Noch ein weiterer Mangel besteht - um beim
Formalen zu bleiben - darin, daß das Oberste Rechnungskontrollamt
bei uns lange nicht die Rolle einnimmt, die ihm gebührt.
Nach der Verfassungsurkunde ist das Rechnungskontrollamt allerdings
unabhängig. Stimmt. Aber der Präsident des Obersten
Rechnungskontrollamtes nimmt lange nicht die Stellung ein, die
ein Minister hat, denn er ist ein Beamter. Beweis dessen das Gesetz
Nr. 103 ex 1926, wo seine Position behandelt wird, während
von den Ministern ganz separat gesprochen wird. Der Minister ernennt
die Beamten seines Ressorts. Wie ich gehört habe, tut dies
der Präsident unseres Rechnungskontrollamtes wohl auch, aber
im Prinzip hat er kein Recht dazu. Es ist ein geduldeter Zustand,
gesetzlich nicht festgelegt, infolgedessen kônnte eigentlich
die Beamten auch jemand anderer ernennen. Diese Beamten sind dadurch
nicht unabhängig. In Ungarn z. B. wird der Präsident
des Rechnungskontrollamtes auf Lebensdauer ernannt, der dem Parlament
für alles verantwortlich ist. Bei uns ist das lange nicht
der Fall. Dem Rechnungskontrollamt gebührt unter allen Umständen
die Stellung eines Ministeriums, unabhängig in seiner Art,
damit es tatsächlich objektiv und ohne irgendwelche Hindernisse,
ohne Bedenken und ohne Abhängigkeit Kritik üben kann
an jedem Ministerium, auch am Finanzministerium.
Übrigens auch eine andere Erscheinung,
die ich in diesem Zusammenhange erwähnen möchte: Wissen
Sie, daß die Kompetenz der einzelnen Ministerien bei uns
nicht geregelt ist? Es gibt keine Regelung für die Kompetenz
der einzelnen Ministerien, sondern nach einem alten österreichischen
Geheimzirkular wird die Praxis aus dem alten Österreich,
das doch sonst zu nichts nütze ist, fortgesetzt und gibt
es Kompetenzstritte, so muß man sich auf gütlichem
Wege im Ministerrat darüber einigen. Ich werde auch diesbezüglich
einen Antrag stellen.
Das sind Mängel, die natürlich von
schwerwiegender Bedeutung sind und ich fasse sie kurz zusammen:
Der Rechnungsabschluß muß gleichzeitig mit dem Budget
dem Hause vorgelegt werden, er muß gleichzeitig mit dem
Budget behandelt werden und muß dieselbe Behandlung erfahren,
wie das Budget. Das Oberste Rechnungskontrollamt ist mit seiner
Spitze genau so als unabhängiges Amt auszubauen, bezw. als
Ministerium. Der Präsident hat dieselben Rechte zu haben,
wie ein Minister und es ist in den weiteren Belangen, die ich
angeführt habe, auch die Kompetenz der Ministerien durch
ein Gesetz zu regeln und festzusetzen. Stellen Sie sich doch die
Praxis vor, wenn heute niemand weiß, und das Ministerium
selbst nicht, daß der und der Fall in die Kompetenz des
Ministeriums gehört. Es ist nicht auszudenken, welche Stritte
daraus entstehen können; die Öffentlichkeit hat keine
Ahnung davon- und vielleicht auch die meisten Parlamentarier nicht,
daß dieser Zustand tatsächlich herrscht.
Wenn ich mich nun dem Rechnungsabschluß
selbst zuwende, möchte ich mir in erster Linie unter dem
allgemeinen Teil folgende Bemerkung erlauben. Ich vermisse beim
Rechnungsabschluß eine allgemeine Kritik. Der Rechnungsabschluß
bringt uns lediglich eine Geldrechnung, er konstatiert laut Voranschlag:
so viel bewilligt, so viel ausgegeben; er gibt infolgedessen den
Unterschied an, entweder aktiv oder passiv, Schuld oder Guthaben.
