Úterý 23. øíjna 1928

Wir können jedenfalls verlangen, daß man doch zuerst die Sache überlegt und nicht, wie beim Gemeindefinanzgesetz, etwas theoretisch sehr schön ausarbeitet, was sich dann in der Praxis unmöglich bewähren kann. Es muß auch hier eine Katastrophe eintreten, wie es am Poøiè beim Zusammenbruch dieses überhastet errichteten Eisenbetongebäudes geschehen ist. Auch bei überhastet durchgeführten Gesetzen muß eine Katastrophe entstehen, besonders wenn diese Gesetze sich auf die Verwaltung beziehen, die in das gesamte Leben der Bevölkerung eingreift. Deshalb muß man sich das wohl überlegen, wenn man Änderungen in der Verwaltung vornimmt, bevor die Änderung durchgeführt wird, denn die Auswirkungen schlechter Gesetze müssen verheerend sein. Wir haben das vorausgesagt für das Finanzgesetz der Selbstverwaltungskörper. All das, was wir vor Jahresfrist hier im Hause und im Ausschusse vorausgesagt haben, trifft jetzt zu. Wir haben gesagt, nicht 10 bis 15 Jahre wird es dauern, schon in einem Jahr werden die Selbstverwaltungskörper zusammenbrechen und es wird sich zeigen, daß dieses theoretische Gesetz sieh unmöglich durchführen läßt. Aber die Herren Theoretiker haben sich nicht überzeugen lassen und die Herren Regierungsnachläufer haben es gehorsamst nachgebetet, haben unseren Worten nicht Glauben geschenkt. Heute muß auch Herr Engliš den Bankerott des Gesetzes erklären, muß sagen, so geht es nicht weiter, das Gesetz muß novelliert werden.

Und so wie dieses Gesetz sich jetzt als unhaltbar erwiesen hat, so prophezeihen wir, daß auch die Verwaltungsreform sich als unhaltbar erweisen muß, denn beide Gesetze hängen innig zusammen und die Änderung des einen Gesetzes bedingt auch die Änderung des anderen Gesetzes. Herr Dr Engliš hat jetzt einesteils angekündigt, daß eine Änderung des Gesetzes notwendig geworden ist, andernteils erklärt, er werde dazu eine Enquete von Fachleuten und Vertretern der Selbstverwaltung einberufen. Auch das haben wir vergeblich vor Jahresfrist verlangt, jetzt muß es geschehen. Auch Herr Engliš scheint sich dazu bekehrt zu haben, er hat jedenfalls gesehen, daß es nicht zweckmäßig ist, sich bloß auf die Bürokratie und deren Ratschläge zu verlassen. Es wäre besser, wenn man diese Enquete abwarten und dann erst mit der Verwaltungsreform vorgehen würde. Denn dann würde man sich selbst eine Blamage ersparen und der Bevölkerung den Schaden, der unweigerlich aus der Durchführung dieses Gesetzes entstehen muß. Es müßte eine unparteiische Fachkommission eingesetzt werden, die sich damit beschäftigt, zu überprüfen, was für Auswirkungen die Verwaltungsreform haben wird und dann erst könnte man daran schreiten, eine wirklich entsprechende Änderung der jetzt bestehenden Normen vorzunehmen. Sonst wird ein lebensunfähiges Kind zur Welt gebracht werden, das genau so wie das Finanzgesetz absolut unfähig ist, (Výkøiky posl. dr Schollicha.) die gegenwärtigen Verhältnisse in der Verwaltung in Ordnung zu bringen. Allgemein bekannt ist, daß dieses Verwaltungsgesetz dem Willen der Mehrheit der Bevölkerung widerspricht. Das ist in allen Kundgebungen von Selbstverwaltungsverbänden und allen möglichen Körperschaften zum Ausdruck gekommen. Es entspricht bloß den Wünschen der hohen Bürokratie, die das verwirklicht sieht, was sie sich selbst erträumt oder vielleicht nicht einmal in den kühnsten Träumen erhofft hat. Würde man jetzt einmal den Einfluß der an diesem Gesetz mittelbar oder unmittelbar interessierten Personen ausschalten, würde man eine Enquete einberufen und sagen, daß diese Leute dabei nichts mitzureden haben, dann könnte eine Reform geschaffen werden, die Aussieht auf dauernden Bestand hätte. So aber ist es selbstverständlich, daß diese Leute, die ein dichtes Netz um die Koalitionshäuptlinge gelegt haben, dem diese Herrschaften nicht entrinnen können, daß diese Bürokratie jetzt alle Hebel in Bewegung setzen wird, um das Gesetz, so