Hohes Haus! Bevor ich auf das Kapitel Landwirtschaft
übergehe, möchte ich auf eines verweisen, weil heute
nachmittags einer unserer ehemaligen Klubkollegen Dr Hanreich
unserer gedacht hat. Er will uns scheinbar durch seine Rede
ein kleinwenig Verlegenheit bereiten. Ein orientalisches Sprichwort
sagt: "Spucke nicht in den, Brunnen, aus dem du getrunken
hast." Dabei haben ihm jene Klubkollegen der deutschen Nationalpartei
sekundiert, denen die Absicht nicht gelungen ist, die Herren Mayer
und Hanreich als Keimspaltpilze in unserer Partei hochzuzüchten.
Der Mann, dessen Gedächtnis in den letzten zwei Jahren unter
seinen seelischen Depressionen scheinbar so gelitten hat, daß
er heute nicht mehr weiß. was er gestern gesagt, gestern
geglaubt oder gestern als Wahrheit verbreitet hat, der Mann hat
wie Petrus, ehe der Hahn einmal gekräht hat, seinen Überaktivismus
verleugnet. (Rùzné výkøiky
poslancù nìm. strany národní a nìm.
strany køes. sociálni. -
Hluk.)
Místopøedseda dr Buday
(zvoni): Prosím o k¾ud.
Posl. Weisser (pokraèuje):
Herr Abg. Hanreich hat für
sich und seinen politischen Bettgenossen eine fälschliche
Erklärung im Namen des Bundes der Landwirte abgegeben, hinter
der kaum die Zahl eines dörflichen Feuerwehrvereins als Mitglieder
steht. Wir wünschen der Nationalpartei, daß der wiedergenesene
als der verlorene Sohn in die deutsche Nationalpartei wieder aufgenommen
wird, aus welcher er zu unserer Partei um seines Mandateswillen
herüberkam, da hinter Bäran und Radda kein Platz mehr
war. Jede letzte Bezirksorganisation des Bundes der Landwirte
hat über die zwei ausgeschlossenen Parlamentarier bereits
das Urteil gesprochen (Odpor na levici.) und werden die
Anwürfe, die er in echtritterlicher Art heute hier gegen
Abwesende vorgebracht hat, dem gesunden Urteil des deutschen Landvolkes
ruhig überlassen.
Wenn ich nun im Namen meiner Partei zum Kapitel
Landwirtschaft spreche, will ich insbesondere die Notlage unserer
kleinen Gebirgslandwirtschaft sowie aller mitschaffenden und arbeitenden
Stände dartun. (Rùzné výkøiky
posl. dr Schollicha, inž. Junga. Krebse, Knirsche a Wagnera.)
In diesem Jahre wurden unsere deutschen
Randgebiete von Unwetterkatastrophen heimgesucht wie noch nie.
Aus meinem Wahlkreise möchte ich ganz besonders hervorheben
das Adlergebirge bei Neustadt und Rokitnitz, welch letzteres ein
ausgesprochenes Notstandsgebiet ist, das leider bisher nicht vom
Staate als solches anerkannt wurde. Aus diesem Grunde wurde die
dortige landwirtschafttreibende Bevölkerung doppelt hart
und schwer betroffen. (Výkøiky posl. dr
Schollicha, Knirsche a Wagnera. - Hluk.)
Místopøedseda dr Buday
(zvoni): Prosím o k¾ud.
Posl. Weisser (pokraèuje):
Kaum daß der Herrgott alle Teufel
losgelassen hatte auf diesen ohnehin kargen Gebirgsboden, ging
bald darauf über die vernichteten Fluren frohgemut vom heiligen
Diensteifer beseelt der Steuerexekutor. Himmel und Erde vereinigten
sich zu einem schweren Gewitter, um diesen kleinen Leuten nicht
nur die Ernte zu vernichten, sondern auch die letzte Kuh aus dem
Stall herauszuholen. (Výkøiky posl. dr
Schollicha, Knirsche, inž. Junga, Krebse
a Wagnera.)
