Genau so wie es sich mit der Verschlechterung
des Mieterschutzes verhält, so ist es auch mit der
Novellierung des Bauförderungsgesetzes. Die Christlichsozialen
rühmen sich damit, an Stelle der früheren 120 Mill.
die Forderung auf 250 Mill. Kè erhoben zu haben, von der
sie sich eine Linderung der herrschenden Wohnungsnot versprechen.
Diese 250 Mill. sind, selbst wenn sie bewilligt
würden, nur ein Tropfen Wasser auf einen heißen Stein.
Das Wohnungselend kann man mit solchen Mitteln, die doch nur eine
Augenauswischerei sind, nicht beseitigen. Hier können nur
radikale Maßnahmen helfen: Erstens müßten die
Unternehmer, Großgrundbesitzer und Banken zum Bau von Arbeiter-
und Angestelltenwohnungen gezwungen werden, zweitens müßte
den Gemeinden das Wohnungsbeschlagnahmerecht eingeräumt werden.
Um den Minderbemittelten den Wohnungsbau zu ermöglichen,
müßte der Boden der Bodenspekulanten enteignet und
an die Minderbemittelten entweder unentgeltlich oder zu sehr billigem
Preise abgegeben werden. Da mit den Baumaterialien Wucher getrieben
wird, ist es unerläßlich notwendig, die Unternehmungen,
in welchen Baumaterialien erzeugt werden, unter die Kontrolle
zu stellen und vor allem müßte gegenüber den Händlern,
welche die bestehende Not an Baumaterialien zu einer ungeheueren
Bereicherung benützen, schärfstens vorgegangen werden.
Die Kontrolle müßte von den Betriebsausschüssen
und Gewerkschaften, sowie von den Interessenten ausgeübt
werden, da nur diese eine Gewähr der wirklichen Kontrolle
geben. Bei den Betriebsausschüssen und den Arbeiterorganisationen
ist nicht die Profitgier, sondern der Bedarf maßgebend.
Durch den Gesetzesantrag über das Bauförderungsgesetz
werden die Lohnschiedsgerichte eingeführt. Dieser Antrag
bezweckt nichts anderes, als die Profite der Bauunternehmer zu
schützen. Dadurch will man es unmöglich machen, daß
die Arbeiter den Kampf um ihre Forderungen mit jenen Mitteln und
zu jener Zeit, die sie für sich am günstigsten betrachten,
führen. Diese Vorlage ist ein neuer Schlag gegen die Interessen
der Arbeiterklasse. Wenn die Lohnschiedsgerichte dazu berufen
sind, Konflikte zwischen Unternehmern und Arbeitern zu schlichten,
dann weiß jeder Arbeiter, daß die Lohnschiedsgerichte
im Interesse der Unternehmer entscheiden.
Die Heuchelei der Schiedsgerichte ist der Arbeiterschaft
zur Genüge bekannt. Erst im letzten Streik der Bergarbeiter
konnten wir sehen, was ein "Schiedsgericht" bedeutet.
Obwohl die Bergarbeiter zu 100% im Recht waren, das Prämiensystem,
die Verlängerung der Arbeitszeit und andere Verschlechterungen
abzulehnen und dagegen zu kämpfen, haben die sogenannten
neutralen Männer der Regierung den Standpunkt der Kohlenbarone
sich zu eigen gemacht und denselben bis zur letzten Stunde durchzusetzen
versucht. Daß der Ausgang der Verhandlungen anders endete,
ist nicht dieser Art von "Schiedsgericht" zuzuschreiben,
sondern dem einheitlich und verschärft geführten Kampf
der Bergarbeiter. Bei diesem Kampfe konnten die Bergarbeiter immer
noch entscheiden, ob sie mit den Vorschlägen der Unterhändler
einverstanden sind oder nicht, wogegen im § 23 des Lohnschiedsgerichtsgesetzes
enthalten ist, daß es gegen die Entscheidung des Lohnschiedsgerichtes
keine weiteren Schritte gibt. Dadurch werden die Bauarbeiter in
eine Zwangsjacke eingeschnürt. Es genügte nicht, daß
sich bisher der Staat mit seinem gesamten Unterdrückungsapparat
auf die Seite der Unternehmer stellt, es sollen auch noch durch
ein derartiges Gesetz die Kämpfe der Bauarbeiterschaft und
später der gesamten Arbeiterschaft unmöglich gemacht
werden. Wir sind der Überzeugung, daß die klassenbewußte,
revolutionär gesinnte Arbeiterschaft sich ihr Kampfmittel
und ihre Kämpfe überhaupt nicht vorschreiben läßt,
sondern die Kämpfe so führen wird, damit sie den Sieg
der Arbeiterklasse sichert.
