Pondìlí 22. øíjna 1928

Wir Deutschnationalen verwahren uns aber von vornherein gegen den ganz unberechtigten Vorwurf, als ob wir durch unsere etwas nüchterne Darstellung der ganzen Angelegenheit und durch Darlegung ihrer unangenehmen Seite dem Ziele, das wir doch hoffentlich genau so wie Minister Beneš anstreben, nämlich alle Steine aus dem Wege zu räumen, die auf dem Wege zu einem wirklich freundschaftlichen Verhältnisse zu Deutschland liegen, etwa schaden könnten. Das genaue Gegenteil ist natürlich der Fall. Wir stellen uns auf den Standpunkt, daß wir den guten Glauben oder den guten Willen des Herrn Außenministers nicht zu bezweifeln brauchen. Aber was nützt dieser gute Wille, wenn er in an deren Ressorts nicht vorhanden ist und wenn der Herr Minister nicht imstande ist, diese Ressorts zur Einsicht der außenpolitischen Notwendigkeiten zu bekehren. Minister Beneš hat ja selbst die Meinungsverschiedenheiten und Differenzen, die zwischen seiner Auffassung und jener anderer Ressorts liegen, offen genug angedeutet, indem er darauf hinwies, daß alle maßgebenden Faktoren dieser Republik sich endlich einmal werden definitiv einigen und die gesamtstaatliche Linie der Handelspolitik bestimmen müssen. Er hat sich darüber beklagt, daß diese Frage hierzulande nur gelegentlich gelöst wurde, und er hat weiter erklärt, daß die Entwicklung Europas in nächster Zeit die Èechoslovakei zur Lösung dieser Frage nötigen werde, weil die Èechoslovakei ihre Handelspolitik für die nächstfolgenden Jahre selbst rechtzeitig werde vorbereiten müssen. Und Beneš selbst hat eine sehr ernste Warnung ausgesprochen, der wir durchaus zustimmen können, daß nämlich, wenn die Schwierigkeiten in der Èechoslovakei nicht gelöst werden könnten, sie zu schweren innerpolitischen Krisen führen müßten. Wenn wir hinzufügen: "Auch zu außenpolitischen Krisen", so beziehen wir uns ebenfalls wieder auf den Herrn Außenminister selbst, der ganz richtig sagte: "Die Èechoslovakei hat starke wirtschaftliche Beziehungen zu Deutschland und daher auch auf dieser Seite große politische Interessen". Der rosenrote Optimismus hat nun Minister Beneš verführt, zwar einerseits zuzugeben, daß bei den Handelsvertragsverhandlungen mit Deutschland die Èechoslovakei große Schwierigkeiten in Industrie und Landwirtschaft habe, andererseits aber zu hoffen, daß die konkreten Verhandlungen bald beginnen können oder daß diese Verhandlungen auch nicht länger als mit manchen anderen Staaten dauern werden. Wir verraten wohl dem Herrn Minister Beneš nichts Neues, wenn wir ihn darauf aufmerksam machen, daß diese von allen Teilen der hiesigen Industrie als notwendig empfundenen Verhandlungen, die ja nach dem Herrn Beneš selbst einer wirtschaftlichen Notwendigkeit Zentraleuropas entsprechen, solange nicht beginnen werden, solange die Èechoslovakei die zwischen ihr und dem Deutschen Reiche anhängigen Angelegenheiten nicht bereinigt und dadurch nicht ihren guten Willen und ihre Verläßlichkeit als Vertragspartner bewiesen hat. So wie bisher geht es nicht. Da ist vor allem die Frage der Markprioritäten. Hier handelt es sich auch bei einer Einlösung 1 Goldmark 1 Kè, was gewiß keine ideale, aber immerhin eine mögliche Lösung wäre, um einen Betrag von wenigen Millionen, die alljährlich zur Verzinsung und Amortisation ins Budget eingestellt werden müßten. Aber der Herr Finanzminister Dr Engliš erklärte auf eine Anfrage meines Fraktionskollegen Dr Keibl, in dieser Frage könne die Èechoslovakei nicht entgegenkommen, denn es handle sich um eine Frage des Prinzips. Der Herr Finanzminister ist uns freilich die Erklärung schuldig geblieben, um welches Prinzip es sich da handelt. Handelt es sich um das Prinzip, daß ein bestehendes Gesetz nicht geändert werden dürfe? Aber ein solches Prinzip besteht doch wahrhaftig in der Èechoslovakei nicht, denn es sind doch sicher genug bestehende Gesetze novelliert worden und noch mehr werden in Zukunft novelliert werden müssen. Oder handelt es sich um das angeblich in der Èechoslovakei gültige Prinzip, daß nichts aufgewertet werden darf? Andere Kategorien von Papieren sind doch auch aufgewertet worden!

