Alle diese von mir aufgezeigten Mängel
sind meiner Meinung nach und nach der Meinung meines Klubs schwere
Verletzungen des bestehenden und in jahrelangen Kämpfen errungenen
Beamtenrechts, von dem wir grundsätzlich wünschen, daß
es ein unantastbares Heiligtum sein müsse. Wir können
nicht unterlassen zu bemerken, daß die Neugestaltung des
Beamtenrechtes wesentlich bestimmend für den staatlichen
Organismus sein wird. Die Stellung des Beamten beruht auf dem
öffentlich-rechtlichen Staatsvertrag kraft des Gesetzes und
stellt einerseits, wenn ich das so darstellen darf, ein Gewaltverhältnis
des Staates gegenüber dem Staatsbeamten, andererseits ein
Treuverhältnis des Staatsbeamten zum Staate dar. Die Gegenleistung
des Staates für das dem Beamten auferlegte Gewaltsverhältnis
besteht und muß bestehen in der Gewähr der Möglichkeit
einer Existenzführung, nicht nur während der aktiven
Dienstzeit, sondern auch über die tatsächliche Dienstzeit
hinaus, ein Wort, daß ich hier auch nicht zwecklos sage,
wenn ich nur an das Pensionistenelend erinnere. Es ist nicht gleichgültig
weder für den Beamten noch den Staat, ob das Dienstverhältnis
des Beamten zum Staate ein loses ist, oder ob es festgefügt
ist, ruhend auf tadelloser Vorbildung, traditionellem Pflichtgefühl,
sozialem Verständnis, absoluter Zuverläßlichkeit,
Fleiß, Treue und Unparteilichkeit. Wir meinen, daß
das Beamtenrecht ein konsolidiertes sein möchte, aus dem
das Gefühl der Sicherheit der Existenz des Beamten entspringt.
Nur dann und das haben wir hier ganz besonders zu betonen - ist
die tadellose Arbeit des Beamten gewährleistet. Wenn aber
die durch das Abbaugesetz und auch die neuen Gesetze erworbenen
Vorteile aberkannt werden und wenn wir das immer wieder erleben
müssen, dann können wir nichts anderes, als das Wort
wiederholen, das ich schon geprägt habe von dem furchtbaren
Atavismus, von dem furchtbaren Rückschlag, der durch eine
derartige Methode von Beamtengesetzen eingetreten ist, wie sie
dieser Tage in diesem Parlamente sanktioniert werden sollen.
Mit dem Gesetz betreffend die Regelung der
Gehalts- und Dienstverhältnisse der Staatsbediensteten erfolgt
gemeinsam die Regelung der Gehalts- und Dienstverhältnisse
der Lehrerschaft an Volks- und Bürgerschulen. Es hat auf
den ersten Blick den Anschein, als ob beide, sowohl die sogenannte
Regulierung der Gehälter der Staatsbeamten und - Bediensteten
als auch die der Lehrer in gleichen Richtungen liefen. Das entspräche
wohl dem Geiste des Gesetzes, das am 23. Mai 1919, also schon
in den ersten Tagen der Nationalversammlung, (Posl. Patzel:
In der Maienblüte der Republik!) ja in der Maienblüte,
das Wort ist außerordentlich treffend, beschlossen worden
ist. Dem Paritätsgesetz vom 23. Mai 1919, das am Tage seines
Inkrafttretens und seiner Beschlußfassung, ja schon damals,
als es angezeigt wurde, und insbesondere in der Zeit seiner Wirksamkeit
von der Lehrerschaft als größte Errungenschaft vielleicht
seit Existenz des Standes betrachtet worden ist, jenem Paritätsgesetz,
nach dem ein für allemal festgesetzt werden sollte, daß
alle den Staatsbeamten zuteil werdenden Regelungen ihrer Fragen
auch auf die Lehrer mit gleicher Vorbildung, das sei sofort bemerkt,
Bezughaben sollen, ohne daß sie sich wie das in den zurückliegenden
Jahrzehnten immer der Fall gewesen ist, durch Jahre hindurch erst
um das Stückchen Brot bemühen müssen, diesem Lehrerparitätsgesetz,
dieser größten Errungenschaft der Lehrerschaft an Volks-
und Bürgerschulen in der Nachkriegszeit, ist ein Ende bereitet
worden. Man mag reden was man will, man mag sagen, was man will,
man mag in Tausenden Worten beteuern, der Geist des Gesetzes vom
23. Mai 1919 sei durch den Inhalt des Gesetzentwurfes Nr. 101
gewahrt geblieben, das alles beweist nichts. Daß die Lehrerparität
durchbrochen ist, zumindestens in formaler Beziehung, das gibt
auch der Herr Finanzminister zu. Die materielle Parität ist
gewahrt, so behauptet die Finanzverwaltung. Ja Herr Dr Engliš
äußert sich hierüber folgendermaßen:
Die materielle Parität ist gewahrt, denn jeder Lehrer hat
die Möglichkeit, Schulleiter zu werden und dadurch am Ende
seiner Dienstzeit den Endgehalt eines Beamten mit Mittelschulbildung
mit einmaligen Avancement zu erhalten. (Pøedsednictví
pøevzal místopøedseda Stivín.) Ja
schon in dieser ersten Argumentation liegt ein ungeheurer Trugschluß.
