Pondìlí 24. èervna 1929

Über die Verlängerung der Anmeldefrist ist bei der heutigen Debatte schon des längeren geredet worden. Auch ich bin ebenso wie meine Partei der Meinung, daß es unbedingt notwendig ist, die Anmeldefrist, die im Jahre 1923 abgelaufen war, zu verlängern. Es ist tatsächlich so, daß die anständigsten Elemente unter den Kriegsbeschädigten oft nur deshalb die Renten nicht bekommen, weil sie seinerzeit die Anmeldefrist verpaßten, aus Gründen die für sie sehr ehrend sind; denn die Betreffenden wurden erst nach Ablauf dieser Frist notleidend und rentenbedürftig. Die Verlängerung der Anmeldefrist verlangen wir also auch und wir erhoffen, daß in diesem Sinne doch irgendeine positive Regelung möglich ist, zudem die Möglichkeiten in finanzieller Beziehung auch gegeben sind.

Eines der traurigsten Kapitel ist das Kapitel der Kriegsbeschädigten-Trafikanten. Außerordentlich bemerkenswert sind die Methoden, mit denen diesen Kriegsbeschädigten- Trafikanten begegnet wird. Wir stellten bei eine Reihe von Kriegsblinden und vollkommen erwerbsunfähigen Kriegsbeschädigten fest, daß sie, weil sie sich im Besitze einer Tabaktrafik befanden, keinen Heller an Rente bezogen. Nach § 4 des Versorgungsgesetzes fällt unter allen Umständen dieselbe weg, wenn das Einkommen aus einer Tabaktrafik das Renteneinkommen um 100% übersteigt. Hiezu kommt das üble Kapitel der Gesellschafterzuweisungen, eine Methode, die man draußen anwendet, um die empfangene Wohltat der Zuweisung einer Trafik an Kriegsbeschädigte diesen Kriegsbeschädigten geradezu zum Eckel zu machen.

