Støeda 26. èervna 1929

Das führt mich kurz auf das Durchführungsgesetz. Das Durchführungsgesetz ist nur eine Nebensache, eine Folge des ganzen Staatsvertrages. Da der Staatsvertrag unter solchen Verhältnissen für uns unannehmbar ist, somit auch jene ganz kurze Formel, mit der er eigentlich nur vom Parlament als Vorlage genehmigt werden soll, ist ganz klar, daß auch das ganze Durchführungsgesetz fallen muß. Trotzdem wäre auch dazu etwas zu sagen. Die Geldanstalten, die nunmehr an den èechoslovakischen Clearing eine Krone bezahlen müssen, sind bei Gott keine reichen, sondern es sind notleidende Geldanstalten, Geldanstalten, die nicht erst seit gestern und vorgestern notleidend sind, sondern schon seit dem Umsturz, weil sie eben durch die Folgen, die mit der Einlösung der Kriegsanleihe zusammenhängen, notleidend geworden sind. Diese Tatsachen sind nicht neu und sind auch nicht unbekannt. Sie waren auch der Regierung nicht unbekannt, auch nicht dem Finanzministerium, denn sonst hätte ja das Finanzministerium nicht die verschiedenen Moratorien bewilligen können, die es bewilligt hat. Das Finanzministerium und seine Unterhändler haben genau wissen müssen, daß diejenigen Geldanstalten, die da zu bezahlen haben, mehr als andere Private und die anderen Anstalten infolge ihrer Notlage notleidende Institute sind und diesen gesetzlichen Verpflichtungen gar nicht nachkommen können, die man ihnen zumutet und die sie höchstens mit einer Ausdehnung des Moratoriums beantworten können. Es fragt sich nun: Hat man darauf vergessen oder was ist bei der Geschichte überhaupt der Grund gewesen? Aber nicht nur das. In dem Durchführungsgesetz gibt man allen Anstalten, also auch diesen den Auftrag, noch einmal diese Forderungen anzumelden, widrigenfalls sie bestraft werden. Diese Art der öfteren Konskription ist bei uns nicht nur ein Usus, sondern ein Abusus. Das Finanzministerium kennt jede Zahl ganz genau, ist vollkommen orientiert über alle Verhältnisse. Es wird bei Gott nichts Neues herauskommen. Nichtsdestoweniger sieht das Durchführungsgesetz eine neue Konskription vor und droht mit Strafen bis zu 50.000 Kè und noch dazu droht es, daß diejenigen Anstalten, die nicht noch einmal ordentlich konskribieren, noch eine weitere halbe Krone der Živno- und Sporobanka zu zahlen haben. Das sind Grundsätze, die in diesem Durchführungsgesetz zur Vorschrift erhoben werden sollen und denen wir nicht zustimmen können. Ich sehe auch gar nicht ein, warum auf einmal der verwaltungsrechtliche Instanzenzug unmöglich sein soll. Wenn sich eine Geldanstalt durch eine Verfügung des Clearingamtes beschwert fühlt, so ist eine Klage vorgeschrieben, die sie einreichen soll. Und da wird behauptet, das geschieht, um das ganze Verfahren abzukürzen. Ich weiß nicht, was kürze, ist, die Erledigung einer Beschwerde oder die Erledigung einer Klage. Aber schließlich und endlich sind das ja Schönheiten, über die man diskutieren kann. Für uns ist das Durchführungsgesetz ebenso unannehmbar, wie die Vorlage 1 überhaupt.

