Seit dem 1. Jänner 1925 bestehen bie dem Postamt in Hummel
die Postbestellbezirke:
1. A, umfassend die Ortschaften und Einschichten: Neudörfl,
Plan, Babina, Sulotitz, Berand, Mückenhübel, Basstreichenmühle,
Bauermühle, Röhrhütte, Kachlermühle, Filipmühle,
Rotterhause, Deutsch - Welhotta und Retaun, welchen die einlaufende
Post nur Dienstag, Donnerstag und Samstag zugestellt wird,
1. B, umfassend die Ortschaften: Jivina, Hasslitz, Buppitz, Dombrawitz,
Plahof und die Einschichte Blattenhäusel, welchen die einlaufende
Post nur Montag, Mittwoch und Freitag zugestellt wird und
1. C, umfassend die Ortschaft: Hummel, in welcher die einlaufende
Post täglich zugestellt wird.
Da die für das Postamt in Hummel einlaufende Post, täglich
von der 2 Stunden entfernten Bahnstation Gross - Priesen a. E.
obgeholt resp. hingefördet werden muß, so ergeben sich
geradezu inglaubliche Zustände. Beispielweise: Ein Freitag
auf der Bahnstation Gross - Priesen ankommendes Poststück
kann dem in Sulotitz wohnhaften Empfänger erst Dienstag der
nächsten Woche zugestellt werden, wie auch ein Donnerstag
in Gross - Priesen für einen Empfänger in Hasslitz bestimmtes
Poststück erst Montag nächster Woche zugestellt wird,
da ja die Poststücke bis zu der am nächsten Tage von
Hummel in Gross - Priesen erfolgenden Abholung liegen bleiben
müssen. Dieselbe Verzögerung ergibt sich matürlich
auch bei der Absendung von Poststücken.
Die in den Postbestellbezirken 1A und 1B des Postamtes in Hummel
wohnende Bevölkerung wird durch diese administrative Einrichtung
in ihren Rechten als Bürger des Staates auf das gröblichste
benachteiligt. Die Verfassungsurkunde des Staates spricht im §
106 von der Gleichheit der rechte und Pflichten für jeden
Staatsbürger und die Regierung ist in erster Linie verpflichtet,
die Bestimmungen der Verfassungsurkunde einzuhalten, ohne Rücksicht
darauf, ob der Staatsbürger in der Stadt oder auf den Höhen
des böhmischen Mittelgebirges wohnt. In Bezug auf die Pflichten
werden alle Bürger gleich herangezogen, die Gleichheit der
Rechte ist in vorliegendem Falle so, daß der Bewohner der
Stadt die frisch einlaufende Post zweimal täglich erhält,
während hier der Landbewohner in 2 Tagen einmal Post zugestellt
erhält, welche ohnedies, durch die Verkehrsverhältnisse
bedingt, verspätet am Sitz des Postamtes einlangt.
Bis zum 31. Dezember 1924 waren die beiden Postbestellbezirke
1A und 1B des Postamtes in Hummel in einen Postbestellbezirk zusammengezogen
und die Postzustellung erfolgte täglich, außer Sonntag,
durch eine volbeschäftigte Kraft bei einer Wochenleistung
von 48 Stunden; für den jetzigen Postbestellbezirk 1C war
eine weitere Kraft tätig, welche gleichzeitig die Botengänge
zur Bahnstation Gross - Priesen besorgte. Gegenwärtig sind
bei dem Postamt in Hummel, außer der Leiterin, ebenfalls
zwei Kräfte angestellt, mit natürlich verminderter wöchentlicher
Stundenleistung, und dadurch bedingte elende Postzustellungsverhältnisse.
