Bis zu einem gewissen Grade verständlich
ist noch die Fassung und Motivierung des § 2, welche es der
Landesbehörde anheimstellt, sowohl bei Überhandnehmen
von Wildschäden im Interesse der Landwirtschaft die Schonzeit
für einzelne Wildgattungen zu verkürzen, als auch umgekehrt
im Interesse der Aufzucht eines durch Elementarereignisse oder
andere Umstände bedrohten Wildstandes dieselbe zu verlängern.
Wenn aber dann in den §§ 3. 4 und 5 diese Ermächtigung
nicht nur auf die Bezirksbehörde übertragen wird, wenn
diese Ermächtigung noch weiter unterteilig übertragen
wird auf die einzelnen Bezirksgebiete und die einzelnen Jagdgebiete,
so bin ich sicher, daß bei Handhabung dieser Ermächtigung
gemäß der §§ 3 bis 5 das bunteste Chaos entstehen
kann und daß vor allem eine Unsumme von Protektion, politischen
und unpolitischen Schiebertums sich entfalten wird. Auf der einen
Seite werden Händler und Jagdpächter, auf der anderen
der Jagdbesitzer und Grundeigentümer die politischen Behörden
mit ihren speziellen Anliegen belagern. Das "freie Ermessen"
führt zum Feilschen der einen um eine Verlängerung,
der anderen um eine Verkürzung der Schonzeit, der Dritten
wieder dazu, um Sondervergünstigungen für ihr "Jagdgebiet"
herauszuschlagen. Schließlich sind die klimatischen Umstände
in einem politischen Bezirke und auch die Ernährungsverhältnisse
in den Teilgebieten eines politischen Bezirkes soweit verschieden,
daß man für ein jedes Jagdgebiet separat auf Grund
der Ermächtigung eigene Verfügungen herausgeben sollte.
Will man also nicht das Chaos, will man nicht - ich möchte
nicht gleich sagen Korruption - politische und unpolitische Schiebereien
mit diesen Paragraphen hervorrufen, muß man sie streichen.
Wie sehr ich damit recht habe, geht aus der Praxis hervor. Am
26. April dieses Jahres ist von der politischen Landesverwaltung
bezw. von der Landesbehörde in Prag ein Erlaß unter
Zahl 215.640/27, bezw. 1730/3 ai 29 erschienen, der mit Rücksicht
auf den außerordentlich strengen Winter dieses Jahres, der
dem Rehwildbestande große Verluste zugefügt hat, anordnet,
daß für 1929 die Schonzeit für Rehböcke vom
1. Juni auf den 30. Juni ausgedehnt wird und den Abschuß
streng verbietet. Es ist der Mai noch nicht zu Ende, und es erscheint
wieder eine Verfügung derselben Landesbehörde, ein und
derselben Instanz, die die erste Verfügung zum Teil aufhebt
und zwar soweit es zeitlich noch möglich ist, die Schonzeit
mit 31. Mai für beendet erklärt. Es scheinen eben verschiedene
Einflüsse sich inzwischen geltend gemacht zu haben. Hätten
sich diese Einflüsse vielleicht ein paar Tage früher
geltend gemacht, so wäre es auch möglich gewesen, daß
die erwähnte Verfügung schon mit 15. Mai gefallen oder
daß vielleicht gar keine Verlängerung der Schonzeit
verfügt worden wäre. Da muß man sich schon fragen
wieso kommt es, daß, wenn die politische Landesbehörde
die Einsicht gehabt hat, daß, da der heurige Winter so streng
gewesen ist, daß die Wildbestände so stark dezimiert
worden sind, daß die Schonzeit verlängert werden muß,
dieselbe Behörde nach Verlauf von knapp vierzehn Tagen ihre
Argumentation, wonach sie die Verlängerung der Schonzeit
verfügt hat, im Stiche läßt. Man muß sich
fragen, auf welche Eingebungen, auf welche Vorstellungen hin sie
dies tut, daß sie die grundlegenden Motive des Erlasses,
den Rehwildbestand zu bessern, verläßt und ohne sachliche,
natürliche Änderung des Tatbestandes, der Grundlage
ihrer ersten Entscheidung eine entgegenstehende Entscheidung herausgibt.