Über die Art und Weise der parlamentarischen Behandlung habe ich schon gesprochen, muß aber dabei noch auf Folgendes zurückkommen. Wenn die èechischen Mehrheitsparteien sich diese Vorlage selbst bewilligen würden, wenn sie auf diese Weise ihre eigenen èechischen Interessen schützen würden, so könnte man ja von deutscher Seite gewiß auch viel dagegen haben, aber schließlich wäre das ja nur wieder ein Schritt weiter auf jenem bereits langen Wege, den wir seit 1918 gehen. Aber dieses Gesetz und dieser Staatsvertrag, die sich gegen deutsche Volksgeldanstalten Nordböhmens wenden und der Živno- und Sporobanka ganz ungerechtfertigte Vorteile auf Kosten der deutschen Volksgeldanstalten verschaffen, werden genehmigt werden und sind in den Ausschüssen bereits genehmigt worden mit Hilfe der deutschen Regierungsparteien. Und das ist doch etwas, worüber einigermaßen nachzudenken und zu sprechen wäre. Ich stelle von hier aus fest, daß, wenn wir, unsere Partei, im Senat nicht rechtzeitig Lärm geschlagen und nicht auf die verschiedenen Ungereimtheiten und Unerträglichkeiten dieser Vorlage aufmerksam gemacht hätten, niemand gewußt hätte, was drin steht. Nur unserem Auftreten ist es zu verdanken, daß überhaupt eine Debatte abgeführt wird und daß sich auch die Presse mit der Sache beschäftigt hat. (Posl. dr Koberg: Der Erfolg ist eine Resolution!) Allerdings. Diese Beschäftigung mit der Sache in der Presse ist allerdings manchmal in einer Form erfolgt, die nicht unwidersprochen bleiben darf. Ich kann nicht die Ansicht verhehlen, daß der Herr Senator Graf Ledebur übel beraten war, als er dem Mann von der "Deutschen Presse" in der vergangenen Woche über diese Sache ein Interwiev bewilligte, in dem so manches verdreht ist - das kann man ruhig sagen - oder zumindest in dem Sinne dargelegt ist, wie es eben die "Deutsche Presse" und die èechischen Regierungsparteien gerne sehen. Ich hätte das vom Grafen Ledebur am allerwenigsten erwartet, der doch sonst immer in den Reihen derjenigen zu finden war, die für nationale Interessen ziemlich viel übrig hatten, und hätte eher erwartet, daß er sich unserem Kampfe, unserer Seite in dieser Beziehung zugesellt. Er hat es aber für notwendig befunden, festzustellen, daß der Pfandbriefdienst geschädigt würde und daß der Kurs der Pfandbriefe sinken würde, wenn man der Živnobanka diese eine Krone nicht gäbe. Er hat erklärt, es geschehe Niemandem Unrecht, es sei kein damnum emergens, sondern höchstens ein lucrum cessans, das den deutschen Volksgeldanstalten entgeht. Kurz und gut, auch er sieht in dieser Art von Regelung nichts als Gleichheit und Gerechtigkeit.

Nun, sei dem, wie wolle, wir wissen und kennen die Sache anders und schließlich und endlich ist es unserem Bemühen und Einfluß auf die deutschen Regierungsparteien doch zu danken gewesen, daß einmal der Senat eine Resolution beschlossen hat, die ja auch dem offiziellen Bericht angeschlosse ist und daß weiters der verfassungsrechtliche Ausschuß des Abgeordnetenhauses eine zweite Resolution beschlossen hat, die noch etwas präziser ist, als die des Senates. Wir anerkennen diese Tatsache, wir anerkennen auch die weitere Tatsache, daß es angeblich bereits zwischen den deutschen Geldanstalten einerseits und dem Finanzministerium andererseits zu einer privaten Vereinbarung gekommen ist, auf Grund welcher diese Volksgeldanstalten, das wieder zurückersetzt bekommen, was sie durch dieses Gesetz der Živnobank und der Sporobank durch das Clearingamt bezahlen müssen. Wir haben nichts dagegen, daß die Ungerechtigkeit, die wir hier festnageln, auf andere Weise wieder ausgeglichen wird, dann aber erlauben wir uns doch die Anfrage: Wozu der Lärm? Da beschließt man des langen und des breiten ein Gesetz, um hinten herum dieses Gesetz wieder zu umgehen. Wie gesagt, ich habe nichts dagegen und ich bin der letzte, der vielleicht dadurch, daß er auf diesen Umstand aufmerksam macht, den hohen Sinn des Finanzministeriums verärgern wollte, daß es am Ende nicht mehr so gnädig den armen Volksgeldinstituten gegenüberstünde und die angeblich vorige Woche gegebene Zusage hinterrücks wieder zurücknehmen würde. Ich weiß ja, wie mimosenhaft feinfühlig unsere Herren Finanzminister sind und wie leicht ihnen eine Zurücknahme gegebener Versprechungen wird. Eine solche Zurücknahme fällt ihnen viel leichter als die Erfüllung und ich will um Gottes Willen durch meine lästerlichen Reden nicht am Ende die Ursache für eine solche Katastrophe sein. Aber ich möchte mir doch gestatten, hier festzustellen, daß es auf diese Weise ganz überflüssig ist, ein derartiges Gesetz zu machen, wenn man von vornherein selbst zugestehen muß, auf unoffizielle Weise zugesteht, daß es schlecht ist.

