Úterý 29. listopadu 1927

4. Øeè posl. Greifa (viz str. 67 tìsnopisecké zprávy):

Hohes Haus! Das schwerste Gesetzeswerk, welches das Parlament alljährlich zu erledigen hat, ist das Budget. Schwer nach zwei Seiten hin. Es wiegt mehrere Kilogramm und es wird nur wenige Abgeordnete geben, die sich der sauren Mühe unterziehen, das gewaltige Zahlen- und Tabellenmaterial zu studieren. Das merkt man ja den Budgetreden an. Jedes Budget teilt das Parlament in zwei Gruppen. Die Opposition spricht um jeden Preis gegen das Budget, weil sie eben in Opposition ist. (Výkøiky na levici.) Die Regierungsparteien versuchen, es um jeden Preis zu verteidigen, weil sie eben Regierungsparteien sind. Unser gegenwärtiges Budget wird von den Regierungsparteien als ein Erfolg verteidigt. Eines ist sicher: Unser Budget ist aktiv. Es ist das erste aktive Budget seit Bestand dieses Staates. (Hluk a výkøiky poslancù strany komunistické a nìm. strany soc. demokratické.) Ordnung machen im Haushalt, Ordnung machen im demokratischen Staate, kann nicht Reaktion sein. Wer den demokratischen Staat bejaht, wer die Demokratie verteidigt, muß mithelfen, den Haushalt des demokratischen Staates in Ordnung zu bringen. Wer den Haushalt des demokratischen Staates bedroht, ist also ein Feind der Demokratie. (Hluk trvá. - Místopøedseda Zierhut zvoní.)

Hinter den Zahlen, die dieser Staatshaushalt beinhaltet, stecken gewaltige Lasten für die Bevölkerung. Gleichviel ob in Stadt oder Land, all überall hören wir, die Steuerlasten seien unerträglich. Diese Klagen sind zweifellos berechtigt. Ich habe aber sehr oft den Eindruck, daß die, die am meisten klagen, relativ am wenigsten bezahlen. Daß die Steuerlasten in unserem Budget richtig verteilt sind, das wage ich nicht zu behaupten. Aber der erste Schritt war ein Ordnung machen. (Rùzné výkøiky na levici.) Ich komme schon noch zu all dem, was Sie da rufen, nur Geduld! (Posl. Heeger: Vorläufig sind Sie ein bißchen entgleist!) Nur Geduld! (Posl. Kaufmann: Sonst kriegen Sie eine Rüge vom Präsidium!) Ich spreche hier im Namen einer Regierungspartei. Ich bin beauftragt, zu dem Kapitel Sozialpolitik zu reden. Es gibt kein Kapitel, das in- und außerhalb der gegenwärtigen Mehrheit so heiß umstritten ist, wie das Kapitel Sozialpolitik. (Rùzné výkøiky na levici.) Man kann von Sozialpolitik reden und dabei Parteipolitik meinen. Man kann aber auch über soziale Dinge etwas schweigsamer sein und trotzdem mit der ganzen Kraft und gerade deshalb im innersten Herzen ein wärmeres Gefühl für eine gesunde, wirkliche Sozialpolitik besitzen. (Hluk na levici trvá. - Rùzné výkøiky.) In einer solchen Lage, wie ich sie mit dem letzten Satze gezeichnet habe, befindet sich gegenwärtig die Partei, in deren Namen zu sprechen ich die Ehre habe. (Smích na levici. - Výkøiky: Ist diese Ehre so groß?) Sagen Sie, was Sie wollen, meine Herren von der Linken, es hat Augenblicke gegeben, in denen Scheidemänner für Kriegskredite gestimmt haben, und es hat Augenblicke gegeben, in denen Habrmänner einen Militarismus aufgebaut haben, den zu zerstören Sie heute als ihre vornehmste Aufgabe angeben. Die Habrmänner und Scheidemänner (Výkøiky posl. Heegera.) sind aber meines Erachtens trotzdem Ehrenmänner geblieben, denn die Kunst der Politik besteht nicht allein im Aufstellen von Programmen, sondern in der Erreichung des jeweils Möglichen. Das gilt von der Kunst der sozialistischen Politik, wie auch von der Weisheit der christlichsozialen Politik. Hier, meine Herren, müssen wir uns auf einer gewissen gemeinsamen Linie finden. (Rüzné výkøiky na levici. - Hluk trvá.)

