Meine Herren! Das èechoslovakische
Proletariat hat alle Ursache, zu der Bedeutung des 10. Jahrestages
des Bestandes der Èechoslovakischen Republik von seiner
Seite aus Stellung zu nehmen. Es ist an der Zeit, nach 10 Jahren
einmal die Frage klar zu beantworten, wie herrlich
weit es das Proletariat in der Èechoslovakischen Republik
gebracht hat. Es ist an der Zeit, die Frage aufzuwerfen, ob es
richtig ist, was im Jahre 1918 und 1919 die sozialistischen Schönredner
der Arbeiterklasse vorgetragen haben, nämlich, daß
sie sich befreien kann, wenn sie festhält
an den Grundlagen der formalen, bürgerlichen Demokratie,
daß sie den Weg nicht einzuschlagen brauche, den das sowjetrussische
Proletariat beschritten hat, daß es nicht nötig ist,
die Mittel des revolutionären Kampfes anzuwenden, daß
die Befreiung des Proletariats aus den Fesseln der Kapitalisten
möglich sei auf Grund der demokratischen Entwicklung. Wenn
wir diese Fragen aufwerfen und sie beantworten, müssen wir
nicht auf allgemeine Dinge eingehen, wir werden uns bemühen,
auf der Grundlage von ziffernmäßigen Untersuchungen
einmal festzustellen, wie es aussieht mit der sozialen Entwicklung
der arbeitenden Klasse in der Èechoslovakischen Republik
und mit der sozialen Entwicklung der arbeitenden Schichten der
Bevölkerung in der Sowjetunion.
Wir stellen diese Analyse an auf Grund derjenigen Ziffern, die
im Berichte des Budgetausschusses enthalten sind, auch über
das sowjetrussische Budget. Da weisen wir zunächst darauf
hin, daß wir es in der Èechoslovakischen
Republik zu tun haben mit einem sozusagen stabilen Budget, d.
h. im Allgemeinen verändern sich die Ziffern der Einnahmen
und Ausgaben nicht, im besten Falle kann man sprechen von einer
Stabilisierung der kapitalistischen Verhältnisse in der
Èechoslovakischen Republik. Nur innerhalb des Budgets gibt
es eine entscheidende Verschiebung, die uns interessiert bei Besprechung
der Bedeutung des zehnjährigen Bestandes der Republik, nämlich
eine solche Verschiebung, die aufzeigt, daß immer mehr Steuerlasten
den breiten Massen den arbeitenden Schichten der Bevölkerung
aufgebürdet wer den. Das sowjetrussische Budget weist folgende
zahlenmäßige Entwicklung auf: Im Budgetjahr 1922/23
betrugen die Einnahmen der Sowjetunion 1460 Mill. Rubel, im Budgetjahr
1923/24 2267 Mill. Rubel, im Budgetjahr 1924/25 2975 Mill. Rubel,
1925/26 3973 Mill. Rubel, 1926/27 4959 Mill. Rubel, 1927/28 6035
Mill. Rubel, 1928/29 6970 Mill. Rubel. In einem Zeitraum von 5
Jahren haben sich also die Einnahmen der Sowjetunion um mehr als
das Vierfache, nämlich um rund 470% gehoben.
Natürlich gibt es noch andere charakteristische Merkmale
der Budgets, vor allem ist eine Analyse der Einnahmsquellen erforderlich.
Die gesamten Einnahmen der Èechoslovakischen Republik setzen
sich zusammen aus 1747 Mill. Kè direkten Steuern, 5757
Mill. Kè indirekten Steuern und 2055 Mill. Kè Einnahmen
aus den Erträgnissen der Staatsbetriebe und anderen Quellen.
Im Budget der Sowjetunion machen die Einnahmen aus den direkten
Steuern 18.796 Mill. Kè aus, aus indirekten
Steuern 29.000 Mill. Kè und aus den Erträgnissen der
staatlichen Industrie und ähnlichen volkswirtschaftlichen
Quellen 54.202 Mill. Kè. Das heißt, in der Èechoslovakischen
Republik machen die Einnahmen aus Steuererträgnissen rund
77% aus, die Einnahmen aus wirtschaftlichen
Unternehmungen etc. 23%. Die Einnahmen aus den Steuererträgnissen
der Sowjetunion machen 46% der Gesamteinnahmen aus und die Einnahmen
aus den Erträgnissen der staatlichen Unternehmungen 54% der
Gesamteinnahmen.