Infolgedessen werden wir gegen dieses Gesetz stimmen. Man wird ja sehen, wie es sich auswirkt. Wir nehmen uns fest vor, für den Fall, daß das Finanzministerium die Zusage nicht geben sollte, die Sache als eine eklatante Verletzung des Minderheitenrechtes vor das Haager Schiedsgericht zu bringen. (Potlesk poslancù nìm. strany národní.)

2. Øeè posl. Neuratha (viz str. 18 tìsnopisecké zprávy):

Wir benützen die letzten Sitzungen des Hauses, um zwei Fälle der Klassenjustiz zur Sprache zu bringen, die selbst in der Geschichte der èechoslovakischen Klassenjustiz nicht viele Beispiele wird aufzuweisen haben. Da ist zunächst ein Fall, der sich auf unseren Genossen, den Abg. Dìdiè, bezieht. Im Jahre 1926 ist in Pilsen eine antifaszistische Demonstration abgehalten worden, veranstaltet von den èechischen Sozialdemokraten und von Legionären. Die Demonstration war ziemlich groß. Es beteiligten sich an ihr nicht wenige Arbeiter, darunter selbstverständlich auch Kommunisten und unter diesen der Abg. Dìdiè. Die èechoslovakische Polizei, die eine ihrer Hauptaufgaben darin erblickt, bei antifaszistischen Demonstrationen die Faszisten vor den Demonstranten zu schützen, hat wie immer auch damals die Gelegenheit benützt, um gleichsam künstliche Zusammenstöße hervorzurufen. Das ist ihr während der ganzen Demonstration, trotz aller eifrigen Bemühungen, nicht gelungen. Aber am Ende der Demonstration, als sich die Teilnehmer bereits anschickten, den Heimweg anzutreten, kam es doch zu Zusammenstößen und es war Abg. Dìdiè, der den Versuch machte, vermittelnd einzugreifen. Die Folge davon war, daß er von den Polizisten verprügelt worden ist. Er begab sieh dann auf die Polizeidirektion und brachte dort den Fall, den Tatsachen entsprechend, der Behörde zur Kenntnis. Wer nun glaubt, daß die Folge des Schrittes darin bestanden hätte, daß die Behörde den Versuch unternommen hat, die Polizisten zu stellen, die sich diese Übergriffe zu Schulden kommen ließen, der irrt selbstverständlich, denn einige Tage später sind die Polizisten, die den Abg. Dìdiè geprügelt hatten, auf die Polizeidirektion gekommen, haben ihrerseits, den Spieß umdrehend, die Anzeige gegen den Abg. Dìdiè erstattet, mit der Angabe, daß nicht sie, wie es den Tatsachen entsprach, den Abgeordneten geprügelt haben, sondern der eine Abgeordnete habe die Polizei geprügelt. (Výkøiky.) Daraus ergab sich nun eine Anklage und im September 1928 fand die Verhandlung statt. Tatsache ist, daß Abg. Dìdiè zu 4 Monaten schweren Kerker verurteilt wurde und daß außerdem das Gericht den Verlust des Wahlrechtes aussprach. Man könnte glauben, solche Dinge seien nur aus den lokalen Verhältnissen zu erklären, aus Verhältnissen, die auf dem Grundsatz beruhen: eine Hand wäscht die andere. Es wurde Berufung eingelegt. Jeder, der die Dinge damals verfolgt hat, war dessen sicher, daß das Oberste Gericht nicht daran denken werde, ein solches Schandurteil zu bestätigen. Das Brünner Gericht hat sich nun am 10. Mai 1929 mit der Berufung beschäftigt und nun nicht etwa das Urteil, wie jeder erwarten mußte, aufgehoben, sondern das Strafausmaß von 4 Monaten schweren Kerkers noch auf 6 Monate schweren Kerkers erhöht und das Urteil der ersten Instanz, bezüglich der Aberkennung des Wahlrechtes, bestätigt. Ich glaube, daß man bei der ruhigsten Beurteilung dieses Falles sagen muß, daß gleichsam aus jeder Silbe der Urteilsbegründung die Tücke des Klassenrichters hervorleuchtet, der es sich zur Aufgabe gemacht hat, zu zeigen, daß er darum Richter ist, um dort, wo es geht, der Arbeiterklasse zu beweisen, daß die Justiz nur die Dirne der Kapitalistenklasse, die Dirne der Bourgeoisie ist.

