Meine Damen und Herren! Mit einer raffinierten
Findigkeit haben die Èechen all die Gesetze ausgeklügelt,
die sie in ihrer rücksichtslosen Art den Deutschen gegenüber
sich niemals getraut hätten, dieser gemischtsprachigen Parlamentsvertretung
zur Beschlußfassung vorzulegen, wenn nicht die Regierungsdeutschen
widerspruchslos jeden Paragraphen schlucken würden. Jedes
Gesetz, das seit jener Zeit beschlossen wurde, beinhaltet eine
schwere Schädigung für die Deutschen, insbesondere werden
alle autonomen Rechte, die die Deutschen schon seit undenklichen
Zeit innehatten, mehr oder minder beschnitten, womöglich
gänzlich genommen und aufgehoben. Heute noch gibt es im deutschen
Lager einige Jubelgreise, die das Gemeindefinanzgesetz großartig
finden von wegen der 300% Gemeindeumlage. (Posl. Schweichhart:
Der Windirsch hat das oft genug gesagt!) Jawohl! Der gutmütige
Spießbürger vergißt aber ganz, daß da gerade
das Bürgertum selbst schuld daran ist, wenn es die Macht
und einmütig geschlossene Mehrheit den anderen überläßt,
statt die Macht und einmütig geschlossene Mehrheit in ihren
Reihen zu verkörpern. Wenn auf der bürgerlich-bäuerlichen
Seite dieser einheitliche Zug, der geschlossene Wille zur Macht
vorhanden wäre, dann, ja, dann brauchen die Jubelgreise,
die nie alle werden, den vorangeführten Ausspruch nicht zu
tun. Wenn 10 aus dem Bürgertum zusammenkommen, gründen
sie schon todsicher 13 Parteien und 36 wirtschaftliche Vereinigungen.
Jede Weltanschauung hat ihre Partei, jeder Stand treibt eigene
Politik, so zielklar, so gründlich, so befruchtend, so heilsam,
so kindlich innig, so gottgläubig, so unentwegt, so launisch,
daß der Todessturz des ganzen auch todsicher gelingt.
Ein gut durchdachtes und gut durchgesprochenes
Gesetz wurde in diesem Staate noch nicht beschlossen. Das gemeingefährlichste
Gesetz, die Verwaltungsreform, wurde am 1. Juli 1927 angenommen
mit ausschlaggebender Hilfe deutscher Abgeordneter. Dieses Verwaltungreformgesetz
würde vielleicht in einem Staate, wo nur ein Volksstamm lebt
und regiert, seine Berechtigung haben, wenngleich auch dort in
unserer Zeit die Selbstverwaltung viel mehr zu ihrem Rechte
kommen müßte. In einem Staate wie die Èechoslovakische
Republik, die einen völkergemischten Staat darstellt, wo
nicht ganz die Hälfte der Einwohner Èechen, die größere
Hälfte Deutsche, Slovaken, Ungarn, Karpathorussen, Polen
und Ruthenen sind, da ist dieses Gesetz über
die Verwaltungsreform ein Zwangsgesetz schlimmster Art für
die Minderheiten und besonders für die Deutschen. Denn dieses
Gesetz muß sich geradezu vernichtend auswirken für
die 3 1/2
Millionen Deutschen in diesem Staate. Schon die Berichterstatterrolle
des Abg. Dr. Kramáø mußte bedenklich
stimmen, denn zu einem Waschlappengesetz übernimmt der größte
Deutschenhasser in diesem Parlamente die Berichterstattung nicht.
Nur wenn es sich um einen großen Schachzug für sein
Volk, die Èechen, handelt, gibt er als Referent her. Am
bedenklichsten war jedoch die Aufmachung, unter der die Abstimmung
stattfand. Niemandem war es verborgen geblieben, daß am
selben Tage ein großer Umzug zur Feier des Ueberlaufes zweier
èechischer Regimenter zu den Russen bei Zborow geplant
war. In allen Parlamenten der Welt ist es üblich,
daß innerhalb einer Bannmeile kein Umzug vor dem Parlament
stattfinden darf, um den ruhigen Gang der Gesetzgebung nicht zu
stören, und Beeinflussungen von außen zu verhindern.
