Die Regelung der Dienstverhältnisse, die
mit dieser Vorlage getroffen wird, ist ein gewaltiger Rückschlag
bis in die Verhältnisse vor Jahrzehnten im alten Österreich.
Das konstatieren nicht nur wir als Oppositionspartei, das haben
sogar Vertreter der ehemaligen èechischen sozialistischen
Regierungsparteien im sozialpolitischen Ausschuß ausdrücklich
konstatiert. Sie sind sogar so weit gegangen, daß sie erklärt
haben, es bedeute einen Rückfall auf 50 Jahre in die alten
österreichischen Verhältnisse. Man
kann begierig sein, ob diese Parteien, deren Vertreter im sozialpolitischen
Ausschuß eine solche Stellung zu der Gesetzesvorlage eingenommen
und derartige Erklärungen abgegeben haben, für dieses
Gesetz stimmen werden. Was die Systemisierung betrifft, ist also
keinerlei Gewähr gegeben, daß sie in gerechter Weise
und nach Dienstbedürfnissen durchgeführt werden wird.
Das wird alles beim grünen Tisch geschehen, ohne Rücksicht
auf die Schwere und die Erfordernisse des Dienstes, draußen.
Eine weitere Verschlechterung gegenüber
den bestehenden Verhältnissen bedeutet auch die Neuregelung
der Aktivitätszulagen. Seit Jahren petitionieren die Staatsangestellten
und es gibt wohl keine Partei in diesem Hause, die nicht Zuschriften
und Eingaben in Hülle und Fülle von den Staatsangestellten
und ihren Organisationen erhalten hätte, in denen eine Umreihung,
eine Überstellung aus einer niederen in eine höhere
Ortszulagenklasse verlangt worden ist. Mit dem vorliegenden Gesetzentwurfe
werden die Ortsoder Aktivitätszulagen, wie sie nunmehr genannt
werden, nicht etwa nach den tatsächlichen Teuerungsverhältnissen,
wie sie in den verschiedenen Gegenden und Orten bestehen, geregelt,
sondern die Regelung der Ortszulagenklassen ist in der Vorlage
wiederum nach dem alten System durchgeführt wie es im alten
Österreich war und wie es bis in die jüngste Zeit gehandhabt
wird. In Deutschland z. B. sind die Orts- oder Aktivitätszulagen
nach den Teuerungsverhältnissen in den verschiedenen Gebieten,
nach dem Index geregelt, wodurch allein eine gerechte Bemessung
dieser Zulagen möglich ist. Bei uns geschieht die Regelung
der Aktivitätszulagen wieder auf der Grundlage nach dem Bevölkerungsschlüssel
und wir wissen doch alle, es weiß es auch die Regierung,
daß die Teuerung oft in den kleineren Provinzstädten
eine viel größere ist, als in der Metropole des Staates.
Darunter haben insbesondere die Angestellten in den kleineren
Städten, ganz vorwiegend aber die Lehrerschaft in den entlegenen
Orten auf dem Lande zu leiden. Ihre Einkäufe müssen
sie in den nächsten Provinzstädten besorgen, sie finden
dort aber keine billigeren Preise, sondern im Gegenteil, weil
die meisten Bedarfsartikel schon durch den Zwischenhandel gegangen
sind, viel teuerere Preise vor, als in den größeren
Städten, oder in der Hauptstadt. Es ist ja kein Geheimnis,
daß auch die Wohnungsmieten heute auf dem Lande und in den
Landstädten nicht billiger sind, als in den größeren
Städten. Trotzdem hat man eine Abstufung nach vier Klassen
durchgeführt, wobei nur das eine Zugeständnis seitens
der Regierung gemacht wurde, daß unter Berücksichtigung
der besonderen Teuerungsverhältnisse eine Überreihung
aus der niedrigsten Ortszulagenklasse in die nächsthöhere
erfolgen kann. Es bleibt also da alles beim alten, so wie früher
werden die Staatsbediensteten petitionieren, um eine Umreihung
zu erreichen. Das bleibt natürlich auch weiterhin der Willkür
der Regierung überlassen, inwieweit derartigen berechtigten
Verlangen entsprechen werden wird.
Ferner muß es als ein großes Unrecht
bezeichnet werden, daß die Kinderzulagen und ebenso auch
die Erziehungsbeiträge an weibliche Bedienstete nicht gewährt
werden. Es wird hier wieder mit zweierlei Maß gemessen.
