Úterý 28. èervna 1927

Diese Vertretungen werden nichts anderes als ein Beirat sein, der wahre Herrscher über alles wird der Polizist sein. Genau dasselbe, was von den Ländern gilt, gilt für die Bezirke: Dieselbe Beamtenherrschaft in den Bezirken, dieselben Ernennungen. Was das in wirtschaftlicher Hinsicht bedeutet, daß diese Bezirke den Deutschen aus der Hand genommen werden, möchte ich an einigen Zahlen aufzeigen. (Pøedsednictví pøevzal místopøedseda Stivín.)

Es machen die ordentlichen Voranschläge der deutschen Bezirke ca 200 Millionen aus, die außerordentlichen ca 100 Millionen. Jährlich fließen durch diese Bezirke 300 Millionen der deutschen Wirtschaft zu. In diesen deutsch en Bezirken gibt es 6.000 Angestellte.

Stellen Sie sich vor, was mit den Lieferungen in dem Augenblicke geschehen wird, wo die neue Verwaltung in den Bezirken Tatsache sein wird, wie viele von den 6000 deutschen Angestellten das Schicksal derer teilen werden, die bei den staatlichen Betrieben, bei der Bahn und der Post angestellt gewesen sind. Die deutschen Bezirke verwalten, heute die Fonds vieler Sparkassen u. s. w., die 1000 Millionen Spareinlagen haben. Welche Folgen, es zeitigen wird, wenn die Verwaltung verèecht und bürokratisiert sein wird, kann sich jeder leicht ausmalen.. Das, glaube ich, dürfte auch manchen Bauern und Gewerbetreibenden ganz außerordentlich interessieren, wenn er sich nur eine Vorstellung machen würde und könnte, was dann eintreten wird.

Aber das ist noch lange nicht alles. Man macht in einem Aufwaschen ganze Arbeit. Es ist wirklich ein Mittel, um auf Umwegen zum Fascismus zu kommen, was man mit dieser Verwaltungsreform plant. Es ist der erste Schritt zur Aufhebung des allgemeinen Wahlrechtes. (Výkøiky: Ein ziemlich direkter!) Ja, ein ziemlich direkter. Einmal wird das Wahlalter auf 24 Jahre, dann wird die Seßhaftigkeit erhöht. Man muß ein Jahr seßhaft sein. Das richtet sich gegen die Arbeiter. Die Erhöhung des Wahlalters richtet sich gegen die Jugend und zeigt die Furcht der Regierungsparteien vor der Jugend. In der Erhöhung der Seßhaftigkeit äußert sich die Furcht vor der Arbeiterschaft überhaupt. Die wirtschaftlichen Verhältnisse zwingen die Arbeiter, ihren Wohnsitz zu wechseln, und durch die Erhöhung der Seßhaftigkeit kann man also viele Zehntausende Arbeiter um ihr Wahlrecht betrügen.

Dazu kommt die Ernennung eines Drittels der Vertreter. Ein Drittel der Vertretung en wird aus ernannten Personen bestehen. Die Regierung wird Fachmänner ernennen. Sie erklärt, diese Fachmänner seien eine Notwendigkeit; als man aber das Gesetz gemacht hat, da hat man keine Fachmänner beigezogen, da hat man es abgelehnt, Fachmänner zu hören. Dort aber sind Fachmänner notwendig! Man wird als Fachmänner natürlich jene ernennen, die weil sie bei der Bevölkerung sich in Mißkredit gebracht haben, wahrscheinlich auf anderem Wege nicht so leicht in die Vertretungen hineinkommen könnten. Es wird sich herausstellen, daß die Landbündler, daß die Gewerbeparteiler und daß die Christlichsozialen über ein ganzes Heer von Fachmännern verfügen, während es Fachmänner nicht geben wird, die oppositionellen Parteien angehören.

