In einer der letzten Sitzungen des Abgeordnetenhauses
hat Herr Abg. Windirsch in unerhörter Weise die Zeit
des revolutionären Kampfes um das Selbstbestimmungsrecht
der Sudetendeutschen herabgewürdigt. Seine Worte dürfen
auch von meiner Seite nicht unwidersprochen bleiben.
Als die Kanonen des Weltkrieges verstummten
und der deutsche Soldat, der durch 4 Jahre eine Welt von Feinden,
23 Staaten der Erde, in Schach gehalten hatte, sein Gewehr in
die Ecke stellte, da vermeinte unser ganzes Volk, daß das
Prinzip der Selbstbestimmung der Völker gesiegt habe. Woodrow
Wilson, das Oberhaupt des größten und entscheidendsten
Staates im Weltkriege, hatte dieses Prinzip als die leitende Idee
der Alliierten bezeichnet und der Waffenstillstandsvertrag wurde
in ihrem Zeichen abgeschlossen.
In unserer Heimat gingen Dinge von unerhörtester
Bedeutung vor sich! Die tausendjährige Geschichte Österreichs
ging zu Ende, die Monarchie zerfiel und die Nationalstaaten bildeten
sich auf Grund des Selbstbestimmungsrechtes der Völker. Auch
unsere sudetendeutsche Heimat machte von diesem Rechte Gebrauch.
Einmütig wie noch nie in ihrer Geschichte forderte sie gemeinsam
mit Deutschösterreich den Anschluß an das Deutsche
Reich. Bereits am 21. Oktober 1918 hatte sich in Wien die deutschösterreichische
Nationalversammlung gebildet und am 29. Oktober 1918 beschloß
die deutschböhmische Landesversammlung genau so wie die Landesversammlung
der Provinz Sudetenland, in ihrer denkwürdigen Sitzung im
niederösterreichischen Landhause zu Wien, einstimmig folgendes:
"Im Namen des von ihr vertretenen Volkes
und Gebietes erklärt die Landesversammlung Deutschböhmen
als eigenberechtigte Provinz des Staates Deutschösterreich,
erkennt bis zur endgültigen Ordnung der Verfassung die Montag
den 21. Oktober 1918 im Landhause zu Wien gebildete deutschösterreichische
Nationalversammlung als ihre einzige und höchste gesetzgebende
Körperschaft, die von ihr eingesetzten Behörden als
ihre übergeordneten Behörden an und erklärt die
Beschlüsse der deutschösterreichischen Nationalversammlung
und die Anordnungen der deutschösterreichischen Behörden
für sich selbst, wie für das vom Landtage vertretene
Volk und Gebiet ohne Vorbehalt für bindend. Die Provinz Deutschböhmen
steht somit zu gleichen Rechten und Pflichten den übrigen
Ländern Deutschösterreichs zur Seite und gelobt, deren
Schicksal in unverbrüchlicher Gemeinschaft und Treue zu teilen."
Eine gleiche Erklärung gab Landeshauptmann
Dr. Freissler für die Provinz Sudetenland ab. Damit war das
Recht der freien Selbstbestimmung der sudetendeutschen Siedlungsgebiete
ausgeübt. Dies wurde ausdrücklich in einer Note Deutschösterreichs
am 30. Oktober 1918 an den Präsidenten Wilson hervorgehoben.
In brüderlicher Herzlichkeit hatte der österr. Staatskanzler
Dr. Karl Renner die Vertreter der sudetendeutschen Provinz in
der Nationalversammlung begrüßt und erklärt: "...
aber gerade in dieser Stunde, wo es so leicht und so bequem und
vielleicht auch so verführerisch wäre, seine Rechnung
abgesondert zu stellen und vielleicht auch von der List der Feinde
Vorteile zu erhaschen, in dieser Stunde soll unser deutsches Volk
in allen Gauen wissen: Wir sind ein Stamm und eine Schicksalsgemeinschaft."