Místopøedseda dr Buday
(zvoni): Prosím o k¾ud.
Posl. Weisser (pokraèuje):
Wenn ich nicht rechtzeitig durch die Bezirksleitung
Deschney verständigt worden wäre, und die notwendigen
Schritte sowohl bei der Steueradministration als auch bei der
politischen Behörde in Neustadt unternommen hätte, deren
Bereitwilligkeit ich rühmlich, hervorheben muß, wären
dem Steuerexekutor noch mehr Opfer zugefallen, als er schon im
Rachen hatte. So aber mußte er sie auf allerhöchsten
Befehl hin auslassen. Dies geschehen im Jahre des Heils 1927.
Die weiteren Gebiete des Riesengebirges, wie des Braunauer Ländchens
und Teile von Königinhof sind in ihrer wirtschaftlichen Lage
ebenfalls nicht zu beneiden und manchmal auch nicht besser daran
als die vorerwähnten Gebiete, da sie heuer gleichfalls von
Unwettern heimgesucht wurden. (Hluk trvá.)
Meine Kollegen Windirsch und Böhm
haben bereits im Budgetausschuß zu demselben Thema, das
ich heute behandle, in anerkennenswerten Worten gesprochen. Auch
Herr Oberrat Dr. Lotring hat zum Exposé des Landwirtschaftsministeriums
in unserer Presse Stellung genommen. Wenn auch das heurige Budget
des Landwirtschaftsministeriums um 11 Millionen mehr aufweist,
als im Vorjahre, so ist dies doch nur ein kleines Sümmchen.
Die Landwirtschaft im Gebirge soll sich umstellen. Der unrentable
Ackerbau soll aus der Wirtschaftsweise ausscheiden, man will zur
Grünlandwirtschaft übergehen, d. h. zur Futter- und
Weidewirtschaft. Die Beiträge des Staates jedoch zu diesem
Zweige der Wirtschaft sind sehr gering. Die armen Teufel im Gebirge
können es nicht aus, Eigenem schaffen. Sie sind nun einmal
die wirtschaftlich Schwächeren. Sie liegen abseits von jedem
Verkehr, ihre Straßen sind in einem schlechten unfahrbaren
Zustande. 4-6 Stunden von der nächsten Bahnstation entfernt
bringt ihnen die Erreichung dieser Stationen viel Mühe und
kostet sie große Opfer an Zeit und Geld, Und gerade die
entlegeneren Gebiete sind es, die sich die Händler als ihr
Raubbaugebiet aussuchen. Die Unwetterkatastrophen der vergangenen
Jahre und besonders die heurigen zwingen die Bewohner der genannten
Gebirgsgegenden zur Futter- und Weidewirtschaft. Sie laufen sonst
Gefahr, statt der kargen Ackerböden nur noch kahle Felsen
vor sich zu haben, denn die ohnehin spärliche Erdkrume wird
bei jedem Unwetter ins Tal hinabgeschwemmt, Ich konnte selbst
Zeuge mehrerer solcher Unwetterkatastrophen in diesem Jahre sein.
Hier müßte das Kapitel der Wildbachverbauungen und
der Flußregulierungen einsetzen. (Pøedsednictví
pøevzal místopøedseda Slavíèek.)
Doch die Ansuchen von Seiten der Gemeinden
werden stets zurückgestellt mit der Begründung, daß
die Mittel unzulänglich sind, die man hiefür bereit
gestellt hat. Man wird immer auf das nächste Jahr vertröstet.
Ich verweise auf das Beispiel der Gemeinde Proschwitz bei Arnau,
die sich schon seit Jahren um eine Regulierung ihres Flusses bemüht.
Bis zum heutigen Tage blieb ihr Ansuchen unerledigt. Wäre
es rechtzeitig erledigt worden, würden Kulturschäden
wie oben angeführt verhütet.