Die Wohnungsgesetze, die heute zur Verhandlung
stehen, sind durchwegs arbeiterfeindliche Gesetze. Durch diese
Gesetze werden erstens den Arbeitern neue Lasten aufgehalst, zweitens
beraubt man ihn noch um die kümmerlichen Rechte, drittens
soll er noch ein willigeres Objekt der kapitalistischen Ausbeutung
werden.
Die Kapitalisten sind der Meinung, daß
alles das, was sich heute die Arbeiter von ihnen bieten lassen
müssen, noch ungenügend ist, und sie sind ständig
bemüht, das Leben der Arbeiter noch unerträglicher zu
machen. Ein Musterbetrieb in scharfmacherischem Sinne ist
die Porzellanfabrik Alp in Lubaò bei Podersam. Bei dieser
Fabrik werden die Arbeiter auf das unerhörteste ausgebeutet
und schikaniert. Sie werden beschimpft als Verleumder, faule Bande,
Lumpen usw. Das ist keine Seltenheit, das ist
ständig auf der Tagesordnung. Ungeheuer ist die Ausbeutung.
Die Arbeiter arbeiten 10, 12, 13 sogar 16 Stunden. Niemand, auch
keine staatliche Behörde kümmert sich darum. Da die
Arbeiter dort ungerecht entlassen und viele beschimpft wurden,
so habe ich versucht, in diesem Betriebe bei der Direktion zu
intervenieren und dort zu verhandeln, damit geregelte, vernünftige
Verhältnisse eintreten. Im selben Moment ist dieser Herr
aufgetreten, hat mich aus dem Betrieb gejagt, und nicht nur das,
auch die Behörden wurden in Bewegung gesetzt, um diesen Unternehmer
zu schützen. Die Arbeiter in diesem Betriebe haben keine
Möglichkeit, sich zu verteidigen, keine Möglichkeit,
vor Gericht zu gehen, denn wie ist es denkbar, daß unter
den gegebenen Pachtverhältnissen ein Arbeiter gegen einen
solchen Betriebsgewaltigen Klage führt? Sobald er es wagt,
ist er entlassen. Die Folge davon ist, daß der Arbeiter
alles dulden muß, was solch ein Betriebstyrann durchführt.
Unter diesen ungeheuerlichen, unbeschreiblichen Verhältnissen
müssen die Arbeiter dort arbeiten. Immer unerträglicher
wird die Lage der Arbeiter.
Ebenso wie die Löhne und die Verhältnisse
in der Alpfabrik sind sie in vielen anderen Betrieben, die Löhne
sind überall schlecht. Die Zentralsozialversicherungsanstalt
in Prag gab eine Statistik heraus, nach welcher sich der Verdienst
der Arbeiter folgendermaßen darstellt: Einen Taglohn
bis 6 Kè verdienen in der Èechoslovakei 217.998
Personen, einen Taglohn von 6 bis 10 Kè 343.536 Personen,
einen Taglohn von 10 bis 14 Kè 475.303 Personen, 14 bis
18 Kè 309.210 Personen, einen Taglohn von 18 bis 22 Kè
259.850 Personen, einen Taglohn von
22 bis 25.50 Kè 181.931 Personen, von 25.50 bis 28.50 Kè
120.835 Personen, von 28.50 bis 31.50 Kè 94.517 Personen,
von 31.50 bis 34.50 Kè 80.837 Personen, mehr als 34.50
Kè bloß 218.287 Personen. Sie sehen also, daß
die Anzahl der Arbeiter, die 6 bis 14
Kè verdient, rapid ansteigt, über 14 Kè Tageseinkommen
sinkt die Zahl, von 31.50 bis 34.50 Kè sind es nur mehr
80.000 Arbeiter. Wie sollen unter diesen äußerst schlechten
Lohnverhältnissen die Arbeiter eine Erhöhung des Mietzinses
um 20%, wie sollen sie die Teuerung ertragen?
