Ètvrtek 25. února 1926

3. Øeè posl. Simma (viz str. 480 tìsnopisecké zprávy):

Meine Damen und Herren! Das vorliegende Gesetz, durch welches einige Bestimmungen über die direkten Steuern geändert und Zuschläge zu den direkten Steuern festgesetzt werden, ist im besonderen kennzeichnend für die Wege der Steuerpolitik in diesem Staate. Wir sind bei seiner Beratung veranlaßt, neuerlich mit einer Kritik aufzuwarten. Es wird das allerdings nur eine Wiederholung dessen sein, was wir jeweils taten, wenn wir Gelegenheit nahmen, als Deutsche uns der finanziellen Führung des Staates gegenüber einzustellen, aber heute wird unsere Kritik mit Rücksicht darauf, daß die Dinge sich draußen katastrophal gestalten, von besonderer Stärke getragen sein. Wer nicht blind ist, sieht die Katastrophe. Die Wirtschaft ist völlig im Erliegen, eine fürchterliche Arbeitslosigkeit greift um sich und tückisch steigt die Teuerung. Wir zeigen heute keineswegs die Gründe dieser Erscheinungen vollzählig auf. Wir beschäftigen uns in Beziehung zur Tagesordnung nur mit dem einem Grunde, der zu dieser katastrophalen Krise führte, mit der grenzenlosen, von Unachtsamkeit auf den Einzelnen wie auf die Gesellschaft getragenen Steuerpolitik, wofür das vorliegende Gesetz ganz besonders ein Schulbeispiel ist.

Als der Krieg tobte, gelangte das alte Österreich zu der Notwendigkeit, gewisse Ausnahmsgesetze zu schaffen. Zu denselben gehörten auch die Steuergesetze, die für die außerordentliche Zeit des Krieges besonders gesteigerte Einnahmen vorsahen, nicht zuletzt auch das Gesetz über die Kriegszuschläge zu den direkten Steuern. Es griff grausam zu. Es bestimmte, daß von der Personaleinkommensteuer z. B. 20 bis 600% Zuschlag verlangt wurde, von der Erwerbsteuer 50 bis 250%, je nach der Veranlagungsklasse. Das war viel, sehr viel sogar, aber es war Kriegszeit und das außerordentliche Opfer war vielleicht begreiflich. Die damaligen Steuermaßnahmen waren gewiß nur als vorübergehende Maßnahmen gedacht und sollten im Augenblick der Rückkehr normaler Zeiten gewiß wieder storniert werden. Der Krieg war vorüber, der alte Staat zerfiel, der neue Staat kam. Aber wie sehr wir in außerordentlichen Verhältnissen leben und wie weit, sehr weit entfernt wir von der seitens der verantwortlichen Lenker dieses Staates oftmals viel gepriesenen Konsolidierung desselben sind, dafür ist gerade dieses Gesetz, das heute nach sieben Jahren die Kriegszuschläge neuerlich einzuheben bestimmt, kennzeichnend. Nur das eine hat uns die hohe Finanzverwaltung konzediert, dieses Gesetz nicht mehr ein Gesetz heißen zu dürfen, das außerordentliche Kriegszuschläge zu den direkten Steuern bestimmt, sondern daß wir das Gesetz anders bezeichnen dürfen, daß wir nunmehr die Erlaubnis haben, das Gesetz als "Gesetz über außerordentliche Staatszuschläge zu den direkten Steuern" zu bezeichnen Das ist in der Tat keine große Abkehr von den außerordentlichen Verhältnissen, die da bestanden haben.

