Sie werden das Jubiläum ganz bestimmt
feierlich begehen. Das finde ich begreiflich. Aber werfen Sie
nicht nur so mit den Millionen herum. Wir haben sie nicht, sie
sind nicht da. Sie geben über Ihre Verhältnisse aus.
Kennen Sie das Sprichwort: "Wer mehr gibt, als er hat..."?
Nicht wahr? Jetzt will ich Ihnen Folgendes sagen: Rechnen Sie
nicht mit den Schulden nach dem Staatsrechnungsabschluß.
Mit dessen Abrechnung komme ich nicht zufach. Der weist Ende Dezember
1926 27.7 Milliarden aus, das Budget für 1927 aber, also
beginnend mit dem 1. Jänner 1927, 34.9 Milliarden. Da wird
mir der Herr Berichterstatter sagen, ja da ist die Summe dazwischen,
wo Papiere noch nicht ausgegeben worden sind, oder wie die Ausreden
schon immer heißen mögen. Aber Rechnung ist Rechnung,
Schuld ist Schuld, und per 31. Dezember 1926 und 1. Jänner
1927 beträgt die Schuld 34.9 und nicht 27.7 Milliarden. Glauben
Sie aber ja nicht, daß Sie damit fertig sind. Denn zu den
34.9 Milliarden müssen Sie unter Brüdern auch die Staatsnotenschuld
rechnen. Die ist nämlich im ganzen Budget nicht drin, auch
nicht im ganzen Staatsrechnungsabschluß und beträgt
laut letztem Ausweis der Nationalbank vom 15. März 1928 4860
Millionen. In der Staatsnotenschuld sind bekanntlich auch die
750 Millionen, die das Bankamt ohne Bewilligung ausgegeben hat,
auch wenn sie sich auf den Betrag von 489 Millionen ermäßigt
haben soll. Da sind wir aber noch lange nicht fertig. Bei diesen
Summen, die ich genannt habe, ist noch keine Rede von Reparationen,
die zu bezahlen sind und von der ganzen Regelung dieser Frage.
Infolgedessen haben wir keine Ursache aus dem Vollen zu schöpfen,
vielmehr alle Ursache, schön sparsam zu sein. Das ist der
einzig richtige Grundsatz. (Pøedsednictví
pøevzal místopøedseda Zierhut.)
Ein Wort noch zu den staatlichen Betrieben.
Ich habe vorhin gefragt, ob die kaufmännische Gebarung für
die Tabakregie gilt. Das Material, das die Tabakregie einkauft,
erfordert 230 Millionen, der Betriebsüberschuß macht
1297 Millionen aus. Da mögen Sie reden, wie Sie wollen, die
Produkte werden im Monopolwege entschieden ausgenützt, mit
anderen Worten, wir rauchen unter allen Umständen zu teuer.
Oder machen wir es so: Die Qualität könnte eine ganz
andere sein, denn ungefähr ein Neuntel des Überschusses
machen die Kosten des Materials aus. Die staatlichen Betriebe
sind unsere Sorgenkinder. Bloß die Monopole, Tabak, vielleicht
Lotterie, die Staatsmünze u. s. w. bilden Ausnahmen. Aber
auch den Eisenbahnen und der Post muß der Staat noch schöne
Beträge zuschießen. So bekam 1926 die Post 32.7 und
die Staatsbahnen bekamen 372.2 Millionen. Prinzipiell möchte
ich bezüglich der Staatsbetriebe Folgendes sagen. Es wird
sich die Finanzverwaltung darüber klar werden müssen,
wenn sie das vollständige Inventar wird gemacht haben, wenn
sie das Anlagekapital festgestellt haben wird, ob die Betriebe
zu halten sind oder nicht. (Posl. dr Koberg: Verpachten!) Das
ist einfach gesagt, aber damit hat es auch sein Wesen. Verpachtet
man nicht unter günstigen Bedingungen, so hat es keinen Sinn,
verpachtet man es gut, müßte man sich einen Vorwurf
machen, indem man sich sagt, wir haben doch eigentlich schlecht
gewirtschaftet, denn wie kann der andere den Pachtbetrag zahlen,
er tut es nicht aus Menschenfreundlichkeit, sondern aus kaufmännischer
Berechnung.
Ich möchte meine Ausführungen über
den Staatsrechnungsabschluß abschließen. Ich konnte
natürlich in der kurzen Zeit nur allgemein dazu sprechen
und verschiedenes herausgreifen. Es läßt sich ja natürlich
über den Staatsrechnungsabschluß ein paar Tage lang
reden. Sie würden so manches Schöne daran finden, wo
sich mancher Minister hinter den Ohren kratzen und froh sein müßte,
daß sich eigentlich fast niemand um den Staatsrechnungsabschluß
kümmert. Zum Staatsrechnungsabschluß wird im Hause
genug geredet, aber nur allgemein, denn mit dem Abschlusse selbst
beschäftigt man sich doch zu wenig. Ich möchte aber
bei dieser Gelegenheit - ich habe noch viel auf dem Herzen gehabt
- gerade anläßlich des Staatsrechnungsabschlusses,
über die Wirtschaft mitzusprechen, auch über die Markprioritäten,
über unser Verhältnis zu Deutschland (Pøedsednictví
pøevzal místopøedseda Horák.).