Gegen 30 Paragraphen zum Verwaltungsreformgesetze waren schon
abgestimmt worden, als der Präsident des Hauses, Abg. Malypetr,
verkündete, die Sitzung sei unterbrochen, damit die Abgeordneten
ihren patriotischen Gefühlen Luft machen können und
dem zehnjährigen Wiederkehrfestzuge beizuwohnen vermöchten.
Für uns Deutsche, die nur einen Funken von Ehre und Rechtsgefühl
in ihren Herzen trugen, war diese Siegesfeier der Èechen
tief verletzend, weil jeder Deutsche doch wissen muß - die
deutschen Abgeordneten sollten es umsomehr wissen - daß
beim Uebergang der Èechen zu
den Russen in der Front eine Lücke in der Breite von sieben
Kilometern klaffte. Durch diese Lücke strömten die Russen
in ungeheueren Massen ein. Tausende und abertausende deutsche
Soldaten, Söhne und Väter unseres Volkes, stopften mit
ihren Leibern diese Lücke und verbluteten
am Schlachtfelde. Viel tausendfaches Weh durchzittert noch immer
die trauernden Herzen vieler, vieler Familien, die damals ihre
Angehörigen verloren haben. Am Umzuge beteiligten sich tausende
èechische Legionäre, Sokoln,
Sokolinnen, anderes Volk und viele Musikbanden zogen im langen
Zuge, èechische Lieder spielend, am Parlamente vorüber
auf den Altstädter Ring. Dort drängten sie zum Husdenkmal,
von dessen Stufen Kriegsminister Udržal jene
Taten lobte und den Ueberlauf bei Zborow als grundlegende Tat
zur Gründung der Republik pries. In der Zwischenzeit wurden
die beiden deutschen Abgeordneten Dr. Hanreich und Mayer,
weil sie nicht mit dem Bunde der Landwirte für die Verwaltungsreform
gestimmt hatten, beurlaubt.
Um 1/211
Uhr nahm der Präsident des Hauses die Sitzung wieder auf
und die deutschen Abgeordneten der deutschen Regierungsparteien
stimmten wieder seelenruhig mit den Èechen für
das Gesetz, das den Deutschen den letzten Rest von Selbständigkeit
nimmt. Für Dr. Kramáø und das Èechischen
Volk war diese Abstimmung für die Verwaltungsreform in Verbindung
mit der gleichzeitigen Siegesfeier als Grundstein zur Begründung
der Republik, einer der wertvollsten Tage in
ihrer Geschichte. Für uns Deutsche bleibt es einer der schwärzesten
Tage, für uns Schlesier aber ist es der Todestag des geliebten
Heimatlandes. Was da an unserer Eigenart und an unserem Eigenleben
für ein Verbrechen begangen wurde, wird die Zukunft erst
lehren und jedem Bewohner Schlesiens klar vor die Augen führen.
Nie hätten sich die Èechen, als sie noch große,
allèechische Mehrheitskoalition hatten, allein getraut,
Hand an unser liebes Schlesierland zu legen, wenn nicht von Gott
und Geist verlassene deutsche Abgeordnete - und was die ganze
Abwürgung noch ruchloser macht - auch
deutschschlesische Abgeordnete für dieses Verwaltungsreformgesetz
gestimmt hätten.
