Meine Damen und Herren! Der Herr Außenminister
Dr. Beneš hat vor längerer Zeit in der "Ere
nouvelle" das Wort gesprochen: Politik kann nur mit dem Verstand
gemacht werden. Nun gerade die Vorlage, zu der wir heute sprechen,
ist kein Beweis dafür, daß nur der Verstand dabei ausschlaggebend
gewesen wäre. Denn gerade diese Politik der Vergewaltigung
alles Deutschen ist kein Beweis höherer Einsicht, sondern
man muß hier in Betracht ziehen, daß sich hier die
rein chauvinistische Einstellung gegenüber den Deutschen
in diesem Staate ausspricht. lnfolge der allzu karg bemessenen
Redezeit ist es gerade den kleineren Parteien unmöglich,
zu allen Punkten Stellung zu nehmen, umso weniger, als wir Oppositionelle
uns zu jedem einzelnen Punkte durch eingehendes Studium genau
informieren müssen, um uns ein selbständiges Urteil
zu bilden. Denn wir erhalten ja Gott sei Dank nicht die zu vertretende
Meinung von der Regierung fix und fertig geliefert. Wer in den
jüngsten Tagen die Reden hier im Hause gehört hat, der
muß als Fernerstehender den Eindruck gewinnen, als wenn
uns Deutschen in diesem Staate überhaupt nichts mehr zu wünschen
übrig liebe. Nach Reden á
la Windirsch, der sicherlich jeden Rekord in Betreff des
neuen Sportes des Wettkriechens schlägt, und nach den Worten,
wie z. B. Herr Greif sie gefunden hat, der jeden Angriff
noch so berechtigter Art auf den Staatsvoranschlag geradezu als
einen Angriff auf die Demokratie umdeuten will, stehen
wir Oppositionelle als ewig Unzufriedene den so ungemein gebefreudigen,
keinen nationalen Haß kennenden Èechen gegenüber.
Ich will nun doch das zu oft bezogene Wort
"Gleiche unter Gleichen" bei dem Kapitel soziale Fürsorge
ein bißchen ziffernmäßig beleuchten. Zum Beispiel
in der Jugendfürsorge wurde im Jahre 1921 vom Ministerium
für soziale Fürsorge der Betrag von 15,784.879 Kronen
ausgeworfen, wovon die deutsche Jugendfürsorge 610.000 Kronen
erhielt, das waren 3,86%. Im Jahre 1922 waren es 3,49%, im Jahre
1923 2,32%, im Jahre 1924 3,7%, im Jahre 1925 2,6% und so geht
es weiter immer im gleichen Betrage und in der gleichen Art. Das
Gesundheitsministerium hat für das öffentliche Gesundheitswesen
und für körperliche Ertüchtigung und Erziehung
in den Jahren 1921 bis inklusive 1925 insgesamt den Betrag von
22.500.000 Kronen ausgewiesen, wovon die Deutschen ganze 548.000
Kronen erhielten, insgesamt 2,43%. Die Schädigungen, welche
den Deutschen im Laufe dieser 5 Jahre durch diese Verteilung erlitten
haben, betrugen während dieser Jahre im ganzen 14,464.000
Kronen. Sie sehen, daß hier ein System herrscht, mit dem
sich kein ehrlicher Deutscher unbedingt abfinden kann. Gerade
dies ist aber nur ein Gebiet, auf dem nur die Gerechtigkeit sprechen
sollte. Man sollte doch wenigstens hier nicht chauvinistischen
Regungen folgen. Man kann mir persönlich sicherlich nicht
nachsagen, daß ich des nationalen Empfindens ermangele.
Aber seien Sie des einen versichert, wenn ich ein weinendes Kind
sehe, wenn ein Leidender mich zu Hilfe ruft, frage ich
nicht erst: "Bist du deutsch oder èechisch?",
dann frage ich auch nicht: "Welchen Glaubens bist du?"
und noch viel weniger: "Welcher Partei gehörst du an?"
Wie handeln Sie, meine Herren von der Regierung? Bei Ihnen macht
der Chauvinismus nicht einmal vor dem hungernden
Kinde halt. Üben Sie hier Gerechtigkeit. Verfügen Sie
hier, daß die Benachteiligung der Deutschen nicht so krassem
Maße zutage trete, und dies wird viel zur Lösung des
Nationalitätenproblems beitragen können. Ich habe einen
Antrag eingebracht, der fordert, daß alle diese Beträge
nach dem nationalen Schlüssel zur Aufteilung gelangen sollen.
