Wir haben bei allen Beratungen des Staatsvoranschlages,
an denen wir teilgenommen haben und auch bei der Beratung über
die Steuerreform darauf verwiesen, daß die Quelle, wo gespart
werden kann und soll, der Militarismus ist, daß man sparen
muß beim Militäraufwand, daß man endlich das
verwirklichen soll, was man bei der Schaffung dieses Staates zugesichert
hat und was in der Revolutionsnationalversammlung in Aussicht
genommen wurde. Und nun haben wir auch während der Beratung
des jetzigen Staatsvoranschlags ebenso wie in früheren Jahren
den Versuch unternommen, daß mit dem Sparen dort eingesetzt
wird, wo sich sparen ließe und dort, wo es im Interesse
der Bevölkerung gelegen wäre. Nach dem in der Revolutionsnationalversammlung
beschlossenen Wehrgesetz hätte die Dienstzeit sukzessive
herabgesetzt und im Jahre 1927 die 14 monatliche Dienstzeit eingeführt
werden sollen. Es ist dazu nicht gekommen, weil die gegenwärtige
Koalition mit den Stimmen der Vertreter der deutschen Regierungsparteien
beschlossen hat, die 18-monatige Dienstzeit beizubehalten. Die
alte Koalition hatte nicht die Mehrheit dafür, weil in der
allnationalen Koalition die Vertreter der sozialistischen Parteien
der Beibehaltung der 18-monatigen Dienstzeit nicht zugestimmt
haben. Es war köstlich, den Koll. Eckert klagen zu
hören, über die hohe Belastung durch den Militarismus
und der Forderung Ausdruck verleihen, zu hören, daß
es notwendig sei, ihn abzubauen, damit eine Entlastung der Bevölkerung
möglich wäre. Er ist nicht der erste der deutschen Regierungsparteiler,
der einer solchen Forderung Ausdruck verliehen hat; wir haben
im Budgetausschuß das Klagelied des Koll. Oehlinger von
der christlichsozialen Partei über den Militarismus, über
die Kosten des Militarismus vernommen und haben von dem Führer
des Bundes der Landwirte, vom Koll. Windirsch, im Budgetausschuß
ebenfalls gehört, daß die Militärlasten für
die Bevölkerung des Staates unerträglich seien. Aber
nicht nur das, Koll. Windirsch ist noch weiter gegangen
und hat erklärt, daß man gerade auf dem Gebiete der
Beibehaltung der 18monatigen Dienstzeit und der Schaffung der
Ersatzreserve eine arge Enttäuschung erlebt hat. Das, was
wir bei der Beratung des Gesetzes über die Beibehaltung der
18monatigen Dienstzeit vorausgesagt haben, daß nämlich
das Teilhaftigwerden der Begünstigung der 12wöchentlichen
Dienstzeit in der Ersatzreserve nur einen kleinen Bruchteil darstellen
und für die Masse die 18monatige Dienstzeit weiter gelten
werde, ist zur Tat geworden. Und jetzt wagen es jene Herren, die
mit dazu beigetragen haben, daß es bei der 18monatigen Dienstzeit
geblieben ist, Klage zu führen, Beschwerden gegen die Lasten
des Militarismus vorzubringen, jene Herren, die selbst für
den Militarismus gestimmt haben. Sie haben das Recht, zu klagen
über die schweren Belastungen, die sie bewilligt haben, über
den Rüstungsfonds in der Höhe von 315 Mill. jährlich,
dem sie zugestimmt haben, verloren, sie haben das Recht der Kritik
in dem Moment eingebüßt, wo sie für den Militäraufwand
gestimmt haben, nicht nur für den ordentlichen, sondern auch
für den Rüstungsfonds.
Die Zoll- und Wirtschaftspolitik ist ein Kapitel,
durch welches die arbeitende Bevölkerung dieses Staates schwer
geschädigt worden ist. Ich werde noch darauf zu sprechen
kommen, wie es der arbeitenden Bevölkerung dieses Staates
geht. Wenn ich jetzt schon von den Zöllen und deren Auswirkung
spreche, so nur deshalb, um darauf zu verweisen, daß wir
gestern von den Bänken der Regierungsparteiler vom Koll.