Wie die Kapitalisten auf Kosten der Arbeiter ihre Herrschaft stabilisierten,
ist auch aus folgender Statistik zu ersehen: Im Jahre 1921 betrugen
in Böhmen die Durchschnittslöhne des Arbeiters 31.79
Kè, im Jahre 1922 32.24 Kè, im Jahre 1923 27.70
Kè, im Jahre 1924 26.99 Kè und seit 1924 ist keine
Besserung, sondern eine Verschlechterung eingetreten, die Teuerung
ist gestiegen, immer mehr hat sich die Lage der Arbeiterschaft
zu ihrem Ungunsten verschoben. Es ist unverständlich,
wie der Arbeiter mit seinem Lohn auskommen kann, zumal man ihm
20% seiner gesamten Einnahmen durch direkte und indirekte Steuern
abnimmt. Darf man ihm da noch weitere Lasten aufhalsen? Immer
schärfer wird die Ausbeutung der Arbeiterschaft. So ist z.
B. den Berichten der Eisenwerke zu entnehmen, daß gegenüber
1920 die Leistung des Arbeiters um 20% pro Stunde gestiegen ist,
im Bergbau um 50%, in der Glasindustrie ist diese Rationalisierungsmethode
ebenfalls durchgeführt worden. So wurden z. B. 1914 in einer
Glühlampenfabrik in 10 Stunden Arbeitszeit von einem Arbeiter
700 Stück Glühlampen erzeugt, das war natürlich
eine Höchstleistung. Im Jahre 1924 mußten in 8 Stunden
850 Stück Glühbirnen erzeugt werden und 1927 mußte
ein Arbeiter in 8 Stunden als Minimalleistung 850 Stück Glühbirnen
erzeugen. In dem Augenblick, wo der Arbeiter nicht mehr erzeugt,
wird er entlassen. So verschärften sich immer mehr die Verhältnisse
für die arbeitenden Massen. Das Unternehmertum sucht immer
neue Methoden der Ausbeutung. So werden z. B. abgebaute
und entlassene Staatsbeamte und Eisenbahnbeamte von den Unternehmern
beschäftigt. Diese Staatsbeamten bekommen von den Unternehmern
einen Monatsgehalt von 200 bis 600 Kè. Solch einer Ausnützung,
solch einer ungerechten Ausbeutung der Arbeitskräfte
seitens des Unternehmertums schaut der Staatsapparat zu. Anders
ist es bei den Schichtwerken. Die Schichtwerke haben pensionierte
Offiziere in Stellung genommen und bezahlen sie besser, dafür
sind diese Offiziere aber auch energischer im Betriebe. Sie führten
ein wahres militärisches Regime im Betriebe ein.
Immer schlimmer wird die Lage der Arbeiterschaft,
immer schwieriger wird es, die Lebensmittel aufzubringen. Nach
einer Statistik von Dr. Kollar verbraucht die Arbeiterschaft heute
um 29% weniger Fleisch als vor dem Kriege, Selchwaren um 49% und
Gebäck um 29% weniger als vor dem Kriege. Daraus ist zu ersehen,
daß das Hauptnahrungsmittel der arbeitenden Bevölkerung
Kaffee, Brot, Kartoffel und anderes sind. Brot und Mehl werden
nach dem Kriege im Verhältnis zur Vorkriegszeit um 50% mehr
verbraucht, Kartoffel um 71%.
Unter diesen Verhältnissen wird und muß
sich die Arbeiterschaft fragen: Sollen wir zuschauen, nachdem
uns die letzten Rechte geraubt werden, nachdem uns nach und nach
das letzte Stückchen Brot von dieser bürgerlichen Regierung
weggenommen wird? Die arbeitenden Massen werden und müssen
sich unter den gegebenen Verhältnissen immer enger zusammenschließen
und den Kampf gegen die bürgerlich reaktionäre Regierung
aufnehmen und ihn solange führen, bis diese kapitalistisch
reaktionäre Regierung beseitigt wird. (Potlesk
komunistických poslancù.)
Hohes Haus! Von den zur Behandlung stehenden
Gesetzesvorlagen ist die Bauförderung jenes Gesetz, das wohl
am schwersten unter dem Wandel der Regierung und unter den Segnungen
des Pater Šrámek-Ministeriums gelitten hat.
