Pátek 28. kvìtna 1926

Solche Fälle wie der, den ich soeben vorgetragen habe, gibt es noch mehrere, wo man zuwarten will, bis Verträge mit den Nachfolgestaaten abgeschlossen und von allen Nachfolgestaaten ratifiziert sind. Aber ich will noch einen krasseren Fall herausgreifen, Es handelt sich um einen pensionierten Obergeometer namens Nedvìd Martin, in Olmütz. Der Mann ist geboren 1846 in Budweis in Böhmen, bis 1870 nach Hrozòowitz, Bezirk Moldautein in Böhmen zuständig. Auch die unverehelichte Mutter war in Böhmen geboren und nach Hrozòowitz zuständig. Er trat im Jahre 1870 in den österreichischen Staatsdienst, und war von nun an an verschiedenen Orten bedienstet und dort heimatsberechtigt. Er war kurze Zeit in Troppau, in Ravensburg in Niederösterreich, in Czernowitz und auch in Galizien tätig. Die längste Zeit in Tirol, Meran, Reutte, Kitzbühel. Sein letzter Dienstort war Kitzbühel. Er wurde pensioniert im April 1902 und ist seit dieser Zeit ununterbrochen in Olmütz wohnhaft gewesen. Das ihm auf Grund des Heimatsgesetzes vom Jahre 1896 gebührende Heimatsrecht in Olmütz wurde ihm verweigert. Nach dem Gesetze vom April 1920 ist er unzweifelhaft èechoslovakischer Staatsbürger. Doch wurde sein Ansuchen um Zuerkennung der Staatsbürgerschaft abgewiesen, mit der Begründung, daß dieses Gesetz auf ihn keine Anwendung finden könne, da seine Mutter zur Zeit des Inkrafttretens des Gesetzes nicht mehr am Leben war und daher zu jener Zeit das Heimatsrecht in Böhmen nicht mehr besitzen konnte. Also sogar auf die Mutter hat man sich berufen, um dem alten Mann das Heimatsrecht abzuerkennen. Das ist jedenfalls eine ganz merkwürdige Entscheidung. Denn wesentlich ist doch nur, daß die Bedingungen des Gesetzes von 1920 schon lange vor dessen Inkrafttreten erfüllt waren. Die Mutter Anna starb bereits 1888. Eine neue Eingabe blieb unerledigt und liegt mit wichtigen Dokumenten beim. Ministerium des Innern. Aus dem österreichischen Staatsverbande ist er ebenfalls ausgeschieden und derzeit tatsächlich heimatslos. Pension erhält er von keiner Seite, seine Bemühungen um Erlangung des Heimats- und Staatsbürgerrechtes reichen bis in die Jahre 1919 und 1920 zurück. Es handelt sich in diesem Falle um Zuerkennung des Heimats- und Staatsbürgerrechtes an einen 79jährigen vollständig erblindeten Mann, um Anweisung seiner Pension und Nachzahlung der seit dem Umsturz ihm vorenthaltenen Pensionsbezüge. Wie ich bereits gesagt habe, ist der Mann vollständig blind, delogiert, war bis in die letzte Zeit von seinem Schwiegersohn unterstützt worden, einem schlecht bezahlten Professor, der es nun auch nicht mehr aushalten kann. Der Mann mußte seine Möbel in einem Magazin unterbringen, wo sie derart verbarrikadiert sind, sodaß nicht einmal die Möglichkeit besteht, noch vorhandene Dokumente zur Stelle zu bringen. Ich habe wiederholt im Ministerium des Innern und bei der politischen Landesverwaltung in Brünn interveniert, habe den Fall sogar nach Österreich hinuntergeleitet. Der bedauernswerte Mann ist bis heute noch immer ohne jede Ruhegenüsse, da er noch von keinem der Staaten übernommen wurde. Es ist absolut kein Grund einzusehen, warum noch zugewartet werden soll, um diesen alten erblindeten Mann endlich zu seinem Rechte kommen zu lassen. Wozu braucht man in solchen Fällen erst die Inkraftsetzung von Verträgen, wo es doch klar ist, daß der Mann von einem der beiden Staaten übernommen werden muß.

