Úterý 28. èervna 1927

Das Profitinteresse der Bourgeoisie hat die allnationale Koalition gesprengt. Was ihr folgte, war ärger als all das, was in der Zeit der allnationalen Koalition an uns verübt worden ist. Was hat nicht in der kurzen Frist dieser internationale Bürgerblock zusammen gebracht! Es war die Zeit, die reif war für den nationalen Ausgleich, aber der Arbeiterhaß, der Wucher trieb, die Profitgier der drei deutsch-bürgerlichen Parteien hat alle Ausgleichshoffnungen verschüttet, alle am Volk begangenen Verbrechen sanktioniert und dem schlimmsten Terror des èechischen Chauvinismus Tür und Tor geöffnet. Vor 11/2 Jahren sangen auch die Bündler - damals haben sie hier nicht so gefehlt wie jetzt, wo sie sich genieren, in den Saal zu gehen - da sangen die Christlichsozialen und die Gewerbeparteien ihr "Deutschland, Deutschland über alles!" Da standen unten in den Bänken Herr Švehla und Herr Šrámek auf und sangen das "Kde domov mùj?" Und Hlinka sang mit seinen Parteigenossen das "Hej Slované!". Es war ein wahrer Sängerkrieg im Rudolfinum ausgebrochen. Und ein halbes Jahr später haben alle diese Sänger beisammen gesessen, als es galt, die Wucherzölle zu erhöhen, das Volk auszuplündern, und die Pfaffengehälter zu erhöhen. Einige Wochen später marschierten Spina und Mayr-Harting als Minister in diesen Saal. Und heute sind sie drauf und dran, diese Deutschlandsänger, das ganze deutsche Volk zu verschachern, unter dem Titel einer Verwaltungsreform das deutsche Volk für vogelfrei zu erklären. (Posl. Katz: Unter dem Diktat Kramáøs!) Jawohl.

Die Geschichte kennt wenige Beispiele eines Verrates, dem ähnlich, den diese deutschen Regierungsparteien an ihrem Volk zu begehen sich eben anschicken. Erst haben sie den Wählern nationale Gesinnung vorgegaukelt und dann, da ihnen viele Wähler hineingefallen sind und sie es zu einer gewissen Stärke gebracht haben, geben sie skrupellos alles preis, was sie als "nationale Belange" ausgeschrieen hatten.

Noch ist in Erinnerung, was Herr Mayr-Harting seinerzeit gesagt hat über die Aufgaben, die der deutschen Politik und dem deutschen Aktivismus besonders gestellt seien: die Aktivisten seien zur Mitarbeit in diesem Staate bereit, sobald die Èechen den Deutschen das Mindestmaß von Forderungen erfüllen, und zwar die Schulautonomie, die schlüsselmäßige Berücksichtigung der Deutschen in allen Staatsämtern u. s. w. Es ist nicht eine dieser Forderungen erfüllt worden und Mayr-Harting ist ohne weiters zur Regierungskrippe gegangen. Es ist noch heute in Erinnerung der Wahlaufruf, den der Bund der Landwirte an das deutsche Landvolk gerichtet hat, in dem es hieß: "Willst Du Freiheit und Sicherheit auf deinem Boden, Freiheit und Recht für Sprache und Kultur, willst du" - man sollte glauben, die Leute müßten ersticken, wenn sie das heute wiederholen sollten - "willst du, daß das Selbstverwaltungsrecht für unser Volk dem Ziele entgegenschreitet, dann wähle den Bund der Landwirte!" (Posl. Schweichhart: Das ist wohl die größte Lüge!) Lüge ist allerdings kein Ausdruck dafür. Das zu sagen und das zu machen, was der Bund der Landwirte treibt, zeigt die niedrigste Gesinnung, eine bodenlose Niedertracht, die ihresgleichen sucht.

