Im Tätigkeitsbereiche der deutschen Sektion
ist seit jeher das Moorversuchswesen gepflegt worden und seit
Errichtung der Moorversuchsstation in Sebastiansberg ist die Leitung
und Verwaltung der deutschen Sektion unterstellt. Die deutsche
Landwirtschaft. bringt zum Ausdruck, daß an diesem
Zustande nichts geändert wird. Den Propaganda- und Aufklärungsdienst
können die Sektionen mit ihrem ausgebauten Apparat weit billiger
besorgen als die Beamtenschaft des Zentralkollegiums. Es möge
der in Rede stehende Propaganda- und Aufklärungsdienst den
Sektionen in der Zukunft nicht verwehrt werden. Die Behandlung
der technischen Fragen kann dabei dem Zentralkollegium in vollem
Umfange vorbehalten bleiben. Mit Rücksicht auf die im heurigen
Jahre verursachten großen Schäden an landwirtschaftlichen
Kulturen durch Elementarkatastrophen und durch die Einwirkung
der ungünstigen Witterungsverhältnisse überhaupt,
ist die Aufnahme der Tätigkeit der Verwaltung des Elementarkatastrophen-
und Rückerstattungsfondes dringend geboten. Eine der wichtigsten
Förderungsmaßnahmen des landwirtschaftlichen Genossenschaftswesens
ist neben der Genossenschaftsschulung unstreitbar die regelmäßige
Revision und Überprüfung der genossenschaftlichen Geschäftsgebarung.
Die Pflicht der Überprüfung obliegt den Genossenschaftsverbänden,
deren Kosten Hunderttausende von Kronen betragen. Im Interesse
der Entlastung der Genossenschaftsverbände wäre es zu
begrüßen, wenn die Regierung den Verbänden die
ihnen aus der Revision erwachsenen Kosten voll ersetzen würde,
umsomehr als diese Aufwendungen im ausgesprochenen öffentlichen
Interesse gemacht werden. Unmöglich kann von einer intensiven
Wirtschaftsweise oder Hebung der landwirtschaftlichen Produktion
gesprochen werden, wenn durch Mangel, namentlich weiblicher, lediger
landwirtschaftlicher Hilfsarbeiter die Aufrechterhaltung des Betriebes
oft in Frage gestellt wird. Die Lösung der Landarbeiterfrage
ist eine ungemein wichtige Angelegenheit, die auf gesetzlichem
Wege endlich einmal erfolgen muß. Die alte Dienstbotenordnung
ist in Anbetracht der geänderten wirtschaftlichen und sozialen
Verhältnisse refombedürftig und ist die Schaffung eines
einheitlichen landwirtschaftlichen Arbeitsrechtes, welches die
Rechtsverhältnisse zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern
zu regeln hätte, wünschenswert. Ein Ausgleich des Bedürfnisses
und des Überflusses an Arbeitskräften zwischen Industrie
und Landwirtschaft nach Maßgabe der Verhältnisse muß
kommen, wenn überhaupt von der Hebung der landwirtschaftlichen
Produktion die Rede sein soll. Seit einigen Jahren setzt sich
immer mehr die Überzeugung durch. daß auch für
die körperliche Gesundheit und kulturelle Entwicklung des
in der Landwirtschaft berufstätigen Menschen vorgesorgt werden
muß, um ein gesundes Landvolk im Dorfe zu erhalten. das
dem landwirtschaftlichen Berufe treu bleibt und nicht von der
Sehnsucht nach der Stadt geplagt wird. Der Voranschlag des Ministeriums
für Landwirtschaft sieht deshalb auch Beträge vor. welche
mit der Durchführung der Sozialpolitik im Zusammenhang stehen.
Das Ministerium für Landwirtschaft hat anerkannt, daß
der Landwirt und sein Arbeiter, der Kleinbauer, nicht nur für
die Volksversorgung da ist, sondern daß durch die Besserung
der sozialen und kulturellen Verhältnisse auch die Volkserhaltung
am Lande in die Wege geleitet werden muß. Die staatliche
Sozialpolitik greift durch die Sozialversicherung tief in die
Verhältnisse unserer praktischen Landwirtschaft, verlangt
von ihr die Einhaltung verschiedener Vorschriften, belastet sie
mit hohen Beträgen, sodaß von offizieller landwirtschaftlicher
Seite etwas getan werden muß, um die Landwirte mit den verschiedenen
diesbezüglichen Bestimmungen vertraut zu machen und sie zu
beraten.
