Støeda 16. èervna 1926

Alle diese von mir aufgezeigten Mängel sind meiner Meinung nach und nach der Meinung meines Klubs schwere Verletzungen des bestehenden und in jahrelangen Kämpfen errungenen Beamtenrechts, von dem wir grundsätzlich wünschen, daß es ein unantastbares Heiligtum sein müsse. Wir können nicht unterlassen zu bemerken, daß die Neugestaltung des Beamtenrechtes wesentlich bestimmend für den staatlichen Organismus sein wird. Die Stellung des Beamten beruht auf dem öffentlich-rechtlichen Staatsvertrag kraft des Gesetzes und stellt einerseits, wenn ich das so darstellen darf, ein Gewaltverhältnis des Staates gegenüber dem Staatsbeamten, andererseits ein Treuverhältnis des Staatsbeamten zum Staate dar. Die Gegenleistung des Staates für das dem Beamten auferlegte Gewaltsverhältnis besteht und muß bestehen in der Gewähr der Möglichkeit einer Existenzführung, nicht nur während der aktiven Dienstzeit, sondern auch über die tatsächliche Dienstzeit hinaus, ein Wort, daß ich hier auch nicht zwecklos sage, wenn ich nur an das Pensionistenelend erinnere. Es ist nicht gleichgültig weder für den Beamten noch den Staat, ob das Dienstverhältnis des Beamten zum Staate ein loses ist, oder ob es festgefügt ist, ruhend auf tadelloser Vorbildung, traditionellem Pflichtgefühl, sozialem Verständnis, absoluter Zuverläßlichkeit, Fleiß, Treue und Unparteilichkeit. Wir meinen, daß das Beamtenrecht ein konsolidiertes sein möchte, aus dem das Gefühl der Sicherheit der Existenz des Beamten entspringt. Nur dann und das haben wir hier ganz besonders zu betonen - ist die tadellose Arbeit des Beamten gewährleistet. Wenn aber die durch das Abbaugesetz und auch die neuen Gesetze erworbenen Vorteile aberkannt werden und wenn wir das immer wieder erleben müssen, dann können wir nichts anderes, als das Wort wiederholen, das ich schon geprägt habe von dem furchtbaren Atavismus, von dem furchtbaren Rückschlag, der durch eine derartige Methode von Beamtengesetzen eingetreten ist, wie sie dieser Tage in diesem Parlamente sanktioniert werden sollen.

