Pondìlí 24. èervna 1929

Pøíloha k tìsnopisecké zprávì

o 210. schùzí poslanecké snìmovny Národního shromáždìní

republiky Èeskoslovenské

v Praze v pondìlí dne 24. èervna 1929 veèer.

1. Øeè posl. Simma (viz str. 3 tìsnopisecké zprávy):

Meine Damen und Herren! Ich hatte Gelegenheit, zu dem vorliegenden Gesetzentwurf der Regierung, der heute von zwei Fachausschüssen dem Hause zur Annahme empfohlen wird, eben in diesen Fachausschüssen meiner und meiner Partei Stellungnahme darzulegen. Wenn wir die Wirkung einer Rede im Abgeordnetenhause zu einem Regierungsantrag etwa an der Aussicht messen wollten, wie sie imstande ist, ein Elaborat der Regierung, dem die Mehrheit zweier Ausschüsse ihre Zustimmung gegeben hat, zu ändern, dann erübrigte es sieh, heute zu sprechen, umsomehr als es manchmal auch zwecklos ist, in den Ausschüssen selbst positiv als Opposition an der Gestaltung eines Gesetzes mitzuarbeiten. Wir haben das oft und oft versucht, die Geschichte unserer Arbeit und Mitarbeit an den von der Regierung eingebrachten Gesetzen beweist das ja. Aber es ist immer und immer wieder vorgekommen, daß jedes, und auch das beste und positivste Argument, das wir etwa zu einer Meinung der Regierung und der Koalition vorzubringen hatten, einer unübersteigbaren Mauer begegnete. Es erübrigte sich also auch heute, zu der Vorlage Stellung zu nehmen, die von der Regierung auf den Tisch des Hauses gelegt wird und welche wie in den zurückliegenden Jahren eine Einkommensgrenze festgelegt, mit deren Übersteigung für die Kriegsbeschädigten der Verlust der Rente eintritt. Aber, meine Herren, es gibt Pflichten, sich zu einer Frage zu äußern, von der wir annehmen, daß sie eine bedeutende Sozialfrage des Staates ist, auch wenn diese Stellungnahme die verantwortlichen Faktoren nicht sonderlich berührt. Diese Pflicht, auch unter diesen Umständen und bei dieser uns bekannten Behandlung unserer Argumente zu sprechen, haben wir gegen uns selbst. Wir wollen durch unsere Stellungnahme zu dem heutigen Gesetz, die nicht andere sein wird, als jene, die ich bereits namens meiner Partei im soziallpolitischen Ausschuß vertreten habe, darlegen, daß wir uns keineswegs identifizieren mit der Form, in der diese Frage heute die Sanktion der Mehrheit erhalten soll. Deshalb haben wir unsere besondere Meinung auszudrücken. Ich sage vorweg, daß ich bei meiner Stellungnahme mich mit gar keinen Details beschweren werde, sondern, daß ich nur die grundsätzliche Seite der ganzen Angelegenheit angehen werde. Es scheint uns das genügend. Denn wenn es uns gelingt, die grundsätzliche Seite der ganzen Gesetzgebung, soweit sie die Kriegsbeschädigten betrifft, zu ändern, dann ändern wir mit dieser grundsätzlichen Änderung ja auch die einzelnen Details.

Ich möchte meiner Stellungnahme die Kritik an der Bagatellisierung vorausschicken, die die Kriegsbeschädigtenangelegenheit, deren wichtige staatssoziale Seite ich bereits erwähnte, während der ganzen Zeit der Beratung des vorliegenden Gesetzes im sozialpolitischen Ausschuß vonseiten der Regierung entgegengebracht wurde. Während der ganzen Beratungen haben wir kein Mitglied der Regierung und insbesondere nicht die zuständigen und spezialiter verantwortlichen Herren Minister gesehen, ich meine den Herrn Finanzminister und den Herrn Minister für soziale Fürsorge. Daß diese beiden Herren Minister den Weg in den Ausschuß nicht gefunden haben, ist umso bedauerlicher, als ja gerade im Ausschuß gegen sie schwere Vor würfe erhoben wurden, gegen die sie hätten Stellung nehmen müssen. Es war uns nicht möglich, einem der Herren Minister im Ausschuß zu begegnen. Bei der Beratung im Hause selbst konnten wir zwar sowohl die Anwesenheit des Herrn Finanzministers, wie dieses Ministers für soziale Fürsorge feststellen. Aber die Teilnahme des Fürsorgeministers als Mitglied der Regierung an der heutigen Beratung ist doch mit dem Mangel behaftet, daß er gegenüber den schweren Anklagen, die im besonderen gegen ihn wieder vorgebracht worden sind, sich nicht ein einzigesmal veranlaßt gesehen hat, auch nur mit einem Wort Stellung zu nehmen. Das ist ein schwerer Mangel, den wir wohl mit Recht einer Kritik unterziehen dürfen. (Pøedsednictví pøevzal místopøedseda Zierhut.)

