Ètvrtek 7. bøezna 1929

Die sinnlose Handhabung der Zensur veranlaßt mich auch heute wieder, einen Appell an den Justizminister und an das Präsidium des Hauses zu richten. Mancher übereifrige Staastanwalt glaubt die Autorität und Sicherheit des Staates zu schützen, wenn er die Kritik der Opposition unterbindet oder gegen weltanschauliche Ideen mit dem Rotstift zu Felde zieht. Er erreicht damit das Gegenteil. Lächerlich aber wirkt es, wenn, was sehr häufig vorkommt, der eine Staatsanwalt beschlagnahmt, was der andere unbeanständet durchläßt. Daß bei uns so wenig Sinn für das freie Wort und die geschichtliche Wahrhaftigkeit vorhanden ist, ist freilich nicht zuletzt darauf zurückzuführen, daß gerade von der Stelle, die ein Hort für freie Kritik und für das freie Wort sein sollte, nämlich vom Präsidium des Abgeordnetenhauses, eine Zensur praktiziert wird, die beschämend ist für einen Staat auf demokratischer und republikanischer Grundlage. (Posl. Geyer: Man wird das Parlament ganz konfiszieren!) Sehr richtig. Ich verweise da nur auf die Zensurierung der Kundgebung meines Klubs zum zehnjährigen Gedenktage des 4. März 1919, die mein Klubkollege Knirsch hier vortrug. Es war eine Kundgebung der Pietät für Märtyrer einer Idee, deren Verwirklichung allen Völkern Freiheit und höchste Entfaltung der nationalen Eigenart sichern soll. WI er die Kundgebung unvoreingenommen liest, wird keinen anderen Sinn in ihr finden und Achtung und Verständnis für die Gefühle haben, die uns Sudetendeutsche an diesem Gedenktage bewegten. Das Präsidium hat aus der Kundgebung Stellen gestrichen, welche geschichtliche Wahrheiten beinhalten und in dem Geschichtsarchiv der Parlamentsbibliothek nachgelesen werden können. Es hat weiter eine Stelle konfisziert, die lediglich vom Glauben an die Sieghaftigkeit einer Idee spricht. Wir müssen gegen eine solche Zensur entschiedenen Protest einlegen. Wir müssen aber auch Stellung nehmen gegen die Art der Durchführung der Parlamentszensur, die der Presse die parlamentarische Berichterstattung erschwert und ihr für die Erfüllung ihrer publizistischen Pflicht noch schwere materielle Schädigung einbringt, wie beispielsweise im vorigen Falle der "Bohemia", dem "Teplitz-Schönauer Anzeiger", dem "Gablonzer Tagblatt" und dem "Tag", welche Blätter beschlagnahmt wurden, weil sie von der Zensurierung keine Kenntnis hatten. Das Präsidium sollte von der Zensurierung einer Rede oder Interpellation nicht nur den Staatsanwalt, sondern auch den betreffenden Abgeordneten verständigen, damit dieser in die Lage kommt, die Presse zu informieren. Im Interesse der parlamentarischen Berichterstattung und der Presse richten wir an das Präsidium den Appell, hier entsprechenden Wandel zu schaffen. (Potlesk poslancù nìm. strany nár. socialistické.)

4. Øeè posl. dr Koberga (viz str. 24 tìsnopisecké zprávy):

Meine Damen und Herren! Mein geehrter Herr Vorredner hat sich ebenso wie Koll. Horpynka damit beschäftigt, daß er über die hier herrschenden Zensurverhältnisse gesprochen hat, und ich kann diese polizeistaatlichen Zustände, wie sie hier herrschen, durch andere Belege ergänzen. Gerade der 4. März hat ja wieder einmal den Beweis erbracht, daß wir tatsächlich hier in einem wirklichen Polizeistaat leben und daß die freie Meinungsäußerung überhaupt nicht gestattet ist. Nicht genug an dem, was hier hinsichtlich der Beschlagnahme und Zensur gesagt wurde, hatte bei uns in Schlesien z. B. die Bezirksbehörde in Jägerndorf auch einen Erlaß herausgegeben, der die Märzveranstaltungen überhaupt unterbinden und verbieten sollte. Ich habe eine Abschrift dieses Erlasses zur Hand (ète):

"Bezirksbehörde in Jägerndorf, am 14. Feber 1929, Zahl Pr.-17/1, Gedenkfeier des 4. März 1919, Kundgebungen im Jahre 1929.