Eine bedeutende und in ihren Wirkungen von der Masse der Bevölkerung vielleicht noch nicht ganz erkannte nationale Gefahr birgt die Beamtenherrschaft in sich. Es ist ganz köstlich nachzulesen, wie die "Deutsche Presse" versucht, diese Beamtenherrschaft sozusagen als Gewinn für das deutsche Volk hinzustellen. So sagt die "Deutsche Presse" in ihrer Ausgabe vom 24. Feber: "Nun ist es bekannt, daß bei der Aufstellung der Ministerien das deutsche Element nur vereinzelt herangezogen wurde und auch später nicht nach dem Schlüssel des Bevölkerungsverhältnisses in die Ministerien einzog. Dagegen blieb das deutsche Element in der zweiten und ersten Instanz, insoweit es nicht durch Abgang und geringeren Eintritt in den Staatsdienst eine verhältnismäßige Minderung erlitt. Stattet man aber diese Instanzen mit größeren Kompetenzen aus, so partizipiert das hier numerisch stärker als in den Ministerien vertretene deutsche Beamtenelement dieser unteren Instanzen automatisch an deren ausgestatteter Machtvollkommenheit." Das scheint sehr bestechend zu sein: Wir sind viel besser daran, wenn diese deutschen Beamten in den untern Instanzen sitzen, daß beim Land der Instanzenzug aufhört und nicht an das Ministerium gehen muß, wo die èechischen Beamten sitzen. Aber am 16. April bringt dieselbe "Deutsche Presse" ein en Artikel, der sich "Verwaltungsreform und Systemisierung" nennt, worin gesagt wird: "Aber gerade während man auf der einen Seite gute Vorkehrungen trifft, kommen andererseits Sachen vor, die imstande sein könnten, die besten Absichten und Theorien zunichte zu machen. Als Beweis dafür müssen wir auf die bedauerliche Tatsache der Ernennungen hinweisen, welche in den letzten Wochen in der Prager politischen Landesverwaltung erfolgt sind. Dieser gehören 45 Regierungsräte an, von denen nur 7 Deutsche sind." Das ist das stark vertretene deutsche Element in den unteren Instanzen! Das Blatt fährt fort: "Dieselbe Landesregierung verfügt derzeit über 158 Statthaltereiräte, von denen 29 Deutsche sind. Im ersten Falle also 12.7 % im zweiten Falle 18.3 % Deutsche, Zahlen, welche weder der Bevölkerungsziffer, noch den verwendbaren deutschen Kräften entsprechen. In der letzten Zeit wurde eine Reihe dieser Statthaltereiräte zu Departementschefs ernannt. Daß man bei den erwähnten Ernennungen die 54 rangältesten Statthaltereiräte, von denen doch sicherlich nicht alle ausnahmslos ungeeignet gewesen sein können, übersprang, daß man erst den èechischen Statthaltereirat zum Departementchef ernannte, der in der Rangliste rein an 55. Stelle steht, daß sich unter den übergangenen Vordermännern 12 deutsche Statthaltereiräte befinden, die seit Jahren bei der Statthalterei Dienst machen und außerdem noch 3 deutsche Statthaltereiräte, die als Chefs von politischen Bezirksverwaltungen tätig sind, das ist eine Tatsache, die begreiflichen und begründeten Unwillen erregen muß, umsomehr als sich übergangene deutsche Statthaltereiräte an dritter, vierter, fünfter usw. Stelle befinden." Also hier gibt dieselbe "Deutsche Presse" zu, daß es die Regierung in der Hand hat - und sogar in einer Zeit, in der Herr Mayr-Harting Justizminister und Herr Dr Spina ebenfels Mitglied des Kabinetts ist - von dem Ernennungsrecht einen Gebrauch zu machen, der sich gegen die Deutschen richtet. (Výkøiky: Betrogene Betrüger!) Gewiß! Ganz außerordentlich interessant, ja, lustig mutet es an, daß man wenigstens eines getan hat:

Dem Bürokraten, den man an die Spitze des Bezirkes setzt, den man mit allen erdenklichen Vollmachten ausrüstet, dem man einen Freibrief gibt, zu handeln wie er will, diesem Bürokraten wollte man ursprünglich den Namen eines náèelník geben, eines Bezirksvorstehers; glücklicherweise ist es aber soweit gekommen, daß man wiederum den Namen Bezirkshauptmann gefunden hat. Das soll heißen: Er ist euer Herr, er ist euer Gebieter; in dem Namen schon soll zum Ausdruck gebracht werden, das ist der Herr, dem wir unbedingt zu folgen haben, denn er ist unser Hauptmann. Ich glaube, man hätte noch einen beßeren Titel finden können: Landvogt! So wäre der richtige Ausdruck gewesen.