Das ist der eine Fall. Der zweite Fall, den ich so schildern werde, wie er wirklich ist, wird von niemandem geglaubt werden, solange ihm die aktenmäßigen Belege nicht zugänglich sein werden. Es handelt sich um den Fall Karl Biener. Er ist Vertrauensmann der Arbeiterschaft des Böhmerwaldes und wurde vom Budweiser Schwurgericht im vorigen Jahre zu einer Kerkerstrafe von 5 Jahren verurteilt. Diese Strafe ist vom Obersten Gerichtshof von 5 auf 12 Jahre erhöht worden. Um den Inhalt dieses Falles richtig schildern zu können, will ich seine Geschichte einigermaßen rekapitulieren. Im Jahre 1925 ist in der Papierfabrik Spiro in Krumau ein Streik ausgebrochen. In der Fabrik sind ungefähr 1600 Arbeiter beschäftigt. Es handelte sich um einen hartnäckigen Kampf. Die Firma hat, natürlich unterstützt von den Behörden, den erfolgreichen Versuch gemacht, Streikbrecher heranzuziehen. In dem Maß, in welchem sich der Kampf verschärfte, steigerte sich auch die Bitterkeit, von der die Arbeiter erfüllt wurden, als sie erkannten, daß sie nur durch das Eingreifen der Streikbrecher um den Erfolg ihres sozialen Kampfes gebracht werden können. Nun sind während des Kampfes in Teutschmannsdorf, wo einige der Streikbrecher wohnten, mehrere Häuser abgebrannt. In Krumau und überhaupt im Böhmerwald ist nun sogleich der Verdacht aufgetaucht, daß hinter dieser Tat Angehörige der streikenden Arbeiter stehen. Wiewohl also die Behörden diesen Verdacht haben konnten, ist es nicht möglich gewesen, bis zum Jahre 1927 irgendeinen Beweis für die Stichhältigkeit dieses Verdachtes zu erbringen. Im Jahre 1928 wurden einige Arbeiter verhaftet auf Grund einer Anzeige, hinter der ein gewisser Filous steckt, aber hinter diesem Filous, der mit Recht so heißt, steckt wieder der Direktor Wild, der von der Firma Spiro, der zwar Wild heißt, aber mit mehr Recht so heißen könnte, wie der Kronzeuge in diesem Prozeß: nämlich Filous. Dieser Wild hatte es sich zur Aufgabe gemacht, die besten Vertrauenspersonen der kommunistischen Bewegung im Böhmerwald und besonders in Krumau unmöglich zu machen. Wenn man die Akten des Prozesses durchgeht, dann muß man keineswegs Jurist sein, um sogleich zu sehen, daß der ganze Prozeß auf die Wühlereien des Direktors Wild von der Firma Spiro zurückzuführen ist, der sich seinerseits wieder hinter den Kronzeugen Filous ist eckte. In Verbindung mit der Gendarmerie ist es möglich gewesen, eine ganze Reihe von Arbeitern zu verhaften und gegen sie die Anzeige zu erstatten, daß sie im Jahre 1925 die Häuser in Teutschmannsdorf in Brand gesteckt hätten. Dem Direktor Wild ging es nicht um die Entdeckung der Urheber jenes Verbrechens, sondern ihm war es ausschließlich um die beiden Vertrauensmänner, Karl Biener und den Stadtrat Max Bierer, die Funktionäre der kommunistischen Partei sind, zu tun. Die Arbeiter saßen nun mehrere Monate in Untersuchungshaft. Das erste Ergebnis bestand darin, daß Max Bierer entlassen werden mußte, da ihm nicht das geringste nachgewiesen werden konnte. Die Schwurgerichtsverhandlung gegen die übrigen ist im Dezember vorigen Jahres in Budweis durchgeführt worden. Ein christlichsoziales Blatt, der "Krumauer Landbote", hat über den Prozeß sehr ausführlich berichtet und auch den Eindruck wiedergegeben, den der Berichterstatter von dem Kronzeugen