Wie kommt es nun, daß die erwerbstätig schaffenden Menschen in diesem Staate nach sieben Jahren die Leistungen des Krieges noch leisten sollen und müssen? Dies wäre immerhin begreiflich, wenn nach den Kriegsopfern die Kontribution z. B. eines siegreichen Feindes uns auferläge. Das ist doch bei der Èechoslovakischen Republik nicht der Fall. Der èechoslovakische Staat hat gewiß nicht in dem Sinne der Reparationen Deutschlands Opfer zu bringen, im Gegenteil, er ging mit einem ganz besonderen Reichtum im Vergleich mit den anderen Sukzessionsstaaten aus dem Umsturz hervor, er ging unbelastet aus ihm hervor, gesegnet mit Gütern aller Art. Die Gründe der andauernden finanziellen Kriegswirtschaft sind also nicht außen zu suchen, diese Gründe liegen im Innern. Wie oft haben wir das schon der verantwortlichen Führung des Staates zu verstehen gegeben! Wie oft forderten wir die Herren, die die Verantwortung allein tragen, die sie ja auch allein tragen wollen, auf, die Staatswirtschaft nach anderen Gesetzen zu führen, als den sich zurechtgelegten! Ich erinnere an unsere Kritik der Finanzwirtschaft bei den Staatsvoranschlagsberatungen aller Jahre. Immer aber wußten die Herren unseren Angriffen gegenüber sich zu rechtfertigen. In der Tat, die Staatsvoranschläge selbst gaben ihnen eine Rechtfertigung. Sie waren ja ausgeglichen. Das balanzierte so graziös, daß es ein Wohlgefallen war, wie in einem Ballett, trotz der hohen Ausgaben. Was hinderte das! Man schuf noch stets ein Gegengewicht auf der Einnahmenseite in ständiger Belastung der Produktion, ohne Rücksicht darauf, daß sich damit die Konkurrenzfähigkeit derselben auf dem Auslandsmarkte verschlechterte. Damit wurden die Verhältnisse auf die Spitze getrieben. Wir haben durch stets neue Belastungen der Produktion und des Konsums die Produktion und den Konsum durch diese Methoden der finanziellen Führung des Staates derart beschwert, daß wir nahezu am Ende unserer Kräfte sind.

So gab man in den Jahren 1919 bis 1926 nach den Voranschlägen 20.821,978.225 Kronen für Militärzwecke aus - fast reicht der Atem nicht aus, es auszusprechen - Millionen und Millionen für andere unproduktive Zwecke, die Repräsentation, Propaganda, und trieb dadurch zwangsläufig zu der Stärke der Steuerschraube. So mußte es dazu kommen, daß die Steuerverwaltung sich wie ein grauenhafter Polyp an jeder einzelnen wirtschaftlichen Existenz festsaugt, rücksichtslos, bis das letzte Mark aus den Knochen verschwunden ist. (Výkøiky na levici.) Über die Stärke der Steuerschraube geben uns einige Zahlen Aufschluß, die nicht von uns stammen, sondern die wir der "Tribuna" entnehmen. Die "Tribuna" brachte vor kurzem einen Bericht, nach dem die Steuereingänge in Böhmen allein in der Periode Jänner bis November 1925 4839 Millionen Kronen ergaben, also um 324 Millionen Kronen mehr als in der gleichen Zeit des Jahres 1924. Im November 1925 betrugen die Einnahmen 797 Millionen Kronen, um 251 Millionen Kronen mehr, als im gleichen Monat des Vorjahres. Davon beliefen sich die direkten Steuern im November 1925 auf 1487 Millionen Kronen. Die indirekten Steuern erbrachten im November 1925 610 Millionen Kronen, seit 1. Jänner bis 30. November 1925 3013 Millionen Kronen, was gegen das Vorjahr einer Erhöhung um 270 Millionen gleichkommt. An Umsatzsteuer allein ging mehr ein als für alle direkten Steuern zusammen, indem sie 1032 Millionen Kronen erbrachte. Im November 1925 erreichten die Eingänge auf die Umsatzsteuer 161 Millionen Kronen.

