Der Zug Nr. 1504, der um 7 Uhr früh von
Warnsdorf nach Bodenbach abgehen soll und die ganze Verbindung
sowohl in der Richtung nach Rumburg, Bodenbach, Prag, über
Deutsch-Gabel nach Reichenberg, herstellt, wurde an der Endstation
Warnsdorf am Sonntag den 13./12. 25, 1/2 Stunde später, also
um 1/2 8 Uhr wegen Wassermangel abgelassen, sodaß mehr wie
hundert Reisende, den Anschluß nach den erwähnten Richtungen
verloren haben. Das Bedeutet für Viele den Verlust eines
ganzen Tages, nachdem die nächsten Züge erst kurz nach
Mittag gehen.
Das Fahrpersonal, auf dieser, ganz deutsches
Gebiet durchziehenden Eisenbahn, ist nicht bloß nahezu ganz
èechisch, sondern der deutschen
Sprache so wenig mächtig, daß die nicht in der Lage
sind, deutschen Fahrgästen eine zufriedenstellende Auskunft
zu geben. So kam es unlängst vor, daß der èechische
Kondukteur einen deutschen Fahrgast, beim Einfahren
des Schnellzuges in Rumburg, die Antwort gab, wir sind schon
in Böhm.-Leipa, während Böhm.-Leipa ungefähr
46 km von Rumburg entfernt liegt.
Die überwiegende Mehrheit der Schaffner
auf den Staatsbahnen sind Èechen,
die weiß Gott woher auf die deutschen Strecken der Staatsbahn
versetzt wurden und nicht im Stande sind Deutschen Auskunft zu
geben. Das verursacht eine ungeheuere Unsicherheit unter den Fahrgästen,
weil die Kondukteure nicht einmal wissen, auf welcher Seite die
Stationen liegen.
Es wäre jedenfalls angezeigt, wenn das
Eisenbahnministerium eine entsprechende Verlautbarung, besonders
an das angrenzende reichsdeutsche Gebiet, herausgeben würde,
daß die Schaffner auf den èechoslovakischen
Bahnen die deutsche Sprache nur notdürftig
beherrschen, verkehrte Auskünfte geben und daher ihre Auskünfte
mi einer gewissen Vorsicht aufzunehmen sind.
Die Unterzeichneten stellen an den Herrn Eisenbahnminister
die Anfrage, ob ihm die Verhältnisse auf den èechoslovakischen
Staatsbahnen, wie sie durch die Heranziehung
des èechischen, ungeschulten
Personals vorkommen, bekannt sind und was er überhaupt zu
tun gedenkt, um die Sicherheit der Reisenden auf den Bahnen der
Èechoslovakei zu ermöglichen.
Prag, den
15. Dezember 1925.
Die Tagespresse berichtet, daß die Verwaltungskommission
der Allgemeinen Pensionsanstalt in ihrer Sitzung vom 2. April
l. J. beschlossen hat in Hinkunft nur mehr jenen stellenlosen
Angestellten eine Geldunterstützung zuzuwenden, die einer
nach dem Gesetze Slg. Nr. 267 vom 19 Juli 1921 auszahlenden Fachorganisation
angehören.
Der genannte Beschluß der Verwaltungskommission
der Allgemeinen Pensionsanstalt ist weder mit den Grundgedanken
des sozialen Versicherungswesens zu vereinbaren, noch kann er
Anspruch auf irgend eine andere sachliche Begründung erheben,
da auch die gegenwärtig von der Stellenlosenfürsorge
der Allgemeinen Pensionsanstalt ausgeschlossenen Versicherten
für deren Kosten mit ihren Versicherungsbeiträgen so
aufkommen müssen.
Im übrigen halten wir dafür, daß
der angeführte Beschluß auch mit den geltenden Bestimmungen
des Pensionsversicherungsgesetzes im Widerspruche steht.
Wir nehmen daher über ausdrückliches
Ersuchen vieler tausender beteiligter Privatangestellter Veranlassung,
an den Herrn Minister für soziale Fürsorge folgende
Interpellation zu richten:
1. Ist dem Herrn Minister der mehrfach genannte
Beschluß der Verwaltungskommission der Allgemeinen Pensionsanstalt
bekannt und ist dieser Beschluß seitens des Ministeriums
für soziale Fürsorge als der zuständigen Aufsichtsbehörde
bereits auf seine gesetzliche Begründetheit hin überprüft
worden?
2. Ist der Herr Minister bereit, diesen Beschluß
mit sofortiger Wirkung aufzuheben?
