Støeda 25. ledna 1928

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Die Beratungen der Abrüstungskommissionen sind vollständig von jenen Bestimmungen abgekommen, die früher allgemein als Richtschnur anerkannt wurden. Wir sehen bei diesen Beratungen ständig die Aufstellung neuer Forderungen, deren Erfüllung sich gegenseitig ausschließen und das ist der wahre Grund der vollständigen Erfolglosigkeit der bisherigen Beratungen. Denn die Siegerstaaten sind nicht gewillt auch nur eine der wenigen Bestimmungen der Friedensverträge zu erfüllen, und zwar in dem Augenblicke, in dem ihnen dadurch selbst Verpflichtungen auferlegt werden. In Wirklichkeit wollen sie, auch wenn sie noch so oft vom Frieden und von der Aufrechterhaltung des Weltfriedens sprechen um diesem angeblich zu dienen, doch etwas ganz anderes, denn ihr wahres Streben gilt nur der brutalen Aufrechterhaltung der Gewaltfriedensbestimmungen. Die Losungsworte auf diesem Wege sind, wie ich vorhin schon erwähnt habe, Sicherung und Verteidigung, und ihrer Ansicht nach waren ja bestimmt auch die Raubkriege Ludwigs XIV. und die Feldzüge Napoleons nichts anderes als Sicherungs- und Verteidigungskriege der französischen Vormachtstellung in Europa, also nichts anderes als ihre heutigen Bestrebungen, wie nach Masaryk die Verbündeten im Dienste der Humanität und Sittlichkeit sich im Weltkriege das Ziel gesetzt hatten, Europa, ja die Welt vor der Gewaltherrschaft des Pangermanismus zu befreien und eine politische Neuorganisation Europas in die Wege zu leiten, die aufzubauen sei auf der ethischen Grundlage der Humanität und Selbstbestimmung der Völker. Also auf der Grundlage wahrer Demokratie. Masaryk sagt zur Begründung dieser Forderung in seinem Buche, "Das neue Europa" wörtlich: "Die Demokratie ist politische Organisation der Gesellschaft, welche auf Arbeit beruht; in ihr gibt es keine Individuen und Klassen, welche die Arbeit der anderen ausbeuten; der demokratische Staat ist ohne Militarismus, ohne geheime Diplomatie, die Außen- und Innenpolitik unterliegt der Kritik und Verwaltung des Parlamentes. Demokratie ist Diskussion. Die Menschen fangen an, den Argumenten, nicht der Willkür oder sogar der Gewalt zu folgen. Sie sehen ihr Hauptziel in der Verwaltung nicht im Herrschen."

