Das Profitinteresse der Bourgeoisie hat die
allnationale Koalition gesprengt. Was ihr folgte, war ärger
als all das, was in der Zeit der allnationalen Koalition an uns
verübt worden ist. Was hat nicht in der kurzen Frist dieser
internationale Bürgerblock zusammen gebracht! Es war die
Zeit, die reif war für den nationalen Ausgleich, aber der
Arbeiterhaß, der Wucher trieb, die Profitgier der drei deutsch-bürgerlichen
Parteien hat alle Ausgleichshoffnungen verschüttet, alle
am Volk begangenen Verbrechen sanktioniert und dem schlimmsten
Terror des èechischen Chauvinismus Tür und Tor geöffnet.
Vor 11/2
Jahren sangen auch die Bündler - damals haben sie hier nicht
so gefehlt wie jetzt, wo sie sich genieren, in den Saal zu gehen
- da sangen die Christlichsozialen und die Gewerbeparteien ihr
"Deutschland, Deutschland über alles!" Da standen
unten in den Bänken Herr Švehla und Herr Šrámek
auf und sangen das "Kde domov mùj?"
Und Hlinka sang mit seinen Parteigenossen das "Hej
Slované!". Es war ein wahrer Sängerkrieg im Rudolfinum
ausgebrochen. Und ein halbes Jahr später haben alle diese
Sänger beisammen gesessen, als es galt, die Wucherzölle
zu erhöhen, das Volk auszuplündern, und die Pfaffengehälter
zu erhöhen. Einige Wochen später marschierten Spina
und Mayr-Harting als Minister in diesen Saal. Und heute
sind sie drauf und dran, diese Deutschlandsänger, das ganze
deutsche Volk zu verschachern, unter dem Titel einer Verwaltungsreform
das deutsche Volk für vogelfrei zu erklären. (Posl.
Katz: Unter dem Diktat Kramáøs!) Jawohl.
Die Geschichte kennt wenige Beispiele eines
Verrates, dem ähnlich, den diese deutschen Regierungsparteien
an ihrem Volk zu begehen sich eben anschicken. Erst haben sie
den Wählern nationale Gesinnung vorgegaukelt und dann, da
ihnen viele Wähler hineingefallen sind und sie es zu einer
gewissen Stärke gebracht haben, geben sie skrupellos alles
preis, was sie als "nationale Belange" ausgeschrieen
hatten.
Noch ist in Erinnerung, was Herr Mayr-Harting
seinerzeit gesagt hat über die Aufgaben, die der
deutschen Politik und dem deutschen Aktivismus besonders gestellt
seien: die Aktivisten seien zur Mitarbeit in diesem Staate bereit,
sobald die Èechen den Deutschen das Mindestmaß von
Forderungen erfüllen, und zwar die Schulautonomie,
die schlüsselmäßige Berücksichtigung der
Deutschen in allen Staatsämtern u. s. w. Es ist nicht eine
dieser Forderungen erfüllt worden und Mayr-Harting ist
ohne weiters zur Regierungskrippe gegangen. Es ist noch heute
in Erinnerung der Wahlaufruf, den der Bund der Landwirte an das
deutsche Landvolk gerichtet hat, in dem es hieß: "Willst
Du Freiheit und Sicherheit auf deinem Boden, Freiheit und Recht
für Sprache und Kultur, willst du" - man sollte glauben,
die Leute müßten ersticken, wenn sie das heute wiederholen
sollten - "willst du, daß das Selbstverwaltungsrecht
für unser Volk dem Ziele entgegenschreitet, dann wähle
den Bund der Landwirte!" (Posl. Schweichhart: Das ist
wohl die größte Lüge!) Lüge ist allerdings
kein Ausdruck dafür. Das zu sagen und das zu machen, was
der Bund der Landwirte treibt, zeigt die niedrigste Gesinnung,
eine bodenlose Niedertracht, die ihresgleichen sucht.
Man braucht nichts anderes zu tun, als den
Landbündlern vorzuhalten, was sie versprochen, was sie den
Wählern erklärt haben und dem nur gegenüberzustellen,
was sie heute treiben, um jeden Menschen, der noch auf Redlichkeit,
Treue und Ehrlichkeit auch in der Politik etwas gibt, mit Abscheu
zu erfüllen. Heute sitzen die Herrschaften an der Regierungsknödelschüssel
und sind drauf und dran, die Selbstverwaltung einfach aufzuheben.