Bleibende Denkmäler schlimmster Art haben
sie sich gesetzt. Und heute noch sind sie scheinbar stolz darauf,
wo Schlesiens Landesämter noch heuer nach Brünn abgeführt
werden sollen., wo Beamte, die mit Lande und seiner Eigenart verwachsen
sind, wie mit einem Heiligtume, mit roher Hand herausgerissen
werden aus ihrem Wirkungs kreise, wo tausendfache feine Verwaltungsfäden
mit rauher Land zerrissen, Familienleben und Wohnungsrechte zerstört
werden. Die Bevölkerung dieses Landes, die so treu zu ihrer
Heimat steht, wird erbarmungslos einer ihr fremden, nicht bodenständigen
Verwaltung zugewiesen. Wie Sklavenhändler ihre Ware verschachern,
so handeln die Herren von der Mehrheit mit den Schlesiern. Den
Tag der Vergeltung will ich noch erleben. Im Zeichen des
èechischen Jubel- und Siegesfestzuges wurde das Verwaltungsreformgesetz
beschlossen und angenommen, im Zeichen des Jubeljahres und der
10jährigen Bestandfeier dieses Staates soll das Gesetz in
Wirksamkeit gesetzt werden. Die Bezirks- und
Landeswahlen sollten schon längst durchgeführt worden
sein, aber man fürchtet die Abrechnung der Wählermassen
mit den Parteien, die Henkerarbeit leisteten. Darum wollte man
sich sogar nicht entblöden, zum ersten Unrecht ein zweites
hinzufügen und vorläufige Ernennungen durchführen.
Wer weiß, wie es schließlich noch werden mag. Das
ist der Fluch der bösen Tat, daß sie fortzeugend Böses
muß gebären.
Ein paar Pfründenbettler werden wohl fett
werden, inzwischen kann aber das gesamte deutsche Volk rechtlos
zugrunde gehen. Das stört die Nutznießer dieser Reform
nicht in ihrem Wohlbefinden, denn sie haben kein Herz für
das Volk. Nicht nur die schlesischen Städter erhoben vor
einem Jahre einmütig den Einspruch gegen die Gesetzwerdung
der Verwaltungsreform, sondern das gesamte deutsche Bauerntum
dieses Landes. Daß dem so ist, sagt eine Entschließung
der Jahreshauptversammlung der deutschen Land- und Forstwirtschaftsgesellschaft
am 29. Mai 1927 zu Troppau, worin es heißt: "Nicht
nur historische Erkenntnisse, sondern vor allem landeskulturelle
und praktische Beweggründe sind die treibenden Elemente,
die gegen eine derartige, Heimat, Landwirtschaft und Kulturfortschritt
des Landes schwer schädigende Maßnahme sprechen. Schlesien
verfügt über gut aufgebaute landwirtschaftliche Organisationen
und landeskulturelle Einrichtungen, sowie über eine vorbildlich
arbeitende Selbstverwaltung, die alle spezifischen Erfordernisse
der einzelnen Standesgruppen zu erfassen vermag und die das keinesfalls
von Natur aus reich bedachte Land auf die dermalige kulturelle
und wirtschaftliche Höhe brachte. Die Versammlung fordert
in 12. Stunde die Rücknahme der geplanten und für die
deutsch-schlesische Land- und Forstwirtschaft so folgenschwere
Verwaltungsmaßnahme und sie fordert Bürgschaften für
eine ungestörte, dauernde Erhaltung und Entwicklung ihrer
Landes autonomie und der vorhandenen landeskulturellen Einrichtungen."