Und dann weiter: "Die Nationen sind die natürliche Organisation der Menschheit". Und dann weiter: "Es handelt sich nicht bloß um die Freiheit der Nationen, sondern um ihre Vereinigung. Das Schlagwort ohne Annexion ist nicht genügend klar. Das Recht der Selbstbestimmung der Nationen, welches die russische Revolution verkündet hat, fordert die Berichtigung der politischen Grenzen, die Staaten müssen also nationalisiert werden". Also, die Forderung nach der Schaffung von Nationalstaaten umfassend das geschlossene Sprachgebiet der einzelnen Völker. Ich will nicht verschweigen, daß Herr Staatspräsident Masaryk, damals noch Professor Dr. Masaryk dieses ehrliche Bekenntnis sofort in den nächsten Absätzen dadurch einschränkt, daß er eine Reihe von Ausnahmen zuläßt, die auch die Einverleibung anderssprachiger Volksgebiete gestattet, soweit die wirtschaftlichen und strategische Gründe dies erfordern. Auf dieser These ist ja bekanntlich das Memoire IlI aufgebaut und die gewaltsame Zuteilung der 3 1/2 Millionen Sudetendeutsche in diesem Staat erfolgt. Ob der Staat aus der Beugung dieses heiligsten Naturrechtes dauernd Nutzen ziehen wird, kann erst die Zukunft lehren. Für mich und meine Partei bleiben nach wie vor die in der staatsrechtlichen Erklärung niedergelegten Grundsätze bindend und wir beharren gemeinsam mit allen unterdrückten Volksteilen Europas auf der Erringung des Selbstbestimmungsrechtes, das auf die Dauer auch unserem Volke - dem Staatspräsident Masaryk nunmehr entgegen seiner früheren Stellungnahme z. B. in seinem Buche "Das neue Europa" mit Rücksicht auf die geänderte Weltlage - große Achtung entgegenzubringen genötigt ist, nicht vorenthalten werden kann. Im Anschluß an diese Äußerung, die bekanntlich gegenüber den vor kurzer Zeit hier weilenden deutschen Zentrumsjournalisten gefallen ist, hat der Herr Staatspräsident weitere Äußerungen getan, die von unserer Seite nicht unwidersprochen bleiben dürfen. Ich denke hier in erster Linie an jene anmaßende Äußerung, mit der er gewissermaßen dem deutschen Volke, also nicht nur den deutschen Zwangsbürgern innerhalb dieses Staates, Vorschriften über seine staatspolitische Betätigung machte, indem er - die richtige Wiedergabe durch die Presse vorausgesetzt - erklärte, daß das deutsche Volk die Aufgabe habe, sich in mehreren Staaten u. zw. in Deutschland, Deutschösterreich und der Schweiz auszuwirken und auszuleben, wobei er im Anschlusse gnädigst zu bemerken geruhte, daß die 3 1/2 Millionen èechoslovakischer Staatsbürger deutscher Nationalität keine Minderheit, sondern ein organischer Bestandteil des Staates seien. Hiezu ist vor allem festzustellen, daß das deutsche Volk eine Einmischung in seine ureigenen Angelegenheiten seitens dritter grundsätzlich ablehnt und auch sein endgültiges staatliches Schicksal sich von niemandem diktieren lassen wird. Nachdem ich dem Herrn Staatspräsidenten aber auch nicht zumuten kann, daß er ernstlich an eine Befolgung dieser seiner Lehrertätigkeit glaubt, kann ich nur annehmen, daß es sich hier um eine vom Herrn Außenminister Dr. Beneš suggerierte Stellungnahme gegen den Anschluß Deutschösterreichs an Deutschland gehandelt hat. Ich will nicht untersuchen ob ein solches außenpolitisches Auftreten des Herrn Staatspräsidenten auch dem Staate als solchen zweckdienlich sein dürfte, da auf diesen Präjudizfall es auch anderen Staatsoberhäuptern unbenommen bleiben müßte ihre politische Ansicht z. B. bezüglich der abgerissenen sudetendeutschen Volksgebiete oder der magyarischen Volksgebiete gegenüber Besuchern aus der Èechoslovakei zu äußern.