Es kann sich also nur um das schöne Prinzip handeln, daß in der Èechoslovakei grundsätzlich nichts bezahlt wird, wozu sie nicht absolut gezwungen ist, auch wenn die rechtliche Forderung noch so sehr feststeht. Ist das vielleicht ein Prinzip der westlichen Finanzkultur, von dem der Herr Finanzminister so schwärmt? Wir empfehlen dem Herrn Außenminister dringend, einmal mit dem Herrn Finanzminister die Frage dieses Prinzips zu klären, damit die Markprioritätenangelegenheit wirklich einmal anständig revidiert werden kann. Er wird sich wundern, wie rasch dann die Handelsvertragsverhandlungen mit dem Deutschen Reiche vorwärtsgehen. Vielleicht übergibt auch der Herr Außenminister dem Herrn Finanzminister die Nummer der "Prager Presse" vom 18. Oktober d. J., in der ein Artikel "Schuldenzahler" enthalten ist. In diesem Artikel wird der sehr vernünftige Standpunkt vertreten, daß eine intransigente Haltung in der Frage der Schuldenzahlung nachteilige Folgen für den betreffenden Staat haben kann und daß in der Frage der Goldrenten allein das Festhalten an dem Buchstaben des Friedensvertrages mehr kosten könne, als an Ablösung für die Papierschulden verlangt werde.

Das Blatt sagt wörtlich:

"Aber auch sonst haben die ausländischen Gläubiger noch sehr starke Zwangsmittel in der Hand, um ihre Macht fühlen zu lassen. Man kann nach zehn Jahren nicht einige Milliarden in Gold eingezahlte Titres im Auslande schwimmen lassen, ohne daß sich das einmal in kreditpolitischer Richtung auswirkt...... Die Frage dieser Renten würde eine offene Wunde am europäischen Rentenmarkt bleiben...... Dabei dürfte es den betreffenden Staaten nicht entgangen sein, daß sie mit ihren Kreditansprüchen angesichts der amerikanischen Kreditsperre auf die europäischen Märkte angewiesen sein werden."

Soviel Worte, soviel Wahrheiten! Freilich handelt es sich in diesem Artikel nicht um Schulden, die die Èechoslovakei zu zahlen hat, sondern um Schulden, von denen das Blatt hofft, daß sie der Èechoslovakei bezahlt werden sollen.

Vielleicht fragt der Herr Außenminister, ob dies der Standpunkt des Prinzipes ist, den der Herr Finanzminister in der Aufwertungsfrage einzunehmen gedenkt. Es ist aber wirklich heiter, daß die Èechoslovakei in ihrem offiziösesten Blatt die Zahlung von anderen verlangt! Natürlich wird übrigens bei dieser Gelegenheit von einem "kleinen Streit um die Markprioritäten" gesprochen.

Ja, es ist ein kleiner Streit, weil die Èechoslovakei nicht viel bezahlen braucht, wenn sie das, was sie von anderen verlangt, selbst tun wollte. Aber es ist ein großer Streit, weil es sich eben um ein Prinzip handelt, allerdings um das Prinzip, daß man Gläubiger nicht um ihr Geld bringen darf. Wir möchten übrigens wissen, wo die Èechoslovakei in der Frage der Markprioritäten 15% in Gold geboten hat und wo sie den Gläubigern mehr bringt, als die Èechoslovakei zu geben braucht. Diese Behauptung der "Prager Presse" bezüglich der Prager Markprioritäten ist nämlich vollständig unrichtig.

Nehmen wir aber auch die Frage des Gesetzes zum Schutze des heimischen Arbeitsmarktes. Auch hier täuscht sich der Herr Minister sehr, wenn er meint, dieses Gesetz sei kein Hindernis, weil man sich auf administrativem Wege über die Durchführung geeinigt habe.

