Støeda 30. listopadu 1927

5. Øeè posl. Weberové (viz str. 48 tìsnopisecké zprávy):

Meine Damen und Herren! Der Herr Außenminister Dr. Beneš hat vor längerer Zeit in der "Ere nouvelle" das Wort gesprochen: Politik kann nur mit dem Verstand gemacht werden. Nun gerade die Vorlage, zu der wir heute sprechen, ist kein Beweis dafür, daß nur der Verstand dabei ausschlaggebend gewesen wäre. Denn gerade diese Politik der Vergewaltigung alles Deutschen ist kein Beweis höherer Einsicht, sondern man muß hier in Betracht ziehen, daß sich hier die rein chauvinistische Einstellung gegenüber den Deutschen in diesem Staate ausspricht. lnfolge der allzu karg bemessenen Redezeit ist es gerade den kleineren Parteien unmöglich, zu allen Punkten Stellung zu nehmen, umso weniger, als wir Oppositionelle uns zu jedem einzelnen Punkte durch eingehendes Studium genau informieren müssen, um uns ein selbständiges Urteil zu bilden. Denn wir erhalten ja Gott sei Dank nicht die zu vertretende Meinung von der Regierung fix und fertig geliefert. Wer in den jüngsten Tagen die Reden hier im Hause gehört hat, der muß als Fernerstehender den Eindruck gewinnen, als wenn uns Deutschen in diesem Staate überhaupt nichts mehr zu wünschen übrig liebe. Nach Reden á la Windirsch, der sicherlich jeden Rekord in Betreff des neuen Sportes des Wettkriechens schlägt, und nach den Worten, wie z. B. Herr Greif sie gefunden hat, der jeden Angriff noch so berechtigter Art auf den Staatsvoranschlag geradezu als einen Angriff auf die Demokratie umdeuten will, stehen wir Oppositionelle als ewig Unzufriedene den so ungemein gebefreudigen, keinen nationalen Haß kennenden Èechen gegenüber.

Ich will nun doch das zu oft bezogene Wort "Gleiche unter Gleichen" bei dem Kapitel soziale Fürsorge ein bißchen ziffernmäßig beleuchten. Zum Beispiel in der Jugendfürsorge wurde im Jahre 1921 vom Ministerium für soziale Fürsorge der Betrag von 15,784.879 Kronen ausgeworfen, wovon die deutsche Jugendfürsorge 610.000 Kronen erhielt, das waren 3,86%. Im Jahre 1922 waren es 3,49%, im Jahre 1923 2,32%, im Jahre 1924 3,7%, im Jahre 1925 2,6% und so geht es weiter immer im gleichen Betrage und in der gleichen Art. Das Gesundheitsministerium hat für das öffentliche Gesundheitswesen und für körperliche Ertüchtigung und Erziehung in den Jahren 1921 bis inklusive 1925 insgesamt den Betrag von 22.500.000 Kronen ausgewiesen, wovon die Deutschen ganze 548.000 Kronen erhielten, insgesamt 2,43%. Die Schädigungen, welche den Deutschen im Laufe dieser 5 Jahre durch diese Verteilung erlitten haben, betrugen während dieser Jahre im ganzen 14,464.000 Kronen. Sie sehen, daß hier ein System herrscht, mit dem sich kein ehrlicher Deutscher unbedingt abfinden kann. Gerade dies ist aber nur ein Gebiet, auf dem nur die Gerechtigkeit sprechen sollte. Man sollte doch wenigstens hier nicht chauvinistischen Regungen folgen. Man kann mir persönlich sicherlich nicht nachsagen, daß ich des nationalen Empfindens ermangele. Aber seien Sie des einen versichert, wenn ich ein weinendes Kind sehe, wenn ein Leidender mich zu Hilfe ruft, frage ich nicht erst: "Bist du deutsch oder èechisch?", dann frage ich auch nicht: "Welchen Glaubens bist du?" und noch viel weniger: "Welcher Partei gehörst du an?" Wie handeln Sie, meine Herren von der Regierung? Bei Ihnen macht der Chauvinismus nicht einmal vor dem hungernden Kinde halt. Üben Sie hier Gerechtigkeit. Verfügen Sie hier, daß die Benachteiligung der Deutschen nicht so krassem Maße zutage trete, und dies wird viel zur Lösung des Nationalitätenproblems beitragen können. Ich habe einen Antrag eingebracht, der fordert, daß alle diese Beträge nach dem nationalen Schlüssel zur Aufteilung gelangen sollen. Diese Forderung bedeutet gewiß keine Schmälerung der èechischen Rechte. Und Sie, meine Herren von der nationalen gegnerischen Seite, können durch die Annahme dieses Antrages beweisen, daß Sie doch noch ein Fünkchen guten Willens haben, und die Herren von den deutschen Regierungsparteien können in diesem Falle bezeigen, ob sie den Namen Deutsche verdienen oder ob sie den traurigen Mut besitzen, auch diesen Antrag mit niederzustimmen.

