Hohes Haus! Uns liegt heute der Rechnungsabschluß
für das Jahr 1926 zur Genehmigung vor. In früheren Jahren
mußten wir immer Beschwerde führen, daß die Abschlüsse
später vorliegen und daher Vergleiche mit den Ergebnissen
der früheren Voranschläge nicht möglich sind. Der
Beharrlichkeit des Obersten Kontrollamtes ist es gelungen, diese
Beschwerde zu beheben. Doch beginnt jetzt die Schlamperei bei
uns im Hause, denn wir kommen erst heute zur Beratung, obwohl
seit der Fertigstellung des Rechnungsabschlusses mehr als sechs
Monate vergangen sind.
Der Inhalt des vorliegenden Rechnungsabschlusses
bestätigt die Kritik, die wir bisher alljährlich an
den Rechnungsabschlüssen übten. Im Staatshaushalt wird
der Voranschlag nie eingehalten. Die Ziffern des Voranschlages
sind für die Staatsverwaltung eigentlich bedeutungslos. Obwohl
wir ein Finanzgesetz haben, obwohl genau umschrieben ist, wie
vorzugehen ist, hält sich kein einziges der Ministerien daran,
die Überschreitungen sind ständige, und regelmäßig
sind die Beträge, die ausgegeben werden, viel höher,
als sie im Staatsvoranschlag vorgesehen waren.
Daß bei den Einnahmen Differenzen entstehen,
ist ja noch eher begreiflich, weil ja schließlich und endlich
bei den Steuereingängen verschiedene Momente mit eine Rolle
spielen. Aber nicht so ist es bei den Ausgaben. Hier kann schon
genauer präliminiert werden, und es müßte auch,
wenn nur ein wenig Ordnung herrschen würde, das Präliminare
eingehalten werden. Es dürften nicht so wahnsinnig hohe Überschreitungen
stattfinden, wie das hier der Fall ist. Wir haben bei den
direkten Steuern einen Mehrerlös von 1620 Mill. Kè.
Davon entfallen auf den Mehreingang bei der Einkommensteuer allein
1764 Mill. Kè, so daß sich bei den übrigen direkten
Steuern ein Mindereingang von 142 Mill. Kè ergibt.
Wenn wir bei der Einkommensteuer über drei Milliarden Kè
Eingang ausweisen, so ist das wohl auf das Abkommen, das seinerzeit
getroffen wurde, zurückzuführen, durch eine Ausgleichszahlung
die große Mehrzahl der Steuerträger abzufinden. Der
Herr Finanzminister Dr Engliš hat
damals den Erlaß herausgegeben, es seien mit den Dienstnehmern
Übereinkommen zu treffen, durch welche eine Ausgleichszahlung
stattfinden soll, um damit den ganzen Steuerrest zu erledigen.
Diese Abfindung hat nun diesen horrenden Eingang in der Einkommensteuer
gebracht und sie zeigt, daß der Herr Finanzminister, resp.
die Finanzverwaltung mit dieser Abfindung, die so ertragreich
für den Staat war, gar kein schlechtes Geschäft gemacht
hat. Bei den indirekten Steuern beträgt der Mehrertrag
806 Millionen Kè, eine Ziffer, die sich schon sehen lassen
kann. Wenn man bedenkt, unter welch schwierigen Verhältnissen
die Bevölkerung lebt, wie sie sich in Sorge und Kummer durchbringt,
wenn man dabei berücksichtigt, daß der Voranschlag
der indirekten Steuern, der ohnedies
schon ungemein hoch angesetzt war, noch um 806 Mill. Kè
mehr gebracht hat, so zeigt sich, wie drückend die indirekten
Steuern überhaupt auf dem Haushalt lasten.
