Sie werden also begreifen, daß wir mit
der Sozialpolitik der hiesigen bürgerlichen Parteien und
auch der sozialistischen Parteien nicht einverstanden sind, wenn
wir erklären, daß es den Herrschaften nicht um soziale
Gefühle geht, weil wir wissen, daß die Sozialversicherung
nur das Schacherobjekt ist, mit dem die Herrschaften über
die Brücke zu einer neuen politischen Szenerie in diesem
Staate gelangen wollen. So werden wir erleben, daß nachdem
sich die Wogen der Empörung der Arbeiter über die Sozialversicherung
gelegt haben werden, man sich finden wird, daß der Faden
des Herrn Bechynì zu einem
mächtigen Seil wird, an dem sich die Koalition und die sozialistische
Opposition finden wird, um die Geschicke der arbeitenden Bevölkerung
in diesem Staate zu leiten. Sie kann sie nur leiten gegen die
Arbeiter im Interesse der Bourgeoisie, im Interesse der besitzenden
Klassen gegen die Arbeiter. Des halb ist es die Aufgabe der kommunistischen
Partei, den Betrug, den man hier vollführt, zu enthüllen.
Wenn die Sozialisten sagen werden, wir haben durch unsere planmäßige
vor: sichtige Taktik Erfolge verzeichnet, so werden die Gewerbeparteiler
und die Agrarier auch sagen: auch wir haben Erfolge aus dieser
Novelisierung nach Hause gebracht. Jedem das Seine! Jeder hat
etwas mit auf den Weg bekommen, damit die Herrschaften die notwendige
Plattform für die im November stattfindenden Wahlen für
die Bezirks- und Landesvertretungen finden, damit sie sich ihren
Wählern gegenüber ausweisen können, daß sie
die richtigen Vertreter der Interessen ihrer Wählerschaft
sind.
Die Rechnung aber werden die Arbeiter machen.
Sie werden sehen, daß die Sozialversicherung, auch wenn
sie in einigen Punkten als Scheinkonzession verbessert wurde,
im großen und ganzen die Zertrümmerung der Autonomie
und die Auslieferung des Apparates an die Bourgeoisie ist, um
ihr die Möglichkeit zu geben, gegen die Arbeiter zu regieren.
Es geht um keine Verbilligung und keine Verbesserung, es geht
um die Rechtlosmachung der Arbeiter in diesem Staate, die Krankenkassen
waren, möchte ich sagen, die letzten öffentlichen Stätten,
wo die Arbeiter: wenn auch nicht viel, aber doch etwas dreinzureden
hatten. Mit der Novellierung ist aber den Arbeitern auch diese
Möglichkeit genommen. So werden die Arbeiter in diesem Jubiläumsjahr
ihre Sozialpolitik empfinden, sie werden den richtigen Ton ihrer
eingelegten Symphonie begreifen, sie werden begreifen, daß
nicht im Parlamente, nicht durch Schacher, sondern nur durch den
Klassenkampf in den Betrieben und auf der Straße die Arbeiter
imstande sind, sich gegen die immerwieder neuen Attentate der
Bourgeoisie, der Koalitionsparteien zu wehren, aber daß
sie imstande sind, auch jene Wirtschaftsordnung zu beseitigen,
die aus den Arbeitern nur Profite schöpft und schindet und
die Arbeiter zu Sklaven macht, und an ihre Stelle eine Wirtschaftsordnung
zu setzen, die nur im Interesse der Arbeiterklasse alles unternimmt,
was der Arbeiter zur Gesundheit und zum Leben notwendig hat. Deshalb
sagen wir von dieser Stelle aus den Arbeitern: Auf zum Kampf für
eine neuere, bessere Wirtschaftsordnung. (Souhlas a
potlesk komunistických poslancù.)