Die Èechen haben während des Weltkrieges die Forderungnach Bestimmung ihres staatlichen Schicksals aufgestellt und, ist es mindestens widerspruchsvoll, daß nunmehr der èechoslovakische Staatspräsident dem großen deutschen Volke dieses Recht auf Selbstbestimmung absprechen will. Ich glaube, es genügt in diesem Zusammenhang festzustellen, daß es im Leben der Völker keinen Stillstand gibt und daß schon manch Großer dieser Welt sich gezwungen sah, im Laufe der Zeiten seine Ansichten zu revidieren. Auch wir Sudetendeutsche mußten es bekanntlich vor Jahren erleben, als Kolonisten und Eindringlinge hingestellt zu werden und heute, wenige Jahre später hören wir aus dem gleichen Munde, daß wir keine Minderheit, sondern ein organischer Bestandteil dieses Staates seien. Das Wort wollen wir lassen steh'n! Keine Minderheit. Den Kollegen von der èechischen Seite möchte ich bei dieser Gelegenheit aber auch gleichzeitig eine Versicherung abgeben. Wir haben uns nie als Minderheit gefühlt und werden uns nie als Minderheit fühlen, aber auch nicht als organischer Bestandteil des èechoslovakischen Staates in dem Sinne, der wohl bei diesen Worten dem Herrn Staatspräsidenten Masaryk vorgeschwebt haben mag, sondern wir fühlen uns nach wie vor als einen Teil des geschlossenen deutschen mitteleuropäischen Sprachgebietes, dessen staatliche Einigung das Ziel deutscher Politik ist und bleiben wird. Wir sind uns dessen bewußt, daß die augenblicklichen Machtverhältnisse dieses Einigungswerk noch zu verhindern vermögen. Wir vertrauen aber auf die sieghafte Kraft unseres Volkstums, das seit dem Jahre 1918 manchen feindlichen Plan - ich denke da in erster Linie an den französischen Ruhreinbruch - zu Schande geritten und durch seine erfolgreiche friedliche Aufbauarbeit auf kulturellem und wirtschaftlichem Gebiete die Welt mit Bewunderung erfüllt hat, aber auch hat erkennen lassen, daß eine weitere Ausschaltung dieser Werkstatt der Welt für die gesamte Weltwirtschaft zum Verhängnis geworden wäre. Alle seit Friedensschluß abgehaltenen Konferenzen, mögen sie in London oder Genua, in Spaa, Genf oder Toiry getagt haben, sie bezweckten nichts anderes, als ohne förmliche Abänderung der unerfüllbaren Friedensdiktatbestimmungen, doch Lockerungen zuzulassen, die es ermöglichen sollten, ein Verbluten des Arbeitssklaven Deutschland zu verhindern aber gleichzeitig auch eine durchgreifende Revision der Friedensverträge hintanzuhalten. Daß die von Frankreich geführte Politik nicht ernstlich dem Abrüstungsgedanken, also Weltfrieden dienen will, erhellt schon aus seinem Verhalten gegenüber Deutschland nach Abschluß des Locarnopaktes. Die freiwillige Anerkennung der Westgrenze Deutschlands, bzw. der Ostgrenze Frankreichs seitens Deutschlands unter gleichzeitiger Garantie durch England und Italien, hätte sinngemäß begleitet werden müssen von der Räumung des Rheinlandes; denn eine einseitige Verständigungsbereitschaft kann weder außen- noch innenpolitisch zu einem greifbaren Ziele führen. Frankreichs Ostgrenze ist durch den Locarnovertrag so gesichert, wie dies wohl seit Jahrhunderten, man kann ruhig sagen seit einem Jahrtausend, niemals der Fall gewesen ist. Trotzdem Deutschland diesen grenzenlosen Verständigungswillen bewies, erfährt es von Frankreich nur Ablehnung und die Forderung nach Abschluß eines Ostlocarno, also eine Forderung, die für Deutschland unerfüllbar ist, will es seine eigene Zukunft nicht selbst auf das Spiel setzen. Es ist nur zu bekannt, daß es ein Lieblingswunsch Dr. Benešs ist, nach Ablehnung seines Genfer Protokolls ein Ostlocarno heraufzuführen. Deutschlands Staatsmänner stellen dieser unberechtigten Forderung mit vollem Rechte die Feststellung entgegen, daß Deutschlands Zukunft ohne gerechte Lösung der polnischen Korridorfragen gefährdet wäre, also gegenüber Polen von einem Ostlocarno keine Rede sein kann. Um aber jeden Zweifel an seinem ehrlichen Willen im Keime zu ersticken, erklärt sich Deutschland bereit, eine Revision der diesbezüglichen Bestimmungen nur auf dem Wege des Völkerbundes, also mit friedlichen Mitteln erstreben zu wollen. Dasselbe gilt bezüglich der Èechoslovakei. Im übrigen hat Deutschland mit diesen beiden Staaten einen Schiedsgerichtsvertrag abgeschlossen, auf Grund dessen alle auftauchenden Streitfragen zu regeln sind. Trotz alledem bemüht sich der èechoslovakische Außenminister, anstatt dem Abrüstungsgedanken wirklich zu dienen, immer wieder das Sicherheitsproblem aufzurollen, und wir werden es erleben, daß am morgigen Tage Dr. Benešs Konferenzbericht nichts anderes sein wird als eine Wiederholung seines alten Planes nach Abschluß eines Ostlocarno. Alle seine Pläne, welchen Namen sie auch immer tragen mögen, laufen immer wieder auf nichts anderes heraus als auf die nochmalige freiwillige Anerkennung der deutschen Ost- und Südostgrenzen durch Deutschland unter gleichzeitigem Verzicht auf den Anschluß Deutschösterreichs.