Welcher Bruchteil von Lehrern kann Schulleiter und etwa Bürgerschuldirektor
werden? Denn die Funktionszulage bekommt, er nur für den
Fall, wenn er Leiter oder Direktor wird. Wenn er diese Funktion
eines Schulleiters erreicht, so übertrifft er einen Verwaltungsbeamten
mit Mittelschulbildung im Avancement durch die ganze Zeit, während
welcher er Schulleiter ist, um diese Zulage. Herr Dr Engliš
argumentiert so und sagt noch weiter: Dieser Vorzug des Lehrers
gegenüber den administrativen Beamten ist um, so größer,
je eher er Oberlehrer wurde. Ja, es ist ein Trugschluß,
daß er Oberlehrer auf alle Fälle werden muß,
das kann ja nur in den wenigsten Fällen sein, und in dem
"je eher" liegt der zweite Trugschluß.
Es kann bedeuten, daß an mehrklassigen
Schulen ein Lehrer einen Administrativbeamten mit zweimaligem
Avancement überholt und dazu noch die Zulage an Bürgerschulen
erhält, welche sofort bei Eintritt in die Bürgerschule
bezahlt wird. Beim Eintritt selbst betragen diese Zulagen 480
Kè, jährlich, bitte! und ich bitte, sich das auf die
Tage im Jahre aufzuteilen. Durch die weitere Beförderung
in höhere Dienstklassen bekommt er 300 und von der 8.
Gehaltsklasse an 600 Kè. Herr Sektionsrat Fischer
sagte das einmal im sozial-politischen Ausschuß gerade bei
Beratung dieses Lehrergehaltsgesetzes, man müsse das durchschnittliche
Einkommen der Lehrer mit dem der Staatsbeamten vergleichen. Ich
tue das gern, weil mir gerade das die Möglichkeit
bietet, sowohl die Meinung des Herrn Finanzministers wie auch
der Schöpfer dieses Gesetzes, daß die Parität
erhalten sei, zu widerlegen. Ich wiederhole da das Beispiel, das
ich schon einmal im sozial-politischen Ausschuß aufgezeigt
habe. Angenommen, die Zahl der Lehrer betrüge 30.000 Stellen
der zweiten Dienstklasse, aufgeteilt auf die 7. bis 3. Gehaltsstufe
in analogen Verhältnis der Aufteilung der Staatsbeamten der
zweiten Dienstklasse mit gleicher Vorbildung, so kommen
wir bei Betrachtung der materiellen Verhältnisse dieser Lehrer,
wie sie aus dem neuen Gesetz entspringen, zu dem Ergebnis, daß
der Jahresdurchschnitt des Lehrers nach dem vorliegenden Entwurfe
21.750 Kè beträgt, das ist um 5250 Kè jährlich
weniger als bei den Beamten mit gleicher Vorbildung.
Da haben wir schon die bescheidene Meinung und das muß uns
wiederum verziehen werden wie andere Meinungen, daß bei
einer solchen Differenz der Bezüge der Lehrer und der Staatsbeamten
gleicher Vorbildung die materielle Parität nicht gewahrt
sein kann. Hieraus schon erkennen wir die Benachteiligung des
Lehrers entgegen den heiligen Versicherungen des Paritätsgesetzes.