Zu Beginn des Jahres 1922 verkündeten Regierungskreise hier
in diesem Staate das Baudiktat. Minister haben in Versammlungen
erklärt, man werde die Industrieunternehmungen zwingen, für
ihre Arbeiter entsprechend geräumige, gesunde, lichte Wohnstätten
zu bauen und wenn wir den Weg überblicken, den die Bauförderungsgesetze
genommen haben, vom angekündigten Baudiktat bis zum heutigen
Tage, bis zur gegenwärtigen Vorlage, so müssen wir leider
gestehen, daß von den großen Versprechungen von damals
nichts mehr übrig geblieben ist, der Torso eines Gesetzes,
ein Stück staatlichen Dilettantismus in Gesetzesform. Als
im Jahre 1921 das erste Baugesetz hier beschlossen wurde, waren
die beiden Referenten der Regierungsvorlage der verstorbene Finanzminister
Dr. Rašín und der gewesene Justizminister Dr.
Dolanský. Dr. Rašín hat in seinen
damaligen Ausführungen die Bauförderungsvorlagen neben
der Bodenreform als größtes soziales Gesetz gepriesen,
das die Republik geschaffen hat. Die Zeit hat ja ganz deutlich
gelehrt, wieviel wir von den Segnungen dieser sozialen Gesetzgebung
am eigenen Leibe erfahren haben, die bereits in den Jahren 1922,
1923 und 1924 immer mehr verschlechtert wurden. Im Jahre 1925
verschwand das Baugesetz vollständig um erst wieder im Vorjahre
als staatliches Bürgerschaftsgesetz seine Auferstehung in
allerdings sehr magerer Form zu feiern. Die verflossenen Bauförderungsgesetze
mit der wirklichen staatlichen Baubeihilfe haben doch zumindest
56.000 Wohnungen mit einem errechneten Bauaufwand von 31/2
Miliarden zustandegebracht und der Aufwand des Staates für
seine Baubeihilfe zu diesen Wohnungen beträgt heute im Jahre
rund 240 Millionen Kronen. Wenn wir damit die ungeheuerlichen
Ausgaben für militärische Zwecke vergleichen, so muß
gesagt werden, daß dieser Aufwand sehr bescheiden zu nennen
ist. Das gegenwärtige Gesetz bezw. das bisher geltende hat
in seinen einzelnen Bestimmungen eine Reihe von Erscheinungen
zutage treten lassen, die einer Kritik unterzogen werden müssen.
Im ersten Hauptstück des Gesetzes hat man im neuen Bauförderungsgesetz
im Vorjahre und in diesem die Fristen verringert. Das ist gewiß
begrüßenswert, doch sind auch die gegenwärtigen
Fristen noch als viel zu lang zu bezeichnen und die Art, wie die
Bodenenteignung besonders draußen auf dem Lande erfolgt,
ist nicht danach angetan, die Baulust zu heben. Die Behörden
haben den Auftrag zu trachten, daß bei Enteignungen das
sogenannte außerstrittige Verfahren Anwendung findet, d.
h., daß getrachtet werde, daß der Erweber des Grundes
mit dem Verkäufer desselben sich auf gütlichem Fuße
über den Baupreis einigt. Das hat dazu geführt, daß
auch draußen auf dem Dorfe die Grundpreise für Bauzwecke
ganz außerordentlich hoch gestiegen sind. Die Gemeinden
besitzen in der Regel keinen Baugrund im Orte oder zumindestens
keinen Grund, auf dem einigermaßen unter günstigen
Bedingungen gebaut werden könnte. Der Großgrundbesitz
gibt nichts her, von dem enteigneten Boden ist auch in der Regel
nichts zu bekommen und dann wenn von Privatbesitzern im Orte Enteignungen
erfolgen, so müssen natürlich die Grundablösungen
um hohe Preise erfolgen, was zur wüstesten Bodenspekulation
geführt hat. Auch in den Industrieorten sind die Baugrunde
in den letzten Jahren ganz außerordentlich teuer geworden
und wenn wir lesen, daß heute im Innern Prags ein Quadratklafter
Baugrund 60.000 bis 70.000 Kronen kostet, so ist das eine Summe,
bei welcher ein billiges Bauen vollständig unmöglich
ist.
