Pátek 1. èervence 1927

Pøedseda (zvoní): Prosím pana øeèníka, aby skonèil.

Posl. Knirsch (pokraèuje): Nun haben wir geglaubt, daß bei diesem grundlegenden Gesetz über die Verwaltungsreform in großer Breite und Tiefe das Problem dieses Staates aufgerollt werden wird; denn wir durften das erwarten im Hinblick auf die Erklärung des Regierungschefs beim Antritt der deutschèechischen Koalitionsregierung, der sagte, daß es die Aufgabe dieser Regierung sein werde, die Herbeiführung des nationalen Ausgleiches im Staate in die Wege zu leiten, denn wir seien ja jetzt Gleiche unter Gleichen in der Regierung und könnten daher an dieses Problem herangehen. Wie dieser nationale Ausgleich aussieht, dafür haben wir einen kleinen Vorgeschmack bekommen während der ganzen Verhandlungen der Verwaltungsreform im Ausschuß. Wenn selbst ein Antrag, wie ihn der Herr Abg. Hackenberg stellte, von den èechischen Regierungsparteien niedergestimmt wurde und von den deutschen Regierungsparteien niedergestimmt werden mußte, ein Antrag der dahin geht, daß unsere Vertreter in den einzelnen Körperschaften sich der Muttersprache bedienen können, dann können wir wohl beurteilen, wie es um die nationale Gerechtigkeit, um den nationalen Ausgleich aussieht. Meine Herren! Die Stellung der Deutschen ist heute nicht mehr eine solche, wie sie noch vor 6 oder 7 Jahren gewesen ist. Hätten Sie uns getrost noch ein oder mehrere Jahre mit Ihrer Politik gesegnet - im Grunde war Ihre Politik ja schon zusammengebrochen - der Augenblick war sicherlich nicht allzu ferne, in dem die Mitarbeit der Deutschen im Staate durchgeführt worden wäre, nachdem vorher ein wirklicher Ausgleich von Volk zu Volk vorgenommen worden wäre in dem Sinne, wie ihn die deutschen Parteien, auch die deutschen Regierungsparteien, vom Anbeginn ihres Eintrittes ins Parlament und die ganzen Jahre hindurch, da sie nicht in der Regierungskoalition saßen, vertreten haben. Unsere Machtstellung war also keine solche, daß wir uns mit einer solchen Rolle hier begnügen müßten, wie sie durch die Politik der deutschen Regierungsparteien in Erscheinung getreten ist. Daher bedauere ich, daß bisher noch kein Regierungsdeutscher hier aufgestanden ist und die Politik seiner Partei dargelegt hat, damit wir uns mit dieser Politik auch hier auseinandersetzen können.

Nun, die Vorlage wird nach all dem, was wir gehört haben, zweifellos in diesem Hause angenommen werden und damit wird der Schlußpunkt unter eine Vorlage gesetzt, die, wie ich eingangs sagte, zu allertiefst in unser ganzes nationales und politisches Leben einschneidet. (Rùzné výkøiky na levici.) Ich darf sagen, daß auf oppositioneller Seite es nicht an dem Willen gefehlt hat, in all den Wochen und Monaten in sachlicher positiver Arbeit die Mängel der Vorlage aufzuzeigen, daß es nicht gefehlt hat in Zusammenarbeit auch mit den regierungsdeutschen Parteien, eine grundlegende Änderung dieser Vorlage zu erreichen. Wir haben nicht leere Kritik und Negation betrieben, wie wir es in der gegnerischen Presse zu lesen bekommen, es müßen uns vielmehr die regierungsdeutschen Parteien das Zeugnis ausstellen, daß wir mit tiefstem Ernst an ihrer Seite an der Besserung der Grundlagen der Vorlage mitgearbeitet haben. Wir können heute nichts tun, als die Verantwortung für dieses Gesetz abzulehnen und uns vorzunehmen, den Kampf gegen eine solche Politik zu führen, die keine aktive Politik, sondern eine erfolglose aktivistische Politik ist, die dem Volk nicht das an Erfolgen bringt, was unserer Machtstellung heute angemessen erscheint. Wir müssen eine solche Politik ablehnen und bekämpfen um den Weg zu einer aktiveren, wahrhaft deutschen Politik zu bereiten, die darauf hinausgeht, das Los unseres gesamten Volkes einer Besserung zuzuführen. (Potlesk poslancù nìm. strany nár. socialistické.)