Das ist meiner Ansicht nach nicht richtig, sondern an diese Feststellungen
des Rechnungskontrollamtes hat das Rechnungskontrollamt eine objektive
Kritik zu knüpfen, daß dies oder jenes falsch ist,
daß dies oder jenes zu rügen ist, daß dies oder
jenes aufzuheben ist. Denn im Prinzip, nach dem heutigen Zustand
stellt das Oberste Rechnungskontrollamt bloß fest, verantwortlich
ist das Ministerium dafür. Das Ministerium ist aber, wie
ich schon vorhin gesagt habe, nicht zu haben. Ich habe von bloßer
Geldrechnung im Rechnungsabschluß nichts. Maßgebend
ist die Vermögensrechnung. In welcher Vorlage wird aber der
Stand eines Vermögens klargestellt? Wo wissen wir, welches
Vermögen der Staat besitzt? Nirgends Die staatlichen Betriebe
werden zwar laut einer Verordnung und einem Gesetze aus dem Jahre
1924 verpflichtet, Bilanzen aufzustellen. Aber wie sehen denn
diese Bilanzen aus? Sie sind nichts als Betriebsrechnungen, lange
nicht Bilanzen im kaufmännischen Sinne. Wie wollten Sie denn
heute damit arbeiten? Sie kriegen nacktes Ziffermaterial und nichts
anderes, geschweige daß Sie über die Anlagen des betreffenden
Betriebes orientiert sind, bezw. daß Sie in der Lage sind,
hier eine Beanstandung vorzunehmen. Wir brauchen dabei nicht stehen
zu bleiben. Es fehlt auch eine Übersicht, abgesehen von den
staatlichen Betrieben, über jene Unternehmungen, an denen
der Staat beteiligt ist, sei es in Form von Aktien von Zuckerfabriken,
Dampfschiffahrtsgesellschaften oder Banken, ich will sie hier
nicht ziffernmäßig aufführen. Die Übersicht
fehlt, kein Mensch weiß, wie viel der Staat bei dieser oder
jener Zuckerfabrik oder Dampfschiffahrtsgesellschaft oder bei
der und jener Bank hängen hat, wir wissen auch gar nicht,
wie sich das Kapital verzinst und ob es rentabel angelegt ist.
Ja, meine Herren, wo ist denn da die Aufklärung darüber?
Sie fehlt.
Sprechen wir von etwas anderem. Die Èechoslovakei ist das
Land der Fonde. Ich mache mich eben jetzt an die Arbeit, sämtliche
Fonde der Èechoslovakei zusammenzustellen. Ich bringe da
etwa 20 und noch mehr zusammen. Was haben wir hier? Meliorationsfond,
Wohnungsfond, Schluß der Debatte. Wo
haben Sie den Fond des Bodenamtes, wo den Fond, aus dem die Angestellten
entschädigt werden sollen, wo ist der Kunstdüngerfond?
Nichts davon, meine Herren! Ja, um Gottes Willen, wer die Mängel
nicht berücksichtigt, wer darüber nicht im Bilde ist,
was da vorgeht, wie die Fonde stehen, wie es darum ausschaut,
wer das Geld davon bekommt, der kann nicht klar sehen. Die Fonde
bilden ein eigenes Kapitel und es wird bei der Neuordnung der
Finanzen, bezw. in einem Gesetz jedenfalls der Standpunkt vertreten
werden müssen, daß man wenigstens nicht mit neuen Fonden
die ganze Chose noch belastet, denn im Prinzipe bildet die Fondwirtschaft
eine Zersplitterung und für das Rechnungskontrollamt, das
werden Sie zugeben, eine kolossale Erschwernis der Kontrolle.
Denn dann heißt es einfach: das ist kein staatlicher Fond,
sondern der Staat ist nur beteiligt, und weil es kein staatlicher
Fond ist, geht Euch die Kontrolle nichts an. Das ist der effektive
Zustand, meine Herren, und der muß gerügt werden. Das
darf nicht sein und das gibt es nicht!
Wir haben auch folgenden Fall. Wir haben den
Mangel der bisherigen Finanzgesetze und der Behandlung des Staatsrechnungsabschlusses
auch darin sehen müssen, daß die Nationalversammlung
keinerlei Direktiven bezüglich der Verwendung der ausgewiesenen
Überschüsse gegeben hat. Sie sehen freilich, bei dieser
Behandlung des Staatsrechnungsabschlusses braucht sich selbst
das Oberste Rechnungskontrollamt und auch ein Ministerium keine
Sorge zu machen, daß sich jemand um die Überschüsse
kümmert. Die Leute kennen sie nicht, infolgedessen können
sie auch dem Rechnungskontrollamt oder den Ministerien keine Direktiven
darüber geben, was mit den Überschüssen überhaupt
zu machen ist. Nun hat der Herr Finanzminister Dr. Engliš
in anerkennenswerter Weise - ich muß das in meiner Objektivität
anerkennen, selbst wenn mir dabei vorgeworfen wird, daß
damit der Zustand herbeigeführt wird: "Was sich liebt,
das neckt sich" - ich stelle also fest, daß er in anerkennenswerter
Weise im Finanzgesetz für das Jahr 1928 im Art. XIX, Abs.