Stellt man die Gebirgsbewohner jedoch vor die
Frage der Futter- und Weidewirtschaft. erhält man zur Antwort,
daß die Viehzucht erst recht nichts einträgt, da der
Händler, wie bereits erwähnt, gerade in diesen Gebieten
freies Spiel hat und die Preise, die am Lande ohnehin kaum
annehmbar sind, hier stark herabdrückt. Wenn z. B. das Lebendgewicht
am Lande pro Kilogramm von 5 bis 7 Kè notiert, so kann
man im Gebirge rechnen, daß für dieselbe Qualität
nur 3 bis 5 Kè bezahlt werden. Mit den tierischen Produkten
verhält es sich ebenso. Milch und Butter
ist in diesen armen Gegenden nicht an den Mann zu bringen. Besagte
Gebiete haben kein Hinterland, um sich wirtschaftlich entwickeln
zu können. Die gesamte Gebirgsbevölkerung von Ostböhmen
stößt überall an Reichs- und Zollgrenzen. Aus
dem Geschilderten ergibt sich die gewaltig mißliche wirtschaftliche
Lage unserer Randgebiete im Osten. Hier muß die Landwirtschaft
zur Selbsthilfe greifen und auf genossenschaftlichem Gebiete bahnbrechend
wirken. Begrüßen muß ich daher die Gründung
einer Molkereigenossenschaft in Rokitnitz, wodurch der dortigen
Bevölkerung ein neuer Absatzzweig für - ihre tierischen
Produkte geschaffen wurde. Und gerade hier kann ich nicht unerwähnt
lassen, daß das Landwirtschaftsministerium diesen Bau durch
eine Subvention von 100.000 Kè ermöglicht hat.
Dieser Zusammenschluß der landwirtschaftlich produzierenden
Kreise in Rokitnitz soll für alle anderen Gemeinden des Adlergebirges
beispielgebend sein; im Neustädter Bezirke werden sie sich
ebenfalls zusammenschließen und sich
so eine bessere Absatzmöglichkeit für ihre Produkte
schaffen, um nicht weiterhin der Gnade und Ungnade der Händler
einheimzufallen.
Die gesamte Landwirtschaft, vor allem aber
die Gebirgslandwirtschaft, die durch die Lage auf die Viehzucht
angewiesen ist, fordert höhere Viehzölle, eine Forderung,
die vollauf berechtigt ist, von der wir in der jetzigen Zeit nicht
ablassen können, bedingt durch die wirtschaftlichen Nöte,
die über uns durch eine verfehlte Gesetzgebung auf sozialem
Gebiete hereingebrochen ist. In der Hauptversammlung der
Viehzüchter in Pilsen am 14. November d. J. wurde ebenfalls
darauf hingewiesen, daß wir über alle Maßen von
ausländischem Vieh überschwemmt werden. Dies geschieht
einzig und allein im Interesse des Händlertums. Der èechisch-agrarische
Abgeordnete Dr Zadina hat in einer kürzlich erschienenen
Schrift zugegeben, daß die Hauptursache in den ungenügenden
Schutzzöllen zu suchen sei.
Das Wort "Zoll" von Seite der Landwirtschaft
gesprochen und gefordert, wirkt auf unsere politischen Gegner
ebenso wie auf unsere konsumierende Bevölkerung wie eine
Brandbombe und bedeutet doch nichts anderes als den Schutz der
heimischen Landwirtschaft, wenn ich mich besser ausdrücken
darf, der ländlichen Arbeit.