Abg. Dr. Viškovský hat behauptet, daß die Opposition unberechtigt sei, weil Not, Elend, Arbeitslosigkeit usw. in diesem Staate nicht zu finden seien. Ich glaube ohne weiters, daß Herr Abg. Viškovský für seine Person diese schönen Dinge bisher nicht kennen gelernt hat. Aber er soll hinausgehen in unsere deutschen Bezirke, er soll sehen, was sich dort tut, vielleicht ändert er dann seine Ansicht. Der Staat, dem die Arbeitskraft des einzelnen Staatsbürgers zugute kommt, hat die verfluchte Pflicht und Schuldigkeit, für diesen Staatsbürger, wenn er alt, siech, erwerbsunfähig ist, auch zu sorgen. Schauen Sie sich z. B. einmal das Leben im Siechenhaus zu Welchau an. Es ist nur aus privaten Mitteln erhalten und Sie können dort ein krasses Beispiel erleben, wie es einem armen kranken Menschen in diesem demokratischen Staate geht.

Das alte Bauförderungsgesetz ist 1924 abgelaufen, ein neues bisher nicht Gesetz geworden, drei, höchstwahrscheinlich vier Bauzeiten sind unbedingt verloren. Gehen Sie hinaus in unsere deutschen Bezirke und schauen Sie dort, welch furchtbare Formen die Wohnungsnot angenommen hat! Gehen Sie hinaus in unsere deutschen Gebiete, wo förmliche Waggonkolonien entstanden sind, um den Ärmsten der Armen ein Obdach bieten zu können und dann sprechen Sie davon, daß Not und Elend in diesem Staate nicht zu finden wären. Von einer Bauförderung kann man hier allerdings nicht sprechen. Eher von einer Baubehinderung.

Und wie schaut es bei unseren Kriegsinvaliden aus? Die Regierung einschließlich ihrer deutschen Helfershelfer scheint der .Ansicht zu sein, daß diese Frage am besten durch die Zeit gelöst werde, weil ja jeder Tag, der dahin geht, die Zahl der Fordernden verringert. Kennzeichnend für die Art, wie in diesem Staate die Frage behandelt wird, mag folgendes sein. Anläßlich eines Verbandstages der Kriegsinvaliden wurde dorthin vom Ministerium für nationale Verteidigung die Antwort erteilt, daß das Ministerium einen Vertreter zu dieser Tagung aus Ersparungsrücksichten nicht entsenden könne, Die Ersparnis? Vielleicht rund 100 Kronen. Eine enorme Summe gegenüber den mehr als fünf Millionen täglich, die von diesem Hause für Kriegserfordernisse, für die Schaffung von Mitteln, um neue Invaliden zu schaffen, bewilligt worden sind. Fast könnte ich in die Bewunderung des Herrn Abgeordneten Dr, Luschka für die Sparsamkeit der Staatsverwaltung einstimmen.