An alle Stadt- und Gemeinderäte des Bezirkes! Es wird in Erinnerung gebracht, daß alle Feierlichkeiten zum Gedächtnis für die bei den Unruhen am 4. März 1919 gefallenen Personen, die sogenannten Märzfeiern in welcher Form immer sie veranstaltet werden mögen, unzulässig sind und daß wegen Veranstaltung von derartigen Feiern die Veranstalter sowohl von den Gerichten als auch von den Polizeiämtern zur Verantwortung gezogen werden können. Der Stadt- und Gemeinderat wird daher aufgefordert, die Bevölkerung in dieser Richtung auf geeignete Art zu belehren und zur Vermeidung von Unzukömmlichkeiten die erforderlichen Vorkehrungen zu treffen. Der Bezirkshauptmann Dr. Bastl e. h."

Man sieht aus diesem Erlaß - ich weiß nicht, ob er der eigenen Initiative des Herrn Bezirkshauptmanns entsprungen ist, oder ob er sich auf den Erlaß einer übergeordneten Behörde stützen kann - man sieht jedenfalls daraus eine rührende Fürsorge. Damit nur ja niemanden etwas geschieht, sollen sowohl die Gerichte als auch die politischen Behörden und die Polizeibehörden einschreiten, wenn irgend eine Veranstaltung in welcher Form immer abgehalten wird. Aber gleichzeitig ich bitte auch das zu beachten - liegt doch darin eine schwere Beleidigung unserer Märzopfer, nicht nur deshalb, da sie hier als Unruhestifter, als Aufrührer hingestellt werden, zu deren Gedächtnis also nicht einmal die bescheidenste Veranstaltung erlaubt werden darf. (Výkøiky posl. dr Lehnerta.) Es ist doch historisch, daß von deutscher Seite am 4. März 1919 nicht ein Schuß, nicht ein Steinwurf fiel, daß also, da mit Gewalttätigkeiten überhaupt nicht einmal gedroht wurde, kein Anlaß zum Schießen in die wehrlose Menge gegeben war. Glaubt vielleicht der Herr Bezirkshauptmann oder die hinter ihm stehende Regierung, durch derartige Erlässe die Geschichte fälschen zu können. [Další vìty byly usnesením pøedsednictva posl. snìmovny ze dne 7. bøezna 1929 podle §u 9, lit. m) jedn. øádu vylouèeny z tìsnopisecké zprávy. Viz str. 36 této tìsnopisecké zprávy.] Daß man uns freiwillig nicht das geringste Entgegenkommen zeigen will, beweist ja nicht nur die Rede des Dr. Kramáø vom 11. Feber, in der er das Axiom aufstellt, es könne keine Rede von irgendwelcher territorialen, personellen oder kulturellen Autonomie sein, die Deutschen müßten sich mit dem Unabänderlichen einmal abfinden, also mit dem èechischen Nationalstaat, das beweisen auch andere èechische Äußerungen, die gerade in den letzten Tagen über die Minderheitenfrage überall in den èechischen Blättern zu lesen waren, über die jetzt in Genf so viel gesprochen wurde und die dort auf der Tagesordnung steht. Nach den "Lidové Listy" z. B. besteht ja für die Èechoslovakei die Minderheitenfrage überhaupt nicht. Das ist die einfachste Politik, die richtige Vogel-Straußpolitik. Gewiß sind wir ja keine eigentliche Minderheit, das sagen wir auch, sondern wir sind zum größten Teil Grenzdeutsche, die in unmittelbarem Zusammenhang mit dem Muttervolk stehen, aber nach der Terminologie des Minderheitenschutzvertrages zählen wir dennoch zu den angeblich geschützten Minderheiten in Europa. Bis auf die Ukrainer in Polen sind wir die größte unter den Minderheiten, machen wir doch allein fast ein Viertel der Staatsbürger aus, mit den übrigen Minderheiten weit mehr als ein. Drittel und wenn man die unterdrückten Slovaken dazu rechnet, die ja auch noch nicht so recht befreit sind, so machen wir mehr als die Hälfte der Bevölkerung in diesem Staate aus. Trotzdem wird das dumme Märchen vom sogenannten Nationalstaat noch immer aufrecht erhalten und frisch aufgewärmt, obwohl außer einigen unheilbaren èechischen Ideologen kein Mensch mehr