Diese Forderung bedeutet gewiß keine Schmälerung der
èechischen Rechte. Und Sie, meine Herren von der nationalen
gegnerischen Seite, können durch die Annahme
dieses Antrages beweisen, daß Sie doch noch ein Fünkchen
guten Willens haben, und die Herren von den deutschen Regierungsparteien
können in diesem Falle bezeigen, ob sie den Namen Deutsche
verdienen oder ob sie den traurigen Mut besitzen, auch diesen
Antrag mit niederzustimmen.
Abg. Dr. Viškovský hat behauptet,
daß die Opposition unberechtigt sei, weil Not, Elend, Arbeitslosigkeit
usw. in diesem Staate nicht zu finden seien. Ich glaube ohne weiters,
daß Herr Abg. Viškovský für seine
Person diese schönen Dinge bisher nicht kennen gelernt hat.
Aber er soll hinausgehen in unsere deutschen Bezirke, er soll
sehen, was sich dort tut, vielleicht ändert er dann seine
Ansicht. Der Staat, dem die Arbeitskraft des einzelnen Staatsbürgers
zugute kommt, hat die verfluchte Pflicht und Schuldigkeit, für
diesen Staatsbürger, wenn er alt, siech, erwerbsunfähig
ist, auch zu sorgen. Schauen Sie sich z. B. einmal das Leben im
Siechenhaus zu Welchau an. Es ist nur aus privaten Mitteln erhalten
und Sie können dort ein krasses Beispiel erleben, wie es
einem armen kranken Menschen in diesem demokratischen Staate geht.
Das alte Bauförderungsgesetz ist 1924
abgelaufen, ein neues bisher nicht Gesetz geworden, drei, höchstwahrscheinlich
vier Bauzeiten sind unbedingt verloren. Gehen Sie hinaus in unsere
deutschen Bezirke und schauen Sie dort, welch furchtbare Formen
die Wohnungsnot angenommen hat! Gehen Sie hinaus in unsere deutschen
Gebiete, wo förmliche Waggonkolonien entstanden sind, um
den Ärmsten der Armen ein Obdach bieten zu können und
dann sprechen Sie davon, daß Not und Elend in diesem Staate
nicht zu finden wären. Von einer Bauförderung kann man
hier allerdings nicht sprechen. Eher von einer Baubehinderung.
Und wie schaut es bei unseren Kriegsinvaliden
aus? Die Regierung einschließlich ihrer deutschen Helfershelfer
scheint der .Ansicht zu sein, daß diese Frage am besten
durch die Zeit gelöst werde, weil ja jeder Tag, der dahin
geht, die Zahl der Fordernden verringert. Kennzeichnend für
die Art, wie in diesem Staate die Frage behandelt wird, mag folgendes
sein. Anläßlich eines Verbandstages der Kriegsinvaliden
wurde dorthin vom Ministerium für nationale Verteidigung
die Antwort erteilt, daß das Ministerium einen Vertreter
zu dieser Tagung aus Ersparungsrücksichten nicht entsenden
könne, Die Ersparnis? Vielleicht rund 100 Kronen. Eine enorme
Summe gegenüber den mehr als fünf Millionen täglich,
die von diesem Hause für Kriegserfordernisse, für die
Schaffung von Mitteln, um neue Invaliden zu schaffen, bewilligt
worden sind. Fast könnte ich in die Bewunderung des Herrn
Abgeordneten Dr, Luschka für die Sparsamkeit der Staatsverwaltung
einstimmen.
Die Altpensionisten nagen auch heute noch am
Hungertuche. Man erkennt zwar die Berechtigung ihrer Forderungen
an, aber der Herr Finanzminister hat kein Geld. Sie bekommen leere
Versprechungen und die Sache ist anscheinend neuerdings auf die
lange Bank geschoben worden. Weihnachten 1927 naht heran, aber
diesen Armen kommt kein Weihnachtsgeschenk zu. Ich bitte, 31 Millionen
widmet man für ukrainische und russische Flüchtlinge!