Die Altpensionisten nagen auch heute noch am Hungertuche. Man erkennt zwar die Berechtigung ihrer Forderungen an, aber der Herr Finanzminister hat kein Geld. Sie bekommen leere Versprechungen und die Sache ist anscheinend neuerdings auf die lange Bank geschoben worden. Weihnachten 1927 naht heran, aber diesen Armen kommt kein Weihnachtsgeschenk zu. Ich bitte, 31 Millionen widmet man für ukrainische und russische Flüchtlinge! Die stehen uns gewiß nicht so nahe, wie jene, die durch Jahrzehnte dem Staate treu gedient haben. Fast 30 Millionen für Reptilienfonde! Diese beiden Beträge allein würden genügen, um die Altpensionisten befriedigen zu können, Mit einem Schlag wäre die Not der Altpensionisten beendet. 50 Millionen beträgt die Sanierung für die Banken. Aber Schluckenau und Kaaden bleiben unsaniert, trotzdem tausende kleiner Existenzen darüber zugrunde gehen. Fonde, Fonde und nichts als Fonde, und aus allen diesen Fonden fließen Gelder für èechische Zwecke. Wo bleibt aber das Wort von den Gleichen unter Gleichen? Wo der gerühmte Einfluß der Regierungsparteiler? Gewiß, es wird gespart in diesem Staate, aber die Ersparnisse werden nur dort gemacht, wo es nichts zu sparen gibt. Sparen Sie, wo Sie können. Aber anderswo, nicht bei den hungernden Kindern, bei den Kriegsblinden und Altpensionisten.

Nachgerade kommt man so weit, sich zu sagen, daß in diesem Staate Demokratie nicht Diskussion, sondern leeres Geschwätz ist, ansonsten wäre es unmöglich, manches hier geschehen zu lassen, wie es in diesem Staate geschieht. Es ist ja förmlich, als wollten Sie nach dem Worte handeln: "Wenn du aber wenig hast, wird das Wenige dir genommen, wenn du aber gar nichts hast, Lump, dann lasse dich begraben, denn ein Recht zu leben haben doch nur die, die etwas haben". Und es gewinnt den Anschein, als ob die Gesetze in diesem Staate einzig und allein zum Schutze der Starken vor den Schwachen gemacht würden.

Herr Dr. Luschka und auch Herr Abg. Msgre Feierfeil haben sehr zahm Oppositionstöne angeschlagen, wahrscheinlich etwas beeinflußt durch den unangenehmen Ausgang der Gemeindewahlen im Leitmeritzer und Gablonzer Wahlgebiet. Vielleicht fürchten die Herren, daß draußen endlich den guten langmütigen Deutschen die Binde von den Augen fällt und diese den Unterschied zwischen den Worten der deutschen Regierungsparteien und deren Handlungen hier im Hause erkennen könnten. Und da sprachen sie denn so schöne Worte der Opposition allerdings mit einigen bescheidenen Zurückhaltungen. Ganz besonders interessant war wohl das Wort des Herrn Dr. Luschka daß man sich gewisse Handlungen des Herrn Außenministers nicht gefallen lassen könnte. Aber, du lieber Himmel, die Herren Regierungsparteiler, sie haben sich ja auch das Lob des Herrn Außenministers bereitwilligst gefallen lassen und die Anfrage des Herrn Senators Dr. Brunar an den Herrn Minister Spina in der seinerzeitigen Sache ist bis heute unbeantwortet geblieben.

Wir Deutschnationalen, werden für das Wohl und für die Rechte unseres Volkes unentwegt eintreten und arbeiten. Die sachliche, rein sachliche Arbeit gerade unserer Abgeordneten im Gegensatz zu der ausgesprochenen Inaktivität der deutschen Regierungsparteiler in den Ausschüssen beweist, daß die deutsche Nationalpartei auf dem Boden der Tatsachen steht. Aber es wäre höchste Zeit, daß auch die Regierung sich auf den Boden der Tatsachen stellen würde und endlich zu der Einsicht gelangte, daß ein Staat, in dem nur 6 Millionen Èechen gegen 7 Millionen Angehörige anderer Völker stehen, unbedingt kein Nationalstaat, sondern ein Nationalitätenstaat ist, und daß in Anerkennung dieser unbestreitbaren Tatsache es daher höchste Zeit wäre, daß die Regierung uns Deutschen die Möglichkeit biete, das Unrecht der letzten Jahre vergessen zu können. Aber so leicht ist es bei uns Nationalparteilern, die denn doch mit einem etwas steiferen Rückgrad bedacht sind, doch nicht, wie es vielleicht bei den Herren war, die mit solchem Wohlgefühl nun die èechischen Bänke drücken. Wir sind bereit zur Mitarbeit, wenn unseren grundsätzlichen berechtigten Forderungen in diesem Staate Rechnung getragen wird. Im Interesse meines Volkes würde ich es mit unsäglicher Freude begrüßen, wenn der deutsche Justizminister sich soweit aufschwingen würde, deutsches Recht zu vertreten, und wenn der deutsche Arbeitsminister endlich auch deutsche Arbeit leisten würde. (Souhlas a potlesk poslancù nìm. strany národni.)