In einer der letzten Außendebatten des deutschen Reichstages hat ein Redner treffend zum Verständigungsgedanken, zur Abrüstung und der Sicherung des Weltfriedens Stellung genommen. Er sagte: "Solange das deutsche Volk unter dem Ausnahmsgesetz der Entwaffnung steht, solange die Faust unserer früheren Feinde in unserem Nacken sitzt, solange hat eine Verständigung keinen wahren Wert, weil sie nicht zwischen Gleichberechtigten abgeschlossen wird. Die Entwicklung geht in der Welt weiter und in ihr gibt es viele Brennpunkte. Ich kann mir ganz gut eine Entwicklung denken, wo es für das eine oder das andere der uns umliegenden Völker von Wert sein kann, ein nicht feindlich gesinntes Deutschland als Nachbar zu haben. Gleichberechtigung, Anerkennung der deutschen Lebensinteressen, Anerkennung des verletzten Selbstbestimmungsrechtes der Nationen, nur auf solcher Basis ist eine dauernde Verständigung möglich."

Dieses Ziel ist aber, und das möchte ich besonders hervorheben, noch nie das Ziel des èechoslovakischen Außenministers Dr. Beneš gewesen. Denn Dr. Beneš hat, gewiß manchmal gut maskiert, in seiner Außenpolitik immer nur eine Einstellung obwalten lassen, die getragen war von der, von ihm schon während des Krieges propagierten Feindseligkeit gegen das deutsche Volk, die er nunmehr im demokratischen Friedenszeitalter systematisch fortsetzt. Aber auch er wird mit der Zeit lernen müssen, die Macht des Geschehens anzuerkennen, anzuerkennen, daß das Deutschland von 1928 nicht mehr das niedergetretene und ausgeblutete Deutschland von 1918 ist. Seine Anschlußfeindlichkeit und die Duldung der auch unter dem Deckmantel einer èechisch-deutschen Regierung weiterverfolgten Unterdrückung und Entnationalisierungspolitik in diesem Staate wird dieser Aufwärtsentwicklung des deutschen Volkstums endlich einmal Rechnung tragen müssen, soll das èechische Volk nicht dereinst selbst schweren Schaden daraus ziehen. Ich will durchaus nicht verkennen, daß unter den gegebenen Verhältnissen es den Èechen schwer ankommen mag, nach einem Jahrzehnt Eigenstaatlichkeit schon erkennen zu müssen, daß Siegestaumel und Friedensarbeit oft gegensätzliche Forderungen erstehen lassen und nur allzubald auf das junge Reis des selbständigen Staates schwere Sorgentropfen gefallen sind. Es wäre aber höchst ungerecht seitens der Èechen, die angrenzenden Völker mit Schuld zu beladen. Denn alle diese Gefahren, die den jungen Staat umdräuen, sind doch nur eine Folge der Unersättlichkeit der èechischen Führung von 1918. Hätte man sich damals mit einem Staatsterritorium begnügt, das die èechischen und slovakischen Sprachgebiete umfaßt hätte, wäre es um die Konsolidierung Mitteleuropas heute anders bestellt und noch so große Waffentransporte würden die friedlich arbeitende Bevölkerung der neuen Staaten nicht mit banger Sorge erfüllen. Wären Wilsons 14 Punkte durchgeführt worden, hätte jedes Volk auf Grund durchgeführter Volksabstimmung sein staatliches Schicksal sich selbst bestimmen dürfen, gäbe es heute keine unter Gewaltherrschaft lebende Volksteile in Mitteleuropa, sondern nur auf freiem Entschluß der Bevölkerung gebildete Nationalstaaten, die erfolgreich nach einem Zusammenschluß auf