Es gibt keinen, der mit dem jeweiligen Budget zufrieden ist. Es gibt auch keinen Lohn- und Gehaltsempfänger, der mit dem gegenwärtigen Budget zufrieden ist. Dabei gestatte ich mir die Frage: Waren die Lohn- und Gehaltsempfänger mit den früheren Staatsvoranschlägen zufrieden, für die Sie, meine Herren von der Opposition, zum größten Teil mitgestimmt haben, zufrieden im Innersten? Ebenso wie die Arbeitnehmer in der Koalition ein ganzes Bündel von Bedenken gegen das Budget haben, ebenso hatten sie in allen früheren Koalitionen gegen den Voranschlag ihre Bedenken. Es hat nur manchmal an der notwendigen Aufrichtigkeit gefehlt, diese Bedenken offen und ehrlich zu sagen. Sie haben bei ihren Budgetreden sehr oft für die Wähler geredet und nicht zur Regierung und zum Parlament.

Die soziale Seite des gegenwärtigen Budgets möchte ich mit zwei Schlagworten kennzeichnen. Wenn auch jedes Parlament sich in Regierungsparteien und Oppositionsparteien trennt, so bleibt doch das Parlament selber ein ganzes. Es hat gemeinsame Aufgaben, die auch dann ein gemeinsames Ganzes bleiben, wenn die Wege der parlamentarischen Parteien scheinbar auseinandergehen. Mir scheint es, daß dies noch niemals so zutage getreten ist, wie im jetzigen Parlament beim vorliegenden Budget. Mir scheint es, als ob diese Wahrheit nirgends so wahr wäre wie beim Kapitel soziale Fürsorge. (Rùzné výkøiky na levici.) Zwei Schlagworte, sagte ich, sagen dies. Das eine richtet sich an die Regierung, das andere an die Opposition. Ich spreche im Namen einer Regierungspartei. Trotzdem gestatte ich mir zu sagen: Das aufliegende Budget entspricht nicht den Erwartungen, den Gefühlen und Grundsätzen der sozialen Gerechtigkeit. (Rùzné výkøiky, hluk na levici.) Gerechtigkeit, das heißt: Sich nicht begnügen, selbst an der Tafel des Lebens zu sitzen, sondern sich bewußt bleiben und danach handeln, daß Hunderttausende, ja Millionen von Staatsbürgern, die nicht bevorzugt sind, Licht und Luft, Sonne und Wärme, Entwicklung und Entfaltung gleich der eigenen Seele und dem täglichen Brote brauchen, das gleiche Recht auf alle diese Dinge haben. Meine Herren, diese Gerechtigkeit für die Lohn- und Gehaltsempfänger, für jene, die von der Mutter Natur nicht mit Schätzen ausgestattet sind, kommt in diesem Budget noch nicht voll und ganz zum Ausdruck. Der demokratische Staat kann nur einen Sinn haben, daß er diese Gerechtigkeit verwirklicht. Konkret gesprochen, meine Herren, fehlt diesem Budget das, worauf die Altpensionisten berechtigten Anspruch haben, es fehlt diesem Budget das, was den Sozialminister in die Lage versetzt, das Schicksal der Arbeitslosen zu erleichtern, den berechtigten Wünschen der Pensionsversicherten entgegenzukommen, die Bergwerksbruderladen zu sanieren usw. An die über 60 Jahre alten Personen denkt dieses Budget ebenfalls nicht. Dieses Budget ist nicht schlechter als sein Vorgänger, aber es entspricht noch nicht den Forderungen der sozialen Gerechtigkeit. (Rùzné výkøiky, hluk na levici.) Meine Herren, der Unterschied in den Auseinandersetzungen über Sozialpolitik zwischen Ihnen und mir besteht darin, daß wir Sozialfürsorge meinen, wie man es spricht und Sie das Wort umgekehrt lesen. (Posl. Heger: Jetzt bin ich gescheit!) Es heißt, wie Sie es lesen: Sorge für alle Sozi! (Rùzné výkøiky na levici.)