Für dieses Vorgehen gegenüber den Kriegsbeschädigten beruft man sich auf den staatsfinanziellen kategorischen Imperativ des Finanzministers. Ich habe es schon im Ausschuß gesagt, wie unmoralisch die Bezugnahme auf diesen Imperativ seitens des Finanzministers ist, solange er sich bei anderen Angelegenheiten nicht auch von diesem Imperativ beeinflussen läßt. Wir geben für einen Kriegshund - und dazu gibt auch der Herr Finanzminister, der der Sparsamkeit so sehr das Wort redet, seine Zustimmung 70 Kè aus für die gleiche Zeit der Versorgung, für welche einem Kriegsbeschädigten ein Betrag von 20 Kè zugeführt wird. (Výkøiky posl. L. Wenzela.) Solange wir derartige Fälle festzustellen vermögen, gilt ein Einwand wie der des Finanzministers nicht. Die Kriegsbeschädigtenfürsorge hat schätzungsweise - davon wußten die Berichterstatter im besonderen ein Lied zu singen - den Staat seit dem Jahre 1920 bis heute den Betrag von etwa 5 Milliarden Kè gekostet. So sprachen beide Herren Berichterstatter, sowohl Herr Ing. Hrdina im sozialpolitischen Ausschuß wie Herr Pater Rýpar im Finanzausschuß des Abgeordnetenhauses. Wenn von diesen großen Zahlen gesprochen wird, so berührt uns das immer so eigens. Wir sind nicht der Meinung, daß diese Zahlen unter allen Umständen den Anspruch auf Richtigkeit erheben dürfen. Wir haben aus der Praxis der letzten Jahre auch schon Fälle dargelegt, die für unsere Ungläubigkeit gegenüber diesen Zahlenexperimenten Beweis geliefert haben. So waren schon im Jahre 1920 945 Mill. Kè im Staatsvoranschlag für die Kriegsbeschädigtenfürsorge eingestellt, obwohl das Entschädigungsgesetz erst in diesem Jahre beschlossen wurde und erst im Jahre 1921 durchgeführt wurde, obwohl weiter erst in den Jahren 1921, 1922 und 1923 die Auszahlung und Nachzahlung von Renten sich sozusagen laufend vollzog. Man ersparte schon im ersten Jahre 1920 vom Betrage, der für die Kriegsbeschädigten im Staatsvoranschlag zur Verfügung stand, jedenfalls Millionen von Kronen, man ersparte dann die weiteren Jahre fortlaufend und ersparte selbst bei der Drosselung der Ausgaben für die Kriegsbeschädigten, die schon in den letzten Staatsvoranschlägen vorgenommen wurde, besonders auch für das Jahr 1928, man ersparte also wie gesagt auch noch da. Es ist kein Geheimnis, daß die Ersparungen des Vorjahres an den Kriegsbeschädigten gegenüber dem präliminierten Betrag 35 Millionen Kè betragen. Wenn man wenigstens bereit wäre, diese Ersparnisse den Kriegsbeschädigten in irgend einer neuen Form zuzuwenden, könnte man nicht von einem konsequent bestehenden bösen Willen der Regierung gegenüber dem Kriegsbeschädigtenstand sprechen. Daß man aber nicht einmal diese Ersparnisse dazu verwendet, Ersparnisse, die sich im besonderen daraus resultieren, daß die Zahl der Rentenbezüge jedes Jahr verringert wird, die Rentenbezieher durch Tod abgehen, so und so viel Waisen aus dem Rentenbezug ausscheiden, daß man also diese Ersparnisse zur Aufbesserung der Bezüge der überlebenden Rentenbezieher nicht verwendet, bezeugt den konsequenten bösen Willen der heutigen Regierung gegenüber diesen Problemen. Die Aktion des Koll. Zajièek, der im sozialpolitischen Ausschuß meiner Kritik schon begegnete und der - ich muß das feststellen - meiner heutigen Kritik der Gesetzgebung wieder zuhört, war darauf gerichtet, zumindest diese Ersparnisse den Kriegsbeschädigten zuzuwenden. Aber ich kann nicht anders als dem Koll. Zajièek das zu wiederholen, was ich schon im Ausschusse gesagt habe: Es darf, wenn man sich mit seinem guten Willen nicht durchzusetzen vermag einer bösgesinnten Gruppe von Menschen gegenüber nicht ausbleiben, daß man denn doch zur äußersten Schlußfolgerung schreitet. Wir haben heute bei der Besprechung dieses Gesetzes der Regierung gegenüber die Forderung zu wiederholen, den Kriegsbeschädigten Recht und Gerechtigkeit widerfahren zu lassen. Wir warnen die Regierung, die grausame Spekulation auf das Absterben der Kriegsbeschädigten zu machen; diese grausame Spekulation operiert gegenüber den Kriegsbeschädigten ebenso wie gegenüber den Pensionisten. Man glaubt, daß dieses Problem in Jahren leichter zu lösen sein wird. Wenn es so weiter geht, wie es in den letzten Jahren gegangen ist, daß jedes Jahr Tausende von Kriegsbeschädigten mit dem Tod abgehen, dann mag es wirklich sein, daß die Kalkulation einer Regierung wie der heutigen Koalitionsregierung richtig ist, daß in Jahren eine Regelung der Kriegsbeschädigtengesetzgebung im Sinne der Wünsche und Forderungen der organisierten Verbände leichter sein würden auch in Bezug auf die staatsfinanzielle Seite. Ich habe schon im Vorjahr auf das ungeheuere Sterben der Kriegsbeschädigten hingewiesen. Ich habe im Vorjahr darauf verwiesen, daß in dem ganz kurzen Zeitabschnitt von 1924 bis 1927 der Abgang an Mitgliedern einer einzigen Organisation der Kriegsbeschädigten, des Bundes der Kriegsverletzten, ungeheuer war. Wenn wir das, was sich alljährlich vollzieht, weiter beobachten, können wir auch der Meinung sein, daß die Dinge in den nächsten Jahren nicht besser werden, wir warnen aber die Regierung, diese grausame Methode zu pflegen, zu spekulieren auf die Erledigung des Kriegsbeschädigtenprobleme durch den Tod derselben. Wir rufen der Regierung vielmehr zu, diesem Stand gegenüber Recht und Gerechtigkeit zu üben. Vor allem muß es auch zur Erlassung eines Schwerbeschädigten-Einstellungsgesetzes kommen. Seit Jahr und Tag rufen die Organisationen der Kriegsbeschädigten nach einem solchen Gesetz. Der Regierung ist es aber bisher noch nicht eingefallen, ein solches Gesetz auch nur vorzubereiten. Ein solches Gesetz besteht in andern Staaten, besteht besonders in Deutschland, und dort ist dieses Gesetz auch schon den èechoslovakischen Kriegsbeschädigten, die drüben in Deutschland wohnen, zur Wohltat geworden. Es ist notwendig, daß die Èechoslovakische Republik sich ein solches Pflichteinstellungsgesetz zumindest für schwere Kriegsbeschädigte zurecht legt und damit in ein Gegenseitigkeitsverhältnis zu Deutschland tritt.