Die weiblichen Bediensteten, die dem Staat genau so Dienste leisten
wie die männlichen, werden ausgeschlossen von dem Bezug der
Erziehungsbeiträge und der Kinderzulagen. Es wird auch da
wieder dem Ermessen der Zentralbehörden überlassen,
ob eine Zuerkennung von Erziehungsbeiträgen oder Kinderzulagen
an weibliche Bedienstete in besonderen Fällen gerechtfertigt
erscheint oder nicht. Protektion wird dabei ebenso wie bei den
Umreihungen aus niederen Ortszulagenklassen in höhere eine
große Rolle spielen. Weiters ist in der Regierungsvorlage
auch keine Rücksicht auf die berechtigten Forderungen der
Altpensionisten genommen worden. Zu wiederholtenmalen haben die
verschiedensten Parteien dieses Hauses, insbesondere die ehemaligen
Regierungsparteien, alle vormaligen Regierungen und sogar der
Präsident des Staates den Altpensionisten eine gerechte Regelung
ihrer Ruhegenüsse zugesagt, in dem Sinne, daß ein Ausgleich
mit dem Neupensionisten erfolgen werde. Bis heute ist in dieser
Beziehung noch so gut wie nichts geschehen. Das Gesetz vom Dezember
1924, das fälschlich als Ausgleichsgesetz bezeichnet wurde,
hat diesen Pensionistenausgleich nicht gebracht, im Gegenteil,
es ist sogar vielfach den Altpensionisten, ganz besonders den
Witwenpensionistinnen eine Schädigung zugefügt worden,
wodurch sie monatlich einen Verlust von 150 bis 200 Kronen erleiden.
Und so etwas nennt man bei uns Ausgleich der Altpensionisten mit
den Neupensionisten. Wir haben uns auch in dieser Beziehung im
sozial-politischen Ausschuß angestrengt und von den Vertretern
der Regierung eine bindende Erklärung darüber gefordert,
wann und in welcher Weise die Regierung gedenke, endlich den gerechten
Forderungen der Altpensionisten nachzukommen. Die Antwort, die
wir darauf bekommen haben, war eine ausweichende, wahrscheinlich
beabsichtigt die Regierung einen solchen Ausgleich, der alle alten
Pensionistengruppen endlich einmal beseitigen und in eine einzige
verwandeln würde, überhaupt nicht durchzuführen,
oder aber wartet man in der Absicht, daß die alten Pensionisten
einstweilen absterben und man ihnen überhaupt nichts mehr
zu geben braucht. In gleicher Weise wurden auch die durch den
Personalabbau pensionierten Staatsbediensteten von der Wohltat
der durch die Stabilisierung der Bezüge erhöhten Pensionsbemessungsgrundlage
ausgeschlossen. Ja es werden sogar alle jene Bediensteten davon
ausgeschlossen, welche noch bis zur Erlassung - nicht etwa bis
zum Inkrafttreten dieses Gesetzes, was ab 1. Jänner d. J.
geschehen soll - den Bescheid über ihren Abbau zugestellt
erhalten, sie werden kein Recht darauf haben, daß die Bemessung
ihrer Ruhebezüge nach der Neuregelung dieses Gesetzes erfolgt.
Diese Schädigung wird sich selbstverständlich wiederum
im größten Maße gegen die unter dem nationalistisch
en System dieses Staates verfolgten, vorzeitig in den Ruhestand
gestoßenen Bediensteten und Beamten der national Minderheiten
auswirken. Allein das wäre schon ein Grund, der unsere ablehnende
Haltung zu dieser Gesetzesvorlage rechtfertigen würde.
Ich habe bereits darauf hingewiesen, daß
die Gehalts- und Dienstverhältnisse in den staatlichen Unternehmungen
wesentlich von denen in der staatlichen Verwaltung abweichen.
Da muß ich noch besonders die Eisenbahnbediensteten erwähnen.
Die Eisenbahnbediensteten waren hinsichtlich ihrer Bezüge
bis heute etwas besser daran, als die Staatsbediensteten im allgemeinen.
