das, was zur Beruhigung der Arbeiterschaft veröffentlicht wurde, nicht so ernst zu nehmen ist.

In der ganzen Sozialversicherungsnovelle, die uns vorliegt, erblicken wir einen Vorstoß gegen ein sozialpolitisches Werk, den sich die Arbeiter nicht ruhig bieten lassen können. Abgesehen davon, daß der Hinauswurf der Jugendlichen, der Heimarbeiter und der Saisonarbeiter, aus der Alters- und Invaliditätsversicherung, der Hinauswurf von mehr als einer halben Million versicherungspflichtiger Menschen, ein Faustschlag gegen die Arbeiter ist, eine Herausforderung der ganzen Arbeiterklasse bedeutet, abgesehen davon, daß die Anlegung der Gelder der Zentralstelle der Sozialversicherungseinrichtungen der Finanzverwaltung des Staates, dem Finanzminister, ausgeliefert wird, abgesehen von diesen in keinem anderen Staat der Welt möglichen Vorstößen gegen eine wichtige sozialpolitische Einrichtung, ist der Versuch, den Arbeitern jeden Einfluß in den Krankenversicherungsanstalten zu nehmen, eine Kampfankündigung, die die Arbeiterklasse verstehen wird und auf die sie auch die richtige Antwort zu geben imstande sein wird. Die Industriellen, die sich mit dieser Forderung solidarisch erklären, verkennen ganz, daß die Entwicklung der Wirtschaft und der Industrie gar nicht davon abhängt, ob in den Krankenkassen die Unternehmer den entscheidenden Einfluß haben. Es heißt die Erbitterung der Arbeiterschaft bis zur Siedehitze zu steigern, wenn man sie in der Sozialversicherung einfach mundtot macht. Die bürgerlichen Klassen, Industrielle, Gewerbetreibende und Bauern verfügen über öffentliche Einrichtungen, in die die Arbeiter nichts hineinzureden haben. Da gibt es Handels- und Gewerbekammern, Landeskulturräte und andere durch Gesetze geschaffene Einrichtungen, wo die bürgerlichen Klassen allein über die Führung der Geschäfte entscheiden. Der Arbeiter hatte in diesem Staate bisher nur die Krankenversicherung, wo er zeigen konnte, was er verwaltungstechnisch in Bezug auf die Führung einer solchen sozialpolitischen Institution zu leisten vermag. Wir brauchen uns wahrlich dessen nicht zu schämen, was die Arbeiter da geleistet haben. Der Aufstieg der Sozialversicherung und der Krankenversicherung seit 1888, der Aufschwung, den dieser Zweig der Sozialpolitik genommen hat, ist der beste Beweis dafür, welches Verbrechen es wäre, die Arbeiter da um die Selbstverwaltung zu bringen. Im alten Österreich ist den Arbeitern im Gesetze über die Krankenversicherung der bestimmende Einfluß gesichert worden, In diesem Staate aber sollen jetzt, im 40. Jahre der Krankenversicherung entgegengehend, mit Hilfe der deutschen Regierungsparteien, der deutschen Agrarier und der Christlichsozialen, die Arbeiter in der Verwaltung der Krankenkassen einflußlos gemacht werden. Denn nichts anderes bedeutet bei dem Verhältniswahlrecht die Parität, die im Gesetze vorgeschlagen wird. Es geht gegen die sozialistische Arbeiterbewegung, gegen die ja alles gerichtet ist. (Výkøiky na levici.) Aus den Begründungen des Schrittes der deutschbürgerlichen Parteien, den sie mit ihrem Eintritt in die Regierung getan, haben wir häufig gehört, daß man in ihrem Vorgehen nicht eine antisoziale, wohl aber eine antisozialistische Richtung erblicken dürfe, d. h. sie kehren sich gegen die sozialistische Bewegung, gegen den Einfluß der Sozialisten. Sie wollen den sozialistischen Druck, der angeblich unter der allnationalen Koalition mitunter unerträglich gewesen sei, zurückdrängen, um endlich für ihre bürgerliche Politik, für die sogenannte Konsolidierungspolitik, die Bahn frei zu machen. Sie wollen das damit beweisen, daß sie, alle ihre Schritte und Maßnahmen begründen: "Nicht gegen die Arbeiter, sondern nur gegen die Sozialisten".

Meine verehrten Herren! Welche Wandlungen haben wir denn auf parlamentarischem Boden erlebt! Erinnern wir uns nur der vielen Anklagen, die gegen die Art des èechoslovakischen Parlamentarismus in diesem Hause von dieser Stelle aus von deutschbürgerlicher Seite erhoben wurden. Noch unmittelbar nach den letzten Parlamentswahlen sind solche Erklärungen abgegeben worden. Wie hat man es verurteilt, wenn die Mitarbeit der Opposition einfach unbeachtet geblieben ist, daß man in den Ausschüssen über Anträge und Vorschläge der Opposition ruhig hinweggegangen ist! Aber bei der Sozialversicherungsnovelle haben wir es erlebt, daß die Vorbereitung dieser Gesetzesnovelle ganz im Dunklen vor sich ging. Die Unternehmerklasse, die Gewerbetreibenden würden aufschreien, wenn man ein sie betreffendes Gesetz einfach ohne jede Befragung ihrer wirtschaftlichen Organisationen ins Parlament werfen und verlangen würde, es müsse nun, ohne daß die betroffenen Körperschaften ein Wort dazu zu sagen haben, darüber verhandelt werden. Wie war es nun beim Budget? Der erste Druck des Staatsvoranschlages ist unverändert geblieben. Nicht eine einzige Ziffer, kein - Buchstabe ist geändert worden. (Posl. Hackenberg: Nur die Druckfehler!) Ich kann das jetzt nicht feststellen, aber es scheint wirklich so zu sein, daß man sich bei der Budgetberatung auf die Richtigstellung von Druckfehlern beschränkt hat. Das ist zu wenig für die Bevölkerung der Èechoslovakei.

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