Wenn wir bei der Kritik des ganzen Verfahrens sind, das gegen die Kriegsbeschädigten angewendet wird, können wir auch nicht unterlassen zu wiederholen, daß die Erledigung der von den Kriegsbeschädigten an die einzelnen Ämter, die ihre Interessen wahrzunehmen haben, gerichteten Akten etwas schneller und bündiger zu geschehen hat. Es laufen immer und immer wieder Klagen und Beschwerden ein, daß die Ämter nicht sehr zeitgerecht funktionieren, daß die Ämter mit den Renten im Rückstande bleiben, mit den Akten, die häufig alles für die Kriegsbeschädigten bedeuten. Die charitative Fürsorge wird in Zukunft mehr auszugestalten sein. Es tut nicht gut, wenn man bei der Gestaltung der charitativen Fürsorge wieder den staatsfinanziellen kategorischen Imperativ anwendet. Wir sind der Ansieht, daß für diese Fürsorge genügende Mittel im Staatsvoranschlag bereitzustellen sind, daß bei der charitativen Fürsorge nicht gespart werden darf. Als dringlich wäre auch die Heilbehandlung der Hinterbliebenen der Kriegsbeschädigten zu fordern. Diese Heilbehandlung der Hinterbliebenen der Kriegsbeschädigten ist noch nicht gewährleistet und wir wissen, welche schwere Fälle sich gerade aus diesem Umstand ergeben. Daß wir ein besonderes Wort für die Regelung der Kriegsblindenfürsorge sprechen, ist eine selbstverständliche Sache. Diese unglücklichen Opfer des Weltkrieges, die das verloren haben, was des Menschen allergrößter Schatz ist, diesen Menschen gegenüber sollte man wenigstens nicht sozial einsichtslos und rücksichtslos vorgehen. Ihnen gegenüber sollte man vor allem ein Herz haben und sollte sozial rege sein selbst über das Maß des absolut Notwendigen hinaus, selbst über das Maß dessen hinaus, wozu man moralisch verpflichtet ist.

