Wir können jedenfalls verlangen, daß
man doch zuerst die Sache überlegt und nicht, wie
beim Gemeindefinanzgesetz, etwas theoretisch sehr schön ausarbeitet,
was sich dann in der Praxis unmöglich bewähren kann.
Es muß auch hier eine Katastrophe eintreten, wie es am Poøiè
beim Zusammenbruch dieses überhastet errichteten
Eisenbetongebäudes geschehen ist. Auch bei überhastet
durchgeführten Gesetzen muß eine Katastrophe entstehen,
besonders wenn diese Gesetze sich auf die Verwaltung beziehen,
die in das gesamte Leben der Bevölkerung eingreift. Deshalb
muß man sich das wohl überlegen, wenn man Änderungen
in der Verwaltung vornimmt, bevor die Änderung durchgeführt
wird, denn die Auswirkungen schlechter Gesetze müssen verheerend
sein. Wir haben das vorausgesagt für das Finanzgesetz der
Selbstverwaltungskörper. All das, was wir vor Jahresfrist
hier im Hause und im Ausschusse vorausgesagt haben, trifft jetzt
zu. Wir haben gesagt, nicht 10 bis 15 Jahre wird es dauern, schon
in einem Jahr werden die Selbstverwaltungskörper zusammenbrechen
und es wird sich zeigen, daß dieses theoretische Gesetz
sieh unmöglich durchführen läßt. Aber die
Herren Theoretiker haben sich nicht überzeugen lassen und
die Herren Regierungsnachläufer haben es gehorsamst nachgebetet,
haben unseren Worten nicht Glauben geschenkt. Heute muß
auch Herr Engliš den Bankerott des Gesetzes erklären,
muß sagen, so geht es nicht weiter, das Gesetz muß
novelliert werden.
Und so wie dieses Gesetz sich jetzt als unhaltbar
erwiesen hat, so prophezeihen wir, daß auch die Verwaltungsreform
sich als unhaltbar erweisen muß, denn beide Gesetze hängen
innig zusammen und die Änderung des einen Gesetzes bedingt
auch die Änderung des anderen Gesetzes. Herr Dr Engliš
hat jetzt einesteils angekündigt, daß eine Änderung
des Gesetzes notwendig geworden ist, andernteils erklärt,
er werde dazu eine Enquete von Fachleuten und Vertretern der Selbstverwaltung
einberufen. Auch das haben wir vergeblich vor Jahresfrist verlangt,
jetzt muß es geschehen. Auch Herr Engliš scheint
sich dazu bekehrt zu haben, er hat jedenfalls gesehen, daß
es nicht zweckmäßig ist, sich bloß auf die Bürokratie
und deren Ratschläge zu verlassen. Es wäre besser, wenn
man diese Enquete abwarten und dann erst mit der Verwaltungsreform
vorgehen würde. Denn dann würde man sich selbst eine
Blamage ersparen und der Bevölkerung den Schaden, der unweigerlich
aus der Durchführung dieses Gesetzes entstehen muß.
Es müßte eine unparteiische Fachkommission eingesetzt
werden, die sich damit beschäftigt, zu überprüfen,
was für Auswirkungen die Verwaltungsreform haben wird und
dann erst könnte man daran schreiten, eine wirklich entsprechende
Änderung der jetzt bestehenden Normen vorzunehmen. Sonst
wird ein lebensunfähiges Kind zur Welt gebracht werden, das
genau so wie das Finanzgesetz absolut unfähig ist, (Výkøiky
posl. dr Schollicha.) die gegenwärtigen
Verhältnisse in der Verwaltung in Ordnung zu bringen. Allgemein
bekannt ist, daß dieses Verwaltungsgesetz dem Willen der
Mehrheit der Bevölkerung widerspricht. Das ist in allen Kundgebungen
von Selbstverwaltungsverbänden und allen möglichen Körperschaften
zum Ausdruck gekommen. Es entspricht bloß den Wünschen
der hohen Bürokratie, die das verwirklicht sieht, was sie
sich selbst erträumt oder vielleicht nicht einmal in den
kühnsten Träumen erhofft hat. Würde man jetzt einmal
den Einfluß der an diesem Gesetz mittelbar oder unmittelbar
interessierten Personen ausschalten, würde man eine Enquete
einberufen und sagen, daß diese Leute dabei nichts mitzureden
haben, dann könnte eine Reform geschaffen werden, die Aussieht
auf dauernden Bestand hätte. So aber ist es selbstverständlich,
daß diese Leute, die ein dichtes Netz um die Koalitionshäuptlinge
gelegt haben, dem diese Herrschaften nicht entrinnen können,
daß diese Bürokratie jetzt alle Hebel in Bewegung setzen
wird, um das Gesetz, so wie es ist, in die Tat umzusetzen, ungeachtet
aller Warnungen und aller fachmännischen, theoretischen und
praktischen Gutachten, die sich dagegen aussprechen. Später
wird es ganz unmöglich sein, diesem Netz zu entrinnen, sobald
diese hohe Bürokratie die Macht auch in den Ländern
und Bezirken vollständig an sich gerissen haben wird. (Posl.
