Pátek 19. øíjna 1928

Ebenso sieht es, wenn ich vom Kapitel "soziale Fürsorge" abweiche, mit der Regelung der Forderungen der Altpensionisten aus. Alle Parteien und auch die Regierungsparteiler sind wohl schon zur Überzeugung gekommen, daß eine endgültige Regelung der Forderung der Altpensionisten durch das letzte Gesetz nicht vorgenommen worden ist und daß es nicht angeht, mit der endgültigen Regelung zu warten, bis die so arg benachteiligten Altpensionisten ausgestorben sein werden. Aber trotzdem, nicht nur bei uns die wir in der Opposition stehen und diese Forderung mit allem Nachdruck vertreten, sondern auch bei den anderen Parteien, sich die Überzeugung durchgerungen haben dürfte, daß es notwendig sei, etwas zu tun, haben wir uns vergebens bemüht, in den Staatsvoranschlag für diesen Zweck einen Betrag hereinzubekommen.

Im Kapitel "Ministerium für soziale Fürsorge" wurde auch, wir wollen gerecht sein und das anerkennen, beim Kapitel Jugendfürsorge ein Mehraufwand von 1 Mill. Kronen eingestellt. Wenn Sie aber in Betracht ziehen, was auf der andern Seite bei der Jugendfürsorge in der Handhabung des Gemeindefinanzgesetzes gedrosselt werden wird, werden Sie mir zugeben, daß es nicht einmal ein Tropfen auf einen heißen Stein ist, was durch den Mehraufwand von einer Million bei der Jugendfürsorge gutgemacht werden soll. Schauen Sie sich in den Voranschlägen der Gemeinden und Bezirke die Streichungen an und Sie werden feststellen, daß fast bei allen Voranschlägen der Selbstverwaltungskörper in erster Linie diese Fürsorgeausgaben gestrichen wurden. Die meisten der Fürsorgeorganisationen, welche keine laufenden, festen Einnahmen haben, sind auf diese Unterstützungen angewiesen, und wenn diese eingestellt werden, sind sie gezwungen, ihre Tätigkeit einzustellen. Es wäre die Pflicht des Staates, nach dieser Richtung einzugreifen und wir müssen feststellen, daß der Voranschlag auch nach dieser Richtung keine entsprechende Vorsorge trifft.

Gerade vorhin haben wir aus dem Munde des Koll. Adámek, eines Volksparteilers, eines Patentchristen, entnehmen können, daß die von der Opposition vorgebrachten Angriffe ungerechtfertigt seien, daß es nicht so arg sei, wie es von der Opposition dargestellt wird. Wenn bei den Selbstverwaltungskörpern Streichungen notwendig seien, so deshalb, weil man ganz willkürliche Erhöhungen in den Voranschlägen der Selbstverwaltungskörper vorgenommen habe, um aus dem Dotationsfond Zuweisungen zu erhalten. Das ist eine Bemäntelung der feindlichen Tat, welche von den Regierungsparteilern auch nach dieser Richtung hin gesetzt wurde. (Výkøiky na levici.)