Die deutsche Landgemeindenvereinigung Schlesiens
verwahrte sich ebenso energisch und der gemeinsame Präsident
dieser beiden Vereinigungen sprach mit einer Abordnung führender
schlesischer Bauern, ausgestattet mit einer scharfen Denkschrift
unter Anführung des Abg. Halke bei den Ministerien
vor. Mit welchem Hintergedanken, das bezeugte die darauffolgende
Abstimmung im Prager Parlament am 1. Juli, wo Schlesiens Ende
besiegelt wurde. Folgsam wie ein Schoßhündchen, das
seiner Dame die Hände leckt, wenn es Schmeicheleien oder
ein Stückchen Zucker bekommt, stimmte Schlesiens Bündlerführer
Abg. Halke für dieses Gesetz. Minister Èerný
kann zufrieden sein mit dieser Wandlung
eines Mannes, der vordem immer wieder erklärt hatte, in erster
Linie nicht der Partei, sondern seinem Volke zu dienen. Auch wenn
ihn andere jetzt nachahmen, kann es doch nicht richtig sein. Auch
wer den Vernichtern des Schlesierlandes Parade steht, in der Zeit,
wo neuerliches Unrecht gegen die Deutschen in Schlesien und in
diesem Staate im Zuge ist, macht sich mitschuldig an dem Verbrechen,
das unserer Heimat zugefügt wird. Das sage ich deshalb, weil
der Präsident Groß der deutschen Land- und Forstwirtschaftsgesellschaft
Schlesiens am 17. Juni 1928 bei einer Kreistagung des Bundes der
Landwirte in Freudenthal erschien und dort besonders begrüßt
wurde, obwohl er doch als Vorsitzender rein wirtschaftlich er
Körperschaften immer vorgibt, unparteiisch zu sein und also,
wenn ein deutscher Minister mit einem Stab von Abgeordneten, Senatoren,
Sekretären und Kreisführern in das Land kommt, das durch
treulose, volksfeindliche Beschlüsse die Selbständigkeit
verloren hat, nicht dabei zu sein braucht. Zu Ehren meiner Heimatsbrüder
sei jedoch hervorgehoben, daß recht wenig Schlesier den
süßen Lobpreisungen der Regierungsdeutschen zuhorchten,
trotzdem der Herr Minister Spina als Zugpferd diente. Das
benachbarte Mähren mußte alles aufbieten, um die gähnende
Leere des Raumes aufzufüllen. Abg. Halke mußte
zugestehen, daß seine Partei in Schlesien noch nicht alles
erfaßt habe, was sie erfassen möchte. Ich glaube es
gerne, daß die Bündler gekommen sind, ein schlesisches
Zborov zu feiern, aber die tausenden Ueberläufer fehlten
und mit nur ein paar Leuten kann man keine Parade abhalten. In
Schlesiens Grenzen treibt der Verrat nur elende Früchte.
Im Geburtslande Hans Kudlichs, des Bauernbefreiers, der uns den
Mahnruf zurief: "Stadt und Land. Hand in Hand! "
und: "Deutsche, haltet den Nacken steif!" gibt es noch
starke Persönlichkeiten, die die geschlossene Einigkeit von
Stadt und Land höher halten als alle süßen Versprechungen
und warmen Händedrücke der - èechischen Staatsmacht.
Wie die Fliegen im Spinngewebe zappelten die Helden des Verrates,
surren und summen ihr Lied von den treulosen Brüdern, die
feigen Verrat am Volke nicht mitmachen wollen. (Posl. Krumpe:
Wo haben Sie denn das abgeschrieben?) Von Ihnen habe ich es
nicht, sehr geehrter Kollege. (Výkøiky
posl. dr Koberga.) Ich werde Ihnen jetzt
meinen Reim dazu sagen. Mein Reim und der Reim tausender Schlesier
zum Ausspruch des Abg. Halke zu Freudenthal lautet: "Wer
seine Heimat nicht schützt, sein Geburtsland nicht ehrt,
ist nicht einmal einen Fußtritt mehr wert." Das merken
Sie sich, sehr verehrter Herr Krumpe, ich habe es nicht
abgeschrieben. Das möchte ich dem Herrn Abg. Halke ins
Stammbuch schreiben. Er scheint schon vergessen zu haben, was
für Forderungen die schlesische Landwirtschaft zur Verwaltungsreform
aufgestellt hat.
Um diese noch einmal gründlich vor aller
Öffentlichkeit aufzuzeigen, will ich nur die Beschwerdeschrift
zur Verlesung bringen, die die schlesischen deutschen Bauern vor
einem Jahr an die Regierung erhoben haben (ète):
"Stellungnahme der deutsch-schlesischen
Land- und Forstwirtschaft zur geplanten Verschmelzung Mährens
und Schlesiens: Die beabsichtigte Zusammenlegung von Mähren
und Schlesien zu einer Verwaltungseinheit, von der wir einstweilen
nur im Wege der Presse Kenntnis erhielten, wird von der gesamten
landwirtschaftlichen Bevölkerung der deutschen Landesteile
Schlesiens und ihrer Organisation als ein unersetzlicher Verlust
ihrer kulturellen und wirtschaftlichen Unabhängigkeit empfunden
und schärfstens verurteilt. Gerade der schlesische Bauer
in seiner Eigenart verkörpert den bodenständigen Stamm
des schlesischen Volkes. Vermöge seiner konservativen Denkungsart
würde er kaum der angestrebten kulturellen, wirtschaftlichen
und politischen Neuorientierung folgen und durch seine ihm eigene
Passivität einen Systemwechsel nur zögernd mitmachen.