Diese Zahlen repräsentieren wahrhaft glänzende Einnahmen des Staates. Wenn sie nur so glänzend und so leicht wie fließendes Wasser in die Staatskassa geflossen wären! Das ist aber keineswegs der Fall gewesen. Wir wissen, mit welchen Methoden dieser Betrag aus der Volkswirtschaft, aus den Menschen, aus den Existenzen herausgequetscht wurde mit Folgen, die geradezu schreckhaft sich draußen offenbaren. Es ist so: Wir haben nur mehr Horste einer einstmals initiativen Wirtschaft, die fast unerschöpflich schien in ihrem Drange nach Entfaltung und von der wir ihrer robusten Gesundheit wegen annehmen durften, daß sie wie für die Ewigkeit geschaffen sei. Sie ist bis in ihr Innerstes getroffen. Der Kleingewerbetreibende ist zum Arbeiter für den Staat geworden. Das Erträgnis seiner Arbeit muß in der Form des direkten Steuerguldens abgeliefert werden. Der Arbeiter muß das Erträgnis seiner Arbeit, seinen Lohn, seinen Gehalt, wenn er ein Angestellter ist, in Form eines Zehents abliefern, und wenn er es nicht tut, waltet gegen ihn wie gegen alle anderen, die sich der aufoktroierten Verpflichtung entziehen, der strenge Strafapparat der Verwaltung. Ich will dabei nicht unerwähnt lassen, daß auf der Masse der schaffenden Menschen zumeist auch die Last der indirekten Steuerleistung, die sich die größten Konsumartikel aussucht, liegt.

Wenn wir übersehen, was alles die Jahre heraufkam, so ist der erbarmungswürdige Zustand der Existenzen in dem Staate begreiflich: Die Abstempelung der Banknoten und die dabei verfügte Zurückbehaltung von 50 % der Banknoten, die Sperre der Guthaben, die auch die kleinsten Menschen betraf, die Konskriptionen, die Wunde, die die Trennung der Währungen der Nachfolgestaaten schlug, die Nichtauszahlung der Kriegsanleihe, die verspätete Anerkennung der österreichischen Vorkriegsrenten, die Verkürzung der Vorkriegsrentner in der Zinsenfrage, die Desequestration ausländischer Guthaben, die Frage der Wiener Postsparkassa, die Vermögensabgabe und etliches mehr. Und dennoch langte es nicht und man machte Schuld auf Schuld. 36 Milliarden Staatsschulden, die seit dem Bestande des Staates aufliefen trotz der erwähnten Steuerleistungen der Staatsbürger, drücken uns mit einer Verpflichtung an Verzinsung und Amortisation für das Jahr 1926 allein von 2344 Millionen Kronen. Längst ist die Bürger dieses Staates eine tiefe Resignation ob dieser Staatsführung überkommen. Die Steuerpolitik als Folge der finanziellen Führung des Staates hat allen wetteifernden Geist draußen zum Stillstand gebracht. Nicht, daß der schaffende Mensch sich seiner Verpflichtung gegenüber der Gesellschaft ganz entziehen wollte, das fällt ihm nicht ein. Aber das Zuviel des staatlichen Verlangens, das an ihn gestellt wird, ist unerträglich, unerträglicher aber ist noch die Methode, mit der die Leistung dieses Zuviels erzwungen werden soll. (Výkøiky na levici.) Man opponierte zunächst. Es half nichts. Jetzt ist die Verzweiflungsstimmung eingetreten und sie ist das Charakteristikum des Bürgers und Menschen dieses Staates. Das ist viel furchtbarer als alles andere. Jedes feinere Gefühl ist ertötet worden. Niemand findet mehr etwas daran, daß er als Steuerschuldner auf dem schwarzen Brette der Gemeinde hängt. Er weiß, er ist nicht allein, es sind tausende andere, die mit ihm das Los teilen, tausende, abertausende und hunderttausende andere Menschen dieses Staates. (Výkøiky na levici.)

Wir wollen uns mit dieser allgemeinen Kritik der finanziellen Führung des Staates begnügen. Im besonderen wollen wir heute die Auswirkungen der Finanzpolitik auf den Gang der Verwaltung und die Existenzen draußen, in Einzelheiten gehend, vortragen und an Hand dieses Vortrages unsere Meinung nach einer Verbesserung der Zustände sowie unsere Wünsche und Forderungen bekanntgeben. Dazu sind wir als Abgeordnete hier, daß wir, von draußen kommend, die Dinge aufzeigen, wie sie wirklich liegen, daß wir als Dolmetscher die Sorgen von Millionen Menschen, die unsere Sorgen sind, bekanntgeben. Wir müssen das hier machen. Die verantwortlichen Lenker und Leiter des Staates müssen wir auf die Dinge, die draußen vorgehen, aufmerksam machen. Die Herren kommen nicht mehr hinaus zu uns, sie kommen höchstens alle heilige Zeit einmal in ihr Land, das sie verantwortlich lenken und leiten wollen, und wenn sie herauskommen, so in einer Form, dies einstmals in der Geschichte der Fall war und unter dem Namen der Potemkinschen Dörfer von der Geschichte festgehalten wird.