Eckert, vernehmen konnten, daß es eine schwere Gefährdung
der Bevölkerung dieses Staates sei, wenn man in der Hochschutzzollpolitik
fortfahre. Und diese schwere Schädigung der Bevölkerung
haben: die Parteien, die der Einführung der festen Zölle,
wodurch eine Verteuerung der Lebens mittel herbeigeführt
wurde, zugestimmt haben, begangen, dieselben Regierungsparteiler,
deren Vertreter gestern gegen diese Zollpolitik dieses Staates
gesprochen haben. Koll. Eckert hat gestern auch gegen den
hohen Aufwand, der von Seite des Außenministeriums getrieben
wird, gesprochen und sich über die hohen Repräsentationskosten
beklagt, die das Außenministerium verursacht, Worte, die
wir von den Herren zu hören gewohnt waren, solange sie in
der Opposition gewesen sind die von ihnen zu höre aber wir
jetzt überrascht sein müssen, wenn sie in der Regierung
sitzen und für alle Possten des Voranschlages stimmen. Koll.
Eckert hat auch zugegeben, daß die deutschen Regierungsparteien
in sprachlicher Hinsicht nicht imstande gewesen sind, irgend welche
greiflicheren Erfolge zu erzielen. Er hat ein Klagelied darüber
angestimmt, wie schwerig es für die deutschen Abgeordneten
dieses Hauses ist, den Budgetverhandlungen und Beratungen zu folgen,
denn man habe bisher nicht einmal dem Wunsche der deutschen Parteien
entsprochen, den deutschen Abgeordneten Übersetzungen der
wichtigsten Vorlagen und beim Staatsvoranschlage wenigstens des
Motivenberichtes zu geben. Nicht einmal das haben die deutschen
Regierungsparteiler zu erzielen vermocht, und sie zeigen auch
dadurch, wie wenig erfolgreich ihre Tätigkeit innerhalb dieser
Koalition gewesen ist.
Nebst all diesen Fragen hat Koll. Eckert
gestern auch davon gesprochen, daß eine gerechte Lösung
der Schulfrage nur dann zu erhoffen sei, wenn endlich die Schulautonomie
herbeigeführt werde, und neben diesen Grundfragen hat er
auseinandergesetzt, daß auch das deutsche Schulwesen in
diesem Staate arg benachteiligt werde, daß man selbst den
gerechtesten Forderungen der Deutschen nicht entgegenkomme. Als
Beispiel hat er die Musikschulen angeführt, die nicht entsprechend
subventioniert werden, darunter auch die, die ihm als Abgeordneten
des betreffenden Gebietes besonders am Herzen liegen sollten.
Er hat aber vergessen zu erwähnen, daß wir auch nach
dieser Richtung bei der Beratung auch des heurigen Staatsvoranschlages
wieder eine Reihe von Abänderungsanträgen gestellt haben
und daß wir es gewesen sind, welche auch in unseren Abänderungsanträgen
forderten, daß diese Schulen und insbesondere, weil ich
dieses Beispiel angeführt habe, auch die Musikschule in Petschau
ausgiebiger als bisher unterstützt werden, und er hat vergessen
zu erwähnen, daß er diese Forderung hier aufstellte
und es als Unrecht bezeichnete, daß ihr nicht entsprochen
wurde, aber gegen diesen von uns als Oppositionspartei eingebrachten
Antrag gestimmt hat. Hier fordert er mehr Unterstützung,
und dort, wo es am Platze ist, stimmt er gegen einen solchen Antrag,
der Abhilfe herbeiführen sollte. Als ich das dem Koll. Eckert
in einem Zwischenrufe vorgehalten habe, hat er gemeint, uns
besonders dadurch nahezutreten, daß er uns vorwarf, daß
wir deutschen Sozialdemokraten im Budgetausschuß für
einen Antrag des Abg. Remeš, betreffend die deutsche
Universität in Prag, gestimmt hätten. Ich leugne nicht,
daß wir für einen Antrag gestimmt haben, eine Post
bei der deutschen Universität herabzusetzen. Nur möge
Koll. Eckert nachsehen und er wird dabei feststellen können,
daß es nicht nur ein Antrag der èechischen
Sozialdemokraten ist, dem wir zugestimmt haben, sondern, daß
wir selbst solche Anträge schon bei früheren Budgetberatungen
gestellt haben, nämlich die Streichung der Post für
die theologische Fakultät der deutschen Universität,
was nur ganz unseren Grundsätzen der Trennung
der Schule von der Kirche entspricht. Wir haben uns hierbei keines
Verrates schuldig gemacht, wie uns Koll. Eckert einzureden
versucht, sondern wir haben nur getreu unseren programmatischen
Grundsätzen auch zu dieser Frage Stellung genommen.