Im Abschluß finden wir auch eine Tabelle
über die Steuerrückstände, u. zw. betragen
die Rückstände von den direkten Steuern 4.9, also nahezu
5 Milliarden, von der Umsatzsteuer 1100 Mill. Kè, von den
Verbrauchssteuern 170 Millionen Kè, von den Stempeln 531
Mill. Kè, zusammen 6.8 Milliarden Kè, eine Summe,
die ganz außerordentlich hoch ist. Wenn
man bedenkt, daß von den direkten Steuern nahezu 5 Milliarden
rückständig sind, dann zeigt sich aber auch, in welchem
Stadium sich unser administrativer Apparat befindet, zeigt sich,
daß es höchste Zeit ist, endlich einmal da Ordnung
hineinzubringen, bevor ein Zusammenbruch erfolgt, wie ihn die
Welt überhaupt noch nicht erlebt hat. Wir haben am Ende des
Jahres 1927 noch 6366 unerledigte Steuerrekurse, die erst aufgearbeitet
werden müssen, was noch lange Zeit in Anspruch nehmen wird,
ja es wird im Jahre 1928 noch nicht möglich sein, die Rückstände
aufzuarbeiten, und man wird noch in späterer Zeit damit zu
tun haben.
Was für die Finanzverwaltung bezeichnend
ist und was sie bewegen soll, bei den Bemessungen etwas rigoroser
vorzugehen, ist der Umstand, daß 47.5% der Entscheidungen,
gegen die Rekurse eingebracht worden sind, als ungesetzlich aufgehoben
wurden. Beim Verwaltungsgerichtshof laufen unzählige Beschwerden
gegen ungerechte Vorschreibungen ein und es wird eigentlich der
ganze Verwaltungsapparat mit diesen Rekursen belastet, die auf
die außerordentliche Strenge, mit der die Steueradministrationen
bei den Bemessungen vorgehen, zurückzuführen sind. Unsere
Steuerbeamten glauben, daß sie ihre Tüchtigkeit damit
beweisen, daß sie bei jedem Steuerträger jährlich
die Steuervorschreibungen erhöhen. Sie rechnen mit der tiefgesunkenen
Steuermoral und glauben, auf diese Art und Weise den Steuerträgern
herauspressen zu können, was herauszupressen ist. (Posl.
Hackenberg: Sie richten sich aufs Handeln ein und der Ehrliche
zahlt drauf!) Gewiß ist das so. Aber leider treffen
sie damit zum großen Teil die kleinen Steuerträger,
die gegen solche Praktiken wehrlos sind, die nicht die Mittel
besitzen, sich dagegen zu wehren und die die Opfer dieser Politik
werden. Die großen Steuerträger, die heute alle ihre
Fachberater haben - schauen Sie nur in die großen Industrieunternehmungen,
jedes solche Unternehmen hat heute einen ehemaligen Steuerbeamten
als Fachberater in seinem Bureau sitzen - diese Großunternehmungen
wehren sich schon gegen Ungerechtigkeiten, die kennen schon die
Mittel und die Wege, um sich davon loszulösen. Hängen
bleibt, wie ich schon gesagt habe, nur der kleine Steuerzahler,
nur der kleine Mann, der leider nicht die Wege kennt und nicht
die Mittel besitzt, um sich gegen die außerordentlichen
Vorschreibungen zu wehren.
Wenn wir im Rechnungsabschluß untersuchen, welche Steuergattungen
weniger erbracht haben als die Vorschreibung, so ergeben sich
bei der Grundsteuer 34 Millionen Kè, bei der allgemeinen
Erwerbssteuer 37 Millionen Kè, bei der besonderen Erwerbssteuer
113 Millionen Kè, bei der Kohlensteuer 63 Millionen Kè
und beim Salz 3 Millionen Kè. Ich möchte mir nur erlauben,
dem Herrn Präsidenten zwei Muster von Salz zu überreichen,
eines deutschen Salzes und eines Salzes
von unserer Monopolverwaltung, das als ein feines Speisesalz,
Ia klassifiziert, hinausgegeben wird. Die Kosten betragen 2.25
Kè pro kg franko Prag. Die Deutschen liefern ein blendend
weißes Siedesalz, das ab Grenze pro kg 60 Heller
kostet. Meine Herren, ich glaube, daß auch die Staatsverwaltung
die moralische Verpflichtung hat, auch wenn sie einen Gegenstand
monopolisiert, ein solches Produkt zu liefern, daß es einwandfrei
ist, aber jemandem einen solchen Schmarren, einen solchen Schund
zu geben, ist eine Handlungsweise, die geradezu unerhört
ist. Und alle Mittel, sich dagegen zu wehren, und Beschwerden
sind vergebens, die Monopolverwaltung macht, was sie will, sie
kümmert sich nicht um die Beschwerden, ist aber strenge darauf
bedacht, daß ja kein Kilo Salz aus Deutschland hereinkommt,
wobei doch die Konsumenten gerade deswegen, weil es qualitativ
so hochwertig ist, mit beiden Händen darnach greifen würden.