2 eine Bestimmung hineingegeben hat, wonach er Gebarungsüberschüsse
dem Schuldentilgungsfond zuführt. Also wieder ein neuer Fond!
Macht aber nichts. Er ist vorhanden und da räumt man kurzum
mit den ganzen Überschüssen der vergangenen Jahre auf.
Man wird bezüglich dieses Fondes sich darüber klar werden
müssen, ob er eine Rechtspersönlichkeit darstellt, oder
ob er tatsächlich bloß der Fond ist, bei dem die durchlaufenden
Posten sind, die gerade eben zur Schuldentilgung zu verwenden
sind. Nachdem sich laut diesem Gesetz der Mangel der früheren
Rechnungsabschlüsse dadurch behoben zeigt, so würde
uns natürlich ungemein eine Übersicht interessieren,
um welche Überschüsse es sich eigentlich handelt, die
diesem Fond zugewendet werden. Die Bedeutung dieses Fonds muß
uns klar sein, denn bei der bekannten Sparsamkeit unserer Staatsverwaltung
kann man mit Recht annehmen, daß diesem Fond große
Beträge zufließen und es kann uns passieren, daß
wir über Nacht keine Schulden mehr haben. (Veselost na
levici.) Sie lachen, meine Herren, Sie vermuten, daß
uns das nicht passieren wird, aber ideal aufgefaßt ist auch
das möglich. Aber etwas Interessantes kommt dabei zutage,
daß wir schließlich eigentlich durch die Überschüsse
die restlose Aufklärung darüber erfahren müssen,
was mit den ganzen Vorschüssen, die eben etatmäßig
gegeben worden sind, geschieht. Und aus einer solchen Übersicht
seitens des Rechnungskontrollamtes würden wir endlich erfahren,
was es denn mit dem Vorschuß für die in Liquidation
gewesene staatliche Fettzentrale im Betrage von 83 Millionen ist,
was es für ein Bewandtnis hat mit den Einlagen bei den Geldinstituten
zum Zwecke der Zeichnung der vierten Staatsanleihe durch priviligierte
Personen in der Höhe von 492 Millionen, was es mit den Vorschüssen
zur Deckung der bis 1923 bei der Kaschau-Oderberger Bahn entstandenen
Abgänge von 920 Millionen, was mit den Forderungen an die
Verwaltung von Böhmen, Mähren und Schlesien auf Grund
von an diese zur Deckung der Lehrergehalte geleisteten Vorschüsse
von 691 Millionen ist, was mit den Forderungen an die staatliche
Getreideanstalt in der Höhe von 4.886 Mill. ist, was mit
den Forderungen an die Finanzverwaltung der russischen Legionen
im Betrage von 256 Millionen, was mit den Forderungen an
die èechoslovakische Tranche der österreichischen
Völkerbundanleihe im Betrage von 489 Millionen, was mit den
Anleihen bei den Landesgeldinstituten zur Ermöglichung der
Zeichnung der vierten Staatsanleihe im Betrage von 194.6 Millionen,
was mit den Geldanlagen bei den Staatsbetrieben
in der Höhe von 728.8 Millionen, was mit der Anlage beim
Materialfond der èechoslovakischen Staatsbahnen im Betrage
von 395.8 Mill. und was mit der Deckung der Investitionsausgaben
von 1100.6 Millionen ist. Warum habe ich das
angeführt? Weil das letzten Endes Vorschüsse im Betrage
von 11.395.8 Millionen sind. Es wird ja bei diesen Vorschüssen
zu unterscheiden sein in solche, die tatsächlich einen Vorschußcharakter
haben - also es handelt sich da um Investitionen u. s. w. - aber
wir werden auch erfahren, welche Forderungen tatsächlich
dubios sind mit 50%. Ich komme überhaupt noch darauf zu sprechen.
Wenn ich von der Kontokorrentgewährung spreche, um mich nur
einen Moment dabei aufzuhalten, so solle eigentlich in diesem
Abschnitt nur die Verrechnung zwischen den verschiedenen Staatskassen
aufscheinen, die sich aus dem gegenseitigen Verkehr ergeben und
deren Konstatierung zur Kontrolle notwendig ist. Aber wir sehen,
aus den Abschlüssen der Jahre 1924, 1925 und 1926 seitens
der Verwaltungsbehörden auch Gewährungen hier verrechnet,
welche ihrem Wesen nach reelle Gewährungen sind und infolgedessen
nicht da hineingehören.
