Støeda 30. listopadu 1927

Die Herren Gewerbetreibenden berufen sich jetzt besonders darauf, daß es für sie schwer sei. die sozialen Lasten zu tragen. Wir können an vielen Beispielen nachweisen, wo Gewerbetreibende die Eltern der Lehrlinge verhalten, die Beiträge für die Sozialversicherung selbst zu leisten. An einem Beispiel soll aufgezeigt werden, wie sich die Herren das vorstellen. Am 23. November 1926 fand eine Vollversammlung der Maler- und Lakierermeister für den politischen Bezirk Aussig statt. Dort gab der Malermeister, Süße den Versammelten folgenden Wink auf den Weg: Viele Meister entziehen sich den sozialen Lasten, der Kranken- und Sozialversicherung der Lehrlinge dadurch, daß die Eltern der Lehrlinge diese Beiträge leisten müssen. Da nun die Gefahr besteht, daß manche Eltern am Schluß der Lehrzeit die geleisteten Sozialversicherungsbeiträge zurückfordern können, wozu sie zweifellos berechtigt sind, werden die Genossenschaftsmitglieder aufgefordert, beim Abschluß von Lehrverträgen dahin zu wirken, in Hinkunft ein Lehrgeld in der Höhe des Kranken- und Sozialversicherungsbeitrages zu verlangen. Daraus ersehen Sie, daß das Gerede von der schweren sozialen Belastung des Handwerks eigentlich nur Geflunker ist, daß man diese Lasten auf die Schultern anderer überwälzt.

Ich will mich nun einigen der wichtigsten unserer Forderungen des Jugendschutzes zuwenden. Wenn diese Übelstände, die heute in vielen hunderten Fällen im Kleingewerbe bestehen im lnteresse der Lehrlinge abgeschafft werden sollen, dann ist es in allererster Linie notwendig, daß die Forderungen der Jugendlichen erfüllt werden, daß der Staat daran geht, Jugendinspektorate zu errichten. Diese Jugendinspektorate müssen die Aufgabe haben, fortgesetzt diese Betriebe zu überwachen und ihnen muß ein großer Stab freiwilliger Helfer aus den Reihen der Gewerkschaften, aus den Reihen der Jugendlichen zur Seite gestellt werden. Nur so wird es möglich sein, daß die Übelstände nach und nach verschwinden. Die Jugendlichen beschweren sich weiter darüber, daß es sehr häufig vorkommt, wenn der junge Arbeiter ausgelernt hat, daß er den nächsten Tag sofort entlassen wird. und zwar deshalb. weil jetzt der Meister dem jungen Mann den Gehilfenlohn zahlen soll. Da sagen die Jugendlichen, daß zumindest auch bei uns zum Schutze dieser ausgelernten jugendlichen Arbeiter ein Gesetz notwendig wäre, welches bestimmt, daß erst 3 Monate nach der Auslehre die Entlassung erfolgen darf. Ein solches Gesetz wäre keine Neuheit, es besteht schon in Österreich, wo die Gewerbetreibenden verpflichtet sind, ausgelernte Lehrlinge noch ein Vierteljahr zum festgesetzten Gehilfenlohn zu beschäftigen. Wir fordern weiter, daß der Jugendurlaub eingehalten werde und daß die Überwachung der Betriebe erfolge. Wir fordern weiters, daß diese Jugendurlaube eine Verlängerung erfahren, daß den jugendlichen Arbeitern im Interesse ihrer körperlichen und geistigen Entwicklung zumindest ein Urlaub von 4 Wochen gewährt werde und daß im Zusammenhang mit diesem Urlaub daran gegangen werde, Jugenderholungsheime zu errichten, und daß man Urlaubswanderungen der Jugendlichen pflege, daß man ihnen in der größtmöglichsten Weise bei Fahrbegünstigungen entgegen komme und billige Unterkunftsräume zur Verfügung stelle. Die Gewerbeordnung erfordert dringend eine Reformierung auch in der Beziehung, daß die veraltete Bestimmung beseitigt werde, wornach der Meister das Züchtigungsrecht über die Lehrlinge besitzt, Die Jugendlich en selbst protestieren dagegen, daß sie aus der Sozialversicherung ausgeschaltet werden, weil diese Ausschaltung