Nicht nur im deutschen Gebiet, auch im èechischen wären
sie zu Tode froh, wenn sie solches Salz bekämen.
Die Mehreingänge bei den einzelnen Steuergattungen machen
bei der Umsatzsteuer z. B. die Kleinigkeit von 540 Millionen Kè
aus, bei den Zöllen 184 Millionen Kè, bei der Zuckersteuer
134 Millionen Kè, bei der Getränkesteuer 25 Millionen
Kè, bei den Stempeln 210 Millionen Kè, bei der Fahrkartensteuer
19 Millionen Kè, bei der Verkehrssteuer 46 Millionen Kè
und bei der Tabakregie 280 Mill Kè. Was ich vom Salzmonopol
angeführt habe, trifft auch bei der Tabakregie im vollen
Umfange zu. Auch die Tabakregie liefert Produkte,
die sich bei den Rauchern keiner besonderen Beliebtheit erfreuen,
und auch hier zeigt der Staat als Monopolverwaltung, daß
ihm jede kaufmännische Tüchtigkeit fehlt. Er glaubt
dadurch, daß er die Monopolstellung innehat, sich alles
mit den Konsumenten erlauben und die Verbraucher behandeln zu
dürfen, wie es ihm beliebt. (Posl. Hackenberg: Auch die
Arbeiter in den Tabakfabriken, denen man nicht einmal die Feiertage
einräumt, die in anderen Betrieben ohne weiteres zugestanden
werden, die Doppelfeiertage!) Gewiß, zwei Methoden sind
sichtbar: Schlechte Produkte und Ausbeutung der beschäftigten
Arbeiter in diesen Betrieben in höchstem Maß. Das sind
die Kennzeichen der Monopolverwaltung, und wenn sie imstande ist,
durch diese Methoden Milliardenbeträge aus dem Tabakmonopol
herauszuschlagen, so muß man sagen, daß wohl sehr
wenig kaufmännischer Geist darin steckt, die Kunden nicht
besser zu bedienen, ihnen nicht bessere Produkte zu liefern. Es
ist aber nicht nur so, daß voriges Jahr die Eingänge
aus den Steuern so außerordentlich gestiegen sind. Nach
den Nachrichten, die aus dem Finanzministerium den Blättern
zugekommen sind, ist die Umsatzsteuer im Jahre 1927 wieder um
625 Millionen Kè gestiegen, die Zölle um 270 Millionen
Kè. Was die Überschreitungen
anbelangt, so betrugen sie beim Nationalverteidigungsministerium
(Kap. 11) 36 Millionen Kè - ich will nur einige herausgreifen
- beim Schulministerium (Kap. 13) 522 Millionen Kè, beim
Ministerium für öffentliche Arbeiten (Kap. 20) 30
Millionen Kè, beim Ministerium für soz. Fürsorge
(Kap. 21) 33 Millionen Kè. Eine ganz merkwürdige Post
findet sich bei der Staatsschuld, nämlich der Betrag von
280 Millionen Kè für Zinsen und Annuitäten, die
vergessen worden sind beim Voranschlag einzustellen.