Man braucht nichts anderes zu tun, als den Landbündlern vorzuhalten, was sie versprochen, was sie den Wählern erklärt haben und dem nur gegenüberzustellen, was sie heute treiben, um jeden Menschen, der noch auf Redlichkeit, Treue und Ehrlichkeit auch in der Politik etwas gibt, mit Abscheu zu erfüllen. Heute sitzen die Herrschaften an der Regierungsknödelschüssel und sind drauf und dran, die Selbstverwaltung einfach aufzuheben. Wie haben die ihre Wähler genarrt!

Heute noch steht im Parteiprogramm des Landbundes der Satz: "Die Militärverfassung ist nach Schweizer Muster einzuführen und zu diesem Zwecke die Auflassung des stehenden Heeres schleunigst durchzuführen. Die Abrüstung ist dringend geboten, damit die staatliche Finanzwirtschaft nicht noch mehr überlastet und damit der Volkswirtschaft nicht mehr unnütze Arbeitskräfte entzogen werden." Und im Parteiprogramm der deutschen christlichsozialen Volkspartei heißt es heute noch: "Die Partei weist den Militarismus in jeder Gestalt zurück. Die zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit erforderliche Wehrmacht soll nach dem Milizsystem ausgebaut werden." Dessen ungeachtet haben beide Parteien dem Moloch Militarismus Milliarden in den Rachen geworfen und sogar für die Verlängerung der militärischen Dienstzeit gestimmt.

Der Wahlaufruf des Bundes der Landwirte sagte, das unter seiner Führung stehende Landvolk - ich zitiere wörtlich - sei eine Kraft, an der schließlich die unersättliche Gier des heutigen Machtsystems im Staate, das alles Deutsche ausrotten will, zerschellen muß. Im Wahlaufruf der deutschen christlichsozialen Volkspartei hieß es: "Man brandschatzt die ehrlich arbeitenden Stände durch unträgliche Abgaben, vergeudet die Steuergelder für wahnsinnige Militärlasten und für Zinsen leichtsinniger Staatsschulden, man knebelt die Freiheit des Wortes in Presse und Versammlung" - Herr Mayr-Harting! "Man entrechtet unsere Selbstverwaltungskörper... Wir wollen für unser deutsches Volk deutsche Beamte, wollen Grund und Boden und Arbeitsplatz auf unsere Kinder und Kindeskinder vererben. Darum müssen wir uns zusammenschließen..." - und christlichsozial sein. Dabei haben diese Antimilitaristen für 10 Jahre im voraus Steuermilliarden für Rüstungen bewilligt, haben diese Schützer des deutschen Arbeitsplatzes dem Zertifikatistengesetz ihre Zustimmung gegeben, das Tausende deutsche Arbeitsplätze den èechischen Unteroffizieren vorbehält und haben diese Schützer und Verteidiger der Selbstverwaltung zur Erwürgung der Selbstverwaltung sich heute zur Verfügung gestellt. Alles, alles, alles fürs Geschäft! Das den Wählern gegebene Versprechen ist kein Hindernis. Der Grundsatz der deutschen Regierungsparteien kann bei Machiavelli nachgelesen werden. Das gegebene Wort war ein Bedürfnis der Vergangenheit (nämlich um gewählt zu werden), das gebrochene Wort ist ein Bedürfnis der Gegenwart (um sich an der Regierungskrippe zu erhalten).

Im Ausland hat man wirklich geglaubt, daß die Regierungsdeutschen ihrem Volke einen Dienst erweisen wollen. Selbst die Prager deutsche Gesandtschaft ließ sich täuschen, wie aus einem Artikel im Jännerheft der "Preußischen Jahrbücher" hervorgeht, in dem der Pressechef der Gesandtschaft unter dem Titel "Sudetendeutscher Aktivismus" schreibt: "Es gibt keine nachhaltigere Stärkung des Moldaustaates, als eine Einigung zwischen Èechen und Sudetendeutschen. Deshalb ist der Verzicht auf Opposition und Irredenta, den die deutschen Aktivisten dem èechischen Staate bringen, ein großes Geschenk. Die Sudetendeutschen verhelfen den Èechen zu einem konsolidierten Staatswesen, indem sie die Möglichkeit ihres natürlichen, nationalen Selbstbestimmungsrechtes freiwillig nicht voll in Anspruch nehmen. Es ist fair play, solcher Selbsteinschränkung wiederum mit Selbsteinschränkung zu begegnen und zu Gunsten der Gleichberechtigung und der Demokratie auf das Hirngespinst des bloß èechoslovakischen Nationalstaates zu verzichten". Sicher sei es auch - so fährt der Verfasser jenes Aufsatzes fort - unbedingt not wendig, daß die Aktivisten sich im Laufe der Zeit mit sichtbaren Erfolgen auch in grundsätzlichen Fragen wer den ausweisen müssen, wenn die neue Zusammenarbeit nicht durch sachliche Erfolglosigkeit diskreditiert werden soll. Das werde ihnen aber hoffentlich auch gelingen.