wirtschaftlichem Gebiete hätten hinarbeiten können, und dies nicht nur im Interesse der einzelnen Staaten sondern auch der diese Staaten bewohnenden Volksstämme. An Stelle dieser Entwicklung sehen wir aber, wie die Unruhe wächst, und dies nicht nur in Mitteleuropa, sondern in der ganzen Welt. Die unterworfenen Volksteile, bezw. Völker werden als Spielball oder Sprungbrett von den großen Staaten benützt, als Werkzeug ihrer imperialistischen Politik, die nur ein Ziel kennt, brutale Machterweiterung. Vergebens versuchen die Staaten der Kleinen Entente sich gegen diese Entwicklung zu stemmen. Schon die Gründung der Kleinen Entente war, möchte ich sagen, die Erkenntnis, daß, je weiter die Zeit sich von 1918 entfernt, umso weniger werden die großen Ententestaaten sich um die kleinen und die großen Sorgen der Kleinstaaten kümmern wollen. Heute schon sehen wir mit offenen Augen, daß das kleine zerstückelte Ungarn, heute noch ohne Grenzerweiterung, als Vorposten eines Großstaates zu einem Machtfaktor heranwächst, der das schlechte Gewissen der Nachbarstaaten nicht zur Ruhe kommen läßt. Fünf Waggons Waffen italienischen Ursprunges mit dem angeblich en Ziele Warschau setzen die Kleine Entente-Kabinette bereits in heillose Verwirrung. Es ist dies der beste Wertmesser für die viel besungene Konsolidierung der Èechoslovakei und der anderen Kleinstaaten. Die großen Weltmächte, Italien, Frankreich und England - ich will nur die europäischen nennen - lassen sich nicht aus ihrer Ruhe bringen, sondern es wird den um ihre Sicherheit besorgten kleinen Staaten nur bewilligt, bezüglich des St. Gottharder Vorfalles einen gemeinsamen Amtsvortrag im Völkerbundsekretariat einzubringen, und damit ist vorläufig dem Weltgewissen, besser gesagt, dem Völkerbundgewissen Rechnung getragen. Man wird nicht fehl gehen, festzustellen, daß der Völkerbundrat bzw. die Staaten, die im Völkerbundrate vertreten sind, zur Zeit mit ganz anderen Sorgen sich zu befassen haben, so z. B. in erster Linie mit der Regelung des Reparationsproblems, der notwendig gewordenen Abänderung des Dawesplanes, der Rhein-Nichträumung, der Regelung der Kriegsschuldenfrage Frankreichs und Englands an die Vereinigten Staaten von Nord-Amerika, Briands Mißerfolg in Nord-Amerika mit seinem Bündnis und Friedensvorschlag liegt Frankreich noch zu sehr in den Knochen, um sich mit Lappalien, wie es der St. Gottharder Vorfall ist, ernstlich zu beschäftigen, wobei nicht vergessen werden darf, daß dieser Transport aus Mussolinis Herrschaftsbereich kommt, der es wohl kaum dulden wird, daß diesem Waffenlieferungvorfall an seinem Ursprung allzusehr nachgeforscht werde. Vielleicht, und das dürfte meines Erachtens das Weitgehendste sein, was der Völkerbund beschließen dürfte, wird man einen italienischen Offizier mit den notwendigen Erhebungen betrauen u. zw. in der Richtung, ob dieser Waffentransport nach der Èechoslovakei oder nach Polen gehen sollte. Nachdem aber bereits die amtlichen Erklärungen dieser beiden Staaten vorliegen, u. zw. in verneinendem Sinne vorliegen, muß heute schon angenommen werden, daß die Völkerbundaktion, wofern man sich überhaupt zu einer solchen aufraffen sollte, restlos im Sande verlaufen wird.