Mit dem Gesetz betreffend die Regelung der Gehalts- und Dienstverhältnisse der Staatsbediensteten erfolgt gemeinsam die Regelung der Gehalts- und Dienstverhältnisse der Lehrerschaft an Volks- und Bürgerschulen. Es hat auf den ersten Blick den Anschein, als ob beide, sowohl die sogenannte Regulierung der Gehälter der Staatsbeamten und - Bediensteten als auch die der Lehrer in gleichen Richtungen liefen. Das entspräche wohl dem Geiste des Gesetzes, das am 23. Mai 1919, also schon in den ersten Tagen der Nationalversammlung, (Posl. Patzel: In der Maienblüte der Republik!) ja in der Maienblüte, das Wort ist außerordentlich treffend, beschlossen worden ist. Dem Paritätsgesetz vom 23. Mai 1919, das am Tage seines Inkrafttretens und seiner Beschlußfassung, ja schon damals, als es angezeigt wurde, und insbesondere in der Zeit seiner Wirksamkeit von der Lehrerschaft als größte Errungenschaft vielleicht seit Existenz des Standes betrachtet worden ist, jenem Paritätsgesetz, nach dem ein für allemal festgesetzt werden sollte, daß alle den Staatsbeamten zuteil werdenden Regelungen ihrer Fragen auch auf die Lehrer mit gleicher Vorbildung, das sei sofort bemerkt, Bezughaben sollen, ohne daß sie sich wie das in den zurückliegenden Jahrzehnten immer der Fall gewesen ist, durch Jahre hindurch erst um das Stückchen Brot bemühen müssen, diesem Lehrerparitätsgesetz, dieser größten Errungenschaft der Lehrerschaft an Volks- und Bürgerschulen in der Nachkriegszeit, ist ein Ende bereitet worden. Man mag reden was man will, man mag sagen, was man will, man mag in Tausenden Worten beteuern, der Geist des Gesetzes vom 23. Mai 1919 sei durch den Inhalt des Gesetzentwurfes Nr. 101 gewahrt geblieben, das alles beweist nichts. Daß die Lehrerparität durchbrochen ist, zumindestens in formaler Beziehung, das gibt auch der Herr Finanzminister zu. Die materielle Parität ist gewahrt, so behauptet die Finanzverwaltung. Ja Herr Dr Engliš äußert sich hierüber folgendermaßen: Die materielle Parität ist gewahrt, denn jeder Lehrer hat die Möglichkeit, Schulleiter zu werden und dadurch am Ende seiner Dienstzeit den Endgehalt eines Beamten mit Mittelschulbildung mit einmaligen Avancement zu erhalten. (Pøedsednictví pøevzal místopøedseda Stivín.) Ja schon in dieser ersten Argumentation liegt ein ungeheurer Trugschluß. Welcher Bruchteil von Lehrern kann Schulleiter und etwa Bürgerschuldirektor werden? Denn die Funktionszulage bekommt, er nur für den Fall, wenn er Leiter oder Direktor wird. Wenn er diese Funktion eines Schulleiters erreicht, so übertrifft er einen Verwaltungsbeamten mit Mittelschulbildung im Avancement durch die ganze Zeit, während welcher er Schulleiter ist, um diese Zulage. Herr Dr Engliš argumentiert so und sagt noch weiter: Dieser Vorzug des Lehrers gegenüber den administrativen Beamten ist um, so größer, je eher er Oberlehrer wurde. Ja, es ist ein Trugschluß, daß er Oberlehrer auf alle Fälle werden muß, das kann ja nur in den wenigsten Fällen sein, und in dem "je eher" liegt der zweite Trugschluß.

