Das Exposée des Finanzministers erhielt
unter anderem dadurch eine ausgesprochene provokative
Note, daß er zunächst eine Expansion im èechoslovakischen
Schulwesen feststellte und dann erklärte, diese sei unbegründet.
Der Unterrichtsminister hat es nicht gewagt,
ein Wort gegen diese Unwahrheit zu sagen. Auch er ist also der
Meinung, daß am Schulwesen gespart werden müsse. Ihm
liegt viel mehr an der Erhaltung des finanziellen Gleichgewichtes
im Staatsbudget als am Ausbau des Schulwesens. Er wagt es, namens
einer Regierungsmehrheit, die jährlich 1.750 Millionen für
Kanonen, Flugzeuge, Kasernen, Generäle, kurz für den
Militarismus hinauswirft, zu sagen: "Wir müssen mit
jedem Heller sparen." Diese Spartaktik richtet sich in erster
Linie gegen die Arbeiter und Bauern, also gegen jene, die den
Löwenanteil der Steuern aufbringen müssen und gegen
die sich die Steuerreform richtet. Wir sind glücklich dabei
angelangt, daß für das Jahr 1928 38 Millionen Kronen
weniger für die Volksschulen eingesetzt wurden.
Der Staat sucht sich auch dadurch seiner Pflicht
zu entziehen, daß die für die Lehrergehälter nötigen
Summen nach den Plänen der Regierung von den Gemeinden, den
Bezirken, den Ländern und erst in letzter Linie vom Staate
beigesteuert werden sollen. Die Lehrer sollen also nach diesen
famosen Plänen vier Brotherren gleichzeitig dienen. Bei den
Herren Offizieren, welche die Söhne des Volkes nicht im Lesen,
dafür aber im Schießen unterrichten, werden solche
unwürdige Rechenkunststücke allerdings nicht gemacht.
Dr. Engliš hat ein Gemeindefinanzgesetz
durchgedrückt, wodurch die Gemeinden zum Sparen erzogen werden
sollen und dies hat dem reichsdeutschen Finanzminister Dr. Schacht
so gut gefallen, daß nun auch er über die angeblichen
Luxusausgaben der Städte und Gemeinden wettert. Die Gemeinden
können infolge des Gesetzes unmöglich neue Lasten, auch
wenn es Ausgaben für das Schulwesen sind, übernehmen.
Heute schon müssen zahlreiche Gemeinden Millionenbeträge
aus dem staatlichen Dotationsfond beanspruchen, weil 200% Umlagen
nicht genügen. In zahlreichen Gemeinden wurde durch Beschluß
in öffentlichen Sitzungen, der Rücktritt der Regierung
auch mit den Stimmen von Regierungsparteilern gefordert, ein Beweis,
daß eine tiefe Empörung in den Massen gegen die Steuerpolitik,
gegen die Verwaltungsreform gegen das Gemeindefinanzgesetz, gegen
den Abbau des Volksschulwesens und gegen die Kriegsrüstungen
vorhanden ist. Die deutschen Regierungsparteien haben ja auch
bei den Gemeindewahlen schwere Verluste davon getragen. Davon,
daß nach dem Vorschlag des Dr. Engliš das Schulgeld
wieder eingeführt werden soll, ist sogar Dr. Hodža
scheinbar abgerückt, weil dieser lächerliche Plan von
allen Fachleuten abgelehnt worden ist. Dr. Hodža
hat im Budgetausschuß ein förmliches
Feuerwerk von Ziffern abgebrannt, um den allerdings mißlungenen
Nachweis dafür zu erbringen, daß Èechen, Deutsche,
Slovaken und Polen im Bezug auf die Anzahl der Schulen gerecht
behandelt würden. Es wurden, so sagte er, 173 neue deutsche
Schulklassen errichtet. Allen Ernstes fragte
er, ohne auch nur ein armseliges Wörtchen Widerspruch bei
den deutschen Regierungsmameluken einzuheimsen: "Was für
Beschwerden kann es da noch geben?" Diese Beschwerden richten
sich gegen das ganze System. Deutsche Kinder sind in den deutschen
Schulklassen in einer Zahl von 80 und 90 in einer Klasse
zusammengepfercht, während in èechischen
Minderheitsschulen manchmal nur
10 Kinder sitzen. Hier sagte aber Herr Hodža:
"Reden wir lieber nicht davon", weil er sich nämlich
die Gunst der èechischen
Chauvinisten nicht verscherzen will. Herr Hodža
tut so, als ob die Ansprüche der Minderheitsvölker vollkommen
befriedigt wären, hat aber nicht ein Sterbenswörtchen
über die Frage der Schulautonomie gesagt. Nicht gedacht sollte
ihrer werden, dieses Wort ist aus seinem Konzept vollständig
verschwunden. Freilich, eine Regierung, die mit deutschen Stimmen
in der Gestalt der Verwaltungsreform einen unerhörten Angriff
gegen die Demokratie vorbereitet, kann auch keine Selbstverwaltung
im Schulwesen gewähren.