Und fürwahr, die Größe dieser Stunde wird niemand
vergessen, der sie erleben durfte. Was später in unserer
Heimat folgte, ist bekannt. Besetzung aller wichtigen Gebiete
und Städte durch èechische Soldaten und Duldung
dieser Besetzungen durch unser Volk, in der Hoffnung auf das Selbstbestimmungsrecht
und dessen Erfüllung durch die Friedensverträge. In
dieser Zeit hat unser Volk unerhörte seelische Lasten getragen
und ich stehe nicht an zu erklären, daß sie die heroischeste
Zeitunseres Landes war. Ein Volk, das im Glauben an den Sieg eines
großen Prinzips, des Selbstbestimmungsrechtes der Völker,
die Waffen zur Seite stellt, und sich wie ein Mann den Bedingungen
der Friedenskonferenz unterwirft, ein Volk, das im Stahlgewitter
des Weltkrieges glaubte, eine neue Zeit für die Menschheit
heraufziehen zu sehen, wartete geduldig auf die Entscheidung.
Seine Führer - ohne Unterschied der Partei aber arbeiteten
ununterbrochen für die Anerkennung der sudetendeutschen Selbstbestimmung.
Als am 4. März 1919 die gewaltigen Kundgebungen
von Hunderttausenden in allen sudetendeutschen Städten neuerdings
den klaren Willen des Volkes nach dem Anschluß an Deutschösterreich
aller Welt dartaten und an diesem Tage ein halbes Hundert wehrloser
sudetendeutschen Männer, Frauen und Kinder sich in ihrem
Blute wälzten, da ahnte dieses Volk, zu spät, wie es
um sein Recht betrogen worden war.
Am 28. November 1927 hatte der Abgeordnete
des Bundes der Landwirte Herr Windirsch den traurigen Mut,
über diese Zeit größter Seelennot und wahrhafter
Seelengröße unseres Volkes spöttisch herzufallen
und von einer "Groteske der deutschböhmischen Landesregierung"
gesprochen. Wir werden mit ihm über die Taten und die Verantwortung
der auf denselben Grundlagen wie die èechische Nationalversammlung
erwählten sudetendeutschen Landesregierungen nicht rechten,
wir verweigern ihm aber das Recht, auf eine große Zeit unserer
Geschichte die Unflat seiner Kriecherei zu schleudern, und gestatten
ihm nur, sich mit seiner politischen Unwissenheit
zu brüsten. Deshalb sagen wir es nicht ihm, sondern unserem
Volke, daß die Zeit der sudetendeutschen Landesregierungen
eine Zeit der bedeutungsvollsten sudetendeutschen Geschichte war.
Der Präsident Masaryk selbst - der wahrlich von diesen
Dingen mehr weiß, als mancher andere sagt in seinem Buche
"Die Weltrevolution" auf Seite 325 wörtlich: "Dagegen
beunruhigten mich die Meldungen über eine separatistische
Bewegung der Deutschen und die Versuche, ein Deutschböhmen
zu organisieren; als jedoch berichtet wurde, daß auch ein
Sudetenland, später ein Deutschsüdmähren und sogar
ein Böhmerwaldgau entstanden, schwanden meine Befürchtungen:
solche Zersplitterungen waren allein schon ein starkes Argument
gegen die Separation. Doch war die Frage unserer Deutschen stets
ernst. Die Amerikaner und die Engländer bestanden auf einer
abstrakten Formulierung des Selbstbestimmungsrechtes."
So standen die Dinge in Wahrheit und das sudetendeutsche
Volk stand gar nicht so ferne von der Erfüllung seines Selbstbestimmungsrechtes,
als man ihm heute gerne einreden will. (Výkøiky
posl. inž. Junga a Knirsche.)