Wie haben die ihre Wähler genarrt!
Heute noch steht im Parteiprogramm des Landbundes
der Satz: "Die Militärverfassung ist nach Schweizer
Muster einzuführen und zu diesem Zwecke die Auflassung des
stehenden Heeres schleunigst durchzuführen. Die Abrüstung
ist dringend geboten, damit die staatliche Finanzwirtschaft nicht
noch mehr überlastet und damit der Volkswirtschaft nicht
mehr unnütze Arbeitskräfte entzogen werden." Und
im Parteiprogramm der deutschen christlichsozialen Volkspartei
heißt es heute noch: "Die Partei weist den Militarismus
in jeder Gestalt zurück. Die zur Aufrechterhaltung der öffentlichen
Sicherheit erforderliche Wehrmacht soll nach dem Milizsystem ausgebaut
werden." Dessen ungeachtet haben beide Parteien dem Moloch
Militarismus Milliarden in den Rachen geworfen und sogar für
die Verlängerung der militärischen Dienstzeit gestimmt.
Der Wahlaufruf des Bundes der Landwirte sagte,
das unter seiner Führung stehende Landvolk - ich zitiere
wörtlich - sei eine Kraft, an der schließlich die unersättliche
Gier des heutigen Machtsystems im Staate, das alles Deutsche ausrotten
will, zerschellen muß. Im Wahlaufruf der deutschen christlichsozialen
Volkspartei hieß es: "Man brandschatzt die ehrlich
arbeitenden Stände durch unträgliche Abgaben, vergeudet
die Steuergelder für wahnsinnige Militärlasten und für
Zinsen leichtsinniger Staatsschulden, man knebelt die Freiheit
des Wortes in Presse und Versammlung" - Herr Mayr-Harting!
"Man entrechtet unsere Selbstverwaltungskörper... Wir
wollen für unser deutsches Volk deutsche Beamte, wollen Grund
und Boden und Arbeitsplatz auf unsere Kinder und Kindeskinder
vererben. Darum müssen wir uns zusammenschließen..."
- und christlichsozial sein. Dabei haben diese Antimilitaristen
für 10 Jahre im voraus Steuermilliarden für Rüstungen
bewilligt, haben diese Schützer des deutschen Arbeitsplatzes
dem Zertifikatistengesetz ihre Zustimmung gegeben, das Tausende
deutsche Arbeitsplätze den èechischen Unteroffizieren
vorbehält und haben diese Schützer
und Verteidiger der Selbstverwaltung zur Erwürgung der Selbstverwaltung
sich heute zur Verfügung gestellt. Alles, alles, alles fürs
Geschäft! Das den Wählern gegebene Versprechen ist kein
Hindernis. Der Grundsatz der deutschen Regierungsparteien kann
bei Machiavelli nachgelesen werden. Das gegebene Wort war ein
Bedürfnis der Vergangenheit (nämlich um gewählt
zu werden), das gebrochene Wort ist ein Bedürfnis der Gegenwart
(um sich an der Regierungskrippe zu erhalten).
Im Ausland hat man wirklich geglaubt, daß
die Regierungsdeutschen ihrem Volke einen Dienst erweisen wollen.
Selbst die Prager deutsche Gesandtschaft ließ sich täuschen,
wie aus einem Artikel im Jännerheft der "Preußischen
Jahrbücher" hervorgeht, in dem der Pressechef der Gesandtschaft
unter dem Titel "Sudetendeutscher Aktivismus"
schreibt: "Es gibt keine nachhaltigere Stärkung des
Moldaustaates, als eine Einigung zwischen Èechen und Sudetendeutschen.
Deshalb ist der Verzicht auf Opposition
und Irredenta, den die deutschen Aktivisten dem èechischen
Staate bringen, ein großes Geschenk. Die Sudetendeutschen
verhelfen den Èechen zu einem konsolidierten Staatswesen,
indem sie die Möglichkeit ihres natürlichen, nationalen
Selbstbestimmungsrechtes freiwillig nicht voll in Anspruch nehmen.