hatte, auf dessen Aussage die ganze Anklage aufgebaut war. Der "Landbote" schreibt in seinem Bericht: "Der unbefangene Zuhörer hat den Eindruck, daß Filous selbst das Bestreben hat, irgendjemanden zu schonen, andere aber recht einzutunken." Im "Landboten", der einen stenographischen Bericht über die Verhandlung veröffentlichte, heißt es, daß Filous über sein Verhältnis zu Direktor Wild Folgendes wörtlich ausgesagt hat: "Der Direktor Wild ist fast alle Tage gelaufen gekommen und hat mir fast alles vorgesagt und mich auch instruiert, wie ich aussagen soll. Wild ist selber zur Gendarmerie gegangen." Der Tatbestand ist absolut klar. Ich wiederhole, daß man keineswegs Jurist sein muß, um zu erkennen, welche Schurkerei hinter diesem Prozeß eine Rolle spielt. Daß dieser Wild hier ganz öffentlich der Beeinflussung der Zeugen überführt worden ist, daß gerichtsmäßig festgestellt worden ist, daß Wild den Filous zu einer Aussagegezwungen bezw. gepreßt hat, das ist vollständig einwandfrei. Ich brauche wohl vor denjenigen èechoslovakischen Staatsbürgern, die schon etwas von der èechoslovakischen Klassenjustiz wissen, nicht zu sagen, daß es dem Staatsanwalt nicht eingefallen ist, etwa gegen den Wild Schritte zu unternehmen. Wild selbst war einvernommen worden und die Geschworenen wie auch die Berufsrichter haben gesehen, wer Wild ist; sie waren gewiß überzeugt davon, daß die Aussage des Kronzeugen auf die Einflüsterungen des Wild zurückzuführen ist. Aber natürlich hat die Staatsanwaltschaft gegen ihn nichts unternommen. Das Urteil der Geschworenen stützt sich ausschließlich auf die Aussage des Kronzeugen und der Kronzeuge war in der Zeit, in der er aussagte, wegen falscher Zeugenaussage in Untersuchungshaft. Seine Aussage also bildet das Fundament der Anklage, wegen seiner Aussage wurden die Angeklagten verurteilt und nun kommt noch dazu, daß eine der Hauptfragen, die sich auf den Genossen Karl Biener bezieht, verneint worden ist und zwar die sechste Hauptfrage; sie lautet: "Ist Karl Biener schuldig, er habe kurz vorher in Böhm. Krumau Johann Filous aufgefordert und zu verleiten gesucht, daß er nachts am 26. April 1925 eine Handlung unternehme, aus welcher nach seinem Anschlag an fremdem Eigentum, dem Hirtenhaus in Turkowitz eine Feuersbrunst entstehen sollte, welche Einwirkung jedoch ohne Erfolg geblieben ist?" Diese Hauptfrage wurde von den Budweiser Geschworenen, die durchaus auch klassenmäßig eingestellt waren und sich in ihrem Verhalten als Klassenfeinde zeigten, verneint. Also die Geschworenen selbst waren der Ansicht, daß der Hauptangeklagte Karl Biener nicht schuldig sei, den Kronzeugen beeinflußt zu haben, irgendein Verbrechen zu begehen, der Kronzeuge aber hat die Verläßlichkeit seiner Aussage gerade mit dem Hinweis darauf zu stützen versucht, daß er von Karl Biener verleitet worden sei, ein Verbrechen zu unternehmen. (Pøedsednictví ujal se pøedseda Malypetr) Die Geschworenen lehnen diese Behauptung ab und trotzdem kommt das Geschworenengericht, bezw. die Berufsrichter zu dem Schlusse, alle Angeklagten zu verurteilen und zwar den Genossen Biener zu 5 Jahren schweren Kerkers. Damals waren es nicht nur Kommunisten und kommunistische Blätter, die vollkommen davon überzeugt waren, daß es sich um einen Akt ausgesprochener Klassenjustiz handelte.