dr Uhlíø: Pane pøedsedo, sežeòte
nìkoho z vládních stran, podívejte
se, vždy zde nikdo z nich není!)
Das wollen die Herrschenden nicht
hören, die Regierungsbänke sind selbstverständlich
leer, weil die Herren scheinbar nichts zu erwidern wissen, wenn
man mit rein sachlichen und fachlichen Argumenten kommt, dann
haben sie verstopfte Ohren und sind einfach nicht zu sehen. Ich
würde sehr wünschen, daß sie auf das, was man
sachlich sagt, sachlich erwidern, aber sie tun das nicht, im Gegenteil,
sie behaupten, wir werfen mit Phrasen herum. Wir haben noch niemals
bewiesen, wie Herr Koll. Luschka sagt, daß sich das
Gesetz in Wahrheit schädlich auswirken muß. Er gehört
ja selbst der Beamtenkaste an und es ist nicht zu verwundern,
wenn er keinen Sinn und kein Verständnis für unsere
Forderungen und Wünsche hat, die Selbstverwaltung aufrecht
zu erhalten. Aber auch das Parlament als solches hat ein Interesse
daran, daß es nicht vollständig an die Bürokratie
ausgeliefert wird, denn sonst wird es die Rolle eines Kasperls
spielen: es muß so agieren, wie hinter den Kulissen die
Drahtzieher die Figuren bewegen. Es wäre noch Zeit, wenn
heute der Wille auf der Gegenseite vorhanden wäre, entsprechende
Änderungen vorzunehmen. Sachlich läßt es sich
nicht begründen, daß justament am 1. Dezember dieses
Gesetz, so wie es ist, in Kraft treten muß. Zumindest wäre
Voraussetzung eine genaue Abgrenzung des Wirkungskreises von Gemeinde,
Bezirk, Land und Staat, die jetzt in diesem Gesetz nirgends vorgenommen
ist. Der Herr Minister Engliš hat richtig gesagt,
daß zunächst einmal die Aufgaben jedes einzelnen Gebietskörpers
festgestellt werden müßten, dann müßte man
auf Grund dessen feststellen, wie viele Ausgaben daraus erwachsen
und darnach müßten sich die Einnahmen der Gemeinden,
der Bezirke, der Länder und schließlich des Staates
richten, also eine Teilung der Steuern unter diese Körperschaften.
Er will nun zur endgültigen Konstruktion der Finanzen der
Selbstverwaltung kommen, aber er kann das nicht machen, solange
diese Kompetenzabgrenzung nicht vorgenommen wurde. Im § 75
des Verwaltungsgesetzes ist allgemein nur gesagt: "In den
Wirkungskreis der Bezirksvertretungen gehören alle inneren
Angelegenheiten, die den gemeinsamen Vorteil des Bezirkes und
seiner Bewohner betreffen, oder über das Interesse der einzelnen
Gemeinden hinaus reichen oder mit deren Kräften nicht besorgt
werden können, soferne diese Angelegenheiten nicht von der
Landesverwaltung in ihre Tätigkeit einbezogen wurden."
Das ist die Definition dessen, was den neuen Bezirken als Aufgabenkreis
zugewiesen wurde, etwas, woraus kein Mensch klar werden kann.