Wenn wir uns also die Tätigkeit der Koalition, der Regierung, die uns diesen Staatsvoranschlag zur Genehmigung unterbreitet, etwas näher betrachten, müssen wir auf dem Gebiete der Sozialpolitik Reaktion, Abbau des bißchen sozialpolitischer Errungenschaften, das uns die Revolutionszeit gebracht hat, feststellen, aber nicht nur die Verelendung der Arbeiterklasse, den Abbau der Sozialpolitik, sondern auch eine schwere Reaktion auf politischem Gebiete. Wir werden Gelegenheit haben, in der Spezialdebatte durch unsere Redner nachzuweisen, wie es mit der Gesetzgebung und mit der Handhabung der aus dem alten Österreich übernommenen Gesetze aussieht. Ich will nur ein Beispiel anführen: Ist es nicht eine Schande für die Machthaber dieses Staates, wenn man anläßlich Jubiläums des 10jährigen Bestandes dieses Staates feststellen muß, daß eine ganze Reihe von aus dem alten Österreich übernommenen Polizeigesetzen in diesem Staate nicht nur noch Geltung hat, sondern, daß diese Gesetze hier straffer gehandhabt werden, als es im alten Österreich in den letzten Jahrzehnten vor dem Umsturz der Fall war. Ich will nicht viel Worte verlieren und nur auf das Vereins- und Versammlungsgesetz hinweisen, welches nicht nur noch besteht, wie es aus dem alten Österreich übernommen wurde, sondern welches bei uns viel härter und strenger gehandhabt wird, als es im alten Österreich der Fall war. Schauen Sie sich die Handhabung der Zensur, des Preßstrafgesetzes an, wir haben gestern wieder ein Beispiel erlebt. Unser Zentralorgan "Der Sozialdemokrat" wurde gestern wieder einmal konfisziert und wenn man sich diese konfiszierte Stelle durchliest, so fragt man sich, ob das in der Republik noch möglich sein sollte und sagt sich, daß im alten Österreich auch während der Kriegszeit solche Konfiskationen, wie es die gestrige war, nicht mehr vorgekommen sind.

Wenn ich schon davon spreche, daß man nichts verbessert hat, so will ich unter anderem auch feststellen, daß es bisher nicht gelungen ist, das Gesetz betreffend die Sonderbehandlung politischer Häftlinge durchzusetzen, ja im Gegenteil, auch in der Richtung ist es schlechter geworden, als es selbst im alten Österreich gewesen ist. Es haben Sondervorschriften für die Behandlung politischer Häftlinge bestanden, wenn auch nicht im Gesetze selbst, so wenigstens auf Grund einer vorsintflutlichen kaiserlichen Verordnung, die aber bei uns in der Èechoslovakei in dem Momente, als das Schutzgesetz für alle jene Personen, die auf Grund des Schutzgesetzes verurteilt wurden, eingeführt wurden, außer Kraft gesetzt wurde.

Wir haben also wirklich keine Veranlassung, zufrieden zu sein mit der Tätigkeit der Koalitionsparteien, mit dem Voranschlage, der uns von der Regierungskoalition vorgelegt wurde, sondern haben alle Ursache, den Anlaß der Beratung des Staatsvoranschlages dazu zu benützen, dieser Regierung wieder und wieder unser Mißtrauen auszusprechen.

Zum Schlusse will ich mich noch ganz kurz mit der formalen Seite beschäftigen. Der Herr Berichterstatter hat in seinem Bericht schriftlich und auch in seinem Referat hervorgehoben, wie gründlich dieser Voranschlag durchberaten wurde, daß man nicht die Redefreiheit eingeschränkt habe, daß jeder reden konnte, wie lange er wollte. Er hat weiter hervorgehoben, wie viel Sitzungen einberufen wurden und wie lange die Sitzungen gedauert haben. Diese Statistik wurde uns in dem Bericht des Budgetausschusses übermittelt. Der Herr Berichterstatter hat aber selbst zugeben müssen, daß man in Zukunft dem Budgetausschuß zur Beratung des Voranschlages doch einen längeren Zeitraum werde einräumen müssen, und er hat also indirekt zugeben müssen, daß die Beratung des Budgetausschusses unwürdig gewesen ist. In dem Berichte wird auch angegeben, daß eine 14stündige Sitzung stattgefunden hat. Es wird aber nicht festgestellt, daß an dem gleichen Tage vormittag und nachmittag Sitzungen des Budgetausschusses stattgefunden haben, und daß daher die Mitglieder des Budgetausschusses, die pünktlich gekommen sind - was allerdings bei der Mehrheit nicht immer der Fall war - von 9 Uhr vormittag - die Sitzung war für 8 Uhr anberaumt - bis nächsten Tag um 4 Uhr früh im Ausschuß saßen. Es war das die vorletzte Sitzung des Budgetausschusses, und die nächste Sitzung darauf ist schon wieder für 8 Uhr vormittag einberufen worden. Ich frage Sie, in welchem Staate das noch möglich wäre, bei Beratung eines solch wichtigen Gegenstandes, wie es der Staatsvoranschlag ist.