Schlesien besitzt bekanntlich einwandfreie Fach-, Berufs- und
Kreditorganisationen, verfügt über einen eigenen Landeskulturrat
und besitzt eine entsprechende Standesvertretung in der schlesischen
Landesverwaltungskommission, kurz gesagt, es ist vollkommen selbständig
und gerade die Unabhängigkeit hat das von Natur aus keinesfalls
reich bedachte Land auf die dermalige kulturelle und wirtschaftliche
Höhe vorwärts gebracht. In harter Arbeit, Fleiß
und Ausdauer hat der schlesische Bauer gegenüber dem Staate
stets pünktlich seine Pflicht erfüllt. Der schlesische
Bauer war und ist seit jeher gewöhnt, mehrmals des Jahres
die Landeshauptstadt Troppau und die dortselbst vorhandenen Fach-,
Kredit- und Warenzentralen aufzusuchen, um bei ihnen Rat und Hilfe
einzuholen. Künftighin wäre er dieserhalb vielfach an
Brünn gewiesen. Schon die Reise dorthin bedeutet für
uns Schlesier eine Zeitversäumnis von mindestens 2 Tagen
bei wesentlich verteuerter Fahrt. Ohne persönliche Verbindungen
würden die Interventionen des schlesischen Bauern in Brünn
naturgemäß wenig erfolgreich enden. Mähren ist
für uns Schlesier gewissermaßen Ausland.
Ein Blick auf die Landkarte beweist weiters,
daß das Land Schlesien eine natürliche Einheit bildet.
Schon der Flußverlauf, die Staffelung des Geländes,
Eisenbahn- und Straßenzüge beweisen diese Tatsache.
Wenngleich von drei Nationen bewohnt, bekennen sich diese trotz
nationaler Unterscheide alle als Schlesier. Selbst die Bewohner
mährischer Enklavegebiete nehmen diese Stammesbenennung stets
voll in Anspruch. Land- und Forstwirtschaft, Industrie, Handel
und Gewerbe mit ihren Organisationen und Einrichtungen haben Schlesien
stets als ein durchaus selbständiges Ganzes betrachtet, das
auch politisch stets vollste Autonomie besaß. In einer landeskulturellen
Bearbeitung Schlesiens von Brünn aus kann die Land- und Forstwirtschaft
der deutschen Landesteile Schlesiens nicht jene Vorteile erblicken,
die eine so schwerwiegende Maßnahme, wie sie die Zusammenlegung
Mährens und Schlesiens darstellt, rechtfertigen würden.
Der ohnehin verhältnismäßig geringe Personalstand
der in Frage kommenden Landeskulturstelle, die große Entfernung
Brünns von Schlesien und die außerordentlich ungünstigen
Eisenbahnverbindungen mit den abgeschiedenen, mehr vom Verkehr
abgesonderten Gebieten Schlesiens würden den so notwendigen
Kontakt mit der landwirtschaftlichen Bevölkerung nicht herbeiführen.
Auch durch die Schaffung einer Expositur wäre diesem Übelstande
nicht abgeholfen, da bekanntlich Zwischeninstanzen den Verkehr
nur verteuern, schwerfälliger gestalten und komplizieren.