Diese geschichtlichen Feststellungen waren
nötig, um die Verdrehungen des Herrn Windirsch der
Verachtung aller ehrenhaften Deutschen preiszugeben. Wir bekennen
uns mit freudigem Stolz dazu, daß wir die Verantwortung
für diese Zeit der sudetendeutschen Geschichte mitgetragen
haben. Wir Nationalsozialisten haben sie mitgetragen mit den Vertretern
der deutschen Sozialdemokraten, des deutschen Bürgertums
und auch der deutschen Bauernschaft. Wir wollen es festhalten,
daß nicht nur der 2. Landeshauptmannstellvertreter Maixner
ein Parteigenosse des Herrn Windirsch war, sondern
daß auch der gewesene Landesausschußbeisitzer Soukup
die Abgeordneten Mayer, Krützner und der jetzige
Senator Erdmann Spiess derselben Partei angehörten.
Wir wollen weiters aller Welt ins Gedächtnis rufen, daß
die erste staatsrechtliche Erklärung vom 1. Juni 1920 und
jene vom 18. Dezember 1925, die der Amtsvorgänger des Herrn
Windirsch Abgeordneter Prof. Spina abgegeben hat,
auch im Namen des Bundes der Landwirte und daher auch in jenem
des Herrn Windirsch abgegeben worden ist. Er möge
sich diese staatsrechtlichen Kundgebungen nachlesen und seiner
politisch-geschichtlichen Wissenschaft die nötige Ergänzung
hinzufügen.
Laut und deutlich aber erklären wir: Wir
verwerfen jede Absicht und bekämpfen jeden Versuch, die Taten
der führenden Männer und die Gesinnung unseres ganzen
sudetendeutschen Volkes aus der Zeit des revolutionären Kampfes
um das Selbstbestimmungsrecht herabzusetzen und zu besudeln.
Hohes Haus! Der Staatsvoranschlag für
das Jahr 1928 gibt uns Gelegenheit, die wichtigsten volkswirtschaftlichen
Ereignisse der letzten Jahre einer kritischen Prüfung zu
unterziehen und die Linie der künftigen Entwicklung zu suchen.
Während es in den ersten Jahren nach dem Umsturz vielfach
so scheinen mochte, als ob die Èechoslovakei eine Insel
sei, die in den aufgewühlten Fluten des mitteleuropäischen
Inflationsmeeres unberührt von den Vorgängen der Umgebung
bleiben werde, ist es mit jedem Jahr, das in diesen Erdteil wieder
geordnetere Verhältnisse brachte, klarer geworden, wie unzerstörbar
die wirtschaftlichen Zusammenhäge Mitteleuropas auch in Zukunft
bleiben. Aus dem Chaos der Nachkriegszeit zeichnen sich immer
deutlicher die künftigen Formen der wirtschaftlichen Zusammenhänge
am grauen Himmel der Zukunft. Unaufhaltsam nähern sich die
nach Volkszugehörigkeit, Wirtschaft und geographischer Lage
zusammengehörigen Gebiete Deutschlands und Deutschösterreichs.
Deutschland selbst macht unter dem ungeheuren Druck der Dawesgesetze
einen völligen Umwandlungsprozeß in seinen industriellen
Produktionswerkstätten durch, der letzten Endes wiederum
zu einer gewaltigen Wirtschaftsentwicklung und ungeheueren Produktionsvermehrung
im Reiche führt. Vom Weltmarkt in immer größerem
Umfange durch England und Amerika abgedrängt, seiner Kolonien
beraubt und um seine Seemacht betrogen, muß es sich in immer
größerem Maße dem Südosten und Osten Europas
zuwenden. Verstärkte Handelsinteressen in Ungarn, Südslawien,
Bulgarien, Rumänien, in Polen, den Randstaaten, dem Balkan
und Rußland sind die Folgen dieses Zustandes für Deutschland.