Für die Unterstützung des landwirtschaftlichen
Maschinenwesens, insbesondere zur Beschaffung von landwirtschaftlichen
Maschinen und Geräten, ist für das Jahr 1929
ein Betrag von 2.7 Mill. Kè vorgesehen. Das Bedürfnis
unserer kleinen Landwirtschaft an Maschinen ist sehr groß
und mir ist aus dem Komitee zur Förderung des landwirtschaftlichen
Maschinenwesens bei der deutschen Sektion des Landeskulturrates
sehr wohl bekannt, daß die Mittel, welche
das Landwirtschaftsministerium der deutschen Sektion zur Verfügung
stellt, viel zu gering sind, um die alljährlichen Gesuche
voll berücksichtigen zu können. Im Jahre 1928 liegen
bei der deutschen Sektion des Landeskulturrates 244 Gesuche
von landwirtschaftlichen Maschinen- und 66 Gesuche von Druschgenossenschaften
vor, welche ein Gesamterfordernis von 300.000 Kè ausmachen,
während das Landwirtschaftsministerium nur 130.000 Kè
an Subventionen für diesen Zweck zur Verfügung
gestellt hat. Es ist notwendig, daß diese Zuweisungen an
die deutsche Sektion des Landeskulturrates um ein Bedeutendes
erhöht werden, um namentlich unserer Kleinlandwirtschaft
entgegenkommen zu können. Bei dieser Gelegenheit richte ich
an den Herrn Minister für Landwirtschaft das Ersuchen, sein
besonderes Augenmerk der bei der deutschen Sektion des Landeskulturrates
errichteten Maschinenprüfungs- und Beratungsstelle zuzuwenden.
Die Notwendigkeit der Errichtung und die Bedeutung dieser Stelle
für die Landwirtschaft hat sich im Laufe der drei
letzten Jahre derart herausgebildet, daß sie als unentbehrlich
bezeichnet werden muß. Namentlich die Überprüfung
der Saatgut-Reinigungsanlagen, wo die Kosten einer solchen Anlage
30.000 bis 150.000 Kè betragen und wo alljährlich
im Gebiete der deutschen Sektion auf genossenschaftlicher Grundlage
einige zur Aufstellung gelangen, haben sich sehr gut bewährt.
Mancher Fehler in der Konstruktion wurde behoben und dadurch zur
Vervollkommnung dieser Anlagen beigetragen. Die Beratung beim
Ankauf von Maschinen gereicht der praktischen Landwirtschaft besonders
zum Wohle und schützt sie vor Übervorteilung. Ich will
es heute unterlassen, auf den Unfug, der mit dem Handel von landwirtschaftlichen
Maschinen zu Lasten der Bauern und Kleinbauern getrieben wird,
hier weiter einzugehen. Aber gerade dieser Unfug macht die Beratung
dringend notwendig. Die Maschinenprüfungs- und Beratungsstelle
wurde aus der praktischen Erwägung heraus geschaffen, sie
hat ihren Stand gerechtfertigt und verdient die weitgehendste
Beachtung und Unterstützung des Landwirtschaftsministeriums.
Die Maschine gewinnt in der Landwirtschaft, selbst im Kleinbetriebe
immer mehr an Bedeutung, zumal wenn sie gut gebaut ist und richtige
Anwendung findet. was die Maschinenprüfungs- und Beratungsstelle
untersucht und einwandfrei feststellt. Herrn Prof. Wirth in Tetschen-Liebwerd
gebührt für seine Arbeit auf diesem Gebiete volles Lob
und Anerkennung.