für sie mit schweren Nachteilen in späteren Jahren verbunden ist, und sie fordern weiter, daß die Regierung und die Staatsbehörden sich endlich verpflichtet fühlen, darüber zu wachen, daß auch der Achtstundentag für unsere jugendlichen Arbeiter gilt, darüber zu wachen, daß unsere jugendlichen Arbeiter den freien Samstagnachmittag und den freien Sonntag zur Gänze erhalten. Die Jugendlichen verlangen weiter, daß der Fortbildungsunterricht auf die Tageszeit verlegt werde, weil es nur so möglich ist, daß der Unterricht, welcher zur Ausbildung der Lehrlinge beitragen soll, vom Lehrling in geistiger Frische aufgenommen wird, Es sind dies einige der wichtigsten Forderungen, die unsere Jugendlichen an den Staat zu stellen haben, Wir erwarten, daß der Herr Minister Šrámek sich diese Forderungen endlich einmal durchliest und daß er uns sagt, was er in der nächsten Zeit zu tun gedenkt, um den Schutz der Jugendlichen im Allgemeinen nach vorwärts zu bringen. Wir werden nichts unterlassen, von Seiten der Partei und Gewerkschaften, den Jugendlichen in ihrem Kampfe um den Jugendschutz zu helfen. Wir wenden uns auch heute mit aller Leidenschaft gegen die Absicht der, bürgerlichen Parteien, die Sozialversicherung zu verschlechtern. Die Sozialversicherung ist ein soziales Werk, welches viele Mängel in sich birgt, wir brauchen daher eine Verbesserung dieses Werkes. müsen es aber ablehnen, daß auch nur in irgendeiner Form eine Verschlechterung eintritt. Dieses Werk wurde geschaffen zum Schutze der Versicherten und die Beiträge. die für dieses Werk aufgebracht werden, sind die Beiträge der Versicherten, Es ist falsch, in der Öffentlichkeit mit dem Argument aufzutreten: Die Arbeiter zahlen ja nur die Hälfte der Beiträge, infolgedessen gebührt ihnen auch nur die Hälfte der Verwaltung. Für wen ist die Versicherung? Für die Arbeiter ist sie und die Arbeiter haben das Recht der vollen Verwaltung dieser Versicherung, denn das, was die Unternehmer zahlen, zahlen ja nicht die Unternehmer aus ihrer Tasche, das ist doch nur vorenthaltener Lohn, den man dem Arbeiter nicht ausgezahlt hat. Wir werden uns deshalb mit aller Leidenschaft dagegen wenden, daß man dieses soziale Werk bei seinen Mängeln noch verschlechtert, Ich muß schon sagen, daß es eine Schande für ein Staatswesen ist, dieses Gesetz, welches erst einige Monate in Kraft ist, zu verschlechtern, Die Regierungsvorlage zur Novellierung der Sozialversicherung ist eine offene Kriegserklärung an die Arbeiterschaft, es ist, wie Koll. Bechynì gesagt hat, ein Ausnahmsgesetz gegen die Arbeiter und wenn es Ihnen auch jetzt gelingen sollte, eine Verschlechterung durchzusetzen, so können wir Ihnen die Versicherung geben, daß Sie sich nicht allzulange dieses Erfolges erfreuen werden, daß die Arbeiterschaft schon dafür sorgen wird, daß die Verschlechterung verschwindet und Verbesserungen Platz greifen. Ein Wort muß ich auch zu der Absicht sagen, wie man die alten Arbeiter, die Veteranen der Arbeit, die nicht mehr in die Sozialversicherung aufgenommen werden, behandeln will. Man hat einen Gesetzentwurf vorgelegt. in welchem man die Renten sehr niedrig festsetzt und die Auszahlung der Renten an die Bedingung knüpft, daß die Arbeiter nur dann diesen Bettel beziehen können, wenn sie in der Armenversorgung der Gemeinden stehen, also eine Armenversorgung durch die Gemeinden genießen, Wir stehen auf dem Standpunkt, daß die alten Arbeiter zumindest gleichgestellt werden müssen den jüngeren Arbeitern, daß man für diese alten Arbeiter mehr übrig haben muß, zumindest soviel, daß sie ihren Lebensabend sorglos abschließen können.