Mittlerweile geht praktisch der wirtschaftliche
Anschluß Österreichs an Deutschland seiner Wege. In
diesem Raum großer wirtschaftspolitischer Interessensphären
liegt die Èechoslovakei. Wer die geographische Lage dieses
Landes überblickt, wer die Wasserstraßen, Handelswege
und die Struktur der Industrie dieses Landes überprüft,
der weiß, daß seine ganzen zukünftigen
Entwicklungsmöglichkeiten einzig und allein an der Seite
der großen mitteleuropäischen Wirtschaftsentwicklung
liegen.
Diese Tatsachen zu leugnen, oder aber ihnen
geringere Bedeutung beizumessen, als sie verdienen, ist unklug
und muß zum Schaden der Wirtschaft dieses Landes werden.
Darum ist es unbegreiflich, warum der Herr Finanzminister Dr,
Engliš sich in seinem Exposé über den
Staatsvoranschlag so sehr bemühte, diese Zusammenhänge
zu leugnen oder doch ihre Bedeutung herabzusetzen. Diese Haltung
eines Mannes, der doch sicher die Bedeutung Deutschlands für
unseren Export und Import genau kennt, ist nur aus bestimmten
politischen Einflüssen zu erklären. Es mag für
gewisse èechische Kreise allerdings ein unerträglicher
Gedanke sein, daß die Wirtschaftsentwicklung
dieses Landes in immer höherem Umfange von der deutschen
Wirtschaft beeinflußt wird. Gerade diese Kreise, die bei
der Friedenskonferenz in St. Germain die Angliederung der sudetendeutschen
Industriegebiete mit rein wirtschaftspolitischen. imperialistischen
Argumenten begründeten, müssen fürchten, daß
eben solche wirtschaftliche Gründe für die Aufgabe ihrer
ganz im Gegensatz zu den wirtschaftlichen Interessen der Èechoslovakei
stehenden Außenpolitik geltend gemacht werden. Man kann
doch nicht dauernd in einem seelischen Kriegszustand
mit dem ganzen deutschen Volk stehen, das nun nicht nur innerpolitisch
ein wichtiger Faktor ist, sondern darüber hinaus im Außenhandel
dieses Staates der größte Lieferant und Käufer
zugleich ist, Da scheint nun der Herr Finanzminister es für
nötig gehalten zu haben, Vorsorge zu treffen, da mit die
"gefährlichen" Auffassungen von den wirtschaftlichen
Zusammenhängen mit Deutschland nicht allzugroße Verbreitung
gewännen. Und deshalb glaubte es der Herr Finanzminister
nötig zu haben, von der Überschätzung des Einflusses
der deutschen Wirtschaft auf die des èechoslovakischen
Staates warnen zu müssen.
Wir halten diese Bemühung des Herrn Finanzministers
nicht nur für zwecklos, sondern auch falsch. Gerade in dem
Um stand, daß die hiesige Konjunktur um 10 Monate später
einsetzte, als die Deutschlands, beweist uns, entgegen den Auffassungen
Dr.. Engliš', daß dies eine Folgewirkung des
Aufschwunges der deutschen Wirtschaft ist. Haben wir denn vergessen,
wie ungeheuer die Arbeitslosigkeit bei uns wütete. als Deutschland
an seiner Inflation litt? (Sehr richtig!)
Will der Herr Finanzminister leugnen, daß
nur durch die reichsdeutschen Aufträge der gewaltige Umfang
unserer Industrie möglich ist? Wie war es denn diesmal? Zuerst
erholte sich der innere Markt Deutschlands nach den Schlägen
der Inflation, er gewann an Aufnahmskraft und brachte jene Teile
der deutschen Industrie in Gang, die bis dahin nicht arbeiteten.
Die Aufnahmsfähigkeit des innerdeutschen Marktes war so groß,
daß große Aufträge über die Grenze
- zum größten Teil in die Èechoslovakei - gingen.
