Ètvrtek 5. kvìtna 1927

Im Motivenberichte wird die Vorlage mit den finanziellen Tatsachen der vergangenen Jahre begründet. Es wird darin insbesondere auf die finanziellen Ergebnisse der Jahre bis 1922 hingewiesen. Ich möchte das hohe Haus fragen, was die Staatsverwaltung und unser verehrter Herr Finanzminister dazu sagen würden, wenn wir bei den Beratungen des Budgets für 1928 die Budgets für 1924 und 1925 in Ziffern zum Vergleiche heranziehen würden. Man würde uns nicht nur auslachen, sondern mit Recht der Leichtfertigkeit und Unsachlichkeit zeihen. Wenn uns eingewendet wird, daß die Ziffern der Gemeinden aus den letzten Jahren nicht zur Verfügung standen, so fragen wir, was das für eine Staatsverwaltung ist, die sich nicht diese Ziffern bis in die letzten Jahre zu beschaffen weiß. Das Material aus der letzten Zeit ist deshalb nicht zum Vergleich und zur Begründung des Motivenberichtes herangezogen worden, weil es dazu untauglich wäre, da in der Zwischenzeit sich in den Gemeindefinanzen eine gewaltige Veränderung zugetragen hat. Bis 1922 und auch noch 1923 hatten wir doch die Zeiten der Inflation, die natürlich nicht nur auf den Staat, sondern auch auf die Gemeinden sich ausgewirkt hat. Damals hatten wir in den Gemeinden tatsächlich ganz außerordentlich hohe Budgetsummen zu verzeichnen und demgemäß hohe Umlagen. Warum diese Umlagen so hoch waren, habe ich bereits begründet: Weil die Steuerverwaltung mit den Steuervorschreibungen nicht nachgekommen ist, weil die Gemeinden keine Basis für die Berechnung der Umlagengrenze überhaupt hatten. Hätte man die Ziffern von 1925 oder 1926 als Vergleichsziffern herangezogen, wären wir zu ganz anderen Resultaten gekommen. Ich erinnere z. B. an die Stadt Eger, die 1922 eine Gemeindeumlage von mehr als 1000% hatte, gegenwärtig im vergangenen Jahre nur mehr eine von rund 350 bis 400%, also tatsächlich eine ganz gewaltige Herabsetzung der Gemeindeumlagen. An den hohen Umlagenziffern sind nicht nur, wie es heute dargestellt wird, die sogenannten sozialistischen Experimente in den Gemeinden schuld. Ich verweise darauf, daß auch in den heute noch sozialistisch verwalteten Gemeinden die Umlagen bedeutend herabgesetzt worden sind, daß das eine Tatsache ist, die nicht mit der Verwaltung und dem Parteiensystem in den Gemeinden zusammenhängt, sondern mit der damaligen Inflationszeit in unserer Währung und anderseits mit den ungeheueren Anforderungen, die gerade an die Gemeinden unmittelbar nach dem Kriege und zum Teil während des Krieges gestellt worden sind.

Bedenken Sie, daß wir einen Teil der Verpflegung der Bevölkerung bis 1920 durch die Gemeinden durchzuführen hatten, daß die Gemeinden einen großen Teil der produktiven Arbeitslosenfürsorge übernommen hatten, daß wir durch fast 8, 9 Jahre in den Gemeinden keinerlei Reparaturen an den Schulen, in den Gemeindehäusern usw. durchgeführt haben, daß während des Krieges all das zurückgestellt wurde, und dann plötzlich ungeheuere Anforderungen an die Gemeinden gestellt worden sind. Unsere Strassen, unsere Wege, unsere sozialen Einrichtungen, alles war einfach verfallen. Man kann sagen, daß man von der Schreibmaschine anfangen mußte mit den Neuanschaffungen in den Gemeindenstuben.