Bei der Teilung Ostschlesiens auf Grund des Machtspruches des Botschafterrates wurden 91 Eisenbahnerfamilien gewaltsam aus dem polnischen Gebiet aus Dzieditz und Bilitz-Biala entfernt. Es handelt sich um lauter Eisenbahner, die von der èechoslovakischen Eisenbahnverwaltung und zwar vom ersten Eisenbahnminister, den seither verstorbenen Zahradník und vom Plebiszitkommissär in Teschen aufgefordert worden waren, sie sollen nur auf ihrem Dienstposten verbleiben und gewissenhaft Dienst machen, sie werden, wenn über das Gebiet entschieden sein werde, vom èechoslovakischen Staate übernommen werden. Als aber dann über das Gebiet entschieden worden war, wurden die Leute, wie ich bereits gesagt habe, gewaltsam entfernt. Ein Extrazug, mit dem diese 91 Familien nach Oderberg gekommen waren, hat dort 8 Tage gestanden, die Familien ohne jeden Unterhalt, sodaß sich die Öffentlichkeit ihrer erbarmte und eine Sammlung einleitete, um sie nur einigermaßen zu unterstützen. Nach 8 Tagen wurde schließlich dieser Transport, der eingentlich auf Grund der Versprechungen, die den Bediensteten gemacht worden waren, von der Èechoslovakei hätte übernommen werden sollen, nach Österreich abgeschoben. Es wurde einfach erklärt, Österreich sei das Mutterland und dieses habe sie zu übernehmen. Aber nicht allein das, vielen dieser Menschen, die damals auf ihrem Dienstposten ausgehalten haben, ist das geradezu zum Verhängnis geworden. Sie wurden von der èechoslovakischen Staatsbahnverwaltung nämlich nicht nur aufgefordert, den Dienst zu machen, sondern auch zu agitieren für die Èechoslovakei für den Fall, als über das Gebiet Ostschlesien durch Abstimmung entschieden werde. Dieser Aufgabe haben sich viele von den damaligen Eisenbahnbediensteten unterzogen, sie sind dabei Gefahr gelaufen, von den Polen nicht nur verhaftet, sondern auch tätlich mißhandelt worden. Ich verweise darauf, daß viele von diesen Bediensteten in den polnischen Internierungslagern untergebracht wurden, wo sie an Krankheiten zugrunde gingen. Der Lohn, der ihnen zuteil geworden ist, war, daß man sie nicht übernahm, daß sie heimatslos geworden sind, keinen Unterstand und keine Existenz mehr gehabt haben. Bei der Unifizierung der Bediensteten der ehemaligen Kaschau-Oderberger Bahn sind ebenfalls große Unrechte an den Bediensteten verübt worden. Obzwar ihnen die Èechoslovakei Staatsbürgerschaftslegitimationen ausgefolgt hatte, wollte sie ihnen dann die Staatsbürgerschaft doch nicht zuerkennen. Die èechoslovakische Staatsbahnverwaltung wollte sie auch nur als provisorische Bedienstete übernehmen, obwohl es sich um langgediente definitive Bedienstete handelte. Aber das ist noch nicht alles, was diesen Bediensteten an Unrecht zugefügt worden ist, sondern man hat ihnen auch, soweit sie pensioniert wurden, die Kriegshalbjahre und die Kriegsjahre nicht eingerechnet, und zwar mit Berufung darauf, daß die Kaschau-Oderberger Bahn diese Einrechnung nicht eingeführt habe. Nun haben sich die Dinge damals ja so verhalten, daß die Kaschau-Oderberger Bahn zu der Zeit, wo über das Gebiet Ostschlesien nicht entschieden war, gar nicht wußte, wohin eigentlich das Gebiet fallen werde, und sie konnte daher weder Verfügungen treffen, die von der polnischen Seite herkamen, noch Verfügungen, die die èechoslovakische Regierung getroffen hat. Daneben bestand auch noch der Einfluß von ungarischer Seite. Büßen mußten das alles die armen Teufel bei ihrer Pensionierung, indem ihnen die Begünstigung der Einrechnung der Kriegshalbjahre und Kriegsjahre vorenthalten worden ist. Es muß bei dieser Gelegenheit auch darauf verwiesen werden, daß heute noch viele Staatsbürgerschaftsansuchen in den Zentralämtern des Staates liegen, die ihrer Erledigung harren. Man kann intervenieren, so oft man will, eine Erledigung ist einfach nicht herauszubringen. In den Fällen, wo man den Leuten auf ihre Ansuchen doch eine Antwort gegeben hat, hat man ihnen mitgeteilt: Ja, sie können die Staatsbürgerschaft zuerkannt bekommen, wenn sie auf ihre Ruhegenüsse verzichten. Das konnten natürlich diese armen Menschen nicht tun und infolgedessen wurde ihnen die Staatsbürgerschaft vorenthalten. Bis zum August 1921 wurde der Grundsatz der Territorialität bei der Zuerkennung von Pensionen oder Vorschüssen auf Pensionen eingehalten. Mit 1. September wurden hunderte von Pensionisten mit einem Schlage an Österreich überwiesen, die aber persönlich gar keine Ahnung von dieser Transferierung ihrer Pensionsgenüsse hatten und die erst darauf kamen, als sie das erste Mal die von Österreich angewiesene, in èechoslovakische Kronen umgewandelte niedrigere Pension in die Hände bekamen. Die Leute haben dabei infolge der Valutadifferenz einen ungeheueren Schaden erlitten. Ein großer Mangel besteht in den Verträgen auch darin, daß kein Schadenersatz vorgesehen ist für die Verluste, die die nicht übernommenen Pensionisten erlitten haben. Es wäre Pflicht der Regierung, dieses Unrecht wieder gutzumachen, die Möglichkeit dazu ist in den Verträgen gegeben. Die Verträge überlassen es den einzelnen Staaten gegenüber ihren Angehörigen Schutzverfügungen zu treffen. Es wird also vor allem an der Regierung und den Verwaltungsbehörden liegen, diese Bestimmungen der Verträge zu Gunsten der pensionierten Bediensteten anzuwenden.