Wenn wir nun den § 30 gegenüberhalten, wo von den Ländern
die Rede ist, heißt es: "Die Landesvertretung ist berufen,
für die Verwaltungs- und wirtschaftlichen Angelegenheiten
des Landes und seiner Bevölkerung zu sorgen." Punktum,
basta, Streusand! Dann kommt nur die demonstrative Aufzählung
einiger Zweige wirtschaftlicher und verwaltender Tätigkeit,
aber keine scharfe Abgrenzung der Kompetenz. Eine Fülle von
Kompetenzkonflikten muß selbstverständlich die Folge
sein. Nun haben wir bekanntlich noch immer kein Gesetz über
die Verwaltungsgerichtsbarkeit in den unteren Instanzen, obwohl
es schon ganz klar ist, daß die Überlastung des Obersten
Verwaltungsgerichtes immer mehr zunimmt und daß es unmöglich
sein wird, noch dazukommende neue Fälle, die sich aus diesen
Kompetenzkonflikten ergeben werden, zu behandeln. Aber das ist
der jetzigen Koalition gleichgültig. Auch die Vereinheitlichung
der Gesetze und Verordnungen Mährens und Schlesiens erscheint
nach den Worten des Herrn Koll. Luschka vom 28. Juni ganz
überflüssig. Er glaubt, daß trotz der Schwierigkeiten,
die sich bei zweierlei Recht in ein und demselben Bezirke zumindest
für die Bezirksvertretungen ergeben müssen, die Sache
doch gehen wird und muß. Nun kommt dazu das Finanzgesetz
mit den Schwierigkeiten, die sich daraus ergeben. Man weiß
genau, daß den einzelnen Bezirken die Mittel fehlen werden,
ihr Dasein zu fristen, daß sie sich nicht um wirtschaftliche,
humanitäre, soziale, kulturelle und Verkehrsaufgaben werden
kümmern können, weil sie einfach kein Geld haben. Das
ist feststehend, das hat der Herr Finanzminister Dr. Engliš
auch zugeben müssen. Nun sollte man denken: "Primum
vivere, deinde reformare", zuerst die Voraussetzungen für
die Existenz dieser neuen Körperschaften schaffen, dann erst
deren Organisation verbessern. Das wäre der natürliche
und richtige Weg. Der Mehrheit ist das natürlich gleichgültig
und nun muß sie aber auch die Verantwortung für das
heillose Wirrwarr tragen, das aus diesem Gesetz entspringen wird,
aber auch die Verantwortung für das Aufblähen der Beamtenkaste
und der Bürokratie zur allein ausschlaggebenden Macht in
diesem Staate. Es ist ja bekannt, daß es sich im Trüben
am leichtesten - fischen läßt und daß die hohen
Beamten in diesem Staate dieses Durcheinander benützen werden,
um ihre Plenipotenz auf festem Boden zu begründen, damit
man sie nicht wieder herauswerfen kann. Dann wird es nichts mehr
nützen, wenn die Herrschaften mit dem Zauberlehrling jammern
werden: "Die ich rief, die Geister, werd´ ich nun nicht
los!" Es ist selbstverständlich, daß sie selbst
einmal diese Geißel zu spüren bekommen werden, die
sie sich selber gebunden haben. Besser als diese Justamentspolitik,
besser als dieses Diktat, das gegen den Willen der Mehrheit der
Bevölkerung vorgenommen wird, wenn die Verwaltungsreform
am 1. Dezember in Kraft tritt, wäre, über diese Sache
noch zu verhandeln, wäre, Erwägungen anzustellen über
alles Für und Wider und schließlich das zu Tode gerittene
Wort Masaryks "Demokratie ist Diskussion" auch
zur Geltung zu bringen. Aber Feigheit und Faulheit scheint auf
Seite der Herren der Koalition zu herrschen, wenn sie mit offenen
Augen in ihr Verderben rennen und die Bewohnerschaft dieses Staates
einfach in diese schreckliche Lage hineintreiben, wenn sie vor
der Novellierung der Verwaltungsreform zurückschrecken, bevor
sie noch das Licht der Welt erblickt hat und in Kraft treten kann.
Namentlich die deutschen Parteien tragen eine ungeheuere Verantwortung
und werden den Fluch, den sie auf sich laden, nie los werden.