Es war also kein Wunder, wenn in dieser Zeit hohe Umlagen erfolgten, höhere als sie vielleicht mit der finanziellen Leistungsfähigkeit der einen oder der anderen Gemeinde vereinbarlich gewesen wären. (Posl. Knirsch: Und die Kriegsanleihezinsen?) Darauf werde ich in einem ganz speziellen Beispiel zu sprechen kommen.

Das Gesetz über die Gemeindefinanzen trifft in erster Linie unsere Industrieorte und Industriegemeinden, unsere mittleren und größeren Städte. Die Landgemeinden bleiben ziemlich unbeeinflußt, weil sie ja viel niedrigere Umlagengrenzen haben und weil ihre Aufgaben auch nicht so bedeutend sind wie die in den mittleren und größeren Städten. Es ist eine interessante Tatsache, daß mit unserer Kritik eine verhältnismäßig wichtige Stelle, die in der èechoslovakischen Wirtschaft eine bedeutende Rolle spielt, es ist dies die Zentrale der èechoslovakischen Handels- und Gewerbekammern, vollständig übereinstimmt. In ihren Mitteilungen vom 15. März steht wörtlich folgender Satz: "Die unzureichenden und veralteten statistischen Unterlagen der Gesetzesvorlage gestatten keine genaue Abschätzung der Folgen des beantragten Gesetzes. Eines nur steht fest: Den größten Teil der Vorteile werden die kleineren Landgemeinden ziehen, die unter der geringeren Valorisierung der Grundsteuer zu leiden hatten. Diesen Gemeinden wird zukommen, was den übrigen entzogen wird." (Posl. Patzel: Der Chefsekretär der Zentrale ist der Koll. Dr. Samek!) Der aber weder in den Beratungen des Budgetausschusses noch hier den Standpunkt seiner Kammer oder seiner Freunde, die sicherlich nicht aus unsachlichen Gründen, sondern sicher aus sachlichen Erwägungen diesen Standpunkt eingenommen haben, teilte. Wir gönnen den kleineren Städten, den Landgemeinden ihre Erfolge, und wir würden uns freuen, wenn sie zu einem Fortschrift in der Entwicklung kommen würden. Aber die wichtigsten Grundlagen unserer Selbstverwaltung sind doch unsere Industriegegenden, unsere deutschen Mittelstädte, unsere größeren Stadtgemeinden, und da gestatten Sie mir als ein Exempel eine Stadt anzuführen, die gerade unter diesem Gesetz in unglaublicher Art und Weise zu leiden haben wird. Ich sage ausdrücklich, es ist das nur ein Exempel, man wird das wahrscheinlich auf viele andere Gemeinden ausdehnen können. Es ist die nordwestböhmische Kohlenbergbaustadt Dux. Das Stadtamt Dux hat uns und der Regierung eine Eingabe unterbreitet, die ich dem hohen Hause zur Kenntnis bringen möchte. Hier heißt es unter anderem nach einer sachlichen Einleitung: Bei dieser geplanten Neuregelung geht das Finanzministerium von Voraussetzungen aus, die vollständig unzutreffend sind, da einerseits die statistischen Daten aus dem Jahre 1922 zur Grundlage genommen werden, die jedoch derzeit vollständig veraltet und überholt sind, andererseits von der Ansicht, daß die derzeitigen Gemeindevertretungen nicht mit der nötigen Objektivität die einzelnen Gemeinden verwalten und auch den nötigen Sparsinn vermissen lassen. Diese Voraussetzungen sind vollständig unrichtig, die wahren Ursachen der Verelendung der Finanzen der Selbstverwaltungskörper liegen in der staatlichen