Aber die Sache ist eben so, daß weder der Herr Finanzminister, noch der Herr Minister für soziale Fürsorge sich hier vor aller Öffentlichkeit, vor Zeugen, die am Meritum der Regierungsvorlagen interessiert sind, belasten will. So beschließt man in camera caritatis und überläßt es bestenfalls einem willigen Berichterstatter, einem willigen Beamten, Aufklärung zu geben und dem Trommelfeuer der berechtigten Kritik standzuhalten. Dabei wird ihnen allerdings eine tiefe Depression nicht erspart. Ich wiederhole hier meine Worte im Ausschuß: Die Stimmung, die heute auf der rechten Seite, also auf der Regierungsseite, herrscht, ist gewiß nicht hochtragend. Das gilt besonders von jenen Mitgliedern der Koalition, die zugegebenermaßen sich bemühten, im letzten Augenblick wenigstens eine Teilregelung des schweren Kiegsbeschädigtenproblems zu Wege zu bringen. Freilich, wenn wir das zugeben, stellen wir unbeschadet des Weiteren fest, daß auch diese besseren Elemente in der Koalition belastet sind mit dem Regierungsentwurf, der heute Gesetz werden soll, mit dem Meritum der Vorlage; denn sie votieren ja schließlich und endlich doch für diesen Antrag, sie belasten sich also mit der Auswirkung dieses Antrages und müßten einsehen und es möglich haben, ihre aufrichtige Gesinnung, die sie vorgeben, gegenüber dem schweren Los der Kriegsbeschädigten zu haben, auch einmal mit einem etwas andern Nachdruck zu betonen, als einem solchen, wie das regelmäßig geschieht, mit einem gewiß ehrlichen, aufrichtigen Betonen, das aber nicht begleitet ist von dem Mut äußerster Konsequenz gegenüber der Regierung.