Hinsichtlich des landwirtschaftlichen Warenverkehres muß
festgestellt werden, daß sich dieser von Brünn aus
auf keinen Fall so zielsicher leiten ließe, wie von Troppau,
weil Troppau für das schlesische Wirkungsgebiet das natürliche
Zentrum des Landes bildet. Als äußerst günstig
gelegene Grenzstation vermag es frachttarifarisch und kommerziell
der heimischen Landwirtschaft unvergleichlich günstigere
Vorteile zu bieten als Brünn, Beweis dessen, daß heute
die Enklaven und angrenzenden Teile Nordmährens sowie das
Kuhländchen in Bezug auf Warenverkehr nach Troppau gravitieren.
Weiter muß hervorgehoben werden, daß Schlesien hinsichtlich
des Schul- und Straßenwesens sowie der sozialen Einrichtungen
weit günstiger ausgestaltet ist als Mähren und demnach
auch in dieser Richtung kein Bedürfnis nach Anlehnung an
Mähren besteht. Alle diese genannten Umstände würden
den so notwendigen Fortschritt beeinträchtigen.
Die schlesische Landwirtschaft fordert bei
dieser Gelegenheit, daß mit dem unsinnigen und in keiner
Weise zu rechtfertigenden Begriff des mährischen Enklavengebietes
endlich ein für allemal aufgeräumt und dieses Gebiet
in die schlesische Landesverwaltung übergeleitet wird. Unter
den gegenwärtigen Verhältnissen bedeutet dieser Zustand
höchstens eine überflüssige Kuriosität, der
die landwirtschaftliche Bevölkerung wenig zweckdienliches
nachzusagen hat. Hier wäre ausgezeichnete Gelegenheit zur
Verschmelzung des mährischen Enklavengebietes mit dem schlesischen
Verwaltungsgebiet gegeben. Die schlesische landwirtschaftliche
Bevölkerung fragt sich, welche dauernden wirtschaftlichen
Vorteile ihr denn eigentlich die geplante Autonomievorschmelzung
bringen soll, da doch Schlesien in organisatorischer Beziehung
einwandfreie berufsständische, landeskulturelle, Kredit-
und Warenverkehrsorganisationen besitzt, die die schlesischen
Bedürfnisse besser zu erfassen vermögen, als dies eine
von Brünn aus geleitete Zentralstelle imstande wäre.
Oder soll die schlesische Landwirtschaft vielleicht ungewisser
Vorteile wegen ihre Heimat an Mähren verkaufen? Dazu wird
sich der schlesische Bauer niemals verstehen. Der Zusammenschluß
Schlesiens und Mährens würde übrigens ein schwer
zu bearbeitendes, zu umfangreiches und verschiedenartiges Verwaltungsgebiet
schaffen, worunter selbstredend die exponiertesten Teile, wie
z. B. Schlesien, logischerweise am meisten zu leiden hätten.
Zu dem sind die landtwirtschaftlichen und sozialen Verhältnisse
Schlesiens von denen Mährens grundverschieden. Welchen Wirrwarr
gäbe es beilspielweise bei Anwendung der für Mähren
gültigen Landesgesetze auf das schlesische Verwaltungsgebiet
und dergleichen mehr. Undemokratisch wäre es weiter, den
Einspruch tausender bodenständiger Bauernfamilien ungehört
zu lassen und ein geschichtliches Kulturrecht mit einem einzigen
Federstrich einfach zu vernichten.
Je kleiner das landeskulturell zu bearbeitende
Gebiet, desto erfolgreicher die Arbeitsergebnisse. Wir verweisen
hiebei auf das immer wieder bei Behandlung der Landwirtschaftskammer-
und Gaueinteilungsfrage auftauchende Problem der Errichtung kleinerer
landeskultureller Verwaltungsgebiete zwecks Ermöglichung
eines intensiveren Verkehrs mit der landwirtschaftlichen Bevölkerung.
Während man daran geht, anderwärts die Landesverwaltung
auszubauen, will man Schlesien mit Mähren verschmelzen, wozu
weder rechtlich noch wirtschaftlich ein zu rechtfertigender Beweggrund
vorliegt. Die schlesische Landwirtschaft erblickt in der geplanten
Maßnahme ein Unrecht und schwerste Benachteiligung ihrer
Interessen und spricht sich deshalb einmütig entschiedenst
gegen alle darauf abzielenden Bestrebungen aus.