Ich weiß nicht, ist unsere Finanzverwaltung wirklich so
naiv, zu glauben, daß für ausgeborgtes Geld keine Zinsen
gezahlt werden müssen, oder ist die Schlamperei eine derartige,
daß solche Posten vergessen werden? 280 Millionen sind doch,
wie es scheint, hier bei uns Kleinigkeiten, denen man nicht
allzugroße Beachtung beimessen muß. Bei der Polizei
beträgt die Überschreitung 39 Millionen Kè, bei
der Gendarmerie 82 Millionen Kè. Auch bei diesem Kapitel
zeigt sich wieder mit aller Deutlichkeit, daß wir in
einem Staat leben, wo Polizei und Gendarmerie notwendige und unentbehrliche
Einrichtungen sind. Der Ausbau nach dieser Richtung hin ist ein
stetiger, von Jahr zu Jahr ist der Voranschlag immer höher
und höher, von Jahr zu Jahr steigen die Ausgaben für
Polizei und Gendarmerie. Beim Kapitel "Ministerium
des Äussern" ist ein Betrag von 71 Millionen Kè
für die russisch-ukrainische Aktion eingestellt. Auch das
ist eine merkwürdige Post. Die russischen und ukrainischen
Flüchtlinge befinden sich schon lange Jahre
bei uns und das Ministerium des Äußern mußte
wissen, daß es Verpflichtungen zur Erhaltung dieser Flüchtlinge
übernommen hat. Es hätte auch diese Beträge in
den Voranschlag einstellen müssen. Aber wie gesagt, unsere
Ministerien sind gar nicht darauf bedacht. Es fehlt doch die Kritik
der Herren von der Majorität, die ihnen doch alles passieren
lassen. Sie getrauen sich ja doch nicht, dagegen etwas zu sagen,
und daß da den einzelnen Ministerien der Kamm schwillt und
daß dann die Bürokratie in der Handhabung zu Unverschämtheiten
greift, ist doch selbstverständlich. Wo findet sich eigentlich
derjenige, der den Kampf gegen diese Methoden aufnehmen will und
aufnehmen wird? Bei Ihnen, meine Herren von der Majorität,
fehlt jedes Bestreben, jene Ordnung in den Staatshaushalt zu bringen,
die notwendig und unentbehrlich wäre. Nur dadurch, daß
Sie alles decken und alles passieren lassen, hat sich bei uns
das System eingebürgert, von dem wir alljährlich Zeuge
sind, und nur dadurch ist es möglich, daß die Mißstände
eine ständige Fortsetzung erfahren.
Eine Post möchte ich noch hervorheben: Verzugszinsen und
Exekutionsgebühren. 145 Millionen Kè sind nach dem
Rechnungsabschluß für Verzugszinsen und für Exekutionsgebühren
eingegangen. Wird Ihnen nicht Angst und Bange dabei, wenn
solch unerhörte Summen für Exekutionsgebühren und
Verzugszinsen aufgebracht werden? Es sind 45% mehr, als im Voranschlag
vorgesehen war, und es sind Tausende von Exekutionsbeamten am
Wege, um zu exequieren und die Verzugszinsen einzutreiben, und
die Steuerzahler kommen deshalb gar nicht dazu, ihre eigentlichen
Steuern abzuzahlen, weil sie mit diesen Gebühren überlastet
werden. Im Eisenbahnministerium ist die Deckung eines nichtpräliminierten
Abganges von 372 Millionen Kronen ganz einfach zum Teil aus den
Mehreinnahmen der Verkehrssteuern erfolgt, 236 Millionen Kronen
wurden einfach den Kassenbeständen entnommen, um diesen Betrag
zu decken.
Ich habe von indirekten Steuern gesprochen
und möchte da eine Steuer hervorheben, die besonders die
arme Bevölkerung trifft, die Zuckersteuer. Der Minderverbrauch
ist 9% für das Inland. Die Folge dieses Minderverbrauches
war, daß in die neue Ernte mit großen Vorräten
hinübergegangen wurde, daß das Produkt nicht abgesetzt
werden kann und die Fabriken heute mit den Fabrikaten vollgestopft
sind.
Ich möchte mich nun der Steuerreform und
ihren Wirkungen zuwenden. Die Steuerreform, die im letzten Jahre
durchgeführt worden ist, scheint bereits wieder zu einem
Ergebnisse zu kommen, von dem gesagt werden muß, daß
sie nicht die erhoffte und versprochene Ordnung bringen wird,
sondern daß wir schon wieder in eine Schlamastik hineinkommen,
die jede geordnete Arbeit unmöglich macht. Vor allem ist
zu kritisieren, daß die Durchführungsverordnung so
verspätet hinausgekommen ist, so daß nicht genügend
Zeit war, die notwendigen Vorbereitungen zu treffen. Eines klappt
bei der Steuerreform: die Einhebung der Dienststeuer. Die Arbeiter
und Angestellten sind die Opfer dieser Steuerreform, gegen die
man rücksichtslos vorgeht. Gegen die Kapitalisten geht man
aber rücksichtsvoll vor. Man gibt ihnen alle möglichen
Erleichterungen an die Hand, bei ihnen waltet nicht die Strenge,
die bei den Diensteinnahmen der Angestellten und Arbeiter geübt
wird. (Pøedsednictví pøevzal místopøedseda
Zierhut.) Welch
unnütze Arbeit und welch unerhörte Belastung den Steueradministrationen
erwächst, möchte ich an einigen Beispielen darstellen.