wie es ist, in die Tat umzusetzen, ungeachtet aller Warnungen und aller fachmännischen, theoretischen und praktischen Gutachten, die sich dagegen aussprechen. Später wird es ganz unmöglich sein, diesem Netz zu entrinnen, sobald diese hohe Bürokratie die Macht auch in den Ländern und Bezirken vollständig an sich gerissen haben wird. (Posl. dr Uhlíø: Pane pøedsedo, sežeòte nìkoho z vládních stran, podívejte se, vždy zde nikdo z nich není!) Das wollen die Herrschenden nicht hören, die Regierungsbänke sind selbstverständlich leer, weil die Herren scheinbar nichts zu erwidern wissen, wenn man mit rein sachlichen und fachlichen Argumenten kommt, dann haben sie verstopfte Ohren und sind einfach nicht zu sehen. Ich würde sehr wünschen, daß sie auf das, was man sachlich sagt, sachlich erwidern, aber sie tun das nicht, im Gegenteil, sie behaupten, wir werfen mit Phrasen herum. Wir haben noch niemals bewiesen, wie Herr Koll. Luschka sagt, daß sich das Gesetz in Wahrheit schädlich auswirken muß. Er gehört ja selbst der Beamtenkaste an und es ist nicht zu verwundern, wenn er keinen Sinn und kein Verständnis für unsere Forderungen und Wünsche hat, die Selbstverwaltung aufrecht zu erhalten. Aber auch das Parlament als solches hat ein Interesse daran, daß es nicht vollständig an die Bürokratie ausgeliefert wird, denn sonst wird es die Rolle eines Kasperls spielen: es muß so agieren, wie hinter den Kulissen die Drahtzieher die Figuren bewegen. Es wäre noch Zeit, wenn heute der Wille auf der Gegenseite vorhanden wäre, entsprechende Änderungen vorzunehmen. Sachlich läßt es sich nicht begründen, daß justament am 1. Dezember dieses Gesetz, so wie es ist, in Kraft treten muß. Zumindest wäre Voraussetzung eine genaue Abgrenzung des Wirkungskreises von Gemeinde, Bezirk, Land und Staat, die jetzt in diesem Gesetz nirgends vorgenommen ist. Der Herr Minister Engliš hat richtig gesagt, daß zunächst einmal die Aufgaben jedes einzelnen Gebietskörpers festgestellt werden müßten, dann müßte man auf Grund dessen feststellen, wie viele Ausgaben daraus erwachsen und darnach müßten sich die Einnahmen der Gemeinden, der Bezirke, der Länder und schließlich des Staates richten, also eine Teilung der Steuern unter diese Körperschaften. Er will nun zur endgültigen Konstruktion der Finanzen der Selbstverwaltung kommen, aber er kann das nicht machen, solange diese Kompetenzabgrenzung nicht vorgenommen wurde. Im § 75 des Verwaltungsgesetzes ist allgemein nur gesagt: "In den Wirkungskreis der Bezirksvertretungen gehören alle inneren Angelegenheiten, die den gemeinsamen Vorteil des Bezirkes und seiner Bewohner betreffen, oder über das Interesse der einzelnen Gemeinden hinaus reichen oder mit deren Kräften nicht besorgt werden können, soferne diese Angelegenheiten nicht von der Landesverwaltung in ihre Tätigkeit einbezogen wurden." Das ist die Definition dessen, was den neuen Bezirken als Aufgabenkreis zugewiesen wurde, etwas, woraus kein Mensch klar werden kann. Wenn wir nun den § 30 gegenüberhalten, wo von den Ländern die Rede ist, heißt es: "Die Landesvertretung ist berufen, für die Verwaltungs- und wirtschaftlichen Angelegenheiten des Landes und seiner Bevölkerung zu sorgen." Punktum, basta, Streusand! Dann kommt nur die demonstrative Aufzählung einiger Zweige wirtschaftlicher und verwaltender Tätigkeit, aber keine scharfe Abgrenzung der Kompetenz. Eine Fülle von Kompetenzkonflikten muß selbstverständlich die Folge sein. Nun haben wir bekanntlich noch immer kein Gesetz über die Verwaltungsgerichtsbarkeit in den unteren Instanzen, obwohl es schon ganz klar ist, daß die Überlastung des Obersten Verwaltungsgerichtes immer mehr zunimmt und daß es unmöglich sein wird, noch dazukommende neue Fälle, die sich aus diesen Kompetenzkonflikten ergeben werden, zu behandeln. Aber das ist der jetzigen Koalition gleichgültig. Auch die Vereinheitlichung der Gesetze und Verordnungen Mährens und