Ètvrtek 20. záøí 1928

6. Øeè posl. L. Wenzela (vis str. 85 tìsnopisecké zprávy):

Hohes Haus! Die gesamte ökonomische Entwicklung in der èechoslovakischen Republik führt zum Untergange des Kleinbetriebes. Das ganze indirekte Steuersystem, von der Umsatzsteuer angefangen bis zur Zuckersteuer, die Luxussteuer, überhaupt alle indirekten Steuern, schalten systematisch den Handwerksbetrieb aus dem schweren Konkurrenzkampfe aus. Wir verwiesen wiederholt an anderer Stelle, daß durch dieses indirekte Steuersystem der Gewerbestand von seinen Produktionsmitteln getrennt wird, und dieser so zum besitzlosen Lohngewerbler wird. Hand in Hand mit dieser Monopolisierung der Produktionsmittel geht die Verdrängung der durch die indirekten Steuern ohnmächtigen Kleinbetriebe durch kolossale Großbetriebe, geht die Entwicklung des Werkzeuges zur Maschine, geht das Wachstum der kapitalistisch eingestellten Produktivität auf Kosten der gewerblichen Arbeit.

Wenn wir die Mitteilungen des statistischen Amtes verfolgen, so finden wir, wie bedeutend die Zunahme der Unsicherheit der gegewerblichen Existenzen, des Elends, des Drucks, der Knechtung, der Erniedrigung, der Ausbeutung sich kennzeichnet. Das rühmlichst bekannteste System des Thomas Baa in der Èechoslovakischen Republik ist ein schlagendes Beispiel. Dieses System hat 60.000 Schuhmacher in der Èechoslovakei zur völligen wirtschaftlichen Ohnmacht verurteilt. Die Regierung tat bisher nichts! Die Zuckerbarone und der Direktor der Živnostenská banka, Herr Direktor Preiss, haben auch den Zuckerbäckern ebenso keine Rosen gebracht. Wir finden, daß auch dieses Gewerbe infolge der Zuckersteuer, der Luxussteuer und wegen der hohen Zuckerpreise dem völligen Ruin preisgegeben ist. Das handwerksmäßige Kleingewerbe der Zuckerbäcker, der Schokolademacher, der Lebzeltner, welches noch vor wenigen Jahren blühte, ist zahlenmäßig in einem steten Rückgang begriffen. Eine ganz interessante Feststellung können wir auch beim Schirmmachergewerbe feststellen. Der Schirmmacher ist heute aus dem Erwerbsleben ausgeschaltet, er ist nur noch der Diener der Industrie und betätigt sich als kleiner Händler.

Das Gewerbe der Handschuhmacher ist heute nur vorwiegend ein Verlagsgewerbe. Der kleine Gewerbsmann als selbständiger Handschuhmacher ist heute undenkbar. Nach meinen Erkundigungen mußte ich auch feststellen, daß der kleine Tischler immer größere und größere Schwierigkeiten hat. Die Gründung der großen Möbelmagazine in den Städten zwingen ihn, seine Existenz, Schritt für Schritt, aufzugeben. Die Bauschlosserei steht durchaus nicht in einer blühenden Konjunktur. Als Konkurrenz tritt der Fabrikant im Produktionsgebiete auf. Und so wird der Schlosser in seinen Verdienstmöglichkeiten wesentlich eingeengt.

Die Betriebsform im Huf- und Wagenschmiedegewerbe ist heute noch sehr häufig das Handwerk, doch das Produktionsgebiet ist durch die Entwicklung der Kraftwagenindustrie wesentlich eingeengt worden. Außerdem empfindet der Wagenschmied auch heute die schwere Konkurrenz der kapitalistisch eingestellten fabriksmäßigen Betriebe. Nun fragen wir, wie geht es dem Bindergewerbe? Brauereien, Spiritus- und Essigfabriken, die großen Weinhandlungen erzeugen ihre Gebinde zum großen Teil selbst. Und das einst so blühende Bindergewerbe ist ebenfalls zurückgegangen. Und wie geht es dann dem Schneidermeister? Die fabriksmäßige Kleidererzeugung unter Anwendung von Kapital, Anwendung von Maschinen hat den selbständigen Schneider von seiner Arbeitsstätte verdrängt. Das Handwerk der Weißgerber ist von der Fabrik und der Technik in große Gefahr gebracht worden. Die Entwicklung in der Weberei ist uns bekannt. Die Großindustrie hat auf der ganzen Linie gesiegz und manchem Weber geht es wohl schlechter, als dem schlechtest bezahlten Arbeiter. So könnten wir auf Grund des Niederganges im Gewerbeleben noch so manchen Beruf nennen, und den Beweis des gewerblichen Zusammenbruches erbringen. Mit einem Worte, im Gewerbe geht es zurück. Immer größer wird so die Zahl der schlecht gestellten Lohngewerbler, immer massenhafter die Armee jener Gewerbetreibenden, die oft weniger Verdienst haben, als schlecht bezahlte Fabriksarbeiter, immer schroffer der Gegensatz zwischen den besitzenden Gewerbetreibenden und Besitzlosen. Seit Monaten hält der sozialpolitische Ausschuß und die Prager National-Versammlung die Öffentlichkeit in voller Spannung, was denn nun mit der Sozialversicherung weiter geschehen werde.