Ich habe schon vorhin erwähnt, daß
nicht nur Koll. Eckert, sondern auch Koll. Windirsch,
der Führer der Landbündler, und Koll. Oehlinger,
einer der Vertreter der Christlichsozialen, in bewegten Worten
den Klagen der deutschen Bevölkerung bei Beratung des Staatsvoranschlages
Ausdruck verliehen haben, und auch Koll. Hodina vom Bund
der Landwirte hat in einer längeren Rede im Budgetausschuß
auseinandergesetzt, daß den Bedürfnissen und Forderungen
der deutschen Bevölkerung hinsichtlich des Ausbaues des Schulwesens
bisher nicht Rechnung getragen worden ist. Es wird also ein Doppelspiel
von den deutschen Aktivisten getrieben: hier üben sie Kritik
an dem Staatsvoranschlag und an den Verhältnissen in diesem
Staate, tragen aber nichts dazu bei, daß eine Änderung
der Verhältnisse herbeigeführt werde, mit denen sie
unzufrieden sind.
Wir beraten nicht nur diesen Staatsvoranschlag,
der uns heuer zum drittenmal von dieser Regierungskoalition vorgelegt
wurde, wir haben auch aus dem Munde des Berichterstatters und
verschiedener Proredner gehört, es komme der Beratung des
heurigen Staatsvoranschlages eine besondere Bedeutung zu. Wir
gehen dem 10jährigen Bestandsjubiläum der Republik entgegen,
und Koll. Hnídek als Generalberichterstatter, hat
seinem Bedauern Ausdruck gegeben, daß gerade heuer der Staatsvoranschlag
durchgepeitscht werden müsse, daß für die Beratung
des Staatsvoranschlages dem Ausschusse nicht die nötige Zeit
eingeräumt worden ist. Koll. Eckert hat auch zur Frage
des Jubiläums Stellung genommen und es war ein deutscher
Regie rungsparteiler, eben der Koll. Eckert, der da meinte,
die Deutschen in diesem Staate hätten keine Ursache, das
Staatsjubiläum freudig zu begehen. Einer, der in der Regierungskoalition
sixtzt, hat diese Ansicht zum Ausdruck gebracht. Wir haben nun
zu über prüfen, ob wir irgendeinen Anlaß haben,
das Staatsjubiläum freudig zu feiern, wir, die Angehörigen
der Arbeiterklasse. Es hat der Generalberichterstatter über
den Voranschlag, Koll. Hnídek, auseinandergesetzt,
welche Gesetze in diesem Staate in den verflossenen 10 Jahren
geschaffen worden sind, und er verwies insbesondere auf die Gesetze,
die in der Nationalversammlung in der letzten Zeit beschlossen
worden sind..
Wenn wir nun einen kleinen Rückblick werfen,
so müssen wir feststellen, daß die Angehörigen
der Arbeiterklasse keine Ursache haben, zufrieden zu sein, und
auch keine Ursache haben, das Jubiläum am 28. Oktober freudig
zu begehen und sich an den Kundgebungen zu beteiligen. Die wirtschaftlichen
Verhältnisse sind nach den Ausführungen des Generalberichterstatters
über den Voranschlag äußerst günstige. Die
Zahl der Arbeitslosen ist bedeutend geringer, als sie war. Wir
haben eine Hochkonjunktur. Unsere Verhältnisse sind stabilisiert.
Es ist gelungen, nicht nur eine Stabilisierung der Währung
herbeizuführen, sondern auch unseren Staatshaus halt in Ordnung
zu bringen, wir haben eine aktive Cebahrung, ja, wir haben heuer
sogar einen ziemlich namhaften Überschuß im Betrage
von über 35 Mill. Kè im Staatsvoranschlage ausgewiesen.