Die stehen uns gewiß nicht so nahe, wie jene, die durch
Jahrzehnte dem Staate treu gedient haben. Fast 30 Millionen für
Reptilienfonde! Diese beiden Beträge allein würden genügen,
um die Altpensionisten befriedigen zu können, Mit einem Schlag
wäre die Not der Altpensionisten beendet. 50 Millionen beträgt
die Sanierung für die Banken. Aber Schluckenau und Kaaden
bleiben unsaniert, trotzdem tausende kleiner Existenzen
darüber zugrunde gehen. Fonde, Fonde und nichts als Fonde,
und aus allen diesen Fonden fließen Gelder für èechische
Zwecke. Wo bleibt aber das Wort von den Gleichen unter Gleichen?
Wo der gerühmte Einfluß der Regierungsparteiler?
Gewiß, es wird gespart in diesem Staate, aber die Ersparnisse
werden nur dort gemacht, wo es nichts zu sparen gibt. Sparen Sie,
wo Sie können. Aber anderswo, nicht bei den hungernden Kindern,
bei den Kriegsblinden und Altpensionisten.
Nachgerade kommt man so weit, sich zu sagen,
daß in diesem Staate Demokratie nicht Diskussion, sondern
leeres Geschwätz ist, ansonsten wäre es unmöglich,
manches hier geschehen zu lassen, wie es in diesem Staate geschieht.
Es ist ja förmlich, als wollten Sie nach dem Worte handeln:
"Wenn du aber wenig hast, wird das Wenige dir genommen, wenn
du aber gar nichts hast, Lump, dann lasse dich begraben, denn
ein Recht zu leben haben doch nur die, die etwas haben".
Und es gewinnt den Anschein, als ob die Gesetze in diesem Staate
einzig und allein zum Schutze der Starken vor den Schwachen gemacht
würden.
Herr Dr. Luschka und auch Herr Abg.
Msgre Feierfeil haben sehr zahm Oppositionstöne angeschlagen,
wahrscheinlich etwas beeinflußt durch den unangenehmen Ausgang
der Gemeindewahlen im Leitmeritzer und Gablonzer Wahlgebiet. Vielleicht
fürchten die Herren, daß draußen endlich den
guten langmütigen Deutschen die Binde von den Augen fällt
und diese den Unterschied zwischen den Worten der deutschen Regierungsparteien
und deren Handlungen hier im Hause erkennen könnten. Und
da sprachen sie denn so schöne Worte der Opposition allerdings
mit einigen bescheidenen Zurückhaltungen. Ganz besonders
interessant war wohl das Wort des Herrn Dr. Luschka daß
man sich gewisse Handlungen des Herrn Außenministers nicht
gefallen lassen könnte. Aber, du lieber Himmel, die Herren
Regierungsparteiler, sie haben sich ja auch das Lob des Herrn
Außenministers bereitwilligst gefallen lassen und die Anfrage
des Herrn Senators Dr. Brunar an den Herrn Minister Spina
in der seinerzeitigen Sache ist bis heute unbeantwortet geblieben.
Wir Deutschnationalen, werden für das
Wohl und für die Rechte unseres Volkes unentwegt eintreten
und arbeiten. Die sachliche, rein sachliche Arbeit gerade unserer
Abgeordneten im Gegensatz zu der ausgesprochenen Inaktivität
der deutschen Regierungsparteiler in den Ausschüssen beweist,
daß die deutsche Nationalpartei auf dem Boden der Tatsachen
steht. Aber es wäre höchste Zeit, daß auch die
Regierung sich auf den Boden der Tatsachen stellen würde
und endlich zu der Einsicht gelangte, daß ein Staat, in
dem nur 6 Millionen Èechen gegen 7 Millionen Angehörige
anderer Völker stehen, unbedingt kein Nationalstaat, sondern
ein Nationalitätenstaat ist, und daß in Anerkennung
dieser unbestreitbaren Tatsache es daher höchste Zeit wäre,
daß die Regierung uns Deutschen die Möglichkeit biete,
das Unrecht der letzten Jahre vergessen zu können. Aber so
leicht ist es bei uns Nationalparteilern, die denn doch mit einem
etwas steiferen Rückgrad bedacht sind, doch nicht,
wie es vielleicht bei den Herren war, die mit solchem Wohlgefühl
nun die èechischen Bänke drücken. Wir sind bereit
zur Mitarbeit, wenn unseren grundsätzlichen berechtigten
Forderungen in diesem Staate Rechnung getragen
wird. Im Interesse meines Volkes würde ich es mit unsäglicher
Freude begrüßen, wenn der deutsche Justizminister sich
soweit aufschwingen würde, deutsches Recht zu vertreten,
und wenn der deutsche Arbeitsminister endlich auch deutsche Arbeit
leisten würde. (Souhlas a potlesk poslancù
nìm. strany národni.)