Was wir fordern, ist, daß durch eine grundsätzliche Regelung des Invalidengesetzes eine Erhöhung der Renten für alle Kriegsbeschädigten eintritt und daß durch eine grundsätzliche Regelung der heute bestehenden Kriegsbeschädigtengesetzgebung vor allem auch wieder jene Witwen in die Rentenversorgung einbezogen werden, die nach dem Gesetz vom Jahre 1922 aus der Rentenversorgung hinausgeworfen wurden. Bezüglich des Meritums der heutigen Regierungsvorlage fordern wir die Streichung des § 2 des Versorgungsgesetzes. Wir fordern die Schaffung eines Einstellungsgesetzes für Kriegsbeschädigte und eines Gegenseitigkeitsvertrages mit Deutschland in dieser Hinsicht. Wir fordern weiter die Verlängerung der Anmeldefrist, die Erhöhung der Beiträge für charitative Fürsorge, die Einstellung der leidigen grausamen Revisionsuntersuchungen, sofern sie von den Kriegsbeschädigten nicht selbst gefordert werden. Wir fordern die Heilbehandlung für die Hinterbliebenen der Kriegsbeschädigten und die rasche Erledigung der Fälle der einzelnen Kriegsbeschädigten auch aktenmäßig. Der Regierung gegenüber haben wir noch einmal zu wiederholen, daß für sie eine absolute Notwendigkeit der Regelung der Kriegsbeschädigtenfrage im Sinne der Wünsche und Forderungen der Organisation besteht, da sie ja so vielfache Versprechungen gemacht hat. Vom Ministerpräsidenten bis zum letzten Regierungsabgeordneten ist alles mit Versprechungen gegenüber den Kriegsbeschädigten belastet. Für jeden Teil der heutigen Koalition besteht sonach die moralische Verpflichtung, durch eine anständige Versorgung der Kriegsbeschädigten sich von dieser Last zu befreien.

Zu unserer heutigen Stellungnahme kann ich meinerseits und im Namen meiner Partei nur erklären, daß uns hiezu nicht die geringste demagogische Anwandlung veranlaßt hat, sondern nur die Erkenntnis der Notlage der Kriegsbeschädigten und die daraus resultierende selbstverständliche Pflicht, hier ihr Dolmetsch zu sein und für diese Menschen Recht und Gerechtigkeit zu erlangen. In diesem Sinne fordern wir die von mir dargelegte grundsätzliche Regelung, und in diesem Sinne sind wir nicht in der Lage, für den heutigen Regierungsantrag zu votieren. (Potlesk poslancù nìm. strany nár. socialistické.)

2. Øeè posl. Horpynky (viz str. 10 tìsnopisecké zprávy):