Wir Kommunisten haben eine Menge Anträge
gestellt, die der Herr Unterrichtsminister vollkommen ignoriert.
Wir fordern unter anderem für die Fortbildungsschulen nicht
18 Millionen, wie vorgesehen ist, sondern 36 Mill., für die
Volks- und Bürgerschulen, fordern wir nicht 116, sondern
250 Mill. Kronen. Wir fordern " daß die Ausgaben für
den Kultus, die um 43 Mill. gestiegen sind, vollständig gestrichen
werden. Für dieses Geld kann Besseres zu Gunsten der Schüler
geleistet werden. Vor allem könnten neue Sprengelbürgerschulen
errichtet werden, die notwendig gebraucht werden. Die Ablehnung
unserer Anträge wird uns in die Lage versetzen, die Schulfeindlichkeit
des jetzigen Bürgerblocks draußen vor den Massen zu:
entlarven. Auch das, was Hodža
bezüglich der Forderungen der Lehrer sagte, waren nur vage
Versprechungen. Zahlreiche Pensionisten werden verkürzt,
die Lehrer sind überlastet, Hunderte von jungen Lehrern sind
infolge der Abbaupolitik auch heute noch ohne Stellung, Brot und
Verdienst. Die Lehrer haben gegen sich eine geschlossene lehrerfeindliche
Front des internationalen Bürgertums.
Bei dieser Gelegenheit verweise ich auf einen
Erlaß des Landesschulrates, in welchem es heißt, daß
alle Monate über Lehrer mit kommunistischer Einstellung Berichte
eingesendet werden sollen. Kommunistische Gesinnung und Lehrertätigkeit
seien unvereinbar. Auf Grund dieser amtlich angeordneten Spitzeltätigkeit
wurde der Lehrer Honzl von Prag in ein Nest versetzt. Die agrarische
Presse schrieb, daß aber auch die Landbewohner die Hetzer
aus der Stadt nicht wollen. Der ganze Erlaß ist ungesetzlich,
wird aber vom Herrn Hodža,
der nach dem Grundsatze arbeitet: "Der Zweck heiligt das
Mittel", sicherlich nicht aufgehoben werden.
Die Klerikalen bereiten einen großen
Angriff auf das Schulwesen vor. Hodža steht
diesen Bestrebungen als Mann, der die Rolle der Religion im Kampfe
gegen den Sozialismus und Kommunismus im Interesse der Kapitalisten
zu schätzen weiß, verständnisinnig gegenüber.