Finanzwirtschaft, staatlichen Steuerpolitik und der Steuerverwaltung selbst. Sollte dieses Gesetz tatsächlich zur Durchführung kommen, so würde eine derartige Reform der Finanzwirtschaft zum Chaos und Zusammenbruch sämtlicher Gemeindeverwaltungen führen müssen. Da sich die Stadtvertretung Dux der vollen Tragweite dieses Gesetzes bewußt ist, hat dieselbe in ihrer ordentlichen öffentlichen Sitzung vom 10. Dezember 1926 beschlossen, diesen Gesetzentwurf als unannehmbar auf das entschiedenste abzulehnen, wobei gleichzeitig die Forderung aufgestellt wird, daß einerseits sofort Weisungen erteilt werden, damit in der Vorschreibung und Einhebung der Steuern endlich Ordnung geschaffen wird, damit der Voranschlag wieder auf festen Grundlagen aufgebaut werden kann und andererseits die Überweisungen aus Steuererträgnissen nicht willkürlich, sondern planmäßig nach einem bestimmten System erfolgen, damit hiedurch eine Erhöhung der Umlagenprozente vermieden und gleichzeitig auch der Kredit der Selbstverwaltungskörper nicht unterbunden oder zerstört wird. Ausdrücklich wird betont, daß es sich bei dieser Resolution nicht um einen Kampf gegen die Staatsverwaltung, sondern um die Verteidigung der Rechte, auf denen das Wohl des Staates beruht, handelt. Als Begründung dieser Resolution werden gleichzeitig folgende Daten zur geneigten Überprüfung vorgelegt, aus denen zu entnehmen ist, daß nicht die Finanzgebahrung der Stadtgemeinde schuld ist, daß die Umlagen von Jahr zu Jahr steigen, sondern daß der Grund in der allgemeinen Finanzwirtschaft des Staates und der staatlichen Steuerpolitik und Steuerverwaltung liegt. Die Hauptursache der Erhöhung der Umlagen liegt in der Steuerbasis, die obwohl der Abgang seit ohne Jahre 1924 fast keine Veränderung aufweist, stetig sinkt, so daß, nachdem anderweitige Einnahmsquellen fehlen, der Ausgleich nur durch Erhöhung der Umlagen erfolgen kann. So betrug die Steuerbasis in den Jahren 1923 300.000 Kè, 1924 353.000 Kè, 1925 324.000 Kè, 1926 250.000 Kè. Der Abgang betrug in diesen vier Jahren: 1,233.000 Kè, 1,740.000 Kè, 1,530.000 Kè, 1,615.000 Kè. Die Umlagen betrugen hiebei in den Jahren 1923 bis 1926: 290% plus 71%, 392% plus 56%, 369% plus 55%, 434% plus 148%.

Laut Mitteilung des Steueramtes ist nun die Steuerbasis im Jahre 1927 auf 155.000 Kè gesunken. Es ist einstweilen noch ein Rätsel, wie die Bedeckung des Abganges erfolgen soll. Was nun die Ausgaben selbst betrifft und jetzt kommt das interessanteste Kapitel, weil man immer von der Mißwirtschaft der Gemeinden spricht - so setzen sich dieselben wie nachstehend zusammen: Erstens erfordern die Zinsen und Annuitäten allein 960.305.88 Kè, wovon auf Kriegsanleihe 114.798 Kè und auf den èechischen Volksschulneubau 275.835 Kè entfallen. Überlegen Sie sich einmal diese zwei Ziffern. An diesen beiden Budgetziffern ist doch nur die ungeheuerliche Form der Nichteinlösung, resp. falschen Lösung der Kriegsanleihe für unsere Gemeinden schuld, die nicht nur ihr eigenes Geld in diese Kriegsanleihen gesteckt haben, sondern jetzt auch noch draufzahlen müssen, und zwar Dux allein 114.000 Kè. Und dann den großen Posten der Erhaltung der èechischen