Schlesiens erscheint nach den Worten des Herrn Koll. Luschka vom 28. Juni ganz überflüssig. Er glaubt, daß trotz der Schwierigkeiten, die sich bei zweierlei Recht in ein und demselben Bezirke zumindest für die Bezirksvertretungen ergeben müssen, die Sache doch gehen wird und muß. Nun kommt dazu das Finanzgesetz mit den Schwierigkeiten, die sich daraus ergeben. Man weiß genau, daß den einzelnen Bezirken die Mittel fehlen werden, ihr Dasein zu fristen, daß sie sich nicht um wirtschaftliche, humanitäre, soziale, kulturelle und Verkehrsaufgaben werden kümmern können, weil sie einfach kein Geld haben. Das ist feststehend, das hat der Herr Finanzminister Dr. Engliš auch zugeben müssen. Nun sollte man denken: "Primum vivere, deinde reformare", zuerst die Voraussetzungen für die Existenz dieser neuen Körperschaften schaffen, dann erst deren Organisation verbessern. Das wäre der natürliche und richtige Weg. Der Mehrheit ist das natürlich gleichgültig und nun muß sie aber auch die Verantwortung für das heillose Wirrwarr tragen, das aus diesem Gesetz entspringen wird, aber auch die Verantwortung für das Aufblähen der Beamtenkaste und der Bürokratie zur allein ausschlaggebenden Macht in diesem Staate. Es ist ja bekannt, daß es sich im Trüben am leichtesten - fischen läßt und daß die hohen Beamten in diesem Staate dieses Durcheinander benützen werden, um ihre Plenipotenz auf festem Boden zu begründen, damit man sie nicht wieder herauswerfen kann. Dann wird es nichts mehr nützen, wenn die Herrschaften mit dem Zauberlehrling jammern werden: "Die ich rief, die Geister, werd´ ich nun nicht los!" Es ist selbstverständlich, daß sie selbst einmal diese Geißel zu spüren bekommen werden, die sie sich selber gebunden haben. Besser als diese Justamentspolitik, besser als dieses Diktat, das gegen den Willen der Mehrheit der Bevölkerung vorgenommen wird, wenn die Verwaltungsreform am 1. Dezember in Kraft tritt, wäre, über diese Sache noch zu verhandeln, wäre, Erwägungen anzustellen über alles Für und Wider und schließlich das zu Tode gerittene Wort Masaryks "Demokratie ist Diskussion" auch zur Geltung zu bringen. Aber Feigheit und Faulheit scheint auf Seite der Herren der Koalition zu herrschen, wenn sie mit offenen Augen in ihr Verderben rennen und die Bewohnerschaft dieses Staates einfach in diese schreckliche Lage hineintreiben, wenn sie vor der Novellierung der Verwaltungsreform zurückschrecken, bevor sie noch das Licht der Welt erblickt hat und in Kraft treten kann. Namentlich die deutschen Parteien tragen eine ungeheuere Verantwortung und werden den Fluch, den sie auf sich laden, nie los werden. Herr Dr Luschka hat am 28. Juni in seiner großen staatsmännischen Rede unter anderem wörtlich erklärt: "Ich habe mit den Kollegen meiner Partei gar keine Bedenken gehabt, daß wir vom allgemein nationalen deutschen Standpunkte aus mit der Organisation der politischen Verwaltung irgendein Präjudiz welcher Art immer schaffen." Ja, er sagte sogar, daß dieses Gesetz den nationalen Gedanken stärke und nicht schwäche. Er konnte sich jedoch, als er durch Zwischenrufe gefragt wurde, worin seine Ansicht begründet sei, nur auf Versprechungen berufen, die angeblich zur Ermöglichung der nationalen Autonomie auf dem Gebiete des Schulwesens den Herren gemacht worden sind. Wir kennen schon den Wert solcher vager Versprechungen zur Genüge, wir wissen aber auch auf der anderen Seite die Auswirkungen eines Gesetzes richtig abzuschätzen, und das haben wir bei der Behandlung des Finanzgesetzes zur Genüge bewiesen. Es ist jetzt ganz klar, daß das Finanzgesetz für die Selbstverwaltung, wie wir vorausgesagt haben, nicht taugt und jene Änderungen erfolgen müssen, die wir schon vor einem Jahr beantragt haben. Deshalb haben wir ein besonderes Anrecht darauf, auch zu warnen vor einer übel angebrachten Vertrauensseligkeit z. B. hinsichtlich der Versprechungen auf eine Schulautonomie usw. usw.