Ein Wort zu den Aktiven und Passiven oder Forderungen
und Schulden. Sie alle kennen vielleicht den § 7 des Gesetzes
vom Jahre 1919, der folgendermaßen lautet: "Ergibt
sich im Verwaltungsjahr die dringende Notwendigkeit von Ausgaben,
für welche im Staatsvoranschlag keine Vorsorge getroffen
worden ist oder durch welche ein bewilligter Kredit überschritten
wird oder welche zu Lasten eines anderen Kredites gehen soll,
so sind die betreffenden Zentralbehörden verpflichtet, den
Akt nach erfolgtem Einvernehmen mit dem Finanzministerium vor
der Abfertigung dem Obersten Rechnungskontrollamt zur Einsicht
zu senden, welches berechtigt ist, binnen acht Tagen Einwendungen
zu erheben. Im Streitfalle entscheidet der Ministerrat, an welchem
das Oberste Rechnungskontrollamt teilnimmt". Wir müssen
nun unterscheiden zwischen jenen Überschreitungen, die tatsächlich
im Sinne des § 7 die Zustimmung des Rechnungskontrollamtes
haben und für die eine gesetzliche Basis da ist, sowie zwischen
jenen Bedürfnissen und Überschreitungen, die lediglich
durch den Ministerrat verfügt worden sind. Dabei müssen
wir konstatieren, daß diese vollkommen ungesetzlich und
unzulässig sind, und es wird zu überprüfen sein,
inwieweit sich solche Entscheidungen tatsächlich auf ein
Gesetz oder eine Verordnung stützen können.
Ein Wort zu den dubiosen Forderungen. Ich habe
schon vorhin erwähnt, daß wir als dubiose Forderungen
die Vorschüsse zur Auszahlung für Lehrergehalte ansehen
können. Da muß eigentlich die Finanzverwaltung einmal
damit aufräumen, diese Vorschüsse weiter zu schleppen.
Das hat keinen Sinn, genau so nicht wie die Höhe der Steuerrückstände
und die Höhe der Rückstände bei der Vermögensabgabe
und Vermögenszuwachsabgabe. Das sind falsche Ziffern, mit
denen ein objektiver Beurteiler rechnet, der die nähere Sachlage
nicht kennt. Wer aber die Situation kennt, weiß genau, daß
der Staat nicht imstande ist, diese Steuerrückstände
und diese Rückstände aus der Vermögensabgabe und
der Vermögenszuwachsabgabe auch nur annähernd eintreiben
zu können. Dann wäre als dubios sicher auch ungefähr
eine Milliarde Kè für die russischen und ukrainischen
Staatsangehörigen anzusehen, die
das Ministerium des Äußern angeblich ausgegeben hat.
Wenn ich von diesen Abweichungen nach § 7 des vorerwähnten
Gesetzes spreche, so machen diese Abweichungen im Jahre 1925 ungefähr,
glaube ich, 270 Millionen Kè aus. Die sind aber natürlich
in den bewilligten mehr als 500 Millionen
Kè nicht enthalten. Wir haben auch in der Differenzbegründung
des Abschlusses für 1926 solche Posten, beispielsweise die
Posten 120, 152, 155, 156, 157, 158 und 160, alles Kapitel 11.
Hoch die Wehrmacht! Dort sind die Überschreitungen,
wo man sich erlaubt, das Oberste Rechnungskontrollamt wieder einmal
nicht zu fragen, wie wohl die Vorschrift nach § 7 besteht.
Warum sollen wir es denn unterlassen, ist denn da etwas zu fürchten,
könnte vielleicht das Rechnungskontrollamt es nicht bewilligen,
und vielleicht Einspruch beim Ministerrat dagegen erheben? Jedenfalls
ist das der gesetzliche Weg und der andere der ungesetzliche und
da könnte es bei einem Gesetz über die Ministerverantwortlichkeit
einem Minister passieren, daß er "put put" machen
muß, wenn er diese Bewilligung nicht hat und eingesperrt
wird. Das alles nur unter dem Gesichtswinkel der Ministerverantwortlichkeit.