Und nun einige Worte zur Abstimmung. Der Herr Berichterstatter hat festgestellt, daß auch diesmal wieder alle Abänderungsanträge mit Ausnahme eines einzigen betreffend die Abänderung des Finanzgesetzes, um das Jubiläumsgeschenk herbeizuführen, das vielen allerdings eine Enttäuschung bringen wird, abgelehnt werden mußten, um den Voranschlag nicht aus dem Gleichgewicht zu bringen, und daß man andererseits durch Zuweisung der Resolutionen an die Regierung dieser die Möglichkeit geboten hat, auf die vorgebrachten Wünche Rücksicht nehmen zu können. Ich kann da nicht umhin, auch einige Worte über diesen eigenartigen Vorgang zu verlieren. Der Herr Berichterstatter und auch verschiedene Vertreter der Mehrheitsparteien haben erklärt, daß die Beschließung von Resolutionen eigentlich etwas ganz zweckloses sei, denn es seien von der Mehrheit schon Resolutionen sogar einstimmig beschlossen worden, die von der Regierung gar nicht beachtet worden sind. Aus dem Grunde halte man es nicht für so notwendig, Gewicht auf die Abstimmung über die Resolutionen zu legen. Es sei auch unangenehm, wenn Resolutionen abgelehnt werden sollen. Ich begreife schon, daß es den deutschen und auch manchen èechischen Regierungsparteilern unangenehm wäre, für manche Resolutionen zu stimmen, wofür sie von der Osmièka keine Genehmigung erhaltep hätten. Es wäre ihnen auch unangenehm gewesen, dagegen zu stimmen. Um dem nun auszuweichen, hat man im Budgetaussehuß eine ganz nette Taktik eingeschlagen. Man hat eine Abstimmung über die Resolutionen überhaupt nicht vorgenommen, sondern einfach beschlossen, all diese eingebrachten Resolutionen der Regierung zu überweisen. Die Regierung kann nun mit den Resolutionen machen, was sie will. Ich frage: ist es nicht einer parlamentarischen Körperschaft unwürdig, sich des ihr zustehenden Rechtes zu begeben und steht es nicht mit allen demokratischen Grundsätzen und mit jedem parlamentarischen Usus im Widerspruch, wenn man es der Regierung überläßt, nach freier Willkür über die Wünsche der Abgeordneten und der Parteien zu urteilen und zu handeln? Es ist selbstverständlich, daß wir uns eine solche Behandlung in Zukunft und insbesondere im Plenum des Hauses bei den Resolutionen zum Voranschlag unter keinen Umi ständen mehr gefallen lassen können.