7. Øeè posl. dr Czecha (viz str. 2199 tìsnopisecké zprávy):

Hohes Haus! Das Vexierspiel, das uns den ganzen Tag über bei guter Laune erhalten hat und das da lautet: "Wo ist Krumpe", ist vorüber. Herr Koll. Krumpe hat seine Streichung auf der Rednerliste vollzogen und damit ist das unwürdige Fangerlspiel, dessen Zeugen wir alle gewesen sind und das von einer ganz außerordentlichen Manövriergabe der Herren aus dem christlichsozialen Lager Zeugnis gegeben hat, zu Ende. Wir alle haben nichts anderes gewünscht, als uns mit den Herren deutschen Aktivisten auseinanderzusetzen. Wir haben das getan, was auf èechischer Seite die Regierungsparteien taten, wir haben uns den Aktivisten gestellt, wir wollten mit ihnen die Klingen kreuzen und eine Auseinandersetzung von Antlitz zu Antlitz auf dieser Tribüne herbeiführen. Es ist uns nicht gelungen. Ich glaube, daß sich die Herren damit selbst den allerschlechtesten Dienst erwiesen haben und daß wir sie daher ganz getrost dem Gespötte überantworten können, dem sie sich selbst durch ihr Verhalten ausgesetzt haben.

Nun sei mir gestattet, noch am Schluß der Verhandlungen einiges zu sagen.

Wenn wir in dieser Debatte zum drittenmal das Wort ergreifen, so geschieht es bei Leibe nicht, weil wir uns noch in letzter Stunde einer Sinnenwandlung der Mehrheit, eine Rückkehr zu den Grundsätzen der Demokratie und kulturellen Selbstverwaltung, die Abänderung auch nur eines einzigen Paragraphen der Vorlage erhoffen, sondern einzig und allein zu dem Zwecke, um noch im entscheidenden Augenblick einige Feststellungen zu machen, die schwere Verantwortlichkeit der Regierungsparteien und vor allem der deutschen Regierungsparteien für immerwährende Zeiten festzulegen und die schwere Schuld des internationalen deutsch-èechischen Bürgerblocks der ganzen Öffentlichkeit mit aller Deutlichkeit vor Augen zu führen. Die Koalitionspresse versucht alles, was sich in den letzten Tagen in diesem Saale ereignet hat, als einen großen Ideenkampf, als einen großen Schicksalskampf oder, wie die "Prager Presse" sagt, als ein gewaltiges Ringen um die innere Verwaltung hinzustellen. In Wirklichkeit handelt es sich aber um nichts anderes als um ein rein akademisches Wortgefecht, um nichts anderes als um eine Auseinandersetzung über unabänderliche Tatsachen, denn die Entscheidung in der Sache selbst ist bereits längst gefallen, sie ist unwandelbar. Es fehlt nur der Formalakt der Beschlußfassung, deren Abwicklung in diesem Augenblick bereits in die präsidiellen Schreibmaschinen hineingeklappert wird und über deren programmäßigen Verlauf niemand in diesem Saale auch nur einen Augenblick im Zweifel sein kann. Wie sollte es auch anders sein in einem Hause, dem die für die Verabschiedung dieser Vorlage notwendigen parlamentarischen Daumenschrauben bereits angelegt sind, dessen parlamentarische Abstimmungsmotor bereits angekurbelt wird und dessen Justifizierungsmechanismus bereits in vollem Gang ist. Nur noch ein paar Atemzüge, genau rationiert und terminiert, nach Klub und Kopf dosiert, auf der Apothekerwage zugewogen, mit dem Rechenschieber ganz genau errechnet, und wenn die Sonne ihren Kreislauf beendet haben wird, dann fällt der eiserne Vorhang ganz automatisch auf die Minute nieder, genau so präzise, wie etwa das vom Spielleiter auf dem Theaterzettel angesagte Ende der Komödie auf die Minute genau eingehalten wird.