Das finanzielle Moment kann, ganz abgesehen von der in diesem
falle geringfügigen Mehrbelastung, hier nicht in Frage kommen,
denn selbst wenn ein ländliches Postamt eine mindere Ertragsfähigkeit
aufweisen solte, ist dies immer noch kein Grund, die Postzustellungsverhältnisse
auf eine mittelalterliche Stufe herabzudrücken. Die Landbevölkerung
gibt dem Staate in anderer Weise viel mehr, als ihm Städte
und Industrieorte geben können (Soldatenmaterial, Kriegsleistungen
usw.) und verlangt viel weniger oder nichts von ihm als die Städte
und Industrieorte. Es sei hier nur auf die Hunderte von Millionen
Kronen hingewiesen, welche die Erwelbslosenfürsorge der Städte
und Industrieorte beansprucht, sodaß die Lanbevölkerung
mit Recht tägliche Postzustellung verlangen kann, selbst
wenn dem Staate hiedurch eine geringfügige Mehrbelastung
erwachsen solte.
Die Gefertigten fragen deshalb an:
1. Sind dem Herr Minister die Postzustellungsverhältnisse
beim Postamt in Hummel bekannt?
2. Gedenkt der Herr Minister die Postzustellung beim Postamt in
Hummel wieder nach dem stand vor dem 1. Jänner 1925 zu regeln?
3. Gedenkt der Herr Minister die Deklassierungder Landbevölkerung
überhaupt in Bezug auf die Postzustellung auf das Mindestnaß
einzuschränken?
Prag, am 2. März 1926.
V Praze dne 2. bøezna 1926.
In der Nachkriegszeit hat man auch bei uns begonnen, sich mit
der Reformarbeit im Heereswesen zu beschäftigen, die im wesentlichen
in dem Versuch einer Kürzung der Prösenzdienstzeit gipfelt.
Im Verlaufe der Jahre seit dem Bestehen der Republik ist die Präsenzdienstzeit
bis auf 18 Monate herabgesetzt worden und der Plan einer weiteren
in Kürze einer Erledigung zugeführt sein. Dadurch ist
den Wehrpflichtigen die Möglichkeit geboten, nach verhältnismäßig
kurzer Dienstzeit wieder der gewohnten Privatbeschäftigung
nachzugehen. Ein Blick in die Wehrvorschriften zeigt nun allerdings
eine Erhöhung der Reservejahre und eine damit zusammenhängende
Erhöhung der Zahl und der Dauer der Waffenübungen. Wenn
nun einerseits das Interesse der Militärverwaltung verstanden
werden kann, die gekürzte Präsenzdienstzeit auf eine
andere Art hereinzubringen und den gegenüber den Vorkriegsverhältnissen
in Bezug auf diese Dienstleistung bedeutend günstiger gestellten
Wehrpflichtigen zu Wafenübungen in der Gesamtdauer von 14
Wochen verpflichtet, kann andererseits nicht eingesehen werden,
warum auch diejenigen Wehrpflichtigen, die aktive Kriegsteilnehmer
waren, nach diesen Vorschriften behandelt werden.
Es ist z. B. auffalend, daß Reservisten, die im Jahre 1916
als Landsturmpflichtige gemustert wurden, in ihren Militärbüchern
die Assenteinereihung 1919 erhielten und derart verhalten werden,
drei Waffenübungen abzuleisten. Dieselben bestehen aus einer
vierwöchentlichen, einer dreiwöchentlichen und einer
zweiwöchentlichen. Bei der Einberufung zu den Waffenübungen
wird auch bei den ehemaligen Kriegsgefangenen keine Ausnahme gemacht,
trotzdem dieselben erst lange nach Abschluß des Waffenstillstandes
und sogar des Friedens in den Jahren 1919, 1920, 1921 ja sogar
1922 aus der Gefangenschaft in die Heimat zurückkehrten.
Diese Übung gegenüber den ehemaligen Landsturmpflichtigen
bezw. den Kriegsgefangenen ist unserer Erachtens eine besonders
ungerecht zu ampfindende Maßnahme.