Man könnte uns vorwerfen: Was brauchen wir überhaupt eine Altersversicherung, die alten Leute leben ja. Es handelt sich aber nur darum, wie sie leben. Gewiß leben sie. aber mit Hilfe der Unterstützung ihrer selbst notleidenden Familienangehörigen, sie leben von der Armenversorgung in den Gemeinden, von einer jämmerlichen Armenversorgung, sie leben vom Bettel und teilweise vom Verbrechen und sie machen ihrem Leben ein Ende, wenn eben von keiner Seite mehr eine Hilfe kommt. Diese Belastung ist volkswirtschaftlich ebenso groß, wie eine gute ausreichende Sozialversicherung.

Seit mehr als 21/2 Jahren ist das Gesetz über den Staatsbeitrag zur gewerkschaftlichen Arbeitslosenunterstützung in Kraft. Wir haben in diesen 21/2 Jahren Gelegenheit gehabt, Erfahrungen zu sammeln und diese Erfahrungen haben uns den Beweis erbracht, daß dieses System der Arbeitslosenfürsorge nicht nur ungenügend, sondern vollständig unbrauchbar für die Arbeiterschaft ist. Dieses System ist ungenügend in Zeiten normaler Wirtschaftsverhältnisse, aber es wird zu einer schweren Gefahr in der Zeit der Wirtschaftskrise. Diese Art der Arbeitslosenfürsorge belastet die Gewerkschaften auf das schwerste. Der Staat erfüllt nur äußerst mangelhaft seine Pflicht gegenüber den arbeitslosen Staatsbürgern, er halst die großen Lasten den Gewerkschaften auf, die unter diesen Lasten zusammenbrechen. Wir haben in einer Reihe von Industriezweigen im Vorjahre eine schwere Wirtschaftskrise gehabt und die Folge war, daß Tausende und Abertausende arbeitslos wurden und daß die Gewerkschaften gezwungen waren, Unterstützungen auszuzahlen bis zum Weißbluten im Interesse der armen Opfer der Wirtschaftskrise. Wir haben heute Verbände, die in den Arbeitslosenkassen Defizite haben, die in die Millionen gehen. Ich will nicht von einzelnen Verbänden sprechen, sondern ich möchte nur sagen, daß die Gewerkschaften diesen Zustand nicht mehr ertragen, daß sie mit allen Mitteln dafür eintreten werden, daß dieses Gesetz verschwindet und an seine Stelle die Pflichtversicherung eingeführt wird, die für die Arbeiterschaft eine bessere Form der Arbeitslosenfürsorge darstellt als das gegenwärtige. Das Ministerium für soziale Fürsorge hat in letzterer Zeit einen Antrag auf Novellierung des Arbeitslosenunterstützungsgesetzes vorgelegt. Wenn man diesen Antrag durchliest, der angeblich Erleichterungen für die Gewerkschaften und Arbeitslosen bringen soll, so kommt man zur Überzeugung, daß dieser Antrag eine direkte Provokation und auch eine Verhöhnung der Gewerkschaften ist. Diese Vorlage bringt keine finanziellen Erleichterungen für die Gewerkschaftsverbände, sondern belastet sie mit neuen finanziellen Opfern. Ich will es heute aussprechen, daß eine Vorstandskonferenz der Gewerkschaftsverbände deutscher- und èechischerseits beschlossen hat, daß sie diese Vorlage mit aller Entschiedenheit ablehnt, daß diese Vorlage unter keinen Umständen Gesetz werden kann. Wir haben unsere Forderungen festgelegt und so lange die Pflichtversicherung nicht eingeführt ist, muß das alte Gesetz so reformiert werden, daß es für die Arbeitslosen erträglich ist und auch für die