Seit Jahrzehnten erhebt die Arbeiterschaft
die Forderung nach Schaffung einer Sozialversicherung für
den Fall des Alters und der Invalidität. Reichte die
Kraft der Arbeiterschaft im alten Österreich noch nicht dazu
aus, um dieses Ziel zu erringen, so erwartete sie in dem neuen
Staatsgebilde, in der Èechoslovakei, die Einlösung
dieser Forderung, die endgültige Schaffung einer den Interessen
der Arbeiterschaft entsprechenden Alters- und
Invalidenversicherung, sowie eine Versicherung für die Witwen
und Waisen. Nichts ist naheliegender und verständlicher,
als daß die Arbeiterschaft gerade in dem neuen Staatsgebilde
die Einlösung dieser Forderung erwartete, da doch
ein großer Teil der Führer des Proletariats gerade
in der Geburtsstunde des èechoslovakischen Staates der
Arbeiterschaft eine Sozialversicherung versprochen hatte, wie
sie den Interessen der Arbeiter entspricht. Leider glaubte ein
nur zu großer Teil der Arbeiter diesen
Versprechungen und gerade diese müssen jetzt seit dem Jahre
1926 in dieser Hinsicht die bitterste Enttäuschung erleben.
Ein Teil der alten Führer des Proletariats hatte gesagt:
Ja, es kommt eine neue Zeit, nur müssen erst wieder die Betriebe
in Schwung gebracht werden, das neue Wirtschaftsleben aufgebaut
werden, dann werden langsam, aber umso sicherer die großen
sozialen Fragen im demokratischen èechoslovakischen Staat
ihre Lösung finden. Endlich nach 6 Jahren hat ein Gesetz,
welches wohl den Namen Sozialversicherungsgesetz
trägt, das Licht der Welt erblickt, aber seinem Inhalt nach
ist es nichts anderes, als ein ausgesprochener Hohn auf das, was
die Arbeiterschaft jemals unter einer Sozialversicherung verstanden
hat. Nicht genug daran, daß die Bourgeoisie Millionen und
Abermillionen zur Sanierung der verkrachten Banken forderte, um
dieser so erbärmlichen Sozialversicherung die Zustimmung
zu geben, so zeigte das Gesetz selbst die Tendenz, die Krankenversicherung
bis aufs Letzte zu drosseln, die Krankenversicherung die seit
ihrem Bestande der Bourgeoisie ein Dorn im Auge war, soviel als
möglich einzuschränken, weil ja eine Krankenversicherung,
die unter dem Einfluß des Proletariats steht, eine Gefahr
für die Bourgeoisie darstellt. Deswegen sucht die Bourgeoisie
mit allen Miteln solche Positionen der Arbeiterschaft zu erschüttern.
Der finanzielle Zusammenbruch und drohende Bankerott steht fast
bei allen Krankenkassen durch die Gesetzwerdung der Sozialversicherung
bevor. Eine weitere Folge davon war, daß die Krankenversicherungsanstalten
nunmehr sämtliche Sonderleistungen abbauen, wie beispielsweise
den Mutter- und Kinderschutz, die Zahnpflege, die Wöchnerinnenunterstützung
und die Stillgelder. Die Erholungs- und Wöchnerinnenheime
sind in ihrem Bestande außerordentlich gefährdet. Der
Rentenbezug wird durch die Nichteinrechnung der ersten drei Tage
bedeutend herabgesetzt, dazu kommt die Nichteinrechnung der ersten
beiden Sonntage, wenn die Krankheit nicht länger als 14 Tage
andauert. Dabei bemühen sich natürlich die Krankenkassen
nach allen Regeln der Kunst, sich soviel als möglich der
Kranken zu erwehren durch die Einführung des chefärztlichen
Dienstes. Wenn bei einem Arbeiter die Krankheit nicht schon so
weit fortgeschritten ist, daß es undenkbar ist, ihn in den
Betrieb zurückzuschicken, so wird er bei einem großen
Teile der chefärztlichen Untersuchungen als gesund erklärt,
und wenn er schon nicht als gesund erklärt wird, so wird
er mit einigen Tagen Erholung abgespeist. Das war das erste, was
die Arbeiterschaft von den ganzen Versprechungen, bezüglich
Einführung des Sozialversicherungsgesetzes im demokratischen
èechoslovakischen Staat zu spüren bekam. Dazu kommt
noch die Erhöhung der Lasten, die durch die Einführung
der Alters- und Invalidenversicherung der Arbeiterschaft
aufgebürdet wurden, und das für eine Versicherung, von
der der Arbeiter das Bewußtsein hat, daß er wahrscheinlich
einmal nichts oder nur sehr wenig davon haben wird.