Nun kam der Voranschlag in das Haus. Es kann auch von einer gründlichen Beratung desselben in der General- und Spezialdebatte keine Rede sein. Gestern ist mit der Generaldebatte begonnen worden, die am Montag abgeschlossen werden soll und die Abstimmung über den ganzen Voranschlag muß am Freitag beendet sein. In der Spezialdebatte wird für all die Kapitel, die in einer Gruppe vereinigt sind, für jede Gruppe höchstens ein Tag übrigbleiben. Ich frage, wo da eine sachliche und gründliche Durchberatung des Voranschlages möglich ist, umsoweniger, als man ja die Generaldebatte über den Voranschlag mit einer anderen Debatte verquickt hat, was den Bestimmungen der Geschäftsordnung zweifellos widerspricht. Wenn in einem anderen Lande sich ein so trauriger Vorfall ereignegnet, wie es das ungeheuerliche Bauunglück war, dessen Zeugen wir hier in Prag gewesen sind, das gegen 50 Todesopfer erfordert hat, so wird man in dem Parlament des betreffenden Landes eine Trauersitzung veranstalten oder es wird wenigstens der Präsident des Hauses in der ersten Sitzung des Plenums ex praesidio einige Worte der Trauer und des Beileides sagen. Man wird ferner bei einem solchen Anlaß Stellung nehmen zu dem, was sich ereignet hat, allerdings in einer anderen Form, als das bei uns der Fall gewesen ist. Es genügt nicht, daß uns vom Herrn Minister für öffentliche Arbeiten erklärt wurde, was von der Regierung vorgekehrt wird oder vorzukehren beabsichtigt ist, um solche Fälle in Hinkunft hintanzuhalten. Es wäre Pflicht des Vorsitzenden der Regierung, der zugleich Minister für soziale Fürsorge ist, gewesen, aus einem solchen Anlaß aufzustehen und zu erklären, welchen Aufwand die Regierung vornehmen will, um eine entsprechende Unterstützung der Angehörigen der Opfer dieser Katastrophe zu sichern. Statt das zu tun, was der Anstand erfordern würde, erklärt uns heute einer der Vertreter der Regierungsparteien, daß die Regierungsparteien alles notwendige vorgekehrt haben. Sie haben sich darauf beschränkt, im Budgetausschuß und im sozialpolitischen Ausschuß eine Resolutionsantrag zu beschließen. Statt hier in öffentlicher Sitzung schon zu erklären, daß die Regierung die Absicht hat, den im sozialpolitischen und im Budgetausschuß aufgestellten Forderungen Rechnung zu tragen, und statt daß man den Gegenstand abgeschlossen hätte, so wie es die §§ 64 und 65 der Geschäftsordnung vorschreiben, hat man die Behandlung des Bauunglücks mit der Behandlung des Staatsvoranschlages verquickt. Wir können nicht umhin, gegen diese Vorgangsweise, welche die Mehrheitsparteien in der Osmièka zu beschließen beliebt haben, auf das Entschiedenste zu protestieren. (Souhlas a potlesk èsl. a nìm. soc. demokratických poslancù.)

4. Øeè posl. dr Sterna (viz str. 60 tìsnopisecké zprávy):