Die ganze Schwere des Kriegsbeschädigtenproblems, so wie es als schwerwiegendes, soziales Problem den Staat erfüllt, kann man meiner Meinung und der Meinung meiner Partei gemäß erst erfassen, wenn man in die ganze Historie der Kriegsbeschädigtengesetzgebung etwas hineinleuchtet, wie sie sich in der Èechoslovakischen Republik seit 1920 entwickelt hat. Unser geltendes Kriegsbeschädigtengesetz basiert auf dem Gesetze vom 20. Feber 1920, Zahl 142. Schon damals, als die Revolutionsnationalversammlung an die Regelung der Kriegsbeschädigtenfrage heranging, mußte man einsehen, daß die in dem zur Vorlage gebrachten Gesetz normierten Renten für die Kriegsbeschädigten durchaus nicht den geltenden wirtschaftlichen Verhältnissen Genüge leisten. Aber, meine sehr Verehrten, man beschloß dieses Gesetz dennoch, trotzdem man allenthalben diese Unzulänglichkeit der normierten Sätze und Renten einsah, weil man annahm, daß die wirtschaftlichen Verhältnisse irgendwie nach der schweren Kriegszeit ins Gleichgewicht kommen, daß sie sich konsolidieren würden und daß dann, für diesen Fall der Konsolidierung der wirtschaftlichen Verhältnisse, das spärliche Maß an materiellen Zugeständnissen für die Kriegsbeschädigten immer mehr und mehr genügen würde. Man machte also im Jahre 1920 ein Experiment auf eine ganz vage Hoffnung hin, ähnlich dem Experiment, das später im Jahre 1926 gegenüber den Staatsbeamten wiederholt wurde, denen man in den Gehaltsgesetzen auch nur Ansätze bewilligte, die für den Fall des Eintrittes besserer wirtschaftlicher Verhältnisse genügen sollten. Man gab also den Kriegsverletzten im Jahre 1920 durch das Gesetz vom 20. Feber zu wenig. Hiefür - das muß unterstrichen werden - dürfen die verantwortlichen Faktoren des Gesetzes von 1920 nicht von Schuld freigesprochen werden. Man gab damals nicht gerne und nicht willig. Wir erinnern uns als oppositionelle Abgeordnete an die Motivierung, die gegenüber dem Gesetz vom 20. Feber 1920 gepflogen wurde, eine Motivierung, die insbesondere die deutschen interessierten Elemente des Staates, die deutschen Kriegsverletzten, außerordentlich schmerzte. Man sprach davon, daß nicht gerade die Verpflichtung bestände, den Kriegsverletzten zu helfen, im besonderen nicht den deutschen Kriegsverletzten. Ich nehme diese Exkursion in die Begebnisse vom Jahre 1920 vor, um hier festzustellen, daß auch Kreise mit einer Schuld an der Form der Kriegsbeschädigtengesetzgebung belastet sind, die heute wohl - das spreche ich hier nicht etwa zur Verteidigung der Regierungskoalition die jetzige Regierungskoalition ob des vorliegenden Gesetzentwurfes scharf kritisieren, aber die zumindest die gleiche schwere Schuld aus der Vergangenheit an der gegenwärtigen Form der geltenden Kriegsbeschädigtenversorgung auf sich lasten haben.

Ich habe gesagt, daß das Gesetz vom 20. Feber 1920 den Verhältnissen durchaus nicht entsprach, daß die durch dieses Gesetz bestimmten Rentenbezüge für die einzelnen Kriegsbeschädigten, deren Witwen, Waisen und Vorfahren ja erst wertvoll werden sollten für den Fall einer wirtschaftlichen Konsolidierung. Diese trat nicht ein. So sah man sich - wenn ich die Historie der Kriegsbeschädigtengesetzgebung hier etwas pflegen will, muß ich das anführen - genötigt, im Jahre 1922 doch endlich an eine Novellierung des Gesetzes vom 20. Feber 1920 zu schreiten. Aber wer erhofft hätte, daß diese Novellierung alle schweren Mängel und Schäden des Gesetzes vom Jahre 1920 zu beheben versuchen würde, der war von ihr wieder enttäuscht. Denn das neue Gesetz brachte leider nur für einen Teil der Interessenten eine tatsächliche Besserung, für einen anderen Teil jedoch sogar Verschlechterungen gegenüber den alten Bestimmungen. So schieden z. B. jetzt alle Witwen aus der Rentenversorgung aus, die keine Kinder besaßen und nicht mindestens 30% erwerbsunfähig waren. Das war ein großer Teil von Leuten, die selbst nach dem ersten Kriegsbeschadigtengesetz Anspruch auf Rente besaßen. Ein Angleich an die wirtschaftlichen Verhältnisse - und man hätte aus diesem Grunde in der Hauptsache die Novellierung mit Inhalt versehen müssen - ein Angleich an die wirtschaftlichen Verhältnisse fand auch durch die Novelle vom Jahre 1922 durchaus nicht statt. Dann, nach dem Jahre 1922, blieb die Kriegsbeschädigtengesetzgebung bis zum heutigen Tage ein Gegenstand, dem die Regierung nicht mit dem gebotenen Interesse begegnete, nicht positiv im Sinne einer tatsächlich ehrlich gewünschten und aufrichtig gewollten Lösung. Ein achtjähriges Vakuum liegt hinter uns. Vom Jahre 1922 bis zum gegenwärtigen Zeitpunkt haben wir nicht, wie ich schon betont habe, ein aufrichtiges Bestreben der Regierung nach einer Regelung der Kriegsbeschädigtengesetzgebung im Sinne der Wünsche und Forderungen der Kriegsbeschädigten und ihrer Organisationen zu verzeichnen, obwohl das notwendig wäre, nicht ausschließlich aus staatssozialen Gründen heraus, sondern aus staatsmoralischen Gründen. Die soziale Seite der Kriegsbeschädigtengesetzgebung habe ich mit wenigen Worten gestreift und brauche sie nicht weiter darzulegen, weil sie auch eine Menge Redner in Zahlen zum Ausdruck gebracht haben. Die staatssoziale Seite der heutigen Kriegsbeschädigtengesetzgebung ist allen klar. Aber es muß auch die staatsmoralische Seite der geltenden Gesetzgebung klar liegen und klar sein. Es ist doch Tatsache, daß die Gesetzgebung dieser Art, wie sie in der Èechoslovakischen Republik besteht, zu einem schon internationalen Skandal geworden ist. So viele internationale Tagungen der Kriegsbeschädigten in den letzten Jahren stattgefunden haben, so oftmals ist auf ihnen von den Teilnehmern die Kriegsbeschädigtengesetzgebung der Èechoslovakischen Republik einer Kritik unterzogen worden. Es ist so oft von ihnen festgestellt worden, daß es keinen Kulturstaat gibt, der eine solche Kriegsbeschädigtengesetzgebung sein eigen nennen muß wie die Èechoslovakische Republik, daß in keinem Staate Europas - wenn ich nur den europäischen Staatenkomplex in Betracht ziehe - weder in den sogenannten Siegerstaaten, noch in den besiegten Staaten die Kriegsopfer unter einem solchen Mangel an sozialer Einsicht leiden wie bei uns.