Das zweite Hauptstück der Vorlage beinhaltet
die Lohnschiedsgerichte. diese waren seit jeher eine für
uns zumindest außerordentlich strittige Frage in der Baugesetzgebung.
Ich möchte vorausschicken, daß natürlich wie bei
allen Dingen so auch beim Bauen von bürgerlicher Seite erklärt
wird, daß Bauen sei deshalb so teuer, weil vor allem die
Löhne der Bauarbeiter so exorbitant hoch sind. Geradeso wie
man immer zu erklären versucht, die Kohle sei deswegen teuer,
weil die Bergarbeiter in ihrer Lohnansprüchen unersättlich
seien. Wie sieht es nun mit den Lohnverhältnissen der Bauarbeiter
aus? Da möchte ich feststellen, daß in den Bruttobausummen
heute die Löhne als solche im Durchschnitt um 4% geringer
sind als in der Vorkriegszeit. Die Bauarbeiter sind mit ihren
Löhnen an dem teuren Bauen nicht schuld. Des weiteren möchte
ich hier festhalten, daß von den Bauarbeitern nur 40% das
Existenzminimum erreichen daß nur 60% imstande sind, im
Jahre an mehr als 200 Tagen zu arbeiten und nur ein verhältnismäßig
geringer Rest der Bauarbeiter die Möglichkeit hat, einigermaßen
einen anständigen Lohn zu bekommen. Die Lohnschiedsgerichte
waren im Baugesetz als sozialpolitische Einrichtung gedacht, sie
sollten den Zweck erfüllen, bei Streitigkeiten über
Lohnfragen vorbeugend gegen Streik und Aussperrungen zu wirken.
Die praktische Tätigkeit der Schiedsgerichte hat aber das
Gegenteil erwiesen und wenn es auch bei den Schiedsgerichten in
Prag, Brünn usw. verboten war, daß dort die Parteien,
vor allem sind da die Unternehmer gemeint, mit Advokaten aufmarschieren
zur Vertretung ihrer Sache, haben wir leider sehr oft die Erfahrung
machen müssen, daß die Vorsitzenden dieser Gerichte
sich berufen fühlten, den Vertretern der Arbeitgeber dort
mit juristischem Rat zur Seite zu stehen. Die Schiedsgerichte
haben ihren Zweck nicht erfüllt und können ihn auch
aus gewissen Gründen nicht erfüllen. Wir haben
heute solche Schiedsgerichte nur in Prag, Brünn, Bratislava
und Užhorod. Unsere Forderung geht seit Bestand der Baugesetzgebung
überhaupt dahin, daß die Schiedsgerichte am Sitze der
Kammersprengel errichtet werden, und daß
innerhalb jedes Kammersprengels die Streitigkeiten zwischen Arbeitern
und Unternehmern des Baugewerbes ausgetragen werden sollen. Im
Jahre 1922 hat man uns allerdings Zusicherungen gemacht, daß
man diesem Wunsche Rechnung tragen wird, aber es ist alles beim
alten geblieben und von der gegenwärtigen Regierung ist kaum
zu erhoffen, daß sie in dieser Richtung im Sinne unserer
Anträge die Verhältnisse ändern werde. Wir verlangen
hinsichtlich der Zusammensetzung der Schiedsgerichte einige Abänderungen
und zwar zunächst, daß bei der Zusammensetzung, vor
allem bei der Ernenung der Schiedsrichter, soweit Bauarbeiterorganisationen
in Frage kommen, diese Organisationen berücksichtigt werden.