Vor wenigen Tagen hat es in den Straßen Prags die erste große Jubiläumskundgebung gegeben. Hunderte von Arbeitern waren auf der Straße, nicht nur um ihren durch die Rationalisierung gemordeten Kameraden das letzte Geleite zu geben, sondern auch um gegen das ganze kapitalistische System, gegen die mörderische Rationalisierung, gegen die arbeiterfeindliche Politik der Regierung, gegen die Kriegsgefahr zu protestieren und für einen gemeinsamen Kampf aller Arbeitenden zu manifestieren. Die leidenschaftliche Demonstration der Prager Arbeiter ist nur ein Symptom, nur ein Zeichen der wachsenden Erbitterung und des steigenden Kampfwillens unter den Arbeitern. In allen Teilen der Republik gärt es, die Kladnoer Bergarbeiter stehen im Kampfe, -über 40.000 Bergarbeiter von Ostrau verlangen, auch wenn ihre reformistischen Führer das mit allen Mitteln verhindern wollen, den Anschluß an den Kampf, die Proklamierung des Generalstreiks aller Bergarbeiter des Landes. Eine mächtige Welle von Lohnbewegungen zieht über das Land. Bei den Metallarbeitern, den Landarbeitern, bei den Keramarbeitern, Textilarbeitern, bei den betrogenen Eisenbahn- und Staatsbediensteten gärt es. Der Kampf gegen die räuberische Politik der Regierung auf allen Gebieten verschärft sieh von Tag zu Tag. In einer solchen Situation wird diesmal die parlamentarische Komödie der Budgetberatung durchgeführt. Das vorliegende Budget, welches offenbar ein Jubiläumsbudget sein soll und bereits eingeleitet und einbegleitet wurde durch Jubiläumsreden, unterscheidet sich von all den früheren Budgets nur dadurch, daß der Geist der Feindschaft gegen die Arbeiter darin noch brutaler zum Ausdruck kommt als früher. Es ist selbstverständlich, daß wir dieses Budget ablehnen, daß es für uns keinen Sinn hat, überhaupt nur von einem Vertrauen für die Regierung, die es vorlegt, zu sprechen, daß es dieser Regierung gegenüber für uns nur eines gibt, die Ansage des schärfsten Kampfes mit allen zweckdienlichen Mitteln. Aber unsere Ablehnung des Budgets, das muß gerade in diesem Jahre, in diesen Tagen mit besonderer Schärfe hervorgehoben werden, hat noch eine andere Bedeutung. Auch andere Parteien werden das Budget ablehnen und erklären, daß sie zur Regierung kein Vertrauen haben. Aber ganz abgesehen davon, daß bei diesen Parteien nicht einmal die Feindschaft gegen diese Regierung ernst gemeint ist, daß sie in Wirklichkeit die Politik dieser Regierung unterstützen, hat diese Ablehnung des Budgets durch uns eine ganz andere Bedeutung. Wir sind die einzige Partei, welche durch diese Ablehnung nicht nur das Mißtrauen und den Kampf gegen die Regierung zum Ausdruck bringt, sondern die grundsätzliche unversöhnliche Feindschaft gegen den kapitalistischen Staat (Další èást øeèi byla usnesením pøedsednictva posl. snìmovny ze dne 19. øíjna 1928 podle §u 9, lit. m) jedn. øádu vylouèena z tìsnopisecké zprávy. Viz str. 75 této tìsnopisecké zprávy.) Die Feierlichkeiten anläßlich des Jubiläumsjahres haben den Zweck, die arbeitenden Massen über diesen wahren Charakter des Staates, der sich in diesen 10 Jahren durch die räuberische Politik der herrschenden Bourgeoisie immer klarer enthüllt hat, hinwegzutäuschen, sie haben den Zweck, die Illusionen, welche die Massen in der Zeit des Zusammenbruches und des sog. Umsturzes erfüllten und welche die Massen vor der Ausnützung ihrer revolutionären Situation abgehalten hat, wieder zu beleben und alle Arbeitenden in einem Festrausch und unter dem Eindruck heuchlerischer Phrasen vergessen zu lassen, was sie in diesen 10 Jahren erduldet haben und welcher Gegensatz besteht zwischen dem, was man ihnen versprochen hat und zwischen dem, was die Wirklichkeit geboten hat. Bei diesem Betrug der herrschenden Bourgeoisie hilft ihr die Bourgeoisie der unterdrückten Nationen. Die wertvollste Hilfe bei diesem Jubiläumsbetrug leisten die Kapitalisten, die reformistischen Führer. Unter der Maske der Scheinopposition gegen die Regierung und gegen ihre jetzige Politik arbeiten sie nur um so raffinierter und wirksamer daran, den kapitalistischen Ausbeuterstaat vor den Massen als eine demokratische Volksrepublik hinzustellen, in welcher nur ein etwas besserer Gebrauch des Stimmzettels notwendig ist, in welcher nur eine andere Zusammensetzung der Regierung notwendig ist, um eine Politik für die Arbeitenden und sogar den Sozialismus herbeizuführen. Vor allem wollen die reformistischen Führer und werden sie versuchen, mit allen Mitteln zu verhindern, daß die Arbeiter aus den Erfahrungen dieser zehn Jahre lernen, daß sie in der Zeit des Umsturzes einen falschen Weg gegangen sind, als sie von der bürgerlichen Scheindemokratie eine bessere Zukunft erhofften, und als sie nicht erfolgte, dem Beispiel Ruß lands folgen, wo die Arbeiter und Bauern die proletarische Revolution zum Siege führten.