Interessant ist eine Untersuchung der Entwicklung
der Einnahmen aus volkswirtschaftlichen Quellen auf dem Gebiete
der Sowjetunion. Im vorigen Budget der Sowjetunion betrugen die
Einnahmen der staatlichen Industrieunternehmungen, Forst-, Boden-
und Konzessionswirtschaft 9.225 Mill. Kè und im
letzten Budget 11.599 Mill. Kè. Die Steigerung beträgt
demnach in einem einzigen Jahre rund 25%. Besonders wichtig ist
eine Untersuchung der indirekten Steuern, bezw. der Lasten, die
mit Hilfe der indirekten Steuern auf die breiten Massen
der Bevölkerung abgewälzt werden. Im Budget der Èechoslovakischen
Republik machen die indirekten Steuern, Zölle und Abgaben
mit eingerechnet, 5757 Mill. Kè oder 60% aller Einnahmen
aus, die direkten Steuern 1747 Mill. Kè oder 17% aller
Einnahmen. In der Sowjetunion betragen
die indirekten Steuern 29.000 Mill. Kè oder 28% aller Einnahmen
und die direkten Steuern 18.796 Mill. Kè oder 18% aller
Einnahmen. Diese Ziffern zeigen eine wachsende Belastung der breiten
Massen der arbeitenden Schichten der Bevölkerung
in der Èechoslovakischen Republik mit Hilfe der indirekten
Steuern. Charakteristisch ist auch die Untersuchung darüber,
wie.sich die direkten Steuern und ihre Erträgnisse verändern.
So sind z. B. die Einnahmen aus den direkten Steuern in der Èechoslovakischen
Republik zurückgegangen, und zwar von 1770 Mill. Kè
im Budgetjahr 1927/1928 auf 1747 Mill. Kè im Budgetjahr
1928/29, das ist um 19%; in der Sowjetunion beobachten wir genau
die entgegengesetze Entwicklung. Von 12.894 Mill. Kè ist
der Betrag der direkten Steuern gestiegen
auf 18.796 Mill. Kè oder um 45%. In der Èechoslovakischen
Republik dagegen ist die Summe der direkten Steuern wie folgt
zurückgegangen: Sie betrugen im Jahre 1919 nach dem Bericht,
den der Budgetausschuß dem Plenum erstattete, 46.99%
und sie betragen im Jahre 1929 24,14%. Über den klassenmäßigen
Charakter der Budgets informieren uns die inneren Verschiebungen
und die Art, wie sich die Erhöhung der direkten Steuern z.
B. in der Sowjetunion vollzogen hat. Die Gewerbesteuer wurde um
ein Geringes erhöht, dagegen ist die Einkommensteuer
in der Sowjetunion von 3281 Mill. Kè auf 3961 Mill. Kè
gestiegen. Andererseits wurden die landwirtschaftlichen Steuern
herabgesetzt. Es sind heute in der Sowjetunion rund 35% aller
Bauernwirtschaften von der Landwirschaftssteuer
überhaupt befreit.
Über den sozialen Charakter der Sowjetunion
informieren uns die Angaben über die allgemeine Entwicklung
der Volkswirtschaft und darüber können wir uns wieder
am besten aus den Ziffern des letzten Budgets der Sowjetunion
informieren. Für die Entwicklung der Volkswirtschaft hat
die Sowjetunion im Budgetjahr 1926/1927 14.891 Mill. Kè
ausgegeben und sie gab im Budgetjahr 1927 bis 1928 20.264 Mill.