7. Øeè posl. dr Hanreicha (viz str. 56 tìsnopisecké zprávy):

Meine Damen und Herren! Im Auftrage des Ausschusses zur Wahrung der satzungsmäßigen Rechte der Mitglieder des Bundes der Landwirte habe ich in meinem und des Abg. Mayer Namen folgende Erklärung abzugeben:

Die Stellungnahme des Klubs des Bundes der Landwirte für die Verwaltungsreform war die Verletzung eines giltig gefaßten Parteibeschlusses. Der politische Kurs, den der Klub des Bundes der Landwirte unter Führung seines Obmanns Windirsch eingeschlagen hat, widerspricht den Reichsparteigrundsätzen des Bundes der Landwirte. Die Beschlüsse des Klubs und der Reichsleitung gegen den Abg. Mayer und mich basieren nicht auf den Satzungen und wir erkennen sie daher nicht als rechtskräftig an. (Pøedsednictví pøevzal místopøedseda Slavíèek.)

Gegen die Verletzung der Reichsparteigrundsätze, der Satzungen und gegen die Mißachtung giltig gefaßter Parteibeschlüsse habe ich den schärfsten Protest einzulegen und erkenne der Klubleitung, insbesondere dem Obmanne Windirsch das Recht ab, im Namen des sudetendeutschen Landvolkes Erklärungen abzugeben, da die überwiegende Mehrheit der deutschen Bauernschaft und des sudetendeutschen Landvolkes überhaupt den eingeschlagenen politischen Kurs mißbilligt. Als treue Anhänger der nationalen Landvolksidee werden der Abg. Mayer und ich alles, was in unseren Kräften steht, tun, um der Überzeugung der Mehrheit des deutschen Landvolkes zum Durchbruch zu verhelfen.