Dennoch findet sich in der Urteilsbegründung ein Satz, der ganz deutlich zeigt, daß es dem Berufsrichter darauf angekommen ist, wenigstens den Schein zu wahren und so zu tun, als ob er sich streng an die gesetzlichen Bestimmungen halten wollte. Da heißt es in der Urteilsbegründung: "Bei allen wurde berücksichtigt die heftige Gemütsbewegung wegen des Streiks, bei den ersten vier Verurteilten auch das Geständnis, ferner als mildernder Umstand die Familien der Angeklagten."

Gegen das Urteil hat der Staatsanwalt Berufung eingelegt und vor einigen Wochen hat sich nun der Oberste Gerichtshof in Brünn mit dem Falle beschäftigt und das Urteil aufgehoben. Das Gericht verhandelte unter dem Vorsitze des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtes Hernritt, es hob, wie ich schon sagte, das erste Urteil auf und erhöhte das Strafausmaß bezüglich des Genossen Biener von 5 auf 12 Jahre schweren Kerkers. Man muß sich hier vor allem vor Augen halten, daß selbst das Budweiser Geschworenengericht, das sich gewiß nicht aus Freunden der Arbeiter und keineswegs aus Freunden der Kommunisten zusammensetzt - es hat sieh aus Bauern, aus Bürgern, also gleichsam aus Leuten zusammengesetzt, die die größten Gegner des Kommunismus und der revolutionären Bewegung sind - nicht versäumt hat, darauf hinzuweisen, daß es sich bei der Tat nicht um ein gewöhnliches, gemeines, ehrloses Verbrechen handelt. Denn sonst hätte man in der Urteilsbegründung nicht den Satz finden können, daß bei allen Angeklagten heftige Gemütsbewegung wegen des Streiks zu berücksichtigen war. Selbst die Klassenrichter, die in Budweis zu dem Fall Stellung nahmen, mußten, wenigstens um den Schein zu wahren, deutlich aufzeigen, daß die Triebkraft nicht in einem ehrlosen Motiv zu suchen sei. Dabei ist noch zu bemerken, daß in der Budweiser Verhandlung nicht der Schatten eines Beweises für die Schuld der Angeklagten erbracht worden ist, es sei denn, daß man die während der Verhandlung zusammengebrochene Aussage des Kronzeugen Filous als Beweis annehmen will, daß die Schuld der Angeklagten erwiesen sei.

Und nun kommt der Oberste Gerichtshof, erhöht die Strafe von 5 auf 12 Jahre. Nehmen wir für einen Augenblick an, daß die Angeklagten ausnahmslos schuldig wären, daß ihnen die Schuld nachgewiesen worden wäre, es sei erwiesen, daß Karl Biener an diesem Verbrechen beteiligt war, meinetwegen, daß er der Anstifter gewesen sei. Nehmen wir diese unbewiesenen Behauptungen als Tatsachen. Was folgt daraus? Daß kein Mensch, der mit einiger Objektivität an die Prüfung dieses Falles herantritt, sagen kann, daß es sich dem Genossen Biener darum gehandelt hat, aus ehrlosen Motiven ein Verbrechen zu begehen. Wer diese Dinge überprüft, wird verstehen, daß selbst, wenn es wahr wäre, was unbewiesen ist, daß Karl Biener schuldig sei, das Verbrechen begangen zu haben, daß selbst bei dieser Voraussetzung Karl Biener diese Tat in dein Glauben begangen hat, etwas im Interesse der kämpfenden Arbeiterklasse zu unternehmen. Ich wiederhole: Das Budweiser Schwurgericht hat nicht den Schatten eines Beweises dafür erbracht, daß die Angeklagten schuldig sind, das Verbrechen begangen zu haben. Aber wenn wir auch annehmen, daß Karl Biener schuldig wäre, daß seine Schuld bewiesen wäre, auch dann versteht ein jeder, daß Biener das, was er unternommen hat, in dem Glauben unternahm, er diene damit den Interessen seiner Klassengenossen. Was jeder andere versteht, versteht natürlich auch der Vorsitzende des Obersten Gerichtes in Brünn.