Kè aus. Die Steigerung dieser Kosten beträgt nicht
weniger als 36% in einem Jahre. In welchem
Tempo sich die Volkswirtschaft in der Sowjetunion entwickelt,
können wir am besten ermessen, wenn wir einige Details aus
der volkswirtschaftlichen Entwicklung ziffernmäßig
belegen. So machen z. B. die Erträgnisse aus der sowjetrussischen
Volkswirtschaft in Millionen Vorkriegsrubeln und nach Vorkriegspreisen
umgerechnet aus: Im Jahre 1913 19.837 Mill. das war also vor Ausbruch
des Krieges, im Wirtschaftsjahr 1921/22 8120 Mill., im Jahre 1922/23
11.316 Mill., im Jahre 1923 bis 1924 12.272 Mill., im Jahre 1924/25
14.574 Mill., im Jahre 1925/26 18.739 Mill., im Jahre 1926/27
20.695 Mill. und im Jahre 1927/28 22.487 Mill.; das bedeutet,
daß die sowjetrussische Volkswirtschaft das Vorkriegsniveau
jetzt schon um 13% überschritten hat. Zu nicht weniger erfreulichen
Ergebnissen kommen wir, wenn wir uns die Entwicklung der Großindustrie
ansehen. Die Großindustrie auf dem Gebiete der Produktionsmittel
weist folgende Entwicklung auf: Im Jahre 1924/25 1.142.3 Mill.;
im Jahre 1925/26 1629.3 Mill.; im Jahre 1926/27 2028.4; im Jahre
1927/28 2.378.5; in der Gebrauchsgegenstandindustrie macht die
Summe im Jahre 1924/25 1.602.5 Mill., und im Jahre 1927/28 2.964.6
Mill. aus; wir sehen also auf dem Gebiete der Großindustrie
eine außergewöhnlich starke Entwicklung. Eine nicht
minder bedeutende Entwicklung sehen wir auf dem Gebiete der landwirtschaftlichen
Produktion. Die Brutto produktion in Millionen Rubel betrug im
Jahre 1919 11.790 Mill., im Budgetjahr 1927 bis 1928 13.186 Mill.
Wie wir sehen, bedeutet dies eine beträchtliche Überschreitung
des Vorkriegsniveaus. Die Anbaufläche ist gestiegen von 84.3
Mill. Desjatinen im Jahre 1913 auf 88.6 Mill. Desjatinen. Im Transportwesen
sehen wir eine ähnliche Entwicklung. Die Länge des Eisenbahnnetzes
betrug im Jahre 1913 58.500 km, im Jahre 1927/28 77.200 km. Auf
dem Gebiete der Elektrifizierung betrug die Gesamtleistung der
Kraftwerke der Sowjetunion im Jahre 1923/24 897.000 Kilowatt,
im Jahre 1927/28 5,325.000 Kilowatt. Die Zahl der Lohnarbeiter
in der Großindustrie betrug im Jahre 1913 2,685.000 und
im Jahre 1927/28 2,858.000.
Einen besonders wichtigen Aufschluß über
die Lage der Arbeiter der Sowjetunion vermitteln uns die Durchschnittszahlen
des Jahresverdienstes der Arbeiter in der Großindustrie.
In Goldrubel ausgedrückt betrug der Jahresverdienst des sowjetrussischen
Industriearbeiters im Wirtschaftsjahr 1924/25 521.78, 1925/26
648.48, 1926/27 726.19 und im Wirtschaftsjahr 1927/28 769.76.