Nun soll das Gesetz, das die Einlösung
eines großen Versprechens bedeuten sollte, eine weitere
Verunstaltung durch die vorliegende Novelle erfahren. Man mag
viel darüber reden, besonders seitens der bürgerlichen
Parteien, sie rühmen sich, daß es eine Menge von Verbesserungen
in der Novelle gebe, daß insbesondere der monatelange Schacher,
der im sozialpolitischen Ausschuß geführt wurde, doch
eine ganze Reihe ansehnlicher Verbesserungen des Gesetzes mit
sich gebracht hätte. Aber das kann man doch nur dann sagen,
wenn man die anderen großen und entscheidenden Fragen bei
der Novelle übersieht. Worin bestehen denn die entscheidenden
Bestimmungen dieser Novelle? Da will ich als erste das herausgreifen,
worauf schon mein Genosse Schmerda verwiesen hat, die Ausschaltung
der jugendlichen Arbeiter aus der Sozialversicherung überhaupt.
Man macht es sich leicht. Man sagt einerseits, für die jugendlichen
Arbeiter ist bei Ausübung ihres Erwerbes der Gefahrenkreis
nicht ein so großer, und andererseits, es bedeute gerade
für den kleinen Mann, für den kleinen Gewerbetreibenden
usw. eine ungeheure Belastung, wenn der jugendliche Arbeiter unter
16 Jahren mit in diese Sozialversicherung eingereiht wird. Aber
darum dreht es sich nicht, es geht nicht um die Schonung des kleinen
Mannes, des kleinen Gewerbetreibenden, sondern einfach darum,
daß die Großindustrie einer sozialen Verpflichtung
dem jugendlichen Arbeiter gegenüber enthoben werde, daß
man die große Industrie und den gesamten Kapitalismus von
einer selbstverständlichen sozialen Verpflichtung gegenüber
dem jugendlichen Arbeiter freimache. Ausgerechnet diese bürgerliche
Regierung hat ein Interesse an dem kleinen Gewerbetreibenden,
die während ihrer ganzen Dauer gezeigt hat, daß sie
nicht das geringste Verständnis für den kleinen Mann
aufzubringen vermag! Es ist Demagogie, wenn sie sagt, sie vertrete
auch die Interessen des kleinen Mannes. In Wirklichkeit gibt es
für diese Regierung keine andere Tendenz, als die Sicherung
der Profite für den Kapitalismus nach allen Regeln der Kunst.
Wer hat es aber notwendiger, daß sein Leben einen sozialen
Schutz erhalte, als der jugendliche Arbeiter? In Tausenden und
Abertausenden Arbeiterfamilien warten die Arbeitereltern auf den
Tag, wo der Junge oder das Mädchen der Schulbank entwachsen
ist, um in das Produktionsleben eingereiht zu werden, um einige
Kronen zu verdienen, damit man zu Hause besser leben könne.
Aber gerade da sieht man häufig, daß dieses jugendliche
Element, kaum der Schule entwachsen, körperlich noch gar
nicht reif und fähig ist, ins Produktionsleben einzutreten.