Es wäre sehr, sehr interessant, in dieser entscheidenden
Stunde oder in den kommenden, in denen über das Meritum des
Gesetzes Druck Nr. 101 entschieden wird, den Motivenbericht des
Paritätsgesetzes. Ihnen vorzulesen, mit welch tiefer Erkenntnis
damals in diesem Motivenbericht die Bedeutsamkeit der Arbeit des
Lehrers auch für die Gesellschaft als solche gewertet wurde,
wie aus dieser theoretischen Erkenntnis der Bedeutsamkeit der
Lehrerarbeit damals eben die praktische Tat, das Paritätsgesetz,
erfloß. Es wäre sehr interessant, Ihnen das heute nochmals
aufzuzeigen, in welch bedeutsamen Worten damals dieses Gesetz
begründet wurde. Ich kann nun zu keiner anderen Meinung kommen,
als daß sich aus der Zuneigung, die damals zur Zeit der
Beschlußfassung des Paritätsgesetzes für die Lehrerschaft
unleugbar bestanden hat, was ja eben die Tatsache des Paritätsgesetzes
beweist, eine tiefgehende und sich immer mehr vertiefende Aversion
gegen die Lehrerschaft gebildet hat. Mir sind die Gründe
nicht bekannt, aber wir sind wohl genötigt aufmerksam zu
sein und nach den Gründen dieser nun einsetzenden und sich
immer mehr vertiefenden Aversion gegen die Lehrerschaft an Volks-
und Bürgerschulen zu suchen. Der Bürgerschullehrer ist
in seinen Bezügen durch keine genügende Spannweite zu
den Bezügen der Volksschullehrerschaft in seiner Arbeit berücksichtigt.
Nicht berücksichtigt aber auch in seinen Mühen,
mit denen er seine besondere Befähigung zum Bürgerschullehrer
durchsetzte. Die Zulage von 480 Kè bezw. 300 und 600 Kè
bei Beförderung alles im allen im besten Falle am Ende der
Dienstzeit gegenüber den Bezügen der Volksschullehrerschaft
von rund 4000 Kè ist keine Mehrhonorierung der Arbeit des
Bürgerschullehrers. Diese geringe Spannweite wird jeden Anreiz
zur Bürgerschulprüfung ertöten. Das bedeutet den
Niedergang der Bürgerschule, dieser Mittelschule der armen
Leute, die heute schon nicht über
genügend geprüfte Kräfte verfügt. An den èechischen
Bürgerschulen haben wir heute über 2000 ungeprüfte
Lehrkräfte tätig. Wir haben so wie die Lehrerfrage überhaupt,
die Bürgerschulfrage im besonderen betreffende Abänderungsanträge
zu den vorliegenden Gesetzen gestellt.
Sie wurden in den Ausschüssen nicht angenommen, trotzdem
sich auch èechische Abgeordnete der Bedeutsamkeit derselben
nicht entziehen konnten. Wir wiederholen heute diese Anträge
und hoffen, daß zumindest die wesentlichsten derselben
bei der kommenden Abstimmung angenommen werden.
Einer ganz besonderen Bestrafung wird, wenn
wir die Lehrerschaft ins Auge fassen, eine Kategorie der Lehrer
zugeführt, nämlich die Kategorie des Landlehrers. Der
Landlehrer, der als Kulturträger unter den schwierigsten
Verhältnissen tatsächlich verbunden mit dem Volke lebt,
wird durch die Bestimmung des neuen Lehrergesetzes am härtesten
getroffen. Für ihn hält das neue Gehaltsgesetz die Strafe
der Einrichtung einer vierten Ortszulagenklasse in Vorbereitung.
In diese vierte Ortszulagenklasse, durch deren Schaffung gerade
am Landlehrer große Beträge erspart werden, reihen
bekanntlich alle Orte unter 2000 Einwohner. Alle Bemühungen
auf Streichung der im Gesetze gelegenen Bestimmungen über
die Einrichtung dieser vierten Ortszulagenklasse waren vergeblich.