Da eine im früheren Abgeordnetenhause
am 4. Juni 1925 eingebrachte Interpellation unbeantwortet blieb,
wird sie hiemit neuerlich eingebracht.
Prag, am 17.
Dezember 1925.
In dem vom Abg. Prof. Dr. Srdinko erstatteten
Bericht des Budgetausschusses des Abgeordnetenhauses über
den èechoslovakischen Staatsvoranschlag
für das Jahr 1926 werden die Kosten für die Unterstützungen
an die russischen und ukrainischen Flüchtlinge auf dem Gebiet
der Èechoslovakischen Republik
für das kommende Verwaltungsjahr auf rund 62,000.000 Kè
geschätzt. Seit Jahren werden vom Außenministerium
jährlich über 60 milionen Kronen für die Bildungsbedürfnisse
der auf dem èechoslovakischen
Staatsgebiete lebenden Russen und Ukrainer ausgegeben, ohne daß
hiefür die verfassungsmäßige Genehmigung im Finanzgesetz
und Staatsvoliegende Staatsrechnungsabschluß über das
Verwaltungsjahr 1923 ausdrücklich an, daß an außerordenlichen
Ausgaben der Zentrale des Ministeriums für auswürtige
Angelegenheiten im Voranschlag bloß 14,950.000 Kè
vorgesehen, tatsächlich aber 77,268.620 Kè angewiesen
wurden. In der Begründung dieser Budgetüberschreitung,
wird auf die nicht präliminierten Ausgahen für diese
russischen Flüchtlinge hingewiesen. Auch
im Voranschlag 1926 ist der eingangs erwähnte Betrag nicht
vorgesehen und nur wer die Erläuterungen ließt, der
findet die Anküdigung der Verwendung einer solchen verfassungsmäßig
gar nicht genehmigten Summe für diesen Zweck. Nun wollen
wir es den heimatlosen, aus dem Vaterlande vertriebenen Ostslaven
nicht mißgönnen, wen ihnen ein anderer Staat eine Freistatt
gibt und ihnen Unterricht erteilen läßt, damit sie
entsprechend vorgebildet sind, wenn sie einmal in die Heimat zurückkehren,
Bitter wird das Gefühl nur, wen wir sehen, die èechische
Staatsverwaltung hier eine offene Hand hat, während das deutsche
Schulwesen aus Ersparungsgründen geknebelt und
eingeschränkt wird.
Auf keinen Fall aber geht es an, daß
hier jahrelang Millionen ohne verfassungsmäßige Genehmigung
verwendet werden.
Ich frage die Herren Minister:
Auf Grund welcher gesetzlichen Ermächtigung
werden seit Jahren diese Beträge ausgegeben und verwendet?
Prag, am 17.
Dezember 1925.
Wie in der letzten Zeit in Erfahrung gebracht
wurde, beabsichtigt die Postverwaltung die Bestellung der Einschichten
durch Organe der Postverwaltung einzustellen, Tatsächlich
wurde diese Maßnahme probeweise schon in einigen Teilen
durchgeführt. Auf diese Weise kommen Tausende Staatsbürger
des deutschen Siedlungsgebietes, namentlich unseres Böhmerwaldes,
da dieses fast durchwegs nur aus Einschichten besteht, für
die ebenso wie von den anderen das vorgeschriebene Porto bezahlt
wird, um ihr gutes Recht.
Die Gerechtfertigten fragen deshalb an, ob
dem Herrn Postminister diese Absicht der Postverwaltung bekannt
ist und fordern im bejahenden Falle das Aufheben dieser angeblichen
Sparmaßnahme im Interesse eines geordneten und geregelten
Postverkehres.
Prag, am 19.
Dezember 1925.
Laut Gesetz vom 9. Oktober 1924, Nr. 237 Slg.
d. G. u. V., ist mit einem jährlichen Staatszuschluß
von 50 Millionen Kronen und einer Selbsthiffe von jährlich
20 Millionen Kronen ein Spezialfond für durch die Nachkriegszeit
geschädigten Geldinstitute geschaffen worden. Das hiedurch
amortisierbare Kapital beträgt 1640 Millionen Kronen.
Für die Aufteilung dieses Fondes an die
in Betracht kommenden Geldinstitute wurde ein Kuratorium bestehend
aus 20 Mitgliedern befand sich jedoch nur 1 Deutscher.