Wir Kommunisten werden alles, was in unserer Macht steht, daran setzen, um diesen gemeinsamen Betrug der Bourgeoisie und der reformistischen Führer aller Nationen zu durchkreuzen. Dabei kommt uns die Bourgeoisie durch die unerhörte Verschärfung ihrer Offensive auf allen Gebieten gerade in diesem Jubeljahre sehr zu Hilfe. Wie sieht es hier nach 10 Jahren sogenannter demokratischer Volksfreiheit aus? Die zerfetzten Leichen der proletarischen Opfer mörderischer Rationalisierung, welche hier in Prag zu Grabe getragen wurden, die verstümmelten Toten und die Verwundeten der Eisenbahnkatastrophe von Saitz, die schändlich miß handelten Opfer des weißen Terrors, die mit rumänischen Methoden blutig gegeißelten Arbeiter, Arbeiterfrauen und sogar Arbeiterkinder von Boronow, die unerhörte Polizeibrutalität gegen streikende Bergarbeiter und Arbeiterinnen in Rozdìlov, die unerhörte Säbelattacke auf demonstrierende Arbeiter sogar während des Begräbnisses der Opfer der kapitalistischen Rationalisierung geben ein anschauliches Bild davon, wie herrlich weit wir es mit dieser viel gepriesenen bürgerlichen Demokratie gebracht haben, welche nur den wahren Charakter dieses Staates, die brutale Ausbeuterdiktatur der Kapitalisten verhüllt. Der kapitalistische Staat war immer nur ein Machtinstrument der herrschenden Ausbeuterklasse. Aber heute, wo sich diese Ausbeuter in großen Kartellen und Trusts monopolistische Wirtschaftsorganisationen schaffen, welche das ganze Wirtschaftsleben beherrschen, heute hat er auch den bloßen Schein einer selbständigen Organisation zur Wahrung der sogenannten Interessen der Allgemeinheit verloren, heute muß auch der Blindeste sehen, daß dieser Staat und seine Regierung nur Werkzeuge sind in der Hand des alles beherrschenden monopolistischen Finanzkapitals, welches mit dem Machtapparat des Staates immer mehr verwächst. Vor wenigen Wochen haben wir geradezu an einem Schulbeispiel gesehen, wie provozierend offen bereits diese Kartelle ihre Herrschaft ausüben: Das Zuckerkartell hat diktiert und die Regierung hat nicht nur den Zucker um 30 Heller verteuert, sondern auch den Zuckerbaronen und Großagrariern noch weitere hunderte Millionen an Steuergeldern in den Rachen geworfen. Als die Verschlechterung der Sozialversicherung im Parlamente bereits beschlossen war, hat der Industriellenverband befohlen, daß noch eine weitere Verschlechterung vorgenommen wird, und dieser Befehl wurde unverzüglich durchgeführt.