Die Beiträge des Staates in Form von Subventionen
will ich anerkennend hervorheben. Doch finden sie nicht jeden
Einzelnen im Existenzkampf. Die Erträgnisse der Landwirtschaft
sollten wenigstens die Gestehungskosten decken. Das ist leider
nicht der Fall. Wehe, wenn einmal der Tag kommt, wo der Bauer
statt der Mistgabel und des Pfluges den Bleistift zur Hand nimmt,
dann wird er zur Erkenntnis kommen und aufhören, der Narr
der Allgemeinheit zu sein, auf dessen Buckel jede Luderei in der
Weltgeschichte ausgetragen wurde. Wir dürfen niemals glauben,
ganz aus der Leibeigenschaft herausgekommen zu sein. Vor Zeiten
schlug uns noch der hohe Adel und Klerus, heute besorgt es der
Marxismus, der die demokratischen Staaten, wie sie sich so gerne
nennen, durchsetzt hat mit seiner Klassen- und Massengesetzgebung,
welche vernichtend und zerstörend in das Leben einer jeden
Wirtschaft eingreift. Die gesamte Landwirtschaft geht auf diese
Weise der Verarmung entgegen. Dies haben wir bei den Zollkämpfen
festgestellt. Die Landwirtschaft ist in diesem Staate mit
weit über fünf Milliarden Kè verschuldet. Die
verlorene Kriegsanleihe, die Vermögensabgabe, hohe Steuerlasten
und die Sozialversicherung tragen ihren nötigen Teil bei,
besonders die Sozialversicherung. Hier verweise ich auf ein Beispiel,
daß eine Wirtschaft mit fünf Arbeitskräften in
50 Jahren mit Zins und Zinseszins nahezu eine halbe Million auf
den Altar der sozialen Fürsorge niederlegen muß. Ein
solcher Betrag ist nicht einmal zum Kauf einer Wirtschaft mehr
erforderlich. Dabei werden wir noch von der gegnerischen Presse,
auf Wahlplakaten und in Versammlungen und selbst hier in diesem
Hause als Ausbeuter und Wucherer der Menschheit und Allgemeinheit
hingestellt.
Ich muß von dieser Stelle aus ganz entschieden
diese Angriffe zurückweisen und sagen, wenn nicht andere
Berufszweige und Stände mehr Verdienst und Vorteil nehmen
würden, als die Landwirtschaft, dann könnten erträgliche
Zustände im Staatsleben geschaffen werden. Dann müßten
naturgemäß die heftigen Klassenkämpfe auf das
Maß des erträglichen, des gegenseitigen Verstehens
gebracht werden. Auch der Bauer, Kleinbauer und Häusler ist
und bleibt ein Arbeiter, nur daß er nicht die achtstündige
Arbeitszeit hat, sondern viele Tage des Jahres 16 Stunden arbeiten
muß. Hier tut eine weitgehende Aufklärung nicht nur
in den eigenen Reihen, sondern auch bei den politischen Gegnern
not. Wir fordern nachdrücklichst die Novellierung der Sozialversicherung
in einer für Arbeitgeber und Arbeitnehmer gerechten Weise.
Vor allem müssen wir trachten, die Grundlagen
unserer Allgemeinbildung durch die Dorfschulen auf das Dörfische
einzustellen. Schon die Volksschule muß dem Kinde am Lande
seinen künftigen Beruf geistig und seelisch näher bringen.
Die Dorfschule muß schon einen geistigen Wall ziehen, damit
es nicht zur übermäßigen Landflucht komme., Das
Dorf darf nie in gewissem Sinne zur Stadt werden, dem Dorf darf
niemals der Stempel der Stadt aufgedrückt werden, es wäre
dies gleichbedeutend mit dem Verfall unserer Volkheit.
Was unsere ländliche Jugend anbelangt,
muß es Aufgabe der Eltern sein, sie nicht nur unsere gute
Dorfschule besuchen zu lassen, sondern ihnen auch die Möglichkeit
einer fachlichen Ausbildung zu geben. Wo keine landwirtschaftlichen
Winterschulen bestehen, müssen sich die führenden ländlichen
Kreise für die Schaffung derselben einsetzen oder es müssen
landwirtschaftliche Fortbildungsschulen an ihre Stelle treten.