Er beruft sich auf den religiösen Geist der Èechen
und schändet dadurch die Arbeit der besten Vorkämpfer
der Geistesfreiheit. Er bekreuzigt sich vor den freien, zynischen,
hellen revolutionären Gedanken eines Anatole France, den
er nur liest, um ihn zu verabscheuen. Er will die nationale Tradition
des Hl. Wenzel fortführen. Auf diese Art wird die Kongrua
verteidigt, die Übergabe der Kirchengüter an die Klerikalen
in der Slovakei vorbereitet, es wird nach den Befehlen der Bischöfe
das Konkordat langsam zur Welt gebracht. Dr. Beneš,
der Sozialist, hilft dem Unterrichtsminister dabei. Die Forderungen
der Klerikalen, daß auch in den Mittelschulen der Religionsunterricht
obligat eingeführt werden soll, wird bald verwirklicht sein.
Die Schulreaktion ist auf dem Marsche. Sie ist nur das Spiegelbild
der wirtschaftlichen und politischen Reaktion, die sich auf allen
Gebieten breit macht.
Herr Dr. Hodža
hat einen großen Teil seines Exposées auch dem Kampf
gegen den Bolschewismus gewidmet. Wir hatten in, der Debatte auf
die gewaltige kulturelle Arbeit verwiesen, die in den zehn Jahren
des Bestandes der Sowjetunion geleistet worden ist. Sie drückt
sich darin aus, daß in Rußland heute 70% der
Kinder Schulunterricht genießen, während in der Zeit
des Zarismus dies nur bei 48% der Fall war. Das Bildungsprivileg
wurde gebrochen. In erster Linie werden den Arbeitern und Bauern
die Schulen einschließlich der Hochschulen geöffnet.
Die Trennung der Kirche von Schule und Staat, die religionslose
Erziehung der Kinder hat dem wissenschaftlichen marxistischen
Denken Millionen Menschen zugeführt. Hält die jetzige
Entwicklung Rußlands zum Sozialismus an, so ergeben sich
ungeheuere Perspektiven des wirtschaftlichen Aufschwunges, der
gleichzeitig auch ein kultureller Aufschwung ist. Hodža
vermochte diese Tatsachen nicht zu bestreiten, daher redete er
in dem Kapitel über Rußland um die Dinge herum. Er
handelte, als er von der angeblichen Erstarkung der privatkapitalistischen
Elemente in der Sowjetunion sprach, nach dem Rezept: "Man
nehme einige konterrevolutionäre Phrasen, einige Ideen von
Otto Bauer, also etwas Bauerismus, gebe eine Portion Thesen
zu, wie sie gegenwärtig von der russischen Opposition erzeugt
werden, mische dies alles tüchtig durcheinander und dadurch
entsteht ein solcher Brei, der den èechoslovakischen Arbeitern
das Grausen vor dem Bolschewismus beibringen
kann." Diese Methode ist ebenso unoriginell wie erfolglos.
Die Arbeiter auch dieses Staates stehen unter dem gewaltigen Einfluß
der Tatsache, daß Sowjetrußland besteht und daß
dort kraftvoll an die Lösung jener Fragen geschritten wird,
die innerhalb des Kapitalismus unlösbar sind.
Erst im proletarischen Staat wird der Arbeiter
frei sein von den Fesseln wirtschaftlicher Sklaverei, politischer
Rechtlosigkeit, nationaler Bevormundung und kultureller Unterdrückung,
wofür dies Schulbudget für 1928 ein deutlicher Ausdruck
ist. Der ganze Staatsvoranschlag ist für uns ein Objekt des
Kampfes, ein Gegenstand, den wir ablehnen und dem wir die eigenen
proletarischen Forderungen gegenüberstellen. Unsere Antwort
auf die Haltung des Schulministers und die Zusammensetzung des,
Schulbudgets heißt also Kampf, Kampf, und wieder Kampf.
(Souhlas a potlesk komunistických poslancù.)