Volksschule, der 275.835 Kè beansprucht. Diese beiden Posten machen allein 400.000 Kè aus, also mehr, als die Gemeinde Dux in Zukunft aus Grund des neuen Gesetzes überhaupt an Umlagen wird ausschreiben dürfen. Und nun kommen wir zu den weiteren Ausgaben der Gemeinde. Der Pensionsfond erfordert 86.986, die Beamtengelder 402.348, Polizeigehalt und Sachaufwand 289.450, Straßenbeleuchtung 111.482, der Abgang beim Armenfond beträgt 57.909, beim Armenhaus 14.951, bei den Kindergärten 105.252 Kè. Und nun fragen wir Sie, wo und wie die Gemeinde sparen soll? Nach dem neuen Gesetz ist die Gemeinde verpflichtet, in erster Linie für die Annuitäten und Verzinsung der Darlehen aufzukommen. Das ist die erste Post, die unbedingt gezahlt werden muß und die allein 960.305 Kè beträgt. Bis zu dieser Post wird jede Umlagenhöhe gewährt, das macht in Dux bei einer Steuerbasis von 155.000 Kè und 400% aus. Da nun die Gemeinden nicht mehr als 400% einheben dürfen, frage ich Sie, was soll mit den anderen Bedürfnissen werden, woher soll man den Beitrag für den Pensionsfonds nehmen, woher die Beamtengelder? Oder soll die Gemeinde Dux die Polizei auflösen, keine Ortspolizei mehr haben oder soll sie die Straßenbeleuchtung in der Nacht einstellen, damit noch mehr schöne Dinge vorkommen? (Výkøiky.) Das wird auch für die politischen Verhältnisse bezeichnend sein, wenn es recht finster ist. Oder soll die Gemeinde anfangen, beim Armenfond zu sparen, will man den Armen weniger zu essen geben, oder soll man bei den Kindergärten sparen? Wo immer Sie hinsehen, wo immer Sie sparen wollen. Sie stoßen auf Ausgaben, die einfach nicht einzuschränken sind. Wenn die Gemeinde auf Grund der jetzigen Steuerbasis 300% Umlagen einhebt, wird sie im ganzen 465.000 Kronen einheben, während sie 1,615.000 Kronen Ausgaben faktisch hat, von denn man nichts streichen kann. Diese Zustände werden zweifelsohne zum Bankerott der Gemeinden führen. Die Gemeinden sind gegenwärtig gar nicht in der Lage, ihre Budgets aufzustellen, wenn dieses Gesetz angenommen wird, woran nicht zu zweifeln ist. Wir fragen die Staatsverwaltung, was sie tun würde, wenn man ihr nicht rechtzeitig mit einer gewissen Garantie der Sicherheit die Möglichkeit bieten würde, ihren Voranschlag für das nächste Jahr zusammenzustellen. Die Gemeinden sind heute in einer solchen Situation, sind nicht in der Lage, den Gemeindevoranschlag für das laufende, bezw. kommende Jahr zu erstellen.

Die Steuerreform, die jetzt im Hause gemacht wird, ist nicht nur von einigen Fachleuten, sondern vom Finanzminister als Sprung ins Dunkle bezeichnet worden. Und nun sollen in diesen Sprung auch die Gemeinden mitgerissen werden, denn Sie haben die Gemeinden in einen so innigen Zusammenhang mit der ganzen Steuervorlage gebracht, daß durch dieses neue Gesetz, zu dem ich spreche, tatsächlich die Gemeinden vor eine finanzielle Schicksalsfrage gestellt erscheinen. Unsere Gemeinden haben ja große Aufgaben zu lösen. Sie sind heute nicht nur Verwaltungsorganisationen ihres Vermögens, sie sind nicht nur Organisationen für einen Teil der Staatsbedürfnisse, die Gemeinden haben auch einen so ungeheuer großen Teil