Gewerkschaften erträglich ist. Wir sind nicht mehr gewillt, Millionen von Kronen aus den Gewerkschaftskassen, die für andere Unterstützungszwecke bestimmt sind, ausschließlich für die Unterstützung der Arbeitslosen zur Verfügung zu stellen. Im Zusammenhange mit einer guten Arbeitslosenfürsorge geht eine andere unserer Forderungen dahin, daß endlich eine Arbeitsvermittlung geschaffen wird und zwar eine solche, die den Interessen der arbeitenden Menschen in diesem Staate entspricht und die diesen demütigenden Zustand beseitigt, daß Arbeitslose von Betrieb zu Betrieb wie Bettler wandern müssen, um einen Arbeitsplatz zu erhalten. Es muß die Zwangsarbeitsvermittlung eingeführt werden bei entsprechender Mitwirkung der Gewerkschaften, bei der alle freien Arbeitsstellen zu melden sind und alle freien Arbeitsstellen nur durch die Arbeitsvermittlung besetzt werden. Im Zusammenhange damit möchte ich ein Wort darüber sagen, daß wir den Regierungsentwurf zum Schutze des heimischen Arbeitsmarktes ablehnen. Dieser Entwurf würde dem bürokratischen Treiben Tür und Tor öffnen. Führt nur die Zwangsarbeitsvermittlung ein, die Gewerkschaften, die mitverwalten, werden dafür sorgen, daß die Regelung des Arbeitsmarktes so erfolgt, daß auch die heimischen Arbeiten entsprechend geschützt werden. Die Èechoslovakei hat das Übereinkommen von Washington über den Achtstundentag ratifiziert. Wir müssen leider feststellen, daß die Behörden, die die Einhaltung des Gesetzes zu überwachen haben, vollständig versagen, ihre Pflicht nicht erfüllen, sodaß dieses Gesetz Tag für Tag von den Unternehmern übertreten werden kann. Die Behörden sind blind, sie dulden stillschweigend jede Umgehung dieses Gesetzes, ja unter ihrer Mitwirkung wird das Gesetz über den Achtstundentag verletzt. Wir haben in den verflossenen Jahren gesehen, daß sich das Überstundenunwesen geradezu sprunghaft entwickelt, daß ohne jede Begründung Überstunden bewilligt wurden, daß man die gewerkschaftlichen Vertrauensmänner um ihre Zustimmung gar nicht mehr befragt. Und darauf ist es zurückzuführen, daß die Zahl der Überstunden von Jahr zu Jahr wächst und daß die Wohltat des Achtstundentages für die Arbeiterschaft immer mehr und mehr verlorengeht. So wurden im Jahre 1921 für 77.599 Arbeiter Überstunden bewilligt, im Jahre 1923 waren es 79.606 Arbeiter, die 3,273.645 Überstunden leisteten. Im Jahre 1924 waren es schon 217.838 Arbeiter, die 10,767.822 Überstunden leisteten, im Jahre 1925 waren es 244.755 Arbeiter, die 14,505.292 Überstunden leisteten und im Jahre 1926 waren es 177.877 Arbeiter, die Überstunden absolvierten. Wir haben im Jahre 1926 einen Rückgang zu verzeichnen. Dies ist darauf zurückzuführen, daß wir eine große Wirtschaftskrise hatten. Wir sehen aber im Jahre 1927, daß das Überstundenunwesen wieder sprunghaft in der Aufwärtsbewegung ist. In den ersten sechs Monaten des Jahres 1927 leisteten 193.061 Arbeiter 7,248.400 Überstunden. Davon allein fallen auf die Textilindustrie 128.460 Arbeiter mit einer Überstundenzahl von 4,397.760. Wenn diese Überstundenarbeit eingeschränkt würde, könnten mehrere tausend Arbeiter beschäftigt werden.