Es ist fair play, solcher Selbsteinschränkung
wiederum mit Selbsteinschränkung zu begegnen und zu Gunsten
der Gleichberechtigung und der Demokratie auf das Hirngespinst
des bloß èechoslovakischen Nationalstaates zu verzichten".
Sicher sei es auch - so fährt der Verfasser jenes Aufsatzes
fort - unbedingt not wendig, daß die
Aktivisten sich im Laufe der Zeit mit sichtbaren Erfolgen auch
in grundsätzlichen Fragen wer den ausweisen müssen,
wenn die neue Zusammenarbeit nicht durch sachliche Erfolglosigkeit
diskreditiert werden soll. Das werde ihnen aber hoffentlich auch
gelingen.
Zur selben Zeit, da dieser Artikel in den "Preußischen
Jahrbüchern" abgedruckt wurde, stimmten diese deutschen
Aktivisten im Ministerrat und in der Osmièka dem
Entwurf der Verwaltungsreform zu, der mit allem Selbstbestimmungsrecht
mit aller Selbstverwaltung, mit aller Demokratie, mit aller Gleichberechtigung
gründlich aufräumt, der das Deutschtum im Staate glatt
an die Wand drückt und der ohne diese deutsche
Hilfe niemals hätte auch nur versucht werden können.
Die sichtbaren Erfolge haben nicht lange auf sich warten lassen.
Die deutschen Regierungsparteien regieren mit - das heißt:
Sie stehen Schmiere, wenn èechische Chauvinisten Volksrechte,
Rechte des deutschen Volkes stehlen. Ein Betrug
am eigenen Volke, ein Betrug am Auslande, das ist dieser deutsche
Aktivismus!
Von allen Schlägen, die wir in diesem
Staate schon erlitten, ist diese Verwaltungsreform der schwerste.
Er trifft das Volk empfindlicher, als jeglicher andere, denn er
macht es rechtlos, macht es zur Beute jeder Eingebung, die eben
einem zur Allmacht gebrachten Regierungschef oder einem seiner
Hintermänner oder irgend einem Bezirkspascha oder Polizisten
kommt, er vernichtet alle Ansätze zu einer nationalen
Selbstverwaltung, er schaltet das deutsche Volk als einen Faktor,
mit dem man rechnen müßte, einfach aus und erniedrigt
es zu einem Objekt der Herrschaftskunst des èechischen
Chauvinismus.
Wir stehen vor einer Schicksalsstunde des deutschen
Volkes, aber unser Schicksal ist in den Händen von Parteien,
die frivol genug sind, diese Stunde zur zweiten großen,
in ihren Folgen kaum abzusehenden Niederlage des Sudetendeutschtums
zu gestalten. Wir stehen vor einer Schicksalsstunde der gesamten
Arbeiterklasse dieses Staates und dieses Schicksal ist blindwütenden
Arbeiterhassern in die Hände gegeben.
Die Regierungsdeutschen haben einst die Schaffung
der kulturellen Autonomie als eine Voraussetzung ihrer Beteiligung
an der Regierung erklärt. Sie haben erklärt, daß
der Entrechtung der Selbstverwaltungskörper ein Ende gesetzt
werden müsse. Sie haben erklärt, einen Schutzwall für
das deutsche Volk bilden zu wollen. Aber Herr Švehla
ist darüber durchaus nicht erschrocken. Er hat sich an das
Wort des griechischen Philipp gehalten: "ein goldbeladener
Esel übersteigt alle Mauern". Es ist ihm leicht geworden,
zu seinem Ziele zu gelangen. Die Gründer der Èechoslovakischen
Republik sind - wenigstens in ihrer Mehrheit - keine Freunde der
Selbstverwaltung. Das haben sie reichlich bewiesen.
Sie haben die Gemeinden malträtiert und durch irrsinnige
Maßnahmen furchtbar geschädigt. Die Regierung hat sich
selbst als Treuhänder der Gemeinden in der Umlageneinkassierung
eingesetzt und damit die Gemeinden um hunderte Millionen gebracht.