Aber Not und Zwang der wirtschaftlichen Verhältnisse in der
Proletarierfamilie treiben ohne Rücksicht auf die körperliche
Konstitution das der Schule entwachsene Kind in die Arme des Kapitalismus,
stellen dem Kapitalisten das jugendliche Element zur uneingeschränkten
Ausbeutung zur freien Verfügung. Gerade die heute steigende
Rationalisierungstendenz des Kapitalismus ist das deutlichste
Zeichen dafür, welch ungeheueren Gefahren das jugendliche
Element bei dem Eintritt in das Produktionsleben ausgesetzt ist.
Wenn aber diese jugendlichen Arbeiter aus der Sozialversicherung
ausgeschaltet werden, und zwar unter dem Protektorate eines Geistlichen,
des Ministers Pater Šrámek, so möchten
wir ihm anempfehlen, er möge sich einmal an Stelle des jugendlichen
Arbeiters an die Maschine stellen und 48 Stunden das Los des jugendlichen
Proletariers teilen. Ich glaube, es gebe dann für ihn keine
Frage mehr, ob der jugendliche Arbeiter in die Sozialversicherung
gehört oder nicht.
Aber das ist nur ein, allerdings besonderes
Zeichen der Novelle zum Sozialversicherungsgesetz. Ein weiteres
Moment ist, daß man den Versicherten, die Millionen und
Abermillionen Beiträge aufzubringen haben, einfach jeden
Einfluß auf ihre Versicherung nimmt. Das erfolgt durch die
Einführung der Parität und die Aufsicht der verschiedenen
Behörden, des Ministeriums u. s. w. Da ist von einer Parität
in diesen Ausschüssen keine Rede mehr. Man kann feststellen,
der entscheidende Einfluß soll schon in den nächsten
Stunden in die Hände der Bourgeoisie in Verbindung mit verschiedenen
bürokratischen Instanzen gelegt werden.
Ein weiteres Moment ist die durch die Novelle
herbeigeführte Zersplitterung des Versicherungswesens im
allgemeinen. Durch die Neugründung von Genossenschaftskrankenkassen
- das ist eine effektiv feststehende Tatsache - wird die Kraft
zum Fortschreiten der sozialen Fürsorge nicht gefördert.
Im Gegenteil. Dieser Umstand bringt eine Zersplitterung des Fürsorgewesens
im allgemeinen. Dazu kommt noch die Auflösung der Krankenkassenverbände,
wodurch man gleichfalls den Einfluß der Arbeiter auf die
Gestaltung des Versicherungswesens brechen will. Wer darf aber
in dieser Reihe nicht fehlen? Es müßte uns geradezu
wundern, wenn bei einer derartigen Gestaltung des Gesetzes, durch
das Millionen und Abermillionen, ja Milliarden angehäuft
werden, das Finanz ministerium sich übersehen ließe.
Nach der Novelle wird dem Finanzministerium hinsichtlich der Verwendung
der Gelder ein derart ungeheuerer Einfluß gewährt,
daß wir uns, daß sich wohl insbesondere die Versicherten
fragen müssen, wer denn über das Schicksal der Gelder,
der von ihnen so sauer ersparten Gelder, die sie als Beiträge
abstatten, verfügen wird. Heute ist es vollkommen klar, daß
sich das Finanzministerium auf diesen Goldschatz, die Sozialversicherung,
einen entscheidenden Einfluß gesichert hat, so daß
im Zusammenhang mit all den anderen Dingen der Einfluß der
Arbeiterschaft vollständig ausgeschaltet erscheint.
Wir erinnern uns daran, daß die Regierung bereits eine Milliarde
Kè auf dem Wege eines Gesetzes sich für Straßenbauzwecke
gesichert hat. Wir können daraus sehr gut ersehen, daß
sie es bei einer anderen Gelegenheit verstehen wird, wenn es einmal
darum geht, zu Rüstungszwecken Gelder zu erhalten, tief in
die Sozialversicherung hineinzugreifen, um den so viel gesicherten
Frieden durch neue Rüstungen für den èechoslovakischen
Staat zu sichern. Das Schicksal der Sozialversicherung in Deutschland
im Kriege zeigt uns zur Genüge, für was für Zwecke
die Sozialversicherungsgelder verwendet werden, wenn es sich einmal
darum handelt, statt der Worte die Kanonen
sprechen zu lassen. Fünf Jahre lang mußten die deutschen
Arbeiter auf jede wie immer geartete Unterstützung aus d
em Kapital der Sozialversicherung verzichten. Und wir kennen das.