Es kann bedeuten, daß an mehrklassigen Schulen ein Lehrer einen Administrativbeamten mit zweimaligem Avancement überholt und dazu noch die Zulage an Bürgerschulen erhält, welche sofort bei Eintritt in die Bürgerschule bezahlt wird. Beim Eintritt selbst betragen diese Zulagen 480 Kè, jährlich, bitte! und ich bitte, sich das auf die Tage im Jahre aufzuteilen. Durch die weitere Beförderung in höhere Dienstklassen bekommt er 300 und von der 8. Gehaltsklasse an 600 Kè. Herr Sektionsrat Fischer sagte das einmal im sozial-politischen Ausschuß gerade bei Beratung dieses Lehrergehaltsgesetzes, man müsse das durchschnittliche Einkommen der Lehrer mit dem der Staatsbeamten vergleichen. Ich tue das gern, weil mir gerade das die Möglichkeit bietet, sowohl die Meinung des Herrn Finanzministers wie auch der Schöpfer dieses Gesetzes, daß die Parität erhalten sei, zu widerlegen. Ich wiederhole da das Beispiel, das ich schon einmal im sozial-politischen Ausschuß aufgezeigt habe. Angenommen, die Zahl der Lehrer betrüge 30.000 Stellen der zweiten Dienstklasse, aufgeteilt auf die 7. bis 3. Gehaltsstufe in analogen Verhältnis der Aufteilung der Staatsbeamten der zweiten Dienstklasse mit gleicher Vorbildung, so kommen wir bei Betrachtung der materiellen Verhältnisse dieser Lehrer, wie sie aus dem neuen Gesetz entspringen, zu dem Ergebnis, daß der Jahresdurchschnitt des Lehrers nach dem vorliegenden Entwurfe 21.750 Kè beträgt, das ist um 5250 Kè jährlich weniger als bei den Beamten mit gleicher Vorbildung. Da haben wir schon die bescheidene Meinung und das muß uns wiederum verziehen werden wie andere Meinungen, daß bei einer solchen Differenz der Bezüge der Lehrer und der Staatsbeamten gleicher Vorbildung die materielle Parität nicht gewahrt sein kann. Hieraus schon erkennen wir die Benachteiligung des Lehrers entgegen den heiligen Versicherungen des Paritätsgesetzes. Es wäre sehr, sehr interessant, in dieser entscheidenden Stunde oder in den kommenden, in denen über das Meritum des Gesetzes Druck Nr. 101 entschieden wird, den Motivenbericht des Paritätsgesetzes. Ihnen vorzulesen, mit welch tiefer Erkenntnis damals in diesem Motivenbericht die Bedeutsamkeit der Arbeit des Lehrers auch für die Gesellschaft als solche gewertet wurde, wie aus dieser theoretischen Erkenntnis der Bedeutsamkeit der Lehrerarbeit damals eben die praktische Tat, das Paritätsgesetz, erfloß. Es wäre sehr interessant, Ihnen das heute nochmals aufzuzeigen, in welch bedeutsamen Worten damals dieses Gesetz begründet wurde. Ich kann nun zu keiner anderen Meinung kommen, als daß sich aus der Zuneigung, die damals zur Zeit der Beschlußfassung des Paritätsgesetzes für die Lehrerschaft unleugbar bestanden hat, was ja eben die Tatsache des Paritätsgesetzes beweist, eine tiefgehende und sich immer mehr vertiefende Aversion gegen die Lehrerschaft gebildet hat. Mir sind die Gründe nicht bekannt, aber wir sind wohl genötigt aufmerksam zu sein und nach den Gründen dieser nun einsetzenden und sich immer mehr vertiefenden Aversion gegen die Lehrerschaft an Volks- und Bürgerschulen zu suchen. Der Bürgerschullehrer ist in seinen Bezügen durch keine genügende Spannweite zu den Bezügen der Volksschullehrerschaft in seiner Arbeit berücksichtigt. Nicht berücksichtigt aber auch in seinen Mühen, mit denen er seine besondere Befähigung zum Bürgerschullehrer durchsetzte. Die Zulage von 480 Kè bezw. 300 und 600 Kè bei Beförderung alles im allen im besten Falle am Ende der Dienstzeit gegenüber den Bezügen der Volksschullehrerschaft von rund 4000 Kè ist keine Mehrhonorierung der Arbeit des Bürgerschullehrers. Diese geringe Spannweite wird jeden Anreiz zur Bürgerschulprüfung ertöten. Das bedeutet den Niedergang der Bürgerschule, dieser Mittelschule der armen Leute, die heute schon nicht über genügend geprüfte Kräfte verfügt. An den èechischen Bürgerschulen haben wir heute über 2000 ungeprüfte Lehrkräfte tätig. Wir haben so wie die Lehrerfrage überhaupt, die Bürgerschulfrage im besonderen betreffende Abänderungsanträge zu den vorliegenden Gesetzen gestellt. Sie wurden in den Ausschüssen nicht angenommen, trotzdem sich auch èechische Abgeordnete der Bedeutsamkeit derselben nicht entziehen konnten. Wir wiederholen heute diese Anträge und hoffen, daß zumindest die wesentlichsten derselben bei der kommenden Abstimmung angenommen werden.

Einer ganz besonderen Bestrafung wird, wenn wir die Lehrerschaft ins Auge fassen, eine Kategorie der Lehrer zugeführt, nämlich die Kategorie des Landlehrers. Der Landlehrer, der als Kulturträger unter den schwierigsten Verhältnissen tatsächlich verbunden mit dem Volke lebt, wird durch die Bestimmung des neuen Lehrergesetzes am härtesten getroffen. Für ihn hält das neue Gehaltsgesetz die Strafe der Einrichtung einer vierten Ortszulagenklasse in Vorbereitung. In diese vierte Ortszulagenklasse, durch deren Schaffung gerade am Landlehrer große Beträge erspart werden, reihen bekanntlich alle Orte unter 2000 Einwohner. Alle Bemühungen auf Streichung der im Gesetze gelegenen Bestimmungen über die Einrichtung dieser vierten Ortszulagenklasse waren vergeblich. Wir haben insbesondere im Kulturausschuß, der ja vielleicht der bessere Wahrer der Interessen der Lehrer schon aus Erkenntnis der Bedeutsamkeit der Schule sein sollte, uns bemüht, dem Landlehrer zu dienen, und insbesondere dem Einklassenlehrer. Aber die Herren, die an dieser Arbeit beteiligt waren, wissen, wie auch diese Arbeit erfolglos geblieben ist.