Herr Dr Luschka hat am 28. Juni in seiner großen
staatsmännischen Rede unter anderem wörtlich erklärt:
"Ich habe mit den Kollegen meiner Partei gar keine Bedenken
gehabt, daß wir vom allgemein nationalen deutschen Standpunkte
aus mit der Organisation der politischen Verwaltung irgendein
Präjudiz welcher Art immer schaffen." Ja, er sagte sogar,
daß dieses Gesetz den nationalen Gedanken stärke und
nicht schwäche. Er konnte sich jedoch, als er durch Zwischenrufe
gefragt wurde, worin seine Ansicht begründet sei, nur auf
Versprechungen berufen, die angeblich zur Ermöglichung der
nationalen Autonomie auf dem Gebiete des Schulwesens den Herren
gemacht worden sind. Wir kennen schon den Wert solcher vager Versprechungen
zur Genüge, wir wissen aber auch auf der anderen Seite die
Auswirkungen eines Gesetzes richtig abzuschätzen, und das
haben wir bei der Behandlung des Finanzgesetzes zur Genüge
bewiesen. Es ist jetzt ganz klar, daß das Finanzgesetz für
die Selbstverwaltung, wie wir vorausgesagt haben, nicht taugt
und jene Änderungen erfolgen müssen, die wir schon vor
einem Jahr beantragt haben. Deshalb haben wir ein besonderes Anrecht
darauf, auch zu warnen vor einer übel angebrachten Vertrauensseligkeit
z. B. hinsichtlich der Versprechungen auf eine Schulautonomie
usw. usw.
Herr Dr Luschka hat der Ansicht Ausdruck
gegeben, daß es mit dem Bürokratismus nicht gar so
arg sei, wie er wörtlich sagte. Er hat uns vorgeworfen, daß
wir nur Schreckgespenster an die Wand malen. Der große Einfluß
des Amtes in der neuen Verwaltung werde genügend durch die
Anteilnahme der Bevölkerung in den Ausschüssen paralysiert
sein, wie er sich ausdrückte, obwohl doch das Schwergewicht
nicht in der Körperschaft, sondern in den Ämtern liegt,
wie jeder, der im Gesetz zu lesen versteht, genau weiß.
Die Ämter sind mit einer derartigen Machtfülle ausgestattet,
daß daneben nur bedeutungslose Beiräte bestehen können.
Darüber täuscht keine Dialektik Luschkas hinweg,
auch nicht das Trostwort, daß die Macht der Bürokratie
ja überhaupt nur bedingt ist durch die Unmöglichkeit,
bezw. den Nichtwillen anderer, die Agenden der Verwaltung zu führen.
Es ist ganz richtig: Die Macht der Bürokratie ist bedingt
durch die im Gesetze verankerte Unmöglichkeit für andere,
die Agenden der Verwaltung zu führen; selbst beim besten
Willen könnten die gewählten Vertreter nicht in die
Lage kommen, die Verwaltung zu führen, die Zügel in
die Hand zu nehmen, weil das Gesetz ihnen eben einen Hemmschuh
vorlegt. Herr Dr Luschka selbst ist ein junger politischer
Beamter, wie ihn einmal sein oberster Chef Èerný
unvorsichtig genannt hat, als er ihm eine
schlesische Abordnung vorführte. Es ist deshalb nicht zu
verwundern, wenn er, wie ich schon sagte, eine andere Einstellung
gegenüber den die Macht des Beamtentums stärkenden Gesetzen
hat, als wir. Er verhehlte absichtlich, daß die Vertreter
der Bevölkerung, selbst bei größter Energie und
größter Sachkenntnis, den Verwaltungsapparat nicht
in ihre Hände bringen können, selbst beim besten Willen
nicht, weil sie eben durch das Gesetz zur Ohnmacht verurteilt
sind. Nur die gottgewollte Obrigkeit hat nach dem neuen Gesetz
etwas zu reden, die misera plebs muß froh sein, daß
sie kein Schloß vor den Mund bekommt, muß froh sein,
daß sie den Mund noch auftun darf. Herr Dr Luschka arbeitet
dem Innenminister Èerný in
die Hände, wenn er derartige Aussprüche von sich gibt.
Er ermannt auch die Bevölkerung in der Provinz draußen
ständig, die Auswirkungen des Gesetzes, an dem er doch ausschlaggebend
mitgearbeitet hat, abzuwarten. Als politischer Beamter mag er
sich auf diese Weise große Verdienste erworben haben, als
deutscher Volksvertreter möge er sich aber das deutsche Sprichwort
vor Augen halten: "Der Hehler ist schlechter als der Stehler".