Wie man so kurzsichtig sein kann,
einen Staat, wohin man für 3 Milliarden ausführt, wegen
ein paar Millionen zu brüskieren! Wie kann man den Standpunkt
einnehmen, das habe mit dem Handelsvertrag nichts zu tun! Mit
dem Handelsvertrag hat alles das zu tun, was den anderen verletzt.
Das ist genau dieselbe Geschichte, wenn Tschitscherin behauptet,
die Verhaftung der deutschen Ingenieure in Rußland habe
mit den Handelsvertragsverhandlungen nichts zu tun und trotzdem
hat sie Deutschland abgebrochen. Damit muß man rechnen.
Es wird auch die Èechoslovakei einmal damit rechnen
müssen, daß ihre Wirtschaft den Handelsvertrag mit
Deutschland haben muß. Dieselbe Geschichte hat sie mit Polen.
Polen - seien wir ehrlich - ist kein Vertragspartner. Das sagt
heute "ja" und morgen "nein". Es hält
nichts ein, es macht, was es will, und dann
müssen unsere Delegierten hinfahren und vom frischen wieder
anfangen, an dem Handelsvertrag herumzuwerkeln.
Es gäbe noch Vieles zu erwähnen.
Nur eines möchte ich namens der Gesamtwirtschaft bei dieser
Gelegenheit heute vorbringen: Wir haben ein Gesetz über den
Schutz des Arbeitsmarktes, aber auf der anderen Seite werden die
Paßvisen nicht aufgehoben. Die Sache wird von einem Termin
zum andern verschleppt, jetzt wieder bis 1. April, dann wieder
bis 1. Mai. Hören Sie schon einmal mit dem Theater auf. Ich
meine, welche Gründe sind denn da eigentlich vorhanden, daß
die Sache so lange dauert? Deshalb erlaube ich mir hier an den
Minister des Äußern, an den Handelsminister, an den
Finanzminister, die öffentliche Anfrage im Hause, wann die
Paßvisen endgültig aufgehoben werden. Denn es sehnt
sich die Wirtschaft danach. (Posl. dr Hnídek:
To nezávisí jenom od nás!)
Ja, Herr Kollege, Sie müssen
sich umtun, damit Sie zurecht kommen, das liegt doch auch in Ihrem
Interesse. Versteifen Sie sich doch nicht darauf, daß Sie
durch die Paßvisa ein paar Kreuzer hereinbekommen. Dr. Beneš
wird sie wieder verpulvern. Sie brauchen den Fremdenverkehr, den
gegenseitigen Verkehr. Von diesem Gesichtspunkte aus müssen
Sie alles tun. (Posl dr Hnidek: My to dìláme,
ale to závisí také od tìch ostatních!)
In der ganzen Behandlung der Materie
kann man keine Forcierung des stärksten Willens und der Kraft
erkennen, dem Wirtschaftsleben gehörig auf die Beine zu helfen.
Sonst müßten Sie in den ganzen Belangen, die ich vorgeführt
habe, einen ganz anderen Standpunkt einnehmen. Gerade Sie, Herr
Kollege, wissen, daß ich heute zum drittenmale zu einem
Staatsrechnungsabschluß spreche. Haben Sie irgend etwas
geändert? Nichts haben Sie geändert! Mit Engelszungen
könnte man hier herunterreden, es hat keinen Zweck, nicht
wahr, in zwei Stunden hat man die Sache im Ausschuß erledigt.
Sie können Gift darauf nehmen, meine Herren, da muß
jeder Mensch, der ernstlich arbeiten will, die Lust verlieren.
Bei Ihnen kann man sachlich, kritisch die Sache vorbringen, Sie
gehen als Regierungsmehrheit darüber hinweg, ist Ihnen ganz
Wurst, statt daß Sie sich sagen, daß es in Ihrem eigenen
Interesse gelegen ist, gerade eine Verbindung des Staatsrechnungsabschlusses
mit dem Budget herzustellen, denn nur dadurch bekommen Sie das
richtige Bild, wenn Sie beide Dokumente gleichzeitig behandeln.
Wenn man den Abschluß nach anderthalb Jahren behandelt,
dann ist er doch inzwischen antiquarisch, hat bloß diplomatischen
Wert. (Výkøiky posl. dra Hnídka.)
Herr Kollege, da lasse ich mir von
Ihnen nichts drein reden, wie ich es schildere, ist es. Sobald
Sie es nicht ändern, werden sich auch die Verhältnisse
nicht ändern. (Potlesk poslancù nìm.
strany národní.)