Bleiben aber wird die dauernde Unruhe in den Staaten, die sich wider Recht und Gerechtigkeit fremdvölkische Volksteile einverleibt haben, bleiben wird auch das Streben der Unterdrückten nach Abwerfung der Sklavenketten. Es hieße Vogelstraußpolitik betreiben, wollten die Machthaber in diesem Lande nicht erkennen, daß sie zwar heute noch die Macht zur Ausbeutung und Unterdrückung, zur Entnationalisierung dieser Millionen Menschen besitzen, aber die Zeit arbeitet für uns. Wir sind uns wohl bewußt, daß es noch eines schweren, entsagungsvollen Kampfes bedürfen wird, um diese schwere Notzeit, in der wir leben, rüstig und gesund als geschlossener Volksteil zu überleben. Aber meines Erachtens ist es Pflicht aller Deutschen ohne Unterschied der Klasse, des Standes und Berufes an dem großen Werk, das wir alle gemeinsam zu vollbringen haben, mitzuwirken. Gewiß, die derzeitigen Machtverhältnisse mögen es einzelnen Politikern für tunlich, ja sogar für notwendig erscheinen lassen, diesen oder jenen Weg zu gehen, beseelt von dem Glauben und der Hoffnung, auf diesem Wege unserem Volke den Besitzstand sichern zu können. Aber über alle diese Wirrnisse des Tages müssen wir uns alle, gerade wegen des Vorfalls, der sich jetzt an der westungarischen Grenze abgespielt hat, dessen bewußt werden, daß mit Friedensschalmeien allein kommende Kriege nicht verhindert werden, sondern diese nur dadurch verhindert werden, daß man die Wurzel des Übels bloßlegt. Die Wurzel des Übels sind die Machtfriedensdiktate. Und solange man nicht zur Revision der Friedensverträge, solange man nicht zu einer Volksabstimmung in den vom Volkskörper abgerissenen und losgetrennten Gebieten kommt, insolange wird nicht Ruhe und Frieden in diesem schwergeprüften Erdteile einkehren. Wir Sudetendeutschen sind voll und ganz von der Hoffnung beseelt, daß man auf die Dauer auch unserem Volke das Recht der freien Selbstbestimmung nicht vorenthalten darf und kann und dieser Hoffnung wollen wir leben, in dieser Hoffnung wollen wir restlos arbeiten, bis auch für uns der Tag der Freiheit anbricht. (Souhlas a potlesk poslancù nìm. strany národní.)

3. Øeè posl. Windirsche (viz str. 19 tìsnopisecké zprávy):

Hohes Haus! Mir wurde der Auftrag zuteil, hier im Namen des deutschen Verbandes zu erklären, daß unsere Bevölkerung durch die Nachrichten über die Aufdeckung eines geheimen Waffentransportes in St. Gotthard erregt worden ist. (Výkøiky poslancù nìm. strany národní.)

Wir entnehmen aus dieser Tatsache, daß, trotz der noch allzu lebhaften Erinnerung an die eben erst verflossenen Kriegsjahre, heute schon wieder Mächte am Werke sind, deren Bestreben darin besteht, den kaum errungenen Frieden zu vernichten und die Schrecken eines neuen Krieges aufleben zu lassen.

Die vernünftigen Menschen aller Staaten sind jedoch heute in dem Urteile darüber einig, daß Kriege künftighin überhaupt ausgeschaltet werden müssen, weil eine jede blutige Auseinandersetzung der Völker das größte Unglück für den Fortschritt der Menschheit bedeutet.

Aus diesem Grunde war die Bevölkerung auch darüber entsetzt, als gerade in ihrer Nähe, in Mitteleuropa, der Versuch eines geheimen Waffentransportes aufgedeckt wurde. (Výkøiky posl. Grünznera.) Die Regierung hat erfreulicher Weise in dieser Angelegenheit sofort die notwendigen Schritte zum Schutze unseres Staates unternommen. Dieses Vorgehen halten wir für richtig und wir billigen auch aus diesem Grunde die von der Regierung hier abgegebene Erklärung. (Potlesk.)