Einmal, meine Herren, erfordert jedes Budget bis zu einem gewissen Grade soziales Vertrauen auch von der Opposition. Die Opposition nennt die jetzige Regierung sozialreaktionär. Der Begriff "Reaktion" ist bei weitem noch nicht geklärt. Es mag sein, daß andere Regierungen mehr sozialpolitische Gesetze geschaffen haben als die jetzige. Es mag sein, daß hinter diesem Budget eine Regierung steht, die aus Kreisen zusammengesetzt ist, wo nicht alle das für notwendig halten, was für die Lohn- und Gehaltsempfänger als sozial notwendig empfunden wird. Deshalb würde es Ihnen, meine Herren. aber nicht gelingen zu beweisen, daß hinter dieser Regierung nicht auch Gruppen stehen, die sozialpolitisch bis zu einem gewissen Grade das gleiche anstreben, was ein Teil der Opposition wünscht. Auch der Teil der nichtsozialistischen Lohn- und Gehaltsempfänger der sich zu den Regierungsparteien rechnet hat Anspruch auf dieses Vertrauen und verdient es. Auch wenn Sie sagen, daß erst ein Beweis erbracht werden müsse, daß dieses Vertrauen auch ein verdientes ist, dann erinnere ich, meine Herren, an die beschlossene Steuerreform, die bei ihren tausend Schattenseiten zumindestens ebenso sozial ist, wie alle Steuergesetze, die die heutige Opposition früher mit schaffen half. Der Herr Abg. Bechynì hat in seiner Rede zum Budget gefordert, daß die heutige Regierung und ihre Mehrheit nicht den letzten Faden zerschneiden solle, der sie mit der Opposition verbindet. Ich stimme mit diesem Gedanken des Herrn Abg. Bechynì vollkommen überein. (Rùzné výkøiky na levici.) Wenn der Herr Abg. Bechynì bei dieser Gelegenheit konkret auf die vorgelegte Sozialversicherungsnovelle hingewiesen hat, dann darf ich wohl erklären, daß das letzte Wort über die Novellierung der Sozialversicherung noch nicht gesprochen ist. Ich darf bei dem Gedanken des sozialen Ausgleichs wohl um eines bitten: Im Kampfe um die Erhaltung und Verbesserung der Sozialversicherung vergessen wir nicht das Kräfteverhältnis im Staate und im Parlamente, vergessen wir nicht die Beschaffenheit und die Verhältnisse der einzelnen Landschaften, die zu diesem Staate gehören und lassen wir es endgültig bleiben, parteipolitische Ziele damit zu verquicken. Unserer Partei wurde von der Opposition und von Freunden in der Regierung die bisherige Zurückhaltung gegenüber der Öffentlichkeit in puncto Sozialversicherung angerechnet. Ich habe hier offen zu erklären, daß diese Zurückhaltung auf keinerlei Hintergedanken beruht, daß wir, u. zw. unter allen Zugehörigen unserer Partei, die den verschiedensten Ständen und Klassen angehören, uns auf folgende Grundsätze geeinigt haben, die wir auch in der Regierung verteidigen werden: 1. An den Grundsätzen der Sozialversicherung darf nichts geändert werden; 2. dort, wo Mängel nachgewiesen werden, sind wir bereit, an der Verbesserung mitzuarbeiten. (Výkøiky na levici.) Wenn das Thema Sozialversicherung meritorisch zur Debatte stehen wird, dann werden wir an dieser Stelle klar zu erklären haben, was wir unter dem ersten und zweiten Punkt verstehen, was wir damit meinen. Wir glauben nicht daran, daß die Interessen der Versicherten in einem Widerspruche stehen mit dem, was die Wirtschaft puncto Sozialversicherung zu leisten in der Lage ist. (Výkøiky na levici.) Wir wissen, daß die Sozialpolitik ihre Grenzen hat. Wir wissen aber auch, daß sie zunächst und zuerst dazu da ist, um den schwächeren Staatsbürger zu schützen. Bei l Verwirklichung dieses Zieles wird unsere Partei sich in der gegenwärtigen Koalition als ein Anwalt der schwächeren Staatsbürger fühlen. (Smích na levici.) Sie hofft und vertraut, daß es ihr die übrigen Koalitionsparteien ermöglichen, innerhalb dieser Koalition diesen Teil unseres volksparteilichen Programmes zu verwirklichen. Uns ist es klar, daß mit Fürsorgegesetzen die sozialpolitische Tätigkeit keineswegs erschöpft ist.