Wenn wir zur allgemeinen Beurteilung der Beamtengesetze wieder zurückkehren, müssen wir sie auch im Zusammenhang mit den neuen Zollgesetzmaßnahmen, bezw. deren Auswirkungen betrachten. Es ist in der Zolldebatte genügend deutlich nachgewiesen worden, in welcher Art und Weise durch die Einführung der Zölle eine neue Teuerungswelle ins Land gehen wird. Das neue Gehaltsgesetz ist keine Schutzmaßnahme für diese Entwicklung. Mußten wir die Ansätze des neuen Gehaltsgesetzes schon zu einer Zeit als ungenügend finden, da wir die Einführung der Zölle noch nicht in den Kreis unserer Betrachtungen zogen, so ist unser Urteil über den ungenügenden materiellen Schutz des vorliegenden Gesetzes heute noch wesentlich verstärkt.

Meine Damen und Herren! So soll sich in wenigen Stunden die Entscheidung vollziehen. Alle Mühen der einsichtigen Parteien, in den Ausschüssen Verbesserungen an den vorliegenden Gesetzen durchzuführen, blieben vergeblich. Es kann als kein Erfolg betrachtet werden, wenn die Regierung etwa 2 oder 3 geringfügige Zugeständnisse bei den Beratungen in den Ausschüssen gemacht hat. Im Prinzip ist es kein wesentliches Zugeständnis, daß der § 12 der Vorlage durch den Absatz 7 des Inhaltes ergänzt wurde, daß ausnahmsweise einzelne Orte mit außerordentlichen Teuerungsverhältnissen in eine höhere Ortszulagenklasse umgereiht werden können. Es ist unserer Meinung nach auch kein ausreichender Erfolg der weitere Absatz zu diesem Paragraphen, wonach Bedienstete der Ortszulagen Klasse 4, welche Kinder außer Haus geben müssen, und zwar zu Studienzwecken, bis zur Beendigung der Ausbildung derselben die Zulage gemäß Ortsklasse erhalten, und wie die anderen unwesentlichen Abänderungen der ursprünglichen Gesetzesfassung alle lauten mögen, die von der Regierung zugestanden wurden.

All das kann darüber nicht hinwegtäuschen, auch die kleinen Zugeständnisse nicht, daß die Regierung mit der Durchsetzung ihres Standpunktes einen Sieg errungen hat, die Staatsangestelltenorganisationen aber und jene Parteien, in deren Interesse es lag, eine anständige Besoldung und Beamtenrechtsreform durchgeführt zu sehen, eine Niederlage erlitten haben. Wenn wir nach den Gründen dieser Entwicklung forschen, so können wir an den èechischen sozialistischen Parteien nicht ohne Kritik vorübergehen. Sie hätten ohne Zweifel die Macht in der Hand gehabt, etwas mehr durchzusetzen. Sie hätten das erreicht, wenn sie nur annähernd dieselbe Initiative bei der Verfolgung dieses Zieles aufgebracht hätten, wie sie etwa die Zollparteien bei der Durchsetzung ihrer Forderung kennzeichnete. Das muß mit aller Deutlichkeit gesagt sein. Wir fühlen uns rein von jeder Schuld. Wir haben über das Maß notwendiger Geduld heraus uns bemüht, den berechtigten Forderungen der Beamtenorganisationen Nachdruck zu verleihen. Wären die èechischen sozialistischen Parteien gleichen festen Willens gewesen wie wir, stünden wir vor einem anderen Ergebnisse der Ausschußverhandlungen. Nun reift die letzte Entscheidung. Sie liegt vor allen Angehörigen dieses Hauses, noch ist es möglich, manches gut zu machen. Das kann geschehen durch Berücksichtigung unserer Anträge, die wir vorbereitet halten. Nehmen Sie dieselben an, so begründen Sie eine tatsächliche Besoldungsreform, auf der das Staatsbeamtenleben sich wenn auch nicht vollständig unbeschwert, so doch unbeschwerter als nach dem Plane der Regierung auswirken kann. Wir laden Sie ein, alle, die sie diesem Haus angehören, diese Anträge mit uns zu studieren, meinetwegen mit uns in letzter Stunde zu beraten, in ihren Geist und Inhalt einzugehen. Sie sind frei von jeder Demagogie. Entscheidet sich aber die Mehrheit dieses Hauses für den Ausschußbericht, also für die unveränderte Annahme dieses Gesetzes in der Fassung des Ausschusses, dann können wir als verantwortungsvolle Gruppe des Hauses nicht anders uns entscheiden, als daß wir gegen das Gesetz votieren. (Souhlas a potlesk poslancù nìm. nár.-socialistické strany.)