Hohes Haus! Das in Behandlung stehende Kapitel
des Staatsvoranschlages "Schulwesen und Volkskultur"
ist wohl das Gebiet, auf dem für die Zukunft das meiste zu
bearbeiten und zu bereinigen sein wird, ein Gebiet, auf welchem
in früheren Zeiten dem deutschen Volke die größten
Wunden geschlagen wurden, die der Heilung entgegenzuführen
derzeit der Versuch gemacht wurde. Es kann festgestellt
werden, daß sich die Situation soweit geändert
hat, daß es selbst schon èechische Referenten wagen,
bei Besprechung des Kapitels des Staatsvoranschlages von den ganz
unwürdigen Verhältnissen auf Seiten
des deutschen Schulwesens zu sprechen.
Ich erlaube mir, auf den Umstand hinzuweisen, daß ein èechischer
Referent ein erstesmal mit besonderem Nachdruck auf die unwürdigen
und ganz unhaltbaren Zustände bei der landwirtschaftlichen
Hochschulabteilung der Prager Technik in Tetschen-Liebwerd hinwies
und gleichzeitig die glänzenden Verhältnisse auf èechischer
Seite in Ouøinoves hervorhob. Es wäre unendlich wertvoll
gewesen, wenn sich der Herr Referent der Mühe unterzogen
hätte, auch noch die verschiedenen
anderen deutschen Hochschulabteilungen in Prag und Brünn
aufzusuchen. Sein Urteil wäre sicher nicht besser geworden.
Die in Aussicht genommene Regelung dieser unmöglichen Verhältnisse
wird wohl einer außerordentlichen Beschleunigung bedürfen,
da die derzeitigen Verhältnisse, insbesondere auf den Kliniken
nicht noch ein oder zwei Jahre andauern können. Ebenso sind
die bereits wiederholt behandelten Vorarbeiten zwecks Errichtung
der Handels-, Forst-, Tierarznei-, Bergbauabteilungen usw. zu
beenden und mit der größtmöglichsten Beschleunigung
der Verwirklichung zuzuführen. Besonders arg steht es um
die Fürsorge für unsere deutschen Studenten und es wäre
wohl am Platze, wenn auch hier entsprechend der reichen Studentenfürsorge
auf èechischer Seite seitens der berufenen
Faktoren größere Mittel zur Verfügung gestellt
würden, um dem auf den deutschen Hochschulen und unter der
deutschen Studentenschaft herrschenden Elend halbwegs abzuhelfen.
Die Mittelschulen sind auf deutscher Seite
bereits bis aufs äußerste restringiert. Auch
die Anstalten der anderen Völker bedürfen desselben
Wohlwollens, wie wir es auf èechischer Seite finden können.
Eine Anpassung der gesamten Mittelschulen an die jetzigen Zeitverhältnisse
und ein endliches Aufhören mit den verschiedenen
Versuchen, die auf dem Gebiete der Mittelschule bisher zu beobachten
waren, werden auch auf dem Gebiete der Mittelschule Beruhigung
eintreten lassen. Auch auf diesem Gebiete gehen unsere Wünsche
dahin, daß der Bevölkerungsschlüssel als die Verhältniszahl
für die. Zuwendung von staatlichen Mitteln in Anwendung gebracht
werden müsse.
Die schlechten Unterbringungsverhältnisse
an so mancher deutschen Mittelschule sind nur durch schleunigsten
Neu- oder Umbau zu beheben.
Für den größten Teil der Bevölkerung
bedeutet die Bürgerschule bezw. die höher organisierte
Volksschule den Abschluß der Volksbildung, es bedarf insbesondere
das Landvolk zwecks Hebung seines allgemeinen Volksbildungsniveaus
wärmster Fürsorge seitens des Unterrichtsministeriums.
Die Errichtung deutcher Bürgerschulen stößt noch
immer auf die größten Hindernisse, trotzdem die betreffenden
Schulgemeinden bereit sind, die größten Opfer zu bringen.