Ich habe vorhin gesagt, daß ich mich nicht mit Details beschweren will, weil Details in der Debatte schon gebracht worden sind. Aber zum Beweis, daß unsere Kriegsbeschädigtengesetzgebung in der Tat unter den Kriegsbeschädigtengesetzgebungen aller Staaten die schlechtesten, die letztrangigste ist, bin ich doch veranlaßt, nur wenige Zahlen zu nennen.

Nach den geltenden Gesetzen beziehen die Invaliden Renten, welche z. B. bei einem 20 bis 24%igen Invaliden 98 Heller, bei einem 25 bis 34%igen Invaliden 1.47 Kè, bei einem 35 bis 44%igen 1.97 Kè, bei einem 45 bis 54%igen 2.46 Kè, bei einem 55 bis 64%igen 3.94 Kè, bei einem 65 bis 74%igen 4.60 Kè, bei einem 75 bis 84%igen 5.26 Kè, schließlich bei einem 85 bis 100%igen Invaliden 6.57 Kè täglich ausmachen. Es soll einmal einer derjenigen, der für eine solche Gesetzgebung verantwortlich ist, die den Kriegsverletzten diese minimalen Bezüge bietet, versuchen, auch nur einen Monat mit diesem Einkommen das Auskommen zu finden. Diese Zeit müßte übrigens nicht auf einen Monat ausgedehnt sein, sie könnte auf ein weit geringeres Zeit maß begrenzt sein. Vielleicht hätte ein solcher Versuch eine heilsame Wirkung für die Verantwortlichen, würde vielleicht einen besseren Willen auslösen als er sich heute wieder bei diesem Gesetze zeigt.

Witwen ohne Kinder, die nicht mindestens zu 30% erwerbsunfähig sind, beziehen keine Rente. Für ein Kind oder Witwen mit wenigstens 30% Erwerbsunfähigkeit werden 1.46 Kè an Versorgungsgebühren ausgeworfen, für 2 Kinder unter 16 Jahren oder eine Witwe mit mindestens 50% Erwerbsunfähigkeit bezahlt der Staat 2.46 Kè, für eine Witwe, die ganz erwerbsunfähig oder mindestens 55 Jahre als ist, wirft der Staat einen Betrag von 3 Kè aus, für eine Halbwaise 1.69, für Vollwaise 1.46, für Vorfahren 1.09 Kè. Zu diesen Beträgen kommt nur eine 50%ige Teuerungszulage, die allerdings keine feststehende Grenze hat, von der wir wissen, daß sie auch ein Dorn im Auge der Finanzgewaltigen des Staates ist und Gefahr läuft, eines schönen Tages eingestellt zu werden.