Für die Förderung des landwirtschaftlichen Bauwesens
sind 600.000 Kè im Voranschlag eigestellt,
welcher Betrag in erster Linie für Musterdüngerstätten,
Jauchengruben und Silos Verwendung finden soll. Bei dem großen
und umfangreichen Programm für das landwirtschaftliche Bauwesen
muß der Befürchtung Ausdruck gegeben werden, daß
dieser Betrag keinesfalls ausreicht, um eine wirkliche Förderung
des landwirtschaftlichen Bauwesens möglich zu machen. Ein
hoher Anteil des Volksvermögens wird zum Ankauf von ausländischen
Futtermitteln ausgegeben. Diese Ausgaben, die unsere Handelsbilanz
belasten, ließen sich zum großen Teile durch eine
bessere Aufbewahrung von Grünfutter ersparen. Diese Fütterungsmethode
setzt die Errichtung von Silos voraus. Das Landwirt schaftsministerium
möge die Errichtung von Silos-Anlagen dadurch fördern,
daß im Wege des Landeskulturrrates aus staatlichen
Mitteln Subventionen im Ausmaß von 80 Kè pro Kubikmeter
Fassungsraum bewilligt werden. Die Landwirtschaft im Deutschen
Reich erhält pro Kubikmeter Fassungsraum 15 Mark staatlicher
Unterstützung für Silo-Anlagen.
Die bewilligten Geldmittel zur Förderung
der Forstkulturen sind vollkommen unzureichend, wenn auf diesem
Gebiete etwas Nennenswertes geleistet werden soll. Das forstliche
Förderungswesen muß gründlich reorganisiert werden.
Die Kleinwaldwirtschaft isst schon zu lange in der Landeskultur
benachteiligt gewesen, als daß die dringend notwendige Durchführung
geeigneter Förderungsmaßnahmen hinausgeschoben werden
könnte. Mehr als 400.000 ha Wald bedürfen einer fachgemäßen
Bewirtschaftung, zehntausende Hektar unproduktiven und von der
Nonne kahlgefressenen Bodens im deutschen Gebiete harren der Aufforstung.
Der Herr Landwirtschaftsminister hat im Budgetausschuß
im Jahre 1926 das Versprechen gegeben, daß bei Gewährung
von öffentlichen Mitteln für die Erbauung elektrischer
Anlagen in den Landgemeinden die deutschen Gebiete entsprechende
Berücksichtigung finden sollen. Ich kann heute die angenehme
Pflicht erfüllen, hier festzustellen, daß der Herr
Minister sein Versprechen gehalten hat und danke namens der deutschen
Dorfgemeinden dem Herrn Minister für seine Unterstützung
zu einer Zeit, wo die gesamte Agenda nicht mehr von Seiten des
Ministeriums für Landwirtschaft bearbeitet wird. Die Beträge
für die direkte Landwirtschaftsförderung, wie Saatgutbau
und Düngerwirtschaft, wurden im Jahre 1929 erheblich gekürzt,
was sich in der Zukunft sehr ungünstig auswirken wird. Der
Ankauf von hochwertigem Saatgut muß durch Beistellung öffentlicher
Mittel unterstützt werden, weil sonst unsere Zuchtstationen
das Originalsaatgut nicht mehr zu. verkaufen in der Lage
sind. Die Aktion der Produktionsförderung durch Zuwendungen
von aus staatlichen Mitteln verbilligtem Saat gut muß wieder
eingeführt werden, um auf diese Weise auch dem kleinen Landwirt
die Anschaffung hochwertigen Saatgutes zu ermöglichen und
zugleich den Bestand der heimischen Zucht- und Vermehrungsstationen
zu sichern. (Pøedsednictví pøevzal
místopøedseda Stivín.) Die
Angelegenheit ist so wichtig, daß die Unzulänglichkeit
der zur Verfügung stehenden Geldmittel besonders hervorgehoben
werden muß; hier müssen unter allen Umständen
größere Beträge flüssig gemacht werden.
Der Flachsbau war schon im alten Österreich
das Stief- und Sorgenkind der landwirtschaftlichen Produktion,
und trotz aller anerkennenswerten Bemühungen des Ministeriums
für Landwirtschaft, den Anbau zu fördern, ist dies nicht
gelungen. Im Jahre 1900 wurden in Böhmen, Mähren und
Schlesien 42.000 ha Ackerland mit Flachs bebaut, während
die derzeitige Anbaufläche kaum mehr 22.000 ha beträgt.