Nachdem es bei uns an einer solchen fehlt, sind solche Zustände
zulässig und möglich, denn sonst könnte es nicht
passieren. Wir haben aber noch Folgendes zu beachten: Auch in
den Fällen, wo das Rechnungskontrollamt nach § 7 die
Zustimmung gibt, wäre im Prinzip eine Summe festzusetzen,
über die man nicht hinausgehen darf, so ähnlich wie
bei der Veräußerung des unbeweglichen Vermögens.
Da hat der Finanzminister heute noch eine Bewilligung bis zu 5
Millionen Kè., bei der Veräußerung unbeweglichen
Vermögens. Über diesen Betrag hinaus ist die Nationalversammlung
zu fragen. Hier aber bei uns spielt das gar keine Rolle.
Sie sehen aber meine Herren, man müsse solchen Dingen doch
einen Riegel vorschieben und sagen: Bis zur Höhe von 5 Millionen
Kè kann der Finanzminister nach eigenem Ermessen schalten.
Aber was darüber hinausgeht, gehört vor dieses Haus.
Wir wollen wissen, was geschieht. Denn sonst
hat die ganze Kontrolle keinen Sinn. Im Budget ist es nicht enthalten,
in den Rechnungsabschluß wird die Bewilligung aufgenommen
und kein Hahn kräht weiter darnach. Ich glaube aber, meine
Herren, so darf man mit den Geldern unter keinen Umständen
umgehen.
Ein Wort über die Staatsbetriebe beim
allgemeinen Teil. Sie wissen, daß alle Staats betriebe im
§ 1 der Verordnung Nr. 206 aus dem Jahre 1924 verpflichtet
sind, kaufmännische Grundsätze einzuführen, ihre
Betriebe kaufmännisch zu führen. Zu diesem Begriff gehört
ja auch die Vorlage von kaufmännischen Bilanzen. Darüber
habe ich vorhin schon gesprochen, wir werden noch darauf zurückkommen.
Aber ich frage: Lassen sich diese ganzen staatlichen Unternehmungen
unter den Begriff der kaufmännischen Gebarung einreihen?
Zum Beispiel: Die staatlichen Lehranstalten von Liebwerda und
Ouøinoves. Die Aufwendungen dort geschehen zum Zwecke des
Unterrichtes für die Schüler. Wäre das nicht so,
dann würden jedenfalls keine Investitionen erfolgen.
Ein zweites Beispiel: Die Tabakregie. Wie ist es dort? Ist die
Tabakregie ein kaufmännisches Unternehmen, ja oder nein?
Jawohl! Wenn sie aber ein kaufmännisches Unternehmen ist,
dann müssen Sie den Präsidenten der Tabakregie auf der
Stelle einsperren lassen, denn nach kaufmännischen
Regeln darf der Unternehmer bloß bürgerlichen Nutzen
nehmen. Der Einkauf der Tabakfabrikate kostet aber dem Staate
230 Millionen Kè und der Gewinn ist mit 1279 Millionen
Kè angegeben. Das ist Wucher, und der Mann müßte
wegen Wucher eingesperrt werden. Also Spaß
bei Seite. Die Tabakregie kann natürlich auch in diesem Sinne
als kaufmännischer Betrieb nicht aufgefaßt werden,
mit kaufmännischer Gebarung, weil eine solche nicht möglich
ist.
Wir haben in den Einführungsberichten
zu den Abschlüssen gerade bezüglich der staatlichen
Betriebe viele ungelöste Probleme erwähnt. Da ist es
doch sehr interessant, wenn wir uns einmal überhaupt das
Kapitel des Anlagekapitals bei den staatlichen Unternehmungen
ansehen. Entweder mit Absicht oder ohne Absicht fehlt bei Bahn
und bei Post die Unterlage. Möglich, daß man auf die
Reparationskommission Rücksicht nimmt. Aber im Prinzipe müßte
man bei der Verpflichtung kaufmännischer Bilanzen auch dazu
kommen, daß man eben auch das Gesetz über die Stabilisierungsbilanzen
anwendet, denn meine Herren, bei einer Bilanz ohne gleichzeitigen
Inhalt von Betriebskapital und Anlagekapital können Sie nie
zur Ermittlung kommen, ob überhaupt von Rentabilität
gesprochen werden kann. Das fehlt vollständig. Infolgedessen
können wir auch nie davon sprechen, daß wir ein vollständiges
Inventar haben.