Zur selben Zeit, da dieser Artikel in den "Preußischen Jahrbüchern" abgedruckt wurde, stimmten diese deutschen Aktivisten im Ministerrat und in der Osmièka dem Entwurf der Verwaltungsreform zu, der mit allem Selbstbestimmungsrecht mit aller Selbstverwaltung, mit aller Demokratie, mit aller Gleichberechtigung gründlich aufräumt, der das Deutschtum im Staate glatt an die Wand drückt und der ohne diese deutsche Hilfe niemals hätte auch nur versucht werden können. Die sichtbaren Erfolge haben nicht lange auf sich warten lassen. Die deutschen Regierungsparteien regieren mit - das heißt: Sie stehen Schmiere, wenn èechische Chauvinisten Volksrechte, Rechte des deutschen Volkes stehlen. Ein Betrug am eigenen Volke, ein Betrug am Auslande, das ist dieser deutsche Aktivismus!

Von allen Schlägen, die wir in diesem Staate schon erlitten, ist diese Verwaltungsreform der schwerste. Er trifft das Volk empfindlicher, als jeglicher andere, denn er macht es rechtlos, macht es zur Beute jeder Eingebung, die eben einem zur Allmacht gebrachten Regierungschef oder einem seiner Hintermänner oder irgend einem Bezirkspascha oder Polizisten kommt, er vernichtet alle Ansätze zu einer nationalen Selbstverwaltung, er schaltet das deutsche Volk als einen Faktor, mit dem man rechnen müßte, einfach aus und erniedrigt es zu einem Objekt der Herrschaftskunst des èechischen Chauvinismus.

Wir stehen vor einer Schicksalsstunde des deutschen Volkes, aber unser Schicksal ist in den Händen von Parteien, die frivol genug sind, diese Stunde zur zweiten großen, in ihren Folgen kaum abzusehenden Niederlage des Sudetendeutschtums zu gestalten. Wir stehen vor einer Schicksalsstunde der gesamten Arbeiterklasse dieses Staates und dieses Schicksal ist blindwütenden Arbeiterhassern in die Hände gegeben.