daran glaubt. Sonst wäre diese offenkundige Angst, die aus dem Anrennen gegen ein gründliches Aufrollen des Minderheitenproblems in Genf spricht, nicht recht erklärlich. Das Gespenst vom Pangermanismus, den Stresemann angeblich als Minderheitenschützer vertritt, wie die èechischen Blätter schreiben, muß herhalten, um die èechische öffentliche Meinung gegen jedes Zugeständnis an die einheimischen Deutschen aufzupeitschen und die dreimal geheiligte Staatssouveränität wird als gefährdet hingestellt, wenn sich am Ende der Völkerbund einmal auch um unsere Verhältnisse kümmert und sich unser annimmt. (Posl. inž. Kallina: 40 Millionen unterdrückte Menschen sind in Europa!) Das ist ganz richtig. Die Staatssouveränität ist aber als ein noli me tangere aufgerichtet und da wollen die Herren Beneš und Konsorten nichts vom Minderheitsrechte wissen. Dabei wird verschwiegen, daß die Staatssouveränität der Èechoslovakei ebenso wie die anderen Neugründungen seinerzeit nur unter dieser Einschränkung ihrer Souveränität entstanden ist (Výkøiky posl. inž. Kalliny.), und daß dieser Eingriff in die Hoheitsrechte des Staates bekanntlich so weit geht, daß keine gesetzliche Vorschrift, wie es wörtlich im Minderheitenschutzvertrag heißt, keine Verordnung und kein Amtshandlung Geltung haben soll, wenn sie auch nur einer Bestimmung die Artikel 2 bis 8 des Kapitels 1 des Minderheitenschutzvertrages widerspricht. [Další vìta bylá usnesením pøedsednictva posl. snìmovny ze dne 7. bøezna 1929 podle §u 9, lit. m) jedn. øádu vylouèena z tìsnopisecké zprávy. Viz str. 36 této tìsnopisecké zprávy.] Wiederholt schon wurde von der Èechoslovakei der Minderheitenschutzvertrag einfach gebrochen, da hilft kein Leugnen. (Posl. inž. Kallina: Es wird sogar seine Geltung geleugnet, weil er erst später unterschrieben wurde nachdem der Staat bereits gegründet war!) Aber Vertrag bleibt Vertrag, unterschrieben haben sie ihn und sie mußten ihn unterschreiben, weil sie sonst den Staat in dieser Form nicht bekommen hätten. Das schlechte Gewissen in dieser Beziehung hat Herrn Dr Beneš schon seinerzeit auf der Septembertagung im Jahre 1923 veranlaßt, gemeinsam mit Polen, das um kein Haar besser ist als dieser Staat, die Initiative zur geheimen Behandlung der Minderheitenbeschwerden in Genf zu ergreifen und es ist tatsächlich auch dann so beschlossen worden. Es ist begreiflich, daß dieser Herr Beneš gemeinsam mit Herrn Zaleski jetzt der Forderung nach Wiederherstellung der Öffentlichkeit in allen Minderheitsfragen streng ablehnend gegenübersteht und daß er auch von der Gründung einer besonderen Studienkommission oder aber von einer besonderen Minderheitenkommission beim Völkerbund absolut nichts wissen will. Es ist auch mehr als wahrscheinlich, daß der Genfer Staatenbund - denn ein wirklicher Völkerbund ist es ja nicht - keine klaren Grundsätze für die Fortentwicklung des Völkerrechtes schaffen wird, denn dann müßte er schließlich das Recht jedes Volkes auf seinen eigenen Staat, auf sein gesamtes geschlossenes Siedlungsgebiet anerkennen (Pøedsednictví pøevzal místopøedseda dr Buday.) und überdies für die außerhalb wohnenden Volksteile das Recht auf Erhaltung ihres Bestandes entweder durch Selbstverwaltung oder durch Anerkennung und Behandlung als vollkommen gleichberechtigtes Staatsvolk zugestehen. Das werden wir jetzt, bei der gegenwärtigen Zusammensetzung und Einstellung des Völkerbundes, nicht erleben. Trotzdem aber glauben wir daran, daß auch unsere Unterjochung einmal ein Ende haben muß. Gegenüber unserem sittlich begründeten Volksrecht werden auch militärische Geheimverträge verschiedenster Art nichts nützen [Další slova byla usnesením