4. Øeè posl. Schweiehharta (viz str. 19 tìsnopisecké zprávy):

Hohes Haus! Eine Reihe von Ereignissen der letzten Tage hat bewiesen, daß die Konsolidierung Europas und die Festigung des Friedens, von der in den Kundgebungen der Staatsmänner soviel die Rede ist, noch immer auf recht schwachen Füßen steht. (Pøedsednictví pøevzal místopøedseda Zierhut.) Am 2. Jänner hat ein Prager Regierungsblatt optimistische und friedensfreundliche Äußerungen von Briand und Mussolini, von Hoover und Baldwin mit Genugtuung registriert, aber bereits am nächsten Tage mußte - oh Pech! - dasselbe Blatt berichten, daß in St. Gotthard an der österreichisch-ungarischen Grenze ein falsch deklarierter Waffentransport, 5 Waggons Maschinengewehrbestandteile, aufgehalten wurde, der erste, der entdeckt, aber zweifellos nicht der erste, der über die Grenze geschmuggelt worden ist. Wir erfassen voll die ganze Größe der Gefahren, die dem internationalen Frieden von den reaktionären und imperialistischen Regierungen Italiens und Ungarns drohen. Wir begreifen es daher durchaus, daß auch die offiziellen èechoslovakischen Kreise aufs schwerste beunruhigt sind und wir verstehen es, daß sich die Regierung an den Völkerbund wendet. Allerdings stehen wir diesem Schritt einiger maßen skeptisch gegenüber. Der Völkerbund hat noch in keinem einzigen Falle bewiesen, daß er in internationale Konflikte wirksam einzugreifen vermag. Seit Jahren berät der Völkerbund, beraten seine verschiedenen Kommissionen über die Abrüstung, aber die Abrüstung ist noch nicht um einen Schritt weiter gekommen. Der Völkerbund berät unzählige Entwürfe von Friedenspakten, die Staatsmänner der maßgebenden Großmächte sprechen sich begeistert für Frieden und Abrüstung, für Sicherungen und Garantien aus, allerdings nur im Prinzipe. Es findet sich immer eine Klausel, immer ein Vorbehalt, um eine konkrete Regelung zu verhindern und zu sabotieren. Wir haben daher heute wenig Vertrauen zum Völkerbund, wir haben noch weniger Vertrauen in die Kleine Entente. Wir fragen: Welche Wirkung kann eine gemeinsame Demarche der Kleinen Entente beim Völkerbund haben, wenn just in diesen Tagen, da der kollektive Schritt der Kleinen Entente in Genf angekündigt wird, der Außenminister Rumäniens in Rom weilt und dort bei Mussolini, dem Spießgesellen Horthys in der Waffenlieferungsaffäre, um die Freundschaft des fascistischen Italiens buhlt?

Wir erwarten die Sicherung des Friedens nicht von den Intriguen der reaktionären Kabinette, sondern nur von den lebendigen Kräften der Demokratie und des Sozialismus. Wir versteh en daher nicht, warum die Èechoslovakei ständig an der unseligen Politik der Bündnisse und Sonderverträge festhält, mit Vorliebe die reaktionärsten Staaten zu Bundesgenissen wählt - wir haben ja auch mit Italien einen sogenannten Freundschaftsvertrag - und warum sie nicht dem Beispiel anderer kleiner Staaten folgt, die ihre Sicherung gegen kriegerische Verwicklungen nicht in Bündnissen und diplomatischen Intriguen suchen, sondern in der Abrüstung und vollkommenen Neutralität. Die Schweiz betreibt diese Politik mit vollem Erfolg seit Jahrzehnten und kein Staat in Europa genießt eine solche Sicherheit des Friedens, wie gerade sie. In jüngster Zeit ist das kleine Dänemark, allerdings unter einem sozialistischen Regime, diesem Beispiele gefolgt und hat damit für die Sicherung des eigenen Landes und für den allgemeinen Frieden zweifellos mehr getan, als die Èechoslovakei mit ihren ständigen Rüstungen, mit der Verlängerung der Militärdienstzeit, der kaum verschleierten Erhöhung des Präsenzstandes durch die Ersatzreserve und der Schaffung des unkontrollierbaren Rüstungsfonds, mit allen diesen Maßnahmen, die der Bevölkerung unerträgliche Lasten aufbürden, ohne doch eine wirkliche Sicherheit des Landes auch nur im Entferntesten zu gewährleisten.