Unter nichtigen Vorwänden, unter Hinweis auf das in Vorbereitung
befindliche Sprengelbürgerschulgesetz wird die Errichtung
deutscher Bürgerschulen in Schulgemeinden, wo sämtliche
Räumlichkeiten zur Verfügung stehen, wo Kinder in ausreichendstem
Maße aus einem ganz beschränkten Umkreis zur Verfügung
stehen, abgewiesen, während wir auf èechischer Seite
noch immer eine förmliche Schulgründungswut
konstatieren müssen. Es werden jedoch bei diesen Schulgründungen
die notwendigen Mittel nicht von den Schulgemeinden selbst aufgebracht,
sondern stellt dazu der Staat bereitwilligst die Mittel zur Verfügung,
trotzdem aus dem Umkreis der Schulgemeinde die notwendige Kinderzahl
niemals zu erreichen ist. Die Kinder werden kilometerweit mit
der Bahn herangeführt. oder wie es z. B. in Schöllschütz
bei Brünn der Fall ist, wird den Kindern der bequeme Weg
zur Schule mit der Bahn nach Brünn, welcher in 10
bis 16 Minuten zurückzulegen ist, eingestellt und die Kinder
aus Klein- und Großraygern gezwungen, über Land bis
9 Kilometer weit zu laufen, um im deutschen Schöllschütz,
welches eine Kinderzahl von nur 6 èechischen Kindern
hat, an der dort errichteten èechischen Minderheitsbürgerschule
den Unterricht zu genießen. Auf der anderen Seite müssen
aber tagtäglich 60 bis 70 Kin der aus den Gemeinden Kleinurhau,
Großurhau und Tikowitz den 4 bis 6 Kilometer weiten Weg
nach Schöllschütz machen,
um im deutschen Schöllschütz die èechische Schule
erhalten zu können. In der Gemeinde Großurhau selbst
steht ein siebenklassiges Schulgebäude zur Verfügung
und wäre hier wohl eher dem Wunsche der èechischen
Bevölkerung selbst Rechnung zu tragen,
die Bürgerschule dort zu errichten und die Kinder nicht tagtäglich
den weiten Weg zu jagen. Wenn sich im ganzen èechischen
Volk die Meinung durchdringt, daß auch auf dem Gebiete des
Schulwesens endlich Vernunft und nicht nur immer die Hetze von
Einzelpersonen maßgebend sein
soll, wird auch hier Besserung geschaffen werden. Derartige Fälle
könnten viele aufgezählt werden. Es ist daraus zu ersehen,
wie hier Mißbrauch getrieben wird mit dem Charakter der
Minderheitsschulen. Auf diese Art ist die Zahl der èechischen
Bürgerschulen hoch angestiegen, während wir auf deutscher
Seite noch über 100 Bürgerschulen errichten müßten,
um zu demselben Verhältnis zu kommen.
Wir sehen, daß auf dem Gebiete der Volks-
und Bürgerschulen gewisse Hemmungen bestehen, da derzeit
Einzelpersonen oder einzelne Parteien über das Wohl und Wehe
der Schulen anderer Nationen zu entscheiden haben. Es ist daher
notwendig, daß die vom Herrn Unterrichtsminister angekündigte
Schulreform außerordentlich beschleunigt wird, um endlich
auf dem Gebiete des Schulwesens Beruhigung Platz greifen zu lassen,
deren gerade das Gebiet des Schulwesens und der Volkskultur bedarf.
Insbesondere bedarf der ganz unhaltbare Zustand,
wie er heute bei den Bezirksschulausschüssen und Landesschulräten
gefunden wird, der Regelung. Die Bezirksschulräte und die
deutschen Sektionen der Landesschulräte haben heute eine
Agenda, für deren Erledigung es vollkommen genügen würde,
einige Beamte zur Verfügung gestellt zu erhalten, um nicht
von einer Arbeit der deutschen Sektion des Landesschulrates zu
sprechen.