Während der heurigen Budgetdebatte sind sowohl im Ausschuß als auch im Plenum eine Reihe von ernst zu nehmenden Kundgebungen er folgt, aus denen die Absicht offenkundig wird, in die Stagnation der politischen Verhältnisse Bewegung zu bringen und in die Ungeklärtheit des Verhältnisses der deutschen Parteien zu einander Klarheit zu bringen. Diese Entwicklung ist gewiß auf das Wärmste zu begrüßen. Wenn der Versuch unternommen wird, aus der professoralen Theorie herauszukommen, wenn Wort- und Begriffsbildungen, die uns jahrelang wie eiserne Fesseln anhangen, über Bord geworfen werden, wenn erklärt wird, daß weder Aktivismus noch Negativismus die Frage des Tages noch der Inhalt unseres politischen Ringens sein können, so zeigt sich darin das bewußte Bestreben, die Mauern des Mißverständnisses und des Mißverstehenswollens zwischen den einzelnen deutschen Parteien niederzureißen, um zu gemeinsamer Arbeit und zu einer Konsolidierung der innerdeutschen Verhältnisse zu gelangen. In jeder Partei gibt es Anhänger der Verständigung. Was steht dieser Bewegung jedoch entgegen? Erstens einmal der Parteiapparat und einzelne führende Männer, die aus Prestigegründen, aus persönlicher Gereiztheit und Eitelkeit nicht entgegenkommen wollen, Leute, die als höchstes Ziel des politischen Kampfes den Streit der deutschen Parteien unter einander und nicht den Kampf um die Rechte des deutschen Volkes selbst betrachten. Zu diesen Hemmungserscheinungen gehört in erster Reihe der Klubobmann des Bundes der Landwirte Herr Winaadirsch. Koll. Rosche und Koll. Knirsch werden wohl noch viele Reden halten können, aber ohne Erfolg, und zwar solange, bis es gelingt, dem Herrn Windirsch sein Handwerk zu legen. Herr Windirsch hat vorgestern vom Herrn Dr Rosche verlangt, daß er von der Irredenta abrücke, daß die deutsche Nationalpartei ihr Programm zu ändern habe und wenn das alles geschehen wäre, traut Herr Windirsch dem Koll. Rosche und allen anderen noch lange nicht. Herr Windirsch ist sich scheinbar über einige Grundfragen unserer deutschen Politik vollständig im Unklaren, er scheint es nicht zu begreifen, daß Selbstbestimmungsrecht und Irredenta durchaus nichts mit einander zu tun haben. Oder meint er, daß die Aufstellung irgendwelcher politischer Forderungen schon Irredenta ist und daß er sich so stark davor hüten muß, meint er, daß, wenn Bedingungen für die Mitarbeit gestellt werden, dies ein unerlaubtes Beginnen ist, das ihm als dem immer getreuen und loyalen Staatsbürger nicht zusteht? Darum verlangt er, daß die Nationalpartei ihr Programm zu ändern hat? Ich habe nichts dagegen, ob sie es ändert oder dabei bleibt, ich bin nicht ihr Anwalt. Aber ich möchte mir eine Frage erlauben: Auf Grund welcher Änderung des Programmes ist der Bund der Landwirte in die Regierung eingetreten? Das Programm des Bundes der Landwirte ist vollständig klar und deutlich und es hat von einem Eintritt in die Regierung noch niemand etwas darin finden können. Nichtsdestoweniger hat Herr Windirsch den Schritt in die Regierung getan und sich auch dort in einer Weise aufgeführt, die nur den Programmpunkten des Bundes der Landwirte widerstreiten und widersprechen kann. Und was das Mißtrauen anbelangt, glaube ich, daß Windirsch einfach nicht trauen will. Er mißtraut, weil es ihm so besser paßt, weil er einfach die Unterstützung anderer deutscher Parteien und Parlamentarier nicht haben will, weil er ganz genau weiß, daß eine solche Unterstützung nur dann zu haben wäre, wenn er etwas raschere Beine machen würde in seiner Politik, wenn er den Beweis erbringt, daß es möglich ist, Erfolge durch eine Zusammenarbeit mit den Èechen für unser deutsches Volk zu erreichen.

Der Gipfelpunkt unpolitischen Verhaltens ist dann wohl die Verhöhnung der Gefühle des deutschen Volkes durch den Herrn Abg. Windisrch. Herr Windirsch scheint ganz vergessen zu haben, daß nicht nur Herr Dr. Lodgman Landeshauptmann von Deutschböhmen war, er hat übersehen daß Herr Seliger, aber auch der gewesene Abgeordnete Meixner, ein gutes Parteimitglied des Bundes der Landwirte, Stellvertreter des Landeshauptmannes von Deutschböhmen waren. (Posl. Neurath: Und Windirsch hat damals nicht auf gemuckst!) Er war damals Getreidekommisär, das ist eine andere Sache. Aber solche Dinge vergißt man unter Umständen sehr gern und es ist begreiflich, daß er davon nichts gesprochen hat. Aber er scheint auch andere Dinge vergessen zu haben, so seinen Kollegen Brunnar und einen südböhmischen Senator; denn wir haben nicht bloß eine deutschböhmische Landesregierung gehabt, sondern auch eine Landesregierung oder Kreishauptmannschaft in Südmähren, im Böhmerwald, eine schlesische Regierung und dergleichen. Die Sache ist so, daß der gewesene Reichsratsabgeordnete Brunnar aus Höflein im Bezirke Znaim, der heute noch ein prominentes Mitglied unserer südmährischen Organisationen beim Bund der Landwirte ist, und der Senator Luksch damals Stellvertreter des Kreishauptmannes Teufel in Znaim gewesen sind und ich halte es für eine unglaubliche Unverfrorenheit und Unkollegialität gegen seine Kollegen, wenn der Herr Windirsch an die Maßnahmen und das Verhalten dieser Leute ganz vergessen hat. (Rùzné výkøiky. - Hluk.) Doch Kollegialität sitzt dem Herrn nicht im Blute. Er scheint eben sein nationales Fühlen als Weltenbummler in den Dschungeln von Hinterindien verloren zu haben und als Lehrer der deutschen landwirtschaftlichen Schule in Reichenberg scheint er zum Schaden für unsere deutsche Landjugend nationales Fühlen nicht wieder gefunden zu haben. Doch ich kann ihm eines sagen, daß unser deutsches Landvolk anders denkt und ich bin überzeugt davon, ich weiß es aus zuverlässigen Nachrichten, daß seine Klubkollegen über seine Rede von unlängst entsetzt gewesen sind. (Výkøiky posl. Horpynky.)