Es ist klar, daß er und seine Berufskollegen genau wissen, daß Karl Biener kein gemeiner Verbrecher ist, selbst wenn man ihm nachweisen könnte, daß er die Tat begangen hat. Ich erinnere in diesem Zusammenhange daran, daß es im Jahre 1924 in Prag einen großen Prozeß gegen Brandstifter, gegen mehr als 20 Agrarier gegeben hat, denen nachgewiesen worden ist, daß sie ihre Häuser vorsätzlich zu dem Zwecke angezündet haben, um sich die Versicherungssumme zu erschwindeln, daß sie mit voller Überlegung ein gemeines, ehrloses Verbrechen begangen haben. Das Urteil gegen die mehr als 20 Agrarier lautete auf zwei Monaten Arrest bis 1 Jahr Kerker. Und dennoch wußte jeder Mensch, und vor allem jeder Jurist, daß es sich in diesem Falle um gemeine Verbrecher handelte, die aus ganz ehrlosen Motiven die Tat unternommen haben. Wir haben natürlich keine Möglichkeit, den Herrn Herrnritt zur Rede zu stellen. Wenn wir mit ihm diskutieren könnten, wäre es interessant zu hören, wie er sich zu dieser Frage stellt und wie er uns den Unterschied zwischen dem Prozesse aus 1924 gegen die 20 Agrarier und den Prozeß gegen die Arbeiter aus Krumau erklären würde. Die Arbeiter aus Krumau, von denen jeder weiß, daß sie, selbst wenn man ihnen die Schuld nachweisen könnte, aus keinem ehrlosen Motive gehandelt haben, wurden zunächst zu 5 Jahren verurteilt, dann kommt der Herr Herrnritt, nützt die sogenannten gesetzlichen Bestimmungen bis zur letzten Möglichkeit aus und erhöht die Strafe von 5 auf 12 Jahre schweren Kerkers, derselbe Herr Herrnritt, dem der Prozeß aus dem Jahre 1924 - er ist nicht erst seit vorgestern Klassenrichter, er versieht das Amt schon viele Jahre, er kennt den Prozeß aus 1924 - nicht unbekannt sein kann. Er wußte ganz genau, was er unternommen hat, er hat aus voller Überzeugung, aus klarstem Bewußtsein heraus eines der schamlosesten Urteile der Klassenjustiz ermöglicht. Wenn man sich vorstellt, welche Wirkungen solche Urteilssprüche haben, kann man erst recht das ganze Ausmaß dieser richterlichen Niederträchtigkeit ermessen.

Wir wenden uns mit keiner Bitte an den Klassengegner. Was ich mit vollem Nachdruck hier sagen will, ist dies: wir wollen keine Schonung, wollen gar kein Entgegenkommen von Seiten unserer Klassenfeinde, wir wollen aber an solchen Fällen zeigen, wie unversöhnlich nicht nur die Bourgeoisie, sondern der ganze bürgerliche Staat mit all seinen Einrichtungen und besonders mit seiner Justiz der Arbeiterschaft und der Idee des revolutionären Klassenkampfes gegenübersteht. Solche Beispiele zeigen uns, daß die Bourgeoisie alle Einrichtungen des Staates, vor allem aber die Justiz ausnützt, in der schamlosesten Weise ausnützt im Interesse ihres Klassenkampfes, aber auch zum Zwecke des geradezu persönlichen Kampfes gegen die Wortführer der Arbeiterklasse. Wenn im Klassenkampf sich Klasse gegen Klasse gegenübersteht, wenn wir Streiks organisieren und führen und wenn die Bourgeoisie die Machtmittel des Staates ausnützt, solange sie es kann und so lange die Arbeiterklasse die Kraft nicht hat, die Bourgeoisie niederzuwerfen, ist alles in bester Ordnung. Auf der einen Seite die Bourgeoisie mit ihrem Staat, ausnützend alle seine Einrichtungen - auf der anderen Seite die Arbeiterklasse, die den Versuch macht, so zu kämpfen, daß früher oder später die Bourgeoisie geschlagen wird, und um der Bourgeoisie die politische Macht aus den Händen zu nehmen. Aber es gibt im Klassenkampfe und während des Klassenkampfes solche