Der Index des Reallohnes in Prozenten, verglichen mit dem Wirtschaftsjahr
1913 weist folgende Steigerung auf: 1924/25 82.6, 1925/26 93.7,
1926/27 105.3, 1927/28 116%, d. h. der Durchschnittsverdienst
des sowjetrussischen Arbeiters hat das Vorkriegsniveau um mindestens
16% überschritten. Die bemerkenswerteste Entwicklung der
sowjetrussischen Volkswirtschaft übermitteln uns die Zahlen
über die vergesellschaftlichte und nichtvergesellschaftlichte
Industrie. Die vergesellschaftlichten Industriezweige zeigen folgende
Ziffern: Im Jahre 1924/25 betrug die Industrie, soweit sie vergesellsehaftlicht
ist, 81.3%, im Jahre 1925/26 83.2%, im Jahre 1926/27 85.9% und
im Jahre 1927/28 87.3%. Die Vergesellschaftung auf dem Gebiete
des Warenumsatzes hat ähnliche Ziffern in den gleichen Wirtschaftsjahren
aufzuweisen, nämlich 72.6%, 75.6%, 81.9%, 84.5%. Aber selbst
auf dem Gebiete der landwirtschaftlichen Produktion ist der Fortschritt
der Vergesellschaftung sichtbar, wenn er auch nicht so bedeutend
ist. Die ähnlichen Ziffern für die gleichen Wirtschaftsjahre
betrugen 2.1%, 2.2%, 2.7%, 3.58%. In demselben Maße geht
der Einfluß und die Bedeutung der nichtvergesellschaftlichten
Industrien zurück, nämlich von 18.7% auf 16.3%, 14.1%,
12.7%, auf dem Gebiete des Warenumsatzes von 27,4% auf 24,8%,
auf 18,1% und auf 15,5%, auf dem Gebiete der landwirtschaftlichen
Produktion von 97.9% auf 97.8% auf 97.3% und schließlich
auf 96.5%. Was bedeuten diese Ziffern, die nicht bestritten sind?
Wenn wir uns nicht nach dem orientieren, was uns die chauvinistische
Presse des In und Auslandes über die Sowjetunion und deren
wirtschaftliche Entwicklung erzählt, sondern nach den Ziffern
und dem Ziffernmaterial, das in der Sowjetunion amtlich ermittelt
und herausgegeben wurde, das also den Vertretern aller möglichen
bürgerlichen Schichten der kapitalistischen Staaten zugänglich
ist, wenn wir uns also - ich wiederhole - nach dem von keiner
Seite bestrittenen Ziffernmaterial richten, dann bedeuten die
bisher angeführten Zahlen, daß wir es in der Sowjetunion
mit einer geradezu schwunghaften Entwicklung der Volkswirtschaft
zu tun haben, und daß sich in der Sowjetunion die Lage der
arbeitenden Schichten der Bevölkerung von Jahr zu Jahr verbessert
hat. Diese Ziffern bedeuten, daß die Vergesellschaftung
der Industrie und des Warenumsatzes außerordentlich große
Fortschritte gemacht hat und vor allem zeigen uns diese Ziffern,
daß dieser Erfolg der sozialistischen Produktion gegen die
kapitalistische Produktion nur möglich war durch den Kampf,
und zwar nicht nur gegen die internationale Bourgeoisie, sondern
auch gegen die Nep-Bourgeoisie. Diese Ziffern zeigen uns ferner
die Verringerung der wirtschaftlichen und infolgedessen auch der
politischen Macht der kapitalistischen Bourgeoisie in Sowjetrußland,
mit einem Wort, diese Ziffern zeigen, daß wir es in der
Sowjetunion mit einer sozialistischen Akkumulation, und zwar der
Gestalt, zu tun haben, daß ein stets wachsen der Mehrwert,
den die sowjetrussische Arbeiterschaft erzeugt, zum sozialistischen
Aufbau, zur Entwicklung der Volkswirtschaft und zum Teil zur Hebung
der sozialen, materiellen und kulturellen Lage der sowjetrussischen
Arbeiterschaft verwendet wird. Das geht auch sehr klar hervor
aus einem Vergleich der Ziffern bezüglich der Staatsschuld
der Sowjetunion und der Èechoslovakischen Republik. Wir
wissen, daß die Summe der direkten Steuern in der
Èechoslovakischen Republik 1747 Mill. Kè ausmacht.
Es ist weiters bekannt, daß in diesem Wirtsshaftsjahr 2220
Mill. Kè für den Zinsendienst im Interesse der Staatsschuld
ausgegeben werden. In der Sowjetunion beträgt die Summe,
die zur Verzinsung der Staatsschuld
verausgabt wird, 4182 Mill. Kè, aber die Summe der direkten
Steuern beträgt 18.796 Mill. Kè. Eines ist klar, daß,
wenn wir z. B. von der Ansicht ausgehen, daß in der Èechoslovakischen
Republik die Gesamtsumme der direkten Steuern von den besitzenden
Klassen bezahlt wird, daß diese besitzenden Klassen überhaupt
keine direkten Steuern zahlen, da ihnen gleichsam in die andere
Hand eine beträchtlich höhere Summe zurückgegeben
wird, als sie bezahlen. Wenn sie nämlich wirklich 1747 Mill.