Nach den Bestimmungen des § 210 der Regierungsvorlage müssen
nun die Gehalts- und Dienstverhältnisse bei den staatlichen
Unternehmungen nach den Grundsätzen dieser Gesetzesvorlage
geregelt werden, nur lautet die bezügliche Bestimmung, daß
dies unter Berücksichtigung der besonderen Verhältnisse
dieser Unternehmungen zu geschehen hat. Es hat also die Regelung
der Bezüge und Dienstverhältnisse nicht etwa unter Rücksichtnahme
auf die gegenwärtigen Gehalt- und Dienstverhältnisse
des Personales zu erfolgen, sondern unter Berücksichtigung
der besonderen Verhältnisse des Unternehmens. Das bedeutet,
daß die gegenwärtigen Bezüge und Dienstverhältnisse
des Personals der Eisenbahnen dabei nicht berucksichtigt werden.
Da gibt uns auch die Erklärung, welche der Regierungsvertreter
im sozial-politischen Ausschuß auf Anfrage der Vertreter
der èechischen sozialistischen Parteien gegeben hat, keinerlei
Gewähr dafür, daß bei der zukünftigen Regelung
der Bezüge der Eisenbahnbediensteten ihre früheren besseren
Verhältnisse berücksichtigt werden.
Wir haben im sozial-politischen Ausschuß
namens unseres Klubs einen Antrag, den wir vom Zentralvertrauensmännerausschuß,
von der offiziell gewählten Zentralen Vertretungskörperschaft
der Eisenbahnbediensteten zugesendet bekommen haben, gestellt
und uns bemüht, eine Abänderung des § 210
im Sinne dieses Antrages herbeizuführen. Leider haben uns
bei der Abstimmung die Vertreter von drei èechischen Parteien
im Stiche gelassen, denen selbst Eisenbahnerorganisationen nahestehen,
deren Vertreter im Zentralausschuß beim
Eisenbahnministerium ebenfalls an der Ausarbeitung dieses Abänderungsantrages
mitgewirkt haben. Durch die Gesetzwerdung der Bestimmung des §
210 der Vorlage werden die Bediensteten der Staatseisenbahn empfindlich
geschädigt werden und es wird ihre Sache sein, mit Hilfe
ihrer Organisationen dahin zu wirken, daß ihre alten Rechte,
die sie bisher besessen haben, ihnen erhalten bleiben.
Der § 213 der Vorlage beinhaltet, wie
dies auch schon in früheren Gesetzen, insbesondere auch im
Gesetz 394 vom Dezember 1922 geschehen ist, einen neuerlichen
schweren Eingriff in die Autonomie der Selbstverwaltungskörper.
Wir haben uns auch gegen diese Bestimmung gewehrt und da kann
ich sagen, daß die sozialistischen Parteien beider Nationen
bei der Abstimmung über unsere Abänderungsanträge
- auch seitens der èechischen Sozialdemokraten wurden solche
eingebracht - in einer Linie gestanden sind. (Posl.
de Witte: Wer hat da die Mehrheit gebildet?) Was
ich nicht unterlassen kann, hier öffentlich zur Kenntnis
zu bringen, ist, daß bei der Abstimmung des Antrages, wonach
die Selbstverwaltungskörper und die öffentlichrechtlichen
Korporationen aus den Bestimmungen dieses Gesetzes ausgeschieden
werden sollen, daß es wie bisher ihrem autonomen Ermessen
überlassen bleiben soll, die Bezugs- und Gehaltsverhältnisse
im eigenen Wirkungskreise und ohne Rücksicht auf die Regelung
der Bezugs- und Gehaltsverhältnisse der Staatsangestellten
zu regeln, unsere Herren Landbündler (Hört! Hört!)
und unsere Christlichsozialen es waren, die gegen diese Anträge
gestimmt haben. (Výkøiky posl. de Witte.)
Dadurch haben sie ihre wahre Natur offenbart.
Diese Parteien sind durch die Haltung ihrer Vertreter bei der
Abstimmung im sozialpolitischen Ausschusse zu Verrätern an
der Autonomie der Selbstverwaltungskörper geworden. (Výkøiky
posl. de Witte.)