Meine Herren! Mit 30. Juni d. J. läuft das Gesetz über die Höhe der Einkommensgrenze, die vom Bezug einer Kriegsbeschädigtenrente ausschließt, ab. Weil die Novelle zu dieser gesetzlichen Bestimmung im letzten Augenblick dem Parlamente vorgelegt wird, so ist es klar, daß deren unveränderte Verlängerung vorgeschlagen wird. Bisher wurde diese gesetzliche Bestimmung immer nur auf ein Jahr verlängert und die Regierung gab das Versprechen, daß sie diese Zeit dazu benützen werde, um ein definitives Kriegsbeschädigtengesetz auszuarbeiten und dem Hause zur Beratung vorzulegen. Diesmal wird die Verlängerung auf unbestimmte Zeit bis zu einer Neuregelung vorgeschlagen. Daraus ergibt sich vollkommen klar, daß die èechoslovakische Regierung gar nicht an eine endgiltige Regelung des Kriegsbeschädigtenproblems denkt. Solange diese Regierung im Amte ist, solange diese gemischtnationale, bürgerlich-konservative Regierungsmehrheit besteht, ist keine Aussicht vorhanden, daß die Kriegsbeschädigtenfürsorge im Gesetzeswege verbessert wird. Es müßte wohl eine neue Regierung kommen, und erst wenn eine neue Regierungskoalition sich bilden wird, vielleicht erst nach den Neuwahlen, haben die Kriegsbeschädigten Aussicht, daß sich wieder einmal das Parlament mit ihren Forderungen und Wünschen hinsichtlich der Kriegsbeschädigtenfürsorge ernstlich befassen wird. Seit dem Jahre 1922 ist auf dem Gebiete der Kriegsbeschädigtenfürsorge überhaupt keine Verbesserung im Gesetzeswege vorgenommen worden. Die Organisationen der Kriegsbeschädigten haben das ganze Material zusammengetragen, in Beschwerden, in Memoranden, in Zeitungsartikeln. Die Regierung ist hinlänglich informiert. Wenn nichts geschieht, dann sind wir berechtigt, von einem bösen Willen der Regierung den Kriegsbeschädigten gegenüber zu sprechen. Von der Tatsache des bösen Willens belehrt uns auch ein Fall, der sich in der letzten Zeit hier in Prag zugetragen hat und den schon zwei meiner Vorredner angezogen haben. Am 19. März d. J. ist eine Deputation des Bundes der Kriegsverletzten der Èechoslovakischen Republik in Deutschland aus Chemnitz nach Prag gekommen unter Führung ihres Obmanns Gustav Zahm, um hier bei den maßgebenden Kreisen vorzusprechen und ihre Wünsche vorzubringen. Die Angelegenheit war besonders wichtig, schon vom Standpunkte des Prestige des Staates. Denn diese elend abgefertigten Kriegsbeschädigten der Èechoslovakischen Republik im Ausland sind ja diejenigen, welche am meisten geeignet sind, das Ansehen des Staates im Auslande zu schädigen. Als nun die Deputation auch in das Außenministerium gehen wollte, um dort ihre Wünsche vorzutragen, da hetzte man hinter dem Obmann dieser Organisation Gustav Zahm die Prager Polizei, ließ ihn verhaften und vorführen und malträtierte ihn zwei Stunden lang mit einem protokollarischen Verhör, in welchem man ihm die unglaublichsten Vergehen und Verbrechen vorhielt, zu denen er sich äußern mußte. Als die zwei Stunden vorüber waren und die Deputation nicht mehr die Möglichkeit hatte, in das Außenministerium zu gehen, als es klar war, daß die Leute von Chemnitz nach Prag, die Reiseauslagen aus eigener Tasche zahlend, den Weg umsonst gemacht hatten, entließ man Herrn Gustav Zahm und er konnte nun nach Chemnitz zurückkutschieren. Dort sagte ihm der èechische Konsul, das Ganze sei ein Irrtum gewesen, er sei mit einer anderen Person verwechselt worden. Gleichzeitig teilte ihm aber der èechoslovakische Konsul mit, daß er nicht noch einmal nach Prag zurückfahren dürfe, sonst würde ihn die Prager Polizei verhaften. Ein solcher Vorfall nötigt uns, Herrn Minister Beneš noch einmal darauf aufmerksam zu machen, endlich einmal mit den unhaltbaren Verhältnissen im èechoslovakischen Konsulat in Chemnitz aufzuräumen. Ich habe über das skandalöse Vorgehen des dortigen Konsuls gegen die Kriegsbeschädigtenorganisation eine Interpellation eingebracht. Minister Dr. Beneš hat sich nur dazu aufschwingen können, das Vorgehen dieses Herrn durch leere Ausreden gutzuheißen. Jetzt hat er hier in Prag einen neuerlichen Beweis für das merkwürdige Vorgehen des èechoslovakischen Konsuls. Wir müssen aber auch vom Herrn Innenminister Èerný verlangen, daß er bei der Prager Polizei Ordnung macht, denn die Polizei ist doch da, um die Sicherheit des Staatsbürgers zu verbürgen, nicht aber, um sie zu bedrohen.