des sogenannten übertragenen Wirkungskreises übernehmen müssen, daß mindestens 60% der gesamten Ausgaben, wenigstens bei den Beamtenbezügen auf diesen übertragenen Wirkungskreis entfallen, was die Gemeinden sonst leisten? Sie führen Straßenregulierungen durch, sie haben die Aufgabe, für gesunde Verhältnisse in der Gemeinde zu sorgen. Gerade jetzt haben wir eine "Gesundheitswoche", die uns belehrt, was getan werden soll und getan werden muß, um die Gesundheit der Bevölkerung zu fördern. Aber, meine sehr Verehrten, wenn man daran denkt, daß eine große Zahl der Gemeinden mit ihren Kanalregulierungen im Rückstande ist, daß wir unmoderne, unzulängliche und zu kleine Netze in dieser Beziehung haben, daß die sozialen Einrichtungen der Gemeinden längst nicht mehr hinreichen, daß unsere Waisenhäuser, unsere Krankenhäuser und Säuglingsfürsorgeeinrichtungen unzulänglich sind, daß die Wöchnerinnenfürsorge und die Wohnungsfürsorge in den Gemeinden und alle die anderen gesundheitlichen Verpflichtungen den Gemeinden aufgebürdet werden und ihnen von gesetzeswegen als Wirkungskreis zugewiesen werden, dann fragen wir Sie, wie das alles in Zukunft geregelt werden soll, wenn den Gemeinden die absolute Unmöglichkeit der finanziellen Sicherstellung dieser Dinge vorgeschrieben wird. Es gibt ja viele Leute, die nicht nur hier im hohen, aber leeren Hause, sondern auch draußen in den Gemeinden an den Stammtischen sitzen und schimpfen und die Wohnungsfürsorge der Gemeinden, die Ascheabfuhr, die Kanalisierung und vor allem die sozialen Einrichtungen, unsere Wöchnerinnenfürsorge, die Säuglingsfürsorge usw., die das alles für überflüssig ansehen. Aber wir glauben, daß diese Argumente des Stammtisches, die man ohneweiters mit den Argumenten der Straße vergleichen kann, doch nicht bei den Erwägungen des Finanzministeriums oder des hohen Hauses irgendwelche Bedeutung erlangen dürfen. Wenn der Staat es wirklich mit den Gemeinden gut meint und wenn er es mit der finanziellen Fürsorge um unsere Gemeinden so gut meint, warum setzt man dann bis zum heutigen Tage dem Gesetz einen Widerstand entgegen, das schon längst hätte in Kraft treten sollen? Gemeinsam mit der Sozialversicherung hätte das Gesetz für die Überalten in Kraft treten sollen und der Staat hat auch Mittel dafür bereit gestellt. Bis heute ist die Vorlage noch nicht zum Gesetz erhoben worden, obzwar es selbstverständlich zu gleicher Zeit mit der Sozialversicherung hätte eingeführt werden müssen. Wir haben im sozialpolitischen Aasschuß die Vorlage seit mehr als einem Jahr liegen und niemand rührt sich, daß dieses Gesetz endlich einmal in Kraft tritt und doch könnte dieses Gesetz unseren Gemeinden gerade den kleineren Gemeinden einen großen Teil ihrer Lasten für die alten Armen der Gemeinden von den Schultern nehmen, oder sie wenigstens lindern.

Aber nicht der Wille, den Gemeinden zu helfen, sondern der Wille die Autonomie, die Selbstverwaltung selbst im Herzen zu treffen, das ist der Sinn der jetzigen Vorlage, an der sich bedauerlicher Weise auch wieder die deutschen Parteien, die doch wissen müßten, welche Bedeutung die Autonomie für uns hat, beteiligt haben.