Wir verlangen, daß bei den Schieds- und Streitverhandlungen,
bei den Streitigkeiten zwischen Organisationen und Unternehmern,
vor allem jene Schiedsrichter einberufen werden, aus deren Organisation
die Streitigkeiten entstehen. Wir verlangen weiters, daß
auch den Schiedssprüchen eine gewisse Exekutivgewalt verliehen
wird. Die Dinge stehen so, daß zwar nach § 24 alle
schiedsgerichtlichen Entscheidungen rechtsgültig sind aber
nur insoweit sind sie es, als sich die Unternehmer daran gebunden
fühlen. Wir haben sehr oft den Fall erlebt, daß das
Prager oder das Brünner Lohnschiedsgericht einen Schiedsspruch
fällte, der die Lohnverhältnisse der Arbeiter einigermaßen
verbesserte, daß sich aber die Unternehmer an diese Schiedssprüche
nicht gehalten haben, und als das Schiedsgericht in Prag neuerlich
angerufen wurde, erklärte es, daß es inkompetent sei,
daß es nicht die Möglichkeit habe, auch dafür
Sorge zu tragen, daß der gefällte Schiedsspruch in
die Tat umgesetzt werde. Die Preiskommissionen sind aus dem gegenwärtigen
wie aus dem vorjährigen Gesetz verschwunden. Es ist aber
doch notwendig, über die Preise der Baumaterialien hier ein
paar Worte zu sagen. Über die Löhne der Arbeiter wird
gewettert und geschimpft, daß sie zu hoch seien und das
Bauen verteuern. Es muß aber festgestellt werden, daß
seit 1924 die Preise aler Baustoffmaterialen durchschnittlich
in der Bruttosumme um 10% gestiegen sind. Wenn wir in der Baustoffindustrie
Umschau halten - ich will ein Beispiel anführen - so finden
wir, daß die Königshofer Zementfabrik 22% Dividende
auszuschütten vermag, daß sie ihren Verwaltungsrat
fürstlich honoriert, Millionen Abschreibungen vornimmt und
alle möglichen Reservefonds schafft. Wir sehen, daß
auch in der Eisenindustrie, die Baustoffmaterialien erzeugt, ganz
gewaltige Summen ins Verdienen gebracht wurden, daß hohe
Dividenden ausgeschüttet werden. Das sind die Ursachen, die
das Bauen im Wesen verteuern. Gegen die Einfuhr ausländischer
Baumaterialien schützt man sich durch Schutzzölle, und
vergeblich blieb unser Versuch, den Schutzzoll auf österreichischen
und deutschen Zement zu beseitigen, für welch letzteren man
nicht weniger als 10 Kronen pro 100 kg verlangt.
Im dritten Hauptstück ist von der Losanleihe
die Rede und darüber wird natürlich sehr wenig gesprochen.
Es ist aber doch notwendig, dazu ein paar Worte zu sagen. Das
Losgeschäft ist anfänglich außerordentlich schlecht
gegangen, herzlich schlecht soll es gegangen sein. Plötzlich
ist ein Wandel, ein Umschwung, eingetreten. Die Lose sind verschwunden,
die Lose sind weg, kein Mensch ist mehr in der Lage, ein Los in
einem offenen Geschäft zu kaufen. Dafür aber
ziehen die Händler herum und verkaufen die Lose auf Raten
zu Beträgen von 700, 800 bis 900 Kè, wie sich eben
das Geschäft machen läßt. Mit den Losen wird ein
derartiger Handel getrieben, in Prager Regierungskreisen aber
scheint man von diesen Vorgängen draußen
nichts wissen. (Výkøiky na levici.)
Eine weitere Sache ist im vierten Hauptstück
die Frage des Baufonds für die Staatsbediensteten. Es ist
hier von 580 Millionen die Rede. Es wäre natürlich interessant,
lehrreich und wissenswert, von der Regierung zu erfahren,
wieviel von diesen 580 Millionen bereits für Bauzwecke verwendet
wurden, für welche Bauzwecke und wieviel von diesen 580 Millionen
für Èechisierungszwecke bereits verwendet wurden und
noch verwendet werden sollen. Das sind so dunkle
Punkte dieser Gesetzgebung, die man nicht gerne in der Öffentlichkeit
erörtert sehen will. Wir haben natürlich ein Recht,
hier zu verlangen, daß auch da Auskunft und Aufklärung
gegeben werde.
Im fünften Hauptstück beschäftigt
sich eine ganze Reihe von Paragraphen mit den Voraussetzungen,
unter welchen für arme Bauwerber die staatliche Bürgschaft
erlangbar ist. Es muß gesagt werden, daß man schon
guter Eltern Kind sein muß, um auch nur eine so fragwürdige
staatliche Hilfe zu erlangen, wie sie hier im Baugesetze vorgesehen
ist. Ich will ganz offen sagen, es ist eine der traurigsten Erscheinungen
unserer deutschbürgerlichen aktivistischen Parteien, daß
sie ihre Zustimmung zu diesem Gesetz und zu diesen Fassungen gegeben
haben, wo sie doch aus der Praxis der früheren Gesetzgebung
genau wissen, hier in diesem Hause, in den Ausschüssen selbst
darüber gesprochen haben, daß von den drei einhalb
Milliarden, von den 56 Tausend Wohnungen, die gebaut wurden, auf
das deutsche Gebiet nur 11% gekommen sind. Alles andere ist in
den übrigen Gebietsteilen des Staates verbraucht worden.
