Aber auch Unternehmer denken ganz anders als
unsere Nationalökonomen aus der Reihe der Landbündler
und der deutschen Christlichsozialen. Ernst Abbe, der Begründer
der Zeisswerke in Jena, sagt: Die Versicherungsbeiträge bilden
einen Teil des Lohnes. Sie gehören zu den Produktionskosten
und es sei ein Unrecht vom Unternehmer, daraus folgern zu wollen,
daß etwa aus diesem Titel der Versicherungsbeiträge
der Unternehmer Rechte beansprucht, die nur den Arbeitern gehören.
Die Versicherungsbeiträge sind ein zur Aufrechterhaltung
des Existenzminimums notwendiger Lohnanteil. Und endlich, auch
das, was der Staat zur Durchführung der Alters- und Invaliditätsversicherung
beisteuert aus den Einnahmen, die ihm zufließen, auch das
ist kein Opfer der besitzenden Klassen. Der größte
Teil der staatlichen Einnahmen fließt aus anderen Quellen,
das sind nicht die besitzenden Klassen, das sind nicht die Unternehmer
und Großagrarier. Mancher trägt allerdings Steuern
aufs Steueramt und viele müssen die Steuerbeträge nach
den Gesetzen abführen. Aber es sind die, welche die Steuern
abführen, nicht die, die sie tragen. Man geht aus reinen
Zweckmäßigkeitsgründen daran, gleich von der Quelle
indirekte Steuern zu erfassen. Nicht der Zuckerfabrikant
zahlt die Steuer, die wir als Zuckersteuer in der Èechoslovakei
zu tragen haben, sondern der Verbraucher. So ist es bei allen
Lebensmitteln und es ist daher eine Anmaßung der Staatsverwaltung,
aus der Tatsache, daß sie zur Alters-
und Invaliditätsversicherung Beträge beisteuert, einen
übermäßigen Einfluß zu verlangen und die
ganze Sozialversicherung unter die Oberhoheit des Finanzministeriums
zu bringen. Es ist ein unerhörter Angriff auf die selbstverständlichen
Rechte der Arbeiterklasse und der Versicherten, wenn man vom Finanzministerium,
von der Staatsverwaltung aus jetzt plötzlich daran geht,
sich auch hier dreinzumischen. (Výkøiky
posl. Hackenberga.) Was der Staat zu den
Alters- und Invaliditätsrenten beisteuert, stammt aus Quellen,
die den Verbraucher belasten, und den größten Teil
der Verbraucher bilden die Arbeiter. Und es sind die Arbeiter
im vollen Recht, wenn sie sagen, der Staat soll ein Aufsichtsrecht
genießen, er soll die Durchführung des Gesetzes beobachten,
aber er soll in die Verwaltung der Mittel nicht eingreifen, die
von den Versicherten aufgebracht werden und auf dem Wege der indirekten
Steuern wieder die Taschen der Verbraucher belasten. Die Ausgaben
für soziale Zwecke gehören zu den unerläßlichsten
und einfachsten Unkosten jeder wirtschaftlichen Tätigkeit
und das ist eine Auffassung, die von den bürgerlichen Nationalökonomen
geteilt wird, zu der sich jedoch natürlich die christlichsozialen
Politiker nie zu bekennen vermögen.
Nun lassen Sie mich noch ganz kurz Einiges
behandeln, was wir gestern von dem Vertreter der deutschen christlichsozialen
Partei gehört haben. Es ist uns da gesagt worden, daß
die Taktik der sozialistischen Parteien die der Übertreibungen
gewesen wäre. Wir hätten in der Abwehr verschwiegen,
daß das im Jahr 1924 beschlossene Gesetz fehlerhaft sei.