pøedsednictva posl. snìmovny ze dne 7. bøezna 1929 podle §u 9. lit. mm) jedn. øádu vylouèena z tìsnopisecké zprávy. Viz str. 36 této tìsnopisecké zprávy.] Keine Macht der Welt vermag den Zusammenschluß aller geschlossen siedelnden Deutschen in Mitteleuropa auf die Dauer aufzuhalten. Man kann es wohl verzögern, aber nicht verhindern. Darum sollte eine weitblickende èechische Politik lieber bald sich mit uns Deutschen auf guten Fuß zu stellen trachten, als uns immerfort zu schädigen, zu quälen und zu verbittern, wie sie es tagtäglich tut. Dezimieren können uns ja doch die Èechen nicht, das haben die letzten Wahlen bewiesen. Denn nach wie vor bilden wir ein Drittel der Bevölkerung Böhmens, Mährens und Schlesiens, das haben die Wahlergebnisse gezeigt, trotz aller Assimilierungs bestrebungen haben wir im wesentlichen nicht abgenommen. Und èechoslovakisieren, also uns seelisch einschmelzen in diesen Staat, können sie auch nicht, denn sonst wären ja.. (Posl. dr Lehnert: Auf dem Wege nicht!) Auf diesem Wege nicht!... denn sonst wären die deutschen Regierungsparteien nicht von 47% auf 41% der deutschen Stimmen zurückgegangen. Schade also um das viele Geld und um die große Mühe, die unnütz verpulvert werden. Würde dieser Staat zunächst neutralisiert und bekämen seine Volksstämme alle eine richtige Autonomie, so könnte hier vielleicht in edlem Wettbewerb Hervorragendes geleistet werden, da die Bedingungen dafür vorhanden sind. So aber reiben wir uns alle auf im ewigen Kampfe gegeneinander, und während das Deutsche Reich trotz der ungeheueren Tributlasten langsam, aber sicher in die Höhe kommt, sinkt die Èechoslovakei von Stufe zu Stufe. Das konnten wir z. B. bei der letzten Frostkatastrophe ganz deutlich beobachten. Jeder, der zu dieser Zeit im Deutschen Reiche draußen war und die Verhältnisse dort auf den Bahnen mit den Verhältnissen hier vergleichen konnte, mußte zum Schlusse kommen, daß da der Unterschied wie 1000: 1 ist. Heute noch ist bei uns eine ganze Reihe von Zügen eingestellt. Der Verkehr bei uns nach Nordmähren und Schlesien, wo man an und für sich schlechte Verbindungen hat, ist um die Hälfte reduziert, in Deutschland verkehrt dagegen alles wie gewöhnlich, kein Zug ist mehr eingestellt. (Výkøiky.) Najman aber sagt, es ist alles in schönster Ordnung. (Výkøiky.) In der letzten Sitzung des Verkehrsausschusses hat der Sektionschef erklärt, ja, es käme immer auf das Schmiermaterial an - wahrschemlich hat man nicht gut genug geschmiert - und das Schmiermaterial ist eingefroren und infolgedessen gehen die Züge nicht. Die polnischen Blätter machen sich schon recht schadenfroh lustig über die Verhältnisse im befreundeten Nachbarstaate, weil jetzt die polnischen Zustände durch die Verhältnisse im Eisenbahnverkehr in der Èechoslovakei geschlagen sind.

Und so wie im Eisenbahnverkehr, zeigt sich schließlich und endlich die Desorganisation bei uns auch im Straßenverkehr und in der Straßenerhaltung. Es wurde nichts getan, um die Straßen freizumachen, trotzdem wir einen Straßenfond von 1000 Millionen haben. Alles ist gelassen worden, wie es liegt. Auf Interpellationen wird nicht geantwortet. (Posl. inž. Kallina: Nur Versprechung en sind gegeben worden!) Ganz richtig! Indessen ist der Verkehr bei uns im Gebirge lahmgelegt. Nichts ist geschehen, trotzdem wir 140.000 Mann Militär haben, die gut dazu zu verwenden wären, und trotzdem wir einen Straßenfond besitzen. Wir sind vollständig eingeschneit und können mit großen Gebieten nicht in Verkehr treten. Kurz, in der ganzen Verwaltung zeigt sich ein fürchterlicher Zusammenbruch, wie wir ihn schon bei der Beratung über die Verwaltungsreform vorausgesagt haben.