Ist der Rentensatz, den ich jetzt durch einige Zahlen illustriert habe, gänzlich ungenügend, so verschlimmert sich die Sache noch durch die Bestimmung des § 2 des Versorgungsgesetzes über die Einkommensgrenze, nach deren Erreichung der Bezug der Rente sich ausschließt, eine Bestimmung, die wir heute wieder einer besonders kritischen Betrachtung unterziehen, weil eben das Gesetz über die Einkommensgrenze nach dem Antrag der Regierung eine Verlängerung erfahren soll.

Die Höchstgrenze, unter welcher den Kriegsbeschädigten die volle Rente gewährt wird, beträgt nach dem Gesetze, das wir heute wieder beraten, bei wirtschaftlich Selbständigen 5.000, bei wirtschaftlich Unselbständigen 10.000 Kè, oder anders gesagt: Es schließt sich der Bezug einer Rente bei den Kriegsbeschädigten schon für den Fall aus, wenn das tägliche Einkommen eines Kriegsbeschädigten 13.69, bzw. 27.38 Kè beträgt. Das sind Grenzen des Einkommens, die da festgesetzt werden, um nach ihrer Erreichung den Kriegsbeschädigten rentenverlustig zu erklären, die aber durchaus nicht der wirtschaftlichen Lage entsprechen. Kein anderer Staat - es wurde das schon in der Wechselrede angeführt - darf sich so traurigen Ruhmes rühmen wie die Èechoslovakische Republik, in keinem anderen Staate sind bei der Kriegsbeschädigtengesetzgebung derartige Bestimmungen zu finden wie bei uns. Ein reichsdeutscher Kriegsbeschädigter kann 5.000 Mark jährlich verdienen, bevor bei ihm eine Rentenverkürzung eintritt. Aber selbst bei Erreichung dieser Einkommensgrenze von 5.000 Mark wird er nicht ganz rentenverlustig. Es wird dann nur eine Verringerung der Rente verfügt; insbesondere wird ihm selbst bei einem solchen Einkommen die Schwerbeschädigtenzulage und die Ortszulage belassen.

Diese Methode Deutschlands erscheint uns vernünftiger als unsere Methode, den Kriegsbeschädigten schon bei dem Einkommen von 5.000, bzw. 10.000 Kè aus der Rentenversorgung herauszuwerfen. Es erschiene uns am vernünftigsten, wenn man die Bestimmung über die Einkommensgrenze, an die der Bezug der Kriegsbeschädigtenrente gebunden ist, überhaupt nicht mehr im Gesetze verankern würde. Ich habe namens meiner Partei die letzten Jahre oftmals unserem Standpunkt gerade gegenüber einer solchen Bestimmung Ausdruck gegeben. Ich stand namens meiner Partei bei den Beratungen immer mit der Meinung, daß der Kriegsbeschädigte für das der Gesellschaft, dem Staate, geleistete Opfer die Rente unter allen Umständen zu beanspruchen hat und daß kein wie immer gearteter Grund vorhanden sein darf, dem Kriegsbeschädigten diese Rente zu verkürzen oder sie ihm ganz zu nehmen. Sie ist unserer Auffassung nach der Beweis für die absolute Größe der Anerkennung, welche der Staat, die Gesellschaft, einem Menschen, der in schwerster Zeit für diese Institution eingestanden ist, zu geben hat. Und wehe dem Staate, der sich nicht zu dieser Auffassung emporschwingt, daß das Äquivalent, das wir den Kriegsbeschädigten etwa in geldlichen Zuweisungen, in Form einer Rente gewähren, unter gar keinen Umständen ein richtiges und genügendes Äquivalent für das Opfer sein kann. Wehe dem Staat, der sich nicht zu dieser hohen sittlichen Auffassung emporrafft, zu mindest das Mögliche in dieser Beziehung zu tun: meine Herren, die Geschichte bleibt nicht stehen, die Geschichte entwickelt sich weiter und es kann bei diesem Fortgang und der Weiterentwicklung der Geschichte für einen Staat, der in der Gegenwart seine Pflicht versäumt, einmal eine sehr unangenehme Tatsache entstehen. Ich brauche hier gar nicht deutlicher zu werden, es ist das nicht notwendig, weil jeder verstehen wird, was ich hier nur angedeutet habe, und erkennen wird, was ich damit meine.