Es ist wirklich sehr schade, daß der Herr Außenminister uns nicht gesagt hat, wer dieses "man" ist und wie diese "Einigung" ausschaut.

Mit Deutschland gibt es nämlich eine solche Einigung nicht und hier liegt der Hauptsitz der Gefahr für die èechoslovakische Wirtschaft.

Es ist ganz selbstverständlich, daß Deutschland es sich nicht gefallen lassen kann, daß 35.000 seiner Angehörigen infolge der wirklich sehr sonderbaren Bestimmungen der Durchführungsverordnung zum Arbeitsmarktschutzgesetz mit ihrer Existenz in der Luft hängen oder von der Gnade eines beliebigen kleinen Bezirkshauptmannes abhängen Dieser Zustand dauert aber trotz der gegenteiligen Versicherungen und Versprechungen an, so unhaltbar er auch ist.

Unhaltbar ist es natürlich auch, daß während der Handelsvertragsverhandlungen, beziehungsweise während sie ruhen, einfach auf dem Wege einer Zollverhandlung, der Gewichtszoll auch auf die Emballage ausgedehnt wird, eine plötzliche faktische Zollerhöhung im großen Maßstab eintritt, sodaß alle inzwischen getroffenen Vereinbarungen illusorisch werden und sich für die Èechoslovakei einseitig ein um vieles höherer Ausgangspunkt bei den einzelnen Zollpositionen ergibt.

Auch ein solches Vorgehen entspricht weder der Billigkeit noch irgend einer Wirtschaftskultur und kann den guten Glauben an die Èechoslovakei als Vertragspartner, welcher gute Glaube doch die Voraussetzung jedes Handelsvertrages ist, nicht erhöhen. Glaubt der Herr Außenminister, daß sich das Deutsche Reich ein solches Spiel wird lange gefallen lassen? Dr Beneš hat gesagt, in den verflossenen zehn Jahren habe es keinen Konflikt mit Deutschland gegeben. Das ist formal richtig, aber nur deshalb, weil das Deutsche Reich bisher gefesselt am Boden lag und sich nicht wehren konnte.

Doch kann der Herr Außenminister versichert sein, daß das Deutsche Reich die Haltung der Èechoslovakei in der oberschlesischen Frage, wo Dr Hodaè entgegen dem klaren Willen der Bevölkerungsmehrheit für die Abtretung eines großen Teiles deutschen Landes entscheidend mitwirkte, nicht vergessen wird. Ebenso kann das Deutsche Reich nicht vergessen, daß zur Zeit der Ruhrbesetzung die Èechoslovakei mehr oder weniger verhüllt mit dem Gedanken einer Anteilnahme an den famosen Sanktionen gegen das Deutsche Reich spielte.

Doch die Verhältnisse haben sich geändert, wovon sich der Herr Außenminister ja durch persönlichen Augenschein in Berlin überzeugen konnte und das Deutsche Reich steht heute wieder als Großmacht da, mit der man nicht mehr umspringen kann, wie man will.

Der Herr Außenminister möge raschest alles vorkehren um diese Dinge tatsächlich und auch gefühlsmäßig zu ändern, denn sonst wird er eines Tages an Stelle des von ihm behaupteten freundschaftlichen Verhältnisses ein gespanntes Verhältnis zum Deutschen Reich vorfinden.

Wir sind sicherlich die Letzten, die an einer solchen Änderung ein Interesse hätten, denn sie würde zwar der gesamten èechoslovakischen Wirtschaft, aber vor allem der sudetendeutschen schwere Wunden schlagen.