Ich will mich jetzt einigen anderen Fragen zuwenden. Wie ist es mit der Freiheit des Arbeiters in diesem Staate bestellt, mit seinem Recht auf Arbeit, mit seiner Freizügigkeit, mit seinem Recht auf Lohn zur Bestreitung seiner Existenz. Diese Freiheit wird unter den Augen der Staatsbehörden mit Füßen getreten. Ich erinnere daran, daß im Jahre 1918 und 1919 den Arbeitern versprochen wurde, daß die Arbeit und ihre Träger ihre volle Würdigung in diesem Staate finden werden, daß für ausreichenden Schutz des Arbeiters gesorgt werden soll. Wie das in Wirklichkeit aussieht, will ich an einigen Beispielen zeigen. Bei der Firma Wild, Textilfabrik in Königsberg, war ein Streik ausgebrochen. Der Streik ging verloren, weil die Firma einen Zweigbetrieb in Mähren hatte. und die übernommenen Aufträge dort ausführen konnte und anderseits hatten sich Streikbrecher gefunden. Von der Organisation wurde der Streik ordnungsgemäß liquidiert. Man sollte nun glauben, daß, nachdem die Kampfhandlungen eingestellt waren, auch jedes Rachegefühl bei den Unternehmern aufhört. Ein größerer Teil von Arbeitern wurde nicht mehr in den Betrieb eingestellt, aber das genügt für die Befriedigung des Rachegefühls den Unternehmern nicht. Es wurden auch noch 30 Arbeiter auf die schwarze Liste gesetzt und diese schwarze Liste wurde an alle Ortsgruppen und Verbände mit Ausnahme der Porzellanindustrie versendet. Diese schwarze Liste hat folgenden Wortlaut: "Kreis Karlsbad des deutschen Hauptverbandes der Industrie. Karlsbad am 19. Oktober 1927. Betrifft Streik Wild, Königsberg, und Meinls Enkel, Grünberg. Geehrte Firma! Der Streik bei der Firma I. David Wild, Vigognespinnerei Königsberg: Die genannte Firma, die seit 16. Juli bestreikt war, hat die Arbeit wieder aufgenommen u. zw. ohne jegliche Vereinbarung mit den Gewerkschaften, indem sich die Arbeiter, des Streikes überdrüssig, selbst wieder zur Neuaufnahme meldeten. Im folgenden geben wir die Namen der Arbeiter bekannt, deren Wiederaufnahme die genannte Firma ablehnt. Unterschrieben Kreis Karlsbad des deutschen Hauptverbandes der Industrie, das Sekretariat Dr. Herget." In der Liste werden dann die Namen von 30 Arbeitern angeführt. Das ist die schwarze Liste, die dazu dienen soll, Arbeitern, die sonst nichts anderes taten, als daß sie streikten, sich also eines in diesem Staate gesetzlich erlaubten Mittels bedient haben. die Aufnahme in anderen Betrieben unmöglich zu machen, Mit dieser schwarzen Liste verfolgt man die Absicht, die Arbeiter zum Hungern, zum bittersten Elend zu verurteilen. Ich muß schon sagen, daß Menschen, die einer solchen Gefühlsroheit fähig sind, und arme Arbeiter auf die Straße treiben und dem Hunger und dem größten Elend aussetzen, die moralischen Qualitäten ganz erbärmlicher Haderlumpen besitzen. Wo bleibt da das Ministerium des Innern, das Ministerium für soziale Fürsorge und der Staatsanwalt zum Schutze dieser Arbeiter. Nehmen wir den Fall in der Stickereiindustrie in Graslitz. Die dortigen Unternehmer haben das Übereinkommen getroffen, daß kein Arbeiter, der von einem Unternehmer weggeht, von einem anderen Unternehmer innerhalb eines Zeitraumes von 8 Wochen aufgenommen werden darf. Wir haben jetzt zwei Fälle festgestellt, wo eine Arbeiterin, die drei Tage bei einem neuen Unternehmen arbeitete und eine andere, die 8 Tage in einem neuen Unternehmen beschäftigt war, mit dem Hinweis entlassen wurden, daß sie nicht weiter beschäftigt werden können und daß der Unternehmer, der sie beschäftigt, zur Zahlung von Geldstrafen verhalten wird. Beide sind jetzt arbeitslos. Solche Vereinbarungen sind eine Ungesetzlichkeit, sind eine bodenlose Niederträchtigkeit gegen die Arbeiter, sie bedeuten eine Einschränkung der im Staatsgrundgesetz garantierten Freizügigkeit. Wo ist der Staatsanwalt, der die Arbeiter schützt, damit die im Staatsgrundgesetz festgelegten Rechte auch für Arbeiter gelten und eingehalten werden. Wir haben es beim Streik in Kunau erlebt, daß mehrere Familien unter der Mitwirkung der Staatsgewalt delogiert wurden. 