Nicht genug, daß er als Parteiführer und Mitglied des
parlamentari sehen Achterausschusses nicht den Mut aufbringt,
dort zu sagen: "Entweder eine vernünftige durchgreifende
Änderung der Verwaltungsreform oder keine Stimme für
den Staatsvoranschlag!" verhehlt und verdeckt er die schwere
Gefahr, die sich aus diesem Gesetz für die gesamte Bevölkerung
ergibt; er verhindert dadurch das Aufflammen der Empörung
über die beabsichtigte Verstaatlichung der gesamten Selbstverwaltung,
zumindest in seiner Partei. Als Schlesier behauptete er kühnlich,
Schlesien bestehe seit dem Jahre 1920 überhaupt nicht mehr,
obwohl doch jedes Kind weiß, daß Schlesien noch faktisch
existiert. Erst durch Wiederherstellung eines Teiles der Begriffe
des Landes - er meint damit Adler und Wappen, die er gerettet
hat - sei wieder eine Aufstiegsmöglichkeit und Aufbaumöglichkeit
gegeben, um die Selbständigkeit des Verwaltungsgebietes Schlesien
wieder herzustellen. Ich zweifle nicht daran, daß Dr Luschka
für Schlesien die Selbständigkeit gewollt hat, ich
zweifle aber daran, daß er tatsächlich alles getan
hat, was sich tun ließ, um Schlesien zu retten. Er ist nicht
bis zur letzten Folgerung gegangen, im Gegenteil, er hat es hingenommen
als eine unabänderliche Schicksalsfügung, daß
dieses sein Heimatland verschwinden soll. Im Voranschlag für
1929, den wir behandeln, kommt Schlesien für sich überhaupt
nicht mehr vor, nicht einmal mehr die getrennte Gebarung: Einnahmen
und Ausgaben der beiden Länder Mähren und Schlesien
sind vermischt und verwischt. Wie soll da eine neue Aufbaumöglichkeit
gegeben sein, von der Herr Dr Luschka in seiner damaligen
Rede gesprochen hat?
Herr Finanzminister Dr Engliš hat
auf eine meiner Anfragen im Budgetausschuß hinsichtlich
der Finanzlandesdirektion Troppau erklärt, daß als
selbstverständliche Konsequenz der Verwaltungsreform die
Finanzlandesdirektion von Troppau verschwinden muß. Herr
Dr Luschka ist daraufhin in Troppau herumgegangen und hat
gesagt, diese Auskunft des Finanzministers beruhe auf einem Irrtum,
in der Koalition sei beschlossen worden, daß sie weiter
bestehen bleiben wird. Dr Luschka muß das wissen,
da er den Finanzminister ins Unrecht setzt! Wir wissen aber, daß
nur eine Finanzbezirksdirektion nach Troppau kommen soll. Dr Luschka
hat auch, um die Bevölkerung einzuschläfern, immer
wieder davon erzählt, daß Schlesien und Troppau als
Ersatz für die beseitigten Landesämter eine Forstdirektion
und eine Eisenbahndirektion bekommen sollen, daß ein Bistum
errichtet werden soll usw. Lauter Wunschgebilde ohne irgendeinen
realen Hintergrund. Auch die Entschädigungen, die der Finanzminister
im Budgetausschusse in Aussicht gestellt hat, nämlich die
Finanzbezirksdirektion, ist kein vollwertiger Ersatz für
das, was Schlesien genommen wird. Die Finanzbezirksdirektion ist
eben keine zweite Instanz. Auf meine Anfrage, was mit der Zolldirektion
geschehen wird, habe ich überhaupt keine Antwort erhalten.
Sie ist schon aufgelöst, sie ist schon in Brünn, obwohl
es in Schlesien 34 Grenzzollämter gibt, während in Mähren
nur 17 bestehen. Ja, es ist eine Zentralisationswut ausgebrochen,
aber diese Wut hat noch nie gute Früchte gezeitigt und das
wird auch in diesem Fall so sein. Das gilt auch von der beabsichtigten
Verschmelzung der Landesbanken. Wir haben in Schlesien die bodenständige
Landeskreditanstalt, die nun beseitigt werden soll. Man hat uns
versprochen, daß dafür eine Filiale der Hauptanstalt
hinkommen werde, wir fürchten aber, daß nur eine Expositur
hinkommt, die nur als Zahl- und Manipulationsstelle gelten soll.