Was das Lehrergehaltsgesetz anlangt, müssen
wir konstatieren, daß die Lehrerparität in dem Entwurf
nicht vollständig gewahrt ist. Wir haben auch in dieser Richtung
nichts unterlassen, damit eine Sicherung der Parität, so
wie sie das Paritätsgesetz vom 23. Mai 1919 beinhaltet, gewahrt
bleibe. (Pøedsednictví ujal se pøedseda
Malypetr.) Auf die Einwendungen meines
Parteifreundes Taub, daß die Lehrerparität nicht
gesichert sei, erklärte der Regierungsvertreter Ministerialrat
Dr Fischer im sozialpolitischen Ausschusse, daß das
Gesetz nicht nur die Gehaltsverhältnisse der Lehrer regle,
sondern auch die Dienstpragmatik derselben darstelle, sich nicht
bloß auf die Regelung der materiellen Verhältnisse
beschränke, sondern auch im allgemeinen den Grundsatz der
Parität durchführe, wie die im sog. Lehrergehaltsgesetz
zum Ausdrucke gelangt sei.
Bezüglich der materiellen Parität
erklärte Ministerialrat Dr Fischer, daß die
Lehrer im Vergleich mit den Staatsbeamten mit Mittelschulbildung
zu je 1800 Kè bis zum Höchstgehalt von 27.000 Kè
aufsteigen, beim Vergleich der Beamtengehälter mit den Lehrergehältern
werde übersehen - meinte der Regierungsvertreter Dr Fischer
daß die Direktorenzulage eine
Ergänzung des in der Gehaltstufe ausgedrückten
Gehaltes darstelle, es sei dies eigentlich eine Form des Avancements,
ein administrativer Beamter mit Avancement habe das, was ein Lehrer
ohne Avancement hat, ein mit der Leitung einer Schule betrauter
Lehrer erhalte die Mindestzulage von 600 Kè, und
deshalb meinte der Regierungsvertreter Dr Fischer, wenn
man erwäge, daß fast ein Viertel der Lehrerstellen
mit der Schulverwaltung verbunden sind, daß also fast 25%
der Lehrer Direktorenzulagen habe, so gehe daraus hervor, daß
Lehrer vielfach mehr haben werden als administrative Beamte, die
einmal avanciert sind. Mit Rücksicht darauf, daß die
6. Gehaltsstufe teilweise parallel läuft mit der 5., so geschehe
es, daß der Lehrer als Schulverwalter mehr haben kann, als
ein zweimal avancierter Verwaltungsbeamter. Wenn das die Lehrerparität
darstellen soll, so glauben wir mit Recht entgegen zu halten,
daß sich damit die Lehrerschaft wird nicht abfinden können.
25% der Lehrerschaft werden die Möglichkeit haben, als Schulleiter
zu fungieren und die Zulage zu beziehen. Wie aber sieht
es um die anderen 75% aus, die diese 600 Kè Zulage nicht
beziehen werden? Wir haben also Recht mit unserer Behauptung,
wenn wir erklären, daß die Parität der Lehrerschaft
in der Vorlage nicht im vollen Ausmaße gewahrt ist. Was
haben sich in der ersten ernannten Nationalversammlung
nach dem Umsturz, als das Lehrerparitätsgesetz in Verhandlung
gestanden ist, die. èechischen Parteien nicht alles darauf
zugute getan, daß sie den Lehrern die Parität zuerkannt
haben! Ich erinnere da an einen gemeinsamen
Antrag, der von den Abgeordneten Udržal,
Bechynì, Houser,
Koneèný, Dr
Budínský, Dr Lukavský, Nohel
und Genossen eingebracht wurde. Es wird in diesem Antrage
von der Bedeutung der Volksschule, von der Wichtigkeit der Sendung
der Lehrerschaft gesprochen, es wird der Kampf im alten Österreich
um die Gleichstellung wahrheitsgemäß geschildert und
der Auffassung Ausdruck gegeben, daß die gerechte Forderung
der Lehrer deshalb nicht realisiert wurde, weil das Bestreben
nach freier Schule, nach einer unabhängigen Lehrerschaft
nicht im Einklang mit den Absichten der Herrschenden im alten
Österreich gewesen sei. An dem Nichtzustandekommen der Lehrerparität
war also nach der Meinung der Überreicher dieses gemeinsamen
Antrags das altösterreichische System schuld. In diesen Anträgen
heißt es z. B.: "In der Gleichberechtigung der Lehrerschaft
mit den Staatsbeamten ist weit mehr ein moralischer als materieller
Erfolg zu erblicken. Die Gleichstellung bringt den größten
Vorteil für Schule und Volk. Der Kostenaufwand der Gleichberechtigung
wird unserer freien Republik vielfältigen Nutzen bringen."