Es ist üblich, daß die Angestellten in einer Reihe
von Betrieben zu Weihnachten und Neujahr Remunerationen erhalten.
Nach den Vorschriften der Finanzverwaltung ist der Arbeitgeber
verpflichtet, die Steuer monatlich von den Bezügen in Abzug
zu bringen und der Staatskassa abzuliefern. Wenn nun die Remuneration
genau so hoch ist, wie der Gehalt, so ergibt sich in diesem Monate
ein Doppelgehalt und der Abzug muß nach dem Schema erfolgen,
das von der Finanzverwaltung vorgezeichnet ist, also mit einem
entsprechend hohen Betrag. Wenn diese Remuneration auf die einzelnen
Monate aufgeteilt würde, so wäre die Summe, die der
Arbeitnehmer zu zahlen hat, viel kleiner und die Manipulation
wäre einfacher. Die Steuerverwaltung ist nach dem Gesetze
verpflichtet, diesen überzahlten Betrag zurückzugeben,
wobei Monate vergehen werden, um diese Rückzahlungen durchzuführen
und Hunderte von Beamten damit beschäftigt sein werden, diese
Ordnung herzustellen. Genau so ist es bei den Saisonarbeitern,
bei denjenigen, bei denen das Einkommen die Minimalsteuergrenze
nicht erreicht. Auch hier wird der Abzug in der Zeit der Saisonarbeit
gemacht, wo die Lohneingänge größere sind, wo
der Mann Verdienst hat; der Arbeitgeber muß den Betrag an
die Staatskassa abführen. Wenn das Jahr um ist, so stellt
sich heraus, daß der Mann gar nicht steuerpflichtig ist
und daß ihm der Betrag wieder rückerstattet werden
muß. Ich glaube, hier wäre es leicht möglich,
eine andere Art der Steuereinhebung einzuführen, um derart
unnütze Arbeit zu verhindern.
Wenn wir die Einkommensteuerperioden vergleichen,
so ergibt sich, daß von 1919 bis 1925 gegenüber den
Jahren 1914 bis 1918 eine Steigerung von 1 auf 48.67 eingetreten
ist, d. h., daß die Eingänge der Einkommensteuer 48mal
höher geworden sind, so daß die höchste Steigerung
von allen direkten Steuern hier eingetreten ist. Diese Steigerung
wird durch die Steuerreform fortgesetzt. Dies trifft die Arbeiter
und Angestellten umso schwerer, als sie durch die indirekten Steuern
schon weit überlastet sind und ihre Lebenshaltung bedroht
ist. Der Kampf um höhere Löhne ist heute zu einer Notwendigkeit
geworden. Überall sehen wir Lohnbewegungen, Lohnforderungen,
die auf den Widerstand der Unternehmer stoßen, die zu gewaltigen
sozialen Kämpfen führen, wie wir es beim Bergarbeiterstreik
erlebt haben. Und wir sehen, daß die Regierung all dem untätig
zusieht, daß sie eher auf Seite der Unternehmer steht und
daß sie mehr die Unternehmer in ihrem Widerstand unterstützt
als die Arbeiter in den gerechten Forderungen, die sie stellen,
um ihre Verpflichtungen erfüllen zu können. Die Verwaltungsreform
hat aber eine Reihe von anderen Nebenerscheinungen mitgebracht,
sie hat auch die Finanzreform der Gemeinden gebracht und sie hat
auch den berüchtigten Ausgleichsfond geschaffen. Die Anforderungen
der èechischen Bezirke an den Fond - es sind 72 Bezirke
mit über 350% Umlagen ist 250 Mill. Kronen.
Zur Verfügung stehen sollen nach den bisherigen Nachrichten
für Böhmen 170 Mill. Kronen. Es sind also nicht einmal
die Ansprüche der Bezirke vom Ausgleichsfond zu decken, wieviel
weniger die der Gemeinden, die in einer noch größeren
Notlage leben und die viel von dem, was sie bisher an sozialen
Leistungen durchgeführt haben, weglassen müssen, weil
ihnen die Mittel hierfür fehlen. Charakteristisch ist die
erste Maßnahme für die Finanzreform der Gemeinden und
Bezirke, daß nämlich 20 neue Rechnungsbeamte eingestellt
wurden. Das ist die erste Tat der Landesverwaltung gewesen, um
die Arbeiten, die ihr damit zufallen, aufarbeiten zu können.