Besonders kraß ist das Vorgehen der Militärverwaltung
den sogenannten früheren Landsturmmännern gegenüber,
die auf Grund irgendwelcher Umreihungen in ihren Militärbüchern
als Assentjahrgang die Jahre 1919 oder 1920 eingetragen erhielten
und daher erst von diesem Jahre ab als reservepflichtung gerechnet
werden. Diese Leute müssen nun mehr Wafenübungen ableisten
als die ebenfalls während des Krieges landsturmgemusterten
Soldaten, die sich nachträglich durch eine sogenannte Assentierung
als aktive Soldaten in den Heeresverband einreihen ließen.
Derart sind z. B. die im Kriege landsturmgemusterten Absolventen
derjenigen Mittelschulen, die das Einjährigfreiwilligenrecht
hatten, anderen gegenüber om Vorteile, weil sie sich später
nochmals assentieren ließen, also aktiven Militärdienst
leisteten und daher um eine Waffenübung weniger abzudienen
brauchen. Demgegenüber meinen wir, daß es keinen Unterschied
geben solte in der Behandlung der lediglich Lnadsturmgemusterten
hatten dieselbe Leistung zu vollbringen wie die sigenannnten Aktiven.
Es erscheint mehr als gerechtfertigt, wenn den kriegsteilnehmern,
besonders aber den ehemaligen Kriegsgefangenen insofern Erleichterungen
bei ihrer militärischen Dienstpflicht gewährt werden,
daß allen jenen, die in den Jahren 1914, 1915 und 1916 landsturmgemustert
wurden, anch Ableistung einer Wafenübung in der Dauer von
14 Tagen weitere Übungen erlassen und allen denen, die im
Jahre 1917 und 1918 gemustert wurden, lediglich insgesamt zwei
Waffenübungen vorgeschrieben werden. Diese Rücksichtnahme
gehürt den Kriegsteilnehmern und darunter den ehemaligen
Kriegsgefangenen ganz besonders, weil der Staat ihnen ja noch
keine besonderen Begünstigungen gewährt hat.
Weiter hat sich bei einigen Ersatzbattaillonen bei den Präsentierungen
seitens der untersuchenden Miltärärzte die Praxis herausgebildet,
eungerückte Reservisten infolge sogenannter Körperschwäche
oder Unterernährung, wie der Fachausdruck lautet, auf ein
jahr zurückzustellen. Es gibt Fälle, daß Reservisten
bereits zum drittenmale der Präsentirungskommision vorgestellt
wurden, um immer wieder auf ein Jahr mit obigem Bescheide zurückgestellt
zu werden. Diese Reserviste haben dann jedes Jahr neuerlich einzurücken
und verlieren nicht nur an Zeit, da immerhin zwei bis drei Tage
vorgehen, die ihnen natürlich in die Dienstpflicht nicht
eingerechten werden, sodern haben auch Unannehmlichkeiten ihrem
Dienstgebern gegenüber, wenn sie sich in Privatstellung oder
Privatarbeit befinden. Zur Konstatierung einer tatsächlichen
Unfähigkeit zur Ableistung eines militärischen Dienstes
und zur Feststellung einer Körperschwäche, die ja bei
den neisten ehemaligen Kriegsgefangenen durch die jahrelange Unternährung
in den Gefangenenlagern verursacht ist, sind doch die Konstatierungs-
und Superarbitrierungskommissionen da, denen derartige Reservisten
sofort nach der ersten Präsentierung zugewiesen werden sollten.
Ananlog wäre auch mit den ehemaligen kriegsgefangen gewesenen
Reserveoffizieren in Bezug auf alle oben dargelgten Fälle
zu verfahren.
Wir stellen daher an den Herrn Minister folgende Anfragen:
1. Ist der Herr Minister bereit, die Frage der Ableistung von
Waffenübungen durch Kriegsteilnehmer (besonders ehemalige
Kriegsgefangene) einer grundsätzlichen Regelung zu unterziehen?
2. Ist der Herr Minister geneigt, in der Frage der Wertung der
sogenannten Landsturmdienstzeit und der aktiven Dienstzeit während
des Krieges in Bezug auf Bemessung der Waffenübungen eine
Gelichheit herzustellen?