Diese den Staat beherrschenden Kartelle und Monopole kämpfen gegen dieselben Organisationen in den anderen Ländern den schärfsten Kampf um den ausländischen Absatzmarkt. Die Kosten dieses Kampfes haben, wie im Kriege, die Arbeiter zu tragen. Um nach Außen hin besser konkurrieren zu können, werden die Preise im Inlande hoch, die Arbeitslöhne niedrig gehalten. Die Arbeitsintensität wird aufs Äußerste gesteigert, die Massen der armen und kleinen Bauern werden ausgewuchert, die Steuern der Unternehmer, der Bankherren und der Großgrundbesitzer werden um gewaltige Summen herabgesetzt, die Steuern der Arbeiter, der Kleingewerbetreibenden und Bauern und vor allem die indirekten Steuern zu einer unerträglichen Höhe emporgeschraubt. Das ist die Antwort auf die Frage, wer schuld ist an der Teuerung, an dem Mord der Bauarbeiter, an der Eisenbahnkatastrophe, an der unerträglichen Lage der Arbeiter und Bauern. Staat und Regierung als Werkzeuge des Finanzkapitals, zu welchem sich das Industriekapital, das Bankkapital und das Agrarkapital verschmolzen haben, als Werkzeuge der kapitalistischen Monopole, Kartelle und Trusts, schützen und ergänzen die Ausplünderung der Arbeiter und Bauern auf allen Gebieten. In den Betrieben geschieht das in der Form einer im wahrsten Sinne des Wortes mörderischen Rationalisierung, bei welcher die technische Verbesserung der Betriebe, von der ohnedies die Arbeiter nur schädliche Folgen haben und von der nur die Kapitalisten den Profit haben, eine weit geringere Rolle spielt als die direkte Steigerun der Ausbeutung der Arbeiter durch Anpeitschung zur erhöhten Arbeitsleistung, Verlängerung der Arbeitszeit, direkten und indirekten Lohndruck, der sich zum ausgesprochenen Lohnbetrug steigert, die Gefährdung der Gesundheit und des Lebens der Arbeiter, wofür gerade die letzten Tage bei uns ein anschauliches Beispiel gegeben haben. Auf der anderen Seite ermöglicht die Regierung durch Zollpolitik den Preiswucher der Kartelle und Großagrarier und fördert die Teuerung und damit den indirekten Lohndruck geradezu systematisch, vor allem durch die wahnsinnige Steigerung der indirekten Steuern. Wenn man nur das rechnet, was von der Regierung selbst als indirekte Steuer angegeben wird, wobei die Millionen an Monopolen, Wuchertarifen, Wohnungsbesteuerung usw. nicht mitgerechnet sind, so sind in de 10 Jahren demokratischer Republik diese von der Reigerung selbst als solche bezeichneten indirekten Steuern von 852 Mill. auf 5 Milliarden oder von 53% aller Steuereinnahmen auf 75% gestiegen. Durch die Finanzreform wurden die Gemeinden gezwungen, den Kapitalisten und Großgrundbesitzern Hunderte von Millionen weiter zu schenken und durch - die Steigerung der indirekten Abgaben an der allgemeinen Verteuerung mitzuwirken, die dringendsten sozialen Ausgaben zu drosseln, und trotzdem sind sie heute infolge dieser Reform dem vollständigen Bankerott ausgeliefert. Heute geht die Herrschaft der Kartelle bereits so weit, daß die Regierung durch die indirekten Steuern die wichtigsten Bedarfsartikel verteuert und dann, ohne diese Verteuerung rückgängig zu machen, die Steuer aufhebt, also in Wirklichkeit die indirekten Steuern beibehält, aber nicht mehr an den Staat zahlen läßt, sondern direkt an die Kartelle. Dazu kommen die systematischen gesetzlichen Erhöhungen des Mietzinses bei gleichzeitiger Erweiterung des Rechtes der Hausherren, arme Mieter aufs Pflaster zu werfen und reiche Mieter hineinzunehmen, die Millionen, die man durch die nahezu vollständige Abschaffung der Unterstützung den Ärmsten geraubt hat zugunsten der Reichsten und die geplante Verteuerung des Fleisches durch die Viehzölle, weiter die geplante Verteuerung durch die Tariferhöhung und Einführung einer ganzen Reihe neuer indirekter Steuern. Das geschieht in einer Zeit, wo die Löhne in der Èechoslovakei zu den niedrigsten Löhnen von allen kapitalistischen Ländern gehören und wo hier Wochenlöhne von 140, 100, 70 und 60 Kè keine Seltenheit sind, sondern sehr weite Verbreitung haben. Unter dieser Teuerung und unter dieser Politik der Regierung, unter dem Wucher der Banken, unter der Konkurrenz der Großgrundbesitzer, unter der Beherrschung der Wirtschaftsorganisationen durch die Großagrarier und das Finanzkapital leiden auch in unerträglichster Weise die armen und kleinen Bauern, welche durch die Boden reform in so schmählicher Weise betrogen wurden und deren Not als Ausrede mißbraucht wird, um durch Agrar- und Viehzölle die Großgrundbesitzer zu bereichern. Von dem Ertrage schwerster Arbeit bleibt ihnen kaum das Notwendigste, um den Hunger zu stillen, während ihnen alles übrige durch die raffiniertesten Methoden von der Ausbeuterklasse entweder direkt oder mit Hilfe des Staates geraubt wird. Die letzte Steuerreform hat dieses Unrecht ins Maßlose verschärft, indem sie ungeheure Summen den herrschenden Klassen auf Kosten der Arbeitenden in Stadt und Land schenkt.