Damit ist uns nicht gedient. Auch dagegen müssen wir Beschwerde
führen, daß uns Schlesiern nicht einmal der Entwurf
des neuen Gesetzes gegeben wurde, trotzdem es im Motivenberichte
heißt, daß er allen maßgebenden Stellen übermittelt
werden wird. Weder die Landesverwaltungskommission von Schlesien,
noch die Bodenkreditanstalt haben diesen Entwurf bekommen. (Posl.
dr Schollich: Ihr seid ja nicht maßgebend!) Scheinbar
ist Schlesien nicht maßgebend, man rechnet nicht mehr damit,
daß es ein Schlesien gibt. Andererseits streut man wieder
der Bevölkerung Sand in die Augen, versichert ihr, daß
der neue Landeskulturrat die schlesischen Wünsche berücksichtigen
werde, wahrt aber nicht einmal die primitivsten Rechte der Beamten
der beiden Gesellschaften, die jetzt die Geschäfte des Landeskulturrates
von Schlesien führen, berücksichtigt in dem Gesetzentwurfe
über den mährisch-schlesischen Landeskulturrat nicht
die bescheidensten Mindestforderungen der schlesischen Landwirtschaft,
indem nicht einmal eine selbständige Zweigstelle für
Troppau und Schlesien garantiert wird und auch die Abgänge
der beiden Gesellschaften nicht gedeckt erscheinen. Nichts ist
in dem Entwurf enthalten, was uns befriedigen kann. Wenn jetzt
schon so rücksichtslos vorgegangen wird, was hat Schlesien
erst für die Zukunft zu erwarten? Nach § 9, Abs. 4 der
Verwaltungsreform ist die Regierung jederzeit in der Lage, alles,
was sie nach Troppau gibt oder dort beläßt, wieder
wegzunehmen. Dasselbe gilt auch von dem eigenen Statut für
die Stadt Troppau. Es ist also ein Geflunker, wenn immer wieder
vom Herrn Dr Luschka und seinen Anhängern erklärt
wird, Troppau erleide keinen Schaden, es sei das eine unnütze
Aufregung, ein bloßes Wahlmanöver von uns, wenn wir
immer wieder auf diese Schäden hinweisen. Herr Dr Luschka
wünscht, daß einmal gerecht über seine Verdienste
um Schlesien geurteilt werden möge. Ich wünsche das
auch. Ich bin ganz überzeugt, daß dieses Urteil vernichtend
sein wird. Nur eines kann man ihm als mildernden Umstand zugute
halten: Seine in die Augen springende unverschuldete einseitige
Einstellung zu diesen Problemem, da er aus seiner politischen
Beamtenhaut nicht heraus kann. Ihm ist die Beamtenherrschaft von
Haus aus das Ideal. Autonomie ist für ihn ein Schlagwort,
der Geist der Selbstverwaltung ist ihm nicht aufgegangen. Er hat
sich auf den preußischen Landrat berufen, worauf ich seinerzeit
schon im Ausschuß dem Herrn Sektionschef Bobek erwidert
hatte: 1. Ist Deutschland ein wirklicher Nationalstaat, was man
von diesem Staate gewiß nicht behaupten kann. 2. Ist der
Landrat vom Staatsministerium nach Anhörung des Kreisausschusses
zu ernennen, was bei uns nicht der Fall ist. 3. Kreisausschuß
und Kreisrat bestehen nur aus gewählten Vertretern, nicht
aus ernannten. 4. Der Kreisausschuß verwaltet das Vermögen
selbst, ernennt die Angestellten und beaufsichtigt sie. Schließlich
habe ich damals schon gesagt, daß die Landräte wegen
ihrer Doppelstellung die am meisten bekämpfte Institution
sind und daß sie bei der kommenden Verwaltungsreform in
Preußen sicher fallen werden, wenigstens in dieser Form,
wie sie jetzt bestehen. Der Hinweis auf den Landrat in Preußen
war also kein glücklicher Griff. Ich möchte Herrn Dr
Luschka, wenn er sich schon auf Preußen beruft, an
das Wort des Freiherrn von Stein erinnern: "Es ist nicht
ziemlich, daß ein Bezirk, eine Stadt von einem Schreiberknecht
abhänge, der nicht einmal weiß, wo sie liege".
So weit wird es kommen, wenn diese Verwaltungsreform bei uns durchgeführt
wird. Nicht bürokratische Allregierung, sondern freie Selbstverwaltung,
nicht zentralistische Gleichmacherei, sondern örtliche Selbstentwicklung
aus eigener Kraft vermag das Gemeinwohl zu heben. Von diesen Gesichtspunkten
sollte sich jede Verwaltungsreform leiten lassen: Auf festem Boden
stehend wie ein Bau aus Eisenbeton, aber nicht mit schlampig gemischtem
und überhastet zusammengekleistertem Material, denn
sonst müßte sie einstürzen, wie der Unglücksbau
auf dem Poøíè. Es wird einmal auch auf dem
Gebiete der Verwaltung ein schreckliches Trümmerfeld geben,
wenn dieses Gesetz so durchgeführt wird, wie es jetzt vorliegt.