Dadurch er ist verschwand bei uns der größte Teil der
Arbeitslosigkeit in der Industrie, die jetzt wieder exportieren
konnte und die hiesige Arbeiterschaft wurde wieder ein kaufkräftiger
Konsument und befruchtete so ihrerseits unseren Markt. Aus der
starken Aufnahmsfähigkeit des innerdeutschen Marktes gewann
die hiesige Industrie aber auch dadurch, daß die große
Beschäftigung der reichsdeutschen Industrie diese nicht mehr
so wie früher zwang, in den anderen Nachbarstaaten als Konkurrent
um jeden Preis aufzutreten und daß dadurch eine Reihe Absatzgebiete
wieder zurückgewonnen werden konnten. Ich will nur ganz kurz
darauf verweisen, daß Deutschland und Deutschösterreich
441/2% unserer gesamten Einfuhr stellen,
während sie 46% aller unserer exportierten Waren aufnehmen.
Wenn man dem gegenüberstellt, daß Frankreich nicht
ganz 4% - also nicht einmal ein Zehntel - unserer Exportsumme
aufnimmt, dann kann man sich die überragende Bedeutung
des reichsdeutschen und deutschösterreichischen Marktes für
unsere ganze Wirtschafts- und Währungspolitik vorstellen.
Diese Entwicklung ist dem Herrn Finanzminister
sicherlich wirtschaftlich sehr willkommen - aber politisch scheint
sie ihm höchst unangenehm zu sein. Das ist deshalb bedauerlich,
weil es einfach unhaltbar ist, mit dem für unsere zukünftige
Entwicklung ganz bedeutungslosen Frankreich politisch zu paktieren,
während man für die harten Tatsachen, die sich aus den
wirtschaftlichen, geographischen und volkspolitischen Zusammenhängen
ergeben, gar kein Verständnis, aufbringen will. (Sehr
richtig!)
Wenn wir uns der Finanz- und Wirtschaftspolitik des èechoslovakischen
Staates zuwenden, dann stoßen wir zunächst auf das
wichtigste Gesetz des heurigen Jahres, das
Gesetz betreffend die Regelung der Finanzwirtschaft der Gemeinden.
Seit dem vergangenen Jahre durchziehen alle Reden des Herrn Finanzministers
die Klagen über die Finanzwirtschaft der Selbstverwaltungskörper.
Auch in seiner heurigen Budgetrede hat er über die, bedeutende
Erhöhung des Geldbedarfs der, Gemeinden Klage geführt.
Er hat aber vergessen, zu sagen, daß die heurigen Erhöhungen
fast ausschließlich als die Folge des obgenannten Gesetzes
anzusehen sind. Die Gemeinden die wissen, daß ihnen mit
dem § 31, Absatz 5 die Umlagenhöhe so begrenzt wird,
daß sie in der nächsten Zeit nichts mehr werden unternehmen
können, mußten versuchen, durch Kreditaufnahmen den
Fortgang begonnener Arbeiten sicherzustellen. Dadurch sind die
Bedarferhöhungen der Gemeinden genügend aufgeklärt.
Nur der Herr Finanzminister will nicht einsehen, daß er
selbst die Ursache der Erhöhung des Geldbedarfs unserer Gemeinden
im heurigen Jahre war. (Výkøiky posl.
inž. Junga.) In wenigen Wochen werden
die Voranschläge der Gemeinden der Fondsverwaltung für
den Ausgleichsfond samt den Anforderungen um Zuweisungen vorliegen.