Die Bourgeoisie dieses Staates ist ausgerechnet im Jubiläumsjahre dazu übergegangen, sogar die Sozialversicherung zu verschlechtern. Diese Sozialversicherung war von allem Anfang an nur ein Betrug an den Arbeitenden, der in ihnen die Illusion erzeugen sollte, als ob die Republik auch an die Arbeiter denke. In Wirklichkeit war sie mit einer verhängnisvollen Verschlechterung der Krankenversicherung verbunden und in jeder Hinsicht nur ein Hohn auf den Gedanken einer wirklichen Sozialversicherung. Nun wird sogar dieses Machwerk noch weiter verschlechtert durch Ausschaltung der Jugendlichen und zahlreicher anderer Arbeiter, durch noch stärkere Auslieferung der Verwaltung an die Unternehmer und den kapitalistischen Staat, durch Herabsetzung der Leistungen und durch die Bedrohung der Krankenkassen mit vollständiger Vernichtung. Die eingezahlten Gelder der Arbeiter werden als billige Kredite den Kapitalisten zur Verfügung gestellt, die ohnedies unter allen möglichen Titeln, wie z. B. Ausfuhrförderung und dergl. aus Steuergeldern direkt gefüttert werden. Dabei haben die Reformisten ein Meisterwerk des Betruges an den Arbeitern geliefert, indem sie den Arbeitern einzureden versuchten, daß das nur unwesentliche und annehmbare Verschlechterungen seien, daß sie wesentliche Verschlechterungen zu verhindern wußten, und daß die Arbeiter zufrieden sein können. Unter den schönen Versprechungen, die die Gründung dieses Staates begleiteten, war auch das Versprechen voller nationaler Gleichberechtigung. Heute rühmt sieh die èechische Bourgeoisie, daß sie Vertreter der Minderheitsnationen in der Regierung habe und daß das ein Zeichen dafür sei, daß sie ihre Versprechungen erfüllt hat. Ich will nicht von solchen Kleinigkeiten reden, wie z. B. daß die deutschen Minister in diesem Parlament ihre Muttersprache nicht benützen dürfen, daß die slovakischen Minister nicht einmal erklären dürfen, daß es eine slovakische Nation gibt. Es ist eine unbestreitbare Tatsache, daß gerade in der Zeit, wo die bürgerlichen Vertreter dieser Minderheitsnationen in der Regierung sitzen, unter ihrer Mitwirkung, unter ihrer Mitverantwortung die nationale Unterdrückung noch gesteigert wurde, vor allem durch die Verwaltungsreform, durch die Behandlung der Staatsbeamten, durch die Praxis des Sprachenrechtes, durch die Schulpraxis u. s. w. Die Bourgeoisie der unterdrückten Minderheiten hat genau so wie die der herrschenden Nationen bewiesen, daß ihnen die kapitalistischen Interessen wichtiger sind als die nationalen, von deren Heiligkeit sie heuchlerische Phrasen drischt. Die deutschen, slovakischen und magyarischen Arbeiter, Bauern, Gewerbetreibenden und Angestellten werden national verraten, damit auf ihre Kosten sich die kapitalistischen Volksgenossen wirtschaftlich umsomehr bereichern und sie noch mehr ausplündern können. Nationen, die nicht darüber entscheiden können, welches ihr Schicksal sein soll, die mit Gewalt, mit Waffengewalt, in einem Staate festgehalten werden, ohne daß man sie fragt, ob sie wollen, sind versklavte Nationen und die bürgerlichen Mitglieder dieser Nationen, die mitmachen und mitverantwortlich sind, begehen den niedrigsten und feigsten Verrat an ihrem eigenen Volke. Genau so machen das die sozialistischen Führer aller dieser Nationen. Die èechischen reformistischen Führer erklären es für etwas Selbstverständliches und Gerechtes, daß die anderen Nationen vergewaltigt werden und nicht über ihr Schicksal bestimmen dürfen und die deutschen Sozialdemokraten wagen nicht, das volle Recht der Freiheit, die Selbstbestimmung bis zur äußersten Konsequenz, nicht einmal für die eigene Nation, zu verlangen. Die einzigen, die in diesem Hause und draußen von Seite des herrschenden Volkes im Kampfe für dieses Recht stehen, das sind die Kommunisten. Und das, was die èechischen Kommunisten tun, wagen nicht einmal die deutschen bürgerlichen Parteien und die Sozialdemokraten.

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