Wir haben das nie verschwiegen und Sie hätten unsere Mithilfe
gehabt, wenn Sie daran gegangen wären, diese Mängel
zu beseitigen. Vor allem anderen aber wurde schon aufmerksam gemacht,
noch bevor das Gesetz zur Ausführung kam, daß die Bestimmungen
über die Vorschreibung der Beträge für die Krankenversicherung
zu großen Streitigkeiten Anlaß geben werden. Es ist
das auch eingetreten. In dem Gesetz ist die Bestimmung enthalten
gewesen, daß die Beiträge nur für Arbeitstage
zu leisten sind, während unsere Auffassung dahin geht, daß
die Versicherungsbeiträge für die ganze Zeit des Bestandes
des versicherungspflichtigen Arbeitsverhältnisses vorgeschrieben
werden sollen. Und was ist daraus geworden? Die Unternehmer haben
sich auf diese Bestimmung gestützt, sie haben verlangt, daß
nur für Arbeitstage vorgeschrieben wird und selbst dann,
als die Kurzarbeit zu Ende ging und in vielen Betrieben wieder
voll gearbeitet wurde, ist noch versucht worden, die Krankenkassen
um einen Beitragstag in der Woche zu bringen. Manche haben einfach
die achtstündige Arbeitszeit, die täglich vorgeschrieben
ist, so durchgeführt, daß sie in 5 Tagen 48 Stunden
arbeiten ließen, so daß eben nur 5 Arbeitstage da
waren und man sich infolgedessen geweigert hat, für den 6.
Tag Versicherungsbeiträge sich vorschreiben zu lassen. Die
Zentralsozialversicherungsanstalt hat in ihrem Gutachten darauf
aufmerksam gemacht und Vorschläge erstattet, um dies en Zustand
zu beseitigen, darauf ist aber keinerlei Rücksicht genommen
worden. Die kleine Verbesserung, die vorgenommen wurde, trifft
durchaus nicht den Kernpunkt der Sache. Es wird auch mit dem jetzigen
Gesetz den Unternehmern möglich sein, am 5. Tage der Woche
abzumelden, wodurch sie zwei Tage Versicherungsbeiträge gewinnen,
weil sie die 48 Arbeitsstunden nach englischem Muster in 5 Tagen
arbeiten lassen. In diesem Falle haben sie also für Samstag
und Sonntag keinen Beitrag zu leisten und brauchen erst Montag
die Anmeldung vornehmen zu lassen. Wir halten eine solche Regelung
für widerspruchsvoll und falsch. Man kann der Koalition und
ihren entscheidenden Politikern in der Frage der Sozialversicherung
keine andere Anschauung beibringen, wenn sie sich in dem Rahmen
einer Sache bereits festgelegt haben. Es ist uns gestern von einer
ganzen Reihe von Verbesserugen gesagt worden, aber geflissentlich
hat man jene übergangen, die doch in die jetzige Vorlage
wieder aufgenommen wurden und ungünstige Bestimmungen für
die Versicherten bedeuten. In dem Gutachten der Zentralsozialversicherungsanstalt
ist auch empfohlen worden, bei der Anstaltsbehandlung den Angehörigen
des Versicherten die Hälfte des Krankengeldes für die
Dauer der Anstaltsbehandlung und unter Umständen für
das ganze Jahr zu gewähren. Diese Bestimmung ist nicht übernommen
worden, sondern es wird das halbe Krankengeld den Angehörigen
nur gegeben, wenn der Versicherte in die Behandlung eines öffentlichen
Krankenhauses kommt. Was ist die Folge einer solchen Bestimmung?
Es ist für Tausende und Abertausende von Arbeitern eine Wohltat
gewesen, daß es den Krankenkassenverbänden und Krankenkassen
möglich gewesen ist, durch Errichtung von Kuranstalten, Erholungs-
und Rekonvaleszentenheimen den Arbeitern Erholung und Wiederherstellung
der Gesundheit zu ermöglichen. Es ist Hunderten und Hunderten
von erkrankten Arbeitern erst auf diese Weise durch die Tätigkeit
der Verbände und durch das Vorgehen der Krankenkassen ermöglicht
worden, Lungenheilanstalten zu besuchen. Das wird nun durch die
im Gesetz enthaltenen Bestimmungen in allen jenen Fällen
unmöglich gemacht, wenn der Versicherte nicht die Mittel
hat, die Angehörigen während der Zeit seiner Anstaltsbehandlung
zu ernähren. Es werden nur wenige Arbeiter sein, von denen
man sagen kann, daß sie dazu in der Lage wären. Sie
sehen also, daß in einer ganzen Reihe wichtiger Fragen die
jetzige Novelle trotz aller Verbesserungen der Arbeiterschaft
noch sehr viel schuldig bleibt. Sie brauchen sich nicht darüber
zu wundern, daß wir auch in dieser Lösung keine Zufriedenstellung
der Arbeiterklasse erblicken können. Ich brauche nicht darüber
zu reden, daß wenn es nach den Wünschen der Koalitionsparteien
gegangen wäre und wenn nicht der Kampf der Arbeiterklasse
eingesetzt hätte, Sie mit der Selbstverwaltung in den Krankenkassen
rücksichtslos ein Ende gemacht hätten. Wenn ich noch
einmal auf diese Frage zu sprechen komme, so deshalb, weil uns
gestern begründet worden ist, warum man die Selbstverwaltung
beseitigen wollte. Der Abg. Zajièek hat
erklärt, die Krankenkassen seien Hochburgen des Sozialismus,
in den Krankenkassen säßen sozialistische Agitatoren.