Die wirtschaftliche und die kulturelle Entwicklung stellt uns auch auf dem Gebiete der Sozialpolitik vor immer neue Aufgaben. Vor wenigen Tagen erst wurde der große Lohnstreit der nordböhmischen Textilarbeiter beigelegt. (Výkøiky na levici.) Daß dieser Kampf der 65.000 Textilarbeiter von Nordböhmen ohne größere Erschütterungen für unsere Volkswirtschaft zu Ende geführt werden konnte, ist einzig und allein der kaltblütigen, zielbewußten Führung und den stärkeren Nerven der koalierten Gewerkschaftsverbände zu danken. (Hluk na levici.) Wir freuen uns, daß an diesem Erfolge der Verband christlicher Arbeiter und Arbeiterinnen aus der Textil-, Putz- und Bekleidungsindustrie seinen vollen Anteil hat. Was aber ist die Lehre daraus? Ohne diese äußerst maßvolle Taktik der koalierten Gewerkschaftsverbände hätte dieser Lohnkampf wieder zu einer jener Machtproben werden müssen, die wir in den letzten Jahren nur allzuhäufig erleben mußten und deren Ergebnis fast regelmäßig das war, daß der errungene finanzielle Erfolg nicht im entferntesten im Einklang stand mit den Opfern an verlorenen Arbeitsstunden und verminderter Produktion. Daß die Folgen solcher Lohnkämpfe immer eine schwere Erschütterung unserer Wirtschaft bedeuten, die letzten Endes immer die Allgemeinheit zu tragen hat, bedarf wohl keines weiteren Beweises. Hier harrt ein neues Problem seiner Lösung. Die sich immer stärker fühlbar machende Abhängigkeit der Wirtschaft Europas von der Finanzmacht Amerikas einerseits und die Tatsache andererseits, daß die èechoslovakische Industrie noch immer um die durch die unglückselige Wirtschaftspolitik der ersten Nachkriegsjahre verloren gegangenen Absatzgebiete hart ringen muß, zwingt unsere Industrie zu den größten Anstrengungen, um durch eine durchgreifende Rationalisierung die Konkurrenzfähigkeit auf dem Weltmarkte zu gewinnen.

Gewiß, diese Rationalisierungsbestrebungen müssen im Interesse des Bestandes und der weiteren gesunden Entwicklung unserer Volkswirtschaft gefördert werden. Verhindert werden muß jedoch, daß die Folgen der Rationalisierung wieder die Massen der Lohn- und Gehaltsempfänger allein zu tragen haben. Die Rentabilität der Betriebe durch möglichste Niedrighaltung der Löhne herbeiführen zu wollen, ist, abgesehen davon, daß nach unseren Grundsätzen die Vorenthaltung des verdienten Lohnes, also des gerechten Anteiles am Ertrage der Wirtschaft, ein zum Himmel schreiendes Unrecht ist, auch vom Standpunkte des Volkswirtschaftlers die allerverkehrteste und ungeeignetste Maßnahme. Die Möglichkeit einer Steigerung der Produktion hat einen aufnahmsfähigen Inlandsmarkt vor allem zur Voraussetzung. Diese Voraussetzung ist nicht gegeben, wenn dem größten Teile der Inlandskäufer infolge des zu geringen Anteiles am Wirtschaftsertrage in Form niedrigster Löhne und Gehälter die Möglichkeit zur Befriedigung der notwendigsten Bedürfnisse genommen wird. Hier ist die Staatsgewalt durch entsprechende sozialpolitische gesetzliche Maßnahmen zum Eingreifen verpflichtet. Das besiegte Deutschland, dessen Wirtschaft unter der Last der Reparationsverpflichtungen seufzt, kann uns hier als Beispiel gelten. Als vor wenigen Monaten die sächsische Textilarbeiterschaft sich vergeblich bemühte, eine Lohnerhöhung im Verhandlungswege durchzusetzen, griffen die staatlichen Einigungs- und Schlichtungsämter ein und fällten auf Grund der Ergebnisse ihrer Prüfung den Schiedsspruch, daß die sächsische Textilindustrie eine Erhöhung der Löhne um 11% ertragen kann. Das bedeutet eine ungefähr durchschnittliche Erhöhung der Stundenlöhne um 1 Kè. Die nordböhmischen Textilarbeiter haben nach langwierigsten Verhandlungen und teilweiser Arbeitsniederlegung eine Erhöhung ihrer Löhne um wenige Heller erreicht. Und doch ersehen wir aus den schon frisierten und verschleierten Bilanzen unserer Aktiengesellschaften, daß die Unternehmergewinne ganz bedeutende Erhöhungen der Gehälter und Löhne vertragen könnten, wenn nur diejenigen allein, welche arbeitsloses Einkommen darstellen, das nach unseren christlichen Sittenbegriffen keine Existenzberechtigung hat, in Lohnerhöhungen umgewandelt würden.