3. Øeè posl. Grünznera (viz str. 1888 tìsnopisecké zprávy):

Hohes Haus! Bevor ich in die Erörterung des Verhandlungsgegenstandes eingehe, habe ich den schärfsten Protest meines Klubs gegen, die unerhörten Gewaltmethoden vorzubringen, welche in den letzten Tagen von einer Zufallsmehrheit dieses Hauses und der ihr gefügigen Regierung zur Durchsetzung des Zolldiktates in- und außerhalb des Parlamentes angewendet worden sind. Durch Verschulden der Polizei ist es innerhalb weniger Tage zweimal zu Blutvergießen gekommen. Als am Freitag abends auf dem Havlíèekplatz eine Protestversammlung gegen den Zollraub stattfand, hat die Polizei alle Zugänge dieses Platzes bis auf einen einzigen abgesperrt und dadurch die nachfolgenden Zusammenstöße erst verursacht. Am Dienstag hat berittene Polizei auf die sich von der Protestversammlung in voller Ruhe entfernenden Demonstranten eine förmliche Attacke unternommen. (Výkøiky: Unerhört!) Wir fordern die Regierung auf, sich wegen dieses Vorgehens vor dem Hause zu verantworten, und rufen die Arbeiterklasse zur Fortsetzung ihres Abwehrkampfes gegen das reaktionäre System auf. Gleichzeitig aber stellen wir die Schuld jener deutschen Parteien, welche sich um einiger Klassenvorteile willen dazu hergegeben haben, diese Gewaltmethoden durch ihr parlamentarisches Votum zu decken, hiemit in aller Form fest. Dieselben Parteien, welche alle die Jahre hindurch einen Kampf gegen die Vergewaltigung der Minderheit in diesem Parlamente geführt, haben sich in den letzten Wochen an allen Vergewaltigungen der Minderheit aktiv beteiligt und bei der Abstimmung über die Zollvorlage durch ihr Votum einen unerhörten Geschäftsordnungsbruch möglich gemacht, wie er selbst in diesem an Gewaltakten so reichen Parlamente noch nicht vorgekommen ist. Die Abstimmung über die Zollvorlage war eine Provokation, die wir ruhig hinzunehmen keineswegs gesonnen sind. Die Ausschließung aller oppositionellen Abänderungsanträge von der Abstimmung, während gleichzeitig Abänderungsanträge der Mehrheit zur Abstimmung gebracht wurden, ist ein reiner Willkürakt, der sich nicht wiederholen darf, wenn in diesem Parlamente überhaupt noch eine Verhandlung oder Beratung möglich sein soll. Wir erklären offen, daß wir gegenüber der Wiederholung eines derartigen, der Geschäftsordnung und allen parlamentarischen Gepflogenheiten Hohn sprechenden Vorgehens uns mit allen Mitteln zur Wehr setzen werden.