Das starre zentralistische System zeitigt bereits die schönsten Blüten und die planmäßige Verhöhnung der Demokratie durch die neue Verwaltung hat in der letzten Zeit sogar den Klub der Landesvertreter einer èechischen Regierungspartei, nämlich der Lidová strana in Böhmen, veranlaßt, in einer Entschließung zu sagen, es sei unbedingt nötig, daß das Gesetz ehebaldigst in dem Sinne novelliert werde, daß der Einfluß der Bevölkerung auf die öffentliche Verwaltung möglichst erweitert werde. Das sagt eine èeehisehe Regierungspartei. (Posl. dr Schollich: Die das Gesetz mitgemacht hat! - Posl. inž. Kallina: Und die deutschen Regierungsparteien beten nach!) Sehr richtig Der Vater, der eigentliche Urheber der Verwaltungsreform, der Minister Èerný, tut immer noch so, als sei alles in schönster Ordnung und er bleibt weiter Landespräsident von Mähren, Landespräsident von Schlesien, Innenminister und noch dazu Verweser des Ernährungsministeriums. (Výkøiky.) Ein èechisches sozialdemokratisches Blatt aus Schlesien, der "Slezan", ironisiert das nun ganz gelungen folgendermaßen: "Wenn der liebe Gott drei Gestalten in sich verkörpert, so kann es in der Tat kein Wunder sein, wenn der Innenminister und der mährisch-schlesische Landespräsident in einer Person bestehen. Leider müssen wir aber" - so fährt das sozialdemokratische Blatt fort "an diesem Zustand sehr schwer tragen. Wir möchten in der Tat den Herrn Minister Èerný lieber als einen lebenslänglichen Minister oder aber als einen Beamten sehen, noch lieber aber als einen gutbezahlten Pensionisten, der Fische fangen, Spatzen oder Hirsche schießen oder sonst etwas anderes tun würde. Das wäre wirklich eine Beschäftigung, die wir Herrn Èerný vom Herzen gönnen möchten. Denn eine derartige Tätigkeit würde ihm erstens gut bekommen, zweitens aber hätte er auch noch nebenbei seine Ruhe und auch wir hätten Ruhe von ihm. Ganz besonders wir in Schlesien hätten ein lebhaftes Interesse daran, daß der Herr Minister Èerný in Prag bleibt und nicht mehr nach Brünn zurückkehrt. Herr Èerný weiß wohl ganz genau, warum wir ihm dies wünschen, da er ja auch weiß, was er dem Lande Schlesien angetan hat, weshalb er auch von Schlesien und den Schlesiern keine Liebe zu erwarten hat. Allerdings erwartet er wohl auch keine Liebe von uns. Wir wissen, daß wir ihm vollständig gleichgültig sind, aber schließlich hat ja alles seine Grenzen. Die Allgewalt des Ministers ist ja trotz allem nur zeitlich begrenzt, ebenso wie die Allgewalt des Landespräsidenten." Dann fährt das Blatt fort: "In Brünn, wo sich Herr Èerný öfters sehen läßt, erteilt er dem Vizepräsidenten Remeš seine Befehle und im Ministerium des Innern in Prag genehmigt er sie. Denn er gibt sich ja sebst seine Befehle aus Prag nach Brünn und hat so seine Hände sowohl in Prag, wie in Brünn. Aber die Welt ist rund und dreht sich, und wenn 700.000 harte und gewissenhafte Menschen gegen jemanden arbeiten, dann wird dieser vielleicht doch auch einmal fallen - auch wenn er sieh mit Händen und Füßen dagegen wehrt." (Výkøiky posl. dr Schollicha a inž. Kalliny.) Ja, das èechische sozialdemokratische Blatt schreibt so, aber es besteht keine große Aussicht und Hoffnung, daß er sieh rühren und vielleicht von dem ein em oder dem anderen seiner vielen Ämter zurücktreten wird. Daß die schlesischen Èechen ihn nicht lieben, ist kein Wunder. Alle Schlesier ohne Unterschied der Nation warten darauf, daß er sein Wort, seine Verpflichtung, die ihm nach § 28 der Verwaltungsreform zur Schaffung der sogenannten Landeskommission von Schlesien auferlegt wurde, erfülle. Aber bis heute rührt sich nichts. (Posl. inž. Kallina: Die Schlesier sind Idealisten, daß sie auf Ministerworte