Im Budgetausschuß war der Präsident
des Bodenamtes Herr Dr. Voženílek
so offen su sagen, die Aufteilung des beschlagnahmten Bodens an
den kleinen Mann habe ihn zur verläßlichsten Stütze
des Staates in guten und schlechten Zeiten gemacht. Das sei die
schönste Bilanz der bisherigen Tätigkeit des Staatsbodenamtes.
Will der Herr Präsident des Staatsbodenamtes dies nicht auch
in Bezug auf die mehr als 1400 bis jetzt der großen Öffentlichkeit
noch unbekannten Restgutbesitzer, den neuen slavischen Adel behaupten?
Das angeblich wundervolle Bild der Bodenreform, wie es geflissentlich
von eifrigen Händen in der letzten Zeit gemalt wurde, bekam
durch die Affäre Dubický sehr häßliche
Flecken. Der Fall Dubicky ist lediglich einer unter vielen
ähnlichen, die man jetzt natürlich mit allen Mitteln
vertuschen wird, wenn sie an die Öffentlichkeit kommen sollten.
Wir haben seit jeher auf die eminenten Gefahren einer kontrollosen
Wirtschaft des Staatsbodenamtes aufmerksam gemacht, die Neuwahl
des Verwaltungsausschusses des Bodenamtes begehrt und verlangt,
daß das Bodenamt dem Parlament eingehend Rechnung und Bericht
erstatte. Das verlangen wir heute aufs neue zum hundertstenmale.
Die zugesagte Vorlegung der Liste der Restgutbesitzer ist einfach
ein Gebot primitivsten politischen Anstandes. Aber nicht erst
nach der Durchführung der Bodenreform! Wird man unseren Antrag
auf Einsetzung einer separaten Untersuchungskommission annehmen?
Wird man erfahren, welche Abgeordneten und Senatoren, Beamte des
Bodenamtes, ehemalige Minister etc. glückliche Restgutbesitzer
geworden sind und wie billig sie zu wertvollem Grund und Boden
auf Regimentsunkosten kamen? Die Haltung der Mehrheit im Budgetausschuß
zeigt auf Vertuschung. Der Herr Präsident des Staatsbodenamtes
hatte im Budgetausschuß die Keckheit zu erklären, die
Aufteilung des beschlagnahmten Grundes und Bodens sei ohne Enttäuschung
der Hoffnungen, die die kleinen Leute in das große Reformwerk
setzten, durchgeführt worden. Wenn diese Worte auch auf die
deutschen Kleinlandwirte und Häusler angewendet werden sollen,
dann müßte dem Herrn Präsidenten die Zunge im
Halse verdorren, denn sie sind eine glatte Unwahrheit. Das den
deutschen Kleinlandwirten zugefügte Unrecht ist so vielfältig
und groß, daß man stundenlang darüber Klage erheben
könne.
Ich habe im Budgetausschuß an mehreren
drastischen Fällen die völlig willkürliche, die
deutschen Kleinlandwirte absichtlich zurücksetzende Bodenreform
im deutschen Sprachgebiet aufgezeigt. Der Fall Eisenstein, wo
zweihundert langjährige Pächter seit 1921 vergeblich
um den ihnen gebührenden Grund und Boden kämpfen, schreit
direkt zum Himmel. Nur rührt sich dieser Himmel nicht, geschweige
denn, daß er helfen würde. Selbst die regierungsfreundliche
"Reichenberger Zeitung" schreibt am 29. November dieses
Jahres über die Praxis des Bodenamtes Folgendes: "75%
des gesamten enteigneten Bodens wurden den nationalen Minderheiten
beschlagnahmt, den Èechen und Slovaken nur 25%. In der
Slovakei und Karpathorußland wurden den Nichtèechen
164.000 ha landwirtschaftlichen Bodens abgenommen, die Angehörigen
der Minderheiten erhielten bloß 15.000
ha, während 150.000 ha den Slovaken und Èechen bis
Ende März dieses Jahres gegeben wurden."