Die geltende Kriegsbeschädigtengesetzgebung ist nicht einmal so übel als sie gestaltet wird durch die noch üblere Art der Praktizierung. Die Administrative feiert geradezu Orgien, um dieser schlechten Kriegsbeschädigungsgesetzgebung in ihrer wirklichen Auswirkung noch das Allerschlechteste anzuhängen. Dagegen wandte ich mich schon in meiner Rede im Vorjahr, wandte mich darin besonders gegen die Methoden der Administrative in der Form der Gesundassentierungen von Kriegsbeschädigten, gegen die Methoden der rigorosesten Überprüfung der Einkommenverhältnisse der Kriegsbeschädigten zum Zwecke, sie eben unter allen Umständen der Rente verlustig zu machen. Ich kritisierte im Vorjahre den Auftrag der Regierung an Krankenkassen, Steuerämter, Gendarmerie, Arbeitgeber und sonstige Hilfsorgane einer unsinnigen Verwaltung, Material zu schaffen, welches unter allen Umständen geeignet sein soll für eine Vereitlung von Versuchen vielleicht des einen oder anderen Kriegsverletzten, seine Rente doch weiter zu behalten. Die Administrative ergeht sich, wie gesagt geradezu in Orgien gegenüber den Kriegsbeschädigten, so daß selbst das spärlich über alle diese Entwicklung hinweg errungene Maß an Rentenversorgung den Kriegsbesehädigten schließlich noch zur Qual wird. Den Triumph der Administrative in der dieser Beziehung aber können wir wahrnehmen bei den gegen die Kriegsbeschädigten gepflogenen Revisionen. Sucht ein Kriegsverletzter um Unterstützung infolge einer über ihn gekommenen Notlage oder um Gewährung eines Darlehens zur Existenzgründung an, so tritt die Revisionsuntersuchung in ihr triumphalstes Stadium; die ärztliche Untersuchung wird dann gewiß in 99 von 100 Fällen in einer solchen Art und Weise geführt, daß eine Herabsetzung der Erwerbsunfähigkeitsprozente eintritt, um nur ja die Höhe des angeforderten Anlehens oder der angeforderten Unterstützung engstens begrenzen zu können. Auf das Darlehen hat der Kriegsbeschädigte aber auch nach einem solchen peinlichen Verfahren, das vorausgegangen war, nicht im Augenblick der Beendigung desselben Anspruch. Er muß Monate, oftmals Jahrelang warten, bis das Ergebnis eines solchen hochnotpeinlichen Verfahrens eine praktische Form findet etwa in einer Entscheidung. Wir haben Fälle zu verzeichnen, in denen solche Darlehenswerber erst nach zwei Jahren zu einem Ziel gelangten.