Züge, die mit einer sachlichen Abschätzung der Klassenkampfmotive nichts zu tun haben. Ein solcher Klassenrichter, wie z. B. jener, der das Urteil über Biener gefällt hat und es fertig gebracht hat, seine Position einem völlig wehrlosen Menschen gegenüber auszunützen, handelt aus purer, persönlicher Gehässigkeit. Es ist eine der widerlichsten Erscheinungen im Klassenkampf, wenn man beobachten kann, wie die Diener im Klassenkampf der Bourgeoisie über das, was sie sachlich tun sollen, hinausgehen und ihren persönlichen, gehässigen Motiven Luft verschaffen. Einen solchen Fall haben wir vor uns. Ich bin sicher, daß ein solcher Berufsrichter sich denkt: Es genügt nicht, die Kommunisten anzugreifen, sie in der Presse, Literatur und sonst zu bekämpfen, sie im Klassenkampf mit den Hilfsmitteln des bürgerlichen Staates zu bekämpfen, man muß weiter gehen, man muß, so denken die Herren Herrnritt offenbar, darüber hinausgehen und jedem, den wir erwischen, der uns vor die Schranken des Gerichtes geschleppt wird, zeigen, daß wir alle Mittel, die uns das Gesetz an die Hand gibt, ausnützen, um ihn unmöglich zu machen, ihn persönlich zugrunde zu richten. Denn was bedeutet es, einen Arbeiter, der schon vom Schwurgerichtshof zu 5 Jahren verurteilt worden ist, diese Strafe auf 12 Jahre hinaufzusetzen? Wenn niemand da wäre, der dem Arbeiter helfen würde, würde das nichts anderes bedeuten, als daß man erstens diesen Arbeiter selbst zugrunde richtet, ferner, daß man auch die Familie des betreffenden zugrunde richtet. Nicht nur er soll es spüren, daß vorläufig der Klassengegner stärker ist, nein, seine Frau muß es spüren, seine Kinder müssen es spüren. Wenn niemand da wäre, der dem Genossen Biener helfen würde, müßte seine Familie, müßten seine 4 Kinder unweigerlich zugrunde gehen. Das ist der Zweck der Übung, das ist der eigentliche Sinn der Klassenjustiz, daß sie es versteht, über den Rahmen des allgemeinen, sagen wir sachlich begründeten Klassenkampfes hinauszugehen und auf das Gebiet des Persönlichen hinüberzugehen und nicht nur den niederzuschlagen, den sie vor ihre Schranken bekommt, sondern darüber hinaus auch seine Angehörigen zu vernichten. Nun, wir grüßen von hier aus den Genossen Karl Biener als einen der mutigsten, tapfersten, edelsten und selbstlosesten Vorkämpfer des èechoslovakischen Proletariats, dessen Qualitäten hoch über den Qualitäten aller möglichen Klassenrichter stehen; wir grüßen den Genossen Biener, und er und seine Familie sollen wissen, daß das klassenbewußte Proletariat sie nicht im Stiche lassen wird. Die lächerliche, tölpelhafte, primitive Spekulation aller Feinde des revolutionären Proletariats, daß man jetzt aus einer Reihe von Gründen, die zu den innern Fragen der kommunistischen Partei gehören, mehr unternehmen könnte gegen das klassenbewußte Proletariat, diese primitive alberne Spekulation wird sich rascher, als die Wortführer der Bourgeoisie glauben, als vollständig unbegründet erweisen. Hinter Karl Biener, wie hinter jedem Revolutionär, steht ungeachtet der Differenzen innerhalb irgendwelcher Parteien die Kraft des klassenbewußten Proletariats und dieses Proletariat wird es fertigbringen, durch die schmutzige Rechnung der Klassenjustiz einen Strich zu ziehen. Wir können dem Herrn Herrnritt sagen, es wird der Klassenjustiz nicht gelingen, die Familie des Karl Biener zugrunde zu richten: das Proletariat wird diese Absicht vereiteln.

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