Ich habe als Redner meiner Partei von dieser Stelle aus des öfteren Gelegenheit gehabt, die Wünsche und Forderungen meiner Partei in der Kriegsbeschädigtenfrage bekanntzugeben. Ich kann mich hier daher darauf beschränken, dies kurz zu wiederholen. Wir verlangen: 1. die Verlängerung der Anmeldefristen zum Bezuge einer Kriegsbeschädigtenrente, 2. die Novellierung des Versorgungsgesetzes überhaupt, 3. Nachsicht und Schenkung der Übergenüsse, 4. Weglassung einer jeden Einkommensgrenze, und wenn dies nicht möglich ist, dann Festsetzung einer einheitlichen Einkommensgrenze für die wirtschaftlich unselbständig Erwerbenden, die natürlich niemals höher sein darf als 12.000 Kè, 5. ein Pflichtbeschäftigungsgesetz für die Kriegsbeschädigten, 6. Steuererleichterungen, 7. Begünstigungen in der Heilfürsorge und 8. ein besonderes Gesetz für die Schwerstbeschädigten und für die Kriegsblinden.

Ich kann es mir ersparen, für diese unsere Forderungen hier nochmals eine Begründung anzuführen. Sie ist enthalten in den stenographischen Protokollen, sie kommt zum Ausdruck in dem Initiativantrag, den ich im Namen meiner Partei eingebracht habe und in den Abänderungsanträgen zu den früheren Kriegsbeschädigtengesetzen. Es wäre nutzlos, diese ganze Begründung zu wiederholen, denn die Regierung will nicht, die Regierungsmehrheit läßt sich den Willen der Regierung ganz einfach aufzwingen und die Opposition ist zu schwach, um etwas von der Regierung zu erzwingen. Das Ergebnis solchen Vorgehens in der Gesetzgebung ist, daß heute die Èechoslovakei, der sogenannte Siegerstaat, derjenige ist, der die schlechteste Kriegsbeschädigtenfürsorge auf dem ganzen Kontinent überhaupt hat. Es wird dem Herrn Dr. Beneš seine Auslandspropaganda gar nichts nützen, daß die Èechoslovakei der finanziell konsolidierteste unter den Nachfolgestaaten ist. Wir werden schon dafür sorgen, daß draußen auch bekannt wird, daß diese Konsolidierung nur möglich ist, weil sie auf Kosten der Kriegsbeschädigten und Kriegshinterbliebenen geht. Denn hier in diesem Parlament ist das Wort eines Finanzministers gefallen, er müsse die Kriegsbeschädigtenfürsorge abbauen, weil sonst das Gleichgewicht im Staatshaushalt bedroht ist.