Herr Dr Luschka hat der Ansicht Ausdruck gegeben, daß es mit dem Bürokratismus nicht gar so arg sei, wie er wörtlich sagte. Er hat uns vorgeworfen, daß wir nur Schreckgespenster an die Wand malen. Der große Einfluß des Amtes in der neuen Verwaltung werde genügend durch die Anteilnahme der Bevölkerung in den Ausschüssen paralysiert sein, wie er sich ausdrückte, obwohl doch das Schwergewicht nicht in der Körperschaft, sondern in den Ämtern liegt, wie jeder, der im Gesetz zu lesen versteht, genau weiß. Die Ämter sind mit einer derartigen Machtfülle ausgestattet, daß daneben nur bedeutungslose Beiräte bestehen können. Darüber täuscht keine Dialektik Luschkas hinweg, auch nicht das Trostwort, daß die Macht der Bürokratie ja überhaupt nur bedingt ist durch die Unmöglichkeit, bezw. den Nichtwillen anderer, die Agenden der Verwaltung zu führen. Es ist ganz richtig: Die Macht der Bürokratie ist bedingt durch die im Gesetze verankerte Unmöglichkeit für andere, die Agenden der Verwaltung zu führen; selbst beim besten Willen könnten die gewählten Vertreter nicht in die Lage kommen, die Verwaltung zu führen, die Zügel in die Hand zu nehmen, weil das Gesetz ihnen eben einen Hemmschuh vorlegt. Herr Dr Luschka selbst ist ein junger politischer Beamter, wie ihn einmal sein oberster Chef Èerný unvorsichtig genannt hat, als er ihm eine schlesische Abordnung vorführte. Es ist deshalb nicht zu verwundern, wenn er, wie ich schon sagte, eine andere Einstellung gegenüber den die Macht des Beamtentums stärkenden Gesetzen hat, als wir. Er verhehlte absichtlich, daß die Vertreter der Bevölkerung, selbst bei größter Energie und größter Sachkenntnis, den Verwaltungsapparat nicht in ihre Hände bringen können, selbst beim besten Willen nicht, weil sie eben durch das Gesetz zur Ohnmacht verurteilt sind. Nur die gottgewollte Obrigkeit hat nach dem neuen Gesetz etwas zu reden, die misera plebs muß froh sein, daß sie kein Schloß vor den Mund bekommt, muß froh sein, daß sie den Mund noch auftun darf. Herr Dr Luschka arbeitet dem Innenminister Èerný in die Hände, wenn er derartige Aussprüche von sich gibt. Er ermannt auch die Bevölkerung in der Provinz draußen ständig, die Auswirkungen des Gesetzes, an dem er doch ausschlaggebend mitgearbeitet hat, abzuwarten. Als politischer Beamter mag er sich auf diese Weise große Verdienste erworben haben, als deutscher Volksvertreter möge er sich aber das deutsche Sprichwort vor Augen halten: "Der Hehler ist schlechter als der Stehler". Nicht genug, daß er als Parteiführer und Mitglied des parlamentari sehen Achterausschusses nicht den Mut aufbringt, dort zu sagen: "Entweder eine vernünftige durchgreifende Änderung der Verwaltungsreform oder keine Stimme für den Staatsvoranschlag!" verhehlt und verdeckt er die schwere Gefahr, die sich aus diesem Gesetz für die gesamte Bevölkerung ergibt; er verhindert dadurch das Aufflammen der Empörung über die beabsichtigte Verstaatlichung der gesamten Selbstverwaltung, zumindest in seiner Partei. Als Schlesier behauptete er kühnlich, Schlesien bestehe seit dem Jahre 1920 überhaupt nicht mehr, obwohl doch jedes Kind weiß, daß Schlesien noch faktisch existiert. Erst durch Wiederherstellung eines Teiles der Begriffe des Landes - er meint damit Adler und Wappen, die er gerettet hat - sei wieder eine Aufstiegsmöglichkeit und Aufbaumöglichkeit gegeben, um die Selbständigkeit des Verwaltungsgebietes Schlesien wieder herzustellen. Ich zweifle nicht daran, daß Dr Luschka für