Hier ist auch der Punkt, wo wir das Verhalten der deutschen Regierungsparteien als ganz unbegreiflich feststellen müssen. Ihnen sind genau so wie unserer Partei z. B. die gerechten Ansprüche der Markprioritäten mitgeteilt worden. Von unserer Seite ist hier im Hause in ernster Weise auf die Bedeutung dieser Frage für die Èechoslovakei und für das Deutsche Reich hingewiesen worden. Den Herren von den deutschen Regierungsparteien ist es aber weder in diesem Falle noch im Falle des Arbeitsmarktschutzgesetzes eingefallen, auch nur das Geringste zu tun, obzwar sie die Annahme dieser Gesetze hätten verhindern können, und obzwar sie auch wußten, welche verderblichen Folgen diese Gesetze für das Verhältnis zum Deutschen Reich haben müssen. Es gab wirklich in der Wilhelmstraße Leute, welche meinten, die deutschen Regierungsparteien würden durch ihre sogenannte "Anteilnahme an der Macht" die Èechoslovakei sozusagen neutralisieren. Die deutschen Regierungsparteien haben in dieser Richtung auch dort schwer enttäuscht, denn heute sieht man klar, daß sie gar nichts vermögen, ja, daß sie sogar an Gesetzen mitwirken, die eine offene Feindseligkeit gegen das Deutsche Reich bedeuten.

Wenn nun das Deutsche Reich zu Retorsionsmaßnahmen schreitet, wenn auf die Registrierung der èechoslovakischen Staatsangehörigen im Deutschen Reiche noch schärfere Maßnahmen folgen sollten, wenn davon in erster Linie Sudetendeutsche betroffen werden, wenn insbesondere die sudetendeutsche Industrie unter der Nichtaufnahme der Handelsvertragsverhandlungen mit dem Deutschen Reiche schwer leidet, so mögen sich alle Geschädigten bei den deutschen Regierungsparteien dafür bedanken, deren geringe politische Einsicht, deren Ohnmacht und Untätigkeit zum Himmel schreit.

Und diese Herren haben heute noch den Mut, sich als Aktivisten zu bezeichnen. Aktivismus ist doch das Gegenteil von dem, was sie tun.

Und noch ein kurzes Wort zum Schlusse: Der Herr Koll. Oehlinger von der deutschen christlichsozialen Volkspartei war es, der den Ausspruch des Herrn Außenministers zitierte, der "Anschluß" bedeute den Krieg, und der hinzufügte, eine solche Politik könnten die deutschen Regierungsparteien nicht mitmachen.

Sie machen sie aber mit, denn sonst könnten sie ja nicht für das Budget des Außenministeriums stimmen. Der Herr Außenminister hat es nicht gewagt, die Tatsache zu dementieren, daß er diesen Ausspruch getan hat. Darauf, daß er ihn französisch und nicht deutsch machte, "¾anschluß, c´est la guerre", wird er sich doch nicht ausreden wollen.

Glaubt Herr Dr Beneš, daß das der Weg ist, um ein freundschaftliches Verhältnis zum Deutschen Reiche herzustellen? Bedeutet eine solche Phrase nicht an sich schon einen Konflikt?

Es ist ein sehr einfaches Mittel, zu erklären, man dürfe über die österreichische Anschlußfrage nicht reden, dann würde man sich auch nicht gegen den Anschluß aussprechen müssen, geradeso wie es sehr einfach ist, den bedrückten Minderheiten den Rat zu geben, ihre Angelegenheiten als innerpolitische zu Hause auszutragen, und sie auf den aussichtslosen politischen Kampf im Innern des betreffenden Staates zu verweisen. Diesen Rat hätte jemand dem Herrn Dr Beneš oder dem Herrn Dr Masaryk im alten Österreich geben sollen! Wir sind natürlich überzeugt, daß sie darauf sofort in ihre Heimat zurückgeeilt wären.

Aber die Bedrückung, unter der die Sudetendeutschen hier leiden, ist zehnmal ärger, als was den Èechen im alten Österreich widerfahren ist, wenn dort überhaupt von einer Bedrückung nichtdeutscher Nationalitäten die Rede sein konnte.

Auf einmal sollen die unterdrückten Völker schweigen, noch dazu in Fragen, die wie zum Beisp. der Anschluß Österreichs an Deutschland ausdrücklich der Lösung durch den Völkerbundsrat vorbehalten sind, welche Lösung natürlich nur durch eine entsprechende Agitation herbeigeführt werden kann. Wir können nichts anderes tun, als den Herrn Außenminister warnen, auf dem Wege fortzuschreiten, den er bisher gegangen ist.

Weil wir diesen Weg nicht gutheißen können, wird die Deutsche Nationalpartei gegen das Budget des Außenministeriums stimmen. (Souhlas a potlesk poslancù nìm. strany národní.)

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