So wickelt sich der èechoslowakische Parlamentarismus bereits seit Jahr und Tag ab und wir haben alle das Gefühl, daß es gar nicht anders sein kann. Von Zeit zu Zeit aber gibt es Augenblicke des Besinnens und dann tritt der ganze Jammer dieses Parlamentsgetriebes so voll und ganz in unser Bewußtsein, dann bäumt sich das Rechtsgefühl und Selbstbewußtsein in uns auf, dann packt es uns, und wir haben dann nur einen Gedanken, dieses Zerrbild zu zerreißen und diesem Falschspiel ein Ende zu machen. Das waren die Gefühle, die uns bei Beginn der Beratungen über die Verwaltungsreform beherrschten und die zu der so stürmischen Ouverture zu den Plenar-Verhandlungen führten. Und siehe da, prompt erscheint Herr Abg. Viškovský auf der parlamentarischen Bildfläche, wirft sich zum Schützer und Rächer des èechoslovakischen Parlamentarismus auf, hält eine Ex-offo-Rede zu Gunsten des Herrn Dr. Kramáø und teilt an die Opposition Zensuren aus, indem er ihr zuruft, daß die stürmischen Vorgänge in diesem Hause ein Faustschlag gegen den Parlamentarismus gewesen sind. Schon einmal mußten wir uns aus einem ganz ähnlichen Anlaß - erinnern Sie sich an das Wort "Querulantentum", das Herr Dr. Viškovský den Minoritäten von dieser Stelle aus zugerufen hatte? - mit Herrn Dr. Viškovský auseinandersetzen und ihn wegen seines herausfordernden Benehmens in die Schranken weisen. Damals haben wir aufgezeigt, welchen Kalibers Herr Dr. Viškovský, der sich zum parlamentarischen Sittenrichter in diesem Hause aufgeworfen hat, im österreichischen Parlamente gewesen ist und daß gerade ihm das Recht abgesprochen werden muß, einen parlamentarischen Cato zu spielen. Wir müssen daher auch die neueste Moralpauke des Herrn Dr. Viškovský mit der größten Entschiedenheit zurückweisen, nicht ohne gleichzeitig festzustellen, daß, wenn jemand den èechoslovakischen Parlamentarismus herabwürdigt, aufs gröblichste mißhandelt, ihm, wie Herr Dr. Viškovský sich ausdrückte, Faustschläge ins Gesicht versetzt, es die Koalitionsparteien gewesen sind, die durch ihre Gewaltmethoden das Parlament aller Würde entkleidet, es zum kommunen Werkzeug der èechischen Machthaber gemacht und zur Karikatur einer gesetzgebenden Körperschaft herabgewürdigt haben. (Potlesk nìm. soc. demokratických poslancù.) Daß es um den Parlamentarismus nicht überall so bestellt ist, wollen wir an einem Beispiel erweisen, das in das gleiche legislatorische Gebiet fällt. Am 21. Juni 1925 wurde die Reform der innern Verwaltung im österreichischen Parlament verabschiedet. Die Vorlage war am 5. Juni 1924 im Parlament eingebracht worden. Der damalige Vizekanzler Dr. Frank begleitete sie mit einer Rede ein, in der er auseinandersetzte, daß es nicht bei den Bestimmungen der Regierungsvorlage bleiben solle, daß es die Regierung begrüßen würde, wenn das Haus nicht nur rasche, sondern auch gründliche Arbeit leisten und dadurch ein vollendetes Gesetzeswerk erzielen würde. Hohes Haus! Ich frage, ob wir jemals ein solches Wort im èechoslovakischen Parlament vernommen haben. Die Beratung der österreichischen Vorlage nahm nahezu 14 Monate in Anspruch und es charakterisiert die österreichischen Verhältnisse, daß ein Mitglied der Mehrheit sich in der Generaldebatte erhob - es war der Abgeordnete Clessin - und seiner Freude darüber Ausdruck gab, daß die Gesetzentwürfe durch eine verhältnismäßig lange Zeit der öffentlichen