Das ist indes im Augenblick nicht zu ändern und es bleibt der Èechoslovakei daher in der gegebenen Situation freilich nichts übrig, als die Anrufung des Völkerbundes im Verein mit ihren derzeitigen Bundesgenossen. Wir müssen hier allerdings die sehr ernste Frage aufwerfen, mit welcher moralischen Legitimation die Èechoslovakei ein Einschreiten des Völkerbundes gegen die Waffenlieferungen Italiens an Ungarn fordern kann, während sie selbst in denselben Tagen sich der Waffenlieferung an die nordchinesische Armee schuldig gemacht hat. Es ist nach einem anfänglichen, sehr ungeschickten Ableugnungsversuche nunmehr amtlich zugestanden, daß die èechoslovakische Waffenfabrik in Brünn der nordchinesischen Regierung 40.000 Schießgewehre geliefert hat. Es ist dabei von keiner Seite bestritten worden, daß diese Waffenlieferung mit Wissen und Zustimmung, daher unter voller Verantwortlichkeit der Regierung erfolgen konnte. Der Herr Minister für nationale Verteidigung Udržal hat im Wehrausschuß erklärt, daß diese Waffenlieferung vollkommen legal erfolgt und daß die Èechoslovakei durch keine Bestimmung des Friedensvertrages und durch keine internationale Vereinbarung an der Ausfuhr von Waffen gehindert sei. Seine Bemerkung, hätte nicht die èechoslovakische Waffenfabrik das Geschäft abgeschlossen, dann hätte dies bestimmt ein anderes ausländisches Unternehmen getan, wird dem Präsidenten der Sicherheitskommission des Völkerbundes, dem Herrn Minister Beneš, vermutlich nicht angenehm in den Ohren geklungen haben. Aber wir sind es ja in der Èechoslovakei schon gewohnt, daß sich Außenminister und Heeresminister gegenseitig das Konzept verderben, wobei in der Regel der èechoslovakische Friedensengel als der Schwächere den Kürzeren zieht. Vor allem aber übersieht der Herr Minister Udržal, daß er mit seiner Verteidigung der Legalität der èechoslovakischen Waffenlieferungen dem Herrn Mussolini Argumente liefert, der sich ebenso wie Udržal darauf berufen kann, daß kein internationaler Vertrag Italien die Ausfuhr von Waffen verbiete, und der seinen Freund Horthy, der durch Friedensverträge allerdings gebunden ist, schon mit der Lüge decken wird, daß die Sendung ja nicht für Ungarn bestimmt sei. Denn der ungarische Imperialismus hat es seinerseits immer vorzüglich verstanden die Welt über sein wahres Gesicht zu täuschen und seine fieberhaft betriebenen Rüstungen zu verbergen. Die imperialistische ungarische Herrenklasse, die Österreich als den schwächsten Gegner unaufhörlich beunruhigt, dabei aber alle Nachbarstaaten bedroht, tritt vor der internationalen Öffentlichkeit als der Anwalt eines unterdrückten Volkes auf, obwohl das ungarische Volk von niemandem schamloser und grausamer unterdrückt wird, als von seiner eigenen brutalen Herrenklasse. Dieses Doppelspiel eines Staates, in dem die bescheidenste Regung der Opposition gegen das blutige herrschende System mit Kerker und Galgen, mit legalem und illegalem Mord unterdrückt wird, ist freilich nur deshalb möglich, weil der Imperialismus der Großmächte dem ungarischen Imperialismus bereitwillig die Mauer macht. Diesen Imperialismus unterstützt freilich auch Herr Udržal indem er die Legalität von Waffenlieferungen ins Ausland verficht. Dann aber übersieht Herr Minister Udržal - und dies ist der springende Punkt - daß die nordchinesische Regierung sich im Kriegszustande befindet und daß daher eine Waffenlieferung an sie, an eine kriegführende Regierung, einen schweren Neutralitätsbruch darstellt.

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