Die Aufteilung dieses Fondes erfolgte in einer
für die deutschen Spar- und Vorschußkassen geradezu
unglaublichen Weise, und zwar erhielten die drei gefallenen Banken
Bohemiabank, Pozemková banka und
Mähr. schles. Bank 330 Millionen Kronen, alle
übrigen in Frage kommenden Banken 700 Millionen Kronen, die
Konsumvereine und Wirtschaftsgenossenschaften 350 Millionen Kronen,
die Vorschußkassen 150 und die Sparkassen 110 Millionen
Kronen zugeteilt. hiebei sei bemerkt, daß die erstangeführten
3 Banken überhaupt nicht mehr existieren und die Mähr.-schles.
Bank allein 118 Millionen Kronen zugeteilt erhielt. Diese
letztere Bank wurde im Jahre 1911 gegründet, hatte im Jahre
1919 ein Reinvermögen von 4 Millionen Kronen und weist im
Jahre 1921 ein Defizit von 194 Millionen Kronen aus, so daß
nun die Funktionäre derselben strafgerichtlich verfolgt werden.
Auf diese 194 Millionen Abgang hat diese zweifelhaft gefallene
Bank 118 Millionen Kronen, das sind 61 % der gewiß nicht
zu niedrig ausgewiesenen Verluste zugeteilt erhalten.
Demgegenüber haben die vorwiegend deutschen
Sparkassen mit einem Gesamtverlust von einer Milliarde achtzig
Millionen Kronen den ganz lächerlichen Betrag von 110 Millionen
Kronen, d. s. 10 % zugeteilt erhalten, dabei ist zu berücksichtigen,
daß diese Verluste der Sparkassen nicht etwa aus zweifelhaften
spekulativen Geschäften entstanden sind. diese Verluste entstanden
dadurch, daß der Staat zwar alle Aktiven des alten Österreich
an sich gezogen hat, hinsichtlich der Passiven aber nur allzugern
bereit war, die Rechtsnachfolge des alten Staates abzuleugnen,
was ganz besonders die Kriegsanleihe betrifft, für deren
Verwertung den Sparkassen unerfüllbare Bedingungen vorgeschrieben
sind, wodurch sich der Staat wesentliche Beträge erspart
hat. Nun sollen diese Beträge von den ohnedies nicht gut
finanzierten Gemeinden getragen werden. Der Staat hat mithin in
diesen Fällen nichts anderes getan, als die Verpflichtungen,
die ihn trafen, auf die Gemeinden überwälzt. Er hat
sich demnach die allgemeine Garantieverpflichtung der Gemeinde,
welche für solche Fälle der Entlastung des Staates wohl
nicht geschaffen worden ist, in einer Finanzwirtschaft der Gemeinden
in vielen Fällen vernichtenden Weise zu Nutze gemacht.
In Anbetracht dieser krassen Vorkommnisse stellen
die Gefertigten an den Herrn Minister die Anfrage:
1. Ist der Herr Minister bereit, von dem ihm
nach der Kriegsanleihenovelle vom 30. November 1924, Nr. 216 der
Slg. d. G. u. Verord, zustehenden Ermächtigung den weitesten
Gebrauch zu machen, in dieser Richtung im schleunigsten Wege die
nötigen Verfügungen zu treffen und auch alle sonst ihm
nach den bestehenden Gesetzen offenen Möglichkeiten einer
Unterstützung der Sparkassen anzuwenden, um dadurch den den
Sparkassen zugefügten Schaden einigermaßen gutzumachen?
2. Ist der Herr Minister bereit, die schon
monatelang im Finanzministerium eingereichten Ansuchen der Sparkassen
um Bewilligung der privilegierten Zeichnung ihrer Kriegsanleihen
endlich einer günstigen Erledigung zuzuführen?
3. Ist der Herr Minister bereit, jenen Sparkassen
mit großem Kriegsanleihebesitz die Bewilligung einer angemessenen
Tilgungsdauer des Zuzeichnungsdarlehens und ein die Rentabilität
der Kasse ermöglichenden Lombardzinsfuß zu gewähren?
Prag, am 18.
Dezember 1925.
In der Erzgebirgsgemeinde Kallich (910 Einwohner,
ziemlich entwickelte Industriebetriebe), bestand bisher eine Disktriktsarztensstelle
und war dieser Posten schon deshalb eine dringende Notwendigkeit,
weil der nächstgelegene Ort, wo ebenfalls ein Arzt wohnt,
Platten, 9 km, der zweitnächste Ort mit einem Arzt, Komotau,
14 km entfernt ist. Diese angegebenen Entfernungen sind aber deshalb
noch besonders zu unterstreichen, weil es mühsame Gebirgswege
sind, die in den rauheren Jahreszeiten oft wochen- und monatelang
gar nicht oder nur äußerst schwierig zu begehen sind.