Diskussion zur Verfügung standen, wobei er noch hinzufügte, daß man nur wünschen könne, daß sich dieser Brauch in Hinkunft möglichst oft wiederhole. Halten Sie sich, verehrte Damen und Herren, dem gegenüber vor Augen, daß unserer Opposition trotz aller unserer Vorstellungen nicht einmal eine 24stündige Aufschubsfrist zum Studium der Vorlage, zur Abhaltung von Klubberatungen gegeben wurde. Aber das Entscheidende kommt noch. Die österreichische Verwaltungsreform wurde unter Dankeskundgebungen für alle Parteien des Hauses, gleichermaßen für die Regierungs- wie auch für die Oppositionsparteien und auch für die beamteten Schöpfer des Gesetzes vom ganzen Parlament einmütig beschlossen. Dadurch ist das österreichische Reformwerk durch den geeinten Willen aller Parteien des Hauses in seiner Tragfähigkeit fundiert, es wird von dem Vertrauen der gesamten Bevölkerung getragen, während in unserem Lande ein Gesetzwerk geschaffen wird, dem die Flüche der breiten Massen der arbeitenden Bevölkerung, den die Flüche großer bürgerlicher Bevölkerungsschichten mit auf den Weg gegeben werden. Dabei herrscht in Österreich auch ein bürgerlichagrarisch-klerikal-kapitalistischer Block, dem es an dem nötigen Schwung für die Wahrnehmung kapitalistischer Interessen und auch an der entsprechenden Energie für die Durchsetzung und Sicherung dieser Interessen absolut nicht fehlt. Aber in Österreich hat man es von der ersten Stunde an begriffen, daß ein Gesetzwerk von so ungeheurer Tragweite, wie es die Verwaltungsreform ist, nur dann seine große Mission zu erfüllen vermag, wenn es aus dem gesamten Willen und der gesamten Mitarbeit des gesamten Volkes erwächst und wenn sich alle Schichten der Bevölkerung um dieses Gesetzeswerk schwären. So stellt denn das österreichische Gesetz die Resultate der Mitarbeit aller Parteien des Landes und der Nationalversammlung dar und es weist dadurch die charakteristischen Merkmale dieser verschiedengestaltigen, aber durch die Mitarbeit unserer Parteifreunde von sozialem Geist, vor allem aber von grundehrlicher Demokratie erfüllten Mitarbeit auf. In unserem Lande dagegen ist alles nur auf brutale Gewalt, nur auf das rücksichtsloseste Diktat der Mehrheit gestellt. Bei uns wird bei derlei Anlässen nur mit Überraschungs- und Überrumpelungsmanövern gearbeitet. Es wird in solchen Augenblicken gewöhnlich die Luft um die Koalition herum auf das dichteste abgeschlossen, auf daß nicht einmal der Hauch einer Andeutung von den Absichten der Koalition an die Oberfläche tritt. Bei uns wird die Mitarbeit der Opposition nicht gesucht, der Weg zu ihr nicht gefunden, mit ihr weder über die Vorlage, noch über die Einzelheiten gesprochen, die Wünsche der Opposition nicht entgegengenommen und nicht berücksichtigt, ja mit der Opposition überhaupt nicht gesprochen, nicht einmal der Versuch einer Verständigung zwischen Mehrheitsparteien und Opposition unternommen und alles hinterrücks und gewalttätig dem Hause abgepreßt. Außerhalb des Landes würde niemand verstehen, daß sich der Ministerpräsident dieses Staates während der ganzen Beratungen der Verwaltungsreformvorlage, also einer der schicksalsschwersten Vorlagen in den Ausschußberatungen überhaupt nicht blicken läßt, daß er auf den Gang der Verhandlungen und auf die Herbeiführung der Zusammenarbeit aller parlamentarischen Faktoren nicht die entfernteste Rücksicht nimmt.