Es sei auch nicht richtig, was Koll. Taub ausgeführt
hat, das sei einmal gewesen und bestehe heute nicht mehr. Und
weshalb das einmal war, daran sollte Koll. Zajièek
denken. Warum haben die Arbeiter vor 40
oder 45 Jahren im alten Österreich daran gehen müssen,
solche Organisationen ins Leben zu rufen? Um nur wenigstens eine
Stelle zu haben, in der sie für die Arbeiterklasse zu wirken
vermochten. Erinnern Sie sich doch an die glorreichen Zeiten Österreichs,
wo der Ausnahmszustand das Gewöhnliche war, wo die Arbeiter
kein Wahlrecht hatten, wo sie in der Gemeinde mundtot waren und
von jedem Gemeindevorsteher, der ihr politischer Gegner war, sich
schuhriegeln und drangsalieren lassen mußten, wo ihnen,
wenn sie in der Gemeinde aufmuckten und eine andere politische
Stellung als die Herrschenden einnahmen, das Leben in der Gemeinde
unmöglich gemacht wurde. Soll ich an die Zeiten erinnern,
in denen jeder Bezirkshauptmann wie ein Pascha vorgehen konnte?
An die Zeiten, wo keine Versammlungen möglich waren, an die
Zeiten, in denen es Verfolgung auf Verfolgung gab, wo der Unternehmer
jeden hinauswarf, der nur im Verdacht stand, einer gewerkschaftlichen
Organisation anzugehören? Was ist denn damals vor 40 und
50 Jahren den Arbeitern übrig geblieben, wenn sie nicht dauernd
schlechter als die ehemaligen Sklaven behandelt werden wollten,
als sich selber aus eigenen Kräften Vereine und Organisationen
zu schaffen, in denen etwas für die Arbeiter getan werden
konnte. Krankenversicherung gab es keine, die ist ja erst in den
Jahren 1888 und 1889 geschaffen worden, und wenn die Arbeiter
krank und elend waren, herrschte die bitterste Not in der Familie
und Verzweiflung erfaßte den Arbeiter. An die Armenversorgung
von damals will ich gar nicht erinnern. Jeder kranke Arbeiter
wurde als eine Belastung empfunden, wenn er von der Gemeinde Hilfe
verlangte. So sah es aus. Damals nun gingen die Arbeiter in Österreich
daran, sich selbst Krankenkassen zu schaffen und die Aufgabe,
die der bürgerliche Staat gehabt hätte, nahmen sie selbst
in die Hand und schufen die Krankenkassen in Wien, in Niederösterreich,
Oberösterreich, Steiermark, Tirol, auf Grund des Vereinsgesetzes.
(Výkøiky na levici.) Wie
ist es ihnen schwer gemacht worden, Krankenkassen auf Grund des
Vereinsgesetzes so aufzubauen, wie sie sie brauchten! Herr Abg.