Wir finden viele Neider nicht nur im Ausland, sondern es zeigen
sich auch zahlreiche Neider im Inlande, weil es den Machthabern
des Staates gelungen ist, eine solche Ordnung der Verhältnisse
in diesem Staate herbeizuführen. (Výkøiky
na levici.) Da
ist es notwendig zu ergründen, auf wessen Kosten die Stabilisierung
möglich gewesen ist. Es ist richtig: wir haben eine gute
Konjunktur - sie ist allerdings schon wieder im Abflauen begriffen
und in einzelnen Industriegebieten macht sich die Krise bereits
bemerkbar und es vermehrt sich wieder die Arbeitslosigkeit. Wir
hatten also eine gute Konjunktur, die Zahl der Arbeitslosen ist
tatsächlich herunter gegangen. Schauen wir uns ein bißchen
an, wie es der in der guten Konjunktur vollbeschäftigten
Arbeiterschaft geht. Wir haben eine stabilisierte Währung,
aber wir haben keine entsprechende Kaufkraft, es fehlt die Kaufkraft
des Volkes, weil das Einkommen zu den Preisen der Waren in keinem
entsprechenden Verhältnis steht. Die Löhne der Arbeiter
sind um das Siebenfache der Vorkriegszeit gestiegen, die Preise
der Waren aber insbesondere der Artikel, die zum Lebensunterhalt
der Arbeiterschaft notwendig sind, sind um das Zehnfache und noch
weit mehr gestiegen. Eine Verelendung der Arbeiterklasse ist eingetreten.
Die Masse der Arbeiter waren nicht Nutznießer der guten
Konjunktur, sondern das waren die Kapitalisten. Wir sind gewiß
auf die Ausfuhr angewiesen u. zw. umsomehr, je weniger wir im
Innern des Staates abzusetzen imstande sind. Je geringer die Kaufkraft
der Bevölkerung des eigenen Staates, desto geringer der Absatz
und desto stärker die Notwendigkeit zu exportieren. Wir werden
ja später beim Zukker Gelegenheit haben, darauf hinzuweisen,
welche schwere Schädigung durch die Verringerung der Ausfuhr
eintrat, aber wir können aber auch darauf verweisen, daß
die Ausfuhr nicht in dem Maße notwendig wäre, wenn
wir imstande wären, im Inneren des Staates einen größeren
Absatz zu erzielen. Wenn wir vergleichen, was in anderen Staaten
konsumiert wird in dem Artikel, in dem wir soviel Überfluß
haben, so müssen wir feststellen, daß bei uns die Konsummöglichkeit
nicht in dem entsprechenden Ausmaße gegeben ist, weil die
Einkommensverhältnisse der Arbeiterschaft nicht entsprechend
sind. Statt nun der notleidenden Bevölkerung des Staates
Hilfe zu bringen und eine Besserung der Lebenslage der Arbeiterklasse
herbe zuführen, hat diese Koalition nichts anderes zu tun
gewußt, als durch die Einführung von Zöllen eine
weitere Verschlechterung der Lebenslage der Arbeiterschaft herbeizuführen.
Heute lamentieren einzelne Vertreter der Regierungsparteien über
die schädlichen Auswirkungen dieser verfehlten Zoll- und
Wirtschaftspolitik.
Nun komme ich zum Zuckerpreis. In bewegten
Worten hat vorhin Koll. Adámek auseinanderzusetzen
versucht, daß die Koalition sich ein großes Verdienst
erworben hat dadurch, daß es der Regierung gelungen sei,
die Zuckerfabrikanten dazu zu bewegen, die Zuckerteuerung nicht
in vollem Umfange aufrechtzuerhalten. Ich habe bereits im Budgetausschuß
darauf verwiesen, daß eine Regierung und eine Regierungsmehrheit,
die nur etwas auf ihren Ruf und ihr Prestige halten, gezwungen
wären, ganz anders vorzugehen, als es diese Regierung und
diese Mehrheit getan haben. Die Osmièka hat in Anwesenheit
der Fachminister den Beschluß gefaßt,
unter keinen Umständen eine Zuckerpreiserhöhung zu dulden.