Wir haben insbesondere im Kulturausschuß, der ja vielleicht
der bessere Wahrer der Interessen der Lehrer schon aus Erkenntnis
der Bedeutsamkeit der Schule sein sollte, uns bemüht, dem
Landlehrer zu dienen, und insbesondere dem Einklassenlehrer. Aber
die Herren, die an dieser Arbeit beteiligt waren, wissen, wie
auch diese Arbeit erfolglos geblieben ist.
Wenn wir zur allgemeinen Beurteilung der Beamtengesetze
wieder zurückkehren, müssen wir sie auch im Zusammenhang
mit den neuen Zollgesetzmaßnahmen, bezw. deren Auswirkungen
betrachten. Es ist in der Zolldebatte genügend deutlich nachgewiesen
worden, in welcher Art und Weise durch die Einführung der
Zölle eine neue Teuerungswelle ins Land gehen wird. Das neue
Gehaltsgesetz ist keine Schutzmaßnahme für diese Entwicklung.
Mußten wir die Ansätze des neuen Gehaltsgesetzes schon
zu einer Zeit als ungenügend finden, da wir die Einführung
der Zölle noch nicht in den Kreis unserer Betrachtungen zogen,
so ist unser Urteil über den ungenügenden materiellen
Schutz des vorliegenden Gesetzes heute noch wesentlich verstärkt.
Meine Damen und Herren! So soll sich in wenigen
Stunden die Entscheidung vollziehen. Alle Mühen der einsichtigen
Parteien, in den Ausschüssen Verbesserungen an den vorliegenden
Gesetzen durchzuführen, blieben vergeblich. Es kann als kein
Erfolg betrachtet werden, wenn die Regierung etwa 2 oder 3 geringfügige
Zugeständnisse bei den Beratungen in den Ausschüssen
gemacht hat. Im Prinzip ist es kein wesentliches Zugeständnis,
daß der § 12 der Vorlage durch den Absatz 7 des Inhaltes
ergänzt wurde, daß ausnahmsweise einzelne Orte mit
außerordentlichen Teuerungsverhältnissen in eine höhere
Ortszulagenklasse umgereiht werden können. Es ist unserer
Meinung nach auch kein ausreichender Erfolg der weitere Absatz
zu diesem Paragraphen, wonach Bedienstete der Ortszulagen Klasse
4, welche Kinder außer Haus geben müssen, und zwar
zu Studienzwecken, bis zur Beendigung der Ausbildung derselben
die Zulage gemäß Ortsklasse erhalten, und wie die anderen
unwesentlichen Abänderungen der ursprünglichen Gesetzesfassung
alle lauten mögen, die von der Regierung zugestanden wurden.
All das kann darüber nicht hinwegtäuschen,
auch die kleinen Zugeständnisse nicht, daß die Regierung
mit der Durchsetzung ihres Standpunktes einen Sieg errungen hat,
die Staatsangestelltenorganisationen aber und jene Parteien, in
deren Interesse es lag, eine anständige Besoldung und Beamtenrechtsreform
durchgeführt zu sehen, eine Niederlage erlitten haben.
Wenn wir nach den Gründen dieser Entwicklung forschen, so
können wir an den èechischen sozialistischen Parteien
nicht ohne Kritik vorübergehen. Sie hätten ohne Zweifel
die Macht in der Hand gehabt, etwas mehr durchzusetzen. Sie hätten
das erreicht, wenn sie nur annähernd dieselbe
Initiative bei der Verfolgung dieses Zieles aufgebracht hätten,
wie sie etwa die Zollparteien bei der Durchsetzung ihrer Forderung
kennzeichnete. Das muß mit aller Deutlichkeit gesagt sein.
Wir fühlen uns rein von jeder Schuld. Wir haben über
das Maß notwendiger Geduld heraus uns bemüht, den berechtigten
Forderungen der Beamtenorganisationen Nachdruck zu verleihen.
Wären die èechischen sozialistischen Parteien gleichen
festen Willens gewesen wie wir, stünden wir vor einem
anderen Ergebnisse der Ausschußverhandlungen. Nun reift
die letzte Entscheidung. Sie liegt vor allen Angehörigen
dieses Hauses, noch ist es möglich, manches gut zu machen.