Kè direkter Steuern bezahlen,
so bekommen sie 2220 Mill. Kè zurück, und zwar in
Form des Zinsendienstes, der für die èechoslovakische
Staatsschuld geleistet werden muß. Diese Ziffern zeigen
uns, daß die großen und größten Kapitalisten
in der Èechoslovakischen Republik überhaupt
keine direkten Steuern bezahlen. Umgerechnet auf den Kopf der
Bevölkerung macht diese Belastung infolge des Zinsendienstes
für die Staatsschuld pro Kopf der Bevölkerung 158 Kè
aus. Die entsprechenden Ziffern aus dem Budget der Sowjetunion
ergeben ein anderes Bild, nämlich
erstens, daß die Summe von 4182 Mill. Kè, die zur
Verzinsung der Staatsschuld aufgewendet werden müsse, pro
Kopf der sowjetrussischen Bevölkerung 28 Kè ausmacht.
Ferner, wenn wir die 4182 Mill. Kè abziehen von der Summe
der direkten Steuern, die 18.796 Mill.
Kè ausmachen, ergibt dies, daß die sowjetrussischen
Kapitalisten, wenn wir von den gleichen Grundsätzen bei Berechnung
der Summe der direkten Steuern, die die Bourgeoisie zu bezahlen
hat, ausgehen, letztere trotzdem noch 14.614
Mill. Kè direkter Steuern zu bezahlen hat. Nur ein
Blick auf die Ausgaben der sowjetrussischen Union und der Èechoslovakischen
Republik zeigt uns noch viel deutlicher den spezifischen Klassencharakter
im Budget der Èechoslovakei. Nehmen wir die wichtigsten
Ausgaben, die Ausgaben für Militärzwecke. Wenn wir in
dieser Hinsicht alle Ausgaben zusammenziehen, also auch die Ausgaben
für das Außenamt, was wir auch bei der Berechnung der
Ziffern in der Sowjetunion tun, dann gibt die Èechoslovakische
Republik rund 2 Milliarden Kè
für Zwecke des Militarismus aus oder 142 Kè pro Kopf
der Bevölkerung. Die Sowjetunion gibt für die gleichen
Zwecke 13.518 Mill. Kè aus oder 94 Kè pro Kopf der
Bevölkerung. Die Ausgaben für die militärischen
Zwecke machen in Prozenten ausgedrückt
bei der Èechoslovakei 20% aller Einnahmen aus, in der Sowjetunion
13% aller Einnahmen.
Ich habe die Ziffern im Berichte des Budgetausschusses
an das Plenum bezüglich der Ausgaben anderer kapitalistischer
Staaten überprüft und bin da zu außerordentlich
interessanten Ergebnissen gekommen. Wenn wir nämlich überprüfen,
was die verschiedenen wichtigen kapitalistischen Staaten - wichtig
auch in dem Sinne, in welchem sie als militärische Hausknechtorgane
der große imperialistischen Staaten fungieren - für
militärische Zwecke ausgeben, so kommen wir zu folgenden
Ergebnissen: Die Staaten der Kleinen Entente geben für militärische
Zwekke in Prozenten der Gesamtausgaben aus: Èechoslovakei
20%, Rumänien 20%, Jugoslavien 34%, Polen 32%; die Randstaaten,
wie Estland 22%, Finnland 16%, Litauen
21% und Lettland 27% Die Sowjetunion aber gibt 14% aller Einnahmen
für militärische Zwecke aus. Es ist also nicht einmal
notwendig, daß wir auf dem Umweg über die ausländische
Presse erfahren, welche Pläne das èechoslovakische
Außenamt in Verbindung mit dem französischen
Militarismus gegen Sowjetrußland schmiedet, es ist nicht
unbedingt erforderlich, daß uns erst das "Berliner
Tageblatt" darüber informiert, daß es bei uns
einflußreiche Kreise gibt, die im Bunde mit dem französischen
Imperialismus mit dem verbrecherischen Gedanken spielen, die Sowjetukraine
vom Verband der Sowjetunion loszulösen um gleich am einen
östlichen Pufferstaat ins Leben zu rufen. Wir brauchen uns
nicht nach diesen Berichten zu orientieren, auch nicht nach den
Dementis des èechoslovakischen Außenamtes, das gerne
bereit ist, eine einzige Wahrheit, die einmal irgendwo im Ausland
über die militärischen Absichten der Èechoslovakei
ausgesprochen wird, mit zehn diplomatischen Lügen zu beantworten.