Was dieser Umstand im Falle einer plötzlichen schweren Erkrankung
oder bei einer Geburt, zu welcher ärztliche Assistenz notwendig
ist, bedeutet, wenn in Kallich die Arztensstelle nicht bestünde,
kann man leicht ermessen.
Die Distriktsarztensstelle in Kallich soll
nun aufgelassen und der Ort zum Disktrikte Platten geschlagen
werden, Begründet soll die Sache damit werden, daß
im Distrikte Kallich nicht jene Bevölkerungszahl vorhanden
ist, welche vom Gesetze zur Errichtung eines eigenen Distriktes
gefordert wird, Indes dürfte hier aber die Meinung am Platze
sein, es müsse, wenn das Gesetz auch eine bestimmte Zahl
vorschreibt, dies noch eine solche Auslegung in Einzelfällen
zulassen, welche dem Hauptsinn des Gesetzes entspricht, nämlich,
daß für einen ausreichenden Sanitätsdienst vorgesorgt
werden soll. Welche schweren Unzukömmlichkeiten aber im Falle
Kallich entstehen müssen, durch die sogar Menschenleben gefährdet
werden können, weil sonst eine rechzeitige ärztliche
Hilfe nicht erreicht werden kann, ist schon aus dem Umstande zu
ersehen, daß, wie bereits erwähnt, die nächsten
Orte mit einer ärztlichen Station 9 bis 14 km entfernt sind.
Die Unterzeichneten stellen daher folgende
Anfrage:
Ist der Herr Minister bereit, eine Verfügung
an der zuständigen Stelle in der Sache Kallich zu erlassen,
daß dort der Distriktsarztensposten bestehen bleibt?
Prag, am 18.
Dezember 1925.
In Stockau (Schulbezirk Bischofteinitz) besteht
seit Anfang dieses Schuljahres eine èechische
Schule für 3 Kinder. Davon ist eines èechischer
Nationalität (das Kind eines dort stationierten Gendarmen),
zwei sind deutsch.
Gegen ale Vorstellung, welche vom dortigen
Pfarrer geltend gemacht worden sind, ist verfügt worden,
daß diese Schule in der Wohnung des Pfarrers untergebracht
wird und es ist der hiefür beschlagnahmte Raum gesprengt
worden und wurden die in diesem Raume untergebrachten Kirchensachen
einfach auf den offenen Gang hinausgestellt.
Die Pfarre Stockau hat kein eigenes Pfarrgebäude,
sondern ist seit dem Jahre 1785 im dortigen Schloß - übrigens
ein zur Zeit Kaiser Josef II. aufgelassenen Augustianerkloster
- untergebracht. Die dem Pfarrer zur Verfügung stehenden
Wohn- und Amtsräume sind sehr bescheiden. Es fehlt z. B.
ein Archivraum, ein Zimmer zur Aufbewahrung der kirchlichen Paramente
und anderer kirchlicher Gegenstände und müssen diese
Sachen in der Privatwohnung des Pfarrers untergebracht werden.
Er hat keinen Bodenraum, keinen Holzplatz zur Verfügung,
sondern ist hiefür auf den offenen Gang angewiesen. Trotzdem
ist der Raum seiner Privatwohnung, in dem er bisher die kirchlichen
Paramente, kirchliche Bucher, Gefäße, Kerzen, das heinge
Grab, die Krippe und anderes aufbewahrt hat, am 14. September
d. J. gewaltsam in Gegenwart des Ortsgendarmen gesprengt worden
und sind sämtliche Sachen, ohne daß von jenen Organen,
welche die Sprengung vorgenommen haben, Vorsorge getroffen worden
ware, einrach auf den offenen Gang hinausgestellt worden.
Abgesehen davon, daß die Sicherheit für
wertvolle kirchliche Stucke und auch für Sachen von staatlicher
Bedeutung hiedurch in Frage gestellt worden ist, muß aber
gesagt werden, daß eine Notwendigkeit, die Schule gerade
in der Wohnung des Pfarrers unterzubringen, nicht bestand. In
demselben Schlösse, in dem, wie erwähnt, die Pfarrerwohnung
untergebracht ist, sind mindestens 20 Zimmer vonstandig leer und
unbewonnt und unter diesen sogar ein Zimmer, das vor dem Baue
der deutschen Ortsschule über 20 Jahre als Schulklasse für
die deutsche Schule benützt worden war.
Es kommen noch folgende Momente in Betracht:
Das derzeit beschlagnahmte Zimmer hat kernen eigenen Hauseingang.
Es muß also der Hauseingang zur Pfarrerwohnung mit Rücksicht
auf diese Schule jetzt beständig offen bleiben, obzwar, auf
dem Gang die Gegenstande, die durch Raumungskommission einfach
hinausgestent worden sind, zumeist unversperrt sich befinden.