Ich vertrete den Standpunkt, daß der Handwerker an der Sozialpolitik selbst stark interessiert ist. Der Handwerker selbst ist nicht nur Unternehmer, sondern auch gleichzeitig Fachmann; er hat die Stufen Lehrling und Geselle selbst durchlaufen. Daher ist sein Verhältnis zu Lehrlingen und Gesellen ein anderes, wie das des Industrieunternehmers zu seinen Arbeitnehmern. Eine Scheidung nach Klassen und Standespolitik widerspricht dem Handwerk. So stehen auch wir auf dem Standpunkt, daß hier ein sozialer Ausgleich zu schaffen sei, und daß eine Brücke geschlagen werden muß, zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer. Dort, wo heute noch, wie in vergangenen Jahrhunderten Geselle und Lehrling im Hause des Meisters Kost und Wohnung haben, wie dies bei so verschiedenen Gewerben heute noch der Fall ist, ist die Verbindung zwischen Unternehmer und Arbeiter, zwischen Meister und Gesellen eine noch engere. Geselle und Lehrling gehören zum Familienstand des deutschen Handwerkes. Dieses enge Verbundensein zwischen dem Arbeitgeber und dem Arbeiter kann gewiß viel zur Milderung der sozialen Gegensätze beitragen. Aus diesem Grunde haben wir auch die Frage der Sozialversicherung für den Selbständigen und für den Arbeiter wesentlich anders zu beurteilen. Weiterhin kommt noch hinzu, daß das Handwerk nicht bloß die Brücke zwischen Arbeitgeber und Arbeiter bedeutet, sondern auch für den Gesellen einen Weg öffnen kann, sich selber später einmal selbständig zu machen. Während der Industriearbeiter nicht hoffen kann, einmal Fabriksherr zu werden, ist die Möglichkeit, einmal selbständiger Handwerker zu werden, bei den Gesellen des Handwerkes unter Voraussetzung günstiger Erwerbsverhältnisse immer noch geboten.