Dieselben Parteien, die damals so von der Schule
und der Lehrerschaft gesprochen haben, sind, ich werde nicht fehlgehen,
heute dazu bereit, die Lehrerparität zum Teil aufzugeben,
denn da eine vollständige Sicherung in der Lehrergehaltsgesetzvorlage
selbst nicht vorgesehen ist, bürgen auch die Auslegungen
und Erklärungen von Regierungsvertretern nicht für die
ungeschmälerte Aufrechterhaltung des bisherigen Rechtszustandes.
Uns haben die Erklärungen des Herrn Ministerialrates Dr Fischer
nicht von deren Richtigkeit überzeugt und wir wiederholen
es von dieser Stelle aus nochmals, daß nach unserer Auffassung
die Lehrerparität in dem Gehaltsgesetzentwurf nicht vollständig
gesichert ist.
Was uns aber zu dieser Gesetzesvorlage mit
ganz besonderem Mißtrauen erfüllen muß und uns
bestimmt, eine ablehnende Haltung einzunehmen, das ist der Umstand,
daß in dieser Vorlage nicht weniger als 62 Regierungsermächtigungen
enthalten sind. In 62 Bestimmungen dieses Gehaltsgesetzes bleibt
es der Regierung überlassen, die verschiedenen Paragraphen
auszulegen, in Verordnungen nach eigenem Gutdünken zu verfügen.
Schon dieser Umstand allein entscheidet vollständig unsere
Haltung gegen diese Vorlage und er sollte auch alle jene
èechischen sozialistischen Parteien, die heute - ich möchte
sagen - in der glücklichen Lage sind, nicht gebunden zu sein,
veranlassen, ebenfalls Sturm zu laufen gegen diese Gesetzesvorlage.
Man hat diese Parteien der alten allnationalen
Koalition von Seiten der Regierung eingeschüchtert, indem
man erklärte, daß bei einer etwaigen zu langen Verhandlung
der Vorlage oder gar bei Einnahme einer Gegenstellung die Regierung
die Vorlage zurückziehen werde, worauf die Staatsbediensteten
dann weiter auf die Regelung ihrer Gehaltsverhältnisse warten
könnten. Es ist derselbe Trick, den der Finanzminister Dr
Engliš, der auch heute wieder die Finanzen des Staates
verwaltet, im alten Staatsangestelltenausschuß im Herbste
1920 angewendet hat, als die Gefahr bestand, daß die Mehrheit
für unseren Antrag auf Verdoppelung der Teuerungszulagen
stimmen könnte. Damals erklärte er und der gleiche Herr
Ministerpräsident Èerný,
daß die Staatsbediensteten, wenn die Regierungsvorlage nicht
angenommen werde, am Ersten des nächsten Monats keine
Bezüge auszahlt bekommen würden. Die èechischen
sozialistischen Parteien haben sich damals einschüchtern
lassen und haben für die Regierungsvorlage gestimmt, und
es scheint auch diesmal so zu sein, daß die Drohung des
Finanzministers und der Regierungsvertreter
bei den èechischen sozialistischen Parteien dieselbe Wirkung
ausgelöst hat, was ihre heutige Haltung gegenüber der
Gesetzesvorlage beweist. Lassen sie es doch einmal darauf ankommen,
ob es die Regierung wagen wird, ihre Drohung
in die Tat umzusetzen! So wie es die Regierung damals nicht gewagt
hat, den Staatsbediensteten am Ersten des nächsten Monats
keine Gehälter auszuzahlen, so würde sie es auch jetzt
nicht wagen, die Vorlage zurückzuziehen. Hat doch die Regierung
ein ganz besonderes Interesse daran, diese Vorlage endlich durchzubringen
und in Wirksamkeit zu setzen, weil sie in der Hauptsache die Denivellisierung
bedeutet, die seit Jahren von den höheren Beamtenkreisen
betrieben wird. Sie würde es sich also wohlweislich überlegen,
die Vorlage zurückzuziehen, und wenn es geschähe, würde
sie sich wahrscheinlich sehr tummeln, eine neue bessere einzubringen.