Die furchtbare Lage des Steuerträgers ist verdichtet worden durch gewisse administrative Versäumnisse, die allerdings als Folge der Tatsache entstanden, daß der Administrative zu viel Arbeit zur Erledigung oblag. Das größte administrative Versäumnis ist die Unterlassung einer rechtzeitigen Steuervorschreibung. Es ist müßig, darüber zu streiten, wer an dem Chaos, das durch die Unterlassung rechtzeitiger Steuervorschreibungen entstand, mehr schuld ist. Es ist gleichgültig, ob wir die Schuld der Finanzführung geben, die orgiastisch eine Maßnahme nach der anderen diktierte, ob der Administrative, die, weil sie nicht alles im Augenblick erledigen konnte, rückständig blieb, ob dem Steuerträger. Die Finanzverwaltung redet sich, wenn sie diese Sachen einer Kritik zuführt, nach ihrer Art aus, auf den § 3 des Gesetzes vom 16. März 1921, Slg. 116, in dem es heißt: "Insolange die Steuern nicht vorgeschrieben sind, ist der Steuerpflichtige verpflichtet, sie nach der letzterfolgten definitiven Vorschreibung zu leisten." Also auch wenn keine definitive Vorschreibung erflossen ist, hätte der Steuerträger gewußt, daß er zu zahlen hatte. So argumentiert die Finanzverwaltung. Dieser Argumentation müssen wir entgegentreten mit dem Hinweis darauf, daß die Steuerträgerexistenz doch nichts Feststehendes und nichts Stillstehendes ist. Sie lebt und kann auch sterben. Nach einer mathematischen Formel oder sonst irgendwie die Beständigkeit der Steuerträgerexistenz festlegen zu wollen, ist doch unmöglich. Es geht nicht an zu glauben, daß die Geschäfte alle die Größe des letzten Steuerjahres behielten. Man darf doch nicht für schlechte Jahre die Zahlung eines guten Jahres abverlangen. Das geht schon deshalb nicht, weil keine Mittel hiezu vorhanden sind; und man zahlt eben nicht, wenn man nicht bestimmt weiß, was man zu zahlen hat. Die Kaufmannschaft ist nun einmal so veranlagt und diese Veranlagung ist entgegengesetzt der von der Staatsverwaltung gewollten Veranlagung. Der Mangel an rechtzeitigen Vorschreibungen der Steuern für die Jahre seit 1919, sowie der Umstand, daß dieselben nun auf einmal kommen, verschärft die Krise in diesem Staate bis zur Katastrophe.

Man schätzt amtlicherseits die Rückstände, die durch die verspäteten Vorschreibungen anwuchsen, auf 4 Milliarden Kronen. Wir gehen nicht fehl in der Annahme, daß die Rückstände einhalbmal größer sind. Wir schätzen sie auf 6 Milliarden. Aus verläßlicher Quelle wissen wir, daß in der Slovakei die Rückstände in die Milliarden gehen, daß die Dubiosen dortselbst ebenfalls Milliarden ausmachen. Es ist sehr naiv vom "Venkov" zu schreiben, das es möglich sei, alles einzutreiben und durch die Eintreibung die Bedeckung der Beamtenund Lehrervorlage zu beschaffen. Wenn aber nach dieser Meinung des "Venkov" und der Herren dortselbst wirklich versucht würde, rücksichtslos alles einzutreiben, würde das einfach den Ruin und Zusammenbruch von Tausenden Existenzen herbeiführen, die sich bis heute mit Ach und Weh erhalten haben.