3. Ist der Herr minister geneigt, eine durchgreifende Änderung
diesbezüglich durchzuführen und die Assentjahrgänge
1914, 1915 und 1916 von jeglicher Waffenübung zu entheben?
4. Ist der Herr Minister endlich geneigt, Weisungen zu erlassen,
daß die Präsentierungskommissionen körperlich
schwache Reservisten sofort den Konstatierungskommissionen zwecks
Einleitung des Superarbitrierungsverfahrens zu überweisen?
Prag, am 4. März 1926.
In Reichenberg befindet sich Jahren eine Niederlassung der YMCA
(Young Men Christian Association), die gewiß eine Reihe
anerkennenswerter sozialer Einrichtungen geschaften hat. Unter
anderem befaßt sich die YMCA auch mit der Vorführung
von Lichtbildern und Filmen. Sie hat diesen Zweig ihrer Betätigurg
in der letzten Zeit auch auf die Stadtgemeinde Röchlitz bei
Reichenberg ausgedehnt und hat hiezu in einem gemietetn Saale
die nitwendingen Einrichtungen getroffen. Merwürdig ist nun,
daß das Bürgermeisteramt in Röchlitz von der Angelegnheit
erst am 5. März 1926 erfahren hat, an welchem Tage um 11
Uhr durch die Staatspolizei in Reichenberg dem Bürgermeisteramte
in Röchlitz gemeldet wurde, daß am gleichen Tage um
17 Uhr die Kollaudierung des für die Filmvorführungen
der YMCA adaptierten Raumes erfolgen werde. bei der Gelegenheit
wurde außerdem bekannt, daß mit den Filvorführungen
bereits am 6. März 1926 begonnen werden soll.
Die Erfahrung spricht nun dafür, daß es sonst mit großen
Schwierigkeiten verbunden ist, die behördliche Bewilligung
zu Filmvorführungen zu erlangen. In diesem falle wurde auch,
wie es sonst üblich ist, die in Betracht kommende Gemeinde
nicht erst um ihre Zustimmung gefragt, sondern die Gemeinde Röchlitz
wurde vor eine vollzogene Tatsache gestellt. Die Stadtgemeinde
Röchlitz fühltsich auch dadurch zurückgesetzt,
daß sie erst einige Stunden vor Abhaltung der Kollaudierubg
überhaupt von der ganzen Sache erfahren hat. Es ist üblich,
daß kommissionelle Kollaudierungen immer einige Tage vohrer
den interessierten Gemeinden bekanngegeben werden.
Mit Rücksicht auf diese Darstellung wird der Herr Minister
des Innern gefragt:
1. welche Stellung die YMCA im èechoslovakischen Staate
einnimmt und welche gegensetigen Verpflichtungen bestehen?
2. warum die YMCA ohne besondere Zustimmung von Gemeinden kurzerhand
ständige Filmvorführungen vornehmen kann?
3. warum die Stadtgemeinde Röchlitz von der mit der Durchführung
der Kollaudierung betrauten amtlichen Stelle übergangen und
erst in den allerletzten Stunden von der Abhaltung der Kommission
verständigt wurde?
Prag, am 10. März 1926.
In Budigsdorf wurde mit dem Erlasse des Ministeriums für
Schulwesen und Volkskultur vom 25. Oktober 1925, Z. 125.077/25-I
die Beschlagnahmung der Gemeindekanzlei zu Zwecken der tschechischen
Minderheitsschule verfügt. In dem der Beschlagnahmung vorausgehnden
Verfahren hatte am 11. Juli 1925 der Gemeindevorsteher und der
Obmann des Ortsschulrates allerdings mit Vorbehalt der Vermietung
zugestimmt. Diese Willensäußerung der beiden Fumktionäre
wurde jedoch durch den Beschluß der Gemeindevertretung in
Budigsdorf vom 27. Juli 1925 ausdrücklich außer Kraft
gesetzt und in einem schriftlichen Widerufe erklärt, daß
die Gemeinde diese Räumlichkeiten nicht entbehren kann, weil
keine anderen in der Gemeinde vorhanden sind. Dieser Beschluß
wurde, obwohl er gerade der einzig rechtliche war, vom Ministerium
nicht als bindend angeschen, vielmehr behauptet, daß die
Gemeinde zu Inrecht die Kanzlei benützt habe, weil sie sich
im Schulhause befindet. Dies ist aber durch die tatsächliche
Lage widerlegt, da die Schule an das Gemeindehaus erst angebaut
wurde und somit der Flügel des Gemeindehauses immer als Gemeindeeigentum
zu betrachten war.