Zajièek meint, die Krankenkassen
waren Hochburgen des Sozialismus und seien es heute noch. Was
haben denn aber die leitenden Männer der Krankenkassen noch
vor dem Zustandekommen des Krankenkassengesetzes anderes getan
als Vorarbeit geleistet für die spätere gesetzliche
Regelung der Krankenversicherung, eine Vorarbeit, die von den
bürgerlichen Herrenhausmitgliedern Österreichs bei Beratung
des Gesetzes anerkannt wurde und die auch von den bürgerlichen
Abgeordneten des ehemaligen Wiener Reichsrates in Wien anerkannt
wurde, in welchem noch keine Arbeiter gesessen sind. Der Herr
Abg. Zajièek möge
sich doch einmal daran erinnern, daß es im alten Österreich
auch christlich-soziale Männer gegeben hat, die sich nicht
zu seinen Anschauungen bekannt haben würden und die ganz
andere Auffassungen vertraten. Allerdings die Aera Vogelsang ist
wohl auch für die Christlichsozialen vorüber und wenn
uns Herr Zajièek gestern
erklärt hat, Lueger sei im Jahre 1907 aufgetreten und habe
verlangt, daß aus Staatsmitteln ein großer Betrag
für die Durchführung der Alters-, Kranken- und Invaliditätsversicherung
beigestellt werde, so hat er damit nur eine unernste Komödie
aufgeführt und es ist sofort festgestellt worden, daß
eine tatsächliche Kranken- und Invalidenversicherung für
die Arbeiter nur dadurch geschaffen werden kann, daß ein
diesbezügliches Gesetz vom Parlament beschlossen wird. Was
geschah? Von den guten Gedanken, die im ersten Entwurf der Sozialversicherung
von Koerber enthalten waren, blieb später nicht viel übrig
und als man sich doch in Österreich mit der Einführung
der Alters- und Invaliditätsversicherung beschäftigen
mußte, was unternahmen da die Christlichsozialen? Es meldete
sich sofort Herr Dr Geßmann, der in der christlichsozialen
Partei und Politik des alten Österreich ungefähr derselbe
böse Geist gewesen ist, der heute Šrámek in
der christlichsozialen Partei dieses Landes ist. (Výkøiky:
Herr Zajièek!) Von dem will ich
gar nicht reden. Im Ausschuß mußte er ruhig sein,
hier hat er sich als den großen Sprecher aufgeführt.
Damals ist Dr Geßmann gekommen und hat die Einführung
der Bezirksstellen verlangt, die nichts anderes sein sollten,
als politische Positionen der Christlichsozialen in den Dörfern
und Bezirksorten und solange Dr Geßmann seinen unheilvollen
Einfluß in der Regierung ausüben konnte, ist es auch
mit der Sozialversicherung nicht ernstlich vorwärts gekommen.
Aber an eines sei erinnert: Selbst in der Zeit,
als unter der Führung Dr Geßmanns in Österreich
eine Sozialversicherung geschaffen werden sollte, die förmlich
auf den Leib der Christlichsozialen zugeschnitten war, selbst
damals hat man nicht gewagt, das Selbstverwaltungsrecht der Arbeiter
in den Krankenkassen anzutasten. Selbst damals ließ man
die Zusammensetzung der Vorstände unverändert - zwei
Drittel Arbeiter, ein Drittel Unternehmer - der Überwachungsausschuß
war eben nur ein Überwachungsausschuß, nicht aber eine
mitentscheidende Körperschaft. Bei aller Arbeiterfeindlichkeit
des Lueger'schen christlichen Sozialismus, der nichts zu tun hat
mit dem christlichen Sozialismus eines Baron Vogelsang, war Lueger
doch nicht so frech, nehmen. Das ist erst seinen Epigonen vorbehalten
geblieben, den kleinen Nachfolgern des christlichsozialen Österreich.
Und da wagt es Herr Abg. Zajièek zu
erklären: Ja, das ist eine Frage, die von uns wohl erwogen
wurde und es war notwendig, die Parität zu verlangen, um
endlich der Wirtschaft in den Krankenkassen ein Ende zu machen.
Ich habe schon im Budgetausschuß den bürgerlichen Abgeordneten
erklärt: Wenn Sie auf dieses Gebiet übergehen wollen,
wir sind dazu bereit. Wenn Sie wollen, so werden wir Vergleiche
anstellen, wo eine ärgere Mißwirtschaft herrscht, in
den von den Arbeitern verwalteten Krankenkassen oder in den zahlreichen
bürgerlichen Institutionen, in die wir keinen Einblick haben,
obwohl sie auch von unseren Mitteln miterhalten werden.
Pøedseda (zvoní):
Upozoròuji pana øeèníka,
že jeho øeènická lhùta již
uplynula.