Wir wollen heute über diese Dinge nicht weiter sprechen,
sondern nur sagen, daß dann auch dem Herrn Finanzminister
klar geworden sein dürfte. daß mit dem Gemeindefinanzgesetz
weder die Finanznot der Gemeinden beseitigt, noch eine rationelle
Wirtschaft in den Selbstverwaltungskörpern möglich sein
wird. Welche Folgen das auf unsere Gemeinden und ihre Unternehmungen
haben wird, dürfte uns allen im kommenden Jahr in erschreckendster
Weise klar werden. (Sehr richtig!) Aber das finanzielle
Gleichgewicht wird mit diesem Auskunftsmittel in unseren Gemeinden
nicht erreicht werden. Vielleicht unterstreicht gerade dem gegenüber
das Exposé des Herrn Finanzministers gar so siegessicher
die Feststellung, daß "der Staatsvoranschlag aktiv
ist! " Was man von allen derartigen Aktiven zu halten hat,
wissen wir aus der Vergangenheit. Den Steuerträger interessiert
mehr als die Aktivität des Staatshaushaltes, die Höhe
der Steuerbelastung. Sie beträgt auch im heurigen
Jahre mehr als 700 Kronen - genau 706 Kè - und das ohne
die Belastung durch die Selbstverwaltungskörper.
Wenn die Wirkungen der Steuerreform der Wählerschaft
erst ganz klar sein werden - und das trifft im nächsten Jahr
im vollen Ausmaß zu - dann wird mit der gepriesenen Finanzpolitik
dieses Staates bald ein Ende gemacht sein. Alle die überschwänglichen
Hoffnungen die mancher Steuerträgern die Kunst des Finanzministers
und in die Neuorientierung des Systems setzte, werden sich dann
als völlig unbegründet erwiesen haben und die harten
Tatsachen werden aufzeigen, daß dieses System es wohl verstanden
hat, die Selbstverwaltung zu unterdrücken, die Sozialpolitik
zu verschlechtern und den Kampf gegen das Sudetendeutschtum zu
verschleiern - daß es aber seine Versprechungen keiner Weise
eingelöst hat. (Sehr richtig!)
Ich werde versuchen, dies in einigen Ziffern
an Hand des Voranschlages darzutun, in welcher Weise die deutschen
Forderungen mißachtet werden.
Das Ministerium des Äußern verfügt
über 26,6 Mill. Kronen, die für Schrifstellerhonorare,
Honorare für ausländische Mitarbeiter, Zeitungs- und
Bücherpublikationen, Stipendien für fremde Zeitungen,
Kulturverbindungen mit dem Auslande, besonders mit Frankreich,
dann für den politischen Informationsdienst und für
den Propagandafond ausgegeben werden sollen. Daß alle diese
Beträge von den ordentlichen Ausgaben sprechen wir nicht
- zur Gänze in antideutschem Sinne Verwendung finden, gibt
der Motivenbericht dieses Ministeriums nicht zu. Es heißt
dort auf Seite 200 wortwörtlich: "Europa braucht vor
allem Ruhe und Ordnung. Aus diesem Grunde betrachtete auch die
Öffentlichkeit in den Staaten der Kleinen Entente die künstliche
Ausbreitung der Anschlußbewegung in Österreich und
Deutschland." (Hört! Hört!) Und um dieser
Anschlußbewegung in Österreich entgegenzuwirken, läßt
sich der Herr Minister Dr Beneš sein Propagandabudget
allein auf 14 Millionen Kronen erhöhen. Wenn der Motivenbericht
sagt, daß Europa Ruhe braucht, dann stimmen wir mit dieser
Auffassung überein. Ruhe wird aber nur sein, wenn man den
Deutschen ihr Selbstbestimmungsrecht gewährt und wenn man
den Deutschösterreichern die Heimkehr ins Reich nicht weiter
verweigert. Gerade bei diesem Posten und seiner Begründung
wird das Antideutsche der èechischen Regierungspolitik
klar. Im Budget des Außenministeriums ist außerdem
eine Post von 19 Millionen Kronen für die russischen und
ukrainischen Flüchtlinge enthalten, für die auch im
Landwirtschaftsministerium 4 Millionen und im Schulministerium
8 Millionen, zusammen also nicht weniger als 31 Millionen Kronen
reserviert sind. (Hört! Hört!) Während man
die Arbeitslosen mit nicht ganz 20 Millionen bedenkt, während
man für die Witwen, Kinder und Hinterbliebenen der am 4.