Meine Damen und Herren! Im Auftrage des Ausschusses
zur Wahrung der satzungsmäßigen Rechte der Mitglieder
des Bundes der Landwirte habe ich in meinem und des Abg. Mayer
Namen folgende Erklärung abzugeben:
Die Stellungnahme des Klubs des Bundes der
Landwirte für die Verwaltungsreform war die Verletzung eines
giltig gefaßten Parteibeschlusses. Der politische Kurs,
den der Klub des Bundes der Landwirte unter Führung seines
Obmanns Windirsch eingeschlagen hat, widerspricht den Reichsparteigrundsätzen
des Bundes der Landwirte. Die Beschlüsse des Klubs und der
Reichsleitung gegen den Abg. Mayer und mich basieren nicht
auf den Satzungen und wir erkennen sie daher nicht als rechtskräftig
an. (Pøedsednictví pøevzal místopøedseda
Slavíèek.)
Gegen die Verletzung der Reichsparteigrundsätze,
der Satzungen und gegen die Mißachtung giltig gefaßter
Parteibeschlüsse habe ich den schärfsten Protest einzulegen
und erkenne der Klubleitung, insbesondere dem Obmanne Windirsch
das Recht ab, im Namen des sudetendeutschen Landvolkes Erklärungen
abzugeben, da die überwiegende Mehrheit der deutschen Bauernschaft
und des sudetendeutschen Landvolkes überhaupt den eingeschlagenen
politischen Kurs mißbilligt. Als treue Anhänger der
nationalen Landvolksidee werden der Abg. Mayer und ich
alles, was in unseren Kräften steht, tun, um der Überzeugung
der Mehrheit des deutschen Landvolkes zum Durchbruch zu verhelfen.
Während der heurigen Budgetdebatte sind
sowohl im Ausschuß als auch im Plenum eine Reihe von ernst
zu nehmenden Kundgebungen er folgt, aus denen die Absicht offenkundig
wird, in die Stagnation der politischen Verhältnisse Bewegung
zu bringen und in die Ungeklärtheit des Verhältnisses
der deutschen Parteien zu einander Klarheit zu bringen. Diese
Entwicklung ist gewiß auf das Wärmste zu begrüßen.
Wenn der Versuch unternommen wird, aus der professoralen Theorie
herauszukommen, wenn Wort- und Begriffsbildungen, die uns jahrelang
wie eiserne Fesseln anhangen, über Bord geworfen werden,
wenn erklärt wird, daß weder Aktivismus noch Negativismus
die Frage des Tages noch der Inhalt unseres politischen Ringens
sein können, so zeigt sich darin das bewußte Bestreben,
die Mauern des Mißverständnisses und des Mißverstehenswollens
zwischen den einzelnen deutschen Parteien niederzureißen,
um zu gemeinsamer Arbeit und zu einer Konsolidierung der innerdeutschen
Verhältnisse zu gelangen. In jeder Partei gibt es Anhänger
der Verständigung. Was steht dieser Bewegung jedoch entgegen?
Erstens einmal der Parteiapparat und einzelne führende Männer,
die aus Prestigegründen, aus persönlicher Gereiztheit
und Eitelkeit nicht entgegenkommen wollen, Leute, die als höchstes
Ziel des politischen Kampfes den Streit der deutschen Parteien
unter einander und nicht den Kampf um die Rechte des deutschen
Volkes selbst betrachten. Zu diesen Hemmungserscheinungen gehört
in erster Reihe der Klubobmann des Bundes der Landwirte Herr Winaadirsch.
Koll. Rosche und Koll. Knirsch werden wohl noch
viele Reden halten können, aber ohne Erfolg, und zwar solange,
bis es gelingt, dem Herrn Windirsch sein Handwerk zu legen.