Ferner würde eine Erkrankung eines die Schule besuchenden
Kindes an einer ansteckenden Kinderkrankheit zur Folge haben,
daß der Pfarrer, weil er an demselben Gang seine Amts- und
Privatwohnung hat, die anderen Schulen seines Kirschspieles nicht
besuchen könnte.
Der Herr Minister wird gefragt:
1. Ist er bereit, sich über den Vorgang,
den man zur Unterbringung der èechischen
Schule in Stockau angeordnet hat, zu informieren?
2. Ist er geneigt, eine neuerliche Kommission
unter Zuziehung des Pfarrers und der Gemeindevertretung anzuordnen
mit dem Hinweis, daß die Beschlagnahme eines Teiles der
ohnehin bescheidenen Pfarrwohnung auffallend sei, wenn, im Schlösse
selbst eine ganze Anzahl von Räumen (darunter sogar ein ehemaliges
Schulzimmer) vollständig unbenutzt stehe, die doch ohne Belästigung
einer Partei, wie sie sonst ein Schulbetrieb immer zur Folge haben
muß, zur Verfügung gestellt werden können?
Prag, am 18.
Dezember 1925.
Am 15. November 1925 hat der politische Bezirk
Hultschin endlich von seinem verfassungsmäßigen Wahlrechte
Gebrauch machen können. Das Wahlergebnis hat erwiesen, daß
der mit der Einverleibung des Hultschiner Ländchens für
den neuen politischen Bezirk eingeführte Ausnahmzustand seinen
Zweck, bei der dortigen Bevölkerung das Bekenntnis zur èechischen
Nationalität zu erzwingen, nicht erfüllt hat. Die Regierungsverordnung
vom 4. Mai 1920, Slg. d. G. u. V. Nr. 321 hat der deutschen Hultschiner
Bevölkerung, die auf Grund der Wahlergebnisse eine bedeutende
Mehrheit dieses Bezirkes bildet, auch nicht einmal diejenigen
Rechte zukommen lassen, die den deutschen Staatsbürgern im
übrigen Staatsgebiete der Èechoslovakischen
Republik nicht entzogen werden konnten. Der durch die erwähnte
Verordnung geschaffene Ausnahmszustand, der bis heute der gesetzlichen
Genehmigung entbehrt und der demokratischen Staatsidee direkt
widerspricht, hat dort eine absolutistische Regierungs- und Exekutivgewalt
festgelegt. Auf allen Gebieten des wirtschaftlichen und sozialen
Lebens, vor allem aber in allen als politisch geltenden Angelegenheiten
ist die Bevölkerung zum Spielball rücksichtsloser Entnationalisierung
geworden. Der deutsche Sprachgebrauch der dortigen Bevölkerung
wurde nicht einmal aus Zweckmäßigkeitsgründen
anerkannt, sondern als Ausdruck der Staatsfeindlichkeit aus allen
Belangen des öffentlichen Lebens ausgemerzt. So wurden alle
deutschen Schulen gesperrt, die Bodenreform nur zu politischen
Machenschaften mißbraucht, die Gemeindevertretungen willkürlich
aufgelöst, soziale Einrichtungen wie z. B. die Verwaltung
der Bezirkskrankenkasse Hultschin unter Ausschluß jeder
deutschen Vertretung zusammengesetzt.
Dieser unerträgliche Zustand gereicht
der Bevölkerung zu schwersten politischen und wirtschaftlichen
Schäden und stellt sich einer Konsolidierung dieses Gebietes
als ein unüberbrückbares Hindernis in den Weg. Die Verordnung
als definitive Grundlage der Verwaltung des Bezirkes wird nie
und nimmer eine Beruhigung der dortigen Bevölkerung zeitigen
können, Die Autorität der Behörden bleibt dauernd
in Frage gestellt.
Daher stellen die Gefertigten an die Gesamtregierung
die Anfrage, ob sie bereit ist, dem Bezirke Hultschin:
1. Die verfassungswidrige Verordnung vom 4.
Mai 1920, Slg. d. G. u. V. Nr. 321 aufzuheben?
2. In demokratischer Anerkennung des Wahlergebnisses
dem Bezirke Hultschin als einem zur deutschen Minderheit gehörigen
Bezirk die Berechtigung zum amtlichen Gebrauche der deutschen.
Sprache zu gewähren?
3. Alle Funktionen, die für das dortige
Gebiet auf Grund der Ausnahmsverordnung geschaffen wurden, sofort
aufzuheben?
Prag, am 17.
Dezember 1925.