Dasselbe gilt natürlich auch bezüglich der Nachzahlung von nicht ausgezahlten Ruhegenüssen. Das überlassen die Verträge auch wieder den einzelnen Staaten, wie sie ihre Angehörigen zu entschädigen gedenken. Es wäre schon notwendig gewesen, daß bei den Unterhandlungen in Rom und in Wien getrachtet worden wäre, eine Bestimmung in die Verträge hineinzubringen, welche darüber Präzises sagt, denn sonst wird es vielfach von der Protektion abhängen, ob einem übernommenen Pensionisten eine Nachzahlung gewährt wird oder nicht.

Die Vertragsparteien haben am Schlusse der Verhandlungen auch gewisse Erklärungen abgegeben. Da heißt es z. B. in einer dieser Erklärungen: "Die hohen Vertragsparteien erklären, daß sie bereit sind, mit der größten Benevolenz die Ansuchen um Zahlung der Ruhegenüsse im Auslande zu überprüfen und daß sie auf die besonderen Verhältnisse der Gesuchsteller auch dann Rücksicht nehmen, falls ein früheres Ansuchen abgewiesen wurde". Es haben sich also das erste Mal alle Nachfolgestaaten gewissermaßen verpflichtet, benevolent gegenüber den Ansuchen um Zuerkennung der Pensionen im Ausland vorzugehen. Die Praxis wird es lehren, wie diese Erklärungen eingehalten werden. Nach den Erfahrungen, die wir gemacht haben, können wir uns keinen besonderen Hoffnungen hingeben. Man hat den im Ausland lebenden Pensionisten schon alle möglichen Schwierigkeiten bereitet in Bezug auf ihre Ruhegenüsse. Wenn einem Pensionisten der Bezug seiner Pension in das Ausland bewilligt wird, so nur die Grundpension ohne Teuerungszulagen. Man hat sogar den Inlandspensionisten, wenn sie nur eine Reise ins Ausland zu unternehmen gezwungen sind, die größten Hindernisse bereitet. Es wäre zu erwarten, daß endlich einmal damit gebrochen wird und die Pensionisten in wirklich entgegenkommender Weise behandelt werden.

Art. 6 des Wiener Vertrages enthält die Bestimmung, daß die Vertragsstaaten überein gekommen sind, die Zahlung der Pensionen an jene Personen, die innerhalb eines Jahres nach Wirksamkeit des Vertrages ein Ansuchen an den betreffenden Staat einbringen, zu übernehmen. Wir werden wiederum die Erfahrung machen, daß, wenn die Verträge in Wirksamkeit getreten sein werden, nicht alle Pensionisten, die auf die Übernahme durch den einen oder anderen Nachfolgestaat warten, davon Kenntnis erlangen und so den Termin nicht einzuhalten vermögen. Es wäre Pflicht der Regierung und der Verwaltungsbehörden, dafür zu sorgen, daß alle in Betracht kommenden Personen davon eine amtliche Verständigung erhalten. Wie werden es denn die Ruheständler in den entlegenen Ortschaften draußen erfahren, bis zu welchem Zeitpunkt sie ein Ansuchen einzubringen haben? Wenn dieser Zeitpunkt abgelaufen sein wird, werden sie selbstverständlich abgewiesen werden.