Schicksal der heutigen Gelder, wenn wir uns klar sind über
jene Aufgaben, die gerade der Militarismus in der Èechoslovakei
zu erfüllen hat, wenn es einmal gilt, die ganze kapitalistische
Welt gegen den ersten Arbeiter- und Bauernstaat, gegen Rußland
aufmarschieren zu lassen. Es geht darum, daß sich der Militarismus
des èechoslovakischen Staates einreihe in die Weltfront
des Kapitalismus zur Niederschlagung des ersten Arbeiter- und
Bauernstaates. Wir sind dessen sicher, wie immer dann die Regierung,
die kapitalistischen Charakter trägt, heißen wird,
sie wird wahrscheinlich die aufgehäuften
Gelder zur Erzeugung von Kanonen und Maschinengewehren verwenden,
das heißt, umwandeln in Pulver und Blei zur Ermordung Tausender
und Abertausender.
Es gehört wirklich ein Mut dazu, für
diese Novelle als für eine bedeutende Verbesserung des Sozialversicherungsgesetzes
einzutreten. Es ist nicht genug, wenn ich das besondere Wesen
der Novelle aufzeichne, wir müssen uns auch einer Reihe anderer
Fragen mit erinnern. So oft wurde schon versprochen, endlich einmal
die Frage aller jener Personen zu lösen, die an dem Tage
des Inkrafttretens des Sozialversicherungsgesetzes das 60. Lebensjahr
überschritten hatten. Heute noch ist keine Rede davon, zumindest
sind trotz der vielen Versprechungen keine Anzeichen vorhanden,
daß die Unterstützung der über 60 Jahre alten
Personen Wirklichkeit würde. Ich erinnere aber auch daran,
daß seit dem Inkrafttreten des Sozialversicherungsgesetzes
sehr oft versprochen wurde, die Altersgrenze, die für den
Bezug der Altersrente auf 65 Jahre festgesetzt wurde, herabzusetzen.
Was ist geschehen? Nichts. Die Altersgrenze von 65 Jahren ist
aufrecht geblieben. Das allein zeigt schon die Ironie dieses ganzen
Gesetzes. Es ist geradezu eine Seltenheit, wenn man an irgendeinem
Ort einen Arbeiter findet, der das 65. Lebensjahr erreicht oder
gar überschritten hat. Wenn die Arbeiter erst mit dem 65.
Lebensjahr in den Genuß der Altersversorgung kommen sollen,
werden sicherlich weit mehr als 90% der gesamten Arbeiterschaft
wohl Jahre und Jahrzehnte für die Altersversorgung zahlen,
niemals aber in den Genuß der Altersversorgung kommen. (Výkøiky:
Die Rationalisierung sorgt schon dafür, daß die Arbeiter
nicht zu alt werden!) Sicherlich. Wir erinnern
uns auch daran, daß auch jene, die dazu berufen sind, das
Vaterland vor dem Feinde zu schützen, daß jene ein
besonderes Geschenk im Sinne der Novelle zum Sozialversicherungsgesetz
bekommen haben, und zwar dadurch, daß der Staat für
die Zeit der Waffenübungen keine Beiträge mehr für
sie bezahlen wird.