Posl. Schäfer (pokraèuje):
Wir werden dann Material bereitstellen
und zeigen, daß diese Äußerungen nichts anderes
sind als ein Ausdruck der Bosheit.
Ich muß mich beeilen und kann mich nur
noch schnell mit einigen besonderen Leistungen des Herrn Zajièek
befassen. Die Verbände gibt er natürlich
auf. Es fällt ihm nicht ein, daß wir Verbände
haben, in denen an der Spitze sozialdemokratische Vorstände
stehen und dann wieder Verbände, die bürgerlich national
eingestellt sind. (Posl. Hackenberg: Antimarxistisch!) Jawohl!
Das ist ja jetzt das neue Wort, mit dem die Herren so gerne krebsen
gehen. Auch da sollte Herr Zajièek ein
bißchen in der Vergangenheit nachforschen und den Ursachen
nachgehen, warum wir heute in der Èechoslovakei
wie schon in Österreich Verbände hatten, die sich nach
politischen Anschauungen gliedern. In Österreich gab es zunächst
in den verschiedenen Ländern die Zwangsverbände, denen
allgemein die Bezirkskrankenkassen angehörten.
Sie haben nichts geleistet. Es gab nur von Jahr zu Jahr schwere
Auseinandersetzungen und es machte sich im alten Österreich
in der Krankenversicherung die Notwendigkeit geltend, für
diese Verbände eine freie Organisation zu schaffen. Die Vereinskrankenkassen
hatten ihre Verbände, aber auch diese genügten nicht
und es wurde dann die Reichskommission aller Krankenkassen Österreichs
er richtet. Sie war die Schöpfung einer großen Reichskonferenz
der Krankenkassen.
An dieser Reichskonferenz waren zunächst
auch die Vertreter bürgerlicher Krankenkassen beteiligt,
aber nach kurzer Zeit gingen vor allem in Böhmen die deutschnationalen
Politiker daran, sich auf besondere Weise zu organisieren und
in der Reichskrankenkassenkommission nicht mehr mitzuwirken.
So hat sich die Sache entwickelt, aber es ist doch kein Unglück.
Die Verbände in der Èechoslovakei könnten gewiß,
wenn es nur einen Verband gäbe, der reibungslos arbeiten
würde, noch mehr leisten, aber es ist wahrhaftig kein Unglück.
Jeder, der in der Èechoslovakei
bestehenden Verbände hat sein gutes getan und wenn Abg. Zajièek
sagt, es sei eine Übertreibung des
Abg. Taub gewesen, von 715.000 deutschen Versicherten zu
reden, die in den Verbänden stehen, es gebe nur über
315.000, so muß er die Statistik sehr schlecht gelesen haben.
Der Reichsverband deutscher Krankenkassen, das ist der, den Abg.
Zajièek als sozialdemokratischen
Reichsverband denunzieren will, zählt 450.000 Versicherte.
Für Zajièek gibt
es aber in allen deutschen Verbänden nur 315.000 Mitglieder,
er läßt die beiden anderen Verbände überhaupt
verschwinden und streicht auch uns so kurzer Hand über 100.000
Mitglieder. Es ist ihm aber in seiner Erregung gegen die sozialdemokratischen
Vorredner und gegen die Oppositionsparteien auch noch ein Malheur
passiert. Wenn nichts mehr herhalten will und man keinen Grund
mehr hat, die Krankenkassen zu bekämpfen und die Parität
zu verlangen, dann kommt man auf die Angestellten und auf die
schlechte Wirtschaft in den Verwaltungen zu sprechen. Er hat dabei
gesagt: Da sitzen die Agitatoren, die die Sekretariatsarbeit der
Partei machen, da sitzen die Menschen, die eigentlich auf Kosten
der Krankenkassabeiträge, Politik treiben. Da meinte er,
eine große Anzahl solcher Sekretäre sitze ja auch im
Abgeordnetenhause, er berief sich dabei auf das Buch, wo alle
Abgeordneten eingetragen sind und auch bei jedem dabei steht,
welchen Beruf er hat. Der Mann hat hier eine Behauptung aufgestellt,
von deren Richtigkeit er nicht überzeugt gewesen ist. Wie
nennt man einen Menschen, der so pauschaliter Behauptungen aufstellt,
Beschuldigungen erhebt, aber auch nicht den geringsten Beweis
dafür erbringen kann? (Posl. Schweichhart: Zajièek
heißt er!) Zajièek wird
sich vielleicht seitdem informiert haben, es ist aber nicht zu
erwarten, daß er nachträglich eingesteht, Beschuldigungen
gegen die sozialdemokratischen Parteien erhoben zu haben, er wird
sich da genau so verhalten, wie in der Frage der Verbände,
wo er auch mit Behauptungen um sich wirft, die nicht aufrechtzuhalten
sind. Noch ein Wort über die Verbände. Die Verbände
waren in der ersten Vorlagevollständig preisgegeben und in
seiner Rede im März im sozialpolitischen Ausschuß sagte
Minister Šrámek: Die Verbände werden aufgelöst.