Die Gehaltsfrage, die Versetzungen und Beurlaubungen
von Lehrpersonen sind gewiß ein wichtiger Bestandteil der
Arbeiten, aber letzten Endes doch nicht das, was man sich unter
der Tätigkeit einer deutschen Sektion des Landesschulrates
vorstellt, Die deutschen Sektionen haben doch über das Wohl
und Wehe der deutschen Schulen zu wachen, der deutschen Sektion
Aufgabe ist es, Forderungen nach Errichtung und Erweiterung der
Schulen und Klassen zu überprüfen und deren Errichtung
in die Wege zu leiten.
Es kann auf die Dauer nicht angehen, daß
Einzelpersonen, noch dazu Angehörige einer anderen Nation,
weiter bevol!mächtigt bleiben, nach eigenem Gutdünken
Klassen zu sperren und zu eröffnen, Deshalb ist doch eben
seinerzeit die Schulverwaltung sektioniert worden, damit jedes
Volk sein höchstes Gut im edelsten Wetteifer betreut und
verwaltet sieht. Damit ist auch die Bahn betreten zu der immer
wieder betonten Frage der Schulautonomie und sind sich die deutschen
Mehrheitsparteien und insbesonders meine Partei dessen bewußt,
daß die vom Herrn Unterrichtsminister aufgeworfene Frage
nicht mehr zum Stillstand kommt, daß sie Schritt für
Schritt weiter verfolgt und diese Forderung unseres Volkes auf
diesem, Gebiete endlich einer gerechten Lösung zugeführt
wird.
Ebenso wichtig ist die Frage der Errichtung
von Parallelklassen. Der derzeitige Standpunkt, wonach 70 Kinder
erst die Parallelisierung begründen, ist unhaltbar. Auch
schon 60 und 50 Kinder in einer Klasse zu sehen und dann vom Lehrer
zu verlangen, daß er diese 50 jungen Menschen in gleicher
Art in ihrer Bildungsbestrebung vorwärts zu bringen vermag,
ist ausgeschlossen. Es ist dies eine verkehrte Sparmaßnahme
und wäre h: er wohl die Fortsetzung derartiger Sparmaßnahmen
und die Überfüllung der Klassen mit über 50 Kindern
das Verkehrte, was wir auf dem Gebiete des Sparens machen könnten,
Am fürchterlichsten wirkt sich diese Erschwernis wohl bei
den niederorganisierten Volksschulen aus, weil da womöglich
sämtliche 8 Jahrgänge oder bei zweiklassigen Schulen
drei, bezw. fünf Jahrgänge in einer überfüllten
Klasse in Abteilungen Unterricht genießen. Insbesonders
wäre bei den ein- und zweiklassigen Volksschulen die Mindestzahl
für die Parallelisierung der betreffenden Klasse auf 40 herabzusetzen.
Dadurch wäre es möglich, daß nicht nur die bestbefähigten
Kinder das durch den Lehrplan gesteckte Lehrziel erreichen, sondern
daß dann auch der Lehrer die große Masse der mittel-
und minderbefähigten Kinder mit auf ein gewisses Allgemeinbildungsniveau
von Volksbildung zu bringen vermag.
Bei dieser Gelegenheit erlaube ich mir darauf
hinzuweisen, daß es im modernen Staate nicht mehr von Orts-
oder Bezirksfaktoren abhängen kann, ob da oder dort für
einzelne Orte oder Bezirke Hilfsschulen errichtet werden, Es ist
meines Erachtens Pflicht des Staates und des Unterrichtsministeriums
beschleunigt vorzusorgen, daß in allen Bezirken und größeren
Orten, insbesondere dort, wo dem Bedarfe danach durch den Wunsch
der Bevölkerung wiederholt Ausdruck verliehen wurde, überall
derartige Hilfsschulen zu errichten. Hand in Hand damit müßte
aber auch seitens des Gesundheitsministeriums und des Ministeriums
für soziale Fürsorge Vorkehrung getroffen werden, um
diesen geistig minderentwickelten Kindern, die zumeist auch infolge
körperlicher Mängel in der Entwicklung zurückgeblieben
sind, die Möglichkeit zu bieten, in derartigen öffentlichen
orthopädischen Anstalten auch körperlich weiter herangebildet
zu werden. Wie viele Menschen könnten dadurch vom Verbrechen
abgehalten werden, dem sie notwendigerweise zugeführt werden,
da sie sich durch die Vernachlässigung in der Familie, in
der Schule und heranwachsend in der menschlich en Gesellschaft,
überall hintangesetzt und verstoßen fühlen.