Das kann geschehen durch Berücksichtigung unserer Anträge,
die wir vorbereitet halten. Nehmen Sie dieselben an, so begründen
Sie eine tatsächliche Besoldungsreform, auf der das Staatsbeamtenleben
sich wenn auch nicht vollständig unbeschwert, so doch unbeschwerter
als nach dem Plane der Regierung auswirken kann. Wir laden Sie
ein, alle, die sie diesem Haus angehören, diese Anträge
mit uns zu studieren, meinetwegen mit uns in letzter Stunde zu
beraten, in ihren Geist und Inhalt einzugehen. Sie sind frei von
jeder Demagogie. Entscheidet sich aber die Mehrheit dieses Hauses
für den Ausschußbericht, also für die unveränderte
Annahme dieses Gesetzes in der Fassung des Ausschusses, dann können
wir als verantwortungsvolle Gruppe des Hauses nicht anders uns
entscheiden, als daß wir gegen das Gesetz votieren. (Souhlas
a potlesk poslancù nìm. nár.-socialistické
strany.)
Hohes Haus! Bevor ich in die Erörterung
des Verhandlungsgegenstandes eingehe, habe ich den schärfsten
Protest meines Klubs gegen, die unerhörten Gewaltmethoden
vorzubringen, welche in den letzten Tagen von einer Zufallsmehrheit
dieses Hauses und der ihr gefügigen Regierung zur Durchsetzung
des Zolldiktates in- und außerhalb des Parlamentes angewendet
worden sind. Durch Verschulden der Polizei ist es innerhalb
weniger Tage zweimal zu Blutvergießen gekommen. Als am Freitag
abends auf dem Havlíèekplatz eine Protestversammlung
gegen den Zollraub stattfand, hat die Polizei alle Zugänge
dieses Platzes bis auf einen einzigen abgesperrt und dadurch die
nachfolgenden Zusammenstöße erst verursacht. Am Dienstag
hat berittene Polizei auf die sich von der Protestversammlung
in voller Ruhe entfernenden Demonstranten eine förmliche
Attacke unternommen. (Výkøiky: Unerhört!)
Wir fordern die Regierung auf, sich wegen
dieses Vorgehens vor dem Hause zu verantworten, und rufen die
Arbeiterklasse zur Fortsetzung ihres Abwehrkampfes gegen das reaktionäre
System auf. Gleichzeitig aber stellen wir die Schuld jener deutschen
Parteien, welche sich um einiger Klassenvorteile willen dazu hergegeben
haben, diese Gewaltmethoden durch ihr parlamentarisches Votum
zu decken, hiemit in aller Form fest. Dieselben Parteien, welche
alle die Jahre hindurch einen Kampf gegen die Vergewaltigung der
Minderheit in diesem Parlamente geführt, haben sich in den
letzten Wochen an allen Vergewaltigungen der Minderheit aktiv
beteiligt und bei der Abstimmung über die Zollvorlage durch
ihr Votum einen unerhörten Geschäftsordnungsbruch möglich
gemacht, wie er selbst in diesem an Gewaltakten so reichen Parlamente
noch nicht vorgekommen ist. Die Abstimmung über die Zollvorlage
war eine Provokation, die wir ruhig hinzunehmen keineswegs gesonnen
sind. Die Ausschließung aller oppositionellen Abänderungsanträge
von der Abstimmung, während gleichzeitig Abänderungsanträge
der Mehrheit zur Abstimmung gebracht wurden, ist ein reiner Willkürakt,
der sich nicht wiederholen darf, wenn in diesem Parlamente überhaupt
noch eine Verhandlung oder Beratung möglich sein soll. Wir
erklären offen, daß wir gegenüber der Wiederholung
eines derartigen, der Geschäftsordnung und allen parlamentarischen
Gepflogenheiten Hohn sprechenden Vorgehens uns mit allen Mitteln
zur Wehr setzen werden.