Wir brauchen uns nicht unbedingt nach diesen
Erscheinungen zu orientieren, sondern es genügt, diese Ziffern
zu zeigen, wonach die Sowjetunion der einzige Staat ist, dessen
Ausgaben für Militarismus den geringsten Prozentsatz ausmachen
und daß alle übrigen Staaten, von denen wir wissen,
daß sie im Dienste der englischen oder französischen
Regierung direkt oder indirekt stehen, außer ordentlich
größere Ausgaben für militärische Rüstungen
machen als die Sowjetunion. Das ist doch ein völlig klares
Bild, das uns da vermittelt wird. Wo sitzen also die Kriegshetzer,
die Kriegsvorbereiter? Dort, wo man einen ganz beträchtlichen
Teil der Einnahmen für Kriegsrüstungen, für die
Vorbereitung des Kampfes gegen die Sowjetunion verwendet.
Nicht minder wichtig ist die Analyse der Ausgaben
für den staatlichen Machtapparat. Wir wissen, daß die
Èechoslovakische Republik für Gendarmerie, Polizei
und Justiz einen Gesamtbetrag von 1.018,000.000 Kè aufbringt,
was einer Ausgabe von 72 Kè pro Kopf der Bevölkerung
gleichkommt. Die Sowjetunion gibt für
dieselben Zwecke 1,728.000.000 Kè oder 11 Kè pro
Kopf der Bevölkerung aus. Das heißt also: für
die Erhaltung jenes staatlichen Machtapparates, den die Bourgeoisie
braucht, um die gesamte Arbeiterklasse ohne Unterschied der Parteizugehörigkeit
zu unterdrücken, wirtschaftlich
zu knechten, politisch zu fesseln, gibt die èechoslovakische
Regierung pro Kopf um 700% mehr aus als der sowjetrussische Staatsbürger
aufbringen muß für die Erhaltung des jenigen Apparates,
den die Sowjetunion braucht, um mit dem Widerstand
der Weißgardisten, mit den Todfeinden der sowjetrussischen
Union, fertig zu werden.
Nicht minder interessant sind die Ziffern auf
dem Gebiete der Sozialpolitik und sozialen Fürsorge. Hier
zeigt sich nicht weniger deutlich der sozialistische Charakter
der Sowjetwirtschaft. Die Sowjetunion gibt für den Kampf
gegen die Verwahrlosung der Kinder, gegen die Arbeitslosigkeit
- wobei zu bemerken ist, daß hier nicht alle Summen enthalten
sind, da gegen die Arbeitslosigkeit die Gewerkschaften und die
Sozialversicherungsanstalten große Summen aufbringen
- für verschiedene Fonds im Interesse der Invalidenpensionen,
Getreidefond, Gesundheitswesen, Bauern- und Arbeiterinspektionen,
den Betrag von 2545 Mill. Kè gegen 1479 Mill. Kè
im Wirtschaftsjahr 1926/27 aus. Die
Ausgaben für soziale Fürsorge betrugen für das
Wirtschaftsjahr 1926/27 183 Mill. Kè, im Wirtschaftsjahr
1927/28 321 Mill. Kè. Die Steigerung beträgt also
bei diesem Posten allein in einem einzigen Jahre 75%. Ähnlich
steht es mit dem Schulwesen. Im Jahre 1913
hat der Zarismus für das Schulwesen pro Kopf der Bevölkerung
2.18 Rubel verausgabt. Die Sowjetunion widmet diesem Zwecke im
Wirtschaftsjahr 1925/26 pro Kopf der Bevölkerung 3.86 Rubel,
im Jahre 1926/1927 4.79 Rubel, im Jahre 1927/28 macht der Betrag
bereits über 5 Rubel aus. Das heißt: Der Arbeiter-
und Bau ernstaat gibt heute für die Zwecke der Volksbildung
um rund 130% mehr aus als der Zarismus im Jahre 1913 für
dieselben Zwecke.