Ich erkläre Ihnen, daß von diesem mageren Gesetz und
von diesem magereren Bestimmungen ein noch viel geringerer Bruchteil
in die Hände deutscher Bewerber gelangen wird, da ja dieser
Betrag von 120 Millionen Kè, den wir deshalb beseitigt
wünschen, vollständig unzulänglich ist und es so
ausgeschlossen erscheint, daß das deutsche Gebiet auch nur
einen Heller erhalten kann. Wir müssen uns natürlich
auch dagegen wenden, daß der Staat dafür,
daß es die Bürgschaft gibt und schließlich, wenn
die Bürgschaftsfrage aktuell wird, etwas leisten soll, sich
das Recht sichert, von dem ihm zum Schuldner gewordenen Hausbesitzer
seine Leistungen wieder zurückzuverlangen. Das heißt
nichts anderes, als daß, wenn einer nicht mehr imstande
ist, seine Verpflichtungen zu erfüllen, der Staat, der ihm
zwar zuerst hilft, ihn nachträglich durch seine Forderungen
um den Besitz bringen kann. Deshalb verlangen wir im § 40
der Vorlage, daß diese Forderungsberechtigung des Staates
gestrichen werde.
Auch auf dem Gebiete der Steuern- und Gebührenfreiheit
muß festgestellt werden, daß hier eine wesentliche
Verschlechterung platzgegriffen hat. Wir müssen die Herabsetzung
der Steuern und der Gebührenfreiheit auf 25, bzw. 15 Jahre
als eine reaktionäre Politik bezeichnen. So fördert
man nicht die Bautätigkeit, wenn man ihr alle möglichen
Hindernisse in den Weg legt.
Ein Wort noch über die Bauerleichterungen.
So außerordentlich wünschenswert, zweckmäßig
und vielleicht notwendig die Bauerleichterungen sein mögen,
so hindert uns dies nicht zu erklären, daß wir eine
ordentliche Neuregelung der Bauordnung dringend benötigen
und daß es eine der dringendsten Aufgaben der Regierung
sein müsse, Sorge zu tragen, daß wir eine neue, ordentliche,
zeitentsprechende Bauordnung bekommen. Es ist auch die Frage aufgeworfen
worden, welche Wohnungen wir benötigen. Vor allem kleine,
ist die kurze Antwort darauf. Angeblich gibt es auch in Prag und
sonst wo in neuen Häusern leerstehende Wohnungen. Und warum?
Wenn in Prag und sonstwo für ein Zimmer und Küche 4500,
für Zweizimmerwohnungen 7000, für Dreizimmerwohnungen
10.000 K verlangt werden, dann ist es natürlich sehr begreiflich,
daß mit der Zeit solche Wohnungen leerstehen müssen,
weil unter den Arbeitern, Angestellten und Beamten niemand in
der Lage ist, derartige Zinse aufzubringen. Wir müssen uns
fragen, können solche Wohnungen gebaut werden, können
hiefür die Mieter beschafft werden? Ja oder nein? Es muß
festgestellt werden, daß wir die Frage des Baues
solcher Wohnungen ohne weiters bejahen. Nur 50.000 Soldaten weniger!
Ein Soldat kostet den èechoslovakischen Staat jährlich
rund 5000 K. Das macht bei 50.000 Soldaten 250 Millionen jährlich.
Mit dieser Summe alljährlich für Verzinsung und Amortisation
lassen sich rund 100.000 Wohnungen errichten, u. zw. Wohnungen
mit einer reinen Wohnfläche von 35 Quadratmetern bei einem
Herstellungsvoranschlage von 40.000 K. Wenn zu diesem Bruttobaubeitrag
eine 2%ige Miete eingehoben wird, können diese 100.000 Wohnungen
in 20 Jahren vollständig bezahlt werden und könnten
noch volle 30 Jahre vollwertiges Eigentum der Gemeinden bilden.