Wenn dieses Machwerk der Novelle noch nicht
in Kraft getreten ist, so ist das einzig und allein auf den Proteststurm
der Arbeiterschaft zurückzuführen, der in den Betrieben,
in großen Versammlungen und Kundgebungen zum Ausdruck kam;
und wir können heute mit Bestimmtheit feststellen: Hätten
nicht gerade ausgerechnet die sozialdemokratischen Parteien beider
Lager, deutscher und èechischer Nationalität, den
Drang der Arbeiterschaft zum gemeinsamen Kampf in seiner Auswirkung
verhindert, d. h. hätten sie nicht mit allen Mitteln das
Angebot der kommunistischen Partei abgelehnt,
den Kampf zur Verhinderung der weiteren Verschlechterung der Sozialversicherung
zu führen, so hätte sich, das steht heute fest, die
Bourgeoisie in diesem Staate nie getraut, eine derartige Verunstaltung
des Sozialversicherungsgesetzes in diesen Tagen durchzudrücken.
Man ist damit vielleicht nicht einverstanden oder schüttelt
den Kopf, wie ich es beim Koll. Schweichhart bemerkt hatte.
Gerade der Kollege Abg. Schäfer aber war es, der heute
vor wenigen Stunden gesagt hat: "Einzig und allein darauf
ist es zurückzuführen, wenn dieses Machwerk nicht schon
früher in Kraft getreten ist, daß die Arbeiterschaft
einen gewaltigen Proteststurm entfacht hatte". Ja, die Sozialdemokraten
haben diesen Kampf der Arbeiterschaft eingetauscht mit dem Schacher
mit den bürgerlichen Parteien in der Regierungskoalition,
haben monatelang den sog. sachlichen Kampf geführt und als
Schlußeffekt sehen wir, daß die Bourgeoisie ohne Rücksicht
und ohne darnach zu fragen, was monatelang Tag und Nacht verhandelt
wurde. Tag und Nacht geschachert wurde, ihre Tendenz in dieser
Novelle durchgesetzt hat. In diesem Augenblick tritt ein sehr
interessantes Moment in Erscheinung.
Dienstag, also kurz vor Schluß der Verhandlungen
im sozialpolitischen Ausschuß, ist eine neue Versicherungsklasse
in der Krankenversicherung eingeführt worden, die 11. Klasse.
Alle Parteien, Koalition und die anderen, stimmten der Einführung
dieser 11. Klasse zu, auch der Achterausschuß und der Vertreter
des Ministeriums für soziale Fürsorge hatten der Einführung
der 11. Klasse zugestimmt. (Výkøiky: Was
als Errungenschaft begrüßt wurde!) Jawohl,
man hat das hinausposaunt als weitere Errungenschaft der Novelle
zum Sozialversicherungsgesetz. Und was konnten wir gerade vor
einigen Minuten erfahren? Nachdem Mittwoch durch den gedruckten
Bericht bekannt wurde, daß eine 11. Klasse eingeführt
wurde, kommen schon - Herr Koll. Schweichhart, der Sie
sich soviel zugute tun auf den parlamentarischen Kampf! - kommen
schon Donnerstag die Industriellen aus allen Gebieten in das Parlament
zum Minister Šrámek und sagen" "Was
erlaubt ihr euch denn hier eigentlich? Verschwinden muß
die 11. Klasse, die man eingeführt hat!" Was bedeutet
das? Das ist einerseits die ärgste politische Blamage, die
diese Bürgerregierung erlebt hat, das zeigt andererseits
so richtig den Wert und die Bedeutung des Parlaments. (Pøedsednictví
pøevzal místopøcdseda
Horák.) Was ist denn das Parlament,
was ist Parlamentarismus, wenn wir in diesem Falle alle einig
sind über die Einführung der weiteren Klasse der Krankenversicherung?
Mit aller Deutlichkeit zeigt dies, wie noch zu keiner anderen
Zeit, daß dieser Parlamentarismus ein ausgesprochenes Kasperltheater
ist, in dem wohl Reden geschwungen werden dürfen, aber absolut
nichts durchgeführt werden darf, was einmal vielleicht gegen
den Strich der Kapitalisten des Staates gehen könnte. Nochmals
muß ich auf die Sozialdemokraten verweisen, die sich soviel
zugute tun auf den Kampf auf dem Boden des Parlamentarismus, auf
den sogenannten sachlichen Kampf, und sagen: Wir sind diejenigen,
die irgendetwas herausgeschlagen haben, etwas herausgeholt haben!