Hohes Haus! Seit nahezu 1 1/2 Jahren werden
die Staatsbediensteten in Aufregung gehalten, wird ihnen die Regelung
ihrer Bezüge und ihres Dienstverhältnisses versprochen,
niemals aber in der hiezu festgesetzten Zeit hat die Regierung
und haben die alten Mehrheitsparteien ihre Zusagen an die Staatsangestellten
eingelöst. Seit Monaten wurde innerhalb der alten allnationalen
Koalition gefeilscht, dabei ist für die Staatsbediensteten
so gut wie nichts herausgekommen. Die ursprüngliche Vorlage,
die bereits im September v. J. den Koalitionsparteien in einem
stückweisen Elaborat vorgelegt wurde, gelangte erst im März
d. J. in diesem Hause zur Beratung. Wir stehen nun heute in der
Schlußverhandlung und vor der Verabschiedung eines großen
Gesetzgebungswerkes, über das die Meinungen sowohl von Volkswirtschaftlern,
als auch in den Kreisen der Staatsbediensteten sehr geteilt sind.
Die eine Meinung geht dahin, daß der Zeitpunkt einer Stabilisierung
der Bezüge gegenwärtig noch nicht gekommen sei, daß
wir noch immer in unsicheren Verhältnissen leben und es nicht
angehe, eine feste Regelung der Bezüge vorzunehmen. Wir sind
der gleichen Auffassung, auch wir glauben, daß der Zeitpunkt
noch nicht gekommen ist, um die Bezüge durch eine Art neuer
Dienstpragmatik dauernd zu regeln. (Výkøiky
posl. Hackenberga.) Durch die Stabilisierung
der Bezüge ist gleichzeitig auch die Abschaffung der sog.
sozialen und Teuerungszulagen in die Wege geleitet worden. Scheinbar
ist dieser Anschlag auf die sozialen Zulagen innerhalb der alten
Koalition diesmal noch nicht vollständig gelungen, . Eine
Bresche aber wurde hineingelegt und es wird nicht allzu lange
dauern, wo den Staatsbediensteten die ihnen jetzt mit dieser Vorlage
noch verbleibenden sozialen und Teuerungszulagen vollständig
entzogen werden.
Das ganze Gesetz ist sozusagen in einer raffinierten
Art und Weise aufgebaut. Wir kennen ja die Methoden aus
dem alten Österreich her, wo man, ebenso wie es diesmal in
der Èechoslovakei geschieht, bei allen Gehaltsregulierungen
die Bediensteten in mehrere Interessentengruppen zu scheiden versucht
hat, damit unter ihnen Uneinigkeit entstehe
und keine Solidarität aufkomme, damit die einen nach der
Gesetzwerdung rufen und die anderen sie bekämpfen. Der vorliegende
Gesetzentwurf scheidet die Staatsangestellten in zwei große
Interessentengruppen, von denen die eine ein momentanes Interesse
daran hat, daß das Gesetz so bald als möglich Wirksamkeit
erlangt, weil sie einen Gewinn daraus schöpft, die andere
größere Gruppe aber ist mit Besorgnis erfüllt,
weil sie in Zukunft dauernd langjährige schwer errungene
Rechte verliert. Zu der ersten Gruppe zählen vor allem die
Staatsbeamten von der 5. Rangsklasse aufwärts, die einen
nennenswerten Gewinn aus dieser Neuregelung der Bezüge schöpfen
werden. Dann gibt es eine zweite Kategorie, die an der Inkraftsetzung
dieses Gesetzes momentan stark interessiert ist. Das sind die
Ausgedienten oder diejenigen, die sich nahe dem Ende ihrer Dienstzeit
befinden, weil durch die Stabilisierung der Gehälter eine
verbesserte Pensionsbemessungsgrundlage entsteht, sie also größere
Ruhegenüsse herausschöpfen werden. Dieser ersten Interessentengruppe
gehören auch alle jene Staatsbediensteten an, die auf Grund
des Gesetzes 394 vom Dezember 1922 vom Bezuge der Familien- und
Teuerungszulagen ausgeschlossen waren. Alle diese Menschen werden
nunmehr in den Bezug der Erziehungsbeiträge gelangen und,
soweit ihnen Kinder noch vor Inkrafttreten dieses Gesetzes geboren
wurden, auch Teuerungszulagen beziehen. Das sind also vorwiegend
die drei Hauptgruppen, die eigentlich in eine Gesamtgruppe zu
vereinigen sind, die momentan ein Interesse an der Inkraftsetzung
dieser neuen Gehaltsregelung haben und die darnach verlangen.