Herr Windirsch hat vorgestern vom Herrn Dr Rosche
verlangt, daß er von der Irredenta abrücke, daß
die deutsche Nationalpartei ihr Programm zu ändern habe und
wenn das alles geschehen wäre, traut Herr Windirsch
dem Koll. Rosche und allen anderen noch lange nicht. Herr
Windirsch ist sich scheinbar über einige Grundfragen
unserer deutschen Politik vollständig im Unklaren, er scheint
es nicht zu begreifen, daß Selbstbestimmungsrecht und Irredenta
durchaus nichts mit einander zu tun haben. Oder meint er, daß
die Aufstellung irgendwelcher politischer Forderungen schon Irredenta
ist und daß er sich so stark davor hüten muß,
meint er, daß, wenn Bedingungen für die Mitarbeit gestellt
werden, dies ein unerlaubtes Beginnen ist, das ihm als dem immer
getreuen und loyalen Staatsbürger nicht zusteht? Darum verlangt
er, daß die Nationalpartei ihr Programm zu ändern hat?
Ich habe nichts dagegen, ob sie es ändert oder dabei bleibt,
ich bin nicht ihr Anwalt. Aber ich möchte mir eine Frage
erlauben: Auf Grund welcher Änderung des Programmes ist der
Bund der Landwirte in die Regierung eingetreten? Das Programm
des Bundes der Landwirte ist vollständig klar und deutlich
und es hat von einem Eintritt in die Regierung noch niemand etwas
darin finden können. Nichtsdestoweniger hat Herr Windirsch
den Schritt in die Regierung getan und sich auch dort in einer
Weise aufgeführt, die nur den Programmpunkten des Bundes
der Landwirte widerstreiten und widersprechen kann. Und was das
Mißtrauen anbelangt, glaube ich, daß Windirsch
einfach nicht trauen will. Er mißtraut, weil es ihm
so besser paßt, weil er einfach die Unterstützung anderer
deutscher Parteien und Parlamentarier nicht haben will, weil er
ganz genau weiß, daß eine solche Unterstützung
nur dann zu haben wäre, wenn er etwas raschere Beine machen
würde in seiner Politik, wenn er den Beweis erbringt, daß
es möglich ist, Erfolge durch eine Zusammenarbeit
mit den Èechen für unser deutsches Volk zu erreichen.
Der Gipfelpunkt unpolitischen Verhaltens ist
dann wohl die Verhöhnung der Gefühle des deutschen Volkes
durch den Herrn Abg. Windisrch. Herr Windirsch scheint
ganz vergessen zu haben, daß nicht nur Herr Dr. Lodgman
Landeshauptmann von Deutschböhmen war, er hat übersehen
daß Herr Seliger, aber auch der gewesene Abgeordnete
Meixner, ein gutes Parteimitglied des Bundes der Landwirte, Stellvertreter
des Landeshauptmannes von Deutschböhmen waren. (Posl.
Neurath: Und Windirsch hat damals nicht auf gemuckst!) Er
war damals Getreidekommisär, das ist eine andere Sache. Aber
solche Dinge vergißt man unter Umständen sehr gern
und es ist begreiflich, daß er davon nichts gesprochen hat.
Aber er scheint auch andere Dinge vergessen zu haben, so seinen
Kollegen Brunnar und einen südböhmischen Senator; denn
wir haben nicht bloß eine deutschböhmische Landesregierung
gehabt, sondern auch eine Landesregierung oder Kreishauptmannschaft
in Südmähren, im Böhmerwald, eine schlesische Regierung
und dergleichen. Die Sache ist so, daß der gewesene Reichsratsabgeordnete
Brunnar aus Höflein im Bezirke Znaim, der heute noch ein
prominentes Mitglied unserer südmährischen Organisationen
beim Bund der Landwirte ist, und der Senator Luksch damals
Stellvertreter des Kreishauptmannes Teufel in Znaim gewesen sind
und ich halte es für eine unglaubliche Unverfrorenheit und
Unkollegialität gegen seine Kollegen, wenn der Herr Windirsch
an die Maßnahmen und das Verhalten dieser Leute ganz vergessen
hat. (Rùzné výkøiky. -
Hluk.) Doch Kollegialität sitzt dem Herrn nicht im
Blute. Er scheint eben sein nationales Fühlen als Weltenbummler
in den Dschungeln von Hinterindien verloren zu haben und als Lehrer
der deutschen landwirtschaftlichen Schule in Reichenberg scheint
er zum Schaden für unsere deutsche Landjugend nationales
Fühlen nicht wieder gefunden zu haben. Doch ich kann ihm
eines sagen, daß unser deutsches Landvolk anders denkt und
ich bin überzeugt davon, ich weiß es aus zuverlässigen
Nachrichten, daß seine Klubkollegen über seine Rede
von unlängst entsetzt gewesen sind. (Výkøiky
posl. Horpynky.)