Sehen Sie nicht an diesem Beispiel mit aller Deutlichkeit, daß
es Lug und Trug, daß es Humbug ist, der Arbeiterschaft einzureden,
daß es möglich wäre, auf dem Boden des Parlamentarismus
für die Arbeiterschaft das Geringste herauszuholen? In dem
Augenblicke, wo Sie ernstlich daran denken, nicht nur durch Reden
auf dem Boden des Parlamentarismus, sondern auch durch den Kampf
des Proletariats wirklich etwas zu schaffen, was dem Willen der
Arbeiterschaft entspricht, wird die kapitalistische Meute aufmarschieren
und sich hinwegsetzen über die parlamentarischen Reden, sie
wird Ihnen das Bajonett an die Brust setzen und Sie vor die Wahl
stellen, entweder zu kapitulieren oder aber den Kampf aufzunehmen,
den Kampf nicht nur mit Reden, sondern den Kampf auf der Straße.
Gerade in diesem Augenblicke ist es besonders bezeichnend und
muß immer wieder festgestellt werden, daß es der Bourgeoisie
und den Industriellen, die gestern hier waren, niemals möglich
gewesen wäre, sich eine derartige Provokation zu erlauben,
wenn der gemeinsame einheitliche und geschlossene Kampf des Proletariats
nicht durch jene gestört und sabotiert worden wäre,
die viel lieber auf den Ministerbänken sitzen würden,
als in den Reihen des Proletariats. Dabei müssen wir feststellen,
daß einzig und allein die kommunistische Partei durch ihre
Anträge, die sie kompromißlos vertreten hat, und durch
den Aufruf aller Arbeiter ohne Unterschied der Parteizugehörigkeit
zum Kampfe den Weg gezeigt hat, der beschritten werden muß,
um der Bourgeoisie ein Sozialversicherungsgesetz abzutrotzen,
welches den Interessen der Arbeiterschaft entspricht. Wir nähern
uns der Stunde, wo die Abstimmungsmaschine in Schwung gesetzt
werden wird, wo sie ohne Rücksicht auf die Unmenge von Anträgen
der verschiedensten Parteien einfach das, was Sie fälschlicherweise
als Verbesserung der Sozialversicherung bezeichnen, zur Annahme
bringen wird. Dabei muß festgestellt werden, daß es
der Bourgeoisie nicht darum geht, ein gutes Sozialversicherungsgesetz
zu schaffen, sondern hauptsächlich darum, die durch das Sozialversicherungsgesetz
sich aufhäufenden Gelder in ihre Hand zu bekommen, um ihre
reaktionären Pläne durchsetzen zu können. Und das
nennt sich bei uns soziale Gesetzgebung!
Man hätte hier Ursache, auf eine Reihe
anderer Gesetze mit zu verweisen, die ebenfalls den Schein einer
sozialen Gesetzgebung an sich tragen. Ich verweise bei dieser
Gelegenheit auf das Genter System. Als über das Sozialversicherungsgesetz
abgestimmt wurde und wir nicht mitstimmten, machten die Sozialdemokraten
ein großes Hallodrio, weil wir nicht mitgestimmt haben.
Nun verweise ich auf einen Bericht des Unterverbandes der Krankenkassen
für Nordböhmen, der von Sozialdemokraten gemacht wurde
und in dem wörtlich steht: "Es wäre viel besser
gewesen, wenn man, d. h. wenn die sozialdemokratischen Partei
en, den Vorwurf auf der Regierung hätten lasten lassen, lieber
kein Alters- und Invaliditätsgesetz zu haben, als diese ungeheuere
Drosselung der Krankenversicherung mit in Kauf nehmen zu müssen".