Die Regierungsdeutschen haben einst die Schaffung der kulturellen Autonomie als eine Voraussetzung ihrer Beteiligung an der Regierung erklärt. Sie haben erklärt, daß der Entrechtung der Selbstverwaltungskörper ein Ende gesetzt werden müsse. Sie haben erklärt, einen Schutzwall für das deutsche Volk bilden zu wollen. Aber Herr Švehla ist darüber durchaus nicht erschrocken. Er hat sich an das Wort des griechischen Philipp gehalten: "ein goldbeladener Esel übersteigt alle Mauern". Es ist ihm leicht geworden, zu seinem Ziele zu gelangen. Die Gründer der Èechoslovakischen Republik sind - wenigstens in ihrer Mehrheit - keine Freunde der Selbstverwaltung. Das haben sie reichlich bewiesen. Sie haben die Gemeinden malträtiert und durch irrsinnige Maßnahmen furchtbar geschädigt. Die Regierung hat sich selbst als Treuhänder der Gemeinden in der Umlageneinkassierung eingesetzt und damit die Gemeinden um hunderte Millionen gebracht. Mit falschen Bemessungsgrundlagen, die für die Verfassung der Gemeindevoranschläge hinausgegeben wurden, mit Nichtvorschreibung von Steuern zu einer Zeit, da die Geschäfte Riesengewinne machten, mit ihrer Verleugnung aller zwischen Treuhänder und Betreuten üblichen Grundsätze, brachte sie die Gemeinden dem Ruine nahe. Aber die erste Sorge der deutschen Regierungsparteien war nur eine weitere Einschränkung der Gerestlos der Vormund aller Gemeinden geworden ist. Das war die Vorbereitung zum Hauptstoß, zur sogenannten Verwaltungsreform, die nun alles Deutsche gänzlich zu erledigen hat. Der Revolutionskonvent hat seinerzeit grundsätzlich beschlossen, das Doppelgeleise der Verwaltung aufzuheben, übersichtlichere Verwaltungsgebiete zu schaffen. So kam es zur Gaureform. Diese Gaureform war schlecht. Sie hat das Prinzip der national abgegrenzten Gaue durchaus verletzt. Sie war keine wirkliche Demokratie, aber es war doch ein Ansatz wenigstens zur nationalen Autonomie vorhanden. Zwei deutsche Gaue, Karlsbad und Böhmisch Leipa, waren vorgesehen Aufgabe der deutschen Regierungsparteien wäre es gewesen, dafür zu sorgen, daß das Gaugesetz verbessert werde, daß es nicht nur bei den zwei deutschen Gauen zu bleiben hätte, daß dem Prinzipe der nationalen Abgrenzung der Gaue soweit als möglich Genüge getan werde, und sie haben es auch versprochen. Am 12. Feber des vorigen Jahres tagte in Falkenau a. d. Eger eine Konferenz der Bezirksverwaltungskommissionen aus dem Gaue Karlsbad. Diese Konferenz hat sich auch mit der Gaureform beschäftigt. An der Konferenz haben landbündlerische Abgeordnete, bzw. Senatoren teilgenommen, zu dem Programmspunkt gesprochen, und so ist einmütig auf der Konferenz von Vertretern aller Parteien und nach Gutheißung dieser vorgetragenen Entschließung durch den landbündlerischen Senator Spiess folgende Resolution gefaßt worden:

"Der Zweck einer Gaueinteilung kann nur darin bestehen, die den bisherigen Landesverwaltungen zustehenden Aufgaben leichter, praktischer und in einer engeren Fühlung mit der Bevölkerung zu lösen, da der den Landesverwaltungen zugewiesene Aufgabenkreis zu groß und deshalb völlig unübersichtlich ist. Die Einteilung des Staates in Gaue müßte deshalb auch derart erfolgen, daß die Gaugebiete nicht allzugroß gestaltet werden, und es müßte bei der Einteilung auch auf die nationalen Siedlungsverhältnisse Rücksicht genommen werden."

Nun heißt es in der Resolution, die von dem landbündlerischen Senator ausdrücklich empfohlen wurde, folgendermaßen weiter: "Dem Prinzipe der Selbstverwaltung - in einer demokratischen Republik eigentlich eine Selbstverständlichkeit - müßte restlos Rechnung getragen werden. Demgemäß wäre die Gauvertretung und auch jede Bezirksvertretung ebenso wie die Gemeindevertretungen auf Grund des allgemeinen gleichen Wahlrechtes unter Zugrundelegung des Proporzes zu wählen, und es müßten auch für die Wahl des Gauvorstehers, bzw. Bezirksvorstehers dieselben Bestimmungen gelten, wie sie bezüglich der Wahl der Gemeindevorsteher bereits getroffen sind. Nur zwei von den in der Beilage A zum § 2 des Gesetzes vom 29. Feber 1920 genannten Gauen, Karlsbad und Böhm. Leipa, verletzen den Grundsatz nicht, daß auch dem nationalen Siedlungsverhältnisse Rechnung zu tragen sei. Am wesentlichsten erscheint den heute versammelten Vertretern der Bezirke aber, daß jede Reform der autonomen Verwaltung nur im Einvernehmen mit den Vertretern der gesamten Bevölkerung durchgeführt werde, denn jeder andere Weg müßte von den Minderheiten als ein Diktat aufgefaßt werden und könnte damit nur zu neuer Erbitterung weiter Volkskreise führen. Die Gaureform kann, soll sie nicht eine neuerliche Verschärfung des deutsch-èechischen Streites herbeiführen, nur ein Teil des nationalen Ausgleiches sein, den sich die Völker des èechoslovakischen Staates erarbeiten müssen."