Im Namen der deutschschlesischen Land- und
Forstwirtschaft: Die landwirtschaftlichen Hauptkörperschaften
für die deutschen Landesteile Schlesiens."
Dies der Wille der deutschen schlesischen Bauernschaft!
Bis zum heutigen Tage haben wir in unserem Wirkungskreis keinen
gegenteiligen Standpunkt wahrnehmen können. Noch heute sind
alle Schichten des Volkes mit größter Besorgnis und
stillem Ingrimm erfüllt. An dieser Tatsache werden auch Besuche
des Ministers Spina mitsamt seinem ergebenen Klüngel
in Schlesien nichts ändern. Wir bleiben volks- und heimattreu,
wenn auch einige Schwachmütige und Betörte sich
in der èechischen Regierungssonne wärmen wollen. Es
ist doch ein Hohn auf das Land und deren Bewohnerschaft mit so
hoher wirtschaftlicher, kultureller und politischer Entwicklung,
mit gründlicher Bildung in allen Schichten, Berufen und Ständen,
diesem Lande die Selbstverwaltung gesetzlich
zu entziehen und den Ukrainern in Karpathenrußand die Selbstverwaltung
zu gewähren. Schlesien besitzt eine Einwohnerschaft von 672.000,
Karpathenrußland von nur 606.000 Einwohnern. Die èechische
Regierungsmacht und ihre deutschen Helfershelfer
werden an diesem Raube keine Freude erleben. (Posl. dr Luschka:
Sind wir auch für die Friedensverträge vielleicht verantwortlich?
Dort können Sie das über Karpathorußland lesen!
- Posl. inž. Kallina: Schlesien ist mit deutscher
Regierungshilfe umgebracht worden! -
Posl. dr Luschka: Hätten Sie es besser gemacht! Wir haben
alle eingeladen! - Posl. Schweichhardt: Sie geben also
zu, daß es schlecht gemacht worden ist! - Posl. dr
Luschka: Besser, als es ohne uns gemacht worden wäre!) Das
werden wir erst sehen.
Im Vorjahre hat der Abg. Hodina bezüglich
der Verwaltungsreform zu Bärn am 12. Juli folgendes ausgeführt:
"Das Ziel dieser Reform ist: Die Gemeinde soll wieder zu
ihrem Recht kommen. Wer die größten Lasten tägt,
soll auch am meisten mitzureden haben. Da durch die Verwaltungsreform
das Wahlalter auf 24 Jahre hinaufgesetzt wird, wurde der Groll
der Sozialisten und Kommunisten entfesselt, und sie waren es daher,
die zuerst in das Kampfhorn stießen. Erst später kam
das Schlagwort: Schlesien den Schlesiern! Tatsächlich war
aber damals Schlesien bereits aufgeteilt, da doch das Gaugesetz
in Kraft trat. Selbstverständlich ist den Mährern nicht
im Traume eingefallen, den Schlesiern ihre Selbständigkeit
beschneiden zu wollen. Aber wir mußten auch das Verhältnis
der Deutschen in Mähren zu den Èechen berücksichtigen,
und da war die große Gefahr, daß die Deutschen in
Mähren unter 20 vom Hundert heruntergehen. Dadurch wäre
ein ungeheurer Schaden für das Deutschtum erwachsen. Nun
sind durch intensive Arbeit zahlreiche Verbesserungen
erreicht, sodaß die Schlesier eine Landesverwaltung behalten,
daß sie nicht wegen jeder Kleinigkeit die Weltreise nach
Brünn zu machen brauchen. Sie behalten auch ihre Landesanstalten."
Sind das nicht die schrecklichsten Unwahrheiten?