Schlesien die Selbständigkeit gewollt hat, ich zweifle aber daran, daß er tatsächlich alles getan hat, was sich tun ließ, um Schlesien zu retten. Er ist nicht bis zur letzten Folgerung gegangen, im Gegenteil, er hat es hingenommen als eine unabänderliche Schicksalsfügung, daß dieses sein Heimatland verschwinden soll. Im Voranschlag für 1929, den wir behandeln, kommt Schlesien für sich überhaupt nicht mehr vor, nicht einmal mehr die getrennte Gebarung: Einnahmen und Ausgaben der beiden Länder Mähren und Schlesien sind vermischt und verwischt. Wie soll da eine neue Aufbaumöglichkeit gegeben sein, von der Herr Dr Luschka in seiner damaligen Rede gesprochen hat?

Herr Finanzminister Dr Engliš hat auf eine meiner Anfragen im Budgetausschuß hinsichtlich der Finanzlandesdirektion Troppau erklärt, daß als selbstverständliche Konsequenz der Verwaltungsreform die Finanzlandesdirektion von Troppau verschwinden muß. Herr Dr Luschka ist daraufhin in Troppau herumgegangen und hat gesagt, diese Auskunft des Finanzministers beruhe auf einem Irrtum, in der Koalition sei beschlossen worden, daß sie weiter bestehen bleiben wird. Dr Luschka muß das wissen, da er den Finanzminister ins Unrecht setzt! Wir wissen aber, daß nur eine Finanzbezirksdirektion nach Troppau kommen soll. Dr Luschka hat auch, um die Bevölkerung einzuschläfern, immer wieder davon erzählt, daß Schlesien und Troppau als Ersatz für die beseitigten Landesämter eine Forstdirektion und eine Eisenbahndirektion bekommen sollen, daß ein Bistum errichtet werden soll usw. Lauter Wunschgebilde ohne irgendeinen realen Hintergrund. Auch die Entschädigungen, die der Finanzminister im Budgetausschusse in Aussicht gestellt hat, nämlich die Finanzbezirksdirektion, ist kein vollwertiger Ersatz für das, was Schlesien genommen wird. Die Finanzbezirksdirektion ist eben keine zweite Instanz. Auf meine Anfrage, was mit der Zolldirektion geschehen wird, habe ich überhaupt keine Antwort erhalten. Sie ist schon aufgelöst, sie ist schon in Brünn, obwohl es in Schlesien 34 Grenzzollämter gibt, während in Mähren nur 17 bestehen. Ja, es ist eine Zentralisationswut ausgebrochen, aber diese Wut hat noch nie gute Früchte gezeitigt und das wird auch in diesem Fall so sein. Das gilt auch von der beabsichtigten Verschmelzung der Landesbanken. Wir haben in Schlesien die bodenständige Landeskreditanstalt, die nun beseitigt werden soll. Man hat uns versprochen, daß dafür eine Filiale der Hauptanstalt hinkommen werde, wir fürchten aber, daß nur eine Expositur hinkommt, die nur als Zahl- und Manipulationsstelle gelten soll. Damit ist uns nicht gedient. Auch dagegen müssen wir Beschwerde führen, daß uns Schlesiern nicht einmal der Entwurf des neuen Gesetzes gegeben wurde, trotzdem es im Motivenberichte heißt, daß er allen maßgebenden Stellen übermittelt werden wird. Weder die Landesverwaltungskommission von Schlesien, noch die Bodenkreditanstalt haben diesen Entwurf bekommen. (Posl. dr Schollich: Ihr seid ja nicht maßgebend!) Scheinbar ist Schlesien nicht maßgebend, man rechnet nicht mehr damit, daß es ein Schlesien gibt. Andererseits streut man wieder der Bevölkerung Sand in die Augen, versichert ihr, daß der neue Landeskulturrat die schlesischen Wünsche berücksichtigen werde, wahrt aber nicht einmal die primitivsten Rechte der Beamten der beiden Gesellschaften, die jetzt die Geschäfte des Landeskulturrates von Schlesien führen, berücksichtigt in dem Gesetzentwurfe über den mährisch-schlesischen