Also kleine Verwaltungsgebiete, Rücksichtnahme auf die nationalen Siedlungsverhältnisse, alles im Einvernehmen mit den Vertretern der Bevölkerung, völlige uneingeschränkte Selbstverwaltung -- für alles das sprach auch der landbündlerische Senator Erdmann Spiess, für all das stimmten die Landbündler und Gewerbeparteiler, die an dieser Versammlung teilgenommen haben. (Posl. Katz: Dazumal haben sie noch keine Kohleneinfuhrscheine gehabt!) Ja.

Wir haben diese Resolution an alle politischen Parteien geschickt. Nun kam von der deutschen Gewerbepartei folgendes Schreiben:

"Parlamentarische Vertretung der deutschen Gewerbepartei Prag, Parlament. Geschäftszahl 337. Prag, am 6. Mai 1926. An die Bezirksverwaltungskommission in Karlsbad. Auf Zuschrift vom 27. Feber 1926:

Die parlamentarische Vertretung sowie auch die Landesparteileitung der deutschen Gewerbepartei ist mit den in ihrer Zuschrift aufgestellten Grundsätzen und den darin enthaltenen Forderungen grundsätzlich einverstanden und wird dieselben jederzeit unterstützen und bittet um jeweilige Verständigung eventuell unternommener Schritte in dieser Angelegenheit." Wir verständigen die deutsche Gewerbepartei, wir unternehmen augenblicklich Schritte in dieser Angelegenheit aber - unterschrieben ist für die Landesparteivertretung der Abgeordnete Eckert - er ist vom Handelsminister inzwischen zum Vizepräsidenten der Egerer Handelskammer ernannt worden und anläßlich dieser gewaltigen Rangserhöhung, dieses gewaltiges Sprunges hat er wahrscheinlich im Drange der Geschäfte und in seiner Freude diese Zuschrift vollständig vergessen.

Was bedeutet die Aufhebung dieser Gaue? Die deutschen Regierungsparteien sagen: Es wären so und soviele Deutsche in den anderen Gebieten entrechtet geblieben, die Teplitzer, die zu Laun gehören, die Reichenberger, die zu Jungbunzlau gehören usw. Aber eine Million Deutscher wohnt in den beiden projektiert gewesenen deutschen Gauen und die hätte den Gau gehabt. Die anderen Deutschen haben bei der Reform, die da gemacht wird, auch nichts bekommen, denn sie sind eine Minderheit in der Landesvertretung, die dauernd aussichtslos ist. Ohne daß den anderen etwas gegeben wurde, will man der Million Deutschen das nehmen, was sie durch die Gaureform bereits gehabt hätte. Diese Million Deutscher wird von den deutschen Regierungsparteien glatt geopfert, ohne daß die in den anderen Gebieten wohnenden Deutschen etwas davon hätten. Höhnend hat gestern Herr Dr Kramáø hier gesagt: Die Deutschen sollten sich nicht zuviel auf die Selbstverwaltung zugute tun, da die zweite Instanz doch gesichert in èechoslovakischen Händen ist. So haben wir euch Deutsche um euere Rechte geprellt, soll das heißen, und dazu haben die deutschen Christlichsozialen, die Landbündler und die Gewerbeparteiler sich hergegeben!