20 Gendarmen waren dort, um die erregte Arbeiterschaft zurückzuhalten. All das geschieht in unserem Staat, wo man immer nach außen hin sagt, es sei der Staat, der die beste Demokratie, die größtmöglichste Freiheit besitze. Nur ein Beispiel, wie man die berechtigten Ansprüche der Arbeiter bei Gericht behandelt. Das Mitglied des Holzarbeiter- und Drechslerverbandes Schmieder hatte eine Firma wegen zurückgehaltenen Lohnes beim Bezirksgericht in Görkau geklagt. Das Gericht hat der Klage stattgegeben. Als die Firma trotzdem nicht zahlte, wurde ein Exekutionsurteil gegen die Firma erwirkt. Bis zum heutigen Tage konnte jedoch die Exekution nicht durchgeführt werden. Der Verband der Holzarbeiter und Drechsler, der sich an das Gericht mit dem Ersuchen um Beschleunigung der Exekution gewendet hat, erhielt folgende Antwort: "Die Exekution konnte bisher nicht durchgeführt werden, da dem hiesigen Gericht seit 7, Mai dieses Jahres nur ein Vollstreckungsorgan zur Verfügung steht, das auch noch die Gefangenenaufsicht, den Hausdienst und Postbotengänge zu besorgen hat, Bei dem nächsten Dienstgang in den Ort, wo sich die beklagte Firma befindet, wird die Exekution vollzogen werden", Das sind Zustände, wie man sie vielleicht in Hinterindien antrifft, aber nicht in einem Rechtsstaat, Wir verlangen das Einschreiten des Justizministers, damit diese empörenden Zustände beseitigt und den Staatsbürgern die vom Gericht zuerkannten Rechte auch gesichert werden.

Nun ein Wort zum Heilfond der Staats- und öffentlichen Bediensteten. Man hat vor einem Jahr diesen Heilfond für die öffentlichen Angestellten und Beamten und Angestellten des Staates geschaffen. Er sollte ein soziales Werk für diese sein. Was hat man aus dieser sozialen Einrichtung im Laufe der, Zeit gemacht. Statt die Bedürfnisse der Anspruchsberechtigten klaglos zu befriedigen, ist der Heilfond für sie zu einer dauernden Quelle des Ärgers geworden. Die Verwaltung dieses Fondes hat man in Prag zentralisiert. Die Zentralisierung mag bei anderen Institutionen gut sein, aber für die Heilfürsorge ist sie unbrauchbar. In den Bezirken bestehen Bezirkskommissionen, die gar keine Machtvollkommenheit besitzen, die wenig oder gar nichts zu entscheiden haben. Sie kommen von Zeit zu Zeit einmal zusammen, um zu diskutieren, aber zu entscheiden hat die Zentrale in Prag. Durch die Zentralisierung der Verwaltung sind die Bezirkskommissionen zur vollständigen Einflußlosigkeit verurteilt und fast in jedem Falle, wo ein Versicherter seinen Anspruch geltend macht, muß man sich nach Prag wenden, zur Bewilligung des Anspruches. Darauf ist es zurückzuführen, daß heute in Prag infolge der Zentralisierung der Verwaltung ungefähr 15,000 unerledigte Gesuche liegen, Fortgesetzt müssen lnterventionen durchgeführt werden. Die Zahl der Urgenzen geht in viele Tausende, und wenn dann ein Fall erledigt wird, bedeutet die Erledigung sehr häufig eine sehr schwere Enttäuschung für den Anspruchsberechtigten. Er wird mit einem Pappenstiel abgespeist. Nur ein Beispiel: Ein Beamter erhält durch den Facharzt eine Empfehlung, eine Spezialbrille zu tragen. Er kauft sich diese Spezialbrille um 130 Kronen. Dann macht er seinen Anspruch geltend und erhält endlich nach einer Intervention und einem Schreiben 13 Kronen rückvergütet. Ein anderes Beispiel: Ein Beamter braucht ein Augenglas, Der Heilfond besitzt Richtpreise für Brillen, welche von Optikern festgesetzt sind, In der Provinz draußen gibt es nicht einen einzigen Optiker, der zu diesem Richtpreis liefert. Der Beamte weiß sich keinen Rat, er bekommt kein Augenglas für diesen Betrag. Er schreibt der Zentralverwaltung und diese schickt ihm einen Zwicker. Ob er ihm auf die Nase paßt, ob er etwas sieht oder nicht, das ist der Anstalt vollständig gleichgültig. Das sind natürlich unhaltbare Zustände und wir fordern, daß die Staatsverwaltung endlich in diesem Heilfond Ordnung macht, damit er wirklich zu einer sozialen Einrichtung wird und nicht eine fortgesetzte Quelle von Ärgernis bleibt.