Er sprach damals davon, daß man so wie einstmals gewisse
Agenden der Krankenversicherung an die Unfallversicherung übertragen
werde. Erst als sich im Laufe der Verhandlungen auch im Lager
der Koalition die Anschauungen über die Verbände gewandelt
hatten, als man über die weitere Zulassung der Verbände
ernstlich nachdachte, erst dann kam Minister Šrámek
plötzlich mit den Landestellen und nun preist uns Abg.
Zajièek und Abg.
Tichý, was wir an den Landesämtern für
einen Gewinn haben, wie billig sie sind, während die Verbände
über 5 Mill. Kè kosten und daher furchtbar teuer sind.
Schmackhaft macht Zajièek den
deutschen Abgeordneten diese Landesstellen damit, daß er
sagt, sie wären national gegliedert. Er soll mir die Stelle
im Gesetzentwurf zeigen, auf die er sich dabei berufen kann. Das
wird ungefähr so ausgehen, wie die Erhaltung der deutschen
Landesstellen bei der Pensionsversicherung. Da haben wir ja kürzlich
eine recht herrliche Komödie erlebt. Es ist plötzlich
der Entwurf über die Reform der Pensionsversicherung bekannt
geworden und in dem ist von den deutschen Landesstellen keine
Rede mehr. Dabei ist diese Forderung von den Angestellten und
Unternehmern in voller Übereinstimmung aufgestellt worden.
Da hat es dann in den Blättern geheißen, der Vertreter
der deutschen Gewerbepartei habe im Achterausschuß aufgemuckt
und auch die Landbündler seien dagegen aufgetreten. Man habe
ihnen versichert, es werde den deutschen Belangen ich will ein
Wort gebrauchen, das einmal in der deutschen Politik sehr üblich
gewesen ist - in der Frage der Pensionsversicherung entsprochen
werden. Es ist von der nationalen Sektionierung der Landesstellen
die Rede gewesen, sie hätten die Möglichkeit gehabt
für eine solche Berücksichtigung nationaler Berücksichtigung
zu stimmen, sie haben das Gegenteil getan und Sie werden, wenn
die deutschen Angestellten und Angestelltengewerkschaften und
sozialistischen Parteien nicht mit ihrem ganzen Gewicht sich dagegen
verwahren, auch hier die einzige Einrichtung in der Pensionsversicherung
preisgeben, die es noch ermöglicht, daß die deutschen
Versicherten einen gewissen Einfluß auf die Verwaltung haben.
Die Landesstellen, von denen uns Zajièek
und Tichý berichtet haben,
sind kein Ersatz für die Verbände. Niemand, auch Monsignore
Šrámek, hat es gewagt, den Wert der Verbände
zu bestreiten. Auch er hat zugeben müssen, daß die
Verbände gewaltiges geleistet haben. Warum also weg mit ihnen?
Der jetzige Minister für soziale Fürsorge empfindet
sie wie eine zuwidere Einrichtung, daher weg, dabei nützt
er auch seinen nationalistischen Anschauungen und die Deutschen
werden sich wie in so vielen Fragen, wie bei der Verwaltungsreform,
Steuerreform, bei dem Gemeindefinanzgesetz, auch hier nach allen
Regeln der Kunst von ihren Koalitionskollegen betackeln lassen.
Unsere Stellung zu der jetzigen Vorlage ist
klar gegeben. Wir wollen eine Sozialversicherung, die alle Erfahrungen,
die in anderen Staaten und auch bei uns gemacht worden sind, berücksichtigt.