Doch diese Blüten, die wir hier am Stamme des Bundes der Landwirte treiben sehen, sind ja nur das Produkt einer langen Entwicklung, Die Herren haben im Jahre 1925 vor den Wahlen und nach den Wahlen den Beweis erbracht, daß ihnen ein Zusammengehen der deutschen Parlamentarier, der deutschen Parteien im Interesse des deutschen Volkes durchaus nicht gelegen kommt. Als damals bei einer Beratung im Klub des Bundes der Landwirte, wo ich anwesend war, die Herren von der slovakischen Volkspartei verschiedene Anträge wegen des Zusammengehens bei der Wahl der Vizepräsidenten im Hause stellten, hat man ihnen nicht einmal freundliche Worte gegeben und war froh, wie sie wieder beim Tempel draußen waren. Als damals Bestrebungen im Gange waren, zwischen den deutschen Parteien irgend einen Modus vivendi zu finden, damit sie sich parlamentarisch doch irgendwie zur Geltung bringen. waren es gerade Herr Windirsch und Genossen, die damals alle Versuche einer Zusammenfassung der deutschen Kräfte im Parlament verhindert haben, sie wollten die Mitarbeit und Zusammenarbeit mit andern Parteien gar nicht haben. Nach den Satzungen des Bundes der Landwirte hätte eigentlich vor dem Eintritt in die Regierung das Einvernehmen mit den übrigen deutschen Parteien gepflogen werden müssen, doch ist ihnen das nicht eingefallen.

Ich frage mich heute, was die Früchte dieser mehr als einjährigen Arbeit der deutschen Regierungsparteien sind, Sind es wirtschaftliche Gründe? (Výkøiky: Die Zölle!) Bitte, die Zölle waren vorher, da war der Bund der Landwirte noch nicht Mitglied der Koalition und der Regierung, die Zölle sind vorher gewesen. Deswegen kann ich das nicht auf das Konto der Regierungskunst des Herrn Windirsch buchen. Aber selbst wenn man das Budget für 1928, u. zw. auf landwirtschaftlichem Gebiete, mit dem Budget im Jahre 1925, das noch von den èechischen Sozialdemokraten mitgemacht worden ist, vergleicht, so findet man, daß für das Jahr 1928 für das Landwirtschaftsministerium ein um 10% geringerer Betrag eingestellt ist als im Jahre 1925. Also auch darauf brauchen die Herren als Agrarier nicht besonders stolz zu sein. Sie haben nationalpolitisch meines Erachtens nichts erreicht, sie haben agrarpolitisch nichts erreicht und ich frage mich: Was haben sie in der Regierung denn das ganze Jahr getan, wo sind die Erfolge, die sie haben? (Výkøiky.) Ich bin neugierig, wann die sogenannte Novelle zur Sozialversicherung kommen wird, ob sie überhaupt, kommen wird. Sie haben ihren Bauern draußen versprochen, daß sie vor dem Budget kommen wird. Zuerst versprachen sie sie gleichzeitig mit der Verwaltungsreform, dann vor dem Budget, jetzt ist das Budget da und die Sozialversicherung ist noch immer nicht da. Ich bin nur neugierig, wie die Herren vor der Wählerschaft draußen das rechtfertigen wollen. (Výkøiky posl. dr Schollicha.)