Ich möchte nun auf die Ausführungen
einiger Vorredner zurückkommen, insbesondere darauf, was
Koll. Schubert heute und Koll. Böhm vom Bund
der Landwirte in der Vorwoche hier anläßlich der Behandlung
des Zollantrages gesagt haben. Beide hielten es für am Platze
zu erklären, daß jene Abhandlung, die im Fachblatte
der deutschen Staatsangestelltenvereinigungen vom 10. Mai 1926
erschienen ist, nicht von allen deutschen Staatsangestellten gutgeheißen
werde. Es entzieht sich meiner Kenntnis, woher und auf welche
Art der Herr Koll. Böhm sich solche schriftliche Erklärungen
beschafft hat, mit denen er hier die Sache abzuschwächen
versuchte, eines steht jedoch fest, und das weiß ich bestimmt,
daß die Staatsbeamten mit der Haltung der deutschen Zollparteien
durchweg nicht einverstanden sind. Der deutsche Staatsbeamte weiß
ebenso gut wie der èechische und die gesamte Arbeiterschaft,
daß ihnen durch die Gesetzwerdung der Zollvorlage eine Verteuerung
ihrer Lebenshaltung droht. Ich kann nicht unterlassen, den Artikel
des Fachblattes des Verbandes der deutschen Staatsangestelltenvereinigungen
vom 10. Mai 1926 zu zitieren, damit er dem Protokoll des Hauses
einverleibt wird.
Der bezügliche Artikel lautet: "Bedenkliche
Zeichen! Das bisherige Regierungssystem, das sich für uns
deutsche Staatsangestellte nicht bloß in wirtschaftlichersondern
insbesondere in nationaler Beziehung unheilvoll ausgewirkt hat,
stand am Ende seiner Kunst. Es war zwar nicht zu erwarten, daß
sofort ein rigoroser Umschwung erfolgt, aber immerhin konnte man
hoffen, daß ein Kurs eingeschlagen werden muß, der
den Minderheiten die ihnen gebührenden Rechte gibt und auch
uns deutsche Staatsangestellte nicht mehr um unseren Arbeitsplatz
bangen läßt. Allein die letzten innerpolitischen Ereignisse
haben in der Richtung alle Hoffnung wieder zuschanden gemacht.
Die deutschen Landwirte und Christlichsozialen sind mit den èechischen
Standesparteien in der Frage der Getreidezölle zusammengegangen,
haben den Regierungskarren wieder flott gemacht und der nationalen
Koalition wieder die Wege zu weiterem löblichem Tun geebnet.
Wir müssen es den übrigen politischen Parteien überlassen,
den Schritt der genannten deutschen Parteien im gegenwärtigen
Augenblick für die deutsche Sache zu werten und diese Parteien
selbst werden in Zukunft die Verantwortung dafür zu tragen
haben, ob es klug war, unter diesen Umständen die reinen
Standesforderungen über die nationalen Grundforderungen zu
stellen.
Wir deutschen Staatsangestellten haben aber
das Recht und die Pflicht darauf hinzuweisen und festzustellen,
daß der Schritt dieser deutschen Parteien für unsere
nationalen und ebenso wirtschaftlichen Belange einen "Dolchstoß
von rückwärts" bedeutet. Mag sein, daß diese
Parteien für unseren Stand seit jeher wenig Interesse hatten,
ihre Voreingenommenheit gegen das Beamtentum sich in den manigfachsten
und oft seltsamsten Formen äußert, mit Vorliebe von
ihrer Seite oft gegen die Beamtenschaft das Schlagwort von der
Unproduktivität unserer Arbeit, ja auch von unserer Gottlosigkeit
ausgespielt wurde. Wir haben das nicht übel genommen, weil
wir wußten, es ist nicht jedermans Sache, sich frei und
ungetrübt, nicht verhetzt durch die goldenen Reden der Parteibonzen,
in der Jetztzeit ein Urteil zu bilden über die Arbeit und
Denkungsweise eines anderen Standes. Aber das muß der deutsche
Bauer und auch der deutsche Christlichsoziale, welchen Standes
immer, wissen, daß wir deutsche Staatsangestellte ein Teil
des deutschen Volkes sind, der schwerer ringt um seine nationale
Existenz, um seinen Arbeitsplatz, da er seine Scholle bedeutet,
als alle anderen Stände. Es kann ihm nicht unbekannt geblieben
sein, daß das Abbaugesetz sich nur gegen uns deutsche Staatsangestellte
auswirkt, daß Sprachengesetz und Sprachenverordnung nur
den Zweck haben, alle Deutschen aus dem Staatsdienste hinauszudrängen
und keine mehr aufzunehmen. Er muß auch wissen, daß
nur die nationale Koalition im Staate dieses Unrecht verschuldet
hat und darf dieser, ohne gewichtige Garantie dafür zu haben,
daß dieser deutschfeindliche Kurs gegen uns Angestellte
aufhört, nicht seine Stimme geben. Wenn es dennoch geschehen
ist, ohne diese Zusage, so sehen wir uns von diesem Teile unserer
deutschen Volksgenossen verraten und verkauft und werden dies
zu werten wissen.