Mit falschen Bemessungsgrundlagen, die für die Verfassung
der Gemeindevoranschläge hinausgegeben wurden, mit Nichtvorschreibung
von Steuern zu einer Zeit, da die Geschäfte Riesengewinne
machten, mit ihrer Verleugnung aller zwischen Treuhänder
und Betreuten üblichen Grundsätze, brachte sie die Gemeinden
dem Ruine nahe. Aber die erste Sorge der deutschen Regierungsparteien
war nur eine weitere Einschränkung der Gerestlos der Vormund
aller Gemeinden geworden ist. Das war die Vorbereitung zum Hauptstoß,
zur sogenannten Verwaltungsreform, die nun alles Deutsche gänzlich
zu erledigen hat. Der Revolutionskonvent hat seinerzeit grundsätzlich
beschlossen, das Doppelgeleise der Verwaltung aufzuheben, übersichtlichere
Verwaltungsgebiete zu schaffen. So kam es zur Gaureform. Diese
Gaureform war schlecht. Sie hat das Prinzip der national abgegrenzten
Gaue durchaus verletzt. Sie war keine wirkliche Demokratie, aber
es war doch ein Ansatz wenigstens zur nationalen Autonomie vorhanden.
Zwei deutsche Gaue, Karlsbad und Böhmisch Leipa, waren vorgesehen
Aufgabe der deutschen Regierungsparteien wäre es gewesen,
dafür zu sorgen, daß das Gaugesetz verbessert werde,
daß es nicht nur bei den zwei deutschen Gauen zu bleiben
hätte, daß dem Prinzipe der nationalen Abgrenzung der
Gaue soweit als möglich Genüge getan werde, und sie
haben es auch versprochen. Am 12. Feber des vorigen Jahres tagte
in Falkenau a. d. Eger eine Konferenz der Bezirksverwaltungskommissionen
aus dem Gaue Karlsbad. Diese Konferenz hat sich auch mit der Gaureform
beschäftigt. An der Konferenz haben landbündlerische
Abgeordnete, bzw. Senatoren teilgenommen, zu dem Programmspunkt
gesprochen, und so ist einmütig auf der Konferenz von Vertretern
aller Parteien und nach Gutheißung dieser vorgetragenen
Entschließung durch den landbündlerischen Senator Spiess
folgende Resolution gefaßt worden:
"Der Zweck einer Gaueinteilung kann nur
darin bestehen, die den bisherigen Landesverwaltungen zustehenden
Aufgaben leichter, praktischer und in einer engeren Fühlung
mit der Bevölkerung zu lösen, da der den Landesverwaltungen
zugewiesene Aufgabenkreis zu groß und deshalb völlig
unübersichtlich ist. Die Einteilung des Staates in Gaue müßte
deshalb auch derart erfolgen, daß die Gaugebiete nicht allzugroß
gestaltet werden, und es müßte bei der Einteilung auch
auf die nationalen Siedlungsverhältnisse Rücksicht genommen
werden."
Nun heißt es in der Resolution, die von
dem landbündlerischen Senator ausdrücklich empfohlen
wurde, folgendermaßen weiter: "Dem Prinzipe der Selbstverwaltung
- in einer demokratischen Republik eigentlich eine Selbstverständlichkeit
- müßte restlos Rechnung getragen werden. Demgemäß
wäre die Gauvertretung und auch jede Bezirksvertretung ebenso
wie die Gemeindevertretungen auf Grund des allgemeinen gleichen
Wahlrechtes unter Zugrundelegung des Proporzes zu wählen,
und es müßten auch für die Wahl des Gauvorstehers,
bzw. Bezirksvorstehers dieselben Bestimmungen gelten, wie sie
bezüglich der Wahl der Gemeindevorsteher bereits getroffen
sind. Nur zwei von den in der Beilage A zum § 2 des Gesetzes
vom 29. Feber 1920 genannten Gauen, Karlsbad und Böhm. Leipa,
verletzen den Grundsatz nicht, daß auch dem nationalen Siedlungsverhältnisse
Rechnung zu tragen sei. Am wesentlichsten erscheint den heute
versammelten Vertretern der Bezirke aber, daß jede Reform
der autonomen Verwaltung nur im Einvernehmen mit den Vertretern
der gesamten Bevölkerung durchgeführt werde, denn jeder
andere Weg müßte von den Minderheiten als ein Diktat
aufgefaßt werden und könnte damit nur zu neuer Erbitterung
weiter Volkskreise führen. Die Gaureform kann, soll sie nicht
eine neuerliche Verschärfung des deutsch-èechischen
Streites herbeiführen, nur ein Teil des nationalen Ausgleiches
sein, den sich die Völker des èechoslovakischen Staates
erarbeiten müssen."