Ebenso unklar ist die Bestimmung im Art. 7, die vom Schiedsgericht handelt. Es soll ein Schiedsgericht in allen jenen Fällen entscheiden, in welchen zwischen den einzelnen Nachfolgestaaten Streitigkeiten über die Staatsbürgerschaft eines noch nicht übernommenen, bezw. zu übernehmenden Pensionisten bestehen. Wie dieses Schiedsgericht zusammengesetzt sein soll oder wird und an welchem Orte es seinen Sitz hat, darüber sagen die Verträge nichts. Es wäre notwendig gewesen, auch hier eine klarere Bestimmung in den Vertrag aufzunehmen. Dann ist im Art. 7 eine weitere Bestimmung, die auch nicht die Gewähr bietet, daß innerhalb eines Jahres über die strittigen Fälle entschieden wird. Da muß entweder die bezugsberechtigte Person ansuchen oder der betreffende Staat, an den diese Person ihr Ansuchen gerichtet hat. Diese Bestimmung ist zu unklar, als daß man voraussetzen könnte, daß die Leute von ihr rechtzeitig und ordentlich Gebrauch machen werden. Der größte Mangel der Verträge besteht aber darin, daß nicht alle bisher nicht übernommenen Pensionisten und aktiven Bediensteten übernommen werden, sondern nur jene, die von der ehemaligen österreichischen Verwaltung pensioniert wurden, nicht aber die von der ungarischen Verwaltung pensionierten. Die große Zahl der slovakischen Pensionisten wird mit den Verträgen von Rom und Wien noch immer nicht erfaßt, für diese gibt es auch weiterhin noch keine gesetzliche Regelung ihrer Ruhe- und Versorgungsgenüsse.

Der Kreis, der durch die Regierungsvorlage gezogen ist, ist auch zu eng. Es bleiben noch weite Kreise von Pensionisten außerhalb dieser Verträge und außerhalb des Gesetzes, deren Schicksal auch weiterhin sozusagen in der Luft hängen wird. (Pøedsednictví pøevzal místopøedseda inž. Dostálek.) Im Abs. 2 des § 1 der Regierungsvorlage ist zwar von einer liberalen Behandlung berücksichtigungswürdiger durch das Gesetz und die Verträge nicht gedeckter Pensionsfälle die Rede, aber diese Bestimmung ist in der vorliegenden Fassung unzureichend. Wir haben deshalb einen diesbezüglichen Antrag eingebracht, in welchem wir sagen, wie die Bestimmung lauten müßte, um es nicht dem freien Ermessen der Regierung zu überlassen, sondern sie zu verpflichten, in allen jenen Fällen, wo es sich um Pensionisten handelt, deren Staatsbürgerschaft nicht geklärt ist, oder auch um solche Fälle, die unter Art. 2 des Wiener Vertrages fallen, das Gesetz und die Verträge in humaner Weise zu handhaben.