Wir sehen also schon bei der flüchtigsten Übersicht über das, was die Verwaltungsreform bringen soll, daß sie ein Grab für die nationale Autonomie sein wird, wir wissen, daß sie ein Grab für die soziale Fürsorge wird. Die "Deutsche Presse" hat sogar den Versuch gemacht, in einem Artikel darzulegen, daß man die Fachleute ernennen müsse deshalb, weil es sich doch um die Verwaltung von - nicht bloß staatlichen - Wohlfahrtseinrichtungen in den Bezirken, Gauen und Ländern handle. Das Blatt schreibt: "Das Interesse der Verwaltung solcher Wohlfahrtsinstitutionen ist viel stärker, als das Bedenken, daß nicht jeder Bürger durch seinen Stimmzettel an ihr teilnimmt, ihre - wenn auch nur teilweise - Entpolitisierung viel wichtiger, als der Grundsatz des allgemeinen Stimmrechtes." Und es konnte wohl auf diese Verdrehung der Tatsachen niemand anderer besser antworten, es war wohl niemand zuständiger zur Antwort als der Reichsverband für deutsche Jugendfürsorge, der in einer Entschließung ausdrücklich darauf aufmerksam gemacht hat, daß er die größte Gefahr für die Jugendfürsorge, die größte Gefahr für die soziale Fürsorge in der Tatsache sieht, daß die Bezirksverwaltungen bürokratisiert werden und daß sie nicht Menschen, die von der Bevölkerung hingestellt sind auf diesen Posten, darüber zu bestimmen haben, was in den Bezirksverwaltungen in Bezug auf soziale Fürsorge, in Bezug auf Jugendfürsorge zu geschehen hat, sondern, daß mit dieser Aufgabe ein Bürokrat betraut werden soll.

Aber die Krönung des Ganzen ist wohl das Prügelpatent. Was im Jahre 1854 Metternichs Erbe, Alexander Bach, ausgeheckt hat zu dem Zwecke, um Untertaten zu züchtigen, die der hohen Obrigkeit nicht genehm waren, feiert in der Verwaltungsreform der èechoslovakischen Republik seine Auferstehung, nur noch ärger, nur noch mit bedeutend höheren Strafausmassen. Die Landes- und Bezirksämter können alle ihnen zweckdienlich erscheinenden Verfügungen und Anordnungen treffen und die Nichtbefolgung mit schweren Strafen, mit Geld- und Freiheitsstrafen, ahnden. Selbst unzuläßiges Betragen an öffentlichen und öffentlich zugänglichen - man höre - öffentlich zugänglichen Orten können sie mit schweren Strafen belegen. Der politische Beamte, bzw. der Polizist erläßt Verordnungen und er wird zu gleicher Zeit zum Richter über die Bevölkerung eingesetzt.

Man tut sich hierzulande viel darauf zugute, daß die èechoslovakische Republik sich gründlich entösterreichert habe. Man stürzt Denkmäler aus der österreichischen Zeit, geht gegen jede Gedenktafel vor, gegen jede Strassenbenennung, gegen Hausschilder, die an Österreich erinnern, gleichzeitig aber sucht man die Rumpelkammer des einstigen absolutistischen Österreich mit allem Eifer, der Lumpensammler auszeichnen kann, durch nach Ketten, um das Volk zu fesseln, und nach Prügeln, mit denen man es schlagen kann. In der Republik Österreich war man nicht so kindisch, Denkmäler zu stürzen, man entösterreicherte sich dort, indem man die kaiserlichen Verordnungen und die Hofdekrete aus der absolutistischen Ära aufhob. Pressefreiheit, Versammlungsfreiheit, Freiheit der Staatsbürger, das sind Österreichs Zeichen. Abgetragene Denkmäler, übertünchte Weg- und Häusertafeln, Unfreiheit, Zensur, Polizeiherrschaft, Prügelpatent, das sind der freien demokratischen, èechoslovakischen Republik Zeichen. Die èechoslovakische Republik hat nichts gemein mit der Republik Österreich, aber in ihr steht auf das Österreich des Vormärz.