Um den Flachsbedarf unserer Textilindustrie zu decken, die über
rund 300.000 Spindeln verfügt, braucht der Flachsbau eine
entsprechende Unterstützung durch das Landwirtschaftsministerium
und es ist sehr zu begrüßen, daß der für
die Förderung des Flachsbaues im Staatsvoranschlage
für 1929 eingesetzte Betrag eine bedeutende Erhöhung
erfahren hat. Zoll- und handelspolitische Maßnahmen müssen
es möglich machen, daß sich der Anbau von Flachs wieder
rentabel gestaltet, weil auch die èechoslovakische Leinenindustrie
das allergrößte Interesse an der
Hebung des Flachsbaues mit Rücksicht auf die Einschränkung
der Flachsausfuhr aus Rußland hat.
Ein Betrag von 4 Mill. Kè ist im Staatsvoranschlag als
Staatsbeitrag für die zu schaffende staatliche Hagel- und
Viehversicherung eingesetzt, welche im Jahre 1929 in Wirksamkeit
treten soll. Ist dies nicht der Fall, dann werden die 4 Mill.
Kè zur Förderung der wechselseitigen öffentlichen
landwirtschaftlichen Elementarversicherung und zur Unterstützung
von Kleinlandwirten bei Hagelschäden und
Viehverlusten Verwendung finden. Ich will den Verhandlungen über
die staatliche Hagel- und Viehversicherung nicht vorgreifen und
werde Gelegenheit haben, zu einem späteren Zeitpunkte den
Standpunkt der deutschen Landwirtschaft zu dieser Frage klarzulegen;
doch kann ich schon heute verraten, daß die staatliche Hagel-
und Viehversicherung in den Kreisen der deutschen Landwirtschaft
nach der heutigen Vorlage keine begeisterte Aufnahme findet.
Unter den gegenwärtigen Verhältnissen
bildet die Tierzucht eines der schwierigsten Probleme. Auch hier
muß vor allen Dingen auf zoll- und handelspolitischem Gebiete
fest zugegriffen werden, um den Absatz der tierischen Produktion
möglich zu machen. Ich habe bereits am 10. Juli d. J. von
dieser Stelle aus entsprechende Vorschläge der deutschen
Landwirtschaft zum Schutze der tierischen Produktion gemacht und
begründet. Neuerlich treffen Nachrichten ein, daß Polen
ein Viehexportsyndikat gegründet hat, um dadurch die Ausfuhr
des polnischen Viehs zu organisieren und das Ausfuhrkontingent
zu steigern. Dieser neue Schritt Polens richtet sich in der Hauptsache
gegen unsere Landwirtschaf, weil die Èechoslovakei eines
jener Gebiete ist, wohin Polen in allererster Linie sein überschüssiges
Vieh, namentlich Schweine, abschiebt, sodaß
wir unser Borstenvieh nicht abzusetzen in der Lage sind.
Gestern abend hat im Gewerbeausschuß
Frau Abg. Kirpal nachzuweisen versucht, daß die Politik
in diesem Staate, die angeblich von den Agrariern beherrscht wird,
bereits zu einer Drosselung der Einfuhr des polnischen Viehs geführt
hat. Ich habe an der Hand von Zahlen bereits gestern im Gewerbeausschuß
diese haltlosen Agumente widerlegen können. (Výkøiky
posl. Kirpalové.) Ich will auch
dem Plenum diese Ziffern nicht vorenthalten und beweisen
daß die polnische Einfuhr nach der Èechoslovakei
nach wie vor eine so große ist, daß die Landwirtschaft
dieses Staates ernst bedroht erscheint und daß es nicht
angezeigt ist, eine Politik zu machen, die den inländischen
Lebensmittelmarkt vollkommen vom Ausland abhängig
macht.
Am 8. Oktober d. J. wurden auf dem Prager Schweinemarkt
6120 Schweine gehandelt, davon 119 inländische und 4782 polnische,
am 15. Oktober wurden 192 inländische und 5193 polnische
verkauft. (Posl. Kirpalová: Was beweist das?) Das
beweist das eine, daß die Einfuhr Polens in die Èechoslovakei
bisher unter keinen Umständen eine Einchränkung erfahren
hat, weil die Ziffern gegenüber den früheren Einfuhrzahlen
genau dieselben, ja noch höhere sind. Die Einfuhr ist also
noch keinesfalls eingeschränkt, der Schweineexport Polens
in die Èechoslovakei gefährdet die Schweinezucht des
Inlandes sehr ernstlich. Im Jahre 1926 hat Polen 576.246 Stück
Schweine im Werte von 114 Mill. polnischen Gulden ausgeführt,
im Jahre 1927/28 betrug die polnische Schweineausfuhr
1,134.629 Stück im Werte von 216 Mill. poln. Gulden. Meine
Herren von der sozialdemokratischen Partei! Die Kleinbauern draußen,
die Sie zu vertreten angeben sind diejenigen, die sich durch die
Schweineaufzucht und Schweinemästung eine Einnahmsquelle
schaffen, und wenn Sie die Klagen heuer im Juni, Juli und August
gehört hätten, so hätten Sie eine andere Meinung
von der Interessenvertretung der Landwirtschaft; aber weil Sie
von der Landwirtschaft nichts verstehen, machen Sie diese Politik.