Unsere Kardinalforderung lautet: Liquidierung der Steuerrückstände. Wir fordern den Generalpardon, den Generalnachlaß in allen Fällen der Gefährdung der wirtschaftlichen Existenz und in diesem Sinne die Ausgestaltung des Gesetzes vom 8. Oktober 1924, Slg. 235. In seiner jetzigen Fassung ist dieses Gesetz nicht die benötigte Hilfsmaßnahme. Es unterscheidet sich nur unwesentlich von den ordentlichen Erleichterungen des Personalsteuergesetzes. Das Personalsteuergesetz sieht für das Gebiet der direkten Steuern zunächst Nachlaßgesuche vor, aber in den meisten Fällen werden diese Gesuche von den Steuerbehörden ungünstig erledigt, weil die Behörde die Gefährdung der wirtschaftlichen Existenz nicht immer als gegeben erachtet. Das Gesetz über die außerordentlichen Steuererleichterungen vom 8. Oktober 1924 hat gleichfalls die darein gesetzten Hoffnungen nicht erfüllt. (Posl. L. Wenzel: Weil die Steuerkommission nicht bestehen!) Ja. Es liegt die Beurteilung, ob eine ernste Gefährdung der wirtschaftlichen Existenz gegeben ist, im freien Ermessen der Behörde. Wir wissen aus der Praxis, aus hunderten und tausenden Fällen, wie es mit diesem freien Ermessen aussieht. Nur der Generalpardon, nur der Generalnachlaß kann Hilfe bringen, der ausnahmslos zur Wirkung gebracht wird. Die Forderung ist berechtigt, weil man die Steuern der Inflationsjahre nicht auf die Zeit der vollzogenen Deflation übertragen darf. Der Generalnachlaß würde auch eine weitere heilsame Folge haben, er würde mit einem Schlag die Rekurstrage lösen. Heute liegen bei den verschiedenen Finanzdirektionen nicht zehntausende, sondern hunderttausende von Rekursen, die nicht erledigt werden können, wenn nicht statt Abbaues der Staatsbeamten eine Auffüllung des Beamtenapparates vorgenommen wird. Wir fordern den Generalnachlaß! Machen wir einen Strich unter das Vergangene und fangen wir nach vernünftigen Normen von vorne an.

Die Steuerzahlung wird auch durch die Berufung der Steuerträger nicht unterbrochen. Wenn der Steuerträger nach dem Zeitpunkt der Fälligkeit die Steuern nicht zahlt, tritt je nach Wahl der Steuerbehörde entweder die administrative oder gerichtliche Exekution ein. In der letzten Zeit ist das zur Regel geworden. Der Beweis für diese Behauptung wird geliefert durch einen Blick auf die schwarzen Bretter der Gemeinden. Ganze starke Bündel von Amtsverlautbarungen, die gegen die rückständigen Steuerzahler Maßnahmen beinhalten, hängen aus, ein geradezu erschütterndes Bild der Wirtschaftslage! Ich habe mir die Mühe genommen, eine Wirtschaftsstatistik über den Bezirk Gablonz zu erlangen und habe aus den Zuschriften der Gemeinden Folgendes konstatiert: In Gablonz a. N. fanden im Jahre 1925 1712 Feilbietungen statt, 166 Transferierungen, 39 gerichtliche Versteigerungen von Häusern und 32 Versteigerungen von Mobilar. In Morchenstern, einer Gemeinde von 8000 Einwohnern und 2000 Haushaltungen, sind in den letzten Wochen 736 Exekutionsführungen geschehen. Jeder dritte Steuerzahler, jede dritte Haushaltung ist rücksichtslos exequiert worden. In Reinowitz, einer Gemeinde mit 1200 Einwohnern, fanden 100 Exekutionen statt, in Grünwald a. N. mit 3000 Einwohnern 300 Exekutionen, in Hennersdorf mit 530 Einwohnern und 140 Haushaltungen 70 Exekutionen. Jeder zweite Haushaltungsvorstand ist exequiert worden. (Pøedsednictví pøevzal místopøedseda inž. Dostálek.) Wir erleben die Tatsache, daß in einzelnen Orten 30 bis 50 % der Steuerträger exequiert werden. In Josefsthal betrugen die Feilbietungen letzten Datums vom 11. November 1925 80. In Schlag wurden von 700 Parteien 400 exequiert, in Seidenschwanz von 600 Haushaltungen 200 und in Labau von 300 Haushaltungen 135. So schaut der Inhalt des Wirtschaftslebens dieses Staates aus, erschaudernd erkennen wir diesen Inhalt. Was einstmals Ausnahme und wohl beobachtete Ausnahme war, das ist nun zur Regel geworden. Der Steuerzahler ist Steuerschuldner schlechthin geworden. Die Veröffentlichung des Steuerschuldners als Mittel der Kritik ist ein Mittel der Kritik gegenüber dem Staate selbst geworden, der seine Forderungen derart spannt, daß sie nicht geleistet werden können.