Die Republik Österreich hat eine Verwaltungsreform durchgeführt, die ausdrücklich das Prügelpatent aufhebt und es durch Bestimmungen ersetzt, die jegliche polizeiliche Willkür ausschließen und überdies jedem Bestraften den Weg zum Verwaltungsgericht freilassen. Umso größer die Schande, mit der sich die èechoslovakisch-deutsche Regierung, die Èechoslovakische Republik unter Führung Kramáøs bedeckt, umso gemeiner die Niedertracht, die diesen Block auszeichnet, daß nun hier nicht nur das Prügelpatent des Bach vom Jahre 1854 über unser Volk verhängt werden soll sondern noch ein verschärftes, ein mit neuen und erhöhten Gemeinheiten ausgestattetes Prügelpatent. Die Republik des Alexander Bach, die Republik, die den Geist der Metternischen Zeit widerspiegelt, dahin ist es unter Kramáøs Führung, unter der deutschen Regierungsparteien beispiellosem Verrat gekommen! Würden die deutschen Volksmassen ahnen, was ihnen bevorsteht, es hätte gestern kein Kramáø hier oben stehen dürfen und es dürfte kein Regierungsdeutscher mehr in sein Heimatsdorf zurückkehren. Das alte österreichische Prügelpatent gestattet den politischen Behörden die Erlassung von Verboten im legalen Wirkungskreise, das èechoslovakische Prügelpatent gibt den Landes- und Bezirkspaschas freie Hand, zu gebieten und zu verbieten. Das alte österreichische Prügelpatent hat Vorkehrungen wegen Störung der Ruhe vorgesehen, in dem hier in Vorbereitung befindlichen Gesetz ist schon die Bedrohung der Ruhe ein Anlaß, mit dem Prügelpatent einzuschreiten. Das alte österreichische Prügelpatent kennt nur Strafe für ein Ärgernis, das durch polizeiwidriges Verhalten hervorgerufen wurde, das èechoslovakische hat Strafen für polizeiwidriges Verhalten und außerdem für Ärgerniserregung. Das alte österreichische Prügelpatent setzt Geldstrafen von 2 bis 200 Kronen fest, im èechoslovakischen werden bis zu 5000 Kè festgesetzt. Das alte österreichische Prügelpatent hat Höchststrafen von 14 Tagen geduldet, das èechoslovakische kennt Arrest bis zu 6 Wochen. Das alte österreichische Prügelpatent sieht vor, daß die höchste Polizeistrafe nicht höher sein dürfe, als die geringste Gerichtsstrafe im ähnlichen Delikt, das èechoslovakische kennt diese Beschränkung nicht. Und neben diesen noch eine Reihe von Verschlechterungen und Verschärfungen. Die Regel eines Rechtsstaates heißt: Keine Strafe ohne Gesetz. Diese Regel ist hier durchbrochen, das Gesetz ist durch eine vor 70 Jahren in Österreich erlassene Verordnung ersetzt.

Prof. Rauchberg faßt sein Urteil über dieses ungeheuerliche Attentat auf die bürgerliche Freiheit zusammen in die Worte: "Das berüchtigte alte Prügelpatent nimmt sich wie ein harmloses lyrisches Gedicht aus neben den Schrecken des neuen Prügelpatentes, das die Regierung in ihre Verwaltungsreformvorlage eingeschmuggelt hat. Hierauf gibt es nur eine Antwort: Außerster Widerstand. Um die Freiheit wäre es sonst geschehen!"