Man sieht, daß Herr Windirsch keine andere Aufgabe zu erfüllen hat, als den Einpeitscher für seinen èechisch-agrarischen Ko!l, Švehla zu spielen. Ich bin überzeugt, daß das eigentlich seine Hauptaufgabe ist und es ergibt sich das zwangsläufig auch daraus, wenn m, n. sieh t, was er vom Koll, Knirsch haben wollte, Er freut sich konstatieren zu können, daß Koll. Knirsch den Staat anerkannt hat, die größte Sorge vom Windirsch ist die Anerkennung des èechoslovakischen Staates durch den Koll. Knirsch. Ich weiß gar nicht, was ihn das angeht, was ihm das nützen könnte. Aber er scheint auch vor allem auf einiges vergessen zu haben, was z, B. der alte Køepek seinerzeit in diesem Hause hier sehr gut vorgebracht hat. Er hat damals erklärt: "Über dem Eingang dieses Hauses hier müßte eine Aufschrift stehen, bevor wir mitarbeiten können, und diese Aufschrift müßte heißen: Wiedergutmachung!" Wo ist die Wiedergutmachung? Ich höre zwar. daß es sich Køepek in der Zwischenzeit überlegt hat und meint, es war ein großer Fehler, von Wiedergutmachung zu sprechen; aber er hat auch sonst solche Entgleisungen, und als solche muß ich es betrachten, wenn er auf einem unserer Reichsparteitage erklärte: "Loyal oder nicht loyal, das ist nicht die Frage. Wir haben Rechte in diesem Staate, weil wir Pflichten auf uns genommen haben als Staatsbürger; deswegen dürfen wir nicht gefragt werden, ob wir loyal sein wollen oder nicht; wenn wir Pflichten tragen, müssen uns selbstverständlich Rechte gegeben werden." Ich glaube, Herr Windirsch denkt an all das heute nicht mehr. Er und Herr Janausch sind die Diktatoren in der Partei, zwei Agrarier ohne Halm und Ar. Schließlich ist es auch so viel besser, daß nicht die Bauern in der Partei zu Worte kommen, es ist besser, wenn die Agrarier ohne Halm und Ar sprechen. Wobei natürlich Herr Dr Czech sehr froh sein wird, daß Janausch nich mehr Parteisekretär in seiner Partei ist, nachdem Janausch angeblich eine der schlechtesten Aquisitionen des Herrn Czermak gewesen ist. Sie waren froh, wie sie ihn haben abgeben können und beim Bund der Landwirte ist er groß geworden und ist jetzt oberster Herr der Partei. Er hat mir in Leitmeritz gesagt: "Ich bin nicht Sekretär des Bundes der Landwirte, ich bin der Gründer der Partei". Sie schaut auch darnach aus. (Výkøiky posl. dr Schollicha.)

Aber auch sonst sind schwere Verstöße gegen die Grundlinien jeder Minderheitenpolitik den Herren auf Schritt und Tritt nachzuweisen. Eine Minderheit muß sich auf den Standpunkt der Demokratie stellen. Eine Minderheit kann nur auf demokratischer Grundlage ihre Rechte fordern und vertreten. Da ist mir aber ganz unerfindlich, wieso z. B. der Herr Vizepräsident Zierhut statt auf demokratischen Grundlagen zu basieren, seine Politik scheinbar auf Gewalt aufzubauen gedenkt, auf der Geltendmachung einer momentanen Machtstellung.

Es werden ja manchmal Gerüchte laut, daß z. B. die Bezirks- und Landesvertretungen im nächsten Jahre nicht gewählt werden sollen. Man greift sich zwar an den Kopf und fragt sich, wieso nach dem klaren Wortlaut des Gesetzes die zwei Drittel nicht gewählt werden sollten. Aber ich kann Ihnen trotzdem erklären, daß Vizepräsident Zierhut als Referent über diese Angelegenheit in einer Klubsitzung des Bundes der Landwirte erklärt hat. "Meine Herren, die ersten Vertretungen in die Bezirke und Länder werden nicht gewählt werden, die werden alle ernannt werden." Und als wir erstaunt taten, erklärte er einfach: "Das ist ja für unsere Partei bedeutend besser, weil wir dann besser abschneiden werden, als bei den Wahlen." (Výkøiky. Hluk.)