Meine Herren! Wir haben hier eine ganze Reihe
von solchen Ziffern vorgetragen, deren Richtigkeit leicht überprüft
werden kann; sie sind teils enthalten im Berichte des Budgetausschusses
an das Plenum. Ich habe diese Ziffer dort genau übernommen,
wobei ich allerdings darauf aufmerksam machen muß, daß
die Angaben im Bericht des Budgetausschusses nicht stimmen, wenigstens
nicht alle. Das ist offenbar darauf zurückzuführen,
daß beim Druck der Ziffern der Budgetausschuß noch
nicht im Besitze der letzten Ziffern gewesen war, die in Moskau
vom statistischen Amt des Finanzkommissariats in französischer
Sprache herausgegeben werden und daß infolgedessen über
das Budget der letzten zwei Jahre ungenaue Angaben gemacht worden
sind. Ich habe trotzdem diese Ziffern übernommen, weil in
der Aufstellung im Bericht des Budgetausschusses diese Ziffern
in die èechoslovakische Valuta umgerechnet sind. Ich habe
ferner ein Ziffernmaterial vorgetragen, das in amtlichen Publikationen
enthalten ist und gleichfalls überprüft werden kann.
Auf Grund aller dieser Ziffern ist es nicht zweifelhaft, daß
wir es im Verlaufe der letzten Jahre in der
Sowjetunion mit einem außerordentlich großen Fortschritt
auf dem Gebiete der volkswirtschaftlichen Entwicklung zu tun haben,
daß sich die Lage der Arbeiterschaft ununterbrochen gebessert
hat und es dem System der Diktatur des Proletariats möglich
war, jeden Tag erhebliche Fortschritte auf dem Gebiete der Vergesellschaftung
der Produktion, also der sozialistischen Entwicklung, des sozialistischen
Aufbaues, zu machen. Diese Ziffern geben der gesamten Arbeiterklasse
der èechoslovakischen Republik
auf die Frage, die ich eingangs meiner Ausführungen gestellt
habe, eine ganz klare Antwort: Es kann keinem Zweifel unterliegen,
daß jeder Arbeiter in der Èechoslovakischen Republik,
nicht nur der kommunistische und der sozialistisch
organisierte, sondern jeder Arbeiter, dem diese Ziffern bekannt
werden und der sie studiert, sich klar sein wird, daß seit
dem zehnjährigen Bestande der Republik sich seine Lage unter
der bürgerlichen Diktatur mindestens in dem Verhältnis
verschlechtert hat, als sich die wirtschaftliche Lage des sowjetrussischen
Proletariats gebessert hat, nicht zu reden von der kulturellen
und politischen Entwicklung, die das sowjetrussische Proletariat
während der letzten zehn Jahre durchgemacht hat. Jeder Arbeiter,
ganz gleichgültig welcher Parteirichtung, muß, wenn
er diese Zahlen überprüft, sich sagen, daß er
vor 10 Jahren und während der 10 Jahre von seinen sozialistischen
Führern getäuscht worden ist, denn es ist doch eine
nicht zu bestreitende Wahrheit, daß es die sozialistischen
Führer waren und noch sind, die auch heute nicht von der
Ansicht abweichen, daß die Befreiung des Proletariats auf
dem Wege der bürgerlichen formalen Demokratie denkbar ist.