Nun einen Überblick darüber, wie die deutschen Regierungsparteien hier gekämpft haben, um diesem Gesetze seine Härten zu nehmen, wie sie sich des Volkes angenommen haben. Bedingungslos standen hinter dieser Vorlage, mit der die Arbeiter ohnmächtig gemacht, mit der die Deutschen zu Parias erniedrigt werden sollen, sofort die deutschen Christlichsozialen, deren Führer Herr Mayr-Harting - ich möchte jedes Wort das ich hier sage mit Überlegung aussprechen - deren Führer Mayr-Harting wohl die übelste Rolle spielt, die je ein Angehöriger des deutschen Volkes gespielt hat. Herr Mayr-Harting hat es fertig gebracht, im Blatte des Moritz Benedikt die faustdicke Unwahrheit unterzubringen, daß diese Verwaltungsreform ein Vorteil für die Deutschen sei. Als wir in Karlsbad, in der Hauptstadt seines Wahlkreises, uns mit ihm darüber auseinandersetzen wollten, ließ er, der aktive Justizminister, schnell seine schon angesagte Versammlung von der Polizei verbieten. Er, der Justizminister schämte sich nicht, sich hinter das bestellte Machtwort eines Polizisten zu verstecken. Als in seinem eigenen, also im christlichsozialen Lager Unruhe ausbrach, verlegte er sich auf Versprechungen. Man weiß niemals bei Herrn Mayr-Harting, wieviel man auf sein Wort zu geben hat, man weiß niemals bei ihm, was man als wahr oder als unwahr zu unterscheiden hat. Er gibt aber Versprechungen, von denen er weiß, daß seine Partei sie nicht halten werde. Am Prager Kreisparteitag der christlichsozialen Partei er klärte er, die Verwaltungsreformvorlage bilde nur eine Verhandlungsgrundlage und müsse verbessert werden, wozu er folgende Forderungen aufstellte: Sicherung des deutschen Schulwesens, Schulautonomie, entsprechende Berücksichtigung deutscher Beamten, eine solche politische Ordnung, die dem deutschen Volk das entsprechende Maß von Mitbestimmung sichere und sprachliche Gleichberechtigung. Wie er sein Wort gehalten hat, das geht aus der Tatsache hervor, daß seine Partei im Verfassungsausschuß das gerade Gegenteil von dem tat, was er versprochen hat. Herr Mayr-Harting erklärte z. B. die Schulautonomie als eine Bedingung. Nun brachten die deutschen Sozialdemokraten im Verfassungsausschuß den Antrag ein, die Schulautonomie festzulegen, und sie legten hiezu gleich einen fertigen Gesetzentwurf vor. Und siehe da, Herrn Mayr-Hartings Partei stimmte dagegen. Ebenso natürlich die anderen deutschen Regierungsparteien, da ihnen Herr Kramáø nicht erlaubte, für die Schulautonomie zu stimmen.

Herr Mayr-Harting stellte die Forderung nach sprachlicher Gleichberechtigung auf. Als die deutschen Sozialdemokraten aber verlangten, daß alle Vertreter in den Ländern und Bezirken sich ihrer Muttersprache bedienen dürfen, stimmten dem wohl die èechischen sozialistischen Parteien zu, aber die Herren der Partei Mayr-Hartings, die deutschen Christlichsozialen, die Landbündler und Gewerbeparteiler stimmten flott gegen diese sprachliche Gleichberechtigung. Herr Mayr-Harting verlangt, um die eigenen Anhänger zu beruhigen, eine politische Ordnung, die die Rechte des deutschen Volkes sichere: aber seine Partei, und mit ihr die beiden anderen deutschen Regierungsparteien, stimmten sogar den sozialdemokratischen Antrag auf nationale Abgrenzung der Bezirke nieder. Die drei deutschen Regierungsparteien verlangten eine nationale Sicherung bei der Ernnenung der Fachmänner in den Bezirks- und Landesvertretungen. Nun beantragten die deutschen Sozialdemokraten, daß die Regierung verpflichtet werde, bei Ernennungen das Wahlergebnis zu respektieren - das war die einzig mögliche nationale Sicherung - und die drei deutschen Regierungsparteien stimmten dies auf Kramáøs Geheiß sofort nieder.