Die zweite Gruppe, das sind alle diejenigen, die noch in jungen
Jahren stehen, die stabilisiert oder auch nicht stabilisiert sind.
Das ist die große Masse der Staatsbediensteten, die dem
Gesetz mit Besorgnis entgegensehen, u. zw. deshalb, weil ihnen
die langjährigen schwererkämpften Rechte dauernd entzogen
werden.
In dieser Aufbauart des Gesetzes gipfelt also
der Trick der Regierung, die Staatsbediensteten in eine Reihe
von Interessengruppen zu scheiden, um so mit ihnen ein leichteres
Spiel bei der Durchsetzung derartiger Gesetzentwürfe zu haben.
Wir haben sowohl im sozialpolitischen Ausschuß als auch
im Budgetausschuß uns bemüht, Verbesserungsanträge
durchzubringen, gegenüber allen Bestimmungen des Gesetzes,
die einen Rechtsentzug oder eine Verschlechterung der gegenwärtigen
Dienst- und Gehaltsverhältnisse beinhalten. Vor allem müssen
wir konstatieren, daß die Anfangsgehälter in den niederen
Gruppen der Beamten und Bediensteten viel zu gering bemessen sind.
Sie beginnen in allen drei Gruppen mit 6300 Kronen. Dazu werden
die Angestellten, soweit sie Kinder haben, für 1 oder 2 Kinder
den Erziehungsbeitrag beziehen, und das Quartiergeld, was summa
summarum bestenfalls 900-1000 Kronen im Monat beträgt.
Ferner haben wir uns im sozialpolitischen Ausschuß
auf das schärfste gegen eine Verlängerung der Anwartschaftfristen
gestellt, die auch eine einschneidende Verschlechterung der gegenwärtigen
Anstellungsverhältnisse im Staatsdienst bedeutet. Sie bedeutet
auch eine Verschlechterung der Verhältnisse der Bediensteten
in den vom Staat verwalteten Unternehmungen und Fonds, weil wir
bisher in einer ganzen Reihe von Kategorien eine einjährige,
zweijährige, drei-, vier- und fünfjährige und erst
für die allerniederste Gruppe der Arbeiter eine zehnjährige
Anwartschaftsfrist gehabt haben. Die Regierungsvorlage setzte
im ursprünglichen Texte für die niedrigen Bedienstetengruppen
eine 5bis 6jährige Anwartschaftsfrist fest und für die
Hilfsbediensteten sogar eine solche von 15 Jahren. In langwierigen
Verhandlungen im sozialpolitischen Ausschuß gelang es, die
15jährigen Wartefristen um ein Jahr, also auf 14 Jahre, und
die 5- und 6jährigen Anwartschaftsfristen auf 4- und 5jährige
herabzumindern. Das bedeutet aber immer noch einen gewaltigen
Rückschlag gegenüber den heute bestehenden Verhältnissen.
Wir erinnern uns alle daran, wie stolz die èechischen Parteien
nach dem Umsturz waren, als sie unter die Staatsangestellten treten
und ihnen sagen konnten, daß sie das
alte Unrecht, das in Österreich an den Staatsbediensteten
verübt wurde, gutgemacht haben, als die Durchrechnung der
Dienstzeit eintrat und als mit dem Gesetz 541 vom Oktober 1919
eine Verbesserung der Gehälter erfolgte. Aber alle diese
Errungenschaften, auf die jene Parteien nach dem Umsturz so stolz
waren, sind bereits mit dem Abbaugesetz vom Dezember 1924 entzogen
worden. Der § 6 des Abbaugesetzes vom Dezember 1924 bestimmt
schon folgendes: "Die Vorschriften, die einen Anspruch auf
Ernennung oder Anstellung, definitive Anstellung, Stabilisierung,
Umreihung oder Vorrückung in eine höhere Kategorie oder
Gruppe des Gehaltschemas oder des Status begründen, finden
bis zur Neuregelung des Dienstverhältnisses der Staatsbediensteten
auf jene Bediensteten keine Anwendung, bei denen nicht alle Bedingungen
dieses Anspruches spätestens am 1. April 1925 erfüllt
waren."