Wie wir Sozialdemokraten uns die Lösung des Grundproblemes der Verwaltung und des friedlichen Nebeneinander- und Zusammenlebens der Nationen vorstellen, das haben wir ausgesprochen schon lange vor dem Bestand dieses Staates, 1899 schon in Brünn, wo wir verlangt haben, daß an Stelle der Kronländer national abgegrenzte Selbstverwaltungskörper treten. Wir haben im Jahre 1917 auf der Konferenz in Brünn ausgesprochen, daß nur eine Verfassung genügt, die auf dem festen und unzerstörbaren Boden einer demokratischen Lokalverwaltung beruht, und dasselbe haben wir 1919 auf dem konstituierenden Parteitag in Teplitz ausgesprochen, wo wir verlangt haben: Abschaffung des bürokratischen Herrschaftssystemes, Einteilung des Staatsgebietes in nationalabgegrenzte Bezirke, die sich durch freigewählte Körperschaften selbst regieren, ihre Beamten und Richter wählen, ihre Gerichtssprache und Schulsprache festsetzen, wobei für die gemischten Gebiete freigewählte Vertretungskörper zur selbständigen Verwaltung der besonderen Angelegenheiten der Nation eingesetzt werden sollen.. Für diese Grundsätze sind wir eingetreten jederzeit und ohne Rücksicht auf die Aufnahme, die sie jeweils fanden. Darum haben wir heute das Recht den èechischen Parteien gegenüber, die solche Grundsätze aus Machtdünkel negieren, die sie mit den Füßen treten, um alle Nichtèechen zu entrechten, als Ankläger aufzutreten. Die deutschen Parteien, die an der Entrechtung des eigenen Volkes mitwirken, überlassen wir dem Urteil des Volkes und der Schande, die ihnen gebührt.

Es verdient noch festgehalten zu werden: Die Verwaltungsreform ist ja deshalb so plötzlich gekommen, weil sie ein Schachergeschäft des Herrn Švehla mit der slovakischen Volkspartei ist. Die Regierungsdeutschen hält er etwas leichter bei der Stange. Da ist die Knödelschüssel und da ist die Drohung mit Fußtritten. Aber Herr Švehla hat auch die Slovaken zu betrügen verstanden. Nun können sie sich wohl ihren Pittsburger Vertrag auf den Hut stecken. Das wird kein Nachteil für die Hlinka-Bank sein, aber ein Betrug am slovakischen Volke bleibt es trotzdem. An härtesten aber trifft diese Verwaltungsreform die Deutschen, und neben uns die Magyaren. Wir haben überhaupt nichts mehr zu reden. Der Staat wird in vier Gaue, Prag, Brünn, Preßburg und Podkarpatská Rus eingeteilt und in keinem so raffiniert ist das ausgeklügelt - in keinem bilden Nichtèechen mehr als eine aussichtslose Minderheit. Einen Gau von der Größe Böhmens, ein ähnlich wahnsinniges Verwaltungsgebiet - gibt es überhaupt sonst in der Welt nicht wieder. Das alte Österreich schon hat die Unmöglichkeit eines solchen Zustandes eingesehen und stand " als der Krieg kam, bereits vor der Reformierung, vor der Zerlegung dieses Verwaltungsundings.

Das erste Wort des Präsidenten war: die Èechoslovakische Republik soll eine höhere Schweiz sein. Man vergleiche nun die Verwaltung der Schweiz mit der Böhmens. Die Schweiz hat 3,800.000 Einwohner, Böhmen 6,576.000, also rund das Doppelte. Die Schweiz ist eingeteilt in 22 Kantone, Böhmen bildet einen Kanton, das Sechsundzwanzigfache eines Schweizer Kantons. Ein Kanton in der Sehweiz ist 2000 Quadratkilometer groß, der Kanton Böhmen 52.000 Quadratkilometer. Drei Kantone in der Schweiz sind gemischtsprachig, 14 rein deutsch, drei rein französisch, ein Kanton rein italienisch, ein Kanton rhätoromamisch. Wir haben einen Kanton, in dem 4,382.000 Èechen und 2,174.000 Deutsche leben. Der kleine Rest verteilt sich auf andere Völkerschaften. Das ist in der Schweiz freilich eine Jahrhunderte alte Entwicklung. Aber erkämpft ist sie. Am Wege dieser Entwicklung steht der sagenumsponnene Winkelried, der in der Schlacht von Sempach durch seinen Opfertod den Sieg der Eidgenossen über die Österreicher herbeiführte, indem er, wie die Legende berichtet, österreichische Speere in seine Brust versenkte und so den Eidgenossen eine Gasse bahnte. Herr Mayr-Harting ist kein Winkelried. (Veselost na levici.) Er ist eher das Gegenteil: Er bahnt dem Unterdrücker des eigenen Volkes eine Gasse.