Diese Mittelstellung des Handwerkes macht es zu einem nicht zu unterschätzenden sozialen Faktor. Aus diesem Grunde und in dieser Ansicht haben wir deutschen Nationalsozialisten stets den Standpunkt vertreten, daß die "Kluft" zwischen Gewerbegesellen und Gewerbemeister, mithin die Geschlossenheit des deutschen Gewerbestandes, nicht zersetzt und zerklüftet werden darf. Die große Mehrheit der Gewerbetreibenden hat noch ganz offen sich für die obligatorische Altersversicherung ausgesprochen. Ich erinnere nur an die Stellungnahme bekannter gewerblicher Abgeordneter. Ich nenne hier u. a. den verstorbenen Abgeordneten Lohgerber Vinzenz Kraus. Nicht nur hier im Hause, sondern in vielen Zeitungsartikeln trat der verstorbene Koll. Abg. Vinzenz Kraus für die Versicherung der Selbständigen ein. Vor mir liegt das stenographische Protokoll der 288. Sitzung vom 18. September 1924 der Prager Nationalversammlung. In diesem Protokoll ist auch die Stellungnahme des Führers der deutschen Gewerbepartei des Koll. Abg. Stenzl niedergelegt. Damals sagte Koll. Abg. Stenzl, daß die Sozialversicherung ein bedeutungsvoller Gesetzentwurf sei, der in sozialer Beziehung für die breitesten Schichten des deutschen Volkes von großer Bedeutung und eminenter Wichtigkeit ist. Herr Abg. Stenzl erklärte, die deutsche Gewerbepartei, als deren Vertreter er zu der Vorlage über die Einführung der Alters- und Invaliditätsversicherung spreche, begrüße ein derartiges Gesetz, nachdem die ihr angeschlossenen Mitglieder arbeitende und erwerbende Menschen sind, und diesen notwendigen sozialen Maßnahmen das vollständige Verständnis entgegengebracht werden muß. Damals führte Abg. Stenzl aus, daß der deutsche Gewerbestand seine vollste Zustimmung diesem Gesetze nur dann geben kann, wenn an dem Junktim, welches zwischen der Versicherung der unselbständig Erwerbstätigen und der selbständig Erwerbstätigen keine Änderung geschieht, wornach beide Versicherungen gleichzeitig in Kraft zu treten haben. Also auch damals setzte sich der Führer der deutschen Gewerbepartei Abg. Stenzl für den Ausbau der Sozialversicherung der Selbständigen ein. Heute, wo in allen Lagern und Berufen des gewerblichen Lebens der völlige wirtschaftliche Zusammenbruch vor sich geht, ist auf einmal alles still geworden. Wir können doch durchaus nicht behaupten, daß die Lage für den deutschen Gewerbestand eine bessere geworden ist. Wir stellen heute auf Grund des Rechnungsabschlusses die Beweise zur Verfügung, wie der Gewerbestand gegenüber dem Bauernstand, pünktlich und präzis durch den Steuerexekutor gezwungen wurde, die schwersten Steuern zu entrichten. Das Lasttier für die ganzen Steuern ist zweifellos der Gewerbestand. Ein jeder vernünftig Denkende wird die Frage aufrollen: warum darf denn nicht der Gewerbetreibende einst, wenn er alt, krank und von der Arbeit zusammengebrochen ist, wenn er trotz schwerer Arbeit besitzlos geblieben ist, eine Versicherung erhalten?

Wir deutschen Nationalsozialisten sind stets für die Arbeiter-Schutzgesetzgebung eingetreten. Wir erkennen, daß Arbeiterschutz und Arbeiterversicherung, Kranken-, Unfall-, Alters-, Invaliden-, Hinterbliebenen- und Angestellten-Versicherung eine Forderung der Zeit sei. Wir rollen aber auch hier die Frage auf, ob es richtig ist, daß man die Hunderttausende kleinen, schwankenden gewerblichen Existenzen so übergeht und vergißt? Ist vielleicht der Gewerbetreibende kein Arbeiter? Schafft er vielleicht weniger im Kampfe des Daseins wie ein Arbeiter und Angestellter? Wir deutschen Nationalsozialisten haben schon damals, als Koll. Abg. Josef Patzel zur Sozialversicherung gesprochen hat, grundsätzlich unseren Standpunkt zur Sozialversicherungsfrage im Interesse der gewerblich Selbständigen erklärt. Wir deutschen Nationalsozialisten kennzeichnen es als ein schweres Unrecht, daß die gegenwärtige Regierung und ihre Hintermänner eine so stiefmütterliche Haltung zum gesamten Gewerbestand der Republik einnehmen. Ja, ich sehe heute schon im Geiste das höhnische Gesicht und die abneigende Haltung gewisser klassenbewußter kapitalistisch eingestellter Gewerbepolitiker, wenn wir diese Forderung erheben!

Das alte Schlagwort, mit des Handwerks goldenem Boden, gilt nicht mehr! Aus dem einstmals goldenen Boden ist ein durchrosteter, blecherner Boden geworden. An Stelle des blühenden Kaufmannsgewerbes sind die Konsumvereine und die Großwarenhäuser "Gec" getreten. Den Kleingewerbler brachte die Fabrik um.

Vom blühenden Gewerbe kann keine Rede mehr sein! Das Schlagwort, der Gewerbetreibende möge sich nur seine Sozialversicherung ersparen, ist schön gedacht. Doch wie sieht die praktische Auswirkung aus. Von 100 Handwerkern haben vielleicht 10 das Glück, auf die alten Tage einige Spargroschen zu haben. Die anderen 90 schuften, bis sie alt und grau geworden sind, und sinken als schwer schaffende Menschen bettelarm in die Grube. Das ganze Wesen der èechoslovakischen Republik ist nicht dazu angetan, um den wirtschaftlich Schwachen zu schützen, dafür sprechen schlagende Beweise und da spricht der Wahrheitsbeweis der bisherigen Entwicklung in der èechoslovakischen Republik.