Einige Tage darauf haben die Zuckerindustriellen die Erhöhung
des Zuckerpreises diktiert, und statt daß die Regierung
unter Anwendung aller ihr zur Verfügung stehenden Machtmittel
die Zuckerindustriellen gezwungen hätte, diese Preissteigerung
wieder vollständig rückgängig zu machen, bevor
man sich mit den Vertretern der Zuckerindustrie auch nur in Verhandlungen
eingelassen hätte, wurden trotz der Aufrechterhaltung des
erhöhten Preises Verhandlungen mit den Zuckerindustriellen
geführt, und heute stellen es die Vertreter der Regierungsparteien
als einen kolossalen Erfolg hin, daß es ihnen gelungen sei,
die Zuckerindustriellen zu veranlassen, etwas von der Preiserhöhung
nachzulassen. Sie verschweigen aber dabei, welch hohe Summen die
Regierung aufwenden mußte, um die Zuckerindustriellen dazu
zu bewegen. Sowohl Koll. Adámek, als auch gestern
Herr Dr. Èerný versuchten
uns zu erklären, welch große Wohltäter die Zuckerindustriellen
sind. Die Zuckerindustriellen hätten nicht nur jetzt gnädigst
von der vorgenommenen Erhöhung nachgelassen und sich mit
einer Erhöhung von 25 Hellern begnügt, sondern sie hätten
auch dem Staate und seiner Bevölkerung zur Zeit der besseren
Konjunktur ungeheuere Opfer gebracht und es sei ungerechtfertigt,
wenn von Seite der Opposition bei der Budgetberatung behauptet
wurde, daß die Zuckerindustriellen kolossale Gewinne eingeheimst
hätten. Denn die Zuckerindustriellen hätten dem Staate
Milliarden zur Verfügung gestellt, wodurch es ermöglicht
wurde, die Bevölkerung dieses Staates in den Umsturztagen
mit billigeren Lebensmitteln zu versorgen, nur durch diese Geschenke
seitens der Zuckerindustriellen sei es möglich gewesen, den
Mehl- und Brotpreis herabzusetzen.
Koll. Adámek hat darauf
hingewiesen, daß diese jährlichen 220 Mill. Kè
ein Geschenk der Zuckerindustriellen waren, die diese nicht in
Form einer Zwangsabgabe oder Steuer, sondern einer freiwilligen
Abgabe der Regierung zur Verfügung gestellt haben. Dabei
wurde wieder nur übersehen, festzustellen,
daß diese Abgabe von den Zuckerindustriellen unter gewissen
Voraussetzungen geleistet wurde und daß diese gewissen Vorausetzungen
es waren, daß der Zuckerpreis erhalten werden müsse,
und es waren nicht die Zuckerindustriellen, die dem Staate ein
Geschenk gemacht haben, sondern die konsumierende Bevölkerung,
die die Kosten tragen mußte. Aus den Taschen der konsumierenden
Bevölkerung ist diese freiwillige Abgabe der Zuckerindustriellen
geflossen.
Nicht nur der Zuckerpreis und die Zölle,
sondern auch die Steuern, die bei uns eingehoben wurden und werden,
führen mit dazu, daß die Lebenshaltung der arbeitenden
Klassen in diesem Staate verschlechtert wird. Auch die Herren
der deutschen Regierungsparteien klagen über den hohen Steuerdruck,
den sie durch ihre Politik mitverschuldet und mitherbeigeführt
haben. Aber die am meisten Ursache zum Klagen haben, das sind
die An gehörigen der Arbeiterklassen, die als Konsumenten
ungeheuerlich belastet werden und denen die Steuerreform keine
Entlastung überhaupt gebracht hat. Schauen Sie sich die Ziffern
des Staatsvoranschlages an, die einzelnen Steuergattungen, und
ziehen sie in Vergleich die Abgaben, die zum großen Teil
von der Arbeiterklasse und die zum Teil von der Besitzklasse getragen
werden und Sie werden ersehen können, welch ungeheuere Belastung
der arbeitenden Klasse dieses Staates durch die direkten Steuern
aufgewälzt wird. Bei derartigen Vergleichsdarstellungen machen
das der Herr Finanzminister und die Vertreter der Regierungsparteien
gewöhnlich natürlich anders als wir. Sie weichen dem
Vergleich der direkten und indirekten Abgaben, dem Vergleiche
der Verbrauchssteuern und der sonstigen Steuern aus. Sie ziehen
lieber den Vergleich mit den Handelssteuern, ohne darauf Rücksicht
zu nehmen, daß auch durch diese die konsumierende Bevölkerung
des Staates ungeheuer in Mitleidenschaft gezogen wird. Wir ziehen
natürlich beim Vergleich der direkten und der indirekten
Steuern die Steuergattungen auch etwas anders zusammen, als es
gewöhnlich dem Herrn Finanzminister beliebt. Wenn wir uns
nun das Erträgnis der direkten Steuern anschauen, wobei ich
gleich feststellen will, das wir auch bei den direkten Steuern
solche haben, durch die die Arbeiterschaft belastet wird und auch
solche, die ganz gut zu den indirekten Steuern gezählt
werden können, so finden wir nach dem Voranschlag für
1929 die Einkommensteuer mit einem Betrag von 1050 Mill. Kè,
die allgemeine Erwerbsteuer - ich führe die Beträge
nur rund an - mit 175 Mill. Kè, die besondere Erwerbsteuer
mit 221 Mill. Kè, die Grundsteuer
mit 128 Mill. Kè, die Hauszinssteuer mit 90 Mill. Kè,
die Rentensteuer mit 105 Mill. Kè, die Tantiemensteuer
mit 12 Mill. Kè, insgesamt mit den Nachzahlungen auf die
aufgehobenen direkten Steuern im Betrag von 19.6 Mill. Kè,
den Verzugszinsen von 70 Mill. Kè,
bei diesen direkten Steuern einen Ertrag von 1888 Mill. Kè.