Also kleine Verwaltungsgebiete, Rücksichtnahme
auf die nationalen Siedlungsverhältnisse, alles im Einvernehmen
mit den Vertretern der Bevölkerung, völlige uneingeschränkte
Selbstverwaltung -- für alles das sprach auch der landbündlerische
Senator Erdmann Spiess, für all das stimmten die Landbündler
und Gewerbeparteiler, die an dieser Versammlung teilgenommen haben.
(Posl. Katz: Dazumal haben sie noch keine Kohleneinfuhrscheine
gehabt!) Ja.
Wir haben diese Resolution an alle politischen
Parteien geschickt. Nun kam von der deutschen Gewerbepartei folgendes
Schreiben:
"Parlamentarische Vertretung der deutschen
Gewerbepartei Prag, Parlament. Geschäftszahl 337. Prag, am
6. Mai 1926. An die Bezirksverwaltungskommission in Karlsbad.
Auf Zuschrift vom 27. Feber 1926:
Die parlamentarische Vertretung sowie auch
die Landesparteileitung der deutschen Gewerbepartei ist mit den
in ihrer Zuschrift aufgestellten Grundsätzen und den darin
enthaltenen Forderungen grundsätzlich einverstanden und wird
dieselben jederzeit unterstützen und bittet um jeweilige
Verständigung eventuell unternommener Schritte in dieser
Angelegenheit." Wir verständigen die deutsche Gewerbepartei,
wir unternehmen augenblicklich Schritte in dieser Angelegenheit
aber - unterschrieben ist für die Landesparteivertretung
der Abgeordnete Eckert - er ist vom Handelsminister inzwischen
zum Vizepräsidenten der Egerer Handelskammer ernannt worden
und anläßlich dieser gewaltigen Rangserhöhung,
dieses gewaltiges Sprunges hat er wahrscheinlich im Drange der
Geschäfte und in seiner Freude diese Zuschrift vollständig
vergessen.
Was bedeutet die Aufhebung dieser Gaue? Die
deutschen Regierungsparteien sagen: Es wären so und soviele
Deutsche in den anderen Gebieten entrechtet geblieben, die Teplitzer,
die zu Laun gehören, die Reichenberger, die zu Jungbunzlau
gehören usw. Aber eine Million Deutscher wohnt in den beiden
projektiert gewesenen deutschen Gauen und die hätte den Gau
gehabt. Die anderen Deutschen haben bei der Reform, die da gemacht
wird, auch nichts bekommen, denn sie sind eine Minderheit in der
Landesvertretung, die dauernd aussichtslos ist. Ohne daß
den anderen etwas gegeben wurde, will man der Million Deutschen
das nehmen, was sie durch die Gaureform bereits gehabt hätte.
Diese Million Deutscher wird von den deutschen Regierungsparteien
glatt geopfert, ohne daß die in den anderen Gebieten wohnenden
Deutschen etwas davon hätten. Höhnend hat gestern Herr
Dr Kramáø hier gesagt: Die Deutschen
sollten sich nicht zuviel auf die Selbstverwaltung zugute tun,
da die zweite Instanz doch gesichert in èechoslovakischen
Händen ist. So haben wir euch Deutsche um euere Rechte geprellt,
soll das heißen, und dazu haben die deutschen
Christlichsozialen, die Landbündler und die Gewerbeparteiler
sich hergegeben!