Die Versorgung der Kriegsbeschädigten und Kriegshinterbliebenen ist eine auf Fürsorgeerwägungen beruhende öffentlichrechtliche Pflicht des Staates. Die Èechoslovakische Republik als Staat fordert von jedem ihrer Bürger Pflichterfüllung bis ins Kleinste. Sie selbst vernachlässigt aber ihre Pflichten gegenüber den Kriegsbeschädigten und Kriegshinterbliebenen. Es nützt gar nichts, wenn der Herr Berichterstatter hier aufzählt, wieviel Millionen bisher die Kriegsbeschädigtenfürsorge gekostet hat, wieviel Trafiken an Kriegsbeschädigte vergeben wurden, wieviel Geld für die Heilfürsorge ausgegeben wurde. Die Tatsache bleibt fest, daß all das unzureichend gewesen ist. Der Staat erfüllt demnach nur einen Bruchteil seiner Pflicht und das ist gleichbedeutend mit Pflichtverletzung. Und jedes Unrecht rächt sich; wenn es die Regierung begeht, rächt es sich an dem Staat. Ich kann mich nicht genug wundern, daß die Herren Kollegen jener èechischen politischen Parteien, mögen sie in der Regierung oder Opposition sein, die sich so gerne als staatserhaltende Parteien aufspielen, daß die nicht alle Mittel in Bewegung gesetzt haben, um gerade in der Kriegsbeschädigtenfrage Ordnung zu schaffen. Wenn ich einer solchen staatserhaltenden Partei angehören würde, dann würde ich ungefähr in folgenden Gedankenketten denken: Die Èechoslovakische Republik ist ein Militärstaat kat´exochen mit allgemeiner Wehrpflicht, Milliarden gibt er für die Erhaltung und Ausrüstung des stehenden Heeres aus. (Pøedsednictví se ujal pøedseda Malypetr.) Ich will gar nicht untersuchen, ob die Èechoslovakei in kürzerer oder fernerer Zukunft zu einem Abwehrkrieg gezwungen sein wird oder aber ob sie sich von gewissenlosen Staatsmännern verleiten läßt, einen Angriffskrieg zu führen. Immer wird die Lage des èechoslovakischen Heeres eine schwere sein, schwer deshalb, weil dies schon gegeben ist durch die Form der Staatsgrenzen, schwierig, weil die Èechoslovakei ein Völkerstaat ist und mit denselben Schwierigkeiten in der Armee rechnen muß wie der gewesene Kaiserstaat Österreich. Denn es kann Völker geben, die an einem Sieg und der Erhaltung dieses Staates nicht das Interesse haben, wie die Èechen es haben. Ich würde mir an Ihrer Stelle sagen, daß das, Aufmarschgebiet des èechoslovakischen Heeres in jedem Ernstfall in Gegenden liegt, die von Völkern bewohnt sind, welche gegen ihren Willen diesem Staat einverleibt wurden und die schon 1920 das ewige, unverjährbare Anrecht auf Selbstbestimmung geltend gemacht haben und die vielleicht eine kriegerische Verwicklung der Èechoslovakei dazu benützen werden, um ihr Ziel endlich zu erreichen. Wenn dann noch diese unmögliche, jeder Humanität hohnsprechende Kriegsfürsorge dazu kommt, die die älteren Geschlechter aus den Zeitungen und aus eigener Anschauung kennen, die der jüngeren Generation durch den Bürgerkundeunterricht in der Schule bekannt gemacht wurde und die zu Agitationszwecken vielleicht gerade im Moment einer Mobilisierung noch mehr publik gemacht wird, wo sollen dann die Menschen herkommen, die aus reiner Begeisterung sieh für einen solchen Staat die Knochen zusammenschießen lassen? Meine Herren! Wenn ich einer solchen staatserhaltenden Partei angehören würde, dann würde ich mir sagen: Die Zuverlässigkeit des Heeres hängt nicht ab von der Vorzüglichkeit der Ausrüstung, sondern von dem Geist, der die Soldaten beseelt und deshalb gehört eine ausreichende Kriegsbeschädigtenfürsorge zum besten Rüstzeuo einer Armee, zum unentbehrlichen Mittel, um eine Armee verläßlich zu machen. Wenn diese Parteien heute hier sitzen, wenn die Regierungsparteien gar nichts unternehmen, um die Regierung den Kriegsbeschädigten gegen über zu einem anderen Standpunkt zu zwingen, wenn die èechischen Oppositionsparteien zwar Sturm laufen, es aber doch nicht ernst meinen, um hier Wandel zu schaffen, dann behaupte ich: Für diese Herrschaften ist das Wort "staatserhaltend" ein Schlagwort im Programm, sie setzen aber nicht eine einzige Tat, um diesem Schlagwort Leben einzuhauchen.