Wenn das nun bei der Landesbehörde passiert, wie zerfahren
werden erst die Verhältnisse in den Bezirken sein können,
was für Einflüsse werden sich bei den Bezirksbehörden
geltend machen, wo reiche Jagdpächter, Duzfreunde der Bezirkshauptleute,
soweit dies nicht selbst Jäger oder enragierte Gegner der
Jagd oder wo parteiische Gegner einzelner Personen in einzelnen
Jagdgebieten daran sind, ihren Einfluß geltend zu machen!
Zu welchen Mißhelligkeiten nicht nur sachlicher Natur, sondern
auch persönlicher Art, wird dies führen! Ich bin daher
von meiner Partei beauftragt, gegen die Fassung der §§
3, 4 und 5 Stellung zu nehmen und ihre Streichung zu verlangen.
Statt dessen hätte sich das Jagdschutzgesetz
viel eher mit der Ergänzung einiger notwendiger Bestimmungen
befassen sollen. Ich denke hiebei an die Forderung der Tierschutzvereine,
bezw. auch des Jagdverbandes, daß das Schießen auf
Rehhirsche und Damwild mit Schrot oder Posten gesetzlich verboten
werde. Die Folgen, die diese Übung hervorruft, brauche ich
nicht zu schildern, sie sind Ihnen ja mehr oder weniger aus eigener
Anschauung bekannt. Im Sinne einer rationellen Jagd wäre
es notwendig, Treibjagden auf das Hochwild und Rehwild möglichst
einzuschränken und solche Treibjagden, wenn sie schon stattfinden,
in einem Jagdgebiete nur einmal zuzulassen.
Sehr notwendig wäre es auch - hiebei denke
ich an unsere Gemeindefinanzen - die gegenwärtigen, gewöhnlich
6jährigen Jagdpachtperioden zu verlängern und den ganzen
Jagdbetrieb in der Richtung zu rationalisieren, daß man
normale, gesicherte Wildstände schafft und beibehält,
woraus im Interesse der Gemeinden diese auch gesicherte Einnahmen
verbürgt erhalten. Besonders in der jetzigen Misere,
da das Gemeindefinanzgesetz ihnen alle anderen Mittel beschneidet,
könnten sie vielfach durch die Verpachtung ihrer Jagden anderweitige
Ausfälle wettmachen. Ich kenne Gemeinden, die bis zu 30.000
und 40.000 Kè für die Verpachtung ihrer Gemeindejagden
erhalten. Nun wäre es zur dauernden Erhaltung dieser Beträge
für die betreffenden Gemeinden notwendig, daß an Stelle
der §§ 3, 4 und 5 die Bestimmung eingeführt würde
- ein Antrag, den ich stelle - daß der Jagdpächter
oder der Jagdinhaber im letzten Jahre nicht mehr abschießen
darf, als er im Durchschnitt der drei letzten vorhergegangenen
Jahre abgeschossen hat. Auf diese Weise würde die Dezimierung
der Wildbestände und die Ausplünderung der Jagdgebiete
verhindert werden.
Zu § 6, der sich ein bischen unklar ausdrückt,
wäre vielleicht eine Ergänzung hinzuzufügen. Es
heißt hier: "Die Bestimmungen der §§ 1, 2
und 4 gelten nicht für das in Tiergärten gehegte Wild,
falls es sich über das abgegrenzte Gebiet nicht entfernen
kann." Es müßte natürlich Vorsorge getroffen
werden, daß das Gebiet tatsächlich abgegrenzt sei.
Nun kennen wir selbst staatliche Forste, in denen Hochwild gezogen
wird, wo aber eine Abgrenzung nicht besteht. Es ist schon wiederholt
zu Exzessen und Prozessen gekommen, weil staatliches Wild auf
die Felder der Bauern lief, so daß die dortigen Jagdpächter,
bezw. Jagdbesitzer Unannehmlichkeiten hatten. Man hat sogar von
manchem Grundbesitzer verlangt, daß er, damit das Wild aus
den staatlichen Wäldern nicht auf die Felder übertreten
könne, diese selbst einfriede und auf das Ausleihen der Schneeaufhalte
der Eisenbahnen während der Zeit, wo die Eisenbahnen die
Schneeaufhalte nicht benötigen, verwiesen. Hier müßte
auch die staatliche Forstverwaltung selbst dafür sorgen,
daß man nicht solche unsinnige Anforderungen an die Bauern
stelle und selbst für Abhilfe sorgen, damit es nicht wegen
Abschusses übertretenden Wildes zu Reibereien und unnützen
Auftritten und Prozessen komme.