Die Volksschule hat in einem oder in zwei Jahren die Kriegsfolgen
und die Nachkriegserscheinungen bereits überwunden, es werden
dort normale Kinder- und Schulverhältnisse eintreten. Es
kommen heute noch, trotzdem seit dem Beginn des Schuljahres schon
Monate vergangen sind, noch vielfach Fälle vor, daß
Klassen mit übergroßen Schülerzahlen zu finden
sind, Dies wird damit begründet, daß seitens des betreffenden
Ortsschulrates gegen die geplante Umreihung, wodurch eine Herabsetzung
der Schülerzahl in den einzelnen Klassen möglich wäre,
Einspruch erhoben worden wäre. Laut Ministerialerlaß
Z. 161.373 vom 5. Mai 1925 war die Umreihung verschiedener Abteilungen
in verschiedenen Klassen möglich, so zwar, daß beispielsweise
bei einer vierklassigen Schule die erste Abteilung der zweiten
Klasse mit der zweiten Abteilung der vierten Klasse zusammengelegt
werden konnte. Diesen Zustand sucht man auch jetzt noch aufrechtzuerhalten
und begründet das Festhalten daran damit, - und ist dies
insbesondere die Auslegung des Landesausschusses - daß dadurch
Ersparnisse gemacht werden können. Versetzen wir uns in die
Lage der Schüler und des Lehrers, der in derselben Klasse
den Unterricht des zweiten Schuljahres und des siebenten und des
achten Schuljahres leiten soll. Aus pädagogischen Rücksichten
ist die Aufrechterhaltung dieser Ministerialverordnung unmöglich.
Wir alle und insbesondere das Schulministerium mit seinen untergeordneten
Behörden haben die Pflicht, die Schäden, die die Nachkriegszeit
dem Bildungsfortgang durch die Restriktion der Klassen geschlagen
hat, wieder gutzumachen, Niemals kann dies durch schier mittelalterlich
anmutende Ministerialerlässe geschehen. Ebenso wäre
eine Entscheidung des Ministeriums notwendig, um endlich den Wünschen
der deutschen Bevölkerung nach Regelung des Èechischunterrichtes
an den deutschen Schulen Rechnung zu tragen. Derzeit wird von
Èechischlehrern die volle Lehrverpflichtung an der betreffenden
Schule gefordert. Es soll, wie verlautet, für die Zukunft
nicht geduldet werden, daß ein Èechischlehrer, der
den Unterricht an der Bürgerschule erteilt und dort infolge
der geringen Èechischstundenzahl nicht die volle Lehrverpflichtung
erreicht, auch den Unterricht im Èechischen an der Volksschule
erteilt, die gerade den Unterbau für diese Schule bedeutet.