Leider werden bei solchen Katastrophen zumeist
Unschuldige begraben und deshalb wollen wir die Regierungsparteien
jetzt noch einmal, zum letztenmal beschwören, dieses neue
Verwaltungsgebäude, bevor sie es noch in Benützung nehmen,
eingehend von unbestechlichen Sachverständigen auf seine
Haltbarkeit und Verwendbarkeit überprüfen zu lassen.
Nehmen Sie daran alle Änderungen vor, die Fachleute als notwendig
bezeichnen und lassen Sie vor allem die Fundamente durch den Finanzminister
sichern. Die deutschen Regierungsparteien würden sich, das
wissen wir und sagen es offen, tatsächlich ein Verdienst
erwerben, wenn sie das durchsetzen könnten. Man würde
ihnen dafür viel von ihren Sünden vergeben, die sie
jetzt auf sich geladen haben. Die Gelegenheit ist für sie
noch einmal da, sie ist günstiger und es liegt im Interesse
der Regierungsparteien selber, zuzugreifen. Sonst werden andere
kommen und den Umbau in einer Art vornehmen, die den jetzt Regierenden
gewiß nicht wird erwünscht sein können.
Die èechischen Städte und Bezirke haben bekanntlich
vor kurzem eine Kundgebung veranstaltet, in der sie eindringlich
vor einer überhasteten Durchführung dieses Gesetzes
gewarnt und ihre Forderungen dazu erhoben haben. Die Landesausschüsse
von Böhmen, Mähren und Schlesien
werden am Freitag hier beim Regierungschef und im Parlamente vorsprechen
und eine Denkschrift überreichen, in der noch einmal klar
aufgezeigt sein soll, wie diese Verwaltungsreform sich auswirken
muß, in der noch einmal die warnende Stimme erhoben und
ein Aufschub der Verwaltungsreform verlangt wird. Schließlich
hat auch der Herr Finanzminister Dr Engliš der Ansicht
Ausdruck gegeben, daß die Finanz- und Verwaltungsreform
gleichzeitig durchgeführt werden sollte und daß für
keinen Fall die Verwaltungsreform vor der Finanzreform durchgeführt
werden kann. Alle Warnungen aber sind bisher umsonst geblieben.
Es wäre aber unverzeihlich, wenn auch fernerhin von seiten
der Regierungsparteien allen diesen gewichtigen Stimmen kein Gehör
geschenkt würde. Sie mögen dann die Verantwortung für
das Kommende tragen. Dann mögen aber auch die Wahlen ein
Strafgericht sein für jene, die so leichtfertig schwere Schuld
auf sich laden. Mördern der Selbstverwaltung gebührt
der politische Tod. (Souhlas a potlesk poslancù
nìm. strany národní.)
Geehrte Damen und Herren! Es mag ja wohl als ziemlich zwecklos
erscheinen, daß man da hinaufsteigt und sich da als ein
Rufer in der Wüste der èechoslovakischen Demokratie
produziert, denn jedes Kind weiß, daß längst
alles fertig ist, daß in dem Augenblicke, wo die Budgetvorlage
in den Ausschuß kommt, zwischen den Regierungsparteien alles
abgehandelt ist und daß von oppositioneller Seite Anträge
wie immer gestellt und noch so treffend und eindringlich begründet
werden können, dennoch diese Anträge nicht die geringste
Aussicht haben, angenommen zu werden. Es ist in diesem Parlamente
so weit gekommen, daß die selbstverständlichsten parlamentarischen
Gepflogenheiten hier absolut nullifiziert werden und daß
man selbst im Ausschuß auf ganz konkrete Fragen, die man
an die Regierung stellt, die man an den anwesenden Minister richtet,
eine Antwort einfach nicht erhält. So habe ich z. B. im Budgetausschuß
gefragt, was eigentlich an der Schulautonomie des Herrn Dr Hodža
ist, wann er gedenkt, mit dieser so oftmals
versprochenen und angekündigten Schulautonomie wirklich in
die Öffentlichkeit zu kommen. Der Herr Minister hat das jedenfalls
für eine ganz unziemliche Neugierde gehalten und hat es streng
vermieden, auf meine Fragen eine halbwegs präzise Antwort
zu geben. Ich habe im Budgetausschuß auch die Frage gestellt,
wie die in der Budgetpost "Minderheitsschulen" enthaltenen
Gelder verteilt werden, nachdem dies aus den Ziffern des Voranschlages
durchaus nicht hervorgeht. Auch darauf ist keine Antwort erfolgt.