Wir wollen eine Sozialversicherung, die den Arbeitern die Möglichkeit
gibt, ihre Gelder selbst zu verwalten. W ir wollen eine Sozialversicherung,
die keinen Boden für Unternehmergelüste abgibt, aber
auch keinen Boden für politische Parteimanöver, die
insbesondere hier zu befürchten sind, wenn es gelingen würde,
die Selbstverwaltung der Versicherten einzuschränken. In
der Organisation der Sozialversicherung darf es nur einen Grundsatz
geben: Das Beste herauszuholen, das Beste zu schaffen für
die Versicherten, für die Arbeiter! Alle anderen Beweggründe
müssen schweigen und zurücktreten, und da wir in diesem
Gesetzentwurfe noch viele Bestimmungen finden, gegen die wir uns
mit aller Leidenschaft kehren müssen, werden wir auch nach
Erledigung der Vorlage im Abgeordnetenhause und im Senate nicht
aufhören, den Kampf fortzusetzen für eine gute, die
Arbeiter zufriedenstellende Sozialversicherung. (Souhlas
a potlesk nìm. soc. demokratických poslancù.)
Die kapitalistische Wirtschaftsordnung und
die Herrschaft der Bourgeoisie bedeutet für die Arbeiterschaft
nicht nur die brutale Ausbeutung derselben, sondern eine ständige
Bedrohung ihrer Lebensexistenz und eine schwere Gefährdung
der Gesundheit der ganzen arbeitenden Klasse. Und so spielen im
Kampfe der Klassen die Gesundheitsfragen und die Sicherung der
Arbeitsfähigkeit eine große Rolle. Nichts ist für
den Arbeiter in der kapitalistischen Wirtschaftsordnung gefährlicher,
als wenn er durch Krankheit, Unfall oder Alter seine Arbeitsfähigkeit
einbüßt, durch Arbeitslosigkeit in Krisenzeiten oder
durch Willkür der Unternehmer aus dem Produktionsprozeß
ausgeschaltet wird. In solchen Momenten steigern sich die Widersinnigkeit
und die tiefen Schatten der kapitalistischen Wirtschaftsordnung
und treffen hart den Arbeiter und seine Familie, erhöhen
den Kampf um das Stückchen nacktes Leben und treiben Hunderttausende
zur Verzweiflung. Der lange schwere Kampf der Arbeiterklasse gegen
die Profitsucht der Kapitalisten in ihrer Wirtschaftsordnung ist
ein Leidensweg, dessen Härte die Arbeiter an ihren Leibern
verspüren. Und wenn die klassenbewußte Arbeiterschaft
in der kapitalistischen Wirtschaftsordnung den Kampf um die Sicherung
ihrer Lebensexistenz und Milderung der brutalen Gegensätze
führt, so nicht deshalb, weil sie glaubt, daß durch
irgend welche Reformen oder Sicherheitsmaßnahmen die kapitalistische
Wirtschaftsordnung und ihre Schattenseiten beseitigt werden können,
sondern nur aus dem Grunde, weil die Sozialpolitik ein Teil des
proletarischen Klassenkampfes und gleichzeitig eine der schärfsten
Waffen der Arbeiterklasse gegen die Bourgeoisie ist.
Die gefährlichen Auswirkungen der Krankheit,
der Invalidität, des Alters und der Arbeitslosigkeit der
Arbeiterschaft spielen aber auch für die kapitalistische
Klasse eine bedeutende Rolle. Sie sind Gefahrenmomente, die imstande
sind, bei Verzweiflungsausbrüchen der gepeinigten Arbeiterschaft
die privatkapitalistische Wirtschaftsordnung zu erschüttern.