Auf diese Weise wäre es unmöglich, auch an den Dorfschulen
den Èechischunterricht einzuführen, außer wir
warten, bis die in den letzten Jahrgängen absolvierten Lehramtskandidaten
eine Anstellung bekommen. Bis zu dieser Zeit ist es jedoch leicht
möglich, daß geprüfte Lehrer im Wanderunterricht
an 3 oder 4 Volksschulen verschiedener Orte den Èechischunterricht
erteilen und dadurch die volle Lehrverpflichtung erreichen. Nicht
minderwichtig für das Volksbildungswesen ist wohl der Umstand,
daß zu Lehrern, insbesondere an niederorganisierten Schulen
nur beste und einwandfreie Lehrperson en ernannt werden. Was eine
moralisch minderwertige Lehrperson an Volksschulen für Schäden
anzurichten vermag, ist allgemein bekannt und wäre es notwendig,
daß nach einem öfteren Verweis recht scharf zugegriffen
wird, da infolge Schonung einer moralisch minderwertigen Einzelperson
oft eine ganze Schulklasse, eine ganze Schule, ja selbst ein ganzes
Dorf moralisch auf Abwege gebracht werden kann, Gewiß ist
der Unterricht an niederorganisierten Schulen im Verhältnis
zu höherorganisierten Schulen mit einer geistigen Fronarbeit
zu vergleichen und sollte deshalb diesen geistigen Lehrer- Schwerarbeitern
zumindest die Anerkennung dadurch ausgesprochen werden daß
die ungerechtfertigte vierte Ortszulagenklasse beseitigt würde.
Gewiß wird es dem Herrn Finanzminister möglich sein,
hier auf Grund der Ersparnisse auf anderen Gebieten ein Unrecht
wettzumachen, an dem die Betroffenen schwer leiden. Ebenso ist
noch ein weiteres Unrecht wieder gutzumachen, begangen an den
alten Schulveteranen, die mit 1. Jänner 1926 zumeist gegen
ihren Willen abgebaut wurden. Nicht nur, daß sie aufgefordert
wurden, mit 1. Jänner um ihre Pensionierung einzukommen,
sie wurden laut Dekret mit 1. Jänner pensioniert, jedoch
weiter tief in das Jahr 1926 hinein noch beim Lehrfach belassen,
ohne daß man ihnen dann bei ihrer endgiltigen Entlassung
bzw. beim Übertritt in den Ruhestand diese Zeit in Abrechnung
brachte oder ihre Pensionsansprüche nach der neuen Regelung
festlegte.
Eine weitere Frage muß hier noch angeschnitten
werden, die besonders auf dem Lande großen Unwillen erregt.
Man sollte wohl annehmen, daß an, die niederorganisierten
Schulen infolge des außerordentlich beschwerten Unterrichtsbetriebes
nur bestqualifizierte Lehrpersonen gehören, um den an sie
gestellten Forderungen gerecht zu werden. Nicht nur, daß
seitens der Unterrichtsverwaltung die schon seit Jahr und Tag
in Aussicht gestellte Einklasslerzulage wieder verschwand, sollen
neuerdings einklassige Schulen wieder zu Straf- und Verbannungsanstalten
für unfolgsame oder sonst minderqualifizierte Lehrpersonen
gemacht werden, Namens der deutschen Landgemeinden verwahre ich
mich auf das entschiedenste dagegen, daß Lehrpersonen, die
in der Stadt nicht taugen, strafweise in unsere Landschulen versetzt
werden. Wenn es nicht möglich ist, einen Lehrer an einer
höher organisierten Schule unter der Leitung ein es bewährten
tüchtigen Leiters der Schule zur Vernunft zu bringen, dann
gehört er nicht auf den Posten eines Volkserziehers und ebensowenig
gehört er auf die Stelle eines Jugendbildners draußen
auf dem Lande, Wir verwahren uns dagegen, daß in der Stadt
aufgewachsene kommunistische Lehrer an unsere Dorfschulen versetzt
werden und sich dort gelegentlichst mit der Demoralisierung unserer
Landjugend befassen. Es wird die Landbevölkerung zur Selbsthilfe
greifen und derartige Lehrer durch Nichtbesuch der von ihnen geleiteten
Klassen ablehnen. Die Bestellung von Lehrern, die die religiöse
Einstellung der Eltern achten und persönliche sowie politische
Einstellung nicht auch auf die Schule übertragen, fordern
wir an, Die Schulen müssen freibleiben vom Einfluß
jeder Art, ob von hüben oder drüben.