(Výkøiky posl. Heegera.) Maiszoll
besteht ja keiner mehr, er ist herabgesetzt von 8 Kè auf
50 Heller. (Místopøedseda Stivín zvoní.)
Wir haben ja die Mehleinfuhr aus Ungarn
mit Zoll belegt, damit Getreide hereinkommt und die Mühlen
das Getreide vermahlen können und dadurch Futtermittel im
Inlande geschaffen werden. (Výkøiky posl.
Heegera.) Ich habe Ihnen gesagt, daß
Sie sehr schlecht die Interessen der Kleinbauern vertreten. Einer
der Hauptmärkte für die polische Schweineausfuhr ist
Prag, und der èechoslovakische Viehmarkt hatte euer
einen wesentlich gesteigerten Absatz polnischer Schweine zu verzeichnen.
In dieser Richtung dürften auch die Worte des Herrn Landwirtschaftsministers
über eine unverzügliche zweckmäßige Reform
des bisherigen Zolltarifes zu werten sein und
es ist der Wunsch der praktischen Landwirtschaft des ganzen Staatsgebietes,
daß diese Ministerworte recht bald zur Verwirklichung gebracht
werden. Wenn die Förderung der Viehzucht durchgreifend sein
soll, erfordert sie große Mittel. Daß die zur Verfügung
gestellten Mittel noch nicht ausreichen, beweist die ungenügende
Unterstützung der Milchkontrollvereine, deren Bedeutung nicht
allein für die Landwirtschaft, sondern für die gesamte
Volkswirtschaft feststeht, und viele dieser Kontrollvereine müssen
ihre Tätigkeit einstellen, weil schon einige Zeit die Unterstützung
aus öffentlichen Mitteln ausblieb. Durch die Tätigkeit
der Kontrollvereine werden nur wirklich leistungsfähige Tiere
für die Milchgewinnung aufgestellt und zur Nachzucht verwendet,
weshalb der Ausbau dieser Vereine ein Gebot der Zeit ist. Aus
eigener Kraft können sich die Kontrollvereine nicht erhalten
weshalb eine ausreichende Unterstützung notwendig ist. Die
Förderung der Weidewirtschaft muß im Programm der Viehzulchtsförderung
stark betont werden. Alle Bemühungen nach Verbesserung der
Viehzucht werden solange halbe Maßnahmen bleiben. müssen
als man in bäuerlichen Kreisen nicht zur allgemeinen Einsicht
kommt, daß das Haustier Licht, Luft und Bewegung braucht,
um gesund zu bleiben und Leistungen zu vollbringen. Als Organisation
des Viehabsatzes zur Beschickung der heimischen Märkte und
zur Förderung des Exportes wurde der Hauptverband zur Förderung
der Viehverwertung mit dem Sitze in Prag begründet. Den Verbande
gehören die vier Hauptkörperschaften der deutschen Landwirtschaft
und 29 Viehzucht und Verwertungsgenossenschaften aus dem deutschen
Gebiete Böhmens an. Diese Organisation ist die von der gesamten
deutschen Landwirtschaft anerkannte Interessenzentrale für
die Angelegenheiten des Vieh und Fleischverkehres. Der Verband
muß mit Rücksicht auf die umfangreiche Tätigkeit
die durch die Eröffnung des Aussiger Viehhofes vor wenigen
Tagen eine starke Zunahme erfahren hat, mit größeren
Ausgaben rechnen. Unsere Bestrebungen, ausreichende staatliche
Mittel zu erlangen, hatten bisher nicht den gewünschten Erfolg.