Zum § 7, Abs. 2, der vom Sammeln der Eier
von Federnutzwild spricht, wäre eine Bestimmung hinzuzufügen,
um das, ich möchte sagen, fast rabiate Ausplündern der
Nistplätze hintanzuhalten. Es heißt hier zwar, daß
eine besondere Bewilligung der Bezirksbehörde zum Sammeln
notwendig ist, es müßte aber bestimmt werden, daß
diese Bewilligung der Bezirksbehörde nie dahin ausgedehnt
werden darf, die gesammelten Eier ins Ausland auszuführen.
Ich weiß aus der Praxis, daß sich hier ein schwunghafter
Handel vollzieht. Mir wurde mitgeteilt, daß einzelne Händler
für Eier von Federnutzwild bis 100 Kè verlangt
haben, während sie den Suchern, meist jungen Burschen nach
der Schulzeit, pro Stück höchstens 50 bis 80 Heller,
vielleicht 1 bis 2 Kè geben. Dadurch erfolgt tatsächlich
eine wüste Ausplünderung der Nistplätze, andererseits
sehen wir hier einen ungeheueren Wucher beim
Handel mit heimischen Eiern ins Ausland, was im Interesse der
heimischen Aufzucht vermieden werden soll. Im großen und
ganzen wird die Jagd vielfach noch als die Sache der oberen Zehntausend
aufgefaßt. In manchen Gegenden mag das vielleicht stimmen,
aber in den meisten Landgemeinden ist dem heute nicht so, weil
die Gemeinden selbst die Jagd ausüben, sie nicht mehr verpachten,
und wenn sie sie verpachten, die Pacht vielfach innerhalb der
Dorfinsassen vergeben wird. Der volkswirtschaftliche Nutzeffekt
der Jagd, die über 150.000 Zentner Fleisch auf dem Markt
bringt, ist ungeheuer und in Ziffern nicht immer faßbar.
Wenn sie bedenken, was mit der Jagd zusammenhängt, abgesehen
von den staatlichen Gebühren, Lizenzen und Stempeln, das
Jagdschutzpersonal, die Ausrüstungsindustrie, ob es Waffe
und Munition ist oder spezielle Kleider und Schuhe u. s. w., wenn
sie das alles zusammenfassen, so werden sie die Bedeutung der
Jagd für die Volkswirtschaft erkennen. In informierten Jagdkreisen
wird der gesamte wirtschaftliche Effekt der Jagd, der Umsatz,
den die Jagd innerhalb des Staatsgebietes schafft, auf 3 Milliarden
Kè errechnet. Vielleicht ist diese Ziffer ein bischen zu
hoch gegriffen, aber selbst wenn man nur die Hälfte davon
als richtig annimmt, muß man sagen, daß
die Jagd ein wichtiger Faktor unserer Volkswirtschaft ist und
infolgedessen des Schutzes bedarf. Indes hätte man erwartet,
daß die Regierung mehr als es der vorliegende Entwurf tut,
ein vollständiges Jagdgesetz vorlegt, denn aus Bruchstücken
und wieder Bruchstücken wird nie ein Ganzes. Bei solchem
Stückwerk geht der Sinn des Ganzen verloren, weil über
das Ganze selten zusammenfassend gesprochen werden kann. Leider
ist nach dem gegenwärtigen Stand der Koalition wenig Aussicht,
daß sich die Mehrheit zu unseren vernünftigen Zusatzanträgen
positiv einstellt und sie einer Annahme würdig hält,
und ich muß zum Schlusse erklären: Wir werden unter
Berücksichtigung unserer Abänderungsanträge für
dieses Gesetz stimmen. (Potlesk poslancù nìm.
strany nár. socialistické.)