Wir haben einen weiteren Fond, den sogenannten
Straßenfond. Die Länge der Staatsstraßen beträgt
8.474 km. Die Kosten nach dem Maximalprogramm, um diese Straßen
instand zu setzen, betragen nach fachmännischer Berechnung
1.530 Millionen Kronen. Außerdem kommen dazu 50.000 km nichtstaatlicher
Straßen, die ja auch in Stand gesetzt und repariert werden
sollen. Man sucht sich jetzt die Straßen heraus, die nach
dem Programm der Staatsverwaltung übernommen werden sollen,
die wird man reparieren, aber nicht dauerhaft. Die Mittel, die
für den Straßenfond einkommen und dazu dienen sollen,
den Straßenbau und die Reparaturen der Straßen durchzuführen,
sind ganz unzureichend, und nach fachmännischen Schätzungen
würden bis zu fünf Milliarden notwendig sein, wenn die
Straßen in Stand gesetzt und auch in Stand gehalten werden
sollten. Man wird jetzt streckenweise Straßen reparieren,
die Instandhaltung wird aber wie in früheren Zeiten unterbleiben,
weil die Mittel nicht vorhanden sind. So wird das aufgewendete
Geld nutzlos verpulvert, es wird nicht systematisch verbraucht.
Unsere wirtschaftliche Lage scheint nach den
vorliegenden Konjunkturberichten im Abflauen zu sein. Nach den
Anzeichen ist die Beschäftigung der Industrie im bisherigen
Ausmaße nicht gesichert. Allerdings, die Bauindustrie und
die mit ihr in Verbindung stehenden Industrien haben heute noch
eine gute Konjunktur, sie sind überbeschäftigt. Aber
bei den übrigen Zweigen zeigt sich bereits ein Rückgang
der Bestellungen, das Portefeuille der Bestellungen verkleinert
sich. Wir hätten daher alle Ursache, bei unseren Handelsvertragsverhandlungen
rascher vorwärts zu kommen. Wir führen mit Deutschland
schon lange Verhandlungen, die stocken, sie kommen nicht vom Fleck.
Jetzt sagt man, vor den Wahlen sei nicht daran zu denken, daß
die Verhandlungen fortgesetzt werden können. Man wird wieder
einige Monate fortwursteln. Dasselbe ist mit Frankreich. Hier
ist die Hauptursache der Stockung das Verlangen nach der Meistbegünstigung.
Jetzt kommt man darauf, daß man auch mit Frankreich die
Meistbegünstigung fordern soll. Bei den früheren Verhandlungen,
wo die Durchsetzung dieser Forderung keiner Schwierigkeit begegnet
wäre, hat man dem keine Bedeutung beigemessen. Da hat man
gedacht, mit Frankreich nur rasch einen Handelsvertrag abzuschließen,
schaue er aus, wie immer, das sei eine politische Notwendigkeit.
Heute aber kommt man darauf, daß die wirtschaftlichen Notwendigkeiten
stärker sind als die politischen, und heute ringt man vergebens,
das zu erreichen, was man seinerzeit versäumt hat. Mit Polen
stehen wir im heftigsten Streite, weil Polen seine Zölle
bis zu 72% erhöht und damit eine Absperrung unserer Ausfuhr
nach Polen herbeigeführt wird. Alle bisherigen Erfahrungen
haben zu nichts geführt, sie haben nicht das gebracht, was
erwartet worden ist, und die daraus abgeleiteten Folgerungen sind
nun, daß von der Landwirtschaft das Verlangen nach den höheren
Vieh- und Fleischzöllen gestellt wird, damit die Einfuhr
aus Polen erschwert werde, obwohl wir absolut nicht imstande sind,
mit unseren Viehbeständen den Verbrauch zu decken. Obwohl
alle wissen, daß Einfuhr notwendig ist und wir darauf nicht
verzichten können, glauben Sie, die Fleischfrage durch Erhöhung
der Zölle lösen zu können, d. h., man rechnet damit,
daß dann weniger verbraucht, noch weniger genossen werden
kann, als es schon heute der Fall ist, daß dadurch der Verbrauch
von Fleisch einen Rückgang erleiden und so eine geringere
Einfuhr bewirkt wird. Das ist die sozialpolitische Seite dieser
Frage.