vertrauen) Das ist im Gesetze verankert, das wird ihm durch das Gesetz aufgetragen. Aber bis heute rührt sich nichts. Als ob das nicht im Gesetze stünde! Wir verlangen, daß so rasch als möglich eine derartige Landesverwaltungskommission errichtet werde, aber nicht in Brünn, wie sie angeblich jetzt geschaffen werden soll, und nicht aus acht Mitgliedern, die womöglich nach dem mährisch-schlesischen Wahlergebnisschlüssel zusammengesetzt werden soll, oder überhaupt nach kein em Schlüssel, sondern einfach, wie es den Herren paßt, wir verlangen vielmehr, daß sie aus 12 Schlesiern bestehe, in Troppau amtiere und daß alle großen Parteien darin auch ihre Vertreter haben, daß ferner diese Kommission alle Vollmachten erhalte, die sie auf Grund des Gesetzes bekommen kann, also hinsichtlich des gesamten Wirkungskreises des Landesausschußes, soweit Schlesien in Betracht kommt. Ob wir es erreichen werden? Wir werden warten. Vorderhand wird in Brünn daran gebraut, aber inzwischen stehen in Troppau die Landesgebäude zum größten Teile leer, so daß jetzt während der Fröste im Neuen Landhause, wie ich mir habe erzählen lassen, die Zentralheizung zerfroren ist. Der Schade wird rund mit 200.000 Kè beziffert. Für solche Schäden wäre Minister Èerný haftbar zu machen. Wir haben ihn gewarnt, er aber hat gesagt, es werden Ersparungen erzielt werden. Derartige Schäden, wie der erwähnte, werden sich noch häufen. Er aber setzt sich frohgemut und heiter über alle Beschwerden hinweg, da er aus Erfahrung weiß, daß sich die Koalition von ihm einfach alles gefallen läßt. Die Koalition verschuldet diese Willkürherrschaft und Mißwirtschaft, unter der schließlich alles im Staate leidet. Die Koalition hat die Demokratie untergraben und sie arbeitet geradezu auf eine èechische Diktatur hin, denn sie tut ja alles, um einzelnen wenigen wie z. B. Èerný eine Unmenge von Macht, eine Machtfülle in die Hand zu geben, wie sie sonst in keinem Staate der Welt üblich ist. Sie verschuldet auch die vielbesprochene Krise des Parlamentarismus, indem sie die Mehrheitsrechte schnöde mißbraucht und die Verhandlungen in beiden Häusern, wie heute schon einmal gesagt wurde, zu einer Farce herabwürdigt.

Die jetzige Regierungskoalition hat also den Polizeistaatgeist, von dem ich eingangs sprach, selbst groß gezüchtet, sie wird ihn nun nicht mehr so leicht los werden, wenn sie auch jetzt mit verschiedenen Beschwerden usw. dagegen zu Felde zieht. Wie vor 80 Jahren im alten Österreich Zentralismus und Reaktion sich breit machten, nachdem Franz Josef den Kremsierer Reichstag auseinandergejagt und die Märzerrungenschaften gewaltsam beseitigt hatte, so wiederholt sich hier in dieser glorreichen Republik das gleiche Schauspiel jetzt aufs neue. Aber ebenso wie im alten Österreich, wird auch hier die Zeit kommen, wo unverjährbare Rechte der Völker sich stärker erweisen werden, als eine auf Bajonette gestützte Tyrannis. Dann wird die Èechoslovakei wahrscheinlich nicht, wie der englische "Spektator" kürzlich gesagt hat, wie ein neues und besseres Österreich, sondern wie das alte Österreich enden. (Rùzné výkøiky poslancù nìm. strany národní.) So wird es enden, wie das alte Österreich endete. Unsere Märzgefallenen aber, deren entsprechende Ehrung wenigstens uns in Schlesien unmöglich gemacht wurde durch derartige Erlässe, wie ich einen eingangs vorgelesen habe, die haben ihr Blut nicht vergebens geopfert, die haben ihr Leben nicht vergebens gelassen. Dies ist und bleibt unser Glaube, den wir uns durch keinerlei Beschlagnahmen und Polizeiverbote aus den Herzen reißen lassen. (Souhlas a potlesk poslancù nìm. strany národní.)

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