Wie wir Sozialdemokraten uns die Lösung des Grundproblemes
der Verwaltung und des friedlichen Nebeneinander- und Zusammenlebens
der Nationen vorstellen, das haben wir ausgesprochen schon lange
vor dem Bestand dieses Staates, 1899 schon in Brünn, wo wir
verlangt haben, daß an Stelle der Kronländer national
abgegrenzte Selbstverwaltungskörper treten. Wir haben im
Jahre 1917 auf der Konferenz in Brünn ausgesprochen, daß
nur eine Verfassung genügt, die auf dem festen und unzerstörbaren
Boden einer demokratischen Lokalverwaltung beruht, und dasselbe
haben wir 1919 auf dem konstituierenden Parteitag in Teplitz ausgesprochen,
wo wir verlangt haben: Abschaffung des bürokratischen Herrschaftssystemes,
Einteilung des Staatsgebietes in nationalabgegrenzte Bezirke,
die sich durch freigewählte Körperschaften selbst regieren,
ihre Beamten und Richter wählen, ihre Gerichtssprache und
Schulsprache festsetzen, wobei für die gemischten Gebiete
freigewählte Vertretungskörper zur selbständigen
Verwaltung der besonderen Angelegenheiten der Nation eingesetzt
werden sollen.. Für diese Grundsätze sind wir eingetreten
jederzeit und ohne Rücksicht auf die Aufnahme, die sie jeweils
fanden. Darum haben wir heute das Recht den èechischen
Parteien gegenüber, die solche Grundsätze aus Machtdünkel
negieren, die sie mit den Füßen treten, um alle Nichtèechen
zu entrechten, als Ankläger aufzutreten. Die deutschen Parteien,
die an der Entrechtung des eigenen Volkes mitwirken, überlassen
wir dem Urteil des Volkes und der Schande, die ihnen gebührt.
Es verdient noch festgehalten zu werden: Die
Verwaltungsreform ist ja deshalb so plötzlich gekommen, weil
sie ein Schachergeschäft des Herrn Švehla mit
der slovakischen Volkspartei ist. Die Regierungsdeutschen hält
er etwas leichter bei der Stange. Da ist die Knödelschüssel
und da ist die Drohung mit Fußtritten. Aber Herr Švehla
hat auch die Slovaken zu betrügen verstanden. Nun können
sie sich wohl ihren Pittsburger Vertrag auf den Hut stecken. Das
wird kein Nachteil für die Hlinka-Bank sein, aber
ein Betrug am slovakischen Volke bleibt es trotzdem. An härtesten
aber trifft diese Verwaltungsreform die Deutschen, und neben uns
die Magyaren. Wir haben überhaupt nichts mehr zu reden. Der
Staat wird in vier Gaue, Prag, Brünn, Preßburg und
Podkarpatská Rus eingeteilt und in keinem so raffiniert
ist das ausgeklügelt - in keinem bilden Nichtèechen
mehr als eine aussichtslose Minderheit. Einen Gau von der Größe
Böhmens, ein ähnlich wahnsinniges Verwaltungsgebiet
- gibt es überhaupt sonst in der Welt nicht wieder. Das alte
Österreich schon hat die Unmöglichkeit eines solchen
Zustandes eingesehen und stand " als der
Krieg kam, bereits vor der Reformierung, vor der Zerlegung dieses
Verwaltungsundings.
Das erste Wort des Präsidenten war: die Èechoslovakische
Republik soll eine höhere Schweiz sein. Man vergleiche nun
die Verwaltung der Schweiz mit der Böhmens.
Die Schweiz hat 3,800.000 Einwohner, Böhmen 6,576.000, also
rund das Doppelte. Die Schweiz ist eingeteilt in 22 Kantone, Böhmen
bildet einen Kanton, das Sechsundzwanzigfache eines Schweizer
Kantons. Ein Kanton in der Sehweiz ist 2000 Quadratkilometer
groß, der Kanton Böhmen 52.000 Quadratkilometer. Drei
Kantone in der Schweiz sind gemischtsprachig, 14 rein deutsch,
drei rein französisch, ein Kanton rein italienisch, ein Kanton
rhätoromamisch. Wir haben einen Kanton, in dem 4,382.000
Èechen und 2,174.000 Deutsche leben.
Der kleine Rest verteilt sich auf andere Völkerschaften.
Das ist in der Schweiz freilich eine Jahrhunderte alte Entwicklung.