Doch diese Blüten, die wir hier am Stamme
des Bundes der Landwirte treiben sehen, sind ja nur das Produkt
einer langen Entwicklung, Die Herren haben im Jahre 1925 vor den
Wahlen und nach den Wahlen den Beweis erbracht, daß ihnen
ein Zusammengehen der deutschen Parlamentarier, der deutschen
Parteien im Interesse des deutschen Volkes durchaus nicht gelegen
kommt. Als damals bei einer Beratung im Klub des Bundes der Landwirte,
wo ich anwesend war, die Herren von der slovakischen Volkspartei
verschiedene Anträge wegen des Zusammengehens bei der Wahl
der Vizepräsidenten im Hause stellten, hat man ihnen nicht
einmal freundliche Worte gegeben und war froh, wie sie wieder
beim Tempel draußen waren. Als damals Bestrebungen im Gange
waren, zwischen den deutschen Parteien irgend einen Modus vivendi
zu finden, damit sie sich parlamentarisch doch irgendwie zur Geltung
bringen. waren es gerade Herr Windirsch und Genossen, die
damals alle Versuche einer Zusammenfassung der deutschen Kräfte
im Parlament verhindert haben, sie wollten die Mitarbeit und Zusammenarbeit
mit andern Parteien gar nicht haben. Nach den Satzungen des Bundes
der Landwirte hätte eigentlich vor dem Eintritt in die Regierung
das Einvernehmen mit den übrigen deutschen Parteien gepflogen
werden müssen, doch ist ihnen das nicht eingefallen.
Ich frage mich heute, was die Früchte
dieser mehr als einjährigen Arbeit der deutschen Regierungsparteien
sind, Sind es wirtschaftliche Gründe? (Výkøiky:
Die Zölle!) Bitte, die Zölle
waren vorher, da war der Bund der Landwirte noch nicht Mitglied
der Koalition und der Regierung, die Zölle sind vorher gewesen.
Deswegen kann ich das nicht auf das Konto der Regierungskunst
des Herrn Windirsch buchen. Aber selbst wenn man
das Budget für 1928, u. zw. auf landwirtschaftlichem Gebiete,
mit dem Budget im Jahre 1925, das noch von den èechischen
Sozialdemokraten mitgemacht worden ist, vergleicht, so findet
man, daß für das Jahr 1928 für
das Landwirtschaftsministerium ein um 10% geringerer Betrag eingestellt
ist als im Jahre 1925. Also auch darauf brauchen die Herren als
Agrarier nicht besonders stolz zu sein. Sie haben nationalpolitisch
meines Erachtens nichts erreicht, sie haben agrarpolitisch nichts
erreicht und ich frage mich: Was haben sie in der Regierung denn
das ganze Jahr getan, wo sind die Erfolge, die sie haben? (Výkøiky.)
Ich bin neugierig, wann die sogenannte
Novelle zur Sozialversicherung kommen wird, ob sie überhaupt,
kommen wird. Sie haben ihren Bauern draußen versprochen,
daß sie vor dem Budget kommen wird. Zuerst versprachen sie
sie gleichzeitig mit der Verwaltungsreform, dann vor dem Budget,
jetzt ist das Budget da und die Sozialversicherung ist noch immer
nicht da. Ich bin nur neugierig, wie die Herren vor der Wählerschaft
draußen das rechtfertigen wollen. (Výkøiky
posl. dr Schollicha.)