Das Gesetz hat noch eine Reihe von weiteren Bestimmungen, die das höchste Interesse hervorrufen; so bestimmt z. B. der § 20, daß die Gemeinden nur solche Unternehmungen neu errichten dürfen, bei denen von vornherein die Verzinsung und die Amortisation garantiert ist. Ich möchte Ihnen da das Beispiel der zwei großen Elbebrücken bei uns im Elbetal vor Augen führen. Sowohl die Stadtgemeinden Aussig und Schreckenstein, als auch die Stadtgemeinden Tetschen und Bodenbach stehen vor der Notwendigkeit der Errichtung neuer Brücken. Diese Brücken werden einen Millionenaufwand erfordern und alle vier großen Gemeinden haben sich auch mit diesem Projekt beschäftigt. Das Brückenprojekt der Stadt Aussig wird ungefähr 17 Millionen betragen und das der Städte Tetschen und Bodenbach ungefähr 14 Millionen. Diese zwei großen Projekte die von den vier größten Gemeinden in Nordböhmen durchgeführt werden sollen, sind nach dem jetzigen Gesetz einfach unmöglich. Das Gesetz verlangt die Verzinsung und Amortisation. Ja, meine sehr Verehrten, ich frage Sie, seit wann können sich Brücken oder Straßen verzinsen und amortisieren? Wir alle wissen, daß sie sich nicht verzinsen, daß sie sich nicht amortisieren, aber daß sie doch sein müssen und daß wir sie bauen müssen. Die Brücke in Aussig ist eine Brücke, die von den Staatsbahnen übernommen worden ist, ist heute bereits 21 Jahre über ihre Lebensdauer in Funktion und jeder Fachmann, auch die Herren aus dem Arbeitsministerium, haben uns ohne weiters erklärt, daß kein Mensch heute für die Tragfähigkeit dieser Brücke eine Garantie geben kann. Dazu kommt noch, daß in den letzten Jahren alle Brücken durch den weitaus gesteigerten Autoverkehr noch viel mehr beanstrengt worden sind und werden, als es früher der Fall war. Wir haben z. B. auf der Brücke in Aussig einen täglichen Frachtverkehr von nicht weniger als 500 Wagen; 800 Wagen passieren täglich die Brücke in einem Zeitraum von 12 Stunden. Auf dieser Brücke passieren weiter täglich 18.000 Fußgänger innerhalb 12 Stunden. Sie kennen sich die Belastung dieser Brücke, die noch dazu eine kombinierte Eisenbahn- und Straßenbrücke ist, beiläufig vorstellen, und es ist ganz klar, daß diese Brücke heute eine Gefahr für den Verkehr beinhaltet. Genau so steht es in Bodenbach. Vielleicht ist die Tetschen-Bodenbacher Brücke noch etwas gefährlicher, als die Aussig-Schreckensteiner, weil sie eine Hängebrücke ist und wegen ihrer Konstruktionsschwierigkeiten keine so lange Lebensdauer erreicht, als es bei der Aussiger Brücke der Fall sein könnte. Die beiden Verbände der großen Gemeinden wollen daran gehen, neue Brücken zu bauen und haben in ihren Gemeindebudgets für das nächste Jahr die Posten vorgesehen und auch die Pläne ausgearbeitet. Wir gehen an die Arbeit und nun kommt das Gesetz und macht uns einen Strich durch die Rechnung. Ganz abgesehen davon, daß die Entwicklung der beiden großen Gemeindeverbände Tetschen-Bodenbach und Aussig-Schreckenstein in ihren vitalsten Lebensinteressen geradezu ins Mark getroffen werden, wenn wir nicht große und moderne neue Brücken über die Elbe führen können, frage ich Sie, was morgen geschehen wird, wenn die eine oder die andere Brücke einstürzt. Wir stehen vor dieser Gefahr, wie alle Fachleute überstimmend bestätigen. Dann werden wir mit einem noch viel größeren Aufwand bauen müssen, dann werden wir eine Notbrücke bauen, die uns Millionen kostet, und werden daneben mit einer neuen Brücke beginnen müssen. Aber dann werden wir wieder vor der Tatsache stehen, daß wir nicht bauen dürfen, weil uns das Gesetz hindert. Dann frage ich Sie, was sein wird, wenn z. B., das große Industrieunternehmen der Firma Schicht abgesperrt sein wird von dem Stock ihrer Arbeiter, die in Aussig und Umgebung leben und nicht die Möglichkeit haben werden, ihre Arbeitsstätten aufzusuchen, wenn der ganze Frachtverkehr plötzlich unterbunden wird, wenn der zwischen beiden Elbeufern stattfindende rege Frachtverkehr zwischen Tetschen und Bodenbach plötzlich stillstehen muß. Meine Herren, da sehen Sie die ganze Unmöglichkeit dieses Finanzgesetzes vor Ihren Augen. Das sind keine Ausnahmsfälle, die ich hier anführe, sondern daß sind Fälle, die ich durch eine ganze Unzahl anderer Beispiele ergänzen könnte.