Einer Information des Bundes der Kriegsverletzten entnehme ich Folgendes: "Ein 60%tig Kriegsbeschädigter suchte um eine Notstandsunterstützung an. Es folgte auf Grund des Ansuchens die übliche Revisionsuntersuchung, bei welcher die Erwerbsunfähigkeit des Werbers auf 45% herabgesetzt wurde. Dagegen erfolgt wie in allen Fällen die Berufung an die Landeskommission, allerdings ohne allen Erfolg, denn diese Kommission stellt sich in ihrem Erkenntnis meist auf die Seite der erstentscheidenden Behörde. Nach längerer Frist bekam der Kriegsbeschädigte auf sein Ansuchen eine Entscheidung, aus der zu ersehen war, daß auf Grund des Gesetzes vom 4. Dezember 1925 ihm die Notstandsunterstützung nicht gewährt werden könne, weil er nicht mindestens 50% erwerbsunfähig ist". Meine Herren, aus diesem einem Fall, der nicht ein Einzelfall ist, sondern generalisiert werden kann, der in so und so viel anderen Fällen Gegenbeispiele hat, sehen sie die Methode der Administrative, sehen sie die Methode der geradezu grausam wirkenden Verwaltung, die sich aller Organe bedient, um den Effekt des Ansuchens eines Kriegsbeschädigten unter allen Umständen irgendwie Null und nichtig zu machen. Weil der betreffende Kriegsbeschädigte, der ansonsten gewiß mit über 50% erwerbsunfähig geblieben wäre, um eine Unterstützung ansuchte, mußte er durch die Revisionsuntersuchung unter 50% herabgedrückt werden, um nach dem angezogenen Ministerialerlaß vom 4. Dezember 1925 unter allen Umständen seines Anspruches auf eine derartige Unterstützung oder auf ein derartiges Darlehen verlustig zu werden. Meine Herren, so wird es gemacht, und ich wiederholte: es ist nicht ein Einzelfall, den wir hier kritisieren, mit diesem Einzelfall kritisieren wir eine Menge gleicher Fälle, in denen sieh die Administrative in derselben Weise an den Kriegsbeschädigten und deren Angehörigen ausgewirkt hat.

Die ständigen Revisionsuntersuchungen und rigorosen Überprüfungen des Einkommens der Kriegsbeschädigten führen zu den bekannten Fällen der Vorschreibung der Rückzahlung zu viel bezogener Rente. Diese Praxis, von den Kriegsbeschädigten Übergenüsse zurückzufordern, hat heute geradezu katastrofale Formen angenommen. Wir, die wir im praktischen Leben draußen stehen und denen tagtäglich die Klagen der Kriegsbeschädigten über die Praxis der Behörden in dieser Richtung vorgetragen werden, wir haben es hier in der Tat notwendig, die verantwortlichen Faktoren aufmerksam zu machen auf eine Regelung zumindest dieses einem Details. Es bestand schon vor Jahr und Tag auf Regierungsseite die Einsicht, diese Frage der sogenannten Übergenüsse zu regeln. Ich erwähne da nur die vom Abgeordnetenhaus und Senat bei Behandlung des Staatsvoranschlages 1927 angenommene Resolution des Herrn Abg. Windirsch. Dieser Antrag trug dem Ministerium für soziale Fürsorge klar und deutlich auf, wie es sich in der Frage der sogenannten Übergenüsse zu verhalten hätte. Der Antrag des Abg. Windirsch lautete: "Das Ministerium für soziale Fürsorge wird aufgefordert, die Rückzahlung der ausgezahlten Unterstützungen von Kriegsbeschädigten nicht zu fordern, wenn bis Ende 1925 das rechtsgültig versteuerte Einkommen des betreffenden Perzipienten nicht den Betrag von 13.000 Kè jährlich übersteigt". Gestützt auf diese Resolution vom Jahre 1927 glaubten nun die Kriegsbeschädigten in der Tat der Verpflichtung ledig zu sein, die empfangenen Übergenüsse zurückzuzahlen. Sie waren auch gar nicht dazu imstande, denn wenn ein Kriegsbeschädigter tatsächlich einen Betrag an Rente zu vielbezogen hatte, war er sicherlich aufgebraucht und aufgezehrt worden. Der Kriegsbeschädigte kann unter gar keinen Umständen, ohne seine Existenz zu beschweren, an eine tatsächliche Rückzahlung denken. Die Kriegsbeschädigten, die also einen Übergenuß bekommen hatten, nicht etwa deshalb, weil sie ihn beansprucht hatten, sondern weil vielleicht aus Mängeln des Verwaltungsverfahrens ihnen solche Übergenüsse zuteil geworden waren, hatten mit dieser Resolution Hoffnung auf Regelung ihrer Angelegenheit. Aber die Resolution des Herrn Abg. Windirsch bedeutete für das Ministerium für soziale Fürsorge ebenso wenig wie etwa - für dieses Ministerium oder die Gesamtheit der Regierung - die Anträge der Abgeordneten nicht von oppositionellen Parteien, sondern von Regierungsparteien - bedeuten. Ich erinnere da nur an den Antrag Druck Nr. 557 des Koll. Zajièek, an den Antrag Druck Nr. 549 des Koll. Schubert und an den Antrag Druck Nr. 698 des Abg. Èuøík, alle aus dem Jahre 1926. Sie behandeln die Novellierung des Versorgungsgesetzes, die Frage der Pflichtbeschäftigung, die Frage der Schenkung der Übergenüsse, von der ich schon gesprochen habe, die Frage der Verlängerung der Anmeldefrist für Kriegsbeschädigte bzw. der Witwen zu einem Rentenanspruch. Auch bei diesen Anträgen der Abg. Zajièek, Schubert und Èuøík ist, obwohl diese Anträge sich zum Problem der Kriegsbeschädigtengesetzgebung unzweideutig äußern, die Regierung ruhig geblieben, ist nicht das Geringste geschehen, was im Sinne dieser Anträge gedeutet werden könnte.