Landeskulturrat nicht die bescheidensten Mindestforderungen der schlesischen Landwirtschaft, indem nicht einmal eine selbständige Zweigstelle für Troppau und Schlesien garantiert wird und auch die Abgänge der beiden Gesellschaften nicht gedeckt erscheinen. Nichts ist in dem Entwurf enthalten, was uns befriedigen kann. Wenn jetzt schon so rücksichtslos vorgegangen wird, was hat Schlesien erst für die Zukunft zu erwarten? Nach § 9, Abs. 4 der Verwaltungsreform ist die Regierung jederzeit in der Lage, alles, was sie nach Troppau gibt oder dort beläßt, wieder wegzunehmen. Dasselbe gilt auch von dem eigenen Statut für die Stadt Troppau. Es ist also ein Geflunker, wenn immer wieder vom Herrn Dr Luschka und seinen Anhängern erklärt wird, Troppau erleide keinen Schaden, es sei das eine unnütze Aufregung, ein bloßes Wahlmanöver von uns, wenn wir immer wieder auf diese Schäden hinweisen. Herr Dr Luschka wünscht, daß einmal gerecht über seine Verdienste um Schlesien geurteilt werden möge. Ich wünsche das auch. Ich bin ganz überzeugt, daß dieses Urteil vernichtend sein wird. Nur eines kann man ihm als mildernden Umstand zugute halten: Seine in die Augen springende unverschuldete einseitige Einstellung zu diesen Problemem, da er aus seiner politischen Beamtenhaut nicht heraus kann. Ihm ist die Beamtenherrschaft von Haus aus das Ideal. Autonomie ist für ihn ein Schlagwort, der Geist der Selbstverwaltung ist ihm nicht aufgegangen. Er hat sich auf den preußischen Landrat berufen, worauf ich seinerzeit schon im Ausschuß dem Herrn Sektionschef Bobek erwidert hatte: 1. Ist Deutschland ein wirklicher Nationalstaat, was man von diesem Staate gewiß nicht behaupten kann. 2. Ist der Landrat vom Staatsministerium nach Anhörung des Kreisausschusses zu ernennen, was bei uns nicht der Fall ist. 3. Kreisausschuß und Kreisrat bestehen nur aus gewählten Vertretern, nicht aus ernannten. 4. Der Kreisausschuß verwaltet das Vermögen selbst, ernennt die Angestellten und beaufsichtigt sie. Schließlich habe ich damals schon gesagt, daß die Landräte wegen ihrer Doppelstellung die am meisten bekämpfte Institution sind und daß sie bei der kommenden Verwaltungsreform in Preußen sicher fallen werden, wenigstens in dieser Form, wie sie jetzt bestehen. Der Hinweis auf den Landrat in Preußen war also kein glücklicher Griff. Ich möchte Herrn Dr Luschka, wenn er sich schon auf Preußen beruft, an das Wort des Freiherrn von Stein erinnern: "Es ist nicht ziemlich, daß ein Bezirk, eine Stadt von einem Schreiberknecht abhänge, der nicht einmal weiß, wo sie liege". So weit wird es kommen, wenn diese Verwaltungsreform bei uns durchgeführt wird. Nicht bürokratische Allregierung, sondern freie Selbstverwaltung, nicht zentralistische Gleichmacherei, sondern örtliche Selbstentwicklung aus eigener Kraft vermag das Gemeinwohl zu heben. Von diesen Gesichtspunkten sollte sich jede Verwaltungsreform leiten lassen: Auf festem Boden stehend wie ein Bau aus Eisenbeton, aber nicht mit schlampig gemischtem und überhastet zusammengekleistertem Material, denn sonst müßte sie einstürzen, wie der Unglücksbau auf dem Poøíè. Es wird einmal auch auf dem Gebiete der Verwaltung ein schreckliches Trümmerfeld geben, wenn dieses Gesetz so durchgeführt wird, wie es jetzt vorliegt. Leider werden bei solchen Katastrophen zumeist Unschuldige begraben und deshalb wollen wir die Regierungsparteien jetzt noch einmal, zum letztenmal beschwören, dieses neue Verwaltungsgebäude, bevor sie es noch