Hohes Haus! Seit nahezu 1 1/2 Jahren werden die Staatsbediensteten in Aufregung gehalten, wird ihnen die Regelung ihrer Bezüge und ihres Dienstverhältnisses versprochen, niemals aber in der hiezu festgesetzten Zeit hat die Regierung und haben die alten Mehrheitsparteien ihre Zusagen an die Staatsangestellten eingelöst. Seit Monaten wurde innerhalb der alten allnationalen Koalition gefeilscht, dabei ist für die Staatsbediensteten so gut wie nichts herausgekommen. Die ursprüngliche Vorlage, die bereits im September v. J. den Koalitionsparteien in einem stückweisen Elaborat vorgelegt wurde, gelangte erst im März d. J. in diesem Hause zur Beratung. Wir stehen nun heute in der Schlußverhandlung und vor der Verabschiedung eines großen Gesetzgebungswerkes, über das die Meinungen sowohl von Volkswirtschaftlern, als auch in den Kreisen der Staatsbediensteten sehr geteilt sind. Die eine Meinung geht dahin, daß der Zeitpunkt einer Stabilisierung der Bezüge gegenwärtig noch nicht gekommen sei, daß wir noch immer in unsicheren Verhältnissen leben und es nicht angehe, eine feste Regelung der Bezüge vorzunehmen. Wir sind der gleichen Auffassung, auch wir glauben, daß der Zeitpunkt noch nicht gekommen ist, um die Bezüge durch eine Art neuer Dienstpragmatik dauernd zu regeln. (Výkøiky posl. Hackenberga.) Durch die Stabilisierung der Bezüge ist gleichzeitig auch die Abschaffung der sog. sozialen und Teuerungszulagen in die Wege geleitet worden. Scheinbar ist dieser Anschlag auf die sozialen Zulagen innerhalb der alten Koalition diesmal noch nicht vollständig gelungen, . Eine Bresche aber wurde hineingelegt und es wird nicht allzu lange dauern, wo den Staatsbediensteten die ihnen jetzt mit dieser Vorlage noch verbleibenden sozialen und Teuerungszulagen vollständig entzogen werden.

Das ganze Gesetz ist sozusagen in einer raffinierten Art und Weise aufgebaut. Wir kennen ja die Methoden aus dem alten Österreich her, wo man, ebenso wie es diesmal in der Èechoslovakei geschieht, bei allen Gehaltsregulierungen die Bediensteten in mehrere Interessentengruppen zu scheiden versucht hat, damit unter ihnen Uneinigkeit entstehe und keine Solidarität aufkomme, damit die einen nach der Gesetzwerdung rufen und die anderen sie bekämpfen. Der vorliegende Gesetzentwurf scheidet die Staatsangestellten in zwei große Interessentengruppen, von denen die eine ein momentanes Interesse daran hat, daß das Gesetz so bald als möglich Wirksamkeit erlangt, weil sie einen Gewinn daraus schöpft, die andere größere Gruppe aber ist mit Besorgnis erfüllt, weil sie in Zukunft dauernd langjährige schwer errungene Rechte verliert. Zu der ersten Gruppe zählen vor allem die Staatsbeamten von der 5. Rangsklasse aufwärts, die einen nennenswerten Gewinn aus dieser Neuregelung der Bezüge schöpfen werden. Dann gibt es eine zweite Kategorie, die an der Inkraftsetzung dieses Gesetzes momentan stark interessiert ist. Das sind die Ausgedienten oder diejenigen, die sich nahe dem Ende ihrer Dienstzeit befinden, weil durch die Stabilisierung der Gehälter eine verbesserte Pensionsbemessungsgrundlage entsteht, sie also größere Ruhegenüsse herausschöpfen werden. Dieser ersten Interessentengruppe gehören auch alle jene Staatsbediensteten an, die auf Grund des Gesetzes 394 vom Dezember 1922 vom Bezuge der Familien- und Teuerungszulagen ausgeschlossen waren. Alle diese Menschen werden nunmehr in den Bezug der Erziehungsbeiträge gelangen und, soweit ihnen Kinder noch vor Inkrafttreten dieses Gesetzes geboren wurden, auch Teuerungszulagen beziehen. Das sind also vorwiegend die drei Hauptgruppen, die eigentlich in eine Gesamtgruppe zu vereinigen sind, die momentan ein Interesse an der Inkraftsetzung dieser neuen Gehaltsregelung haben und die darnach verlangen. Die zweite Gruppe, das sind alle diejenigen, die noch in jungen Jahren stehen, die stabilisiert oder auch nicht stabilisiert sind. Das ist die große Masse der Staatsbediensteten, die dem Gesetz mit Besorgnis entgegensehen, u. zw. deshalb, weil ihnen die langjährigen schwererkämpften Rechte dauernd entzogen werden.