Ich frage nun, wie kann ein Vizepräsident dieses Hauses sich auf einen solchen Standpunkt stellen, daß Gesetze, die unter seiner Ägide mit beschlossen worden sind, von der Verwaltung mit seinem Einverständnis mit Füßen getreten werden sollen, womit will er es begründen und verantworten, daß so etwas geschieht? Denn wir müssen uns darüber im klaren sein - und ich staune, daß das Herr Vizepräsident Zierhut noch nicht weiß - es ist ja noch nicht gesagt, daß der Bund der Landwirte einen Platz in der Regierung auf ewig gepachtet hat. Wie wenn zum Beispiel die Herren einmal nicht in der Regierung sind und die neue Mehrheit sich sagt. wir werden nicht wählen lassen, wir werden lieber ernennen, dann bekommen wir mehr in die Vertretungen hinein, als uns gehört? Mit welchem Argumente will dieser Herr dann gegen die Vergewaltigung des Gesetzes und Rechtes auftreten, wenn er selbst Gesetz und Recht mit Füßen getreten hat? Das ist vielleicht eine Politik, die sich eine der èechischen Mehrheitsparteien erlauben kann, eine von jenen Parteien, von denen, ich glaube, Dr Meissner gesagt hat, sie haben es "na beton", sie haben es felsenfest und bombensicher, daß sie immer in der Regierung sitzen werden, Der Bund der Landwirte und die Christlichsozialen und am allerwenigsten die deutsche Gewerbepartei haben es nicht so bombensicher, daß sie immer in der Regierung sein werden, umsomehr hätten sie die Verpflichtung, daß unter ihrem Regime und unter ihrer Mitregierung derart undemokratische und gesetzwidrige Sachen nicht vorkommen. Es ist die Grundlage jeder Minder,. heitenpolitik, sie können das dauernd nicht tragen.

Wenn sie von Erfolgen so hie und da im kleinen Klüngel herumsprechen - in der Öffentlichkeit davon zu sprechen wagen sie nicht, weil die sogenannten Erfolge zu kleinlich sind, andererseits weil sie davon nicht sprechen dürfen - so muß ich das eine erklären: Eine Politik, die darauf aufgebaut ist, daß wir wie Diebe die Erfolge nach Hause tragen, daß wir uns scheuen müssen, davon öffentlich zu sprechen, das sind keine Erfolge. So können wir nicht Politik machen. Wir müssen Politik offen und ehrlich treiben, und gerade als Minderheitsvolk haben wir umsomehr die Verpflichtung, die Politik geradlinig zu führen. Die Herren können einwenden, daß wir noch weniger erreicht haben, als sie erreichen. Da kann ich ihnen nur das eine antworten: Ich habe durch die Beziehung meiner Stellungnahme als Politiker das riskiert, was ich riskieren kann. Mehr kann mir dabei nicht geschehen. Ich kann das Mandat verlieren und damit ist für mich die Sache erledigt. Aber was ich einsetzen kann, habe ich eingesetzt. Sie haben es etwas besser. Sie sind heute in der Regierung. Sie können beweisen, daß sie in der Regierung etwas leisten können. Und ich erkläre hier, daß ich in demselben Momente, wo wir von einem deutsch-èechischen Ausgleich wirklich reden könnten, wo davon ehrlich gesprochen wird, wo man die ersten großen Gehversuche auf diesem Gebiete sieht, daß ich dann gerne bereit bin, in diesem Moment vor Ihnen die Segel zu streichen. Doch keinen Augenblick früher. Und so lange Sie diese Mißleitung des deutschen Landvolkes weiterhin betreiben, kann ich Ihnen nur sagen: Zahn um Zahn, Aug' um Aug'! Und nicht früher wird Friede, bevor nicht die Herren dazu zurückkehren, was das deutsche Landvolk verlangt, zu einer nationalen und agrarischen Richtung, nicht aber zur Vernachlässigung unserer Volksbelange und der Preisgabe dessen, was unser deutsches Landvolk fordern muß. (Potlesk na levici.)

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