Aber erkämpft ist sie. Am Wege dieser Entwicklung steht der
sagenumsponnene Winkelried, der in der Schlacht von Sempach durch
seinen Opfertod den Sieg der Eidgenossen über die Österreicher
herbeiführte, indem er, wie die Legende berichtet, österreichische
Speere in seine Brust versenkte und so den Eidgenossen eine Gasse
bahnte. Herr Mayr-Harting ist kein Winkelried. (Veselost
na levici.) Er
ist eher das Gegenteil: Er bahnt dem Unterdrücker des eigenen
Volkes eine Gasse.
Aber nehmen wir das Beispiel Frankreichs. Das
ist den Herrschaften, die die Väter der Verwaltungsreform
sind, immer ein leuchtendes Beispiel gewesen: Frankreich!
Frankreich! Sie haben ja auch die ganze èechoslovakischen
Wirtschaft zum Teufel gehen lassen, weil sie sich ganz an Frankreich
anklammerten. Frankreich ohne Elsaß ist in 87 Departements
eingeteilt. Ein solches Departement ist durchschnittlich 6.000
Quadratkilometer groß, durchschnittlich
kommen auf ein Departement 400.000 Einwohner. Das entspräche
beiläufig, an Größe, an Einwohnerzahl und Umfang,
dem Gaue Karlsbad, oder dem Gau Böhm. Leipa. Das Departement
Prag, das mit den gleichen Aufgaben eines französischen Departements
geschaffen wird, ist 12 mal so groß wie das französische
Departement und hat 17mal soviel Einwohner, und dabei lebt im
französischen Departement eine Nation, im Departement Prag
leben zwei Nationen, die herrschende und die beherrschte.
Es ist geradezu köstlich, wenn diese Schaffung,
dieses Riesendepartements, Riesengaues, Riesenkantons Prag mit
Ersparungsrücksichten verteidigt wird, wenn dr Kramáø
hier oben steht und sagt, dazu nötigen
uns die finanziellen Tatsachen, darüber kommen wir nicht
hinweg, wir haben das Geld für Gaue nicht. (Výkøiky:
Aber für den Militarismus ist Geld da!) Das
trauen sich die Herren zu sagen, die erst vor kurzem Milliarden
für den Moloch Militarismus hinausgeworfen haben, die heute
mit ihren Riesenbestellungen die Dividenden der Pulverfabriken
in die Höhe treiben.
Noch köstlicher aber ist, was die "Prager
Presse" als Grund anführt, weshalb man zu diesem Riesengau
kommen müsse. Sie sagt z. B.: "Für die sogenannten
historischen Länder kommen zwei große Wirtschaftsterritorien
in Betracht, nämlich einerseits Böhmen, andererseits
Mähren mit Schlesien. Diese beiden Wirtschaftseinheiten gehören
seit Jahrtausenden zusammen." Also deshalb kann man sie nicht
trennen. Das nimmt sich nicht schlecht aus im Regierungsblatte
eines Staates, der ein Nachfolgestaat Österreichs ist. Ich
glaube, das alte Österreich war auch etwas historisch Gewordenes,
auch etwas innig Zusammengehörendes, auch ein großes
Wirtschaftsgebiet, dessen einzelne Teile genau auf einander eingestellt
gewesen sind, - und es ist trotzdem zerrissen worden.
Sicher ist eines, daß es unmöglich
ist, in einem solchen Riesengebiete eine ordentliche Verwaltung
zu führen und sicher ist, daß man sich gar nicht mit
der Absicht trägt, eine Vertretung des Volkes in diesen Riesengauen
herzustellen, die man wirklich als eine Vertretung des Volkes
anerkennen dürfte.
Als Herrscher ist der Bürokrat vorgesehen,
der mit ungeheuerlichen Rechten ausgestattet ist, der die Vertretung
nach Hause schicken, gewählte Vertreter hinauswerfen lassen,
ja, sie auch einsperren lassen kann. Ich muß sagen: Das
hier ist die Erledigung der Deutschen in diesen Vertretungen.
Und das gab ja gestern Herr Dr Kramáø
von diesem Platze aus zu, indem er ganz
ausdrücklich nur von einem "Beirat" gesprochen
hat.