Und wenn die kapitalistischen Parteien aus diesen Verhältnissen
heraus gezwungen sind, eine gewisse Sozialpolitik zu betreiben,
so ist diese diktiert von dem Interesse des privatkapitalistischen
Systems und so beschaffen, daß es das Prinzip der Profittätigkeit
nicht stört. Die Sozialversicherung ist eben das Produkt
eines wirtschaftlichen Systems. Die bürgerlichen Regierungen
und Parteien haben an den sozialpolitischen Fragen und insbesondere
an der Sozialversicherung nur so weit ein Interesse, als dieselben
keine Geldmittel erfordern, ihre kapitalistische Wirtschaft nicht
belasten und die Profite nicht schmälern. Ihre Gesundheits-
und Sozialpolitik ist nur ein volksfreundlicher und humaner Anstrich,
ein Schwindel, den sie zu dem Zwecke ausführen, um die krassen
Gegensätze der kapitalistischen Ordnung zu verschleiern und
die Arbeiterschaft vom Klassenkampfe abzuhalten. Obzwar dieses
Spiel für die klassenbewußte Arbeiterschaft zu durchsichtig
ist, gelingt es der Bourgeoisie und ihren Exponenten doch, große
Teile des Proletariats irrezuführen. Und deshalb ist es Aufgabe
der kommunistischen Partei, den wahren Inhalt der bürgerlichen
Sozialpolitik und ihrer Sozialversicherung aufzuzeigen und den
Klassencharakter zu enthüllen.
Die Bourgeoisieherrschaft und ihre Wirtschaftsordnung
hat für den Proletarier schwere Gesundheitsschädigungen
und Gefahren zur Folge. Solange eine große Reservearmee
von Arbeitssklaven vorhanden ist, kümmert es sie nicht, ob
durch Unfall, Krankheit, Arbeitsunfähigkeit, Alter oder Unterernährung,
durch elende Lohnverhältnisse oder durch Arbeitslosigkeit
Hunderttausende von Proleten mit ihren Kindern zugrunde gehen.
Sie kennen nur eine Aufgabe, ein Ziel: Erhöhte Ausbeutung
und Wahrung ihrer Profite. Die brutale Ausbeutung und Rationalisierung
erhöhen fast um das Doppelte Unfälle und Todesfälle,
täglich und stündlich fordert die kapitalistische Produktionsweise
ihre Opfer in den Betrieben. Elende Wohnungs- und Lebensverhältnisse,
Teuerung und karger Lohn, zerstören durch Tuberkulose und
Rachitis die Volksgesundheit, verkürzen dem Arbeiter das
Leben, schaffen Siechtum und ein maßlos es Elend.
Die Bekämpfung dieser Gefahren in der
kapitalistischen Wirtschaftsordnung ist eine wirtschaftliche und
politische Frage, eine Frage der Arbeitsbedingungen, des Lohnes,
der Wohnungsverhältnisse, der Gesundheitspolitik, der Versorgung
im Falle der Arbeitslosigkeit, der Invalidität und des Alters.
In dem Kampfe um diese Fragen steht die bürgerliche Gesellschaft
und alle ihre Parteien und Organisationen und viele Vertreter
der Wissenschaft gegen die Arbeiterklasse. Die Parole "Die
Wirtschaft kann die sozialen Lasten nicht ertragen, wenn sie nicht
zugrunde gehen soll" ist das Leitmotiv bei Schaffung aller
sozialpolitischen Gesetze. Der Arbeiter aber muß sich wehren
gegen den Raubbau an seiner Gesundheit und seiner Arbeitskraft,
er muß sich wehren gegen die Gefahren der Produktionsweise,
der schlechten Betriebsstätten und der elenden Wohnungen,
gegen den tiefen Lebensstandard, kurzum gegen alle Auswüchse
der kapitalistischen Wirtschaftsordnung. Im kapitalistischen Staate
ist für den Arbeiter die Hauptaufgabe die Erhaltung seiner
Gesundheit und Arbeitskraft, nicht aber die Erhaltung und Konsolidierung
der jetzigen Wirtschaftsordnung. Kann die bürgerliche Wirtschaftsform
dem Arbeiter das zum Leben Notwendige nicht geben, so soll sie
zugrunde gehen. Das Proletariat hat doch das Interesse an der
Überwindung dieser Wirtschaftsform, die es zum Ausbeutungsobjekt
und Sklaven der kapitalistischen Klasse macht. Das Proletariat
fordert den weiteren Ausbau der sozialen Gesetzgebung, die Bourgeoisie
den Abbau. Das ist der scharfe Gegensatz zwischen dem Bürgertum
und der Arbeiterklasse, der täglich in den Betrieben, Gemeinden
und Bezirken, aber besonders bei der Gesetzgebung im Parlament
zum Vorschein kommt und aneinanderprallt.