Die Verträge sollen nach dem Motivenbericht so rasch als möglich ratifiziert werden. Nun liegen die Verträge der Nationalversammlung bereits seit 15. Jänner d. J. vor, und erst jetzt kommen wir zur Verhandlung und Verabschiedung derselben. Es ist noch immer die Frage, wieviel Monate vergehen werden, bevor die Ratifizierung endgültig durchgeführt sein wird. Unsere parlamentarischen Ausschüsse, sowohl der sozialpolitische, wie auch die anderen Ausschüsse, die die Verträge und die Regierungsvorlage zu behandeln gehabt haben, haben in ihren Berichten den Wunsch ausgesprochen, daß auch die übrigen Staaten die Ratifizierung der Vereinbarungen in der nächsten Zeit durchführen. Ich glaube, dieser Appell wäre in erster Linie bei uns selbst am Platze gewesen, nachdem beispielsweise Österreich den römischen Vertrag bereits am 8. März 1924 und Italien denselben Vertrag am 11. März 1924 ratifiziert haben. Es wäre reichlich Zeit gewesen, daß auch bei uns diese Verträge längst hätten verabschiedet werden können. Zu beklagen ist auch der Umstand, daß nicht beide Verträge sofort nach ihrer Ratifizierung durch einzelne Staaten in Wirksamkeit treten. Während der römische Vertrag sogleich nach der Ratifizierung, bezw. der Hinterlegung der Ratifikationsurkunde zwischen zwei Staaten Wirksamkeit erlangt, tritt der Wiener Vertrag erst in Kraft, bis er von sämtlichen Vertragsstaaten ratifiziert ist, bezw., wenn die letzte Ratifikationsurkunde hinterlegt sein wird. Weder im Gesetz noch im Motivenbericht des Vertrages ist irgend eine Begründung dafür enthalten, warum der Wiener Vertrag nicht auch sofort nach dessen Ratifizierung in Kraft tritt. Darüber hätte die Regierung schon etwas Näheres sagen sollen. Aber nicht nur, daß dieses unterlassen wurde, es wird auch der römische Vertrag dadurch hinausgezogen, daß er erst jetzt zur Behandlung gekommen ist. Das arme Österreich, welches so viele Pensionisten und aktive Bedienstete hat übernehmen müssen, hat sich rascher dazu entschlossen, den römischen Vertrag zu ratifizieren, obzwar es damit sehr große Lasten übernommenhat. Bei uns hat man sich damit Zeit gelassen und die Leute pendeln weiter in der Luft, in Hangen und Bangen um ihr ferneres Schicksal. Es wäre nur zu wünschen, daß die Regierung nun so rasch als möglich die Ratifizierung durchführt und auch den Vertrag in Rom hinterlegt, damit zumindest mit den beiden Staaten Österreich und Italien der Austausch, bezw. die Übernahme der Pensionisten durchgeführt werden könnte. Sehr viele Bedienstete haben nach dem 3. November 1918 in irgend einem der Nachfolgestaaten noch aktive Dienste geleistet, ohne daß sie später von dem betreffenden Staate übernommen worden wären oder dessen Staatsbürgerschaft erhalten hätten. Auch das ist eine mangelhafte Bestimmung in den Verträgen, die die Regierung durchaus nicht verpflichtet, alle Unrechte an diesen Menschen gut zu machen. Auch diesbezüglich haben wir in unseren Abänderungsanträgen zum Ausdruck gebracht, wie wir uns die Behandlung dieser später nicht übernommenen Bediensteten vorstellen, welche noch nach dem 3. November 1918 eine Reihe von Jahren Dienste geleistet haben.

Wir werden für die Ratifizierung der beiden Verträge stimmen, weil damit endlich eine Regelung der Rechtsverhältnisse für Tausende in schwerer Sorge um ihr Schicksal bangender Menschen geschaffen wird, obwohl die Verträge unserer Auffassung und unseren Forderungen nicht entsprechen, was wir durch unsere Abänderungsanträge zum Ausdrucke gebracht haben. (Souhlas a potlesk na levici.)

4. Øeè posl. Horpynky (viz str. 1304 tìsnopisecké zprávy).

Meine Damen und Herren, man sollte eigentlich in Prag und im ganzen Gebiet der Èechoslovakischen Republik Fahnen und Flaggen hissen, weil heute im Parlament wieder einmal von den Ruheständlern gesprochen wird, weil Gesetzesanträge vorliegen, deren Zweck es ist, bei pensionierten Staatsangestellten den Zustand der Heimatlosigkeit und des Daseins ohne Einkommen in absehbarer Zeit zu beenden. Leider sind wir auch heute nur in der Lage, solche Gesetzesanträge mit einem trockenen und einem nassen Auge zu betrachten. Trotzdem die Übernahme der Pensionisten eine der dringendsten Fragen gewesen wäre, die einer schnellen Lösung bedurfte, trotzdem die Not der staats- und heimatlosen Ruheständler allgemein bekannt war, trotzdem die zwei Pensionsübereinkommen in Rom am 6. April 1922 und in Wien am 30. November 1923 abgeschlossen und unterzeichnet wurden, so kommt das Parlament der Èechoslovakischen Republik erst 4 Jahre später dazu, die internationalen Verträge zu ratifizieren und die Ergänzungsgesetze zur Annahme vorzulegen, durch die auch noch die Fehler gutgemacht werden sollen, die man beim Abschluß des Römischen und Wiener Vertrages begangen hat.