Damit komme ich zum zweiten Teil des sozialen Vertrauens, von dem ich sprach. Unsere Partei wünscht, daß auch die mächtigeren und stärkeren Gruppen und Klassen der Staatsbürger nicht das soziale Vertrauen mißachten. Für diese Teile bedeutet soziales Vertrauen nichts anderes als Glauben, daß der Wille zum Guten und die Erkenntnis des Rechten auch bei den großen Massen der Hunderttausende vorhanden sind, deren Einzeldasein nicht in den Himmel empor strebt, sondern bescheiden, niedrig und in seiner Vielheit verborgen unten am Boden bleibt und doch seine Frucht tragen will. Meine Herren! Welche Hoffnung können wir für die Zukunft für diesen Staat und seine Völker haben, ohne einen solchen Glauben, ohne ein solches soziales Vertrauen an den inneren Wert unserer gesamten Staatsbürgerschaft? Arbeiten wir gemeinsam, jeder an seinem Platz, ob Oppositions- oder Regierungspartei, an dem Zustandekommen eines solchen sozialen Vertrauens. Die Vorbedingung für dieses soziale Vertrauen ist die soziale Gerechtigkeit. Nehmen Sie von unserer Partei das unbedingte Versprechen entgegen, daß sie mit allen ihr zur Verfügung stehenden Kräften im Rahmen des Möglichen für die soziale Gerechtigkeit eintreten wird. Nehme aber auch die andere Seite dieses Hauses den dringen den Appell zur Kenntnis. unsere Partei im Kampfe um die Verwirklichung der sozialen Gerechtigkeit zu unterstützen (Výkøiky na levici.) und damit die Bahn frei zu machen für das soziale Vertrauen, das neben dem nationalen Frieden dringendste Lebensnotwendigkeit dieses Staates ist.

Es ist heute nicht meine Aufgabe, zu tief in die Einzelheiten dieser wirtschaftlichen Entwicklungen einzudringen. Aber schon aus den wenigen Hinweisen darauf, wie ich sie gegeben habe, ist für den Sozialpolitiker die Menge der neuen Aufgaben ersichtlich. Die Schaffung von Einigungs- und Schlichtungsämtern, eines Kartellgesetzes, eines Gesetzes zum Schutze der Kollektivverträge, eines Gesetzes zwecks Einschränkung der Frauen- und Kinderarbeit, das sind sozialpolitische Notwendigkeiten, denen sich keine Regierung verschließen kann, der es mit der Arbeit an der Konsolidierung der Staatsverhältnisse ernst ist.

In allen diesen Fragen sichern wir der Regierung unsere Mitarbeit zu; wir sind überzeugt davon, daß wir durch solche Arbeit am besten nach unserem Programme als Volkspartei unserem Volke und dem Allgemeinwohl dienen.

Meine Herren! Wenn wir für dieses Budget stimmen, dann verraten wir kein Geheimnis (Výkøiky na levici.), wenn wir hier sagen, daß es in dem Budget noch Posten gibt, die uns durchaus nicht gefallen. (Hluk na levici.)