Man sieht, daß Herr Windirsch
keine andere Aufgabe zu erfüllen hat, als den Einpeitscher
für seinen èechisch-agrarischen Ko!l,
Švehla zu spielen. Ich bin überzeugt, daß
das eigentlich seine Hauptaufgabe ist und es ergibt sich das zwangsläufig
auch daraus, wenn m, n. sieh t, was er vom Koll, Knirsch
haben wollte, Er freut sich konstatieren zu können, daß
Koll. Knirsch den Staat anerkannt hat, die größte
Sorge vom Windirsch ist die Anerkennung des èechoslovakischen
Staates durch den Koll. Knirsch.
Ich weiß gar nicht, was ihn das angeht, was ihm das nützen
könnte. Aber er scheint auch vor allem auf einiges vergessen
zu haben, was z, B. der alte Køepek
seinerzeit in diesem Hause hier sehr gut vorgebracht hat. Er hat
damals erklärt: "Über dem Eingang dieses Hauses
hier müßte eine Aufschrift stehen, bevor wir mitarbeiten
können, und diese Aufschrift müßte heißen:
Wiedergutmachung!" Wo ist die Wiedergutmachung? Ich höre
zwar. daß es sich Køepek
in der Zwischenzeit überlegt hat und meint, es war ein großer
Fehler, von Wiedergutmachung zu sprechen; aber er hat auch sonst
solche Entgleisungen, und als solche muß ich es betrachten,
wenn er auf einem unserer Reichsparteitage erklärte: "Loyal
oder nicht loyal, das ist nicht die Frage. Wir haben Rechte in
diesem Staate, weil wir Pflichten auf uns genommen haben als Staatsbürger;
deswegen dürfen wir nicht gefragt werden, ob wir loyal sein
wollen oder nicht; wenn wir Pflichten tragen, müssen uns
selbstverständlich Rechte gegeben werden." Ich glaube,
Herr Windirsch denkt an all das heute nicht mehr. Er und
Herr Janausch sind die Diktatoren in der Partei, zwei Agrarier
ohne Halm und Ar. Schließlich ist es auch so viel besser,
daß nicht die Bauern in der Partei zu Worte kommen, es ist
besser, wenn die Agrarier ohne Halm und Ar sprechen. Wobei natürlich
Herr Dr Czech sehr froh sein wird, daß Janausch nich
mehr Parteisekretär in seiner Partei ist, nachdem Janausch
angeblich eine der schlechtesten Aquisitionen des Herrn Czermak
gewesen ist. Sie waren froh, wie sie ihn haben abgeben können
und beim Bund der Landwirte ist er groß geworden und ist
jetzt oberster Herr der Partei. Er hat mir in Leitmeritz gesagt:
"Ich bin nicht Sekretär des Bundes der Landwirte, ich
bin der Gründer der Partei". Sie schaut auch darnach
aus. (Výkøiky posl. dr Schollicha.)
Aber auch sonst sind schwere Verstöße
gegen die Grundlinien jeder Minderheitenpolitik den Herren auf
Schritt und Tritt nachzuweisen. Eine Minderheit muß sich
auf den Standpunkt der Demokratie stellen. Eine Minderheit kann
nur auf demokratischer Grundlage ihre Rechte fordern und vertreten.
Da ist mir aber ganz unerfindlich, wieso z. B. der Herr Vizepräsident
Zierhut statt auf demokratischen Grundlagen zu basieren,
seine Politik scheinbar auf Gewalt aufzubauen gedenkt, auf der
Geltendmachung einer momentanen Machtstellung.
Es werden ja manchmal Gerüchte laut, daß
z. B. die Bezirks- und Landesvertretungen im nächsten Jahre
nicht gewählt werden sollen. Man greift sich zwar
an den Kopf und fragt sich, wieso nach dem klaren
Wortlaut des Gesetzes die zwei Drittel nicht gewählt
werden sollten. Aber ich kann Ihnen trotzdem erklären,
daß Vizepräsident Zierhut als Referent über
diese Angelegenheit in einer Klubsitzung des Bundes der Landwirte
erklärt hat. "Meine Herren, die ersten Vertretungen
in die Bezirke und Länder werden nicht gewählt
werden, die werden alle ernannt werden." Und als wir erstaunt
taten, erklärte er einfach: "Das ist ja für unsere
Partei bedeutend besser, weil wir dann besser abschneiden werden,
als bei den Wahlen." (Výkøiky. Hluk.)