Wie sieht nun die Stellungnahme des Rechnungskontrollamtes
zu den staatlichen Betrieben aus? Gesetzlich ist ja das auch festgelegt,
aber es fällt keinem Menschen ein, daß vielleicht das
Verwaltungskollegium oder eine Revisionskommission das Rechnungskontrollamt
zu den Beratungen heranziehen würde, denn dann würden
vielleicht diese Differenzen zwischen dem Rechnungskontrollamt
und den Ministerien, die doch ganz bestimmt vor kommen müssen,
bei dieser Auffassung bezüglich der Betriebsrechnungen und
der sogenannten Bilanz überhaupt nicht möglich sein.
Es würde sich aber auch manches andere ändern. Es würde
nämlich das Rechnungskontrollamt Einsicht in den wirklichen
Inhalt der Geschäftsführung der Betriebe bekommen.
Es haben z. B. die staatlichen Zuckerfabriken im Jahre 1925 einen
Gewinn von 6347 Millionen Kè ausgewiesen. Im Jahre 1926
haben wir einen Gewinn von 849 Millionen Kè verzeichnet.
Der Zucker ist teuerer geworden. Der Absatz des
Zuckers ist im großen ganzen auch nicht geringer geworden.
Wieso also diese Differenz? Aufklärung fehlt! Ein anderes
Beispiel: Die Staatsbahnen. Diese haben im Jahre 1926 einen Überschuß
von 121 Millionen Kè. Aber nicht in Anrechnung gebracht
sind dabei die Zuschüsse auf Gehälter
von 61 Millionen Kè, Pensionen 40 Millionen Kè,
Betriebsabgänge der Lokalbahnen 112 Millionen Kè.
Ich kann natürlich in der kurzen Zeit,
die mir zur Verfügung steht, nur Streiflichter werfen und
habe versucht, diese allgemeinen Streiflichter über den Staatsrechnungsabschluß
vorzuführen. Was nun den Rechnungsabschluß im Besonderen
anbelangt, so muß ich erklären, daß es natürlich
sehr löblich ist, daß er gleichzeitig mit dem Budget
vorgelegt worden ist. Es ist aber in dieser Hinsicht auch in materieller
Beziehung eine wesentliche Besserung eingetreten. Sie besteht
darin, daß auf der außeretatmäßigen Seite
die Finanzverwaltung eigentlich doch mit dem früheren System
gebrochen hat. Denn wir dürfen uns nicht verhehlen, daß
im Jahre 1924 das Jahr mit einer Kassengebarung von 2979
Millionen Kè anfing, es kam dann Ende 1924 auf 1852 Millionen
Kè herunter und im Jahre 1925 kam sie auf 468.9 Millionen
Kè herunter. Wir haben also in dieser Zeit eine Entnahme
aus dem sogenannten Geheimbudget von mehr als
21/2 Milliarden oder besser gesagt,
wir hatten 1924 eine Entnahme aus diesem Geheimbudget von 2754
Millionen Kè, im Jahre 1925 2520 Millionen Kè und
sehen heute den günstigen Unterschied, daß Dr Engliš
nur noch 183 Millionen Kè Vorschuß genommen hat.
Das ist ein Fortschritt, der keinesfalls zu unterschätzen
ist. Wenn wir bei der außeretatmäßigen Gebarung
einerseits Kreditoperationen unterscheiden, so haben wir Ausgaben
in der Höhe von 4725 Millionen Kè und Einnahmen von
1780 Millionen Kè, so daß
sich ein Saldo von 2945 Millionen Kè ergibt. Das Konto
der geleisteten Fortschritte ergibt in den Ausgaben, wie gesagt,
183 Millionen Kè, in den Einnahmen 3431 Millionen Kè,
so daß sich ein Saldoplus von 3248 Millionen Kè ergibt,
während wir z. B. im Jahre 1924
noch ein Minus von 2528 Millionen Kè hatten. Die 183 Millionen
Kè sind im Prinzipe gesetzlich gedeckt und es hat daher
keinen Zweck, sich dabei weiter aufzuhalten. Aber das Plus von
3200 Millionen Kè ist wieder dadurch zu erklären,
daß die Kriegsgetreideverkehrsanstalt
in Liquidation ging. Bekanntlich bekam sie einen Vorschuß
von 4886 Millionen Kè. Davon ist für die Mehlanleihe
lediglich ein Betrag von 2007 Millionen gedeckt. Den Rest muß
man halt wieder durch einen Mogel ausgleichen. Da muß sich
nämlich der Staat selbst bevorschussen,
im Wege der Kredioperationen. Wenn sich kein anderer Weg findet,
muß es eben so gemacht werden.