Wir haben das möglichste getan, um eine
Wendung des krassen Bodenreformunrechtes herbeizuführen,
wir sind jedoch nicht an der Macht, so wie es die Landbündler
behaupten. Darum wende ich mich an jene Regierungsparteien, die
einst in der Verurteilung des infamsten Bodenschachers sich nicht
genug tun konnten, sie mögen nun zeigen, was sie leisten
können, Herr Koll. Dr. Luschka hat ja am 25. November
seinen Unmut über die Durchführung der Bodenreform ziemlich
lebhaft Ausdruck gegeben, also los gegen den Geist des Dr. Viškovský
und Voženílek. Ich
erinnere auch an den Abg. Kunz von der christlichsozialen
Partei, der in der vorjährigen Budgetdebatte erklärt
hatte: "Wir sind nicht in die Regierung getreten, um das
jetzt gutzuheißen und zu billig en, was wir durch Jahre
als haarsträubendes Unrecht verurteilt und bekämpft
haben." Der Abg. Zierhut vom Bund der Landwirte hat
auch erklärt, daß sie auf keinen Fall früheres
Unrecht gutheißen und decken können und auch der Senator
Medinger hat bezüglich der Bodenreform am 9. Dezember
1926 erklärt, daß sie gegen die falsche Darstellung
des Herrn Präsidenten des Bodenamtes über die angebliche
Zuteilung des Bodens an deutsche Gemeinden und Bodenwerber
protestieren. Er sagte wörtlich: "Die Bevorzugung èechischer
Bodenwerber ist himmelschreiend und kann nicht geleugnet werden.
Wir verlangen die auch vom Präsidenten der Republik geforderte
Entpolitisierung der Bodenreform, d. h. das Fallenlassen
nationaler Tendenzen, die sich gegen uns richten und dadurch dem
Vertrauensbeweis widersprechen, den man unseren Parteien durch
die Ministerernennungen soeben gab." Auch diese Herren mögen
uns beweisen, daß es ihnen mit ihrer Stellungnahme ernst
ist. Bisher merkten wir allerdings nichts davon. Die Presse der
deutschen Regierungsparteien schweigt größtenteils
still. Wir deutschen Sozialdemokraten machen die deutschen Regierungsparteien
hiemit für alle Verbrechen voll verantwortlich, die auf dem
Gebiete der Bodenreform noch immer, zum Teil sogar mit ihrer Zustimmung,
begangen werden.
Das Bodenamt, das seine Gesamtausgaben für
1928 mit 281/2 Millionen veranschlagt, will
mit größter Beschleunigung nach den getroffenen Vorbereitungen
neuerlich riesige Flächen beschlagnahmten Waldes in den Besitz
des Staates überführen. Bisher wurden 192.855 ha Wälder
und Teiche verstaatlicht, während die Gemeinden und Bezirke
insgesamt nur 14.479 ha Waldboden zugewiesen erhielten. Über
2 Mill. Wälder stehen noch zur Verfügung. Nach unseren
Informationen ist in Böhmen geplant die Verstaatlichung der
Reviere Langendorf, Hurkenthal, Ronsperg, Bischofteinitz, Heiligenkreuz,
Haid, Tachau, Dianaberg, Plan, Kuttenplan, Tepl, Marienbad, Königswart,
Petschau zum Teil, dann über Heinrichsgrün und Rothenhaus
auch Teplitz, Tetschen. Böhmisch-Kamnitz, Niemes, Hirschberg,
Reichenberg und Friedland. In diese Aktion werden auch Nordmähren
und Schlesien einbezogen. Die zu verstaatlichende Fläche
beträgt rund 300.000 ha. Angeblich will man den Bezirken
und Gemeinden 60.000 ha überlassen. Aber das sind natürlich
fiktive Zahlen. Welche von den Gemeinden und Bezirken werden etwas
erhalten? Èechische Gemeinden haben in den letzten Tagen
auch Ansprüche auf das deutsche Gebiet erhoben. So weiß
ich, daß der èechische
Bezirk Laun 7.000 ha auf deutschem Gebiet für sich beansprucht.