Wir Staatsangestellte müssen unsere kargen
Bezüge lediglich für den notwendigen Lebensbedarf verbrauchen.
Im Kriege und in der Nachkriegszeit haben wir allen entbehrlichen
Hausrat, manch wertvolles, ererbtes Stück zum Bauer getragen,
um einige Kartoffel für unsere hungernden Kinder zu erhalten.
Wir wollen verschweigen, wie oft so mancher von uns mit seiner
Bitte barsch abgewiesen wurde, trotzdem die Scheune voll und das
Geld im Bauernhof in Säcken gemessen werden konnte. Trotz
allem Ungemach haben wir Staatsangestellte aber nie die volkswirtschaftliche
Bedeutung einer leistungsfähigen Landwirtschaft unterschätzt
und haben demgemäß auch ihre zur Zeit schwierige Lage
mit Sorgen betrachtet. Wir müssen uns aber dagegen auflehnen,
daß die bevorstehende karge Aufbesserung unserer Bezüge
dazu benützt wird, einen Hochzoll für landwirtschaftliche
Produkte zu erreichen, dessen Höhe in keiner Hinsicht begründet,
und der uns eine Verteuerung der Lebenshaltung bringt, die in
umgekehrtem Verhältnis zu der beabsichtigten Gehaltsaufbesserung
steht".
So weit das Fachblatt der deutschen Staatsangestellten.
(Výkøiky posl. Horpynky.) Dem
Herrn Kollegen Schubert vom Bund der Landwirte hat es heute,
nachdem die Zollvorlagen im Abgeordnetenhause verabschiedet sind,
beliebt, zur Abwechslung wieder einmal eine nationalistische Rede
zu halten. Ich glaube, wenn die Staatsbeamtenvorlage vorher und
die Zollvorlage nachher zur Verhandlung gekommen wäre, würde
es der Herr Kollege Schubert wohlweislich unterlassen haben,
sich nach dieser Richtung hin allzuweit zu engagieren. Daß
die deutschen Landbündler und auch die deutschen Christlichsozialen
seit Jahren gegen die Staatsbediensteten und insbesondere gegen
die Einsenbahner hetzen und Sturm laufen, das haben Ihre agrarischen
Blätter und das hat nicht zuletzt auch einer der Ihrigen,
Herr Dr Medinger, der nunmehr christlich-sozial geworden
ist, bei der Budgetbehandlung am 24. November 1921 von dieser
Stelle aus schon verkündet. Herr Dr Medinger hat damals
gesagt: "Da der Staatsbetrieb mit einem Balast von Beamten
und Angestellten arbeitet und nicht kaufmännisch gelenkt
wird, wird von uns jede weitere Verstaatlichung bekämpft,
ja man wird sogar gut tun, rechtzeitig über den Verkauf oder
die Verpachtung der meisten Staatsbetriebe nachzudenken. Es geht
auf die Dauer nicht an, daß das Bahnpersonal über den
Wert seiner Leistung bezahlt wird, indem es einen Zuschuß
aus dem Steuersäckel bezieht." Hier ist also von einem
Vertreter der Christlichsozialen, der damals noch in der deutschen
Nationalpartei gestanden ist, was auch bezeichnend für diese
Partei ist, schon die Absicht unserer guten Christen und Landbündler
verkündet worden, die darin besteht, daß die Beamtenschaft
und die Eisenbahner abgebaut werden müssen, damit die Gewinne
der Großgrundbesitzer- und Kapitalistenklasse nicht allzuviel
angetastet werden. Diese Parteien und insbesondere die Christlichsozialen,
haben sich also in Konsequenz dieser Bestrebungen, die sie schon
seit jeher im Herzen getragen haben, jetzt in ihrer wahren Gestalt
gezeigt.