Ich sprach schon davon, daß gegen dies e Methode des Staates sich zunächst Opposition in Tätigkeit setzte, daß sie aber längst wegen ihrer Aussichtslosigkeit aufgehört hat zu wirken, daß tiefe Resignation sich überall bemerkbar macht. Bei großen Steuerträgern werden diese Rückstände gewöhnlich grundbücherlich sichergestellt. In seiner Antwort vom 24. Feber 1924 auf eine von mir eingebrachte Interpellation in Angelegenheit der rücksichtslosen Exekutionsführung versprach mir der damalige Finanzminister Beèka, die grundbücherliche Sicherstellung einer Steuerforderung nur in den Fällen vorzunehmen, wo die Einbringlichkeit bedroht ist, wie bei notorisch säumigen Steuerzahlern, die weder nach einer Mahnung zahlen, noch Raten einhalten. Ich muß leider konstatieren, daß in der Praxis die Sache sich anders ausläuft und grundbücherliche Sicherstellungen von Steuerrückständen in viel zu viel Fällen vorgenommen werden, in denen kein Zwang zu solcher Vornahme besteht. Die tiefst erregende Maßnahme ist die grundbücherliche Einverleibung fiktiver Rückstände.

Die Summe der Vorschreibungen an Personalsteuern für die rückständigen Jahre wird in vielen Fällen approximando erforscht, indem man die letzte definitive Vorschreibung mit der Anzahl der rückständigen Jahre multipliziert und den fiktiven Steuerbetrag ausrechnet. Solche Vorschreibungen verlangt der Steuerträger nicht. Wir ersuchen den Herrn Finanzminister, zu verfügen, die Sicherstellung ohne Zwang zu unterlassen, denn die Fortführung dieser Praxis hat den Anschein eines systematischen Steuerraubes mit dem einen Ziel, allen Besitz, wahrscheinlich aber nur allen deutschen Besitz, den man durch die Bodenreform nicht erfassen kann, durch diese Steuerpolitik zu erfassen. (Sehr richtig!) So stellt sich die Einhebung von Verzugszinsen für den fiktiven Steuerbetrag als eine Wahnsinnstat dar und wir beantragen, die einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen über die Verzugszinsen in dem Sinne abzuändern, daß sie in bescheidenem Ausmaße erhoben werden und nur von de Tage der erfolgten ordnungsgemäßen Vorschreibung der Steuer an. Die Berufungen gegen eine Vorschreibung und Stundung sollen bis zu ihrer Erledigung die Berechnung von Verzugszinsen unterbrechen.

Noch einem außerordentlich traurigen Kapitel müssen wir uns gerade von unserem Standpunkte als deutsche Nationalsozialisten zuwenden, dem Kapitel der Arbeiterssteuern. Auch sie sind in dem heutigen Ausmaße eine Nachkriegserscheinung. Sie kamen auf mit der Erhöhung der Löhne und Gehälter, welche die fortschreitende Teuerung der Kriegs- und Nachkriegszeit nötig machte, ohne daß der Arbeiter eine größere realere Möglichkeit hatte, mit seinem Lohn zu operieren. Durch diese Erhöhung wurden nahezu - es ist eine Ironie - alle Arbeiter personaleinkommensteuerpflichtig, weil mit ihr nicht gleichmäßig das steuerfreie Existenzminimum gestreckt wurde. Das Existenzminimum betrug vor dem Kriege 1200 K und 1600 K, im Jahre 1920 4800 Kè und seit dem Jahre 1921 6000 Kè. Es ist somit jetzt fünfmal höher als im Jahre 1914. Das ist eine keineswegs befriedigende Relation. Wenn man im Jahre 1914 annahm, daß der Arbeitnehmer mit einem Monatslohn von 100 K geschützt werden müsse - ein Lohn, mit dem er nur ein notdürftiges Auslangen finden konnte - so darf man nunmehr nach einer durchschnittlich zehnfachen Steigerung der Preise für die Bedürfnisse des Lebens, mit der nicht immer eine zehnfache Erhöhung des Einkommens parallel ging, nicht 6000 K, also einen Monatsverdienst von 500 K schon als besteuerbar betrachten.