Ich erinnere in diesem Zusammenhang auch an die etwa bei Behandlung des vorliegenden Gesetzentwurfes im sozialpolitischen und im Finanzausschuß erwähnte Resolution des Koll. Zajièek vom 30. November 1926, die da lautet: "Die Regierung wird aufgefordert, das Kriegsbeschädigtengesetz ehestens zu novellieren und hiebei vor allem die in den Initiativanträgen Druck Nr. 549, Schubert, Druck Nr. 557, Antrag Zajièek und Druck Nr. 698, Antrag Èuøík dargelegten Forderungen weitestgehend zu berücksichtigen." Die Regierung ignoriert auch diese Initiativanträge von Regierungsabgeordneten kontinuierlich, je konsequent.

Man könnte jetzt mit der Betrachtung über den Wert oder Unwert des Parlamentarismus beginnen, man könnte im Zusammenhang mit diesen Feststellungen Betrachtungen anstellen über den Wert oder Unwert der Arbeit von Abgeordneten in den Ausschüssen im Parlamente, zu dieser oder jener Frage. Aber es herrscht ja eine derartige Ignoranz der Arbeit eines willigen und fähigen Abgeordneten und einsichtigen Menschen gegenüber, sie ist derart zur Gepflogenheit hier im èechoslovakischen Parlamente geworden, daß sich eine Kritik dieser Ignoranz erübrigt, zumal diese Kritik ja hunderte- und tausendmale in diesem Hause gepflogen worden ist und stets ergebnislos verlief. Aber wir müssen auf den Inhalt dieser Initiativanträge der Koll. Zajièek, Schubert und Èuøík doch zu sprechen kommen, weil sie das enthalten, was wir seit Jahr und Tag vor Einbringung dieser Initiativanträge noch gemeinschaftlich mit diesen Abgeordneten als Oppositionsabgeordneten von der Regierung gefordert haben: die Regelung des Problems der Kriegsbeschädigten in dem von den Organisationen der Kriegsbeschädigten geforderten Sinne. Im besonderen ist es da - und davon sprach ich ja auch schon - die Erledigung einiger Details, die notwendig ist, so z. B. die schon erwähnte Frage der Übergenüsse. Wir müssen zur Regelung dieser Frage etwa im Sinne der Resolution Windirsch kommen, wenn wir nicht durch Fortbelassung des augenblicklichen Zustandes hunderte und tausende Kriegsbeschädigte geradezu zur Verzweiflung treiben wollen. Es ist so weit, daß, wenn es zu Methoden kommt, wie uns solche aus Mähren, aus Brünn, von der Tätigkeit des Landesamtes dortselbst berichtet werden, Kriegsbeschädigte in ihrer Verzweiflung zum Strick oder Revolver greifen, wenn ihnen das Geld langt, einen Revolver zu kaufen, um bei einer solchen Praktizierung der Kriegsbeschädigtengesetze dem verzweifelt gestalteten unwerten Leben schließlich ein Ende zu machen. Die Frage der Übergenüsse der Kriegsbeschädigten ist also, ich möchte das von der Regierung gefordert haben, zumindest im Sinne der Resolution Windirsch zu lösen.


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