Bei den indirekten Steuern sehen wir hingegen die Umsatzsteuer,
inklusive des Anteils der Länder, mit 1982 Mill. Kè,
die Zölle eins ließlich des Anteils des Straßenfondes
mit 1200 Mill. Kè, die Verbrauchssteuern mit 1689 Mill.
Kè, die Spiritussteuer rund 204 Mill. Kè, die Eisenbahnverkehrsgebühren
806 Mill. Kè. Wenn wir alle diese Abgaben zusammenrechnen,
die Verkehrs- und anderen Gebühren, sowie die Monopolgewinne,
wobei ich feststellen will, daß
es sich nicht um den Ertrag, sondern um faktischen Gewinn handelt,
so kommen wir auf eine Summe von 8.143,640.000 Kè. Wenn
wir nun einen Vergleich zwischen den direkten und indirekten Abgaben
ziehen, so müssen wir feststellen, daß
im Jahre 1929 nach dem Voranschlag die direkten Steuern 18.8%
ausmachen, denen ein Prozentsatz von 81,2% an indirekten Steuern
gegenübersteht. (Hört! Hört!) Noch interessanter
wird der Vergleich, wenn wir die Ziffern des Jahres 1927, des
Jahres vor der Steuerreform, zum Vergleich heranziehen. In diesem
Jahre war der Prozentsatz der direkten Steuern nach dem Staatsvoranschlag
22%, dem 78% an indirekten Steuern gegenüberstanden. Der
Generalberichterstatter Dr. Hnídek hat zugegeben,
daß der wirkliche Ertrag einer Reihe von Steuern größer
sein dürfte, als im Staatsvoranschlag angegeben ist. Das
wissen wir und wir haben es ja auch bei dem Rechnungsabschluß
für das Jahr 1927 bestätigt gefunden, der uns diessmal
erfreulich-erweise zugleich mit dem Staatsvoranschlag für
1929 vorgelegt worden ist. Nach dem Rechnungsabschluß für
1927 konnten wir feststellen, daß bei den indirekten Steuern
ein ganz bedeutender Mehrertrag gegenüber dem Staatsvoranschlag
für 1927 zu verzeichnen gewesen ist. Bei der Umsatzsteuer
belief sich der Mehrertrag auf 33,970.000 Kè, bei
den Zöllen auf 323,959.000 Kè, beim Zucker auf 18 1/2
Mill. Kè, bei der Getränkesteuer auf 29,314.000 Kè,
bei der Fleischsteuer auf 4,768.000 Kè, bei den Gebühren
auf 212 Mill. Kè, bei der Tabak.regie auf 254 Mill. Kè.
Das sind ganz bedeutende Mehrerträge, und wir finden sie
bezeichnenderweise nur bei den indirekten Abggaben. Bei den direkten
Abgaben finden wir sie in diesem großen Ausmaße nicht,
mehr. Wir sehen im Gegenteil, daß z. B. die allgemeine Erwerbsteuer
nach dem Rechnunggsabschluß für
1927 hinter dem Staatsvoranschlag um 198 Mill. Kè zurückgeblieben
ist, die Grundsteuer um 70 Mill. Kè, die Hauszinssteuer
um 12 Mill. Kè, die Kriegssteuer um 169 Mill. Kè.
