Bittet jemand um die Zuerkennung des Schadenersatzbetrages,
so erfolgt die Erledigung in der Weise, daß er eine Drucksorte
bekommt, in der es heißt: Ihr Gesuch wird abgewiesen,
nachdem Ihre Existenz nicht bedroht ist.
Spricht man beim Ministerium vor, so bekommt
man die Antwort: Die Akten sind bei der Landesregierung
in Troppau - jetzt natürlich in Brünn - spricht
man dort vor, so heißt es: Die Akten sind beim Ministerium,
ohne dessen Weisung wir nichts tun könen. (Výkøiky
posl. Geyera, Krebse a Knirsche.) Das ist
das bekannte System.
Nun heißt es weiter: "Zu ihren Schäden
haben diese Leute durch ihre Versprechungen noch bedeutende nutzlose
Auslagen.
Kann man sich denn wundern, wenn in den breiten
Volksschichten ein solches Einhalten der Versprechungen und Verpflichtungen
seitens der hohen Stellen eine verbitterte Stimmung hervorruft?
Für andere, weniger wichtige Zwecke, z. B. für Sportausflüge
ins Ausland und andere nutzlose Zwecke ist Geld immer da. Aber
zum versprochenen Schadenersatze aus dem Kampfe um die Zugehörigkeit
des Teschener Gebietes zur Èechoslovakischen Republik,
der gelobt wurde, kann das Geld nicht aufgebracht werden. Unerklärlich
wird dieses Vorgehen auch dadurch, daß die Èechoslovakische
Republik den Plebiszitvorbereitungsarbeiten das Kohlengebiet Ostschlesiens,
welches alljählich Milliarden dem Staatssäckel zuführt,
zu verdanken hat.
Ein geringfügiger Bruchteil der Jahreszinsen
von diesen Einnahmen würde zur Deckung des in Rede stehenden
Schadenersatzes vollkommen hinreichen. Laut Zeitungsberichten
sollen zwei Lieblinge gewisser Kreise im Freistädter Bezirk
sehr bedeutende Schadenersatzbeträge erhalten haben, obwohl
diese Schäden im Vergleich zu den anderen nur geringfügig
sein sollen.
Im Parlament wurde in dieser Angelegenheit
wiederholt interpelliert, so durch Herrn Abg. Sladký,
Špaèek,
die Sen. Lukeš, Stolberg und H. Scholz.
Die letzte Interpellationsbeantwortung lautete
wörtlich: Antwort des Ministers des Innern auf die
Anfrage der Senatoren Fr. Stolberg und H. Scholz in
der Angelegenheit der Entschädigung für diejenigen Personen,
welche infolge ihrer Plebiszittätigkeit im Teschener Gebiet
nachweisbaren Schaden erlitten haben.
Die Gesuche derjenigen Personen, welche wegen
ihrer Plebiszittätigkeit zugunsten der Èechoslovakischen
Republik nachweisbaren Schaden erlitten haben, wurden individuell
behandelt und überprüft. In besonders berücksichtigungswürdigen
Fällen wurde eine entsprechende Entschädigung bereits
gewährt.
Sonst wurden die Gesuche um Schadenersatz vorläufig
im Sinne des Beschlusses des Ministerrates vom 27. Feber 1920
über die Gewährung von Vorschüssen auf die
durch den Teschener Streitfall verursachten Schäden erledigt,
welche Aktion bisher einen Aufwand con ca. 2 Mill. Kè erfordert
hat. Prag, am 12, September 1928. Der Minister: Èerný
m. p.
Durch diese Antwort, die auf eine endgültige
Austragung dieser Angelegenheit hoffen ließ, glaubte man
die Sache abgetan zu haben, zu einer definitiven Erledigung kam
es jedoch nicht.
Aus dem vorangeführten geht hervor, daß
man weder dem Versprechen eines Ministers, noch eines Ministeriums
und des Ministerrates Glauben schenken darf, daß die Interventionen,
Interpellationen und Betteleien nutzlos sind und der einstimmige
Volkswille ignoriert wird. Und dies soll demokratisch sein?
Ob sich dieser Vorgang mit dem Gewissen, der
Gerechtigkeit und mit dem Begriffe der bürgerlichen Ehre
vereinbaren läßt und in der Bevölkerung Zufriedenheit
hervorzurufen geeignet ist, wollen wir nicht erörtern, wir
wollen aber, daß die der Bürgerschaft feierlich
gegebenen Versprechungen endlich realusiert werden möchten.
Wie kommen die Geschädigten dazu, daß sie außer
den für die Èechoslovakische Republik gebrachten verschiedenen
persönlichechen Opfern auch noch so große materielle
Schäden, deren Ersatz ihnen versprochen
wurde, erleiden und durch 10 Jahre um ihr gutes Recht des versprochenen
Schadenersatzes nebst Zinsen betteln sollen? Dies ist direkt ein
Skandal." (Posl. Knirsch; Die bekommen das nächste
Jahr Orden, die brauchen kein Geld!) Möglich, daß
man sie auf diese Weise entschädigt.
"Es würde in der ganzen Èechoslovakischen
Republik keinen einzigen Steuerträger geben, der zu dem in
Rede stehenden Zwecke nicht einen geringfügigen Betrag gerne
leisten würde, denn so viel Gerechtigkeitsgefühl würde
jeder besitzen, daß es nicht angeht, daß gerade
diejenigen, die sich für die Èechoslovakische Republik
aufopferten, ihre Gesundheit und ihr Leben aufs Spiel setzten,
gerade sie auch noch so bedeutende materielle Schäden erleiden
sollten. Es gilt als Grundsatz eines jeden Menschen von Charakter,
daß er treu seine Pflichten erfüllt und seine Versprechungen
einhält. Und was geschieht im vorliegenden Falle?
Nachdem wir schon unzähligemale durch
9 Jahre hindurch um Austragung dieser Angelegenheit vergeblich
gebettelt haben und nachdem dem Vernehmen nach in der nächsten
Zeit ein diesbezügliches Gesetz, dessen Entwurf bereits fertig
sein soll, erscheinen soll, erlauben wir uns die ergebenste Bitte,
sich dafür eisetzen zu wollen, daß diese Angelegenheit
in einer der Gerechtigkeit und den gegebenen Versprechungen entsprechenden
Weise baldigst geregelt werde, und die hohe Regierung kann des
Dankes der schwer geschädigten Bürgerschaft sicher sein.
È. Tìšín, den 15. März 1929. Hochachtungsvoll
Verein der durch die Plebiszitvorbereitungen
Geschädigtegten in È. Tìšín."
Ich habe den Wortlaut, wie erwähnt, wörtlich
vorgelesen. Er spricht für sich, und ich habe den darin enthaltenen
Kennzeichnungen nichts hinzuzufügen, nur zum Schlußsatz
das eine, daß man keinerlei Hoffnung auf eine Einsicht im
Regierungslager setzen darf. Aber dieses Memorandum ist besonders
kennzeichnend für die Verhältnisse hierzulande, besonders
für den Umstand, daß Versprechungen, die gemacht werden,
nie eingehalten werden, daß man hierzulande mit dem Gummiknüppel
und mit gebrochenen Ministerworten regiert. Ein Grund mehr für
uns, diese Vorlage ebenfalls abzulehnen. (Souhlas a
potlesk poslancù nìm. strany nár. socialistické.)