Wir sind für den Schutz des Staates. Wir gewähren ihm die Mittel, die er dafür braucht. Wir haben aber die Überzeugung, daß es nicht immer die rechten Mittel sind, die der Staat zu seinem Schutze bereit hält. (Výkøiky na levici.) Den Frieden nach außen und innen bietet mehr als ein hoher und überspannter Militarismus die soziale Befriedigung, das soziale Vertrauen aller Staatsbürger. Auch im Interesse des Schutzes dieses Staates, an dem wir eben nun einmal als Regierungspartei mitzuwirken haben. müssen wir die Forderung nach sozialer Gerechtigkeit und sozialem Vertrauen an die Spitze unserer Forderungen stellen.

Meine Herren! Das vorliegende Budget macht ziffernmäßig Ordnung. Die Zahlen stimmen. Jetzt gilt es noch Ordnung zu machen bei der Verteilung dieser Zahlen bezw. bei der Verteilung der Lasten, die sich aus diesen Zahlen ergeben. Dadurch. daß unsere Partei durch ihre Stimme für dieses Budget mit Ordnung schaffen half, glaubt sie, die Bahn frei gemacht zu haben für eine Verteilung der Lasten in allen kommenden Budgets, glaubt sie die Bahn freigemacht zu haben für die soziale Gerechtigkeit und das soziale Vertrauen. (Souhlas a potlesk poslancù nìm. strany køes. sociální.)

5. Øeè posl. Kirpalové (viz str. 92 tìsnopisecké zprávy):