Aber nehmen wir das Beispiel Frankreichs. Das ist den Herrschaften, die die Väter der Verwaltungsreform sind, immer ein leuchtendes Beispiel gewesen: Frankreich! Frankreich! Sie haben ja auch die ganze èechoslovakischen Wirtschaft zum Teufel gehen lassen, weil sie sich ganz an Frankreich anklammerten. Frankreich ohne Elsaß ist in 87 Departements eingeteilt. Ein solches Departement ist durchschnittlich 6.000 Quadratkilometer groß, durchschnittlich kommen auf ein Departement 400.000 Einwohner. Das entspräche beiläufig, an Größe, an Einwohnerzahl und Umfang, dem Gaue Karlsbad, oder dem Gau Böhm. Leipa. Das Departement Prag, das mit den gleichen Aufgaben eines französischen Departements geschaffen wird, ist 12 mal so groß wie das französische Departement und hat 17mal soviel Einwohner, und dabei lebt im französischen Departement eine Nation, im Departement Prag leben zwei Nationen, die herrschende und die beherrschte.

Es ist geradezu köstlich, wenn diese Schaffung, dieses Riesendepartements, Riesengaues, Riesenkantons Prag mit Ersparungsrücksichten verteidigt wird, wenn dr Kramáø hier oben steht und sagt, dazu nötigen uns die finanziellen Tatsachen, darüber kommen wir nicht hinweg, wir haben das Geld für Gaue nicht. (Výkøiky: Aber für den Militarismus ist Geld da!) Das trauen sich die Herren zu sagen, die erst vor kurzem Milliarden für den Moloch Militarismus hinausgeworfen haben, die heute mit ihren Riesenbestellungen die Dividenden der Pulverfabriken in die Höhe treiben.

Noch köstlicher aber ist, was die "Prager Presse" als Grund anführt, weshalb man zu diesem Riesengau kommen müsse. Sie sagt z. B.: "Für die sogenannten historischen Länder kommen zwei große Wirtschaftsterritorien in Betracht, nämlich einerseits Böhmen, andererseits Mähren mit Schlesien. Diese beiden Wirtschaftseinheiten gehören seit Jahrtausenden zusammen." Also deshalb kann man sie nicht trennen. Das nimmt sich nicht schlecht aus im Regierungsblatte eines Staates, der ein Nachfolgestaat Österreichs ist. Ich glaube, das alte Österreich war auch etwas historisch Gewordenes, auch etwas innig Zusammengehörendes, auch ein großes Wirtschaftsgebiet, dessen einzelne Teile genau auf einander eingestellt gewesen sind, - und es ist trotzdem zerrissen worden.

Sicher ist eines, daß es unmöglich ist, in einem solchen Riesengebiete eine ordentliche Verwaltung zu führen und sicher ist, daß man sich gar nicht mit der Absicht trägt, eine Vertretung des Volkes in diesen Riesengauen herzustellen, die man wirklich als eine Vertretung des Volkes anerkennen dürfte.

Als Herrscher ist der Bürokrat vorgesehen, der mit ungeheuerlichen Rechten ausgestattet ist, der die Vertretung nach Hause schicken, gewählte Vertreter hinauswerfen lassen, ja, sie auch einsperren lassen kann. Ich muß sagen: Das hier ist die Erledigung der Deutschen in diesen Vertretungen. Und das gab ja gestern Herr Dr Kramáø von diesem Platze aus zu, indem er ganz ausdrücklich nur von einem "Beirat" gesprochen hat.

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