in Benützung nehmen, eingehend von unbestechlichen Sachverständigen auf seine Haltbarkeit und Verwendbarkeit überprüfen zu lassen. Nehmen Sie daran alle Änderungen vor, die Fachleute als notwendig bezeichnen und lassen Sie vor allem die Fundamente durch den Finanzminister sichern. Die deutschen Regierungsparteien würden sich, das wissen wir und sagen es offen, tatsächlich ein Verdienst erwerben, wenn sie das durchsetzen könnten. Man würde ihnen dafür viel von ihren Sünden vergeben, die sie jetzt auf sich geladen haben. Die Gelegenheit ist für sie noch einmal da, sie ist günstiger und es liegt im Interesse der Regierungsparteien selber, zuzugreifen. Sonst werden andere kommen und den Umbau in einer Art vornehmen, die den jetzt Regierenden gewiß nicht wird erwünscht sein können. Die èechischen Städte und Bezirke haben bekanntlich vor kurzem eine Kundgebung veranstaltet, in der sie eindringlich vor einer überhasteten Durchführung dieses Gesetzes gewarnt und ihre Forderungen dazu erhoben haben. Die Landesausschüsse von Böhmen, Mähren und Schlesien werden am Freitag hier beim Regierungschef und im Parlamente vorsprechen und eine Denkschrift überreichen, in der noch einmal klar aufgezeigt sein soll, wie diese Verwaltungsreform sich auswirken muß, in der noch einmal die warnende Stimme erhoben und ein Aufschub der Verwaltungsreform verlangt wird. Schließlich hat auch der Herr Finanzminister Dr Engliš der Ansicht Ausdruck gegeben, daß die Finanz- und Verwaltungsreform gleichzeitig durchgeführt werden sollte und daß für keinen Fall die Verwaltungsreform vor der Finanzreform durchgeführt werden kann. Alle Warnungen aber sind bisher umsonst geblieben. Es wäre aber unverzeihlich, wenn auch fernerhin von seiten der Regierungsparteien allen diesen gewichtigen Stimmen kein Gehör geschenkt würde. Sie mögen dann die Verantwortung für das Kommende tragen. Dann mögen aber auch die Wahlen ein Strafgericht sein für jene, die so leichtfertig schwere Schuld auf sich laden. Mördern der Selbstverwaltung gebührt der politische Tod. (Souhlas a potlesk poslancù nìm. strany národní.)

5. Øeè posl. de Witteho (viz str. 92 tìsnopisecké zprávy):

Geehrte Damen und Herren! Es mag ja wohl als ziemlich zwecklos erscheinen, daß man da hinaufsteigt und sich da als ein Rufer in der Wüste der èechoslovakischen Demokratie produziert, denn jedes Kind weiß, daß längst alles fertig ist, daß in dem Augenblicke, wo die Budgetvorlage in den Ausschuß kommt, zwischen den Regierungsparteien alles abgehandelt ist und daß von oppositioneller Seite Anträge wie immer gestellt und noch so treffend und eindringlich begründet werden können, dennoch diese Anträge nicht die geringste Aussicht haben, angenommen zu werden. Es ist in diesem Parlamente so weit gekommen, daß die selbstverständlichsten parlamentarischen Gepflogenheiten hier absolut nullifiziert werden und daß man selbst im Ausschuß auf ganz konkrete Fragen, die man an die Regierung stellt, die man an den anwesenden Minister richtet, eine Antwort einfach nicht erhält. So habe ich z. B. im Budgetausschuß gefragt, was eigentlich an der Schulautonomie des Herrn Dr Hodža ist, wann er gedenkt, mit dieser so oftmals versprochenen und angekündigten Schulautonomie wirklich in die Öffentlichkeit zu kommen. Der Herr Minister hat das jedenfalls für eine ganz unziemliche Neugierde gehalten und hat es streng vermieden, auf meine Fragen eine halbwegs präzise Antwort zu geben. Ich habe im Budgetausschuß auch die