Daß unter diesen Umständen das zur Entscheidung stehende Reformwerk den Geist des rücksichtslosen kapitalistischen Diktates zur Gänze und in allen seinen Teilen in sich birgt, daß es von dem Machtstreben des internationalen kapitalistischen Bürgerblocks und seinen Geiste in vollem Maße erfüllt ist, daß es die kapitalistische Marke offen zur Schau trägt und mit allem ausgestattet ist, was zur Festigung der Macht des Bürgerblocks und zur Ausgestaltung und Sicherung der Machtstellung der Bourgeoisie, zur Beherrschung der Arbeiterschaft aller Nationen durch die Kapitalistenklasse, zur Niederwerfung und Knebelung des Proletariats dienen soll, das bedarf nicht erst besonderer Erwähnung.

Doch noch ein für unsere Verhältnisse ganz charakteristisches Moment soll aufgezeigt werden. Eine auch nur flüchtige Betrachtung des österreichischen Reformwerkes, dem zu einem sozialistischen Reformwerk wahrlich noch sehr, sehr viel fehlt, zeigt, daß dieses Reformwerk vom Geist der Demokratie und der sozialen Selbstverwaltung erfüllt ist, und daß es dem Leitmotiv gerecht wurde, das ihm auf den Weg gegeben wurde und das da lautet, daß es das Wesen und die Mission einer von sozialem Geist getragenen Verwaltung sei, die Polizei durch die Fürsorge zu ersetzen. In jeder grundlegenden Norm dieses Gesetzwerkes ringt sich der Gedanke der wahren Demokratie sieghaft durch und beherrscht das Werk in seiner Gesamtheit wie in allen Einzelheiten. Er ist sein Fundament, sein Kernpunkt, sein ganzer Inhalt. Dabei, und das ist das Charakteristische, wird man vergebens in der Vorlage, im Motivenbericht, im Referentenbericht, in den Reden des Berichterstatters und in den Reden der parlamentarischen Wortführer nach dem Worte Demokratie suchen. Wozu denn auch? Ich habe die Vorlage und die Verhandlungen zur Hand, ebenso die Reden aller parlamentarischen Wortführer vor mir. Das Wort "Demokratie" kommt in diesen Materialien überhaupt nicht vor. In Österreich ist eben das Wort Demokratie dem Großteil der Bevölkerung dermaßen in Fleisch und Blut übergegangen, daß nicht erst von Demokratie gesprochen werden muß. In Österreich jongliert man mit dem Begriff "Demokratie" nicht herum, man machte dort vielmehr die Demokratie zur Tat. In Österreich dient das Wort "Demokratie" nicht zur bloßen Drapierung, dort muß es auch nicht immer und immer wieder ganz leichtfertig auf den Markt geworfen werden, dort muß damit nicht Schindluder getrieben werden. In Österreich hat man es nicht notwendig, immer und immer wieder die Demokratie anzurufen und zum Schwurzeichen faszistischer, kapitalistischer, diktatorischer, nationalistischer Machinationen zu machen. Demgegenüber sehe man sich einmal den èechoslovakischen Ausschußbericht an, wie es dort von Beteuerungen der Demokratie förmlich wimmelt, wie das Wort "Demokratie" in allen möglichen Emballagen dem Parlament verabreicht wird als "demokratická soustava", als "demokratická veøejná správa", als "demokratické veøejné zøízení", als "demokratické zásady", als "demokracie", als "demokratiènost". In jedem Kapitel, in jedem entscheidenden Gedanken marschiert das Wort in verschiedener Formulierung, in verschiedener Verkleidung auf. Jede reaktionäre Maßnahme, das Ernennungsrecht, die Polizeibestimmungen, der Wahlrechtsraub usw. wird damit motiviert und so führte denn er unerhörte Mißbrauch, der in diesem Lande mit dem Worte "Demokratie" systematisch seit Jahr und Tag getrieben wird, dazu, daß es in der èechoslovakischen offiziellen Sprache jeden Sinn, daß es seine ursprüngliche Bedeutung verloren hat und heute beinahe schon das Gegenteil von Volksherrschaft bedeutet.