Hohes Haus! Es ist bezeichnend, daß der Herr Unterrichtsminister in seinem Exposée auf die Notwendigkeit wesentlicher Ersparnisse in der Schulverwaltung hingewiesen hat. Er hat damit bewiesen, daß ihm das Verständnis für das kulturelle Wohl unserer Jugend und das Verständnis für den kulturellen Aufbau eines Staatswesens fehlt. Unser größtes Kulturgut, die deutsche Schule, ist dadurch noch mehr bedroht. Noch immer schauen wir auf einen Trümmerhaufen der Kultur und trotzdem Deutsche in der Regierung sitzen, wird das deutsche Schulwesen weiter gedrosselt, èechische Minderheitsschulen für 4, 5 und 6 Kinder errichtet. Ich verweise unter anderem auf die Errichtung der èechischen Schulen in den Orten Liboch in Schlesien, in Jeschowitz, in Heinrichsdorf und anderen Orten mehr. In letzter Gemeinde wohnen 99% Deutsche. Oft sind jene Kinder, für welche eine èechische Schule errichtet wird, Kinder deutscher Eltern, deren Väter infolge ihrer abhängigen Stellung entweder beim Land, oder Staat, Post, Eisenbahn u. s. w. aus Angst, ihre Stellung zu verlieren, oder schikaniert zu werden, sich verpflichtet fühlen, ihre Kinder in èechische Schulen zu schicken. Das Statistische Amt weist nach, daß im Schuljahre 1925/26 2228 Kinder deutscher Nationalität èechische Bürgerschulen und 4.652 èechische Volksschulen besuchten. Allerdings will ich meine erste Meinung nicht generalisieren, daß deutsche Kinder immer nur aus Zwangsgründen in èechische Schulen geschickt werden. So weist das staatliche Statistische Amt in einer fast 300 Seiten umfassenden Arbeit weiter nach, daß in Prag 30 deutsche Bürgerschüler und 38 deutsche Volksschüler nicht die deutsche. sondern die èechische Bürger-, bzw. Volksschule im Jahre 1926 besuchten. Nachdem es in Prag nur 296 deutsche Bürgerschüler gab, so ergibt sich, daß mehr als 10% der deutschen Bürgerschüler èechische Schulen besuchten. Umgekehrt besuchten 0.058% èechischer Kinder deutsche Lehranstalten. Insgesamt besuchen in der Èechoslovakei, ohne Karpathorußland, 9.253 deutsche Kinder èechische Schulen. Es ergibt sich nach den Gesamtzahlen, daß fast dreimal soviel deutsche Kinder èechische Schulen besuchen, als èechische Kinder deutsche Schulen. Ich möchte, um Mißverständnissen vorzubeugen, erklären, daß wir selbstverständlich gegen die Erlernung der èechischen Sprache nichts einzuwenden haben, im Gegenteil, wir wünschen dies, aber wir wenden uns sicher mit Recht dagegen, daß deutsche Eltern ihre Kinder in èechische Schulen geben und so nicht allein den èechischen Machthabern die Möglichkeit bieten, das deutsche Schulwesen, mit Rücksicht auf die Verminderung der Schülerzahl weiter zu drosseln, sondern es wird auch der Unterrichtserfolg der Kinder dadurch, daß sie dem Unterrichte nicht so folgen können, wie es notwendig wäre, herabgemindert. Das deutsche Kind gehört in die deutsche Schule, wie jedes anders sprechende Kind in jene Schule gehört, in der der Unterricht in seiner Muttersprache erteilt wird. Die Errichtung von èechischen Schulen für 3 bis 4 Kinder bedeutet ein Vorrecht für die èechische Nation und zeigt die nationale Herrschsucht. Jedes Vorrecht ist aber Unrecht. Unrecht lehnen wir nicht nur ab, sondern bekämpfen es. Man wird wohl einwenden, daß auch èechische Klassen gesperrt wurden, doch sind dies nur demonstrative Reduzierungen und das èechische Volk hat keine Ursache, über Drosselung seines Schulwesens Klage zu führen. Die sogenannte Teilnahme an der Macht der deutschen Regierungsparteien, der Zöllner, der Kongruisten und ihres Anhängsels, der Gewerbeparteiler, vermochten den ungerechten Schuldrosselungen nicht Einhalt zu tun. Daß bis zum heutigen Tage über 4.000 deutsche Schulklassen gesperrt wurden, bedeutet einen Kulturskandal. Die Schuldrosselungen führen nicht nur zur Erschwerung des Unterrichtes der deutschen Schulkinder, sondern sie nähren und stärken die nationalen Leidenschaften. Die deutschen Aktivisten erzählen und schreiben, daß die Eröffnung neuer deutscher Schulklassen ein Erfolg ihrer Regierungsanteilnahme sei. wissen aber ganz genau. daß auch ohne ihre Regierungsanteilnahme diese Klassen hätten eröffnet werden müssen, weil die Bestimmung des kleinen Schulgesetzes über die Reduzierung der Minimalzahl der Kinder in einer Klasse von 80 Kindern auf 70 Kinder in Kraft trat.

Herr Koll. Lukavský hat heute über die Schulautonomie gesprochen und erklärt. daß bei den deutschen Sozialdemokraten der Nationalismus über den Sozialismus gesiegt hat und gleichzeitig betont, daß die Nationaldemokratie auf ihrem ablehnenden Standpunkt gegenüber der nationalen Autonomie beharre. Es fällt mir nicht ein, mit dem Herrn Abg. Lukavský zu polemisieren, denn er ist sicher nicht der Mann, der das Recht hat, über die nationale Autonomie zu reden. Er sieht die Autonomie, wie es bei seiner Einstellung nicht anders möglich ist, mit der nationalen Brille an. Ich erkläre, daß die Forderung nach Einführung der nationalen Autonomie schon eine alte Forderung der Sozialdemokratie sei und nicht etwa erst nach Schaffung der Èechoslovakischen Republik, wo die Deutschen eine Minorität wurden, aufgestellt wurde, sondern schon im alten Österreich, also wo die Deutschen die Majorität hatten, gefordert wurde.

Ich brauche nicht zu betonen, daß die Autonomie für die Deutschen in diesem Staate eine Lebensnotwendigkeit ist. Seinerzeit erklärten die deutschen Aktivisten, es gebe keinen Eintritt in die Regierung, bevor die furchtbaren Schäden, die an der deutschen Schule begangen wurden, gutgemacht seien, und wir dachten, der Herr Minister Spina werde an seinem Autonomieantrage festhalten. Doch allzu bald ließ Herr Minister Spina seinen Antrag im Stich. Herr Minister Hodža wollte bereits am 1. Juli die Regelung der Schulautonomie einführen, später verschob er sie für den Monat Oktober und jetzt erfahren wir auf Grund einer Interpellationsbeantwortung, die Durchführung werde demnächst erfolgen. Der Herr Minister verspricht seit seinem Amtsantritt die Autonomie.