Dem Ministerium für Landwirtschaft steht für das Jahr
1928 ein Betrag von 2,080.000 Kè für diesen Zweck
zur Verfügung. Entsprechend der Bevölkerungszahl würde
der Organisation der deutschen Landwirtschaft
Böhmens auf diesem Gebiete dem Hauptverbande zur Förde
rung der Viehverwertung ein staatlicher Beitrag von 120.000 Kè
für das Jahr 1928 gebühren. Da die Viehverwertung einen
wichtigen Teil der Maßnahmen zur Förderung der Viehzucht
bildet - ich glaube, in diesem Falle stimmen wir vollkommen überein
- ist es notwendig, daß unter Mitwirkung des Landeskulturrates
die Bewilligungen von staatlichen Beiträgen in der bereits
erwähnten Höhe an den Hauptverband zur Förderung
der Viehverwertung erfolgt, damit er in der Lage ist, die einheitliche
Organisation in den Bezirken durchzufünren und den Verkauf
vom Produzenten zum Verbraucher mit tunlichster Vermeidung von
Zwischengliedern möglich zu machen. Nicht unbekaint ist uns,
daß Viehverwertungen, die mit der Interessenvertretung der
deutschen Landwirtschaft diesem Staate nichts gemein haben und
unter den heutigen Verhältnissen keine Existenzberechtigung
besitzen, noch immer Beiträge aus öffentlichen Mitteln
erhalten, gegen welche staatliche Unterstützung ich im Namen
der deutschen Landwirtschaft von dieser Stelle aus offenen Protest
erhebe.
Größere Mittel sind für die
Förderung der Milchwirtschaft vorgesehen. Die Unterstützung
neu zu errichtender Molkereien im weitestgehenden Maße ist
notwendig, damit der Milchverkehr nicht in die Hände des
privaten Milchhandels oder, wie es in der letzten Zeit vielfach
geschehen ist, dem Großkapital ausgeliefert wird. Die großen
Erbauungs- und Investitionskosten von Molkereien, die wie ein
Schrecken auch von jener Seite an die Wand gemalt wurden, welche
die Pflicht hätte, das Molkereiwesen zu fördern, haben
in den großen Industriezentren Tetschen-Bodenbach die Landwirtschaft
von der Erbauung einer Molkerei abgehalten. Die Folgen dieses
Zutreiberdienstes an großkapitalisistische Unternehme zum
Schaden der Landwirtschaft werde ich zu einer späteren Zeit
einmal zu besprechen Gelegenheit haben, zu einer Zeit, wo die
Milchproduktion unter dem Diktat der Preisbestimmung wird leiden
müssen. Dieser Zustand wäre nicht möglich, wenn
die Milchwirtschaft, die als eine der wichtigsten Erwerbszweige
der Landwirtschaft angesehen werden muß, an der Hochschule
als selbständiges Wissen behandelt würde. Die übrigen
landwirtschaftlichen Hochschulen besitzen für die Milchwirtschaft
eine eigene Lehrkanzel, verbunden mit einer Untersuchungsstation.
Auch an der èechischen landwirtschaftlichen Hochschule
in Prag besteht eine milchwirtschaftliche Lehrkanzel. An der landwirtschaftlichen
Hochschule in Tetschen-Liebwerd fehlt diese noch
immer, obwohl für die deutsche Landwirtschaft dieses Staates
die Milchwirtschaft die wichtigste Einnahmsquelle ist, infolge
des übermäßigen Futterbaues, der wieder mit Rücksicht
auf unsere Lage betrieben werden muß. Unsere deutsche Landwirtschaft
liegt zum Großteile im Futterbaugebiet, wo erwiesenermaßen
der Geldwert der Milch den Geldwert der gesamten Getreide- und
Kartoffelernte um ein beträchtliche übertrifft. Zu den
bereits bestehenden Lehrkanzeln wäre eine solche für
Milchwirtschaft in Tetschen-Liebwerd zu schaffen, welche die gründliche
theoretische und laboratoriumsmäßige Ausbildung der
Hörer auf dem Gebiete der Milchwirtschaft möglich macht,
was auch im Interesse unserer angehenden Landwirtschaftslehrer
und der praktischen Landwirtschaft gelegen ist. Wissenschaftliche
Erforschung so vieler, noch ungeklärter Fragen der Milchwirtschaft,
die im Ausland neben den Hochschulen in eigenen Forschungsinstituten
erfolgt, wäre Aufgabe der milchwirtschaftlichen Lehrkanzel.