Das vorliegende Gesetz gibt auch Anlaß, einmal über das Verhältnis von Regierung zum Parlament hier in diesem Staate zu sprechen. Bei jeder Verlängerung, die das vorliegende Gesetz in diesem Parlament erfahren hat, hat die Regierung versprochen, daß sie das Kriegsbesehädigtegtenproblem durch ein definitives Gesetz lösen werde. Zweieinhalb Jahre ist es her, daß die von einem Abgeordneten einer Regierungspartei, Herrn Koll. Zajièek gestellte Resolution einstimmig im Parlament angenommen wurde: "Die Regierung wird aufgefordert, das Kriegsbeschädigtenfürsorgegesetz ehestens zu novellieren und hiebei vor allem die in den Initiativanträgen 549, 557 und 698 dargelegten Forderungen weitestens zu berücksichtigen." Zweieinhalb Jahre erfolgte keine Antwort der Regierung, trotzdem diese Resolution durch die Form ihrer Annahme als der einheitliche Wille des ganzen Parlaments der Regierung zur Kenntnis gebracht wurde. Drei Jahre liegen Initiativanträge von Regierungsparteien vor, welche das ganze Problem der Kriegsbeschädigtenfürsorge regeln wollen. Bisher hat es immer geheißen und besonders die- deutschen Regierungsparteien haben in diesem Sinne gesprochen: Die Annahme eines Resolutionsantrages ist ein Erfolg, den wir errungen haben. Bisher waren wir immer der Ansicht, ein Initiativantrag darf überhaupt nur von Regierungsparteilern eingebracht werden, damit er Aussicht habe, jemals in Verhandlung gezogen zu werden. In der Frage der Kriegsbeschädigtenfürsorge ist das nicht zutreffend. Im Gegenteil, der Herr Berichterstatter im sozialpolitischen Ausschuß hat uns gesagt, daß der Antrag des Koll. Zajièek Hunderte von Millionen kosten würde, er muß daher ad acta gelegt werden. Und die Regierungsmehrheit? Sie gibt nach sie muckt nicht auf. So muß das Bild entstehen, daß hier eine Diktatur der Ministerien und ihrer Beamten herrscht, daß die Mehrheit zu einer bedeutungslosen parlamentarischen Schutztruppe, zum Söldnerheer der Ministerbank herabgewürdigt wird, daß sie Gott ergeben die Rolle eines Strohtellers zu spielen gedenkt, auf dem auf der einen Seite die Regierung, auf der andern Seite die mit der Gesetzgebung unzufriedenen Elemente ihre Stiefelabsätze abwischen. Die Opposition wird machtlos gemacht. Das ist die einzige Tat, zu der sich die Regierungsparteien aufschwingen, daß sie die Opposition brutal niederstimmen. So untergräbt die Mehrheit das Ansehen des Parlamentarismus in diesem sogenannten demokratischen Staate. Hier sollte nach den demokratischen Prinzipen die ganze Macht in den Händen des Volkes bezw. der gewählten Volksvertreter liegen. Wenn die Regierung gegen ein Kriegsbeschädigtengesetz ist, die Regierungsmehrheit es aber wünscht, wie ihre Initiativ- und Resolutionsanträge zeigen, so haben die Abgeordneten und Senatoren der Regierungsmehrheit die Möglichkeit, so ein Gesetz zu beschließen, und die Regierung muß nachgeben. Nicht so, wie es bis jetzt war, daß die Regierungsmehrheit so tanzt, wie die Regierung pfeift. Das sind unhaltbare Zustände.

Wenn Minister Dr. Spina in Eger gesagt hat, die jetzige Regierungskoalition gedenke bis zum Jahre 1931 beisammen zu bleiben und weiter zu kutschieren, um ihr imaginäres Regierungsprogramm, das er uns natürlich auch nicht verrät, zu erledigen, stellen wir dem gegenüber wegen der Unhaltbarkeit der Verhältnisse, die hier herrschen, die Forderung: Weg mit dieser Regierung, weg mit dieser Regierungsmehrheit, freie Bahn für eine neue Mehrheit, die endlich die Wege zur Arbeit in diesem Parlamente freimachen wird und wenn es nicht anders gelingt, dann mit Neuwahlen heraus, damit das Volk sein Urteil über diese Gesetzesmacherei spreche!

Ich habe die Pflicht, zum Schlusse zu erklären, daß meine Partei demonstrativ gegen den vorliegenden Gesetzesantrag stimmen wird. (Souhlas a potlesk poslancù nìm. strany národní.)

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