Meine sehr Verehrten! Man schreit soviel über die ungeheueren Ausgaben der Gemeinden. Auch da möchte ich Ihnen ein Beispiel anführen, das die kleine Stadt Zwickau in Nordböhmen betrifft, eine reine Industriestadt, wie wir sie in Nordböhmen bei jeder zweiten und dritten Stadt vor Augen sehen. Die kleine Stadt ist zu 90% von Arbeitern bewohnt, sie hat natürlich eine sehr schmale Steuerbasis. Aber die Anforderungen an die Gemeinde sind keineswegs gering. Gerade die Gesetze, die in den letzten Jahren beschlossen worden sind, haben jenen Gemeinden große Lasten auferlegt. Ich spreche da nur von einem einzigen Gesetz, das eben bei Zwickau wie auch bei anderen Städten sich so schlimm ausgewirkt hat: das Genter System bei der Arbeitslosenfürsorge. Die Stadt Zwickau zählt nur 3500 Einwohner und hatte im vergangenen Jahr 900 Arbeitslose beherbergt. Alle Fabriken standen still, nur eine kleine Zahl Arbeiter waren beim Putzen von Masch1nen beschäftigt. Von diesen 900 Arbeitslosen waren etwa 100 bereits ausgesteuert, die auch nach dem Genter System keine Unterstützung mehr bekommen, und daneben gab es eine Reihe von Unorganisierten, die von vornherein von der Unterstützung ausgeschlossen sind. Die Stadt Zwickau stand vor der Notwendigkeit, ebenso wie viele andere Gemeinden, wie auch Aussig, Bodenbach, Tetschen, Kamnitz, Bensen, kurz alle Städte unseres sudetendeutschen Industriegebietes, irgend etwas für die Arbeitslosen zu tun. Die Stadtgemeinde begann damit, sich nach Prag zu wenden, um zu versuchen, durch Zuwendung staatlicher produktiver Arbeit der Arbeitslosigkeit zu steuern und die Not wenigstens etwas zu mindern. Wir haben im Gesundheitsministerium, im Ministerium für öffentliche Arbeiten, bei der politischen Landesverwaltung, bei allen nur irgendwie in Betracht kommenden Ämtern vorgesprochen um Zuweisung von Mitteln. Überall das gleiche Bild: Achselzucken, die Unmöglichkeit der Beistellung von Mitteln. Die Stadtgemeinde Zwickau wollte damals ihre Kanalisierung und einen Straßenbau durchführen, als eine Art Notstandsarbeit. Aber auch der verhältnismäßig geringe Betrag von 200.000 Kronen, der dazu nötig war, war einfach nirgends aufzubringen. Die Stadtgemeinde mußte, wenn sie nicht Hungerrevolten und Plünderungen in der Gemein de haben wollte, daran gehen, einen Kredit aufzunehmen, um den Arbeitslosen wenigstens soviel zu geben, daß sie das tägliche Brot zum Essen hätten. Das sind natürlich Ausgaben - die Stadtgemeinde hat im vorvergangenen Jahre 120.000, im vergangenen Jahre 100.000 Kè für Arbeitslosenfürsorge verausgabt - die die Stadtgemeinde heute schwer belasten, die sie aber doch hat vornehmen müssen, weil sie sich nicht auf den Standpunkt des Staates stellen konnte, daß man bei dieser Gelegenheit die Bevölkerung mit blauen Bohnen füttern und zur Raison bringen müsse. So sind in Wirklichkeit die Zustände draußen. Das sind die Belastungen unserer Gemeinden, das ist auch jener Teil der Fürsorge, die die Gemeinden übernehmen mußten, weil der Staat mit seinem System versagt hat, weil das Genter System Tausende und Abertausende Arbeitslose einfach dem Hunger und der Verzweiflung überliefert hat, weil er sich um die weitere Existenz dieser Menschen nicht kümmert.