Diese Ziffern zeigen uns, daß nach der Niederlage der Interventionspolitik
aller kapitalistischen Staaten, die gegen Sowjetrußland
gerichtet war, nach der Niederwerfung der inneren Kräfte
der Konterrevolution trotz der unerhörten Opfer an Gut und
Blut, die die Millionen der russischen Arbeiter und Bauern gebracht
haben, diese Arbeiter und Bauern seit 1921/22 imstande gewesen
waren, Schritt für Schritt die sozialistische Wirtschaft
aufzubauen, umgeben von einer ganzen Welt von Feinden vorwärts
zu schreiten, obwohl ununterbrochen gegen Sowjetrußland
gerüstet wird. Das konnten die Arbeiter und Bauern deshalb,
weil sie wissen, daß im entscheidenden Augenblick das Proletariat
der kapitalistischen Staaten es verstehen wird, daß es Hand
in Hand zu gehen hat mit der sowjetrussischen Bauernschaft und
Arbeiterschaft, in dem Augenblick, in welchem wieder die berüchtigte
"Stunde der Gefahr" da sein wird, in dem Augenblick,
in welchem es den kapitalistischen Staaten oder einem kapitalistischen
Staatensystem einfallen wird, seine Hand gegen die sowjetrussische
Union zu erheben. Dieses Ziffernmaterial zeigt also, daß
nach dem zehnjährigen Bestand der Èechoslovakischen
Republik das Proletariat dieses Staates wirtschaftlich und politisch
zurückgeworfen ist, daß aber das Proletariat Sowjetrußlands
wirtschaftlich, politisch und kulturell trotz
des ununterbrochenen Kampfes gegen eine Welt von Feinden außerordentliche
Fortschritte gemacht hat und daß das èechoslovakische
Proletariat, wie das Proletariat jedes kapitalistischen Staates,
aus seiner Lage nur einen Ausweg hat, nämlich den, der gegeben
ist mit der Entwicklung des revolutionären Klassenkampfes,
daß also auch das èechoslovakische Proletariat unter
der Führung der kommunistischen Partei, verbündet mit
dem Proletariat aller kapitalistischen Staaten und vor allem mit
den Arbeitern und Bauern der Sowjetunion, im
Wege des Klassenkampfes früher oder später die politische
Macht gegen die Bourgeoisie wird erobern müssen; und erst
dann, wenn sie sie behaupten können mit Hilfe der aufzurichtenden
proletarischen Diktatur, erst dann können sie, wie das sowjetrussische
Proletariat, die Bedingungen schaffen für den sozialistischen
Aufbau der Volkswirtschaft und für die Befreiung nicht nur
des klassenbewußten Proletariats, sondern der ganzen Menschheit,
aus den Fesseln des Kapitalismus. (Potlesk poslancù
strany komunistické.)
Meine Damen und Herren! Der Herr Aussenminister
Dr Beneš hat sich in einer seiner letzten Reden im
Budgetausschusse über die wiederholten Äußerungen
einiger deutscher oppositioneller Abgeordneter beklagt,
die gesagt hatten, daß das Verhältnis der Èechoslovakei
zu Deutschland oder Österreich nicht gut sei. Herr Dr Beneš
ist nämlich der Meinung, daß durch solche
Äußerungen dem guten Verhältnis der Èechoslovakei
zu diesen Nachbarn ein schlechter Dienst erwiesen wird. Diese
Argumentation des Herrn Außenministers ist wohl sehr merkwürdig.
Kritiker und getreue Warner sind wohl nie beliebt, am wenigsten
in der Èechoslovakei. Aber niemand kann doch demjenigen,
der vor einer Katastrophe warnt und die Mittel
angibt, wie sie zu vermeiden wäre, eine Schuld beimessen,
wenn sie eintritt.
Wenn das Verhältnis der Èechoslovakei zu Deutschland
wirklich ein so gutes und freundschaftliches wäre, wie Minister
Beneš sagt,
dann ist schlechterdings nicht einzusehen, wie dieses Verhältnis
durch Ausführungen getrübt werden könnte, die nichts
anderes bezwecken, als dem Herrn Außenminister und den übrigen
Faktoren dieses Staates zu zeigen, wie dieses Verhältnis
noch freundschaftlicher gestaltet werden könnte. Aber leider
handelt es sich hier um einen frommen Wunschtraum des Herrn Ministers,
denn in Wirklichkeit liegen die Dinge ganz anders, und unsere
Aufgabe ist es, nach Möglichkeit dafür zu sorgen, daß
es für den Herrn Minister nicht ein unangenehmes Erwachen
aus diesem Traume gibt.