Wenn wir zur etatmäßigen Gebarung
übergehen, so müssen wir uns vor allem vor Augen halten:
Das Oberste Gesetz der Finanzverwaltung muß es sein, daß
sie ihren ganzen Verwaltungsapparat in möglichst sparsamem
Sinne leitet, denn wir sind uns klar darüber und ich babe
immer darauf hingewiesen, daß der Staat über seine
Verhältnisse lebt, was schon aus dem Übergang der Währung
von der Inflation zur Deflation zu ersehen ist. Die Ausgaben
sind also zu hoch. Sie waren im Jahre 1926 veranschlagt mit 9.6
Milliarden Kè, vorgeschrieben 11.1 Milliarden Kè,
vollzogen 11.7 Milliarden Kè. Also wir haben zwischen den
vollzogenen eine Differenz von 2019
Millionen Kè, zwischen den vorgeschriebenen eine Differenz
von 1407 Millionen Kè. Man kann sagen, diese Differenz
bleibt nicht bestehen, weil auf der anderen Seite die Einnahmen
gewachsen sind. Ja aber das ist nicht das Prinzip! Wenn die Einnahmen
gewachsen sind, so sind jedenfalls die Einnahmen für andere
Zwecke zu verwenden. Das Bild der Einnahmenseite sieht folgendermaßen
aus: wir hatten im Voranschlag 10.086 Millionen Kè, vorgeschrieben
13.470 Millionen Kè und vollzogen 11.468 Millionen Kè.
Wir haben mit anderen Worten folgendes
Bild: Überschreitung auf der einen Seite zwischen Voranschlag
und dem Vollzogenen 1382 Millionen Kè und zwischen Vorgeschriebenem
eine Differenz von 3384 Millionen Kè. Wenn wir die Gründe
überprüfen, woran diese Mehrausgaben
schuld sind, so haben wir in erster Linie die Gehaltsreform der
Staatsangestellten in Rücksicht zu ziehen, die ungefähr
400 Millionen Kè ausgemacht hat, sodann ungefähr 522
Millionen Kè, die den Ländern zugewiesen worden sind.
Im ganzen haben wir 932 Millionen Kè.
Die Sachauslagen werden natürlich in erster Linie bei der
Bahn, bei der Post und bei den staatlichen Betrieben überschritten.
Dabei dürfen wir nicht übersehen, daß Minister
Engliš
gerade diese Gebarung insofern reformiert hat, als er die notwendigen
Investitionen nicht mehr durch Anleihe aufbrachte, sondern erklärte,
daß die Betriebsüberschüsse den Betrieben selbst
wieder zugewiesen werden und darüber hinaus von der Finanzverwaltung
eventuell Zuschüsse gemacht werden können. Er wollte
dadurch die Betriebe rentabel machen, sie nicht in Schulden stürzen,
weil ja auch die Amortisationsfrage sehr schwer ist. Aber gerade
im Budget 1928 hat er dieses Prinzip wieder durchbrochen, indem
er es zwar bei der Eisenbahn beibehalten hat, bei der Post aber
nicht, indem er bei der Post auf den Anleiheweg gekommen
ist, weil er behauptete, daß die Post rentabel ist und diese
Anleihe verträgt. Diese Zuschüsse aus den Mitteln der
Verwaltung haben bei den Bahnen im Jahre 1926 372 Mill. Kè
ausgemacht, bei der Post 32.7 Mill.
Kè, auch die staatlichen Gruben haben ungefähr 21
Mill. Kè und die Bäder 3.7 Mill. Kè bekommen.
Ich will nicht länger bei Einzelheiten verweilen. Wir müssen
auch die Kaschau-Oderberger Bahn berücksichtigen, dann die
Unterstützung der Lokalbahnen usw. Das
Finanzministerium hat sonst seinen Bedarf etwas herabgesetzt.