Die Lehrkanzel ist mit einem entsprechenden Laboratorium für
die Untersuchungs- und Forschungstätigkeit auszugestalten.
Die milchwirtschaftliche Lehrkanzel an der landwirtschaftlichen
Hochschule in Tetschen-Liebwerd soll auch eine objektive Beratungsstelle
der Molkereien und praktischen Landwirtschaft in Fragen der richtigen
Milcherzeugung und Milchverwertung sein, eine notwendige Ergänzung
zu dem bereits bestehenden milchwirtschaftlichen Referate im Landeskulturrat,
damit wir imstande sind, mit unseren Molkereiprodukten im In-
und Auslande in Wettbewerb zu treten. Theorie und Praxis sollen
sich die Hände reichen, wie dies in allen Ländern der
Fall ist, die eine hochentwickelte Milchwirtschaft besitzen. Um
dieser letzteren Forderung um so eher gerecht werden zu können,
wäre zu erwägen, ob dieser milchwirtschaftlichen Lehrkanzel
nicht eine eigene Molkerei angegliedert werden könnte, was
besonders von den Landwirten des politischen Bezirkes Tetschen
sehr begrüßt würde. Notwendig ist auch, der Buttererzeugung
Erwähnung zu tun. Die Erzeugung bester Butter ist zwecklos,
solange nicht der Butterverfälschung energisch an den Leib
gerückt wird. Es ist Tatsache, daß von Butterhändlern
und -Händlerinnen große Mengen Margarine angekauft
und dann wieder als Naturbutter auf den Markt gebracht werden.
Durch solche Handlungsweise werden Landwirte, deren gute Butter
im Preise unterboten wird, geschädigt. Das Ministerium für
Landwirtschaft hat die Aufgabe, die in Frage kommenden amtlichen
Stellen auf die Notwendigkeit der ehest en Ergänzung der
bezüglichen Gesetze aufmerksam zu machen. Scharfe Kontrolle
des Butterhandels und äußerst strenge Bestrafung der
Butterfälscher können hier helfend eingreifen.
Von großer Bedeutung sind für die
Landwirtschaft, aber auch für die gesamte Volkswirtschaft
dieses Staates, die wasserwirtschaftlichen Angelegenheiten.
In erster Linie will ich mich mit der Regelung der Wasserverhältnisse
des Bodens befassen, für welchen Zweck dem Ministerium für
Landwirtschaft 30 Mill. Kè zur Verfügung stehen. Ich
habe bereits im Vorjahre darauf verwiesen,
daß die deutsche Landwirtschaft dieser wichtigen land- und
volkswirtschaftlichen Frage viel zu weit abseits steht. Diese
tief beklagenswerte Tatsache ergibt sich aus nachstehenden Zahlen:
1923 belief sich die Baukostensumme für deutsche Wassergenossenschaften
und Meliorationsverbände auf 2,710.000 Kè, für
die Genossenschaften im Inneren Böhmens auf 40,940.000 Kè.
1924 sank die Baukostensumme für deutsche Genossenschaften
auf 1,250.000 Kè und stieg für die èechischen
Genossenschaften auf 15,250.000 Kè.
Im Jahre 1925 war das Verhältnis 1,450.000 Kè
zu 23,000.000 Kè. Im Jahre 1926 war der Bauaufwand im deutschen
Gebiete 3 Mill. Kè, während im Inneren Böhmens
für 39 Mill. Kè Entwässerungsanlagen gebaut worden
sind. Im Jahre 1923 wurden 13 deutsche, 93 èechische,
im Jahre 1924 9 deutsche und 102 èechische, im Jahre 1925
10 deutsche und 148 èechische Bauten ausgeführt. Aus
den alljährlichen Berichten des kulturtechnischen Bureaus
des Landeskulturrates ist seit Jahren die Rückständigkeit
des deutschen Gebietes mit Bedauern festzustellen,
umsomehr, als die Randgebiete Böhmens Meliorationen zur Hebung
der landwirtschaftlichen Produktion sehr notwendig hätten.
Nur auf dem traurigen Gebiete der Stabilisierung vom Rutschgebiet
und Rekultivierung haben die deutschen Gemeinden die Oberhand.