Gegen die Beschlagnahmung wurde die Beschwerde an das Oberste
Verwaltungsgericht ergriffen. Dieser Beschwerde wurde vom Ministerium
die aufschiebende Wirkung nicht zuerkannt, obwohl es gemäß
des § 17 über das Verwaltungsgericht verpflichtet war,
dieselbe zuzuerkennen, weil der sofortige Vollzung der Beschlagnahmung
durch öffentliche Rücksichten nicht geboten war (die
tschechische Minderheitsschule ist nämlich in einem dem Staate
gehörigen Gebäude untergebracht) und der Gemeinde durch
diesen Vollzug ein unwiderbringlicher Nachteil erwachsen würde,
da die Unterbringung der Kanzlei wo anders nicht möglich
ist und mit der Entfernung der Kanzlei aus ihren Räumlichkeiten
die ganze Gemeindeverwaltung lahm gelegt worden wäre.
Am 26. Jänner 1926 wurden die Gemeindefunktionäre zur
politischen Bezirksverwaltung in Hohenstadt vorgelanden, wo neuerlich
wegen der Überlassung der Gemeindekanzlei verhandelt wurde,
allerdings wieder ohne Erfolg, da die gemeinde von ihrem einmal
eingenommenen Standpunkt nicht abgehen konnte.
Hierauf langte am 4. Feber 1926 an das Gemeindeamt unter Z. III
1002-8-1/2 vom mährischen Landesschulrat folgende Zuschrift
ein:
"Aus der Zuschrift der politischen Bezirksverwaltung Hohenstadt
Z. 242 vom 22. Jänner 1926 geht hervor, daß der Raum
der bis nun als Gemeindekanzlei diente, auf Grund der gesetzlichen
Vorschriften für die Unterbringung der Volksschule mit èechischer
Unterrichtssprache beschlagnahmt wurde.
Dem Gemeinderat wird aufgetragen, die Angelegenheit der neuen
Unterbringung der Gemeindekanzlei von der Gemeindevertretung durchberaten
zu lassen. Es ist Pflicht der Gemeinden einen Raum für das
Gemeindeamt zu verschaffen. Gamäß den eingeholten Auskünften,
könnte das Gemeindeamt entweder bei Anton Budcher No. 106,
wo ein leerer Raum ist, den früher eine Lehrerin bewohnte,
oder im Hause des Bürgerneisters Gustav Effenberger untergebracht
werden. Der Beschluß der Gemeindevertretung ist längstens
binnen 8 Tagen hierher vorzulegen."
Hierauf wurde dem mährischen Landesschulrat vom Gemeindeamt
mitgeteilt, daß trotz neuen Nachforschungen in der Gemeinde
festgestellt wurde, daß kein Lokal vorhanden sei, welches
für die Gemeindekanzlei Verwendung finden könnte. Auch
die angegebenen Besitzer haben keinen Raum für diesen Zweck.