März 1919 gefallenen auch heute noch nicht gesorgt hat, während
man für die Repatriierung der noch in Rußland verbliebenen
Kriegsgefangenen aus unserer Heimat nicht einmal 100.000 Kronen
übrig hat, während man erklärt, für unsere
Altpensionisten kein Geld zu haben, werden hier 31 Millionen
für einen Zweck aufgewendet der die Èechoslovakei
gar nichts angeht.
Wir fragen: Warum hat die Èechoslovakei für die Versorgung
der russischen und ukrainischen Flüchtlinge nicht den Völkerbund
angerufen? Der Völkerbund hat im Jahre 1921
die "Griechenhilfe" organisiert, er möge, wenn
es nötig ist, auch die Hilfe für die russische und ukrainische
Flüchtlinge organisieren. (Sehr richtig!)
Daß das Ministerium für nationale
Verteidigung natürlich ebensowenig für die deutschen
Interessen vorsorgt, bedarf keiner besonderen Erläuterung.
Wir stellen heute nur abermals fest, daß die Èechoslovakei
ein Viertel aller Steuern für das Militär ausgibt, nicht
1400 Millionen, wie der Voranschlag sagt, sondern folgende Beträge
sind für Heereszwecke festgelegt:
1. Voranschlag des Ministeriums für nat. Verteidigung 1400
Mill. Kè, 2. Zuweisung aus dem Rüstungsfonde 315 Mill.
Kè, 3, Militärpensionen 166 Mill. Kè, 4. Militärbauten
im Min. für, öff. Arbeiten 26 Mill. Kè, 5. Sozialversicherung
für Militärpersonen 16 Mill.
Kè, 6. Verzinsung für Militärausgaben gemachte
Schuld, 300 Mill. Kè, zusammen 2323 Mill. Kè. (Hört!
Hört!) Der Steuerträger
hat also ni cht we. niger als 2300 Millionen Kronen allein für
das. Heer dieses Staates auszugeben. Selbst die lammfromme
"Deutsche Presse" vom 30. Oktober 1927 sagt dazu: "Da
ist vor allem die Höhe des Heereserfordernisses für
unsere Verhältnisse entschieden zu hoch bemessen. Hier können
und müssen Ersparnisse erzielt werden..." Aber wie wir
sehen, haben sich die Herren von der Christlichsozialen Partei
nicht sehr angestrengt oder aber ist ihr Einfluß oben ganz
unbedeutend, denn auch am Militärbudget wurde nicht eine
einzige Ziffer geändert.
Ein weiteres Musterbeispiel für die Benachteiligung
der Deutschen ist das Ministerium für Eisenbahnwesen. Es
wirft heuer für die Elektrifizierung der Bahnen 25 Millionen
und für den Bahn-Neubau 67 Millionen aus. Von den elektrifizierten
Strecken fällt natürlich nicht eine einzige auf deutsches
Gebiet. Alles ist in der Umgebung Prags konzentriert. Auch von
Eisenbahn-Neubauten in den deutschen Gegenden ist keine Rede,
obzwar wir eine Reihe alter Eisenbahn-Bauprojekte haben, die seit
Jahrzehnten nicht durchgeführt werden. Von den mehr als 128
Millionen Kronen für andere Bauten des Eisenbahnärars
ist außer der Legung des zweiten Geleises auf der Strecke
LeitmeritzSchreckenstein für die deutschen Gebiete nichts
vorgesehen. Von dem längst nötigen Bau der Bahnöfer
in Bodenbach, KreibitzTeichstadt. Böhm, Leipa, Aussig, Karlsbad,
Gablonz usw. ist nirgends die Rede. Dafür soll um
viele Millionen ein Bahnhof in Kolin und viele andere Bahnhöfe
im èechischen Gebiet errichtet werden. Auch das Postministerium
baut nur im èechischen Gebiete und sieht hiefür 40
Millionen Kronen vor. Lediglich der Postamtsbau
in Troppau und Lobositz und die Umbauten in Karlsbad, Mähr.