Genau so verhält es sich mit dem Genter System. Wenn die
bestehende Sozialversicherung in erster Linie eine Drosselung
des Krankenversicherungsgesetzes bedeutete und wenn die Novelle
der Sozialversicherung in weiterer Folge einen Raub der Versicherung
aus den Händen der Versicherten bedeutet, so bedeutet das
Genter System eine Vernichtung und Zerschlagung des Charakters
der Klassenkampforganisationen und der Gewerkschaftsorganisationen.
Welche segensreiche Auswirkungen die Einführung des Genter
Systems bei uns gezeitigt hat, können wir an vielen Beispielen
aufzeigen, und es zeigt sich, daß Leute vom Schlage der
Reformisten sich heute sagen müssen, daß es tausendmal
besser gewesen wäre, wenn sie ihre Stimme zur Einführung
des Genter Systems bei uns nicht erhoben hätten. Fast in
allen kapitalistischen Ländern gibt es eine Arbeitslosenunterstützung,
die zumindest für die Dauer von drei Viertel Jahren gezahlt
wird. Auch bei uns wurde einmal die Arbeitslosenunterstützung
auf die Dauer von drei Vierteljahren ausgezahlt. Jetzt, nachdem
wir aber fortschrittlich sind, nachdem wir uns nach allen Regeln
der Kunst im èechoslovakischen Staate entösterreichert
haben, hat man die Unterstützung von einem
Dreivierteljahr auf ein Vierteljahr herabgesetzt. Die Arbeitslosen
wissen ein Lied davon zu singen, was es heißt, mit dieser
kärglichen Arbeitslosenunterstützung ein Auskommen finden
zu müssen.
Ich möchte bei dieser Gelegenheit mit
einigen Worten auf die Krise des ostböhmischen Industriegebietes,
besonders auf die Flachskrise hinweisen, die sich seit Monaten
ungeheuer austobt und wo die Not der Arbeiterschaft derartige
Dimensionen angenommen hat, daß es fast unmöglich ist,
das furchtbare Elend wiederzugeben. Nach vielen unendlichen Interventionen
und sehr zahmen Vorsprachen hat sich das Ministerium für
soziale Fürsorge endlich herbeigelassen, den notleidenden
ostböhmischen Flachsarbeitern, u. zw. den Verheirateten eine
Unterstützung von 5 Kè und Ledigen eine solche von
3 Kè zu gewähren für den Fall, daß
sie im Sinne des Genter Systems ausgesteuert sind. Was bedeutet
das gerade in dem Augenblicke, wo die Regierung glattweg zusammengeklappt
ist vor den Zuckerbaronen, wo sie bereit war, den Zuckerbaronen
mehr als 100 Millionen in den Rachen zu werfen, in dem Augenblicke,
wo die Industriellen aufmarschieren und gleiche Geschenke fordern
wie die Zuckerbarone? In dem Augenblick, wo Profit auf Profit
gehäuft wird, wo die Regierung bereit ist, den Kapitalisten
immer neue Geschenke zu machen, hat die Regierung natürlich
keine Zeit, an die Not der Arbeiter zu denken und es ist mehr
als selbstverständlich, daß sie noch weniger übrig
hat zur Linderung der Not der Arbeiterschaft. So mag die Regierung
und mit ihr die Koalitionsparteien auf diesem Wege fortschreiten,
sie mag Verbrechen auf Verbrechen häufen, das eine steht
fest: Die kommunistische Partei wird nicht müde werden, die
Arbeiter immer wieder zum Kampfe aufzurufen, die Arbeiter ohne
Unterschied ihrer Parteizugehörigkeit, um die Quelle allen
Übels, das herrschende System zu beseitigen, als Voraussetzung
zur sozialen Befreiung des Proletariats. (Souhlas a potlesk
komunistických poslancù.)