Und wenn tausendmal versprochen wurde, Exposituren für Schlesien
zu schaffen, so glauben wir dem von vornherein nicht, und nun
ist es für jedermann offenbar, wie sich die Herr en selbst
Lügen strafen. Auch die Behauptung, aus Sparsamkeitsgründen
mußte Schlesiens Selbstverwaltung aufgelassen werden, ist
längst als schandbare Verleumdung widerlegt; die sogenannte
Verwaltungsreform verteuert den Verwaltungsapparat für Schlesien
ganz bedeutend und schafft obendrein ungeheuere Erschwernisse
in den Erledigungen. Der Weg von Troppau bis Brünn ist weit,
und wenn auch die Republik erst 10 Jahre alt ist, so ist der übernommene
Amtschimmel schon uralt, bis der nach Brünn trabt, ist entweder
der Schimmel hin oder der Gesuchsteller gestorben.
So schauen also die von Herrn Hodina so
gespriesenen Vorteile der Verwaltungsreform für Schlesien
aus. Wo bleibt die durch die intensive Arbeit des Bundes der Landwirte
angeblich gerettete selbständige Landesverwaltung Schlesiens?
Heraus damit, Ihr grünen Teilhaber an der Macht im Staate!
Wenn Ihr nicht als faule Maulhelden dastehen wollt, müßt
Ihr doch Eure heiligen Versprechungen erfüllen! Die Möglichkeit
dazu ist sogar im Gesetze selbst gegeben, da die Landeskommission
für Schlesien ja ohneweiters außer der Verwaltung der
Landesanstalten auch die übrigen Verwaltungszweige übernehmen
kann, die dem Landesausschuß für dieses Gebiet zukommen.
Man gebe uns nach Troppau einen deutschen Vizepräsidenten
und eine Landeskommission mit allen Vollmachten, die nach dem
Gesetz zulässig sind, und lasse uns unsere eigenen Angelegenheiten
im eigenen Lande auskochen! So werden beide Teile, Mähren
und Schlesien, am besten fahren. Der Schwindel, der mit der Heraufbeschwörung
der Gefahr eines Herabsinkens der Deutschen Mährens unter
20 vom Hundert getrieben wurde, zieht heute längst nicht
mehr, weil schon jedes Kind weiß, daß diese 20 Prozent
nach dem Sprachengesetz nur im Gerichtbezirk von Bedeutung sind,
nicht aber in der Landesverwaltung. Das ist also auch kein Grund,
mit dem die Herren Hodina, Halke und Gen. bei Deutschen
hausieren gehen können, um Schlesien zu verkaufen. Wenn diese
Herren, die sich stolz Vertreter der bodenständigen Landbevölkerung
nennen, noch ein Fünkchen Ehrgefühl im Leibehätten,
müßten sie jetzt alles daran setzen, um das zu erfüllen,
was sie den Schlesiern widerholt versprochen haben: Schlesiens
Selbständigkeit wenigstens halbwegs wieder herzustellen.
Tun sie das nicht, so haben sie sich in den Augen aller heimattreuen
Schlesier, ja, aller anständigen Deutschen überhaupt
selbst gerichtet. Die Herren vom Bund haben nun das Wort und die
beste Gelegenheit, ihren Einfluß durch die Tat zu beweisen.
(Souhlas a potlesk poslancù nìm. strany
národní.)
Durch die Regierungsvorlage, die gegenwärtig
in Verhandlung steht, soll die Verwaltungsreform für die
historischen Länder am 1. Dezember in Kraft treten.
Die Hinausschiebung der Aktivierung der Verwaltungsreform und
damit die Hinausschiebung der Wahlen zu den Bezirks- und Landesvertretungen
ist ein deutlicher und sichtbarer Beweis für die zunehmende
Angst im Lager der Regierungsparteien vor der kommenden Abrechnung,
und es wird diesen Regierungparteien, insbesondere den Deutschen,
wahrscheinlich auch sehr wenig nützen, wenn sie sich bemühen,
den Massen einzureden, als ob diese kommenden Wahlen zu den Bezirks-
und Landesvertretungen keinen politischen Charakter haben werden.
Die Massen werden dafür sorgen, daß diese Wahlen politische
Wahlen werden, und die Massen werden auch dafür sorgen, daß
diese politische Wahlen Gelegenheit zu einer politischen Abrechnung
mit dem gegenwärtigen Bürgerblock bieten werden.