Frage gestellt, wie die in der Budgetpost "Minderheitsschulen" enthaltenen Gelder verteilt werden, nachdem dies aus den Ziffern des Voranschlages durchaus nicht hervorgeht. Auch darauf ist keine Antwort erfolgt. Ich habe mich weiter erkundigt, was in Zukunft bezüglich der Studentenfürsorge geplant ist. Im Budgetausschuß habe ich mitgeteilt, was in dieser Beziehung in die Öffentlichkeit durchgesickert ist in Bezug auf die Pläne, daß man die Studentenfürsorge umorganisieren will, daß man daran denkt, den Einfluß der Studentenschaft überhaupt auszuschalten. Auch darauf ist keine Antwort erfolgt. Ich habe im Budgetausschuß noch ganz andere Erfahrungen bei dem Kapitel "Schule" machen können. Ich habe namens meiner Partei den Antrag gestellt, die Petschauer Musikschule finanziell zu sanieren und habe diesen Antrag mit Ziffern begründet, die nicht nur unwiderleglich sind, sondern auch die Notwendigkeit dartun, daß der Staat endlich einmal eingreift, um seine seit vielen Jahren auf das Gründlichste vernachlässigte Pflicht zu erfüllen. Ich habe auf die Tatsache hingewiesen, daß die Petschauer Musikschule im alten Österreich mit 10.000 Friedenskronen subventioniert wurde und daß heute hier ein Betrag von 24.000 Kè, bezw. im letzten Jahre überhaupt noch nichts gegeben wurde, daß die Schule wiederum mit 91.000 Kè passiv ist und daß sie dem Untergang entgegengeht, weil die Aktion, die wir zur Erhaltung der Schule unternommen haben, daß nämlich von allen Bezirken des Karlsbader Gebietes ein Prozent der Umlagen an die Schule abzuführen sei, gescheitert ist, da das Geld nicht gegeben werden kann, weil im Landesausschuß die bezügliche Post aus den Bezirksvoranschlägen gestrichen wurde. Ja, wir haben es erlebt, daß hier an dieser Stelle einer der deutschen Abgeordneten, Koll. Eckert, beinahe dasselbe gesagt hat, fast dieselben Ziffern in sehr beweglichen Klagen vorgebracht hat und das Elend der Petschauer Musikschule in sehr beweglichen Worten geschildert hat. Aber im Ausschuß haben er und seine Partei unseren Antrag auf eine entsprechende Erhöhung der Budgetpost abgelehnt. Ich habe dann namens meiner Partei Anträge auf Einführung einer praktischen Studentenfürsorge und Anträge für die notleidenden Theater gestellt. Alles wurde glatt abgelehnt. Es ist aber noch lange nicht das ärgste. Wir haben noch ganz andere Dinge erlebt. Koll. Hodina, der Obmann des deutsch-parlamentarischen Schulausschusses, hat am 10. Oktober im Budgetausschuß eine große Rede gehalten, die in der "Deutschen Landpost" vom 12. Oktober mit dreispaltigem Titel, mit den größten Lettern, die in der Druckerei überhaupt verfügbar waren, wiedergegeben ist. Überschrift: "Auf dem Wege zur Schulautonomie. Schwere Anklagen gegen die Schulverwaltung. Eine Rede des Herrn Abg. Hodina im Budgetausschuß". Wie schauen wir nun auf dem Wege zur Schulautonomie aus? Wie paßt der Titel zu den Tatsachen? "Die Veränderungen im Bereiche des Schulwesens sind nicht darnach angetan, daß darob auf deutscher Seite freudige Anerkennung ausgesprochen werden könnte. Es ist nicht zu leugnen, daß sich der gute Gedanke langsam Bahn bricht. Jedoch - und das ist hier fett gedruckt, was Herr Hodina sagt - ist die Langsamkeit von einer derartigen Qualität, daß, wenn wir in diesem Zeitmaß weiter arbeiten, Jahrhunderte notwendig wären, um die vom Minister Dr Hodža angedeutete Autonomie auf dem Gebiete des deutschen Schulwesens zu erreichen."


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