Was ist die Folge solcher Praxis? Wir bekamen durch die ungenügende Relation zwischen Einkommen und Steuerfreiheit einen 50%igen Zuwachs an Zensiten. Jeder Dienstbote wurde einkommensteuerpflichtig, wodurch die Arbeit der Steuerbehörden genau so wie durch andere Maßnahmen ins Ungeheuerliche stieg. Auch der Arbeiterzensit mußte seine Behandlung durch das Amt erfahren und wenngleich sie nicht so kompliziert war, wie die für einen Großsteuerträger, so beschwerte sie dennoch die Administrative. Wir können mit einem Viertel mehr an Arbeit bei diesem Zuwachs von 50% Zensiten rechnen. Kein Wunder, wenn wie durch viele andere Arbeiten auch durch die Verbreiterung des Steuerträgertums die Ämter nicht mehr mitkonnten, vieles im Rückstande blieb, mit allen anderen auch die Vorschreibungen an Personaleinkommensteuer für die Arbeiter selbst. Auch sie gelangten erst in den Jahren 1924 und 1925 in den Besitz der nachträglichen Vorschreibungen für die Jahre 1919 bis 1923. Ist es den anderen Menschen nicht möglich, nachträglich für so viele Jahre auf einmal der Personaleinkommensteuer zu bezahlen, dann ist es dem Arbeitnehmer erst recht nicht möglich. Es mußte zu Steuererleichterungen für die Arbeiter geschritten werden, die wir aus der Durchführung, wie sie jetzt gepflogen wird, kennen. So ist man so weit, jede Vorschreibung wieder überrechnen zu müssen, einen langwierigen Ratenzahlungsvorgang zu gewähren. Die Administrative leistet Arbeit, die mit dem durch die Arbeitnehmersteuer erzielten finanziellen Effekt für den Staat in gar keinem Verhältnisse steht. Um ein für allemal den Arbeitsmenschen vor der Beschneidung seines ohnedies nicht auslangenden Lohnes zu schützen, andererseits die Administrative vor einer Arbeit zu bewahren, die unnütz getan wird, fordern wir die zeitgemäße Steigerung des Betrages des steuerfreien Existenzminimums. Wir beantragen, das steuerfreie Existenzminimum für den ledigen Arbeiter von 6000 K als der jetzt geltenden Grenze auf 12.000 K, und für den verheirateten auf 18.000 K zu erhöhen. Wie den amtlichen Erläuterungen über den 3%igen Abzug von den Löhnen zur Deckung der Einkommensteuer der Arbeiter für das Jahr 1926 und der Steuerrückstände zu entnehmen ist, werden die durch den Unternehmer abgeführten Steuerabzüge auf die Steuer des Steuerjahres 1926 und rückwirkend v errechnet. Jene Steuer, die auf diese Weise nicht beglichen wird, schreibt das Steueramt ab. Nun wollen einzelne Steuerverwaltungen den Erlaß des Finanzministeriums über die Steuererleichterungen für Arbeiter so aufgefaßt haben, daß die Abzüge der 3% von den Löhnen lediglich zur Deckung der rückständigen Einkommensteuer der Jahre 1919 bis 1923 dient, daß aber die Steuern für 1924 und 1925 aufrecht bleiben. Es wäre notwendig, daß die Finanzverwaltung in dieser Beziehung Klarheit schafft und im Sinne unserer Forderung einen Generalpardon an die Arbeiter gewährt, für die Zukunft aber, um derartige Beschwernisse des Arbeitsmenschen nicht mehr stattfinden zu lassen, zu einer zeitgemäßen Erhöhung des Existenzminimums schreitet. Wenn wir Erleichterungen in der Steuer für den Arbeiter fordern, so ist damit auch die Forderung nach Erleichterung für den Angestellten enthalten. Es müssen für den Angestellten analog dieselben Erleichterungen gelten.


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