Das Vorgehen der Behörde im gegebenen Falle ist charakteristisch
Zuerst wirft man die Gemeindekanzlei aus ihren bisher stets innegehabten
Räumen im Gmemindehause hinaus und dann trägt man der
Gemeinde auf, eine neue Kanzlei zu suchen, da es Pflicht der Gemeinde
sei, einen Raum für die Gemeindekanzlei zu werschaffen. Die
Gmemeindekanzlei dient einem öffentlichen Zweck. Wenn auch
die zu öffentlichen Zwecken dienenden Räumlichkeiten
beschalgnahmt werden können, so gelten doch laut der vom
Obersten Verwaltungsgericht geäußerten Rechtsanschauung
(Erkenntnis vom 28. Mai 1921, Z. 6400) alle öffentlichen
Zwecke als gleichwertig. Es ist daher der tschechischen Minderheitsschulevollständing
gleichgestellt und schließt einen Wechsel aus. Es erscheint
sonderbar, daß das Ministerium des Innern, welches gamäß
des letzten Absatzes des § 7 des Gesetzes No. 189/19 doch
seine Zustimmung zur Beschlagnahmung hätte erteilen müssen,
die ordnungsmäßige Gemeindeverwaltung als einen solchen
nebensächlichen Zweck betrachtet, daß die Gemeindekanzlei
ohne weiters als überflüssig gegenüber einer tschechischen
Minderheitsschule entfernt werden könnte. Oder sollte, da
aus dem Beschlagsnahmungserlaß nicht zu entnehmen ist, daß
diese Beschlagnahmung im Einvernehmen mit dem Ministerium des
Innern getroffen wurde, tatsächlich in diesem Falle das Einvernehmen
mit diesem außeracht gelassen worden sein?
Im übrigen läßt sich in diesem falle über
die Gleichwertigkeit der gegeneinander ausgespielten öffentlichen
Zwecke wohl zu Gunsten der Gemeindekanzlei entscheiden. Die tschechische
Minderheitsschule in Budigsdorf ist keine im Sinne des §
1 des Gesetzes vom 3. April 1919, No. 189 Slg. notwendige Schule,
Diese Schule wird nämlich von keinem einzigen Kinde besucht
, welches von tschechischen Eltern (Elternteilen) stammt, ja welches
überhaupt der tschechischen Sprache mächtig ist. Es
sind fast ausschließlich Kinder von deutschen Eisenbahnangestellten,
welche ihre Kinder deshalb in die tschechische Minderheitsschule
schicken damit sie ihre Existenz nicht gefährden, bezw. ihrer
Verstetzung ins tschechische Gebiet vorbeugen. In Budigsdorf selbst
ist kein einziges von tschechischen Eltern stammendes Kind vorhanden.
Überhaupt beträgt die tschechische Einwohnerschaft in
Budigsdorf nach der amtlichen Volkszählung vom Jahre 1921
nur 11 gegenüber 561 Deutschen. Bei den letzten Wahlen in
die Nationalversammlung wurden nur 4 tschechische Stimmen gegen
299 299 gültigen Stimmen abgegeben. Es ist daher wohl klar,
daß für eine so geringe tschechische Minderheit eine
Minderheitsschule nicht notwendig ist. Wenn aber das Ministerium
sie trotzdem als "notwendig" ansieht, so soll es die
Schule dort, wo sie derzeit untergebracht ist, belassen, nämlich
in dem in Budigsdorf befindlichen sttatlichen Gebäude der
Sttatsbahndirektion Olmütz. Die Gmemindekanzlei aber soll
es ungeschoren lassen.
Trotzdem in Mähren die lex Perek gilt,wurden die Reklamationsansuchen
des deutschen Ortsschulrates hinsichtlich der die tschechische
Schule besuchenden deutschen Kinder vom Ministerium noch nicht
erledigt, im Gegenteil verzögert, während umgekehrt
die Reklamationen angeblich tschechischer Kinder aus deutschen
Schulen mit der größten Bescheunigung erledigt werden.
Wir fragen daher die Herren Minister:
Ist Ihnen der geschilderte Tatbestand bekannt? Wie rechtfertigt
der Minister des Innern die Wegnahme einer Gemeindekanzlei und
die damit verbundene Behinderung der ordentlichen Gemeindeverwaltung
wegen der Errichtung einer überflüssigen tschechischen
Minderheitsschule? Ist der Minister für Schulwesen und Volkskultur
bereit, die Beschlsgnahmungverfühgung sofort rückgängig
zu machen?