Wir verfolgen aufmerksam auch die Verhandlungen,
die wegen Herabsetzung der Zuckersteuer geführt werden. Wenn
aber jemand glaubt, daß damit den Konsumenten geholfen wird,
daß sie dadurch eine Erleichterung erfahren, daß der
Zucker verbilligt, der Inlandsverbrauch gesteigert würde,
gibt er sich großen Täuschungen hin. Die Verhandlungen
werden nur in der Richtung geführt, ob die Zuckerrübenbauern
oder die Zuckerindustrie den größeren Teil des Nachlasses
bekommen soll. Darum wird geschachert, das ist dabei das Entscheidende.
Auf diese Art will man der, wie man immer hört, notleidenden
Landwirtschaft und Zuckerindustrie helfen. Die Zuckerindustriellen
hätten aber im Vorjahre mit ihren Spekulationen auf der Zuckerbörse
in Paris vorsichtiger sein sollen, um nicht solche unerhörte
Beträge in der Zuckerspekulation zu verlieren. Sie hätten
als reelle Kaufleute sich mit ihrem Zweig beschäftigen, die
Spekulation aber unterlassen sollen.
Wenn wir also den Rechnungsabschluß nach
allen Richtungen hin durchgehen, wenn wir dabei die derzeitigen
Verhältnisse berücksichtigen, so befriedigt uns das
Ergebnis des Rechnungsabschlusses nicht. Es befriedigt uns auch
nicht die Wirtschaftspolitik, die im Staate betrieben wird, nicht.
Wir können daher den Rechnungsabschluß nicht zur Kenntnis
nehmen, wir können uns auch nicht mit der Wirtschaftspolitik,
wie sie getrieben wird, einverstanden erklären. Aus diesen
Gründen werden wir gegen den Rechnungsabschluß stimmen.
(Souhlas a potlesk nìm. soc. demokratických
poslancù.)
Meine Damen und Herren! Der Herr Koll. Buøíval
hat mir in seiner Gründlichkeit beinahe nichts mehr übrig
gelassen.
Heute hat in diesem Raume die Stimme kolossal
Platz, sie stößt nicht rechts an, sie stößt
nicht links an und bei der gewohnten Akustik dieses Hauses kommt
sie gewöhnlich retour. Das heißt mit anderen Worten,
es hat eigentlich gar keinen Zweck, daß wir über die
Sache sprechen. Erstens ist kein Interesse vorhanden und zweitens
nützt es auch nichts, auch wenn man noch so vernünftige
Argumente vorbringt. Ich spreche heute zum drittenmal zu Staatsrechnungsabschlüssen,
aber im Prinzip ist die Lage dieselbe geblieben. Wir dürfen
uns nicht verhehlen. Budget und Rechnungsabschluß sind ja
doch die wichtigsten Vorlagen des ganzen Jahres, von diesen beiden
hängt ja doch eigentlich das Wehe und das Gedeihen des Staates
ab. Denn funktioniert der eine oder der andere nicht, können
die Posten des Budgets durch die Wirtschaft nicht aufgebracht
werden, so geht die Chose einfach nicht. Das Budget stellt den
Plan, die Prognose für die Staatswirtschaft im kommenden
Jahre dar, während uns der Rechnungsabschluß die tatsächlichen
Ziffern gibt. Das Ineinandergreifen oder das Näherkommen
der beiden hängt von vielen Umständen ab; je näher
sie sich sind, desto wertvoller ist das Budget.
Maßgebend für die Wirtschaft des
Staates aber ist der Rechnungsabschluß, denn er gibt uns
das tatsächliche Bild der Gebarung und ist deshalb in seiner
Wichtigkeit dem Budget voranzustellen. Man möchte aber nicht
glauben, daß der Rechnungsabschluß, der von derartiger
Wichtigkeit ist, in einer Art und Weise behandelt wird, die jedem
Parlamentarismus hohnspricht. Irgendeine Vorlage, die vielleicht
über zwei oder drei Millionen entscheidet, ist imstande,
das ganze Haus in Aufruhr zu bringen, aber eine Vorlage, die über
Milliarden Aufschluß gibt, bleibt gänzlich ohne Interesse.