30 Millionen hat das Landwirtschaftsministerium für landwirtschaftliches
Unterrichtswesen festgelegt. Besonderer Bedacht muß auf
das niedere landwirtschaftliche Schulwesen genommen werden, weil
es dem praktischen Landwirt zugute kommt. Hiebei soll nie an die
entlegenen Gebirgsgebiete vergessen werden, für deren wirtschaftliche
Bedrängnisse ich stets eintreten werde. Hier unterstreiche
ich die Ansicht des Koll. Windirsch, daß Professoren
und Lehrer der Landwirtschaftsschulen, ganz besonders der niederen,
auch praktische Bauern sein sollen, nicht nur Theoretiker. Eine
solche Schule kann zum Segen für jung und alt werden, wenn
der betreffende Lehrer oder Professor den Weg zur Bauernseele
findet. Was das landwirtschaftliche Hochschulwesen anbelangt,
decken sich auch meine Forderungen mit denen des Herrn Koll. Böhm.
Der Voranschlag des Landwirtschaftsministeriums befriedigt uns
keineswegs. Die gegnerische Presse spricht immer von dem stark
agrarischen Einschlag in diesem Staate, weil der Premier in diesem
Staate ein Agrarier ist. Wenn man allein das gewaltige Kapitel
der Tierzucht hernimmt, an dem wir im Gebirge das größte
Interesse haben, so finde ich den Betrag von 3,4 Millionen als
zu niedrig, um den Wünschen der viehzuchttreibenden Landwirtschaft
gerecht zu werden. Ebenso reicht der Betrag von 5.25
Millionen für die Milchwirtschaft nicht aus, wenn man die
ungemein produktive Tätigkeit der Milchkontrollvereine und
ganz besonders der Molkereien in Betracht zieht. Hier sollte auch
der Hebel angesetzt werden gegen Fälschung von Butter und
Milch.
Was den Futterbau anbelangt, so spielt die
Grassamenzüchtung eine große Rolle bei der Gebirgslandwirtschaft.
Es ist nur bedauerlich, daß für Stall- und Jauchenwirtschaft
keine Post eingesetzt ist. Ich verweise hier auf die zweckmäßigen
Gülleanlagen im Riesengebirge, auf welchem Gebiete Herr Fachrat
Beutl bahnbrechend gewirkt hat, der über seine praktischen
Erfahrungen ein Werk herausgegeben hat, das ich unseren höchsten
Regierungsstellen, besonders denen der Landwirtschaft, empfehle,
damit das nächste Budget in dieser Hinsicht nicht wieder
leer ausgeht. Das Kapitel "landwirtschaftliches Maschinenwesen"
ist mit 2,620.000 Kronen finanziert. Auch das finde ich viel zu
niedrig. In der modernen Landwirtschaft spielt die Maschine eine
große Rolle und bei der Gründung von Druschgenossenschaften
fehlen die erforderlichen Mittel für Subventionen. Auch hier
findet die bekannte Vertröstung aufs nächste Jahr statt.
Ein größeres Augenmerk wäre der Maschinenberatungsstelle
zu widmen. Man würde sich wundern, jene Summe zu erfahren,
die Landwirte für Maschinen ausgeben, die sie dann nicht
gebrauchen können. Hier kann nicht genug von unserer Fachpresse
darauf hingewiesen werden, die Beratungsstelle in Anspruch zu
nehmen.
Das Kapitel "Landarbeiter" ist ein
besonders heikles Thema, auch eine schwere soziale Frage. Während
die Statistik immer noch Tausende von Arbeitslosen aufweist,,
macht sich am Lande bei der Landwirtschaft ein Arbeitermangel
bemerkbar, ganz besonders beim weiblichen Geschlechte. Koll. Böhm
hat mit Recht darauf verwiesen, daß tüchtige weibliche
Hilfskräfte mit 200 Kronen monatlich bezahlt werden bei voller
Verpflegung, Wohnung und Geschenken, und da, bei nicht zu haben
sind, während auf eine Zeitungsannonce um ein Schreibfräulein
mit 200 K Monatszahlung ohne Verpflegung, ohne Wohnung und ohne
Geschenke sich 43 Bewerberinnen einstellten. Mit dieser Frage
wird sich einmal die Gesetzgebung, gewollt oder ungewollt, befassen
müssen, denn es ist das eingetreten, was ein Dichter vor
dem Kriege schrieb: "Lieber will ich "Herr" heißen
und auf dürre Finger beißen, statt mich satt zu essen
schlicht und recht auf dem Dorf als Bauernknecht."