Eine Steigerung gegenüber dem Voranschlag zeigte sich nur
bei der Rentensteuer mit 18 Mill. Kè, bei der Einkommensteuer
mit 41 Mill. Kè, bei den Zinsen mit 61 Mill. Kè,
so daß wir nach dem Rechnungsabschluß für 1927
bei den direkten Steuern einen Minderertrag von 338,146.000 verzeichnen
konnten. Demgegenüber ist der Mehrertrag
bei den indirekten Abggaben ganz bedeutend. Wir wissen schon,
daß der verminderte Ertrag bei den direkten Steuern hauptsächlich
darauf zurückzuführen war, daß die Vorschreibungen
nicht rechtzeitig hinausgingen, so daß der Eingang nicht
entsprechend sein konnte. Aber wir wissen auf der anderen Seite
auch, daß der Finanzminister, wie jetzt durch den Herrn
Generalberichterstatter zugegeben wurde, bei den Einnahmen, namentlich
bei den indirekten Abgaben, sehr vorsichtig budgetiert hat, nicht
nur deshalb, um sich Reserven zu schaffen, sondern aus dem Grunde,
um es bei der Beratung des Staatsvoranschlages nicht so offenkundig
werden zu lassen, mit welch gewaltigen Ein nahmen man aus indirekten
Steuern rechnet und um den Gegensatz zwischen dem Ertrag der direkten
und indirekten Steuern nicht so kraß darzustellen. Die indirekten
Steuern bedeuten im Jahre 1929 eine umso größere Mehrbelastung
der Bevölkerung, wenn wir die Auswirkung der Steuerreform
berücksichtigen, die in diesen Ziffern zum Ausdruck gebracht
wird.
Nun wissen wir aber, daß eine Herabsetzung
der Lasten nur dann eintreten kann und wird, wenn man sparen gelernt
hat, wenn man das, was man den Gemeinden, den Selbstverwaltungskörpern
überhaupt anrät, in erster Linie am Staatshaushalt vornimmt.
Ich habe schon darauf verwiesen, wo gespart werden soll. Und wenn
wir im Staatsvoranschlag nachsehen, ob der Versuch gemacht wird,
da zu sparen, wo gespart werden sollte, wo es ausgiebig wäre,
so müssen wir das verneinen. Für den Militarismus
ist auch heuer wieder ein Betrag von 1,4 Milliarden Kè
im Kapitel Landesverteidigung eingesetzt. (Pøedsednictví
pøevzal místopøedseda Zierhut.)
Wir haben bei der Beratung des Gesetzes
betreffend den Rüstungsfond darauf verwiesen, daß das
schwere Unrecht, das an der Bevölkerung begangen wird, nicht
darin besteht, daß der Rüstungsfond bewilligt wird,
daß mit dem Rüstungsfond kontrollos gewirtschaftet
werden kann, sondern darin, daß durch dieses Gesetz, betreffend
den Rüstungsfond, eine Stabilisierung des Militäraufwandes
herbeigeführt worden ist. In das Gesetz wurde die Bestimmung
aufgenommen, daß für Militär aufwand nicht mehr
verausgabt werden solle als 1,4 Milliarden Kè. Von einem
Abbau des Militäraufwandes ist keine Rede.
Wir haben bereits damals gesagt, es bestehe die Gefahr, daß
der in dieses Rüstungsfondgesetz aufgenommene Betrag nicht
als Höchstbetrag, sondern als dauernder Betrag verbleiben
wird und daß wir nie unter diesen Betrag sinken werden.
Dabei müssen wir feststellen, daß im heurigen
Voranschlag nicht nur 1,4 Milliarden Kè für militärische
Zwecke verausgabt werden, wir werden in der Spezialdebatte zahlreiche
andere Beträge nachweisen, die eigentlich in das Kapitel
Militarismus gehören, aber unter andere Posten verschleiert
erscheinen.
Also keine Rede vom Sparen, es fällt den
Herren nicht ein zu sparen. Wenn ich aber von Kontrolle über
die Verwendung des Rüstungsfondes spreche, möchte ich
eine Episode aus dem Budgetausschuß nicht unerwähnt
lassen. Einer der Regierungsparteiler hat erklärt, es wäre
notwendig, daß die Regierung über die Verwendung des
Rüstungsfondes wenigstens dem Budgetausschuß Bericht
erstatten möge. (Výkøiky na levici.)