Prag, am 10. März 1926.
Herren Minister!
Die Gesetze 298 vom 25. August 1921; 99 vom 3. März 1921;
394 vom Jahre 1922 und schließlich 287 vom Jahre 1924 ordnen
die regelung der Ruhebezüge der gewesenen ungarischen Pensionisten
an. Trotzdem gibt es zahlreiche Pensionisten unter den Gendarmen,
die bisher einen lächerlichen Betrag oder überhaupt
nichts erhalten. Es gibt auch solche, die noch die im Jahre 1912
festgestzten Ruhebezüge erhalten. Ein solches Beispiel ergibt
sich im Falle des 70jährigen, arbeitsunfähigen Besztercebänyaer
Einwohners Teodor Zsungovszky.
Diese in schwerer Arbeit invalid gewordenen Personen, die auf
eine ehrenvolle Vergangenheit zurückblicken können,
blicken ebenso verzweifelt in ihre Zukunft. Viele brachen unter
den Entbeherungen und dem Elend zusammen. In Neutraer Bezirk hat
sich von den dortigen ehemaligen Gendarmen, sechs an der Zahl,
Georg Zatykó, von der Not getrieben, erhängt, Stefan
Nemecsik stürtzte unter verdächtigen Umständen
in den Brunnen; Franz Bar8t wurde infolge der Entbehrungen trübsinnig,
die übrigen noch Vegetierenden denken verzweifelt an das
Los ihrer Kamaraden und zählen die Tage, wo sie dem gleichen
Schiscksal verfallen werden.
Wie aus gesagten Fällen ersichtlich ist, wurde den ehemaligen
ungarischen Gendarmpensionisten Unrecht zuteil und es ist ein
nicht genug zu verurteilendes Versäumnis der Amtspersonen
des Staates, der das Elend dieser Leute zuzuschreiben ist. Wir
fragen daher:
a) Sind die Herren Minister geneigt, die Bezüge dieser Pensioniste
dringend zu regeln und ihnen diese rückwirkend auszahlen
zu lassen, bis dahin aber ihnen unter dem Titel "Rasche Hilfe"
eine größere Summe vorzustrecken?
b) Sind die Herren Minister geneigt, gegen die betreffenden Amtspersonen,
deren Versäumnis offenkundig ist, das Diszciplinarverfahren
anhängig zu machen?
Prag, am 10. März 1926.
Durch die Presse ging die Nachricht, daß zum Direktor der
Deutschen Nikolanderrealschule in Prag ein Tscheche bestellt werden
solle. Es ist selbsverständlich, daß diese Nachricht
geeignet ist, in allen Kreisen der deutschen Öffentlichkeit
Entrüstung und Empörung hervorzurufen. Dieselbe kehrt
sich nicht gegen die Person des genannten Kandidaten, sondern
grundsätzlich dagegen, daß überhaupt die Möglichkeit
bestehen soll, die leitung eines Kulturinstitutes eines bestimmten
Volkes einem anderer als dem Angehörigen desselben Vlkes
anzuvertrauen.
Niemals hätte es eine österreichische Regierung gewagt,
für eine tschechische Mittelschule einen deutschen Direktor
zu ernennen und umgekehrt, weil es ganz selbstverständlich
ist, daß für die Leitung einer deutschen Anstalt nur
ein Deutscher, für die Leitung einer tschechischen nur ein
Tscheche in Betracht kommen kann.
Wir fragen daher:
1.) Weiß der Herr Ministrpräsident etwas davon, daß
zum Direktor einer deutschen Mittelschule ein Tscheche ernannt
werden soll?
2.) Wenn ja, kann er diese Ernennung begründen?
3.) Wenn nein, ist er geneigt, in aller Deutlichkeit zu erklären,
daß eine solche Ernennung niemals in Frage kommen könne?
Prag, am 16. feber 1926.