Es wird die Frage aufgerollt: woher soll denn das Geld genommen werden, um den Gewerbestand für die Sozialversicherung entsprechend zu sichern? Aus dem Voranschlag des Staatshaushaltes 1929 sehen wir, daß ein Viertel aller Ausgaben für die Soldaten- und Offizierspielerei verwendet wird. (Posl. inž. Jung: Und ein volles Zwölftel für die Schuldknechtschaft!)

Sehr richtig. Dies sind die Erscheinungen im Zeichen der Abrüstung. Gewiß ist es leicht, Kritik zu führen und den Weg der Finanzierung nicht zu kennzeichnen. Die Èechoslovakei veranschlagt in ihrem Staatsvoranschlag für 1929 die Ausgaben für die Landesverteidigung mit 1400 Mill. Kè. Hierzu kommt aber noch der im Voranschlag nicht erscheinende Anteil am sogenannten Rüstungsfond von 302 Mill. Kè. Der Aufwand für die Erhaltung militärischer Bauten, die Zinsen für Anleihen für Rüstungszwecke, die Fürsorge für invalide Soldaten, erfordert Riesensummen.

Für den Gewerbestand soll es nicht langen; und doch sehen wir, daß durch die Ausgaben in dieser Art und die Ausgaben für den Rüstungsfond sich der Heeresaufwand auf 2.250 Mill. Kè, das sind 23.5% der Gesamtausgaben für das Jahr 1929 ergibt.

Mir wurde einmal von einem Regierungsparteiler erklärt: "Der Militarismus als solcher sei ein notwendiges Übel". Die Militärausgaben der Èechoslovakei sind aber relativ höher, als die von Frankreich (13%) und Italien (20%). Die èechoslovakischen Ausgaben für Militär werden in Europa nur von Polen mit 30% übertroffen. Auf je 6 Mann des Heeres entfällt ein Gehaltsempfänger. Es gibt 111 Generäle. An Stabsoffizieren zählt man 2353, an Stabshauptleuten 4164, an Rittmeistern 8816 und an Oberleutnants und Leutnants 3452. Das Flugwesen kostet für 1929 über 60 Mill. Kè. Für die Spezialausrüstung der Artillerie 1.8 Mill. Kè, für Automobile 25 Mill. Kè, für Munition und Sprengstoffe 76 Mill. Kè und für Handwaffen und Geschütze 29 Mill.

Waffenübungen und Manöver kosten neben den Transportauslagen von 43 Mill. Kè immerhin die Summe von 50 Mill. Kè und nahezu 21 Mill. Kè werden für das Pferdewesen ausgegeben.

Das stehende Heer beträgt 110.000 Mann, dessen Erhaltung 235 Mill. Kè kostet. Daneben erhält die Èechoslovakei noch die Gendarmerie und Staatspolizei mit 150 Mill. Kè. Die "äußere" und die "innere" Sicherheit kosten den èechoslovakischen Staat somit mehr als 2600 Mill. Kè.

Diese furchtbaren Lasten müssen aufgebracht werden für die Offizier- und Soldatenspielerei, für die sozialen Zwecke des Gewerbestandes ist dann kein Geld da.

Wir deutschen Nationalsozialisten verlangen nach wie vor, daß nicht nur die Sozialversicherung der Arbeitnehmer im besten Sinne ausgebaut wird, sondern auch die Sozialversicherung der Selbständigen erstehen müsse.

Zu diesem Zwecke bringen wir einen Resolutionsantrag ein. Die Begründungen zum Resolutionsantrag sind gewiß nach jeder Richtung gegeben. (Souhlas a potlesk poslancù nìm. strany nár. socialistické.)

Oprava.

V Tìsnopisecké zprávì o 162. schùzi posl. snìmovny ze dne 19. záøí 1928 má první odstavec ve 2. sloupci na str. 13 zníti:

Dávám slovo prvému zapsanému øeèníku na stranì "proti" jímž je p. posl. dr Winter. (Potlesk poslancù èsl. soc. dem. strany dìlnické.)

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