Darüber helfen keine Ausreden hinweg, in denen behauptet wird, daß noch weitere Verhandlungen notwendig waren, da es sich nicht allein um die Übernahme der Ruheständler, sondern auch jener aktiv dienenden Personen handelt, die von keinem der Nachfolgestaaten Österreich-Ungarns übernommen worden waren. Letzten Endes ist es heute ja allgemein bekannt, daß gerade Wien und Prag an den unglaublich verwirrten Verhältnissen der Heimats- und Staatenlosigkeit und der Doppelstaatlichkeit der Staatspensionisten die Schuld trifft. Im Friedensvertrag von Versailles wurde für die Staatsangehörigkeit der ordentliche Wohnsitz als Aufteilungsprinzip aufgestellt, nicht nur weil dieser Grundsatz der natürliche gewesen ist, sondern, weil er im Hinblick auf die Wohnungsnot aus rein wirtschaftlichen Gründen der vernünftigste war. Aber Prag wollte wieder einmal klüger sein und alles besser machen und auf sein Drängen wurde das natürliche und vernünftige Aufteilungsprinzip des ordentlichen Wohnsitzes durch das Prinzip des nicht mehr leicht feststellbaren Heimatsrechtes ersetzt. Dabei hat man auf die Angehörigen der österreich-ungarischen Reichslandes Bosnien und Herzegowina vergessen, dessen Gesetzgebung ein Heimatsrecht überhaupt nicht kennt. Und als man dann nach diesen Plänen die 52 Millionen Menschen der Donaumonarchie unter ihre Nachfolgestaaten aufteilte, ergaben sich die unglaublichen Mißstände der Staatenlosigkeit und Doppelstaatlichkeit, die noch dadurch namenlos erschwert wurden, daß zugunsten der Èechoslovakischen Republik eine sehr wichtige Ausnahme von dem Aufteilungsprinzip des Heimatsrechtes gemacht wurde. Nach Artikel 76 des Friedensvertrages von St. Germain müssen alle Personen, die das Heimatsrecht auf dem Gebiete der heutigen Èechoslovakischen Republik erst nach dem 1. Jänner 1910 erworben haben, dasselbe nochmals reklamieren. Geschieht dies nicht oder wird die Reklamation abschlägig beschieden, so erwerben diese Personen nach Art. 77 desselben Vertrages ipso facto die Staatsangehörigkeit jenes Nachfolgestaates, wo die Gemeinde liegt, in der sie heimatsberechtigt waren, ehe das anullierte Heimatsrecht erworben wurde. Wer die schwierigen Verhältnisse, infolge der Novelle zum Heimatsgesetz vom 5. Dezember 1896 mit ihrem Anspruch auf Verleihung des Heimatsrechtes nach einem qualifizierten Aufenthalt von 10 Jahren kennt, der wird es begreiflich finden, daß es heute in den meisten Fällen undurchführbar ist, sein früheres Heimatsrecht, das Heimatsrecht der Eltern und Großeltern nachzuweisen. Solche von dem Reklamationsverfahren betroffenen Personen sind daher meistens staatenlos geblieben.

Die beteiligten Mächte waren daher gezwungen, durch internationale Übereinkommen der Staatenlosigkeit und Doppelstaatlichkeit irgendwie zu begegnen. Und so kam es am 7. Juni 1920 zum Brünner Vertrag: und am 6. April 1921 zur ersten Konferenz von Rom. Aber erst am 6. April 1922 auf der zweiten Konferenz von Rom, an der sich alle Nachfolgestaaten mit Ausnahme Ungarns beteiligten, wurde im Artikel 1 das Übereinkommen getroffen, daß sich die Nachfolgestaaten verpflichten, die von der ehemaligen österreichischen Regierung angewiesenen Pensionen nur ihren eigenen Staatsbürgern weiter auszuzahlen. Die gleiche Bestimmung wiederholt dann die Additionalkonvention von Wien vom 30. November 1923. Während diese Übereinkommen von Italien am 21. Feber 1924 und von Österreich am 8. März 1924 bereits ratifiziert wurden, geht die Èechoslovakische Republik erst heute daran, sich mit den Verträgen und ihren Auswirkungen das erstemal in ihrem Parlamente zu beschäftigen. Wahrlich eine glänzende Fürsorge dieses Staates für seine Bürger, die von einem merkwürdigen Grade der Menschlichkeit Zeugnis gibt.