Hören und staunen Sie: Der Rechnungsabschluß mit seinen
325 Seiten ist im Budgetausschuß in zwei Stunden erledigt
worden! Selbstverständlich ist der Rechnungsabschluß
in seinem Umfange eine kolossale Arbeit und man muß ehrlich
erklären, daß das Oberste Rechnungskontrollamt sich
tatsächlich bemüht hat, gute Arbeit zu leisten. Aber
im Prinzip leistet das Rechnungskontrollamt doch nur die tatsächliche
Feststellung von Ziffern, die als solche gegeben sind, verantwortlich
hingegen sind dafür die Ministerien und da mutete es doch
ganz komisch an, daß im Budgetausschuß bei der Behandlung
des Staatsrechnungsabschlusses nicht ein einziger Minister anwesend
war, so daß man nicht einmal in der Lage war, ihnen für
die große Sparsamkeit, die sie an den Tag gelegt haben,
zu danken und ihnen andererseits das zu sagen, was man auf dem
Herzen hat. Ich werde diesbezüglich einen Antrag stellen.
In anderen Staaten wird der Staatsrechnungsabschluß genau
so behandelt, wie das Budget, weil gerade aus dem Staatsrechnungsabschluß
annähernd die Richtlinien für das Budget des nächsten
Jahres ersichtlich sind, weshalb es natürlich ganz unverständlich
ist, daß in diesem Hause hier der Vorlage eine solche Behandlung
widerfahren kann.
Gesetzlich soll der Staatsrechnungsabschluß
innerhalb 18 Monaten nach Abschluß des Rechnungsjahres vorgelegt
werden. In früheren Zeiten haben wir uns auch an größere
Fristen gewöhnt, es ist aber diesbezüglich ein kolossaler
Fortschritt erzielt worden; heuer wurde der Staatsrechnungsabschluß
für 1926 gleichzeitig mit dem Budget für 1928 vorgelegt.
Das ist eine Errungenschaft, das Oberste Rechnungskontrollamt
hat die Frist von 18 Monaten gar nicht in Anspruch genommen, sondern
schon nach 8 Monaten Rechnung gelegt. Aber was nützt das?
Der Rechnungsabschluß ist lange Monate liegen geblieben,
er kommt erst heute, Ende März, zur Verhandlung. Warum? Warum
hat man den Rechnungsabschluß nicht gleich in Verbindung
mit dem Budget gebracht? Will man mit dieser Vorlage tatsächlich
nur die Zeit ausfüllen oder bezweckt man, den Kontakt zwischen
Budget und Rechnugsabschluß für die Parlamentarier
verloren gehen zu lassen? Ich werde auch diesbezüglich einen
Antrag stellen, wonach in Hinkunft das Budget gleichzeitig mit
dem vorvorgehenden Rechnungsabschluß zu behandeln ist. Nur
so ist es möglich, in die Materie einzudringen und ihr näherzukommen.
Das wäre alles recht schön und gut,
aber im Prinzip hat diese ganze Kritik lediglich theoretischen
Wert. Ich kann hier den Abschluß kritisieren, so viel ich
will, ich kann kritisch zerpflücken, kann feststellen, daß
ein Ministerium sein Präliminare um so und so viel überschritten
hat, ich kann feststellen, daß vom § 7 des Gesetzes
Nr. 175, ich glaube ex 1919, kein Gebrauch gemacht worden ist,
kann feststellen, daß nicht nur ein Irrtum, sondern eine
absichtliche, wesentliche Überschreitung unerlaubt vorgekommen
ist nützt nichts, weil wir in dem Staate, obwohl er 10 Jahre
besteht, keine Ministerverantwortlichkeit kennen. Sie mögen
darüber urteilen, wie Sie wollen, aber ein Staat ohne Ministerverantwortlichkeit
ist in den Augen der Außenwelt unmöglich; das gilt
nicht bloß für den Rechnungsabschluß, das gilt
auch für jedes andere Gesetz, für jede andere Verordnung,
gilt für die Verträge mit dem Ausland. Ja, um Gottes
Willen, mit wem soll das Ausland abschließen, wenn die Ministerien
keine Verantwortlichkeit dafür besitzen? Ich werde auch diesbezüglich
den Antrag stellen, daß man für die in der Verfassungsurkunde
vorgeschriebene Ministerverantwortlichkeit endlich ein entsprechendes
Gesetz schaffe.