Bei dieser Gelegenheit kann ich nicht unterlassen darauf zu verweisen,
daß mit der Inangriffnahme der Rekultivierungsarbeiten im
devastierten Bergbaugebiete endlich einmal begonnen werde. Die
Ursache dieser Rückständigkeit, der Teilnahmslosigkeit
der deutschen Landwirtschaft an der Entwässerung von Grund
und Boden liegt nicht im Mangel des Verständnisses der Landwirte
für die Sache, sondern insbesondere in der wirtschaftlichen
Schwäche des deutschen Bauern- und Kleinbauernstandes, welche
die Kosten der Melioration, die in den Gebirgsgegenden sich um
fast 1500 Kè per ha höher stellen als im Inneren Böhmens,
nicht aufzubringen vermögen, und die regelmäßigen
Subventionen nicht hinreichen, um den Landwirten die Durchführung
der Entwässerungen zu ermöglichen.
Wenn von einer bürokratischen Behandlung einer Angelegenheit
gesprochen werden kann, dann trifft diese Feststellung in erster
Linie auf die Behandlung der Gesuche für Entwässerungen
von Grundstücken zu. Mehr als ein Jahr vergeht, bevor das
Projekt an den verschiedenen Stellen überprüft und genehmigt
wird, ein weiteres Jahr geht zu Ende, bevor die Subventionen bewilligt
sind, und womöglich zwei Jahre dauert die Auszahlung der
bewilligten Beträge, so daß ein Großteil der
Subventionen der Zinsendienst der hiefür notwendigen aufgeborgten
Gelder verschlingt. Auch dieser Umstand trägt viel dazu bei,
daß meliorationsbedürftige Grundstücke zum Nachteile
der Volkswirtschaft noch unfruchtbare Gebiete sind. Die Sektion
IV des Landwirtschaftsministeriums in Vršovice muß
unbedingt ausgebaut werden, weitere Beamte eingestellt, damit
die eingebrachten Gesuche in einem kürzeren Zeitraume erledigt
werden können, wie auch die Abteilung beim Finanzministerium
an Beamtenmangel krankt. Eine klaglose Behandlung und Erledigung
der laufenden Gesuche der Wassergenossenschaften, sowie eine Vereinheitlichung
des Verfahrens im Zuge der Verwaltungsreform ist dringend geboten.
Der § 8 des Gesetzes vom 4. Jänner 1909, R. G. Bl. Nr.
4, ist dahin abzuändern, daß für Meliorationen
in Gegenden mit einer Höhenlage von über 400 m mindestens
40% Staats- und 20% Landesbeiträge bewilligt werden, ähnlich
wie dies im Gesetze für die Gebirgswässer vorgesehen
ist. Die Entwässerungstätigkeit ist dort eine tatsächlich
gute, wo die bestehenden Außenstellen des kulturtechnischen
Büros durch ihre Beamten in ständiger Fühlungnahme
mit der Landwirtschaft stehen, weil dadurch nicht nur die nötige
Aufklärung unter die Landwirte getragen werden kann, sondern
auch die werktätige Mithilfe schon bei den Vorbereitungsarbeiten
für die Gründung der Wasser genossenschaften, Beschaffung
von Projekten geboten wird. Im Zuge der Verwaltungsreform ist
die Neuerrichtung von Außenstellen des kulturtechnischen
Büros des Landeskulturrates in Reichenberg, Trautenau, Rumburg
und in einer deutschen Stadt Süd- und Westböhmens anzustreben.
Der § 9 des Finanzgesetzes, welcher die Bestimmungen über
die Auszahlung der Subventionen im letzten Vierteljahre des laufenden
Jahres enthält, behindert die Auszahlung der Subventionen
und soll auf die mit den wasserwirtschaftlichen Angelegenheiten
im Zusammenhange stehenden öffentlichen Mittel keine Anwendung
finden. Wenn die Wünsche der deutschen Landwirtschaft vom
Herrn Landwirtschaftsminister Berücksichtigung finden, dann
wird der Anteil der Landwirtschaft der Randgebiete an der Frage
der Regelung der Wasserverhältnisse des Bodens im Interesse
der Allgemeinheit bald eine erfreuliche Stärkung erfahren.