Was den Personalabbau betrifft, der schon wiederholt
Gegenstand der Verhandlung in diesem Hause war, so kann ich es
bei der gegenwärtigen Behandlung der Staatsangestelltenvorlagen
auch nicht unterlassen, noch einmal an der Hand einiger Zahlen
aufzuzeigen, in welchem Maße das deutsche Volk am Staatsdienste
Anteil hat. Es steht mir leider nur eine Unterlage in Bezug auf
den staatlichen Eisenbahnbetrieb zur Verfügung. Aber das
allein gibt uns schon ein annäherndes Bild dafür, wie
es im Allgemeinen ausschauen mag. Wenn wir da das Ergebnis der
Volkszählung zur Grundlage für die Beurteilung nehmen,
wieviel Eisenbahnbedienstete deutscher Nationalität heute
vorhanden sein müßten, so ergibt sich Folgendes:
Nach den amtlichen Daten der Volkszählung vom 15. Feber 1921
betrug die Gesamtzahl der Bevölkerung der èechoslovakischen
Republik - die hier lebenden Ausländer sind nicht mit eingerechnet
13,372.406, davon waren Èechen und Slovaken
zusammen 8,760.957, d. i. 65,4%, Deutsche 3,123.448, das ist 23,4%,
Magyaren 747.609 oder 5,6%, Ukrainer 461.460, d. i. 3,5%, Juden
180.535, d. i. 1,3%, Polen 75.852, das ist 0,6% und sonstige 23.052
oder 0,2%, insgesamt also 13,372.406. Würde es bei
uns so etwas wie eine Gleichberechtigung für alle den Staat
bewohnenden Nationen geben, die in einem polyglotten Staate, wie
es die Èechoslovakei ist, der sich außerdem nach
außenhin als ein demokratischer Staat zu gebärden sucht,
als selbstverständlicher Grundsatz gelten
sollte, so würde der auf Grund der amtlichen Volkszählungsstatistik
auf die deutsche Bevölkerung entfallende Anteil von der Gesamtzahl
der bei den Staatsbahnen - inklusive der durch die Verstaatlichung
der Kaschau-Oderberger, der Aussig - Teplitzer und Buschtìhrader
Bahn übernommenen 27.400 Bediensteten - beschäftigt
gewesenen 194.400 Personen rund 46.000 betragen. Nach sorgfältiger
Berechnung waren es aber tatsächlich nur annähernd 33.000,
also um 13.000 Bedienstete deutscher Volkszugehörigkeit
weniger als ihnen nach dem Bevölkerungsschlüssel zugekommen
wäre. Ich mache dabei darauf aufmerksam, daß diese
Statistik bereits vor dem Abbau aufgestellt worden ist. Schon
in den Jahren 1921 bis 1924 erfolgte eine Herabsetzung des gesamten
Personalstandes um rund 16.000 Bedienstete und schon diese Herabsetzung
wurde zu einem unverhältnismäßig großen
Teil auf Kosten der deutschen Bediensteten durchgeführt.
In geradezu aufreizender und empörender Weise aber wurde
in der letzten Zeit beim Personalabbau gegen die Bediensteten
deutscher Nationalität gewütet. Auf Grund der mit dem
Abbaugesetze für 1925 festgesetzten 10%igen Gesamtquote abzubauender
Staatsbediensteter entfielen auf die Eisenbahnen als das größte
staatliche Unternehmen 18.881 abzubauende Bedienstete. Bei dem
zu Beginn des Personalabbaues noch vorhandenen Personalgesamtstande
von annähernd 177.600 Bediensteten und bei Berücksichtigung
des Bevölkerungsschlüssels nach der Volkszählungsstatistik,
also bei gerechter Vorgangsweise, wären von den rund
33.000 noch vorhandenen deutschen Bediensteten äußerstenfalls
nur 3500 Bedienstete abzubauen gewesen, während auf die Èechen
und anderen Nationen 15.381 zu entfallen gehabt hätten. Wir
können jedoch nach sorgfältigen Ermittlungen heute feststellen,
daß rund 6700 Bedienstete und Arbeiter deutscher Volkszugehörigkeit
abgebaut worden sind, während alle übrigen Nationen
nur mit rund 12.000 abgebauten Bediensteten betroffen wurden.
Es fielen somit von je 100 deutschen Bediensteten 20 und von je
100 Bediensteten der anderen Nationen nur 8 dem Abbau anheim oder
von den deutschen Bediensteten wurde jeder fünfte, von den
Bediensteten der anderen Nationen jeder zwölfte abgebaut.