Als wir bei der Beratung des Rüstungsfonds
im Ausschuß verlangten, daß die Regierung verpflichtet
sei, Rechenschaft zu erstatten, haben die deutschen Regierungsparteiler
diesen unseren Antrag abgelehnt.
Keine Ersparungen auf dem Gebiete des Militarismus,
dafür aber Ersparungen auf anderen Gebieten. Im Staatsvoranschlag
für 1929 sind im großen und ganzen die Ziffern gegenüber
1928 unverändert geblieben bis auf kleine Ausnahmen. Da finden
wir auch, wo gespart wird. Es ist das insbesondere das Ministerium
für soziale Fünsorge, dessen Aufwand pro 1929 gegenüber
1928 herabgesetzt wurde. Im Jahre 1928 werden ausgewiesen
865,804.611 Kè, im Jahre 1929 ein Erfordernis von 835,261.361
Kè, also um 30,543.250 Kè weniger als 1928, Und
wo wird gespart? 24,8 Mill. Kè sollen bei den Kriegsbeschädigten
erspart werden. Der Herr Berichterstatter und der
Motivenbericht haben angeführt, daß die Er sparungen
bereits gemacht wurden, wie aus dem Rechnungsabschlusse zu ersehen
sei; und weil der faktische Aufwand ein geringerer gewesen sei
als in den Vorjahren, konnte daher ein um diese Beträge vermindertes
Erfordernis ins Budget eingesetzt werden. Aber wir wissen, daß
diese Ersparungen nicht gemacht werden durch das Absterben der
Kriegsbeschädigten, sondern durch die Drosselungen, die bei
der Kriegsbeschädigtenfürsorge vorgenommen werden. Statt
dem berechtigten Verlangen der Kriegsbeschädigten nach Reform
des Kriegsbeschäigtengesetzed zu entsprechen: Drosselung
des Aufwandes dadurch, daß man mehr als bisher bei den sozialärztlichen
Untersuchungen Kriegsbeschädigte als nicht mehr rentenbedürftig
erklärt. Auch die Baufürsorge wird um 7 Mill.
Kè herabgesetzt, als ob Wohnungsnot nicht weiter bestünde,
als ob es nicht notwendig wäre, mehr als bisher aus dem Einkommen
des Staates dies em Zweck zur Verfügung zu stellen. Aber
auch sonst sehen wir im Voranschlag des Ministeriums
für soziale Fürsorge ganz interessante Daten und interessante
Mängel. Wir haben vor Kurzem den Kampf geführt gegen
die Verschlechterung und um die Verbesserung der Sozialversicherung.
Selbst die Fachmännerkommission, hervorgegangen aus dem Vorstand
der Zentralsozialversicherungsanstalt, hat die Versorgung der
aus der Versicherung ausgeschlossenen alten Personen durch Einbeziehung
in die Versicherung als möglich erkannt. Das Fürsorgeministerium
wollte von dem gerechten und dringlichen Erfordernis der Einbeziehung
dieser Personen in die Versicherung nichts wissen und hat angekündigt,
daß durch ein eigenes Gesetz noch im heurigen Jahre diese
so wichtige Frage geregelt werden solle. Aber wir suchen vergebens
im Staatsvoranschlag einen Betrag, welchen der Staat für
Zwecke der Versorgung der überalterten Personen auswerfen
würde. Der § 257 des Sozialversicherungsgesetzes beinhaltet
für den Staat die Verpflichtung, 100 Mill. Kè für
Heilfürsorgezwecke auszuwerfen. Die Regierungskoalition hat
bei der Novelle des Sozialversicherungsgesetzes
beabsichtigt, die Regierung bezw. den Staat von dieser Ausgabe
für die Bevölkerung zu befreien. Nun wurde die Novelle
nicht so angenommen, wie sie von der Koalition vorgelegt wurde
und es bleibt die Verpflichtung des Staates weiter aufrecht, einen
Teil des Aufwandes für Heilfürsorgezwecke zu tragen.
Wir haben uns bei der Beratung und bei der Beschlußfassung
des Voranschlages vergeblich bemüht, herbeizuführen,
daß wenigstens ein Teil dieses Betrages in den Voranschlag
für das Jahre 1929 eingestellt werde.