In dieser Aufbauart des Gesetzes gipfelt also der Trick der Regierung, die Staatsbediensteten in eine Reihe von Interessengruppen zu scheiden, um so mit ihnen ein leichteres Spiel bei der Durchsetzung derartiger Gesetzentwürfe zu haben. Wir haben sowohl im sozialpolitischen Ausschuß als auch im Budgetausschuß uns bemüht, Verbesserungsanträge durchzubringen, gegenüber allen Bestimmungen des Gesetzes, die einen Rechtsentzug oder eine Verschlechterung der gegenwärtigen Dienst- und Gehaltsverhältnisse beinhalten. Vor allem müssen wir konstatieren, daß die Anfangsgehälter in den niederen Gruppen der Beamten und Bediensteten viel zu gering bemessen sind. Sie beginnen in allen drei Gruppen mit 6300 Kronen. Dazu werden die Angestellten, soweit sie Kinder haben, für 1 oder 2 Kinder den Erziehungsbeitrag beziehen, und das Quartiergeld, was summa summarum bestenfalls 900-1000 Kronen im Monat beträgt.

Ferner haben wir uns im sozialpolitischen Ausschuß auf das schärfste gegen eine Verlängerung der Anwartschaftfristen gestellt, die auch eine einschneidende Verschlechterung der gegenwärtigen Anstellungsverhältnisse im Staatsdienst bedeutet. Sie bedeutet auch eine Verschlechterung der Verhältnisse der Bediensteten in den vom Staat verwalteten Unternehmungen und Fonds, weil wir bisher in einer ganzen Reihe von Kategorien eine einjährige, zweijährige, drei-, vier- und fünfjährige und erst für die allerniederste Gruppe der Arbeiter eine zehnjährige Anwartschaftsfrist gehabt haben. Die Regierungsvorlage setzte im ursprünglichen Texte für die niedrigen Bedienstetengruppen eine 5bis 6jährige Anwartschaftsfrist fest und für die Hilfsbediensteten sogar eine solche von 15 Jahren. In langwierigen Verhandlungen im sozialpolitischen Ausschuß gelang es, die 15jährigen Wartefristen um ein Jahr, also auf 14 Jahre, und die 5- und 6jährigen Anwartschaftsfristen auf 4- und 5jährige herabzumindern. Das bedeutet aber immer noch einen gewaltigen Rückschlag gegenüber den heute bestehenden Verhältnissen. Wir erinnern uns alle daran, wie stolz die èechischen Parteien nach dem Umsturz waren, als sie unter die Staatsangestellten treten und ihnen sagen konnten, daß sie das alte Unrecht, das in Österreich an den Staatsbediensteten verübt wurde, gutgemacht haben, als die Durchrechnung der Dienstzeit eintrat und als mit dem Gesetz 541 vom Oktober 1919 eine Verbesserung der Gehälter erfolgte. Aber alle diese Errungenschaften, auf die jene Parteien nach dem Umsturz so stolz waren, sind bereits mit dem Abbaugesetz vom Dezember 1924 entzogen worden. Der § 6 des Abbaugesetzes vom Dezember 1924 bestimmt schon folgendes: "Die Vorschriften, die einen Anspruch auf Ernennung oder Anstellung, definitive Anstellung, Stabilisierung, Umreihung oder Vorrückung in eine höhere Kategorie oder Gruppe des Gehaltschemas oder des Status begründen, finden bis zur Neuregelung des Dienstverhältnisses der Staatsbediensteten auf jene Bediensteten keine Anwendung, bei denen nicht alle Bedingungen dieses Anspruches spätestens am 1. April 1925 erfüllt waren."