Nun ein Wort über die èechoslovakische Demokratie. Das èechische Volk hat eine gute demokratische Vergangenheit. Es weist in der Geschichte der letzten Jahrzehnte eine ganze Reihe klingender Namen auf, die im Kampfe gegen die Reaktion, im Ringen um die Erweiterung der Rechte des Volkes, vor allem um das allgemeine, gleiche, direkte Wahlrecht Hervorragendes geleistet haben. Es hat auch Zeiten gegeben, in denen man auch Herrn Dr Kramáø große Verdienste um die Demokratie zubilligen mußte, allerdings hat er durch seine immerwährenden Rückfälle seine demokratische Vergangenheit immer wieder vergessen gemacht. Im Ringen um das allgemeine gleiche und direkte Wahlrecht hat in Österreich, das muß ohne weiters zugestanden werden, Herr Dr Kramáø eine führende Rolle gespielt, hier hat er zweifellos in begeisterter Weise in der vordersten Front gekämpft. Dr Kramáø hat aber auch gegen die österreichische Reaktion zeitweilig gemeinsam mit den sozialistischen und anderen demokratischen Parteien Kämpfe ausgefochten, und er selbst, der im Jahre 1897 die Polizei ins österreichische Parlament berief, prägte dann in seinen "Anmerkungen zur böhmischen Politik" das Wort, daß jedermann einsehen müsse, daß man mit Polizeiregime und mit Ausnahmszustand den Widerstand eines Volkes nicht zu brechen vermag. Es ist dies beiläufig das gleiche Wort, das auch Havlíèek Borovský einmal aussprach, als er sagte, daß keine Macht der Welt, selbst wenn sie sich mit der Hölle verbinden wollte, ein gebildetes, tapferes und edles Volk in Untertanenschaft und Sklaverei halten werde.

Der Umsturz und die nationale Revolution frischten dann die demokratischen Traditionen des èechischen Volkes, nachdem es so viel Rückfälle gegeben hatte, wieder auf und brachten vor allem das in der Washingtoner Deklaration niedergelegte Bekenntnis zur Geltung: "Wir übernehmen die Ideen der Demokratie und stehen zu ihnen, da sie die Idee unseres Volkes durch Jahrhunderte gewesen sind". Tatsächlich rang sich auch der Geist der Demokratie in einem Teile der èechoslovakischen Gesetzgebung sieghaft an die Oberfläche. Der in der Washingtoner Deklaration niedergelegte Grundsatz, daß die Demokratie des èechischen Volkes auf dem allgemeinen, gleichen, direkten Wahlrecht aufgebaut sei, fand in dem Gemeinde- und Parlamentswahlrecht eine starke Verwirklichung. Doch alle diese Gesetze waren der Bourgeoisie des Staates immer ein Dorn im Auge. Sie widersetzte sich ihnen aber nicht, solange sie ihre Macht nicht konsolidiert hatte, solange der Widerstand der Arbeiterschaft noch nicht gebrochen war; sie rüttelte aber langsam und in dem Maße, als ihre wirtschaftlichen und politischen Positionen stärker wurden, an den demokratischen Grundlagen des Staates und erzwang sich schließlich bereits in der alten Koalition einen langsamen Abbau einer ganzen Reihe von freiheitlichen Grundrechten. Und heute, wo sie die Mitarbeit der sozialistischen Parteien nicht mehr benötigt, heute, wo sie sich der Hilfe der deutschen kapitalistischen Parteien versichert hat, heute, wo die Widerstandskraft des Proletariats einerseits durch Wirtschaftsnot und Arbeitslosigkeit, andererseits durch erbitterte Richtungskämpfe in hohem Maße geschwächt ist, greift die Bourgeoisie an die verfassungsmäßigen Grundlagen des Staates, um die Arbeiterschaft nicht nur wirtschaftlich, sondern auch politisch unter ihre Botmäßigkeit zu bringen und sich durch Ausgestaltung ihrer Machtpositionen den Bestand ihrer Machtstellung und Herrschaft auf möglichst lange Zeit zu sichern.

Der Anfang war das Terrorgesetz, das Schutzgesetz, das Preßgesetz, die Wahlnovelle, nun kommt als Fortsetzung die faszistische Aufräumarbeit, die mit dem Gesetz betreffend die Regelung der Gemeindefinanzen beginnt und ihre Krönung erfährt durch die Verwaltungsreform mit ihrer Fülle von reaktionären Bestimmungen, von der Verschlechterung des Wahlrechtes und der Seßhaftigkeitsdauer bis hinüber zum Ernennungsrecht von Abgeordneten, von der Stellung der Bevölkerung unter den Polizeibüttel und der Beseitigung der letzten Reste der Selbstverwaltung der Gemeinden bis zur gesetzlichen Verewigung der Fremdherrschaft des herrschenden Volkes über alle anderen Völker des Landes.