Die öffentlichen Angestellten, die Staatsbeamten haben ihre diesbezüglichen Forderungen formuliert, sie sind der Regierung bekannt und wir verlangen, daß diesen Forderungen entsprochen wird.

Nun ein Wort zur Pensionsversicherung der Privatangestellten, der Industrieangestellten. Seit Jahren erhebt diese Angestelltengruppe den Ruf nach Reformierung der Pensionsversicherung. Man hat für dieses Reformwerk eine Kommission eingesetzt, man hat Unterkommissionen gewählt und in diesen Kommissionen wurde an der Reform fleißig gearbeitet. Aber das Werk kommt nicht mehr vom Fleck, weil die Unternehmer dieser Reform die größten Schwierigkeiten bereiten. Den Unternehmern geht es darum, ganze Gruppen von Angestellten aus der Pensionsversicherung auszuscheiden, die Versicherungsprämie möglichst niedrig zu halten, die Rentensätze herabzusetzen. Die Angestellten sollen mit einer Bettelrente zufrieden sein, Diese Verhinderung von Seiten der Unternehmer erfolgt aus rein egoistischen Gründen, damit ihre Profitinteressen nicht geschmälert werden; dafür sollen die Angestellten mit niedrigen Renten abgespeist werden. Die Angestellten haben in großen Kundgebungen für ihre Forderungen demonstriert und die Angestelltenvertreter haben in den Kommissionen ihre Pflicht erfüllt. Was hat aber die Regierung bis jetzt getan? Die bleibt vollständig untätig, sie fördert die Wünsche der Kapitalistenklasse und ist gegenüber den Wünschen der Angestellten taub. Wir verlang en deshalb, daß die gerechten Wünsche und Forderungen der Angestellten in Industrie, Handel und Verkehr endlich erfüllt werden und Berücksichtigung finden. Diese Forderungen lauten: Gleichstellung der Alt- und Neuversicherten, Erhöhung der Leistungen der Pensionsversicherung, Erfassung des tatsächlichen Einkommens und die Anpassung der Leistungen und Anwartschaften an die tatsächlichen Verhältnisse und Bedürfnisse der Angestellten, Staatszuschuß zur Erhöhung der Renten, Herabsetzung aller Wartefristen, Einrechnung der Kriegsdienstzeit für die eingerückt gewesenen Angestellten, Beseitigung der ungerechten Beschränkungen und Härten des jetzigen Gesetzes wie bei der Witwenrente, bei den Verfallsrenten u, a., Ausbau der Heilfürsorge, Sicherung vor Verlusten für die ins Ausland übersiedelten Versicherten durch Abschluß entsprechender Gegenseitigkeitsverträge mit allen Staaten; in organisatorischer Hinsicht die Beibehaltung der Landesstellen in ihrer jetzigen Einteilung mit Erweiterung ihres sachlichen Wirkungskreises und die Besetzung der Verwaltungskörperschaften durch Wahlen. Bei der Krankenversicherung der Angestellten darf eine Schmälerung der jetzigen Rechte nicht eintreten. Man will für die Angestellten die Krankenkassa nur deshalb machen, um ihre bisherigen Rechte zu schmälern. Das sind nur einige wenige Forderungen aus unserem sozialpolitischen Programme, die ich hier besprochen habe. Unser Programm ist, viel größer. Für die Verwirklichung dieser - Forderungen wird die Arbeiterschaft ihre ganze Kraft einsetzen. Wir erwarten aber, auch, daß der Staat und die Regierung ihre Pflicht erfüllen und zeigen, daß der Staat wirklich den Titel eines modernen Staates verdient. Die Arbeiterschaft wird trotz aller Hemmungen Schritt für Schritt ihre Forderungen durchsetzen auch gegen den Willen der bürgerlichen Klassen, Wenn diesen Forderungen auch noch so große Schwierigkeiten entgegengestellt werden, es wird der Tag kommen, wo durch die Kraft der Arbeiterklasse der Kampf um ihre Forderungen ein siegreicher sein wird, (Potlesk nìm. soc. demokratických poslancü.)

Související odkazy



Pøihlásit/registrovat se do ISP