Die aktivistischen Parteien geben sich mit diesem Versprechen zufrieden und nach der Absage, vielmehr nach der moralischen Ohrfeige, die sie vom Herrn Minister Hodža anläßlich der Vorsprache bei ihm, die sie im Auftrage des parlamentarischen Schulausschusses durchführten, erhalten haben, schweigen sie, ja, sie scheinen die Ohrfeige sehr schnell überwunden zu haben. Doch einmal wurde das Problem Autonomie in den Vordergrund der parlamentarischen Erörterungen gerückt. Vor der Annahme der Verwaltungsreform mußte vorgegaukelt werden - nicht den Regierungsparteien, sondern ihren Wählern - daß sie für die Annahme der Verwaltungsreform eine wichtige nationale Konzession erhalten. Diese unbestimmten Angaben verpflichten zu nichts und sie beruhigen doch die rebellierenden Wähler. Die Gemeindewahlen haben aber erwiesen, daß die vernünftigen Elemente diese Täuschungsmanöver und Beschwichtigungskünste durchblickt haben, und sie kehrten zum großen Teile den aktivistischen Parteien den Rücken. In Zukunft dürften wohl derartige Bewilligungspillen gar keine Wirkung erzielen und die Wähler werden sich davon überzeugen, daß die Agrarier, Klerikalen und Gewerbeparteiler nur sehr wenig Interesse an der Erhaltung und an dem Ausbau des höchsten Volksgutes, der deutschen Schule haben, vielmehr die Schule als ein Schacherobjekt betrachten. Für zwei Ministerröcke gaben sie das deutsche Schulwesen preis.

Die bürgerlichen Zöllner, an der Spitze die Klerikalen, richten neue Angriffe gegen die Schule und wollen die Schule an den Katecheten ausliefern. Ihr Ziel ist die Verpfaffung der Schule. Mit Recht kann man nun sagen, das Volk Hussens steht am Grabe seiner Hoffnungen und schaut mit Schrecken, wie die Klerikalen, unterstützt vom jetzigen Unterrichtsminister, einen wohl durchdachten Feldzug gegen die Schule eröffnen und sich wie immer als die Förderer der Reaktion und Feinde jeglichen Fortschrittes entpuppen. Sie gehen planmäßig und zielbewußt an ihr Werk. So haben die èechischen Klerikalen, sicher im Einvernehmen mit den deutschen Klerikalen, ein Schulprogramm ausgearbeitet, dessen wichtigste Punkte Folgendes erhalten: 1. Verbot des Vortrages irgendeiner antichristlichen Anschauung im Unterricht und dementsprechende Kontrolle der Lehrer, d. h. also mit anderen Worten die Rückführung der Schule auf den Stand der Konkordatszeit. 2. Revision der Schulbücher und Ausmerzung aller Stellen, die mit dem katholischen Bewußtsein nicht im Einklang steh en. Wir fragen, wie soll dann der Geschichts- und insbesondere der Naturgeschichtsunterricht gelehrt werden? 3. Wiedereinführung des zwangsweisen Religionsunterrichtes an allen Mittelschulen und Beseitigung des Paragraphen, der den Eltern die Abmeldung der Schüler vom Religionsunterrichte gestattet. 4. Zusammensetzung der Bezirksschulräte nach dem Stande der Wahlen vom Jahre 1925. Wir fragen: Warum nicht nach denen vom Jahre 1927? 5. Zwangsweise religiöse Übungen, aber keinen Zwang zur Teilnahme der Schulkinder an den Husfeiern. 6. Schaffung eigener katholischer Schulen, da die Staatsschulen hussitisch sind. Und das ist ein Minimalprogramm der Klerikalen, das man in der allernächsten Zeit, weil man angeblich dem Drucke der Wähler nicht mehr widerstehen kann, auf das politische Forum zur meritorischen Verhandlung bringen wird!

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