Ich möchte aber noch auf eine andere wichtige Frage zurückkommen. Die Tätigkeit in den Gemeinden wird heute von einer großen Anzahl von Personen ehrenamtlich durchgeführt und nur in einigen größeren Industrie- und Stadtgemeinden bekommt heute der Bürgermeister irgendeine den Verhältnissen meist nicht entsprechende Honorierung für seine im Dienste der Öffentlichkeit verbrachte Arbeitsleistung. Die neue Vorlage dankt den Gemeindefunktionären auf eine sehr eigene Art und Weise für diese im öffentlichen Interesse geleistete Arbeit. Was bietet der Staat jetzt den Gemeinden, was bietet er ihren hervorragenden Funktionären? Der § 8 der Vorlage setzt Strafen für die Bürgermeister und Vorsteher fest. Um dieses Ehrenamt ist ja heute schon in unseren Gemeinden keine große Konkurrenz mehr. Es ist heute bei den derzeitigen wirtschaftlichen und politischen Verhältnissen wahrhaftig keine leichte oder angenehme Sache. Ich erinnere nur an die verhältnismäßig harmlosen Entschließungen in der Frage der Verwaltungsreform, wofür eine ganze Reihe von Gemeindevertretern angeklagt und nach dem Schutzgesetz bestraft und verurteilt worden sind. Es gibt Fälle, wo die gesamte Gemeindevertretung zu Arreststrafen oder schweren Geldstrafen verurteilt wurde. Die Freiheit einer autonomen Verwaltungskörperschaft wurde einfach mit solchen Mitteln unterdrückt. Notabene handelt es sich um Entschließungen, die wirtschaftlich den Staat weder erschütterten, noch ihm sonst nie gefährlich werden konnten. Nur die Rachsucht einer zentralistisch geleiteten Staatsverwaltung, die auch da schon den Gemeinden zeigen wollte, daß ihre Autonomie zu Ende geht, spielte da ihre Trümpfe aus. (Posl. Patzel: Das alte Österreich hat den Gemeinden das Recht der freien Meinungsäußerung nie angetastet!) Jawohl. Nun aber kommt der § 8 und setzt Strafen fest, wornach der Bürgermeister einer Gemeinde bis zu 5000 Kronen persönlich bestraft werden kann, wenn er den Aufträgen der Bezirkshauptmannschaft nicht rechtzeitig und pünkltich nachkommt. Stellen Sie sich nur diese Bestimmung - jetzt geht Herr Sektionschef Bobek heraus und gerade jetzt werde ich mich eingehend mit ihm beschäftigten müssen - in der Praxis vor. Man muß sich nur diese kautschukartigen Bestimmungen näher ansehen. Wenn die Gemeinde, das Bürgermeisteramt, nicht rechtzeitig und lückenlos die Fragen der Bezirkshauptmannschaft beantwortet, kann der Bürgermeister bestraft werden. Man kann sich beiläufig vorstellen, wie dieser Paragraph in den Händen einer schikanös eingestellten Staatsverwaltung oder eines solchen Staatsbeamten da draußen gehandhabt werden wird. Ich bin überzeugt davon, daß diese Bestimmung den Bezirkshauptmännern die Möglichkeit gibt, jeden Bürgermeister nicht nur zu bestrafen, sondern auch seines Amtes zu entheben. Denn auch das steht in der Vorlage. Man kann ihn einfach absetzen. Man weiß, wie diese Fragen ausschauen, und gerade in den kleinen Gemeinden, wo z. B. einfache Arbeiter Gemeindevorsteher sind, wird man oft nicht imstande sein diese Fragen bis zum letzten Tüpfelchen zu beantworten. (Výkøiky posl. Patzela.) Wir können uns beiläufig vorstellen, wie diese Bestimmungen in den Händen von parteiischen Beamten, von gegen die Gemeinden von vornherein eingenommenen Bezirksverwaltern und Bezirkshauptleuten, mißbraucht werden können.

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