Die übrigen Kapitel, welche ich in meiner
Rede nicht behandelt habe, sind von den besagten Vorrednern bereits
behandelt worden. Zusammenfassend spreche ich die Hoffnung aus,
daß das Budget der Landwirtschaft im nächsten Jahre
zu unseren Gunsten Zahlen aufweist, die uns befriedigen. Diese
Mittel werden produktiv angelegt, nicht einem Einzelnen zuliebe,
sondern der Allgemeinheit. Ich stelle eine weitere Bitte an das
Ministerium der Landwirtschaft, es möge bei der Verteilung
von Subventionen aus besagten Titeln das wirtschaftlich schwächere
Randgebiet in diesem Staate berücksichtigen, damit die ärmeren
Schichten der Gebirgslandwirtschaft im Kampfe ums Dasein auf ihrer
ererbten Scholle unserer deutschen Heimat nicht verzweifeln.
Wenn ich Gelegenheit nehmen könnte, unseren
Herrn Landwirtschaftsminister und maßgebende Faktoren der
Regierung in das Adler- und Riesengebirge sowie in meine engere
Heimat zu bringen, so müßten Sie zugeben und anerkennen,
daß hier eine große Arbeitsfreudigkeit herrscht, mit
der die Leute ihre karge Scholle bestellen, der nur mit ganz harter
Arbeit der Lebensunterhalt abgerungen werden kann. Das ist ein
biederes, treues Völkchen unserer deutschen Heimat, mit einer
ausgeprägt bäuerlichen starken nationalen Eigenart,
die der Heimat in guten und bösen Tagen ihre Treue hält,
jener Heimat, die in diesem Staatsgebiete eingeschlossen ist.
Wenn diese Leute ihre Pflicht dem Staate gegenüber erfüllen,
ist es auch Pflicht des Staates, das seine zu tun. Ich betrachte
es als meine vornehmste Aufgabe, von dieser Stelle aus zu betonen,
daß ich der Dolmetsch dieser getreuen deutschen Landleute
bin. Meine Partei wird für diesen Voranschlag stimmen. (Rùzné
výkøiky na levici.- Potlesk.)
Hohes Haus! Herr Abg. Windirsch hat
sich dieser Tage in abfälligster Weise über die deutschen
Oppositionsparteien geäußert. Derselbe Herr Windirsch,
der jetzt die deutsch-böhmische Landesregierung verspottet,
seinerzeit aber selbst dem Nationalrat in Reichenberg zum
Schutze der deutschen Scholle angehörte und auch bereit war,
dieselbe mit allen Mitteln gegen die Èechen zu verteidigen,
charakterisiert seine Politik dadurch am besten. Herr Abg. Windirsch
hat die deutschen oppositionellen Parteien unter anderem auch
als öde Glücklichmacher verhöhnt; die wirtschaftliche
Betätigung dieser Menschen erschöpfe sich nur im Jammern
über ungenügende Einkünfte und in zeitweiligen
Forderungen nach erhöhten Gehältern. Der Genannte hat
am allerwenigsten Ursache, in dieser geschmacklosen Weise über
die Opposition herzufallen. Niemand anderer als die sogenannten
notleidenden Agrarier verdient den ersten Preis für das fortwährende
Jammern über schlechte Zeiten. Sie sind überall die
reinsten Klageweiber, um auf diese Weise für das Agrarkapital
auf Kosten anderer Vorteile herauszuschlagen. Diesmal hat Abg.