Bisher wurden die deutschen Selbstverwaltungskörper sehr
schlecht behandelt. 233 deutsche Gemeinden erhielten nach den
eingeholten Daten lumpige 831 ha und einen Pachthof vom
beschlagnahmten Grund und Boden zugewiesen.
Im § 10 des Zuteilungsgesetzes vom 30.
Jänner 1920 steht ausdrücklich, daß bei der Zuteilung
von beschlagnahmtem Waldboden in erster Reihe die Gemeinden berücksichtigt
werden sollen. Im deutschen Sprachgebiet war dies jedoch
absolut nicht der Fall. Werden jetzt im Zeichen der èechisch-deutschen
Symbiose durch die Macht der deutschen Aktivisten die deutschen
Selbstverwaltungskörper endlich zu ihrem verbrieften Recht
kommen? Herr Vizepräsident Zierhut
hat in der schon erwähnten Saazer Versammlung ausdrücklich
erklärt, daß er und seine Partei strikte Gegner der
Waldverstaatlichungsaktion sind. Werden die deutschen Regierungsparteien
deshalb die so verhängnisvolle Wälderverstaatlichung
mit allen Mitteln bekämpfen und sie unter allen Umständen
zu vereiteln trachten? Meines Erachtens fällt ihnen das nicht
im Traum ein, denn sie kleben zu fest an den Regierungsbänken
und die Regierungsknödel schmecken ihnen zu gut, trotzdem
sie nur klein und nicht geschmalzen sind. Die Regierungsdeutschen
werden sich zweifelsohne so wie bei der Zuteilung landwirtschaftlichen
Bodens damit begnügen, daß ihren Parteifreunden einige
Parzellen Waldes vorzugsweise zugewiesen werden, Für einige
elende Brosamen werden die Landbündler ihre bisherige oppositionelle
Haltung gegen die Wälderverstaatlichung verkaufen. Herr Koll.
Dr. Luschka hat bereits das maßvolle Verhalten der
Regierungsdeutschen unterstrichen und ausdrücklich betont,
sie hofften auf das kommende Jubiläumsjahr. Für die
Annahme, daß die Regierungsdeutschen ihre prinzipielle Stellung
gegen ein Trinkgeld preisgeben, spricht der Umstand, daß
man Waldgenossenschaften für Privatbesitzer bildet, so z.
B. in Plan, im Bezirk Bensen usw. Wir treten nach wie vor dafür
ein, daß nur die Allgemeinheit in Form der Selbstverwaltungskörper
ein Recht auf Zuteilung von Waldboden hat. Nur für diese
sind Zweckverbände zu schaffen. Wir werden einen entsprechenden
Antrag stellen.
Die Aktivisten werden sagen, daß die
Selbstverwaltungskörper jetzt nach der famosen Verwaltungsreform
ohnedies keine finanziellen Mittel zur Übernahme von Waldboden
haben. Vielfach ist das sicher richtig. Wer aber hat die deutschen
Gemeinden und Bezirke an den Rand des finanziellen Zusammenbruches
gerade in diesem wichtigen Augenblick gebracht? Doch die deutschen
Regierungsparteien selbst. Ihnen gelten in Wirklichkeit die Interessen
der Allgemeinheit nichts, dafür umsomehr ihre schmutzigsten
Klasseninteressen. Das zeigt die ganze Geschichte ihrer bisherigen
Tätigkeit in der Regierung.
Herr Minister Dr. Spina schrieb in der
heurigen Osternummer der "Landpost" vom 16. April 1927:
"Aktivismus ist, die berechtigten Lebensinteressen auch des
deutschen Volkes zu wahren". In allen wesentlichen Punkten
haben Sie, meine Herren Landbündler, was das arbeitende Volk
in Stadt und Land betrifft, das strikte Gegenteil gemacht. Immer
mehr sucht auch das Industrie- und Bankkapital Schutz hinter den
Mauern der Agrarier und findet ihn auch. Sie sind der Hort
der Reaktion in jeder Beziehung.
Überflüssig zu sagen, daß wir
deutschen Sozialdemokraten unter solchen Umständen weder
für das Kap. 11, noch 12 des Budgets stimmen werden. (Souhlas
a potlesk nìm. soc. demokratických poslancù.)