Wir haben damals die alten Koalitionsparteien
vor der Annahme dieser Bestimmung gewarnt. Wir haben darauf hingewiesen,
daß die mit dieser Bestimmung entzogenen Rechte den
Staatsbediensteten werden dauernd entzogen werden. Damals haben
sich die Koalitionsparteien, insbesondere leider auch die èechische
sozialdemokratische Partei ebenso wie diesmal bei der Beratung
dieser Vorlage im sozialpolitischen Ausschuß
durch die Regierungserklärungen beschwichtigen lassen. Man
hat ihnen erklärt, diese Bestimmungen würden nur für
die Dauer der Wirksamkeit des Abbaugesetzes gelten. Alle diese
Rechte, die da entzogen werden, würden bei der Neuregelung
der Bezüge, die gleichzeitig durch eine Bestimmung des §
3 des Abbaugesetzes versprochen wurde, wiederum gutgemacht und
gesichert werden. Heute können wir konstatieren, daß
wir Recht behalten haben, heute sehen wir in der Regierungsvorlage,
daß alle diese Rechte, die schon damals den Staatsbediensteten
gesetzlich genommen wurden, dauernd verloren gehen werden.
Ebenso haben wir uns im sozialpolitischen Ausschuß
bemüht, die Systemisierung zu verbessern dadurch, daß
die Fachorganisationen der Staatsbediensteten Einfluß auf
die Festsetzung der Dienststellen bekommen. Nach den Bestimmungen
der Regierungvorlage ist die Systemisierung der Stellen vollkommen
der Willkür der Regierung und der Verwaltung überlassen.
Und da die Systemisierung der Stellen auf Grund des Normalstandes
der Staatsbediensteten, welcher nach Durchführung des Abbaugesetzes
erreicht werden soll, erfolgt, wird auch die Automatik, deren
sich bisher die Staatsbediensteten erfreuten, illusorisch gemacht.
Eine Forderung, die die Staatsbediensteten Jahre hindurch schon
im alten Österreich erhoben und verfochten haben und die
ihnen endlich auch erfüllt worden war, die automatische Vorrückung
aus einer Gehaltsstufe in die andere ohne Ernennung oder Beförderung,
ohne Aufsteigen in eine höhere Rangsklasse, wird nun dauernd
unterbunden, weil die definitive Anstellung und die Stabilisierung
vor allem an die systemisierte Stelle gebunden ist, weil auch
die Vorrückung von der Qualifikation abhängig ist, die
der Staatsbedienstete besitzt. Diese Bestimmung wird sich besonders
hart gegen die Bediensteten der Minderheitsnationen auswirken,
wie wir das ja bereits bei der Durchführung des Abbaugesetzes
und anderer gesetzlicher Maßnahmen erlebt haben. Eine mindere
Qualifikation und der arme Teufel kann Jahre und Jahre sitzen,
erreicht vielleicht überhaupt niemals das Definitivum, weil
man ihn eben nie auf eine systematisierte Stelle setzen wird.
Das Gleiche trifft auch in Bezug auf die Arbeiter bei den staatlichen
Unternehmungen. Die Arbeiter bei den Eisenbahnen z. B. hatten
bis heute die Möglichkeit, in 10 Jahren stabilisiert zu werden,
ohne daß hiezu systemisierte Stellen notwendig waren. Nunmehr
- und das ist die Abänderung, die der sozialpolitische Ausschuß
getroffen hat - können sie nach § 213 ebenso behandelt
werden, wie die Hilfsbediensteten in den staatlichen Ämtern,
d. h. sie werden erst nach einer vierzehnjährigen Dienstzeit,
vorausgesetzt, daß sie sich auf einem systemisierten Posten
befinden, Aussicht haben, den pragmatikalischen Bediensteten gleich
behandelt zu werden. Es ist also wiederum alles abhängig
gemacht von den systemisierten Stellen und wenn eine solche nicht
vorhanden ist, so kann der betreffende Bedienstete mehr als 14
Jahre, vielleicht 20 Jahre warten, bevor er eines festeren Dienstverhältnisses
teilhaftig wird.