Windirsch allerdings das hohe Lied der guten Konjunktur,
der günstigen Auswirkung der Zollnovelle zugunsten der Landwirtschaft,
d. h. der Großagrarier gesungen. Das interessiert uns in
der Richtung, als landbündlerische Führer in Aussicht
gestellt haben, in diesem Falle auch an die landwirtschaftlichen
Arbeiter zu denken. In der Praxis merken wir aber von dem angeblich
guten Herzen der Agrarier für die Landproletarier gar nichts.
Angesichts der ganz kurzen Redezeit kann ich zusammenfassend nur
darauf hinweisen, daß ich mich im landwirtschaftlichen und
im Budgetausschuß mit vielen Fragen des Budgets und der
Agrarpolitik beschäftigte und zugunsten der Land- und Forstarbeiter
sowie der Kleinlandwirte sprach.
Wir haben in mehreren Resolutionsanträgen
unsere Wünsche zugunsten der Kleinlandwirte und Häusler
zusammengefaßt. Sie betreffen den Pächterschutz, die
Sicherung des Gemeindegutes für die wirtschaftlich Schwachen,
Erleichterung in Steuersachen, billige Futtermittel, Ausbau des
Beispielwesens, und viele andere Dinge. Niemals dürfen wir
übersehen, daß das kleinbäuerliche Element in
der Republik durch die Bodenreform eine wesentliche Stärke
erfahren hat, die erdrückende Mehrzahl der in der Landwirtschaft
Tätigen darstellt und daher besonderer gesetzlicher Fürsorge
bedarf. Wir verlangen diese Fürsorge nach jeder Richtung
hin auf das Nachdrücklichste. Zu der Verwaltung der staatlichen
Forste und Güter habe ich bereits im Budgetausschuß
erklärt, daß die Politik der Preistreiberei bei Holz
z. B. nicht mitgemacht werden darf und daß die Organe der
staatlichen Forst- und Güterverwaltung anzuhalten sind, gewisse
an die Zeit der Leibeigenschaft erinnernde Methoden gegenüber
den Forstarbeitern abzustreifen. Der Staat als größter
Arbeitgeber sollte in jeder Beziehung vorangehen. In der Land-
und Forstwirtschaft ist das nicht überall der Fall, wie ich
an dem Beispiel Eisensteins dargetan habe.
Eine ungewöhnliche Aufmerksamkeit widmet
die gesamte Öffentlichkeit gegenwärtig der Bodenreform.
Diese Aufmerksamkeit wurde zuerst hervorgerufen durch die bekannte
Äußerung des Herrn Staatspräsidenten Masaryk
über die gerechte Bodenreform und ihre große soziale
Bedeutung. Der Herr Ministerpräsident Švehla
hat in dieselbe Kerbe eingehauen und ostentativ betont, daß
bei der Durchführung der Bodenreform den Deutschen kein Unrecht
geschehen sei. Man staunt über die Kühnheit, mit der
derlei Behauptungen aufgestellt werden. Ganz offen erklären
wir an dieser Stelle vor aller Welt: tausendfaches schweres, erbitterndes
Unrecht ist mit vollem Bewußtsein in klarer Absicht seit
Jahren an der deutschen Bevölkerung und den übrigen
nationalen Minderheiten verübt worden. In Wort und Schrift
wurde von allen Teilen des deutschen Volkes jahrelang gegen dieses
schreiende Unrecht angekämpft. Es war leider vergebens.
Vergeblich waren auch unsere Bemühungen,
dem Herrn Staatspräsidenten die vielen Beschwerden der organisierten
deutschen Kleinlandwirte persönlich vorzulegen; wir wurden
einfach nicht vorgelassen. für uns hatte man in der Burg
keine Zeit. Auch der vielbeschäftigte Herr Ministerpräsident
hatte leider keine Zeit, die zahllosen Beschwerden der deutschen
Selbstverwaltungskörper anzuhören. Erklärt sich
daraus der Mangel an Uninformiertheit in den höchsten Kreisen
unserer Republik?