Überschritten haben ihn das Ministerium für öffentliche
Arbeiten, angeblich mit dem Bau von staatlichen Wohnhäusern,
dann auch das Ministerium für soziale Fürsorge. Aber
eine stets wiederkehrende Überschreitung, worüber
man staunen muß, daß man ihr noch nicht Einhalt getan
hat, ist das Ministerium des Äußeren. Bei diesem kehrt
ohne Befragen, ohne Bedeckung jährlich der Betrag von 70
Mill. Kè wieder, die Sie für die russische und - ukrainische
Hilfe brauchen. Das macht heute schon einen Betrag von mehr als
einer Milliarde Kè aus. Alle Leute zweifeln heute daran,
daß das diesen Zwecken zugeführt worden ist. Da wäre
es sehr interessant, daß man sich einmal die Frage erlaubt:
"Du Ministerium des Äußern,
wie hast Du eigentlich die ganzen Jahre her diese 70 Mill. Kè
verwendet, was ist damit gemacht worden, bitte weise dich ziffernmäßig
aus!" Ich erlaube mir in dieser Hinsicht tatsächlich
an den Herrn Minister des Äußern die entsprechende
Anfrage zu richten. Wenn wir von den
Ersparnissen reden, so ist bei der Staatsschuld die Kleinigkeit
von 186 Millionen Kè erspart worden und merkwürdigerweise,
das sei den Agrariern gut gerechnet, hat das Landwirtschaftsministerium
19 Millionen Kè erspart. Herr Berichterstatter,
wie die das machen können, das ist mir unverständlich
und ich glaube, daß ist zufleiß gemacht worden, da:
mit das Bild wieder einmal ein bißchen anders ist, damit
es nicht immer heißt, die Agrarier nehmen bloß, sondern:
die Agrarier sparen. Ich glaube jedoch, daß da bei
den 19 Mill. Kè nicht der Sparsinn maßgebend gewesen
ist, sondern da haben Sie jedenfalls irgendwelche Umstände
verpaßt, daß Sie die 19 Mill. Kè haben verkümmeln
können. Aber ieh mache bei meiner Objektivität die Konstatierung,
daß die Agrarier laut Rechnungsabschluß 19 Millionen
Kè erspart haben, wenn sie es auch noch im Grabe beklagen.
Auf der anderen Seite der etatmäßigen Gebarung fällt
- eine große Differenz in die Augen, zwischen den vorgeschriebenen
und den vollzogenen Einnahmen. Das macht
direkte Steuern, Verbrauchssteuern, öffentliche Abgaben zusammengenommen
den Betrag von 3118 Millionen Kè aus. Diese Differenz zwischen
vorgeschrieben und vollzogen ergibt dann natürlich für
uns die Summe der Steuerrückstände. Da möchte
ich der Ordnung halber nicht dem leeren Hause, sondern der Bevölkerung
draußen sagen, daß die Rückstände an direkten
Steuern vom Jahre 1919 von 577.5 Mill. Kè auf 4978.7 Mill.
Kè im Jahre 1926 gewachsen sind, Umsatzsteuer von 69.7
Mill. Kè im Jahre 1920 auf 1114.6
Mill. Kè (Výkøiky posl. Kyncla.) Da
haben Sie, Herr Kollege von der Gewerbepartei, die Umsatzsteuer
von 69 auf 1114 Millionen Kè. Wissen Sie, was die Umsatzsteuer
ausmacht? Vorgeschrieben: 1926 2173 Millionen Kè. Das sind
Ziffern! Die Verbrauchssteuern im Jahre 1920: Steuerrückstand
12.8 Millionen Kè, auf 170 Millionen im Jahre 1926, die
Gebühren von 48.4 auf 531.4 Millionen Kè im Jahre
1926. Die Summe von 638.7 Millionen Kè im Jahre 1919 auf
6794 Millionen Kè. Jetzt rechnen Sie zu dieser Chose von
6.7 Milliarden Kè die Rückstände von 4.4 Milliarden
Kè Vermögensabgabe und Vermögenszuwachsabgabe.
Da können Sie sich vorstellen, was für ein Steuerdruck
auf der Wirtschaft in dieser Hinsicht lastet. Hier wird natürlich
unter allen Umständen Wandel geschaffen
werden müssen und zwar auf gesetzlichem Weg, das läßt
sich individuell nicht regeln, weil sie mit der ganzen Geschichte
überhaupt nicht fertig werden. Und da hat gerade Finanzminister
Engliš wieder einen Riegel vorgeschoben, wenn solche
Mehreinnahmen kommen, wie wir sie vorhin hier gesehen haben, da
er im Finanzgesetz schon 1927 bestimmt hat, daß ein Mehrertrag
über 5% dem neugeschaffenen Schuldentilgungsfond zugewiesen
wird. Also mit dem Schuldentilgungsfond hat es sein Gutes. Sie
dürfen das Eine nicht übersehen, daß die
Èechoslovakei genug Schulden hat. Da möchte ich Ihnen
gerade im Jubiläumsjahr etwas ans Herz legen.