Und was für himmelschreiende Fälle von Ungerechtigkeit und Unmenschlichkeit haben sich während der Zeit ereignet, während welcher die übelwollende Verschleppungstaktik die endgültige Lösung dieser brennenden Frage fortwährend hinauszog, Fälle, die alle aus den Akten den maßgebenden Behörden bekannt sind und sogar den Obersten Verwaltungsgerichtshof beschäftigt haben. Aus meiner reichen Sammlung will ich hier nur 3 von diesen unzähligen Fällen anführen, keineswegs weil sie die ärgsten Verhältnisse dem Zuhörer vor Augen führen, sondern weil sie so recht typisch und unsere Verhältnisse, insbesondere die Behandlung der Ruheständler charakterisierend sind.

Der Obergeometr I. Klasse in Ruhe Martin Nedvìd war 35 Jahre lang österreich. Staatsbeamter, zuletzt in der VIII. Rangsklasse, und wurde im Jahre 1902 in den Ruhestand versetzt. Er ist in Budweis geboren, seine Eltern waren in Böhmen heimatsberechtigt und er selbst war natürlich bis zu seinem Eintritt in den Staatsdienst nach Böhmen, Hrožnowitz (Bez. Moldautein), zuständig. Seit seiner Pensionierung lebt er ununterbrochen in Olmütz, das sind gerade 24 Jahre her. Er ist also nach dem Friedensvertrag von St. Germain ohne weitere Förmlichkeit Staatsbürger der Èechoslovakischen Republik geworden, wenn er auch nach seinem letzten Dienstorte Kitzbüchel in Tirol dorthin zuständig war. (Artikel 3, 4 u. 6 des Friedensvertrages). Erst aber auch nach dem Verfassungsgesetz vom 9. April 1920, Nr. 236, Artikel I, § 1, Zahl 3, zweifellos hiesiger Staatsbürger, er hätte nach Art. 4 des Friedensvertrages für Österreich optieren können, hat dies aber nicht getan, weil er in der Èechoslovakischen Republik Staatsbürger war und bleiben wollte. Nichtsdestoweniger spricht man ihm hier Heimats- und Staatsbürgerrecht ab und alle Bemühungen hierzulande, ihm zu seinem Rechte zu verhelfen, waren bisher vergeblich. Das schmerzlichste dabei ist, daß Nedvìd seit vollen 6 Jahren keine Pension bekommt. Er ist jetzt 80 Jahre alt, blind, also völlig erwerbsunfähig und wäre schon längst verhungert, wenn sich nicht sein Stiefsohn seiner angenommen hätte. Die hiesigen Stellen behaupten, daß seine Pension von Österreich zu bezahlen sei, Österreich zahlt aber nicht, weil er schon vor 24 Jahren in das Gebiet der Èechoslovakischen Republik übersiedelt und überdies ausdrücklich aus dem österreichischen Staatsverbande entlassen worden ist. Er hat also weder Heimat noch Vaterland, ein Zustand, von dem die Juristen allerdings behaupten, daß er undenkbar und unzulässig sei. Daß dieser Zustand aber tatsächlich besteht, verspürt er am eigenen Leibe und sein Stiefsohn noch viel mehr am Geldbeutel. Vor 1 1/2 Jahren wurde Nedvìd wegen eines Zinsrückstandes delogiert, Wohnung ist keine aufzutreiben und so leben die beiden alten Leute - er und seine Frau - nur mit den notwendigsten Kleidungsstücken ausgestattet in einem Hotel, natürlich auf des Stiefsohnes Kosten. Obwohl der Stiefsohn sofort den Zinsrückstand begleichen wollte, wurde die Delogierung vom Hauseigentümer, einem Asylverein, der also menschenfreundliche Ziele verfolgt, durchgeführt. Das ist das Schicksal eines Mannes, der sein ganzes Leben lang seine Pflicht getan und durch seine ehrliche Arbeit sich einen sorgenlosen Lebensabend auch zu verdienen hoffte, der aber das Unglück hat, daß sich seiner der Tod nicht früher erbarmte, ehe die Staatsmänner dieses Siegerstaates ihn langsam durch Hunger ins Jenseits martern.

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