Wenige Jahre vorher hat man getreu dem alten Wort Havlíèeks: "Co jest vlastnì konstituce? Vùli národa zastupuje snìm z národa volený", in die Washingtoner Deklaration den Satz aufgenommen, daß die Demokratie dieses Landes auf dem allgemeinen gleichen Wahlrecht aufgebaut wird; und so wurde schließlich dieser Gedanke in der Bestimmung der Verfassungsurkunde verbrieft, daß das Volk und nur das Volk die Quelle der Macht in diesem Staate sei. Und heute? Heute werden von dieser Quelle 33 1/3% einfach abgeschöpft und nur zwei Drittel des Volkes zur Quelle der Macht erklärt, während sich in das restliche Drittel die Herren Švehla und Kramáø, Šrámek und Mayr-Harting zu teilen haben, wobei auf letzteren aller Wahrscheinlichkeit nach 0.0003% des Anteils an der Macht entfallen. (Veselost na levici.)

Was hat einst Herr Dr Kramáø an Argumenten zugunsten des allgemeinen Wahlrechtes zusammengetragen! Das allgemeine Wahlrecht - schrie er den Deutschbürgerlichen am 30. Dezember 1905 im österreichischen Parlament zu - werden Sie nicht aus der Welt schaffen, denn darüber wacht das ganze Volk, das sich in gährender Bewegung befindet. Meine Herren, rief Dr Kramáø dem österreichischen Parlament und den Deutschen zu, fürchten Sie doch nicht das Volk, was ist das für ein Staat, der sein eigenes Volk fürchtet! Und heute zittern sie alle zusammen, die Herren Revolutionäre von dazumal vor dem Volke und versuchen durch schmählichen Wahlrechtsraub ihr Wahlglück zu korrigieren. Als man in Österreich die Seßhaftigkeitsdauer von einem Jahre normierte, da rief der jetzige Minister Šrámek in einer Rede vom 3. November 1906: "Auf mich macht diese Bestimmung den Eindruck der Furcht vor der Sozialdemokratie. In Wirklichkeit ist aber diese Bestimmung von der Seßhaftigkeit etwas viel schlechteres, es ist die Wegnahme schon erworbener Rechte vieler Tausender von Arbeitern und kleinen Leute. Überhaupt ist es ein rücksichtsloser Eingriff in das politische Eigentum der armen Staatsbürger, und zwar aus niedrigen politischen und noch niedrigeren nationalen Motiven." Und heute greifen sie alle, diese Herren Revolutionäre von damals, zynisch nach diesem Eigentum der armen Staatsbürger und begehen diesen politischen Diebstahl in hellem Licht des Tages. Noch während der Debatte über die Gaureform begehrte Herr Dr Kramáø ordentlich auf, als man der Regierung eine ausgiebige Ration von Verordnungsgewalt geben wollte. Und Dr Kramáø rief der damaligen Mehrheit zu: "Ich kann nicht alle Verordnungsgewalt der Regierung geben, auch wenn ich ein noch so großes Vertrauen zu der Regierung hätte. Ich muß alles fest im Gesetze niedergelegt haben, denn die Regierung, auch wenn sie noch so stark ist, kann unter dem Druck gewisser Verhältnisse stehen, die ihr etwas aus den Händen reißen, was sie, wenn sie frei wäre, niemals geben würde." Und heute vertritt derselbe Dr Kramáø mit Emphase die Verordnungsgewalt, die in der Vorlage so ausgiebig der Regierung gewährt wird, und tritt so seine eigene Anschauung mit Füßen. Man nehme die Gesetzesvorlage zur Hand. Im Artikel 10 finden wir die Bestimmung über das Verwaltungsverfahren, im § 1, al. 3 über die Bezirksabgrenzung, im § 2 über die Trennung und Vereinigung der Gemeinden, im § 3 über die Magistrate, im § 4 über Kompetenzen, im § 6 über die Poradní sbory, im § 8 über die Kompetenzabgrenzung, im § 9 über Schlesien, im § 10 über die Übernahme von Beamten, im § 53 über die Übertragung der Fachverwaltung, etc. Kurz, eine ganze Fülle von Verordnungsgewalt, gegen die Herr Dr Kramáø im Jahre 1920 aufbegehrt und aufgeschrien hat, der heute mit derselben Verve und Leidenschaft gegen