Die deutschen Regierungsparteien haben von allem Anfang an die Verwaltungsreform gutgeheißen. Die hochgehenden Wogen der Empörung des Volkes haben sie dazu gebracht, zur Ermattungsstrategie ihre Zuflucht zu nehmen. Sie versprachen Sicherungen der nationalen Interessen, Sicherungen der persönlichen Freiheit, Sicherungen im Sprachenrechte. Und nichts, nichts, nichts haben sie davon gehalten. Alle grundlegenden Bestimmungen des ursprünglichen Entwurfes sind geblieben. Sie haben im Verfassungsausschuß bei der Beratung des Verwaltungsreformentwurfes nicht den Mund aufgetan, - mit einer Ausnahme: Als es gegolten hat, einen Akt der Korruption zu setzen und den Mitgliedern der Landes- bzw. Bezirksvertretung die Beteiligung an Lieferungen zu ermöglichen - das Recht des Staatsbürgers, die Freiheit der Angehörigen des eigenen Volkes, der Bestand der Selbstverwaltung, das deutsche Volk galt ihnen nicht einen Pfifferling. Herr Kramáø konnte erklären: Wir haben Zugeständnisse gemacht, soweit èechische Parteien dies mit ihrem nationalen Standpunkte vereinbaren konnten.

Die "Prager Presse", das Regierungsorgan schrieb erst gestern wieder voller Freude, es seien wohl Zugeständnisse gemacht worden, aber keine grundsätzlichen Zugeständnisse.

Sogar das haben die deutschen Volksverräter geschluckt, als Herr Èerný ihnen höhnisch gesagt hat, man brauchte sich vor der Allgewalt der Bürokratie nicht mehr zu fürchten, weil wir jetzt nicht mehr österreichische sondern unsere, das heißt èechische, das heißt èechisch-nationale Beamte haben. Ich fasse zusammen: gewissenlos, skrupellos liefern diese deutschen Regierungsparteien, liefern die Christlichsozialen, die Landbündler und die Gewerbeparteiler unser Volk, unsere Selbstverwaltung dieser èechisch-nationalen Bürokratie aus. Es bleibt bei der Auflassung der deutschen Gaue, es bleibt bei den Landesverwaltungen, in denen wir Deutsche nichts gelten und niemals etwas gelten können, es bleibt bei dem Raub des gleichen Wahlrechtes, es bleibt bei den Ernennungen durch die Regierung, es bleibt bei dem Prügelpatent, es bleibt bei der Vernichtung der Selbstverwaltung, bei der Verschüttung der nationalen Autonomie, es bleibt bei der Allmacht der Landes- und Bezirkspaschas, es bleibt bei der Festlegung der Minderwertigkeit des deutschen Volkes. Und das alles mit ausdrücklicher Zustimmung der drei deutschbürgerlichen Parteien, jener Parteien, die bis in die Letzte Zeit hinein die unglaubliche Frechheit aufgebracht haben, den deutschen Sozialdemokraten, nationale Unzuverlässigkeit vorzuwerfen, sich bei der Bevölkerung als die Deutschen, als die nationalen Parteien aufzuspielen und uns als weniger gut deutsch hinzustellen. Es bleibt bei all dem mit ausdrücklicher Zustimmung der deutsch-bürgerlichen Parteien, die elender Profite wegen zu Henkern und zu Toten gräbern des deutschen Volkes werden. Alle Parteien, die nicht in der Regierung sitzen, haben sofort, als der erste Entwurf der Verwaltungsreform herausgekommen ist, Protestkundgebungen gegen das beabsichtigte Schandgesetz abgehalten.