Welche Baupolitik wünschen wir? Wir müssen der Kommunalbaupolitik
unter allen den Vorzug geben. Sie ist die beste Bürgschaft
für eine gesunde und ordentliche Bautätigkeit, und wenn
die 100.000 benötigten und zu errichtenden Wohnungen auf
jene Gemeinden aufgeteilt werden, die heute unter dem Wohnungsmangel
am ärgsten zu leiden haben, so kann ruhig gesagt werden,
daß dadurch die Gemeinden einen starken Einfluß auf
die Gestaltung des Wohnungsmarktes bekommen werden, daß
derartige Methoden schließlich und endlich einmal den Mieterschutz
von selbst gegenstandslos machen werden. Wir sehen, daß
heute Wien, eine Stadt, die unter ganz außerordentlich schwierigen
materiellen Verhältnissen zu leiden hat, 30.000 Wohnungen
bauen konnte und noch 5000 Wohnungen baut, daß Wien die
Kosten dieses Wohnbaues vollinhaltlich mit der Wohnbausteuer deckt
und daß diese Wohnbausteuer, obwohl über sie so viel
gewettert und geschimpft wird, die Mietzinse in Wien nicht mehr
verteuert hat als es bei uns hierzulande trotz des Mieterschutzes
geschehen ist. Es müssen Wiener Methoden in Anwendung gebracht
werden und wenn die Stadt Wien im armen Österreich allein
imstande ist, 35.000 Arbeiterwohnungen herzustellen, so muß
es doch der großen und stolzen demokratischen Republik,
der höheren Schweiz, hierzulande nicht schwer fallen, 100.000
solcher Kleinwohnungen zu bauen, das müßte doch eine
Spielerei sein. (Posl. Hackenberg: Kanonen wenn es wären!)
Ja. Ich möchte mich an dieser Stelle kurz auch gegen
den Baudilettantismus wenden, der leider auch betrieben wird.
Wir sehen jetzt vielfach sich Vereinigungen bilden, die sich mit
der Baufrage nach ihrer Art in einer vollkommen unzulänglichen
und oft volksbetrügerischen Weise beschäftigen. Da gibt
es einen Verein, der erklärt: "Für 10 Kè
wöchentlich ein Wohnhaus!" Es ist natürlich vollständig
ausgeschlossen, daß jemand mit einer Ersparnis von 10 Kè
wöchentlich ein Wohnhaus baut. Gegen solche
Methoden muß man sich wenden. Es gibt aber auch Menschenfreunde,
die erklären, wenn jeder Bewohner 1000 Kronen hergibt, dann
ist die Wohnungsfrage gelöst. Richtig. 1000 Kronen von jedem
Bewohner der Republik würde etwa 14 Milliarden geben, damit
könnte man die Wohnungsfrage lösen. Aber die Dinge liegen
leider so, daß vielleicht jene, die die 1000 Kè
geben wollen, sie nicht haben, und daß jene, die sie geben
könnten, die 1000 K nicht hergeben.
Auch nach diesem Muster ist die Wohnungsfrage
nicht zu lösen, eben so wenig durch die sogenannten Baukredit-
und Auskunftsvereine, die Aktien und alle möglichen Verschreibungen
ausgeben, große Versprechungen machen, während zum
Schluß die Leute ums Geld geprellt werden, wie z. B. in
Pilsen eine derartige Institution jetzt mit dem gerichtlichen
Verfahren geendet hat. Es wäre notwendig, von Staats wegen
diesen Vorgängen etwas mehr Aufmerksamkeit zu schenken und
die Bevölkerung zu warnen. Zum Schlusse meiner Ausführungen
erkläre ich: immer und immer wieder wiederholen wir das Verlangen,
daß die Wohnungsfrage von Staats wegen geregelt werde, mit
statlicher Hilfe, immer und immer wieder verlangen wir gesunde
und lichte Wohnungen, dann wird es lebensfrohe und gesunde Menschen
geben, dann werden wir auch in diesem Staate zu einem menschenwürdigen
Dasein kommen und die Arbeiterklasse ihren kulturellen Aufstieg
vollziehen können. (Potlesk poslancù nìm.
soc. demokratických.)