Ich habe mich weiter erkundigt, was in Zukunft bezüglich
der Studentenfürsorge geplant ist. Im Budgetausschuß
habe ich mitgeteilt, was in dieser Beziehung in die Öffentlichkeit
durchgesickert ist in Bezug auf die Pläne, daß man
die Studentenfürsorge umorganisieren will, daß man
daran denkt, den Einfluß der Studentenschaft überhaupt
auszuschalten. Auch darauf ist keine Antwort erfolgt. Ich habe
im Budgetausschuß noch ganz andere Erfahrungen bei dem Kapitel
"Schule" machen können. Ich habe namens meiner
Partei den Antrag gestellt, die Petschauer Musikschule finanziell
zu sanieren und habe diesen Antrag mit Ziffern begründet,
die nicht nur unwiderleglich sind, sondern auch die Notwendigkeit
dartun, daß der Staat endlich einmal eingreift, um seine
seit vielen Jahren auf das Gründlichste vernachlässigte
Pflicht zu erfüllen. Ich habe auf die Tatsache hingewiesen,
daß die Petschauer Musikschule im alten Österreich
mit 10.000 Friedenskronen subventioniert wurde und daß heute
hier ein Betrag von 24.000 Kè, bezw. im letzten
Jahre überhaupt noch nichts gegeben wurde, daß die
Schule wiederum mit 91.000 Kè passiv ist und daß
sie dem Untergang entgegengeht, weil die Aktion, die wir zur Erhaltung
der Schule unternommen haben, daß nämlich von allen
Bezirken des Karlsbader Gebietes ein Prozent
der Umlagen an die Schule abzuführen sei, gescheitert ist,
da das Geld nicht gegeben werden kann, weil im Landesausschuß
die bezügliche Post aus den Bezirksvoranschlägen gestrichen
wurde. Ja, wir haben es erlebt, daß hier an dieser Stelle
einer der deutschen Abgeordneten, Koll. Eckert, beinahe
dasselbe gesagt hat, fast dieselben Ziffern in sehr beweglichen
Klagen vorgebracht hat und das Elend der Petschauer Musikschule
in sehr beweglichen Worten geschildert hat. Aber im Ausschuß
haben er und seine Partei unseren Antrag auf eine entsprechende
Erhöhung der Budgetpost abgelehnt. Ich habe dann namens meiner
Partei Anträge auf Einführung einer praktischen Studentenfürsorge
und Anträge für die notleidenden Theater gestellt. Alles
wurde glatt abgelehnt. Es ist aber noch lange nicht das ärgste.
Wir haben noch ganz andere Dinge erlebt. Koll. Hodina,
der Obmann des deutsch-parlamentarischen Schulausschusses, hat
am 10. Oktober im Budgetausschuß eine große Rede gehalten,
die in der "Deutschen Landpost" vom 12. Oktober mit
dreispaltigem Titel, mit den größten Lettern, die in
der Druckerei überhaupt verfügbar waren, wiedergegeben
ist. Überschrift: "Auf dem Wege zur Schulautonomie.
Schwere Anklagen gegen die Schulverwaltung. Eine Rede des Herrn
Abg. Hodina im Budgetausschuß". Wie schauen
wir nun auf dem Wege zur Schulautonomie aus? Wie paßt der
Titel zu den Tatsachen? "Die Veränderungen im Bereiche
des Schulwesens sind nicht darnach angetan, daß darob auf
deutscher Seite freudige Anerkennung ausgesprochen werden könnte.
Es ist nicht zu leugnen, daß sich der gute Gedanke langsam
Bahn bricht. Jedoch - und das ist hier fett gedruckt, was Herr
Hodina sagt - ist die Langsamkeit von einer derartigen
Qualität, daß, wenn wir in diesem Zeitmaß weiter
arbeiten, Jahrhunderte notwendig wären, um die vom Minister
Dr Hodža angedeutete
Autonomie auf dem Gebiete des deutschen Schulwesens zu erreichen."