Ich frage nun, wie kann ein Vizepräsident
dieses Hauses sich auf einen solchen Standpunkt stellen, daß
Gesetze, die unter seiner Ägide mit beschlossen worden sind,
von der Verwaltung mit seinem Einverständnis mit Füßen
getreten werden sollen, womit will er es begründen und verantworten,
daß so etwas geschieht? Denn wir müssen uns darüber
im klaren sein - und ich staune, daß das Herr Vizepräsident
Zierhut noch nicht weiß - es ist ja noch nicht gesagt,
daß der Bund der Landwirte einen Platz in der Regierung
auf ewig gepachtet hat. Wie wenn zum Beispiel die Herren einmal
nicht in der Regierung sind und die neue Mehrheit sich sagt. wir
werden nicht wählen lassen, wir werden lieber ernennen, dann
bekommen wir mehr in die Vertretungen hinein, als uns gehört?
Mit welchem Argumente will dieser Herr dann gegen die Vergewaltigung
des Gesetzes und Rechtes auftreten, wenn er selbst Gesetz
und Recht mit Füßen getreten hat? Das ist vielleicht
eine Politik, die sich eine der èechischen Mehrheitsparteien
erlauben kann, eine von jenen Parteien, von denen, ich glaube,
Dr Meissner
gesagt hat, sie haben es "na beton", sie haben es felsenfest
und bombensicher, daß sie immer in der Regierung sitzen
werden, Der Bund der Landwirte und die Christlichsozialen und
am allerwenigsten die deutsche Gewerbepartei haben es nicht so
bombensicher, daß sie immer in der Regierung sein werden,
umsomehr hätten sie die Verpflichtung, daß unter ihrem
Regime und unter ihrer Mitregierung derart undemokratische und
gesetzwidrige Sachen nicht vorkommen. Es ist die Grundlage jeder
Minder,. heitenpolitik, sie können das dauernd nicht tragen.
Wenn sie von Erfolgen so hie und da im kleinen
Klüngel herumsprechen - in der Öffentlichkeit davon
zu sprechen wagen sie nicht, weil die sogenannten Erfolge zu kleinlich
sind, andererseits weil sie davon nicht sprechen dürfen -
so muß ich das eine erklären: Eine Politik, die darauf
aufgebaut ist, daß wir wie Diebe die Erfolge nach Hause
tragen, daß wir uns scheuen müssen, davon öffentlich
zu sprechen, das sind keine Erfolge. So können wir nicht
Politik machen. Wir müssen Politik offen und ehrlich treiben,
und gerade als Minderheitsvolk haben wir umsomehr die Verpflichtung,
die Politik geradlinig zu führen. Die Herren können
einwenden, daß wir noch weniger erreicht haben, als sie
erreichen. Da kann ich ihnen nur das eine antworten: Ich habe
durch die Beziehung meiner Stellungnahme als Politiker das riskiert,
was ich riskieren kann. Mehr kann mir dabei nicht geschehen. Ich
kann das Mandat verlieren und damit ist für mich die Sache
erledigt. Aber was ich einsetzen kann, habe ich eingesetzt. Sie
haben es etwas besser. Sie sind heute in der Regierung.
Sie können beweisen, daß sie in der Regierung etwas
leisten können. Und ich erkläre hier, daß ich
in demselben Momente, wo wir von einem deutsch-èechischen
Ausgleich wirklich reden könnten, wo davon ehrlich gesprochen
wird, wo man die ersten großen Gehversuche
auf diesem Gebiete sieht, daß ich dann gerne bereit bin,
in diesem Moment vor Ihnen die Segel zu streichen. Doch keinen
Augenblick früher. Und so lange Sie diese Mißleitung
des deutschen Landvolkes weiterhin betreiben, kann ich Ihnen nur
sagen: Zahn um Zahn, Aug' um Aug'! Und nicht früher wird
Friede, bevor nicht die Herren dazu zurückkehren, was das
deutsche Landvolk verlangt, zu einer nationalen und agrarischen
Richtung, nicht aber zur Vernachlässigung unserer Volksbelange
und der Preisgabe dessen, was unser deutsches Landvolk fordern
muß. (Potlesk na levici.)