diejenigen auftritt, die sich dieser Verordnungsgewalt erwehren wollen. Im Jahre 1920 bestieg Dr Viškovský die parlamentarische Rednertribüne, um gegen Dr Kramáø die Gaureform zu verteidigen, um mit leidenschaftlichen Worten für die Gauverfassung einzutreten und sich mit der Forderung Dr Kramáøs nach einer Länderverwaltung auseinanderzusetzen, die Dr Viškovský für längst überholt hielt. Noch vor wenigen Jahren forderte er die Beseitigung der historischen Landeseinheiten und heute verlangt er ihre Widereinsetzung. Noch am 14. November 1924 bezeichnete Herr Präsident Malypetr als damaliger Innenminister die Erfahrungen, die man in der Slovakei mit der Gaureform gemacht hatte, als günstig und erklärte die Landesverwaltung für schwerfällig, die slovakische Autonomie für atomisierend, als eine Gefahr für den Staat, und heute tritt seine Partei mit aller Wucht für all diese atomisierenden und schwerfälligen Ländereinrichtungen ein. Noch am 17. März 1926 erklärte Minister Hodža in seiner Stellungnahme zum Pittsburger Vertrag: "Entweder müßte es ein ganz unabhängiger Landtag sein, ausgestattet mit einer Legislative, oder aber ein kleiner Landtag für Gaufragen. Für so etwas würden wir uns bedanken. Würde es sich aber um einen Landtag mit Legislative handeln, so wäre er unmöglich, weil die Slovaken unter den heutigen Verhältnissen nicht stark genug sind. Wir wollen also keinen slovakischen Landtag, weil wir ihn nicht brauchen." Das war am 17. März 1926. Dem gegenüber erklärte Minister Hodža, die Reform der Verwaltung erfolge gemäß dem Programm der slovakischen Agrarpartei, genau so wie es im Jahre 1924 seine Partei verlangt hat. Er hat mittlerweile das, was sich im Jahre 1926 zugetragen hat, längst ausgeschwitzt. Jahrelang hat das èechische Volk die "samospráva", die Selbstverwaltung, mit dem größten Feuereifer verfochten. Je mehr die Regierung, ruft Havlíèek, in der Hand der Bürger liegt, je kleiner die Zahl der regierenden Beamten, desto einfacher ist die einheitliche Verwaltung. Noch im Jahre 1920 wird das Wort Masaryks, daß die Administrative und Selbstverwaltung die Grundlage der Demokratie sei, der Gauvorlage im Motivenbericht mit auf den Weg gegeben, und heute vernichtet man diese "samospráva" systematisch und ist daran, wenn die neue Vorlage Gesetz werden sollte, sie mit Stumpf und Stil auszurotten. So tritt man die ganze Vergangenheit des èechischen Volkes, so tritt man seine heiligsten Traditionen, so tritt man die ruhmreichsten demokratischen Kapitel der èechischen Geschichte, die Kämpfe der letzten Jahrzehnte einfach mit Füssen, genau so, wie man durch den Kampf um die richtige Wertung der Auslandsund Inlandsrevolution des Jahres 1918 und der vorangegangenen Jahre und durch die Gegenüberstellung von Maffia und Masaryk die eigene Revolutionsgeschichte verrät und bespeit und die eigenen Befreier in den Kot zerrt. Das alles geschieht, wie wir auseinandergesetzt haben, im Namen der Demokratie, jener Demokratie, von der sich Havlíèek zornig abwendete und von der er sagte: "Es gibt bei uns noch immer jene Gattung von Demokraten, zu denen ich nicht gehören will. Das sind solche, welche zwar immer vom Volke sprechen, aber nur sich selbst für das ganze Volk halten. Diese Herren Demokraten", sagt Havlíèek, "sagen niemals so wie andere ehrliche Leute: Ich meine es so, ich will es so; sondern sie sagen immer bildlich: Das Volk meint es so, das Volk will es so. Aber sie vergessen dabei immer, das Volk zu fragen, ob es so denkt und so will." Wie man sieht, hat Karl Havlíèek-Borovský seine Pappenheimer gut gekannt.


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