Schönberg und Saaz im Betrage von 21/2
Millionen - also nicht ganz 6%! - entfallen auf die deutschen
Gebiete. Das Finanzministerium setzt wieder wie alljährlich
50 Mill. Kronen für die Sanierung von Geldanstalten
in das Budget. Bisher wurden aus diesem Sanierungsfond nur èeehisehe
Geldinstitute saniert, während
die Schluckenauer Sparkassa noch immer nicht erledigt erscheint.
Besondere Beschwerde führen wir über
das Kapitel Ministerium für Volksgesundheit aber auch über
jenes für soziale Fürsorge. Zum Kampf gegen Epidemien,
Alkohol und Tuberkulose stehen mehr als 12 Millionen zur Verfügung,
von denen die deutschen Schutzverbände lächerliche Summen
erhalten, die kaum 2% des Gesamtbetrages erreichen. Für
Körpererziehung werden 2 Mill. festgesetzt. Wir stellen fest,
daß der deutsche Hauptausschuß für Leibesübungen
ganze 40 Tausend Kronen, d. i. 2% der Gesamtsumme
erhalten hat. Für Jugendfürsorge wenden die beiden Ministerien
rund 40 Mill. Kè im kommenden Jahre - also etwa ebensoviel
wie bisher auf. Wie ungeheuerlich hier die Benachteiligung der
deutschen Landeskommission für Mutterschutz und Jugendfürsorge
ist, geht daraus hervor, daß das Gesundheitsministerium
in den Jahren 1921 bis 1926 26 Mill. Kè.
verteilte, und davon den deutschen Kommissionen 602.000
Kè. (Hört! Hört §,),
also ganze 21/4% überwies, während
das Ministerium für soziale Fürsorge in derselben Zeit
100,000.000 Kè verteilte und davon den deutschen Landeskommissionen
nur 3 Mill. zuteilte, also 3%. Man
kann sich beiläufig errechnen, um wieviele Mill. Kè.
unsere Deutschen humanitären und sozialen Körperschaften
verkürzt worden sind und noch immer verkürzt werden,
trotz deutscher Regierungsparteien.
Für die Hebung und Unterstützung
des Gewerbestandes sind 6 Mill. Kè. in das Budget
eingesetzt. Ich habe nirgends erfahren können, ob auch nur
eine einzige deutsche gewerbliche Genossenschaft auch nur einen
Heller aus diesen Fonds erhalten hat. Auch hier scheinen ausschließlich
nur èechische Gewerbetreibende
Zuwendungen zu erhalten, während die Deutschen Steuern zahlen
können. Für die Hebung des Fremdenverkehrs sind über
1 Mill. eingesetzt, davon erhalten die Landesverbände für
Fremdenverkehr 110,000 Kè also etwa 11% statt 23%! Für
Turistik und Wandersport sind 640.000
Kè eingesetzt, von denen der deutsche Hauptverband der
Gebirgs- und Wandervereine im Jahre 1927 30.000 Kè erhielt,
obzwar er nicht viel weniger Mitglieder zählt, als der "Klub
èechischer Turisten"!
Im Kapitel Ministerium für öffentliche Arbeiten stellen
wir ebenfalls eine Benachteiligung der Deutschen fest. Von den
Mittelschulbauten werden 2,830.000 Kè auf èechische
Mittelschulen aufgewendet, während nicht eine einzige deutsche
Mittelschule vorgesehen ist; der Posten für das èechische
Minderheitsschulwesen ist von 64 auf 75 Mill. Kè. gestiegen!