In der Parteipresse und im Budgetausschuß
habe ich bereits zum Beweise dafür, daß in der Verurteilung
des einseitig nationalistischen Systems der Bodenverteilung alle
deutschen Parteien einmal einig waren, das Zeugnis der Herren
Minister Dr Spina und Dr Mayr-Harting, sowie des
Herrn Vizepräsidenten Zierhut angerufen und bewiesen,
wie diese in oft äußerst scharfer Form die korrupte
Protektionswirtschaft des Bodenamtes verdammten, das immer
mehr zu einer Domäne der èechischen Agrarpartei geworden
ist. Noch am 12. Dezember 1926, also zu einer Zeit, wo die berühmte
èechischdeutsche Symbiose längst bestand, hat Herr
Zierhut in
einer landbündlerischen Versammlung zu Saaz im Bezug auf
die Bodenreform erklärt: "Statt die uralte Feindschaft
zwischen Deutschen und Èechen dadurch zu beseitigen, daß
man den Deutschen Boden gab, wurde die Bodenreform in èechisch-chauvinistischem
Sinne durch geführt," Ich bitte die maßgebenden
Faktoren, auch die vom Genannten am 12. Juni
1925 überreichte, die Zahl 45394 tragende, 12 engbedruckte
Seiten umfassende Interpellation in der Bodenreformfrage zu studieren.
Man lese ferner die später eingebrachte Interpellation des
jetzigen Herrn Ministers Dr Mayr-Harting über die
Wirtschaft mit den Restgütern und verschaffe sich ferner
die diversen Eingaben an den Völkerbundrat in Genf. Man hätte
schon daraus ein so verändertes Bild von der angeblich gerechten
Bodenreform gewonnen, daß dieses Wort in der Kehle stecken
geblieben wäre.
Der Herr Ministerpräsident Švehla
hat im Zusammenhang mit seinem falschen Werturteil über die
Bodenreform ausdrücklich bemerkt, daß die nationalen
Interessen, die gegen die Bodenreform mobilisiert wurden, nur
ein Deckmantel für die egoistischen Interessen einzelner
seien. Auch dieses Wort wäre besser ungesprochen geblieben.
"Umgekehrt wird erst ein Schuh daraus", sagt ein deutsches
Sprichwort. Weiß der Herr Ministerpräsident wirklich
nicht, was anläßlich der Schaffung der Bodenreformgesetze
seitens der Herren Dr Hodža,
Dr Viškovský, Dr Lukavský, Dr
Voženílek, Dr Heidler.
der Abg. Bergmann, David usw. über die
èechisch-nationalistische Tendenz der Bodenreform verkündet
wurde? Es handelt sich wirklich um die Entnationalisierung weiter
deutsche Landstriche größten Stills zum Vorteile èechischer
Interessenten. Wie gründlich diese Arbeit auf kaltem Wege
mit Hilfe des allzeit willfährigen Bodenamtes durchgeführt
wurde, zeigt schlagend die Tatsache, daß der deutschen Bevölkerung
knapp 21/2%
des beschlagnahmten Boden zugewiesen wurde, statt der 30%, die
ihr rechtmäßig gebührten. Nur 15.000 ha von dem
435.000 ha, die das Bodenamt zuteilte, erhielten Deutsche. In
diesem Hause ist das Bodenamt wiederholt als eine Schacherbude
schlimmster Sorte bezeichnet worden, wo in schamloser Weise
dunkle Strauchritter auf billige Art und auf verstohlenen Wegen
zu Grund und Boden kommen wollten, um sich zu bereichern. Die
èechischnationalen lnteressen wurden dabei sehr gern vorgeschützt.
Die gründliche Revision der Zuteilungen
ist daher unbedingt notwendig.