Wir deutsche Sozialdemokraten haben allein an 1000 Versammlungen, die oft zu riesigen Manifestationen wurden, abgehalten. Das ganze Volk ist aufgestanden und bis in das Lager der Regierungsparteien hinein ging die Welle der Erregung. Fast alle Städte und Bezirke erhoben feierlichen Protest gegen die Absicht, die Selbstverwaltung zu erwürgen und die Polizei zu unserem absoluten Herrn zu machen. Selbst jene Èechen, die sich noch ihre Ansichten aus besserer Zeit bewahrt haben, haben aufgeschrien. Senator Dr Karas der klerikalen èechischen Volkspartei schrieb im Organ des Herrn Ministers Šrámek unter anderem: "Die Durchführung aller ihrer Angelegenheiten soll also in den Händen von Staatsbeamten liegen, die ausschließlich dem Innenminister unterstellt sind und auf welche die Vertretungen absolut keinen Einfluß haben." Senator Dr Karas fragt, ob eine solche Vorlage einem demokratischen Parlament überhaupt unterbreitet und von gewählten Volksvertretern angenommen werden kann. Es sei nicht zu begreifen, daß sie von Ministern genehmigt worden sei, die parlamentarischen Klubs angehören. Sogar ein Blatt der Partei des Herrn Kramáø, also des Herrn Paten dieser Mißgeburt von einer Verwaltungsreform, erhebt heftige Kritik. Es ist das "Demokratický støed", das unter anderem schreibt:

"Der Präsident der Landesverwaltung, ein Staats-, nicht autonomer Beamte, wird sozusagen der absolute Herrscher des Landes sein, der nur zur Verzierung der Vorlage mit einer beratenden Körperschaft umgeben ist, die nur in genau angeführten Fällen im beschränkten Umfang mitzuentscheiden die Möglichkeit hat. Es wird Sache des Präsidenten sein, ob er verschiedene Bestimmungen der Vorlage liberal oder mit bürokratischer Schärfe auslegen wird. Seine Macht wird so weitgehend sein, daß sich nicht einmal die ehemaligen Statthalter hätten davon träumen lassen. So vereinigt sich Macht und Einfluß des Statthalters mit der Macht und dem Einfluß der Leiter der Staatsverwaltung. Der Oberstlandmarschall wurde vom Kaiser auf die Dauer der Wahlperiode ernannt. Der neue Landeschef, der Träger beider Funktionen, soll auf unbegrenzte Zeit lebenslänglich, bezw. auf die Dauer seiner Dienstzeit ernannt werden." Zum Schluß hat das Blatt auf das Prügelpatent hingewiesen.

In der christlichsozialen "Deutschen Presse" vom 10. März d. J. fällt der christlichsoziale Senator Stolberg ein vernichtendes Urteil über den Entwurf. Er verweist auf die Arbeit, die von der Republik Österreich geleistet wurde, um ein modernes Verwaltungsrecht zu schaffen und damit endlich die Rechtsanschauung des Polizeistaates von ehedem zu erledigen und stellt fest, daß der vorliegende Entwurf dem umgekehrten Weg zur Rückbildung des Rechtes im Sinne des alten Polizeistaates geht. Schließlich sagt er: "Es ist kaum verständlich, wieso die Regelung dieses ganzen Rechtsgebietes als Durchführung eines bestimmten Gesetzes und im Rahmen desselben angesehen werden könnte. Die Republik Österreich hat dieses Rechtsgebiet im Jahre 1925 in 5 Gesetzen behandelt. Durch diese 5 Gesetze werden 14 Hofkanzleidekrete und Verordnungen der absolutistischen Zeit vom Jahre 1799 bis 1868 außer Kraft gesetzt. Die hiesige Regierung scheint den Ehrgeiz zu haben, diesen 14 Dekreten und Verordnungen noch eine 15. hinzuzufügen." Wenn man dieses scharfe Urteil über eine von Herrn Mayr-Harting unterstützte Vorlage im Blatte desselben Mayr-Harting liest, braucht man nicht überrascht zu sein. Herr Mayr-Harting ist ja auch Vorsitzender des Deutschen Juristentages, der diese Vorlage als "im höchsten Maß überstürzt", als ein "Ermächtigungsgesetz schlimmster Art", als eine Ignorierung der lokalen und nationalen Selbstverwaltung, als Aufhebung der kleinen Anfänge zur nationalen Autonomie erklärte. Herr Mayr-Harting bringt es eben fertig, gegen sich selbst zu protestieren und dann auf seinen Protest zu pfeifen, was Parteigenosse Czech unlängst in einem treffenden Zwischenruf festgestellt hat, indem er sagte: "Er fährt im Doppelgeleise."

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