Wir haben damals die alten Koalitionsparteien vor der Annahme dieser Bestimmung gewarnt. Wir haben darauf hingewiesen, daß die mit dieser Bestimmung entzogenen Rechte den Staatsbediensteten werden dauernd entzogen werden. Damals haben sich die Koalitionsparteien, insbesondere leider auch die èechische sozialdemokratische Partei ebenso wie diesmal bei der Beratung dieser Vorlage im sozialpolitischen Ausschuß durch die Regierungserklärungen beschwichtigen lassen. Man hat ihnen erklärt, diese Bestimmungen würden nur für die Dauer der Wirksamkeit des Abbaugesetzes gelten. Alle diese Rechte, die da entzogen werden, würden bei der Neuregelung der Bezüge, die gleichzeitig durch eine Bestimmung des § 3 des Abbaugesetzes versprochen wurde, wiederum gutgemacht und gesichert werden. Heute können wir konstatieren, daß wir Recht behalten haben, heute sehen wir in der Regierungsvorlage, daß alle diese Rechte, die schon damals den Staatsbediensteten gesetzlich genommen wurden, dauernd verloren gehen werden.

Ebenso haben wir uns im sozialpolitischen Ausschuß bemüht, die Systemisierung zu verbessern dadurch, daß die Fachorganisationen der Staatsbediensteten Einfluß auf die Festsetzung der Dienststellen bekommen. Nach den Bestimmungen der Regierungvorlage ist die Systemisierung der Stellen vollkommen der Willkür der Regierung und der Verwaltung überlassen. Und da die Systemisierung der Stellen auf Grund des Normalstandes der Staatsbediensteten, welcher nach Durchführung des Abbaugesetzes erreicht werden soll, erfolgt, wird auch die Automatik, deren sich bisher die Staatsbediensteten erfreuten, illusorisch gemacht. Eine Forderung, die die Staatsbediensteten Jahre hindurch schon im alten Österreich erhoben und verfochten haben und die ihnen endlich auch erfüllt worden war, die automatische Vorrückung aus einer Gehaltsstufe in die andere ohne Ernennung oder Beförderung, ohne Aufsteigen in eine höhere Rangsklasse, wird nun dauernd unterbunden, weil die definitive Anstellung und die Stabilisierung vor allem an die systemisierte Stelle gebunden ist, weil auch die Vorrückung von der Qualifikation abhängig ist, die der Staatsbedienstete besitzt. Diese Bestimmung wird sich besonders hart gegen die Bediensteten der Minderheitsnationen auswirken, wie wir das ja bereits bei der Durchführung des Abbaugesetzes und anderer gesetzlicher Maßnahmen erlebt haben. Eine mindere Qualifikation und der arme Teufel kann Jahre und Jahre sitzen, erreicht vielleicht überhaupt niemals das Definitivum, weil man ihn eben nie auf eine systematisierte Stelle setzen wird. Das Gleiche trifft auch in Bezug auf die Arbeiter bei den staatlichen Unternehmungen. Die Arbeiter bei den Eisenbahnen z. B. hatten bis heute die Möglichkeit, in 10 Jahren stabilisiert zu werden, ohne daß hiezu systemisierte Stellen notwendig waren. Nunmehr - und das ist die Abänderung, die der sozialpolitische Ausschuß getroffen hat - können sie nach § 213 ebenso behandelt werden, wie die Hilfsbediensteten in den staatlichen Ämtern, d. h. sie werden erst nach einer vierzehnjährigen Dienstzeit, vorausgesetzt, daß sie sich auf einem systemisierten Posten befinden, Aussicht haben, den pragmatikalischen Bediensteten gleich behandelt zu werden. Es ist also wiederum alles abhängig gemacht von den systemisierten Stellen und wenn eine solche nicht vorhanden ist, so kann der betreffende Bedienstete mehr als 14 Jahre, vielleicht 20 Jahre warten, bevor er eines festeren Dienstverhältnisses teilhaftig wird.


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